Sims 2 & 3 Familiendynamik-Challenge
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Felinger Legacy

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Felinger Legacy - Seite 8 Empty Re: Felinger Legacy

Beitrag  Akki Fr Aug 16, 2019 6:04 pm

Familie

Die Berührung unserer Hände wurde durch das Vibrieren meines Handys unterbrochen. Ein rascher Blick verriet mir, dass es David war, der ungeduldig auf unsere Ballverabredung wartete. Ballspielen wohl gemerkt.
„Ich muss los. David will mit mir spielen.“
Sean nickte. Er schob die Hände in die Taschen und sah noch einmal zum Fenster hoch.
„Hast du Artjom mitgebracht?“

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Sean. Fragte. Niemals. Nach. Meinem. Privatleben. Niemals. Von daher sah ich ihn mehr als überrascht an.
Ohne Verlegenheit sagte er: „Du hast ihn in die Beobachtersache eingeweiht oder? Von daher nehme ich an, dass er wichtig für dich ist.“ Er zog die Hände aus den Taschen und nahm mit der rechten meine Hand um sie zu drücken. „Ich wollte dich damit nicht bedrängen. Aber ich würde ihn gern kennenlernen.“
Rasch winkte ich mit meiner freien Hand ab. „Alles gut. Du darfst mich immer alles fragen.“ Ich lächelte und schilderte ihm die Offenbarung was meine Mutter und Artjoms Vater anging.
Wieder war ich mehr als überrascht, als Sean herzhaft lachte. „Das wäre wirklich keine schöne Einführung in deine Familie.“
„Unsere Familie“, korrigierte ich ihn sanft und hielt seine Hand fest, die er mir entziehen wollte. „Du bist meine Familie, immer.“
Das Lachen verschwand und wieder wanderte sein Blick zum Fenster. Dann nickte er. „Du bist meine Familie.“

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Beitrag  Akki Sa Aug 17, 2019 7:15 pm

Geistergeschichten und Erdnussbutter-Marmeladen-Sandwiches - und Notfälle

David verzieh mir zum Glück, dass ich zu spät zum Ballspielen kam. Er plapperte mir dieses und jenes vor und war dabei reichlich unkonzentriert, so dass er die meisten Bälle nicht fing. Da war meine Hand-Auge-Koordination ja besser!
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Wenig später kam Benji vorbei, der Sohn von Onkel Ravi und Tante T. Er war wie David ein Nachzügler und die beiden waren seit ihrer Geburt unzertrennlich. Die beiden alberten rum und irgendwann überredete David uns, dass er eine Geistergeschichte erzählte. Mein Dad, der zufällig in der Küche war, konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Ich hoffte, die Geschichte von einem Grundschüler würde mir nicht Angst und Bange machen.
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Zum Glück kicherte David die ganze Zeit, während er sich immer absurdere Wendungen einfallen ließ. Benji war trotzdem etwas eingeschüchtert. Dad hatte auch zugehört und ein gelegentlicher Schulterblick verriet mir, dass er alle Mühe hatte, nicht zu lachen. Er machte uns Erdnussbutter-Marmeladen-Sandwiches. Auch wenn die Geschichte kaum zusammenhängend und albern war, war ich doch froh, dass als David endlich fertig war und wir im Hellen die Sandwiches essen konnten. Mit den beiden Jungs kam ich fast selbst wieder wie ein Kind vor und ich nicht wie eine Erwachsene, die sich mit ihren jüngeren Verwandten beschäftigte. Dass Dad uns einen Kindheitsklassiker zu bereitete, verstärkte das Gefühl noch.
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Mit halben Ohr hörte ich meine Mutter telefonieren. Das war nicht ungewöhnlich – in diesem Haushalt telefonierte eigentlich alle Nase lang irgendjemand. Während wir die letzten Happen unsere Brote aßen, kam Mom in die Küche. Sie hatte die Stirn kraus gezogen.
„Sean kommt gleich vorbei.“, verkündete sie. „Er will etwas besprechen. Etwas privates.“
Dad und ich zogen gleichzeitig die Augenbrauen hoch, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Während Dad sich vermutlich wunderte, dass Sean überhaupt etwas privates besprechen wollte, fragte ich mich, ob mein Ausbruch in Moonlight Falls bei Sean eine Blockade gebrochen hatte.
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Nur ein paar Minuten später klingelte es. Da meine Eltern damit beschäftigt waren, sich gegenseitig schöne Augen zu machen und meine Onkel unauffindbar, öffnete ich Sean die Tür. Er sah wesentlich gestresster aus als noch vor ein paar Stunden, als ich es sogar geschafft hatte, ihn zum Lachen zu bringen. Bei dem Gedanken schmerzte es mir in der Brust.
„Sean.“
„Joni.“
Gleichzeitig griffen wir nach der Hand des anderen und ich hätte ihn am liebsten umarmt, doch meine Eltern verschoben ihre Flirtereien auf einen späteren Zeitpunkt und begrüßten Sean. Mit einem Blick kommunizierte Mom Dad und mir das Weite zu suchen. Benji kam mit großen Augen aus der Küche und so schnappte ich mir den Jungen, um mit ihm und David Konsole zu spielen.
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Während die Jungs mich im Spiel weit hinter sich ließen, erhielt ich eine Nachricht.
„Ich setze eine Runde aus“, verkündete ich und zog mich mit meinem Handy in eine andere Ecke des Wohnzimmers zurück.
Mom und Sean waren im IMBA-Keller verschwunden, Dad spielte Schach und von den Onkeln fehlte immer noch jede Spur. Wahrscheinlich poussierten sie irgendwo rum.
Ich unterdrückte ein Augenrollen und öffnete nichtsahnend meinen Messenger-Dienst.
Bleib von meinem Mann weg, hatte Nakisha geschrieben.
Vor Überraschung klappte mein Mund auf. Ich musste auch ein verblüfftes Geräusch von mir gegeben haben, denn mein Dad sah fragend von seinem Schachspiel auf. Ich winkte schnell ab und verschwand in meinem Zimmer. Was zum Simmer…?
Mein erster Impuls war Nakisha zurückzuschreiben. Aber in einer schriftlichen Mitteilung konnte so viel schief gehen. Wie kam sie überhaupt auf den Gedanken? Sie musste uns gesehen haben, als wir miteinander gesprochen haben. Was an dem Gespräch aber auch nur ansatzweise in Nakisha das Gefühl erzeugt haben könnte, dass ich ihr den Mann ausspannen wollte? Dann erinnerte ich mich daran, dass sie emotional und psychisch labil war. Und schwanger. Wahrscheinlich drehte sie nur ein bisschen mehr als sonst durch.
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Es war eine Kurzschlusshandlung, dass ich nur Sekunden später eines der Autos nahm und zu Nakishas Haus fuhr. Ich hatte mir fest vorgenommen ein verständnisvolles, ruhiges Gespräch zu führen. Doch dazu kam es nicht.
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Beitrag  Akki So Aug 18, 2019 10:37 am

Nakishas Notfall

Kaum war ich aus dem Wagen gestiegen, hörte ich Schmerzensschreie aus dem Haus. Ich rannte zur Tür, die zum Glück unverschlossen war. Nakisha lag auf dem Boden und hielt sich den Unterleib.
„Es bringt mich um!“, brachte sie zwischen zwei Schreien hervor.
Ich kniete neben ihr nieder und nahm fest ihre Hand. „Nakisha, was ist passiert? Was hast du?“
Sie antwortete nicht, sondern wimmerte nur. Ich rupfte mein Handy aus der Tasche und wählte den Notruf. So gut es mir möglich war, beschrieb ich den Notfall. Der Simo am anderen Ende der Leitung bat mich in der Leitung zu bleiben, während ein Einsatzfahrzeug sich auf den Weg machte.
Ich muss Sean anrufen, dachte ich, während ich den Anweisungen lauschte, die der Telefonist mir gab: Sima beruhigen, eine Decke holen und zu decken. Ich ließ Nakishas Hand los und eilte ins Wohnzimmer, wo ich eine Decke und Kissen zusammensuchte, mit denen ich es Nakisha versuchte etwas angenehmer zu machen. Der Telefonist fragte, in welcher Woche sie sei. Ich musste die Frage an Nakisha weitergeben, doch sie antwortete mir nicht und so konnte ich keine verlässliche Angabe machen. Aus dem Augenwinkel sah ich das Telefon in der Küche hängen und ich verließ abermals meinen Platz an Nakishas Seite, die mich ohnehin kaum wahrzunehmen schien.

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Ich kannte Seans Nummer auswendig, so dass ich sie mit zitternden Fingern eingeben konnte. In der Ferne meinte ich schon die Sirenen zu hören. Ich wurde sofort auf Seans Mailbox geleitet. Natürlich – im Keller hatte man keinen Empfang. „Scheiße.“ Ich legte auf und wählte die Festnetznummer meiner Eltern. Zum Glück ging mein Vater nach wenigen Sekunden ans Telefon. So ruhig wie möglich schilderte ich im den Notfall, bevor ich auflegte und versuchte mich endlich richtig um Nakisha zu kümmern. Der Telefonist hatte mich zwischenzeitlich gefragt, ob ich Blut sähe.
„Nicht durch die Hose.“ Ich nahm Nakishas Hand wieder in meine und zum ersten Mal schien sie mich wahrzunehmen. Zunächst war ihr Blick etwas erstaunt, dann schob sie trotzig die Unterlippe vor. Sie wollte etwas sagen, doch in diesem Moment hielt der Krankenwagen vor der Tür und wenig später stürzten die Sanitäter ins Haus.
Ein paar Stunden später, konnten wir alle aufatmen. Nakisha hatte lediglich leichte Blutungen und Krämpfe erlitten. Ihr Geschrei und die vermeintlichen Schmerzen waren nach Auffassung der Ärzte eher ihrem Gemütszustand zuzuschreiben. Ihre Vitalwerte und die des Babys waren gut. Trotzdem verordneten die Ärzte Nakisha Bettruhe – im Krankenhaus unter ärztlicher und psychologischer Aufsicht. Bis zur Geburt. Denn niemand konnte ausschließen, dass sie die Krämpfe selber ausgelöst hatte, auch wenn in ihrem Blut nichts zu finden war.
Weder Sean noch meine Eltern fragten, warum ausgerechnet ich zu diesem Zeitpunkt vor Ort war, und ich behielt ihre Nachricht für mich. Sean hatte genug Sorgen und Kummer. Stattdessen bot ich ihm an, meinen Aufenthalt zu verlängern, doch er lehnte ab.

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Bevor ich am Sonntag heimfuhr, saßen wir mit gedrückter Stimmung in der Küche. Mom erklärte, dass Sean ihr an dem Abend von der Schwangerschaft erzählt hatte, und um Sonderurlaub gebeten hatte. Nach den Ereignissen des Abends wurde er ihm sofort gewährt.
Während wir uns leise unterhielten, ging die Tür auf und Felix kam in die Küche. Er sah mich erstaunt an.
„Schau an, die verlorene Tochter erinnert sich an ihre Familie.“
„Felix!“, rutschte es Asher tadelnd heraus.

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Ich sah Felix mit hochgezogener Augenbraue an. Innerlich hätte ich mich am liebsten in ein Eckchen gesetzt und geheult – der vergangene Abend steckte mir in den Knochen und nun kam er auch noch so an?
„Hallo Felix, schön dich zu sehen“, sagte ich freundlicher als ich selbst für möglich gehalten habe. „Wie geht‘s dir?“
Meine Freundlichkeit schien Felix auf dem falschen Fuß erwischt zu haben. Ich lächelte ihn an und hoffte dabei nicht zu erleichtert auszusehen. Seit ich weggezogen war hatte sich unser Verhältnis verschlechtert. Ich erinnerte mich daran, dass Mom geäußert hatte, sie habe befürchtet, dass ich meine Pflichten vernachlässigte. Wahrscheinlich wehte der Wind bei Felix aus einer ähnlichen Richtung. Bevor mein Cousin sich erholen konnte, bat ich ihn, sich meine Ergebnisse zu den Beobachtern anzusehen. „Es interessiert mich, was ein paar frische Augen dazu sagen.“ Ich bedeutete ihm, mir in mein Zimmer zu folgen, wo ich ihm meine Notizen gab. Zum Glück war auf seine Neugier und seinen Forscherdrang noch immer Verlass, so dass er sein feindseliges Verhalten vergaß und sich mit mir fast eine Stunde über die Ergebnisse unterhielt. Danach verlor er kein gehässiges Wort mehr und verabschiedete mich geradezu herzlich.

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Beitrag  Akki Mo Aug 26, 2019 6:02 pm

Sushi zum Frühstück


Obwohl Riverview mein Heimatort war, machte ich nach diesem Wochenende drei Kreuze, als ich in Artjoms und mein Haus in Twinbrook zurückkehrte. Ja, es war leer, schäbig eingerichtet und eng, aber das ganze Drama war zum Glück zu Hause geblieben. Seans Situation brach mir zwar das Herz, aber die letzten Tage waren auch an mir nicht spurlos vorbeigegangen. Ich konnte nicht den Finger drauf legen, was mich so stresste.
Artjom und ich sprachen am Abend nur kurz, denn ich war so müde, dass mir schon im Auto die Augen zufielen, als er mich vom Bahnhof abholte. Verständnisvoll wie er war, lotste er mich anschließend auf direktem Weg in mein Bett.
„Wie du Sushi zum Frühstück essen kannst, werde ich nie verstehen“, merkte ich an, als Artjom sich am nächsten Morgen neben mir nieder ließ und die Reste seines gestrigen Mittagessens vor sich stellte.
Der Fee grinste nur. „Ich könnte den ganzen Tag Sushi essen.“ Er warf einen Blick auf meinen Pfannkuchen. „Pfannkuchen ginge im Zweifel auch. Aber wie könnte ich das gute Sushi verkommen lassen?“
Schmunzelnd riss ich mit den Fingern ein Stück Pfannkuchen ab und schob es mir in den Mund. Das Schöne an unserem Haus war auch, dass mich keiner ermahnte mit Messer und Gabel zu essen. Gab es etwas besseres als einen Pfannkuchen in kleine Stückchen zu reißen und mit den Fingern zu essen? Ich musste sehr zufrieden aussehen, denn Artjom sah mich grinsend an, während er sich genüsslich eine Tuna Maki in den Mund schob.
„Hast du schon was neues von Sean gehört?“, erkundigte er sich dann. Von Nakishas Einlieferung hatte ich ihm Samstagabend schon telefonisch berichtet.
Zwischen zwei Pfannkuchenfetzchen schüttelte ich den Kopf. „Du weißt, er ist ohnehin nicht der Mitteilsamste. Ich glaube der Notdiensteinsatz hat das nicht verbessert.“ Dann drehte ich meinen Kopf zu Artjom. „Hab ich dir erzählt, dass er dich gern kennenlernen würde?“

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Manierlich kaute Artjom zu ende. An seinem Gesicht konnte ich keine Regung erkennen, aber nachdem er geschluckt hatte, lächelte er. „Hast du nicht. Ich würde ihn aber auch gern kennenlernen.“
Für einen kurzen Moment versuchte ich mir eine erste Begegnung zwischen den beiden vorzustellen. Es wollte mir nicht so recht gelingen, denn sie waren das absolute Gegenteil voneinander. Die einzige Gemeinsamkeit, die mir im ersten Moment einfiel, war, dass ich sie beide liebte und ihnen vertraute.
Alle weiteren Gedanken wurden von Artjom unterbrochen, der schmunzelnd meinte: „Wobei es schon etwas von Meine-Familie-will-dich-kennenlernen-und-entscheiden-ob-du-ein-geigneter-Umgang-bist hat.“
„Er wäre der erste aus meiner Familie, der dich kennenlernt.“, bemerkte ich.
„Hm, das sollten wir ändern.“ Er nahm die nächste Maki und bot sie mir kurz an, bevor er sie selbst verspeiste. „Ich würde dich ja auch meinem Vater vorstellen, aber dazu müsstest du wohl oder übel nochmal nach Moonlight Falls.“
Ohne Zögern erwiderte ich: „Für dich würd‘ ich‘s tun.“
Artjom lächelte. „Ich weiß, Kaninchen. Aber vielleicht sollten wir damit bis nach der Hochzeit warten. Das hab ich dir nämlich noch nicht erzählt: Mein Kollege Bobby hat nämlich gefragt, wie lange wir schon verheiratet sind.“

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Ich spuckte wegen meines plötzlichen Lachanfalls fast das Stückchen Pfannkuchen durch die Küche. „Wie kommt der denn auf die Idee?“
Art lachte ebenfalls. „Keine Ahnung. Er hat dich ja nur einmal kurz kennengelernt, als wir zusammen im Red Rendezvous waren.“
„Wahrscheinlich schwärmst du ihm im Büro nur immer von meinen hausfraulichen Fähigkeiten vor.“, schnaubte ich. Bobby war laut Artjom ein netter Kollege und guter Anwalt, von dem er schon einiges gelernt hatte, aber er schien mir ein bisschen zu fixiert auf eine klassische Rollenverteilung.
Artjoms Seitenblick sprach Bände. Wir waren beide nicht heiß auf die Haushaltsführung und dachten mindestens einmal in der Woche (meistens beim Trip zum Waschsalon) über die Einstellung einer Haushaltshilfe nach. Dann rechneten wir einen Nachmittag hin und her und stellten fest, dass uns das finanziell zu sehr einschränken würde. Dafür, dass unsere Wohnung klein, eng und schäbig war, kostete sie einiges. Außerdem bezahlten wir noch die Reste unserer Collegeschuldenab. Tja, und wir verbrieten eine Menge Kohle durchs Ausgehen: Clubs, Bars, Kino, Restaurants, … Aber das war ja genau das, was ich gegenüber Roxanne geschildert hatte und was ich auch mochte. Klar, ein gemütlicher Abend mit Artjom auf der Couch war auch wunderschön. Aber die Stadt zu erkunden und so viel zu erleben, war mir auch wichtig. Denn mit Artjom an meiner Seite, hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, es auch alles genießen zu können, ohne sich vor Angst in die Buchse zu machen.

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„Hm, verträumter Gesichtsausdruck. An wen denkst du gerade?“
„An uns, ehrlich gesagt“ Ich war ein bisschen überrascht, dass ich so prompt antwortete.
„Gut.“ Artjom stand auf und gab mir einen kurzen Kuss auf den Kopf. „Sonst wäre ich glatt eifersüchtig.“
„Haha.“, machte ich und streckte ihm die Zunge raus. „Was macht übrigens deine Strichliste.“ Ich deutete zu unserer Pinnwand, an der ein Blatt Papier mit einem Comic-Artjom hing. Darunter stand eine Strichliste (wie viele Striche dort standen tut nichts zur Sache).
Artjom ignorierte das Papier und ließ Spülwasser ein. Er wartete eine Weile, bevor er antwortete: „Irgendwie wird das ganze langsam langweilig.“
„Oh mein Simmer, bitte nicht du auch noch!“, stöhnte ich.
Er sah mich irritiert über die Schulter an. „Was meinst du?“
Ich erzählte ihm von meinen Freunden aus Riverview, die alle so kinder-verrückt erschienen.
„Wenn du jetzt dein Lotterleben aufgibst, dir eine Frau suchst, heiratest und Kinder kriegst, verlier‘ ich den Glauben an die Simheit.“, schloss ich.
„Ach Joni, die einzige Person, die ich jemals heiraten und der ich Kinder machen würde wärst du.“, erwiderte Artjom in seinem gewohnt fröhlichen Tonfall. Er zwinkerte mir zu, als er meinen mittlerweile leeren Teller nahm, um ihn zu spülen.



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„Pff.“ Ich überlegte kurz, ob ich ihm von den Sorgen meiner Mutter erzählen sollte, doch stattdessen entgegnete ich: „Dem steht nur meine sexuelle Unattraktivität entgegen.“
Der Fee holte kurz Luft, als wolle er etwas sagen, doch dann atmete er nur lange und tief aus. Ich legte den Kopf irritiert schief und wollte fragen, ob ich etwas falsches gesagt hatte, als es vor der Tür hupte.
„Mist.“ Artjom riss erschrocken die Hände aus dem Spülwasser und sah an sich herab – er war noch nicht umgezogen. „Ich hab vergessen, dass Bobby mich heute mitnimmt, weil du den Wagen mittags zur Inspektion bringen musst.“
„Muss ich?“
Artjom riss das Geschirrtuch vom Haken um sich die Hände abzutrocknen. „Ja, um eins.“
Ich erhob mich grinsend. „Geh dich umziehen. Ich sag Bobby Bescheid, dass es noch einen Moment dauert.“
„Zieh dir was über.“
Ich grinste ihn schräg an und ging hüftwackelnd zur Tür. „Warum? Soll er doch glauben, ich wäre meinen ehelichen Pflichten am frühen morgen schon nachgekommen.“ In der Tür hielt ich kurz inne. „Was hast du ihm eigentlich geantwortet?“
Artjom rief mir eine Antwort aus seinem Zimmer zurück. Ich lachte leise. Das war das Jahr, indem wir uns kennengelernt hatten.
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Beitrag  Akki Mo Aug 26, 2019 8:11 pm

Gärtnern

Auch wenn ich froh war, dass ich wieder in Twinbrook war und mit Artjom unserem leichten Leben nachgehen konnte, gab es doch das ein oder andere, was ich an Riverview vermisste. Neben meinen Eltern und der Familie war es der Garten meines Elternhauses. Die Obstbäume und Sträucher, die Gemüsebeete – das hatte eine generationenlange Tradition in meiner Familie. Und obwohl ich Artjom gegenüber erwähnte, wie sehr ich einen Garten vermisste, tat er genau das richtige: Er suchte in Twinbrook nach einem Gemeinschaftsgarten und brachte mich dorthin.

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„Wie hast du das nur gewusst?“, fragte ich, nachdem ich ihn heftig umarmt hatte.
Er lächelte mild, bevor er salopp antwortete: „Tja, wo ich älter werden – wie du nie müde wirst zu betonen – hatte ich das Bedürfnis, meine innere Fee herauszulassen.“
Ich schenkte ihm einen schrägen Blick. Artjom hatte Flügel, ja, aber das und eine gelegentliche Dosis Feenstaub, wenn ich mir mal wieder eine Verletzung zugezogen hatte, waren das einzige, was daran erinnerten, dass er ein Fee war. Von Pflanzen hatte er weniger Ahnung als ich von seinen Paragraphen und zum Glück neigte er auch nicht zum Streiche spielen.
Der Fee ignorierte meinen Blick und reichte mir einen Korb mit Gartenwerkzeug. „Der Deal ist Unkraut jäten, wässern und neues anpflanzen, dafür kann man Obst und Gemüse für den eigenen Bedarf mitnehmen.“
„Perfekt“, freute ich mich und reichte Artjom den Korb zurück, nachdem ich mich mit einem Schäufelchen und einer Harke bewaffnet hatte. „Du erntest, ich mach den Rest.“
Kurz schien Artjom Einwände erheben zu wollen, doch dann nickte er grinsend.

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Gärtnern hatte auf mich schon immer einen meditativen Effekt. Es war schon Spätsommer, so dass vor allem Früchte an den Bäumen reif waren. Während Artjom nach meinen Anweisungen Gemüse und Obst einsammelte, pflegte ich einige Beete. Dabei summte ich vergnügt vor mich hin. Erst als ich merkte, dass die Sonne ein gutes Stück gewandert war, wischte ich mir ein wenig verwundert den Schweiß von der Stirn. Artjom saß gemütlich im Schatten. Als er meinen Blick bemerkte, lächelte er. „Na, wieder bei mir?“ Auf meinen verdutzten Blick fuhr er fort. „Ich hab ein paar Mal gefragt, was ich machen kann, nachdem ich unseren Korb fertig hatte, aber du hast nicht geantwortet. Du warst ganz vertieft.“ Es klang bewundernd und ich bemerkte, wie mir das Blut in die Wangen schoss.
„Ich wollte dich nicht ignorieren!“, beeilte ich mich zu sagen.
„Alles gut, Kaninchen.“ Artjom nahm den Korb und trat an mich heran. „Dich zu beobachten, war eine Freude für mich.“
„Klar, anderen guckt man gerne bei der Arbeit zu.“
Er legte den Arm um mich und gemeinsam schlenderten wir zum Ausgang, wo wir die Gartenwerkzeuge hinterlegten. „So war‘s nicht gemeint. Du hast so entspannt und glücklich gewirkt. Das macht mir Freude.“
Ein wenig skeptisch sah ich ihn von der Seite an, doch sein Blick war so offen und ehrlich wie immer. Also lächelte ich. „Danke, dass du mich hergebracht hast.“
Artjom nickte nur. Dann deutete er auf den Korb. „Hab ich wenigstens ein paar gute Früchte und Gemüse rausgesucht? Nicht, dass es wieder heißt, ich hätte gar nichts getan.“
„Die besten, Art, die besten.“ Tatsächlich hatte er schöne Früchte ausgewählt – aber wie viel kann man da auch falsch machen?
„Ah, dein Lob ist Balsam für meine Seele.“ Vergnügt schlug er ein paar Mal mit den Flügeln, so dass ein hauchfeiner Luftzug meinen Nacken strich. Ich musste mir ein Lächeln verkneifen – der Luftzug war wie eine zarte Streicheleinheit.

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„Was machen wir eigentlich am Wochenende?“, fragte ich, als wir an unserem Auto angekommen waren.
„Das Red Rendezvous macht ab nächster Woche für ein einige Wochen wegen Renovierungsarbeiten zu. Wenn du noch mal hin möchtest, sollten wir da hin.“
„Hm, keine schlechte Idee.“ Ich verstaute den Korb zu meinen Füßen, nachdem ich ihn von Artjom angenommen hatte. Ich ließ meistens ihn fahren, weil er lieber Auto fuhr als ich. „Willst du jemanden treffen?“
Bevor er antwortete, schnallte Artjom sich sorgsam an und warf einen kurzen Blick auf meinen Gurt. Er würde nie los fahren, so lange ein Mitfahrer nicht auch angeschnallt war. „Nö. Du?“
„Pff. Ich pflege mein Simder-Profil schon seit Wochen nicht mehr.“
„Ich denke sogar darüber nach, mich abzumelden.“
Wäre ich in diesem Moment gefahren, hätte ich vermutlich vor Überraschung einen Unfall gebaut. Ein lautes WAS? konnte ich mir mit Mühe und Not noch verkneifen.
„Also doch die Oh-Mein-Simmer-Ich-werde-bald-dreißig-Zeit-eine-Familie-zu-gründen-Ängste?“, brachte ich mit Verzögerung und schwach grinsend hervor.
Den Blick fest auf Straßenverkehr gerichtet, schüttelte Artjom den Kopf. „Ganz so ist es nicht. Aber ich hab das Gefühl, so langsam alles ausprobiert zu haben, was ich wollte. Es verliert mehr und mehr seinen Reiz.“
Darauf wusste ich nichts zu sagen. Warum datete ich? Es war nett Komplimente zu bekommen, zu flirten und unkompliziert Sex haben zu können. Warum sollte ich mir den Stress machen, eine Beziehung aufzubauen und zu pflegen? Andererseits fiel es mit leicht im täglichen Leben Kompromisse mit Art zu finden und sich zu arrangieren. Vielleicht sollte ich es doch mal mit etwas längerfristigem ausprobieren? Bevor ich den Gedanken weiter spinnen konnte, hielten wir vor unserem Haus.

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„Was hältst du davon, wenn wir uns nach einem Haus mit Garten umsehen?“, wechselte Artjom das Thema, nachdem er eingeparkt hatte.
„Mit weißem Lattenzaun?“, scherzte ich.
„Natürlich. Allerdings fängt Bobby dann anzufragen, wann wir Eltern werden.“
„Oh Simmer, schon wieder dieses Thema …“, murmelte ich, bevor ich lauter zu Art meinte: „Wie lange willst du ihn eigentlich noch im Glauben lassen, dass wir verheiratet seien?“
Er zuckte die Schultern, während ich die Tür aufschloss. „Soll ich‘s auflösen?“
„Mir ist das egal.“ Tatsächlich, dachte ich überrascht, sind wir ja quasi verheiratet. Meine Überlegungen aus dem Auto kamen zurück: Eine Beziehung aufbauen und pflegen? Wozu, dazu hatten Artjom und ich uns doch gegenseitig.
Ich musste auf einmal reichlich dämlich aus der Wäsche geguckt haben.
„Alles in Ordnung?“ Artjom sah besorgt aus und ich beeilte mich zu nicken. Ein Teil von mir wollte das sofort mit ihm bereden, aber ein anderer Teil, wollte sich zunächst selbst mit dieser Erkenntnis beschäftigen.
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Beitrag  Akki Di Aug 27, 2019 3:18 pm

Trau dich

Meine Gedanken wurden in den nächsten Tagen jedoch gründlich abgelenkt. Meine Firma meldete – für mich aus heiterem Himmel – Konkurs an. Von einem auf den anderen Tag, saß ich auf der Straße. Es war ja nicht so, als hätte ich an dem Job gehangen, aber so mir nichts dir nicht ohne Einkommen dazustehen, war beängstigend. Artjom erklärte sich sofort bereit meinen Anteil an der Miete zu bezahlen und auch meine sonstigen Ausgaben zu bewältigen. Wohl oder übel musste ich auf sein Angebot eingehen, wenn ich meine Eltern nicht anpumpen wollte. Ich hatte ein bisschen was beiseite gelegt, mit dem ich zunächst die Ausgaben bestreiten wollte, doch Art bestand darauf, es für Notfälle zu behalten.
„Du musst es als Chance begreifen.“, versuchte er mit meine Arbeitslosigkeit bei einem Frustausflug zur lokalen Arkade-Halle schön zu reden.
Konzentriert folgte mein Blick der Flipperkugel. Ich verzichtete etwas darauf zu sagen, sondern ließ ihn fortfahren.
„Du könntest endlich Ernst mit dem Comic machen.“

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Natürlich vergeigte ich die Kugel. Ich warf Art einen bösen Blick über die Schulter zu. Doch unbeschwert wie immer, lächelte er und klopfte auf meine Schulter. „Ehrlich Kaninchen. Es ist dein Traum und vielleicht sollte es so sein. Du hast genug Material, damit du was einschicken kannst. Oder du benutzt Simstagram oder Simblr, um erst mal die Marktlage zu testen.“
In Gedanken hatte ich schon oft genug etwas an einen Verlag geschickt oder einen Account bei den genannten Plattformen eröffnet. Doch ich hatte immer Angst. Angst vor Kritik, Angst davor, dass meine Comics nicht gut genug waren – auch wenn Roxanne schon vor Jahren und Artjom beständig betonten, dass sie gut waren.
„Ich weiß warum du dich nicht traust.“, sprach er mit sanfter Stimme.
Die nächste Kugel rutschte mir durch. Mir lag ein ärgerlicher Kommentar auf der Zunge, als ich mich zu Art umdrehte, doch er sah mich so ruhig und verständnisvoll an, dass ich es nicht übers Herz brachte, ihn anzumaulen. Stattdessen zog ich die Schultern mutlos hoch.
Artjom nahm mich rasch in die Arme. „Ich weiß, dass du das kannst, Kaninchen. Und ich hoffe du weißt, dass ich immer hinter dir stehe.“

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„Im Moment stehst du vor mir.“ Meine Stimme klang gedämpft, da ich mein Gesicht an seine Brust gedrückt hatte. Ich merkte wie sein Oberkörper vor unterdrückten Lachen vibrierte. Er zog sanft meinen Kopf zurück, so dass er mich angucken konnte. „Du weißt wie ich das meine.“
Widerwillig musste ich grinsen. „Ja, weiß ich.“ Dann, etwas kleinlauter: „Meinst du wirklich, ich sollte es versuchen?“
„Unbedingt. Und du wirst einen Hit landen. Müssen – denn sonst wird nichts aus unserem Haus mit weißen Lattenzaun.“
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Beitrag  Akki Di Aug 27, 2019 7:36 pm

Begegnung im Garten

Einige Wochen später hatte ich mich tatsächlich durchgerungen und eine Kostprobe an einen Verlag geschickt. Nachdem ich beim Postamt war, war ich so aufgeregt, dass ich mich überhaupt nicht beruhigen wollte. Artjom war noch im Gericht und es würde dauern, bis er nach Hause kam. Ich telefonierte kurz mit meinen Eltern, denen ich von dem Verlust meines Jobs und dem Versuch mit dem Verlag allerdings noch nichts erzählt hatte. Stattdessen ließ ich mich kurz auf den neusten Stand bringen.
Nakisha war weiterhin im Krankenhaus. Sean war auf unbestimmte Zeit von der Arbeit freigestellt. Wenn er nicht im Krankenhaus war, verkroch er sich im Haus, wo er die Zimmer umgestaltete.
Meine Prognose bei meinem letzten Besuch, schien sich zu bewahrheiten: Kenny und Kristen hatten just verkündet, dass sie ihr erstes Kind erwarteten. Mom amüsierte sich köstlich über Ashers zwiegespaltenes Verhältnis zu seinem noch ungeborenen ersten Enkelkind: zum einen freute er sich unbändig darauf, zum anderen kam er sich mit einem Mal unbändig alt vor. Mom hielt sich mit Anmerkungen was ihre eigene, mögliche Großmutterschaft anging, dankenswerter Weise zurück. Ansonsten ging alles seinen gewohnten Gang.

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Nach dem Telefonat mit meiner Mutter, nahm ich eine längere Sprachnachricht für Sean auf. Etwas später konnte ich sehen, dass er sie abgehört hatte. Überraschenderweise kam kurz darauf eine kurze Textnachricht zurück, in der er sich bedankte und mir viel Glück für den Comic wünschte. Ich freute mich, dass er schrieb, auch wenn ich es kaum erwartet hatte.
Weil ich immer noch unruhig war, besuchte ich den Gemeinschaftsgarten. Wir benötigten keine frischen Produkte, aber ich pflegte ich ein paar Pflanzen, bevor ich meinen Block aus der Tasche nahm und zu zeichnen begann. Doch so richtig wollte mein Kopf nicht runter kommen. Meine Gedanken drehten sich jetzt weniger um den Comic als um das blöde Kinderthema. Auch wenn Mom nichts davon gesagt hatte, erinnerte ich mich an meine Pflichten als Erbin.

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Ich bin unsicher, wie viel Zeit vergangen war. Der Stand der Sonne hatte sich kaum verändert. Ich blinzelte. Dann verstaute ich meine Zeichenutensilien und schlenderte durch den Garten. Von den Sims, die wir sonst schon mal hier trafen, war keiner zu sehen, aber ein mir unbekannter Simo hob grüßend die Hand. Ich nickte ihm nur zu, mir war nicht nach Konversation. Das schien den Simo allerdings nicht abzuhalten.
„Hallo. Schön einen anderen Gärtner hier zu treffen.“, sprach er mich an.
Ich murmelte eine Erwiderung und etwas davon los zu müssen.
„Warte einen Moment. Ich möchte dich etwas fragen.“ Es fehlte nicht viel und der Simo hätte mich am Ärmel festgehalten. Als er seinen Fauxpax bemerkte zog er rasch die Hand zurück und lächelte entschuldigend.
Zum ersten Mal sah ich mir sein Gesicht genauer an. Das Lächeln erreichte seine Augen nicht und wirkte aufgesetzt. Trocken schluckte ich. Das Gesicht war so gewöhnlich. Mein Herz schlug mir bis zum Hals – das musste ein Gesichtsloser sein! Wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange, erstarrte ich.
„Ich weiß, dir geht dieses Kinderthema nicht mehr aus dem Kopf“, fuhr der Gesichtslose im Plauderton weiter. „Vielleicht kann ich da was arrangieren, wenn d-...“

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Plötzlich fühlte ich mich, als hätte mir jemand zwischen die Schultern geschlagen. Ich zuckte zusammen, drehte mich auf dem Absatz um und rannte weg. Ich hörte den Gesichtslosen enttäuschte Geräusche machen, dann rief er hörbar zornig: „Das was nicht fair!“
Nicht fair? Ich glaub ich spinne!, dachte ich, während ich kurz die Straße prüfte, bevor ich hinüber sprintete. Ich bekam den Schock meines Lebens, weil sie mich das erste Mal ansprachen, und er fand das nicht fair? Meine Angst geriet hinter meinem Ärger in den Hintergrund. Ich wurde langsamer und warf einen Blick über die Schulter. Gefolgt war mir niemand. Schon hatte ich mein Handy in der Hand, gewillt Art oder Sean oder meine Eltern anzurufen.
Nein, dachte ich entschieden, es ist nichts schlimmeres passiert. Da muss ich nicht die Pferde scheu machen.
Ich nickte mir selber grimmig zu und machte mich auf den Heimweg.

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Beitrag  Akki Di Aug 27, 2019 7:37 pm

Interludium

Eins zählte in Gedanken bis zehn. Dann begann sie noch einmal von vorne und zählte bis zwanzig.
Dass der Gesichtslose sie bemerkt hatte, machte ihr Sorgen. Die Felinger war auf und davon, und die Revisionsabteilung hatte sich noch nicht gemeldet. Aber wahrscheinlich hielt der Gesichtslose erst Rücksprache mit seinen Vorgesetzten, bevor er sich – wenn überhaupt – an die Revisionsabteilung wendete. Eins musste das hoffen.
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Beitrag  Akki Do Okt 03, 2019 4:33 pm

Auf der Suche nach Trost

Als ich zuhause ankam, hatte ich Angst und Zorn einigermaßen im Griff. Dafür war ich emotional unglaublich erschöpft. Ich warf einen kurzen Blick in den Kühlschrank – nichts erschien mir trostreich. Dann schlurfte ich in mein Zimmer, wo mein Bett mir einerseits tröstend und andererseits ziemlich einsam vorkam. Ich schlüpfte aus meinen Klamotten und stopfte sie allesamt in die Wäschetonne. Dann duschte ich mich heiß ab, bevor ich in mein Nachthemd schlüpfte. Der Inhalt des Kühlschranks war immer noch nicht tröstlicher geworden. Für einen Moment stand ich unentschlossen im Wohnzimmer und kaute auf meiner Unterlippe. Dann schlich ich in Arts Zimmer und rollte mich auf seinem Bett, das ganz leicht nach ihm roch, ein. Innerhalb von Sekunden schlief ich ein.

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Art weckte mich, als er nach Hause kam. Es war mir ziemlich peinlich, dass er mich in seinem Bett erwischte, doch Art verlor kein Wort darüber. Stattdessen lächelte er und fragte was los war. Kurz überlegte ich, ob ich einfach alles abtun sollte, aber ich musste darüber sprechen. Also erzählte ich ihm rasch, was sich zugetragen hatte. Er hatte begonnen, sich seiner Krawatte zu entledigen, doch kaum hatte ich das Wort Beobachter in den Mund genommen, ließ er sich neben mir nieder und nahm mich in die Arme.
„Alles gut“, sagte ich nur. „Das Schlafen hat irgendwie alles gerade gerückt.“ Ich zuckte mit den Schultern. Tatsächlich erschien mir das alles nicht mehr so schlimm wie noch vor ein paar Stunden.
Art schien meine Beteuerung nicht so recht glauben zu wollen, denn er musterte mich eindringlich. Ich erwiderte seinen Blick standhaft, bis er nickte. „Also gut.“ Er grinste. „Das ist richtig tapfer von dir, Kaninchen. Aber warum hast du mich nicht angerufen?“
„Damit Bon Jovi durch den Gerichtssaal dröhnt, weil du mal wieder den Ton vergessen hast auszustellen?“ Seit seiner Gesangseinlage des Klassikers hatte er es als meinen Klingelton eingestellt. Warum ich Liebe einen schlechten Namen gab, war mir allerdings schleierhaft.
Das brachte Art zum Lachen. „Hm, mitten im Plädoyer für diese Kröte, die ganz sicher die Gelder seiner Firma veruntreut hat.“ Er machte ein angewidertes Geräusch. Seine Vorstellung eines Anwalts hatte nicht allzu viel mit der Realität zu tun. Zumal die Kanzlei, die ihn eingestellt hatte, sich mit wirtschaftlichen Fällen beschäftigte. Und einen Jenseitigen Klienten hatte er in all der Zeit auch noch nicht gesehen. „Hast du schon gegessen?“
„Neeeee.“
„Kühlschrank leer?“ Die Krawatte landete im hohen Bogen neben der Tür und Art riss den Kragen seines Hemdes auf.
„Neeee.“
Er warf mir einen schrägen Blick zu. „Soll ich was vom Chinesen holen und wir essen im Bett?“
Erleichtert seufzte ich auf. „Mach weiter so und ich heirate dich wirklich!“

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Obwohl ich es eigentlich für sinnvoll gehalten hätte, mich in dieser Nacht allein in mein Zimmer zu begeben, war ich über Arts Angebot, die Nacht bei ihm zu verbringen mehr als dankbar. Zwar hatte ich die Begegnung mit dem Gesichtslosen einigermaßen verarbeitet, aber seine Anwesenheit war so tröstlich. Beim Einschlafen dachte ich kurz darüber nach, dass ich eigentlich ausgezogen war, um unabhängig und mutiger zu werden – mit Artjom an meiner Seite, war ich das zwar, aber ich verließ mich auch so sehr auf ihn! Konnte man das noch unabhängig nennen?

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Beitrag  Akki Mo Okt 07, 2019 6:25 pm

Keine passenden Bilder, deswegen random Joni&Art Bilder Wink


Unabhängig?

Die Frage ließ mich nicht mehr los. Tatsächlich rückten die Gedanken an die Beobachter und den Comic darüber sogar in den Hintergrund.
Ich hatte das Gefühl diese Problematik eher mit einer Freundin, denn mit Art besprechen zu können, also rief ich Roxanne an. Auf meine Frage, ob sie mich für unabhängig halte, brach sie in schallendes Gelächter aus.
„Warum solltest du das denn nicht sein? Du bist nach der Schule allein von zuhause weggegangen und danach in eine ganz fremde Stadt gezogen.“
„Ja, aber immer mit Artjom und nicht ganz allein.“
Wieder lachte Roxanne. „Simmer, Joni, unabhängig zu sein, heißt ja nun auch nicht, sich ganz allein durchzuschlagen. Kannst du ohne ihn Entscheidungen treffen?“
Ich dachte an die Beobachter und dass ich nicht angerufen hatte, sondern die Situation allein gemeistert hatte. Dann dachte ich an meinen Job – den hatte ich mir allein gesucht und mich allein dafür entschieden. „Ja, absolut.“
„Stellst du dich unangenehmem Situationen auch allein?“
Dieses Mal antwortete ich schneller: „Ja!“
„Also, wo ist dein Problem? Du bist alleine handlungsfähig. Und sobald der Comic veröffentlicht ist oder du einen neuen Job hast, bis du auch finanziell wieder unabhängig.“
„Puh, an die finanzielle Abhängigkeit habe ich irgendwie gar nicht so sehr gedacht“, gestand ich. „Eher, dass ich jedes Mal wenn was blödes ist zu ihm oder zu dir angerannt komme. Wie so ein Kind.“
„Quatsch!“, widersprach sie mir energisch. „Dafür sind Freunde doch schließlich auch da: Damit man sich gegenseitig hilft und unterstützt. Du bist für uns ja auch da.“

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Ich versuchte mich zu erinnern, wann ich das letzte Mal etwas für sie oder Artjom oder sonst jemanden getan hatte. Roxanne erinnerte mich rasch: „Als ich vor ein paar Wochen mit mir gerungen habe, ob ich mit Kelsey ausgehen soll oder nicht, hast du mir gefühlt drei Stunden lang zugehört und mit geholfen das für und wieder abzuwiegen.“ Als ich nur unverständliche Geräusche von mir gab, fuhr sie fort: „Und ich weiß, dass Kelsey dich damit auch genervt hat. Und Kenny hat mit auf der Babyparty erzählt, dass du dich wortreich für dein Fortbleiben entschuldigt hast, einen Comic für ihn und Kristen gezeichnet hast und anschließend kein Wort darüber verloren hast, dass er dir zwanzig Minuten von dem 3D-Ultraschall vorgeschwärmt hat.“
„Das waren höchstens zehn Minuten“, entgegnete ich. Dass ich dabei das kalte Kotzen bekam, behielt ich für mich.
Doch Roxanne schien mich besser zu kennen, als ich es für möglich gehalten hatte. Vor allem wenn man bedachte, dass wir so weit von einander entfernt wohnten und uns selten sahen. „Egal, denn du interessierst dich nicht so brennend dafür, und da ist jede Minute, die du geduldig zuhörst ein echter Freundschaftsdienst.“
Ich biss mir auf die Unterlippe. „Ich weiß auch nicht, warum mich das Thema nicht interessiert. Wenn man den anderen so zu hört, müsste man meinen, ich müsse direkt einen Eisprung bekommen, wenn ich ein Kind sehe.“
„Mach dir darum keinen Kopf. Entweder entscheidest du dich irgendwann für Kinder oder nicht. Das ist deine Entscheidung und da hat keiner was zu sagen.“
Oh, wenn es so einfach wäre, dachte ich mit einem mal sehr verzweifelt. Denn ich hatte tatsächlich keine Wahl. Davon abgesehen, wusste ich es nicht einmal sicher. Letzteres äußerte ich auch gegenüber Roxanne.
„Das wird sich schon finden.“, meinte sie. „Ist ja nicht so, als müsstest du dir schon um deine biologische Uhr Sorgen machen.“
„Na besten Dank auch.“


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„Das war ein Kompliment“, lachte Roxanne. „Hör mal sei mir nicht böse, aber ich muss mich um meinen kleinen Stinker, wie du ihn immer so liebevoll nennst, kümmern.“
Ich unterdrückte den Impuls zu fragen, ob er schon wieder in der Nase pople, und sagte stattdessen: „Kein Ding. Ich versteh‘ das.“
„Wenn ichs‘s recht bedenke, bist du vor allem deswegen unabhängig, weil du keine Kinder hast. Seit Mick auf der Welt ist, komme ich mir manchmal wie seine persönliche Sklavin vor. Vielleicht widerstrebt dir das Kinderkriegen deswegen.“
Ich dachte eine Weile über Roxannes letzten Satz nach. Je mehr ich es drehte und wendete, desto mehr erschien es mir eher so, als habe ich Angst vor der Verantwortung. So ein Kind war ja absolut abhängig von einem und total angewiesen auf Erwachsene – was wenn man da was falsch macht?

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Beitrag  Akki Mi Okt 16, 2019 11:42 am

Selbst und ständig

In den folgenden Wochen hatte ich nicht wirklich Zeit darüber nachzudenken. Ich hatte tatsächlich einen Simstagram-Account eröffnet und stellte dort einzelne Comicstrips, die sich mit schrägen Alltagssituationen beschäftigten, vor. Ich bekam durchweg positive Resonanz, was ich im Internet nicht unbedingt erwartet hatte. Es kostete mich erstaunlich viel Zeit jeden Tag eine neue Zeichnung zu veröffentlichen und die Kommentare abzuarbeiten. Dann meldete sich der Verlag, der den Superhelden-Comic, denn ich eingeschickte hatte, tatsächlich produzieren wollte – wenn ich ein vernünftiges Konzept vorweisen konnte. Also traf ich mich mit ein paar Mitarbeitern und stellte meine Idee weiter vor. Artjom hatte mir rechtliche Hinweise gegeben, so dass ich eine relativ souveräne Gesprächspartnerin war. Es war ein kleiner Verlag, der noch mehr an Graphic Novels interessiert war, und im Gespräch entwickelten wir einige gute Ideen. Ich handelte einen Vertrag für eine zehnteilige Serie um meinen neurotischen Superhelden aus. Man stellte mir in Aussicht, dass eine Graphic Novel mit meinem Zeichenstil, aber mit erwachsenem Inhalt gern gesehen wäre. Alles in allem, war ich ziemlich zufrieden mit mir.

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Art und ich feierten meinen Erfolg im renovierten Red Rendezvous, das sich von einer kleinen Tanzkneipe mit guten Barfood zu einem breiteren Clubangebot entwickelt hatte. Während man unten nach wie vor gut essen und trinken und Billard spielen konnte, war darüber eine riesige Tanzfläche entstanden. Außerdem gab es einen Blubberblasentisch – etwas das Artjom und ich noch nicht ausprobiert hatten. Natürlich holten wir das sofort nach, aber der lästige Nachgeschmack am nächsten Morgen, ließ es eine einmalige Sache bleiben.

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Darüber tauschten wir uns am nächsten Morgen im Waschsalon aus.
„Ich hab mir gestern Abend die Zähne geputzt, heute morgen noch mal und schon drei Pfefferminz gelutscht. Hab trotzdem noch den Geschmack von Ananasblubberblasen im Moment“, beschwerte sich Artjom, bevor er das nächste Pfefferminz einwarf.
„Hm, geht mir ähnlich. Ist immer noch besser als ein Kater, aber ich muss es jetzt auch nicht wiederholen.“ Ich stellte unsere Maschine Kochwäsche an. „Hast du eigentlich übers Schneeflockenfest nachgedacht?“
Es war zwar noch einige Wochen bis zum Jahresende, aber meine Eltern hatten gefragt, ob ich dieses Jahr nach Hause kommen würde. Auch um Kristens und Kennards Baby, das bis dahin auf der Welt sein sollte, kennenzulernen. Nachdem Sean beim letzten Mal nach Artjom gefragt hatte, hatte ich den Fee gefragt, ob er mich begleiten wollte. Vor allem, da Seans und Nakishas Baby in den nächsten Tagen fällig war. Seit wir in zusammen wohnten, hatten wir entweder gemeinsam in Twinbrook gefeiert oder waren einzeln in unsere Heimatorte gereist.
Artjom nickte. „Hab ich. Ich komm gern mit, wenn es deiner Familie recht ist.“
„Ich hab es schon mal anklingen lassen“, erklärte ich, ließ aber aus, dass ich nur Dad gefragt hatte. „Passt.“

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„Prima. Mein Vater feiert das Fest ohnehin nicht. Ich habe ihn schon vorgewarnt, dass ich nicht komme.“
„Würdest du sonst etwa allein in Twinbrook bleiben?“
„Jetzt guck nicht so entsetzt!“
Ich schüttelte den Kopf. „Du bist blöd. Du kommst mit, jetzt hast du keine Wahl mehr.“
Er lachte nachsichtig. „Hm, ich mag es, wenn du bestimmend wirst.“
„Haha. Joni Felinger, Dominatrix.“
„Na, wir wollen‘s mal nicht übertreiben.“
„Du willst mich nur nicht teilen.“ Ich machte einen Schmollmund und ließ mich auf einen der unbequemen Stühle fallen. „Übrigens: Was ist mit Comic-Artjom und seiner Strichliste passiert?“
Ich hatte den Zettel heute morgen vermisst.
„Ach.“ Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ich hab die Liste abgeschnitten und die Zeichnung zum Rahmen gegeben.“

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„Du bist so eitel“, war das erste was mir einfiel.
Wieder lachte Artjom. „Anstatt dich zu freuen, dass ich deine Kunst wertschätze …“
Ich boxte ihm in die Seite und lächelte ihn an. „Ich freu‘ mich doch darüber.“ Dann seufzte ich. „Was mich daran erinnert, dass ich nachher noch arbeiten muss. Hätte ich gewusst, dass selbstständig zu sein, so anstrengend ist, hätte ich doch was anderes gemacht.“
„Selbst und ständig“, erklärte Artjom schlicht. „Hast du heute Abend trotzdem Zeit für mich?“
„Natürlich.“ Ich sah ihn spielerisch entsetzt an. „Also wirklich...“
Er warf mir ein Küsschen zu. „Friede, Kaninchen. Ich wollte nur sicher gehen, dass du die Kostümparty nicht vergessen hast.“
„Wie könnte ich, nachdem du mir unsere Kostüme gezeigt hast?“ Ich tat so als müsste ich mich übergeben.
„Ich find‘s witzig.“
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Beitrag  Akki Mi Okt 16, 2019 6:03 pm

Aus heiterem Himmel

Die Kostümparty bei Artjoms Kollegin überlebte ich trotz des Hotdog-Partner-Kostüms und Bobbys dämlichen Kommentaren, wie schön er Partnerkostüme für Eheleute fand, einigermaßen gut. Was nicht zuletzt an der Bowle lag, die es in Strömen gab. Am nächsten Morgen entspannten Art und ich auf er Couch und sahen fern, bevor meine Mutter mich anrief und mit mitteilte, dass Nakisha ein Mädchen entbunden hatte. Nachdem ich Sean eine ausführliche Nachricht geschrieben hatte, ließ ich mich wieder neben Art auf die Couch fallen. Er hatte die Fernbedienung in der Hand, um den Film weiterlaufen zu lassen, doch er sah mich fragend an. „Wie geht‘s dir damit?“

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Ich tat so, als wüsste ich nicht, was er meinte.
„Nun, zum einen machst du dir Sorgen um Sean. Wegen Nakishas … Besonderheiten.“, begann der Fee auszuzählen. „Dann stehst du Kindern zwiegespalten gegenüber. Und um dich herum bekommen alle Kinder.“
„Gar nicht wahr!“, widersprach ich. „Felix und Tai haben ihre Beziehung zum Beispiel noch nicht mal offiziell gemacht. Und du bekommst auch nicht aus heiterem Himmel Kinder!“
„Bloß nicht, eine Schwangerschaft würde meine schlanke Linie versauen! Außerdem steh ich nicht so auf Alienentführungen.“
Ich sah ihn schräg an. Er grinste und fuhr fort: „Du weißt was ich meine – alle um dich herum kriegen Kinder.“
Frustriert schnaufte ich. „Ja. Und dann ist da noch dieses Problem, dass ich Kinder kriegen muss! Sonst muss irgendein armer Verwandter soundsovielten Grades, der im schlechtesten Fall nicht mal was von den Beobachtern weiß, damit herum schlagen. Und damit hätte ich das Erbe wirklich in den Sand gesetzt.“
„Das wirst du nicht“, beruhigte Art mich. „Du bist noch jung - ...“
„Sagst du nicht immer, wir sind der dreißig näher als der zwanzig?“
„Man, Joni.“ Er schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Heute bist du wirklich schlecht drauf.“ Er schien noch etwas sagen zu wollen, schluckte es aber runter. Stattdessen lächelte er und legte mir den Arm um die Schultern. „Mach dir keine Sorgen. Alles wird sich finden.“
Meine schlechte Laune – die Artjom wie immer besser identifiziert hatte als ich – verflog zwar nicht augenblicklich, aber sie wurde besser. Ich kuschelte mich an ihn und nahm die Fernbedienung aus seiner Hand. „Zeit für ein bisschen Eskapismus.“
Art nickte, aber er musterte mich noch eine Weile. Was ihm wohl im Kopf herum ging?

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Der Winter kam mit großen Schritten über das Land. Ich mochte den Schnee und freute mich, wenn morgens unsere Auffahrt wie mit Puderzucker bestäubt aussah. Artjom hingegen fluchte jedes Mal, wenn er das Auto frei räumen musste. Rasch gewöhnte ich mir an, das für ihn zu übernehmen, damit er weniger gestresst in den Tag starten konnte. Sean hatte mir mittlerweile eine kurze Antwort und ein Bild von ihm und seiner Tochter Maeve geschickt. Über Nakisha oder ihren Zustand verlor er kein Wort.
„Ich mach nur einen kurzen Abstecher ins Büro um ein paar Akten abzuholen. Soll ich was mitbringen?“
Es war Samstag, ein paar Wochen vor dem Schneeflockenfest. Ich warf den Spülschwamm ins ausgewischte Spülbecken und dachte kurz nach. „Nee, eigentlich nicht. Einkaufen war ich gestern, heute Abend haben wir einen Tisch in dem neuen Bistro reserviert und morgen wolltest du Lasagne machen.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Wir haben alles, glaub ich.“
Mein Handy vibrierte und ich nahm es aus der Gesäßtasche, während ich Artjom zur Tür begleitete. Er wollte gerade in seine Jacke schlüpfen, da hielt der alarmierte Klang meiner Stimme ihn auf.
„Artjom.“

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Ich hielt ihm mein Handydisplay vor die Nase. Art las rasch Seans Nachricht. Dann zog er seine Jacke an. „Hol deine Tasche und deine Jacke. Wir fahren sofort los.“ Er legte seine Hand an meine Wange bevor er mich in eine schnelle Umarmung zog. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Seans Nachricht war so schlicht wie mysteriös: Joni, ich brauche dich jetzt.
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Beitrag  Akki Do Okt 17, 2019 8:21 pm

Reise in die Vergangenheit 1

An einen Roadtrip quer durch das Land war nicht zudenken. Artjom steuerte den Flughafen an, während ich mich telefonisch um Tickets bemühte. Während ich mich Arts Handy die Tickets zum nächstgelegenen Flughafen von Riverview buchte, versuchte ich mit meinem eigenen Handy Sean zu erreichen. Ich landete sofort auf der Mailbox. Nach langer Überlegung versuchte ich es bei meinen Eltern, doch auch da meldete sich keiner. Als ich auch auf Nakishas Mailbox gelandet war, begann ich mir ernsthaft Sorgen zu machen.
Artjom legte mir die Hand beruhigend auf den Oberschenkel. „Entspann dich. In ein paar Stunden sind wir da, dann wird sich alles aufklären.“
„Hm, dein Wort im Simmers Gehörgang.“ Ich schüttelte mich und griff dann nach Artjoms Hand, die ich dankbar drückte. „Konzentrier' dich lieber auf die Straße.“
„Keine Sorge, Kaninchen.“ Er drückte meine Hand noch einmal kurz gegen, dann legte er sie wieder ans Steuer.

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Wir fuhren eine Weile schweigend weiter. Ich malte mir die schlimmsten Szenarien aus. War meinen Eltern etwas passiert? Warum meldete sich keiner? Dann dachte ich an Sean. Wenn meinen Eltern etwas passiert wäre, hätte er mich informiert. Und er hätte nicht geschrieben, dass er mich bräuchte. Ich erinnerte mich an Moonlight Falls und dass er mich als seine Rettungsleine bezeichnet hatte.
„Er sagte mal, ich sei seine Rettungsleine.“, informierte ich Artjom.
Seine Blick wanderte kurz zu mir, bevor er sich wieder auf die Straße konzentrierte. „Sean?“
„Hm“, bestätigte ich. Dann biss ich mir auf die Unterlippe. „Du hast nie gefragt, was Sean und mich so sehr verbindet.“
Artjom ließ sich Zeit mit seiner Entgegnung. Schließlich legte er mir die Hand aufs Knie. „Du liebst ihn.“
Nun war ich es, die zögerte. „Ja“, sagte ich schließlich. „ Und nein. Ich dachte immer ich würde ihn lieben.“ Ich stieß die Luft laut aus. „Vielleicht fange ich ganz am Anfang an.“

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„Meine Mutter hatte Sean auf einem ihrer Einsätze als Geisterjägerin gefunden: Ein verwahrlostes Kleinkind in der vermüllten Wohnung einer Drogenabhängigen. Nachdem sie die Geister, die Sean ganz offensichtlich auch sehen konnte, eingefangen hatte und die entsprechenden Institutionen informiert hatte, hatten meine Eltern einige Male erfolglos versucht, das Sorgerecht für Sean zu erhalten oder wenigstens seine Pflegeeltern zu werden. Doch man sprach das Sorgerecht immer wieder der Mutter zu, die sich zumindest nach außen hin Mühe gab, clean zu werden und sich um Sean zu kümmern. Wenn sie nicht verfügbar oder in der Lage war, sich um ihren Sohn zu kümmern, sprang ihre Schwester ein. Die war zwar clean und hatte ihr Leben einigermaßen im Griff, aber kein Interesse an Sean. So wurde er dauernd hin und her gereicht.

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Die einzige Konstante in seinem Leben waren wir. Jede Woche verbrachte er mindestens ein oder zwei Nachmittage bei uns. Ich war noch so klein, dass ich nicht verstand, warum sich alle so viel Mühe um ihn gaben: Meine Eltern und Onkel und auch Ravi und T. Er und Kenny verstanden sich von Anfang an sehr gut und Kenny nahm Sean unter seine Fittiche. Ich kam mir außen vor vor und entwickelte eine große Eifersucht. ICH war doch das Kind meiner Eltern und Kennys Cousin, nicht dieser komische Junge, der immer so still und zurückhaltend war und kaum den Mund aufmachte. Ich begann mich sehr schäbig zu benehmen – ärgerte Sean oder nahm ihm das Spielzeug weg, mit dem er gerade spielte. Er beschwerte sich niemals. Nachdem wir eingeschult wurden und die Erwachsenen in der Schule auch immer besonders freundlich zu Sean waren, nahm mein Neid noch zu. Eines Tages folgte ich ihm zu seiner Wohnung, die weder ich noch irgendein anderes Kind je gesehen hatte. Ich weiß bis heute nicht, wie ich den Mut dazu aufbrachte – die Wohnung lag mitten in der Stadt, in dem einen Viertel in Riverview, das verrufen ist. Ich habe mir vor Angst fast in die Hose gemacht, auch wenn das einzige was ich sah ein angeketteter Hund und Bierdosen auf der Straße waren. Sean verschwand in dem Haus und bald hörte ich die sehr laute Stimme eines zornigen Erwachsenen. Mir gegenüber hatte noch nie jemand die Stimme erhoben, deswegen begann ich am ganzen Körper zu zittern. Kurz darauf kam Sean mit zwei Müllbeuteln und einer sehr roten Wange aus dem Haus. Seine Schulten ließ er hängen und es schien mir, als würde er mit den Tränen kämpfen. Doch er räumte den Müll ordentlich weg und sammelte noch ein paar Bierdosen auf, so dass die Einfahrt nicht ganz so vermüllt wirkte. Den angeketteten Hund streichelte er und füllte seinen Blechnapf mit Wasser aus der Regentonne.
Und obwohl ich so eifersüchtig auf ihn war und in diesem Moment auch noch ängstlich, flog ihm mit einem Mal mein Herz zu. Ich war noch zu klein, um wirklich zu verstehen, was da in dem Haus vorgefallen ist, und Sean hat es mir gegenüber auch nie erwähnt, aber der damalige Freund seiner Mutter musste ihn geschlagen haben. Und trotzdem war er umsichtig und freundlich. Während er seine Tränen herunter gekämpft hatte, musste ich irgendeinen Laut von mir gegeben haben, denn plötzlich bemerkte er mich.
„Joni“, sagte er und das war der Beginn unserer Freundschaft.“
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Beitrag  Akki Fr Okt 18, 2019 9:15 pm

Reise in die Vergangenheit 2


Ich schluckte und griff nach Artjoms Hand, die noch auf meinem Knie ruhte. Er strich mit dem Daumen über meinen Handrücken.
„Ich erwiderte: Sean. Dann lief ich auf ihn zu und umarmte ihn. Ich hatte so viel Mitleid und schämte mich so sehr und wusste nicht, wie ich das anders zum Ausdruck bringen sollte. Er war auch damals kein großer Umarmer, aber er drückte mich auch. Dann sah er zum Fenster und bat mich zu gehen, denn von drinnen drangen wieder laute Stimmen, dieses Mal von einem Mann und von einer Frau zu uns. Ich weiß im Nachhinein nicht, ob er mich beschützen wollte, sich schämte oder hoffte den Streit zwischen den beiden Erwachsenen schlichten wollte. Ich kam irgendwie nach Hause, wo meine Eltern sich schon wunderten, wo ich blieb. Ich verlor kein Wort über das, was ich mitbekommen hatte, denn ich hatte keine Worte dafür und ich dachte auch, dass Sean nicht wollte, dass es jemand wusste. Ich beobachtete ihn von da an intensiv und manchmal ging ich zu seinem Haus. Immer wenn ich dort war, bemerkte ich, wie sehr er sich bemühte: Er brachte Müll runter, manchmal fegte er die Einfahrt oder putzte und er war immer freundlich zu dem Kettenhund. Mit meinen Beobachtungen lernte ich, Sean zu lesen und in Worte zu fassen, was ihn bewegte. Wenn ich es äußerte, nickte er nur. Er wollte verzweifelt, dass seine Familie – seine Mutter und er und gegebenenfalls irgendein Macker, der immer nur kurz blieb, oder seine Tante und er. Dafür war bereit seine Kindheit zu opfern und seine eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen. Ganz selten erschien er unbeschwert, meistens dann, wenn ich ihm irgendetwas belangloses erzählte. Dann saß er neben mir, hörte zu und entspannte sich. Das klappte nur, wenn wir allein waren, so als wäre ich der einzige Sim, dem er seine Unsicherheit und Verletzlichkeit zeigen konnte.“

Felinger Legacy - Seite 8 Scree624


Ich sah vorsichtig zu Artjom, der seine Hand wieder ans Lenkrad gelegt hatte. Seine Knöchel traten weiß hervor. Meine Erzählung musste ihn mitnehmen. Rasch wischte ich mir die Tränen aus den Augenwinkeln – ich erinnerte mich nicht gern an Seans Kindheit und Jugend. Kurz holte ich Luft bevor ich fortfuhr.
„Als wir heranwuchsen, erschien es mir irgendwann logisch, dass wir immer zusammen wären. Sean brauchte mich und ich brauchte ihn – wenn ich Angst vor etwas hatte – und du weißt wie das bei mir ist – war er einfach da. Außerdem – und das ist mir erst mit der Zeit klar geworden, brauchte ich das Gefühl, für jemand anderen stark sein zu können. Ich hatte das Gefühl, dass Seans Gefühle in eine ähnliche Richtung gingen – doch dann kam auf einmal Nakisha dazu. Damals war sie noch nicht so … gestört wie sie es heute ist, das entwickelte sich erst langsam. Ich bin nicht sicher, wann sie zusammen kamen, aber – ich habe es vorangetrieben, weil ich in den Eindruck hatte, dass es Sean gut tat.“
Zum ersten Mal unterbrach mich Artjom: „Du warst in ihn verliebt und hast doch dafür gesorgt, dass er mit Nakisha zusammen kam?“
Nach einem kurzen Biss auf meine Unterlippe, nickte ich stumm. Artjom sah mich von der Seite an und musterte mich lange mit unergründlichem Blick, bevor er mir bedeutete fortzufahren.
„Sean wollte alles richtig machen in der Beziehung. Wenn er Ratschläge brauchte, erkannte ich das und versuchte mich in Nakisha hineinzuversetzen und eine Lösung zu finden. Ich war ziemlich erfolgreich. Ich ...“ Ein weiterer Biss auf meine Unterlippe. „Als es begann ernster zwischen den beiden zu werden und klar wurde, dass Nakisha nicht nur Händchen halten und Küsschen haben möchte, war Sean ängstlich. Also haben wir zusammen das Küssen geübt. Und später auch … andere Dinge.“

Felinger Legacy - Seite 8 Scree625


Fast hätte Artjom das Lenkrad verrissen, weil er sich so plötzlich zu mir drehte. Sein Gesicht zeigte eine Mischung aus Erstaunen und fast so etwas wie Ärger. Ich beeilte mich sein Gesicht sanft nach vorne zu drücken und weiter zu sprechen.
„Er hat mich nicht ausgenutzt. Wenn ich es nicht vorgeschlagen hätte, wäre es auch nie passiert.“ Dann unterdrückte ich den Wunsch, mir auf die Lippe zu beißen und zuckte stattdessen mit den Schultern. „Ich war froh, dass ich mit Sean Sachen ausprobieren konnte – jemanden, dem ich vertraute und den ich liebte. Eine Win-Win-Situation.“
„Wenn du es so siehst.“ Artjoms Stimme war bemerkenswert ruhig – fast schon tonlos. „Das einzige, was mich an der Sache stört – wenn du dich wirklich nicht ausgenutzt fühlst – ist Nakisha.“
Ich nickte und machte ein zustimmendes Geräusch. Artjom hatte seine Standards – er kam nie einer Beziehung in die Quere. „Ich – und vermutlich auch Sean – haben immer den Gedanken unterdrückt, dass wir sie betrügen. Ich glaube, wir haben unser Gewissen beide damit beruhigt, dass es ihr ja zu Gute kam.“ Ich ahnte, dass Artjom das anders sah, aber er nickte nur. Deswegen fuhr ich fort. „Es war jeweils eine einmalige Sache, über die wir auch nie wieder sprachen. Mir persönlich tat es gut, unbekanntes Territorium mit ihm zu erkunden, er war beruhigter und die Beziehung mit Nakisha wurde stabiler – auch wenn sie immer labiler wurde. Ich kann sie zwar nicht ausstehen, aber Sean ist die einzige Konstante in ihrem Leben.“
„So wie du in seinem.“, warf Artjom leise ein.

Felinger Legacy - Seite 8 Scree626


„Ja.“ Überrascht legte ich den Kopf schief. Nakisha, Sean und ich hatten – bis ich Riverview verließ – quasi eine Dreiecksbeziehung geführt. Ich war sicher, dass niemand etwas davon mitbekommen hatte, erst Recht nicht Nakisha. Sean und ich waren mehr als diskret. Nakishas Nachricht kam mir in den Kopf – hatte sie doch etwas mitbekommen?
„Hast du jemals herausgefunden, was Sean für dich fühlt?“
Seine Frage überraschte mich. Dann schüttelte ich den Kopf. „Er hat dazu niemals etwas gesagt. Vor Nakisha hatte ich das Gefühl, dass er so fühlt wie ich, aber ...“
Die ersten Schilder wiesen uns auf den Parkplatz des Flughafens hin. Artjom wechselte die Spur.
„Was denkst du jetzt von mir?“, wagte ich zu fragen.
Obwohl er geradeaus sah, lächelte Artjom. Nachdem er den Gang gewechselt hatte, nahm er wieder meine Hand. „Ich denke nichts schlechtes von dir, wenn es das ist, wovor du Angst hast.“
Als ich nickte, fuhr er fort: „Auch wenn du – in deiner Jugend – gegen meine Standards verstoßen hast – meine wohlgemerkt, nicht deine! - kann ich es akzeptieren. Ich brauche vielleicht einen Moment, alles zu verstehen und nachvollziehen zu können, aber ich weiß, dass du nie in böser Absicht handeln wolltest, sondern nur aus dem Bedürfnis etwas Gutes zu tun. Ich liebe dich.“
„Ich liebe dich auch,“ erwiderte ich ohne nachzudenken. „Und Sean – ich liebe ihn, aber nicht so.“
Kaum war der Satz ausgesprochen, sahen wir uns beide perplex an. Dann wurde Artjom vom Verkehr ablenkt und musste sich einordnen. Verwirrt sah ich aus dem Fenster.
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Beitrag  Akki Fr Okt 18, 2019 10:45 pm

Schlechte Nachrichten

Schweigend eilten wir vom Parkplatz in die Flughafenhalle und checkten ein. Wir waren die letzten Fluggäste und so blieb kaum ein Moment zu sprechen, bis der Flieger in der Luft war. Ich suchte nach Worten, aber irgendwie kam mir nichts in den Sinn, was ich hätte sagen können. Artjom schien es ebenso zu gehen. Als sich unsere unsicheren Blicke trafen, war er der erste, der lächelte. Erleichtert erwiderte ich sein Lächeln. Er nahm meine Hand und schloss die Augen. Sekunden später war er eingeschlafen.
Artjom konnte immer und überall sofort einschlafen und kleine Powernaps halten. Ich saß die ganze Zeit nervös daneben, bis ich mich darauf verlegte, Artjom anzusehen und Erleichterung zu verspüren, dass er bei mir war. Als ich ihn kurz vor der Landung weckte, äußerte ich das. Er nahm meine Hand und küsste die Fingerspitzen.
„Joni, wenn du bei Sean wärst, und ich das geschrieben hätte, wärst du auch sofort gekommen. Und er hätte dich begleitet.“ Damit setzte er sich auf und schnallte sich an.
Ich sah ihn ein verwundert an. Natürlich würde ich das auch für ihn tun! Aber was hatte das mit Sean zu tun? Würde er mich auch begleiten? Nach kurzer Überlegung, nickte ich. Artjom sah die Bewegung und lächelte.

Per Mietwagen legten wir das letzte Stück zurück. Mittlerweile waren seit Seans Nachricht mehrere Stunden vergangen. Wir debattierten gerade, ob wir direkt zu Seans Haus oder erst zu meinen Eltern fahren sollten, als Art plötzlich die Hand hob und dann das Radio lauter drehte.
Meine Augen wurden untertellergroß. Wir tauschten einen raschen Blick, dann wendete ich an der nächsten Möglichkeit und schlug den Weg zum Krankenhaus ein. Meine Knöchel traten weiß hervor, so fest hielt ich das Lenkrad umklammert. Artjom bot mir an, zu fahren, aber es war nicht mehr weit und mit meiner Ortskenntnis ging es sicher schneller. Stattdessen legte Artjom die Hand in meinen Nacken und strich sanft über meinen Haaransatz. Auch wenn ich im Kopf die Horrornachrichten aus dem Radio wiederholte, spürte ich seine Berührung und war dankbar.

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Ich hielt vor dem Krankenhaus und ließ den Motor laufen, damit Art einen Parkplatz suchen konnte. Rasch fragte ich mich zur Intensivstation durch. Im Warteraum traf ich meine Familie an: meine Eltern, Kennard und eine hochschwangere Kristen. Sie sahen mich überrascht an.
„Joni! Wo kommst du denn her?“, fragte meine Mutter und kam auf mich zu. Eine Krankenschwester, die am Tresen arbeitete, sah bei meinem Namen auf.
„Entschuldigung – sind Sie Joni Felinger?“
Geistesabwesend nickte ich, während ich Mom in die Arme schloss.
Die Krankenschwester prüfte etwas im Computer. „Ähm … also Sie können zu Mr. McCoy.“
Kennard riss erstaunt den Kopf herum und fasste die junge Sima scharf ins Auge. „Wie bitte? Sie verbieten mir die ganze Zeit den Zugang, und behaupten, nur Familie dürfe zu ihm.“
Die Schwester hob entschuldigend die Hände und wies auf den Computer. „Als Familie ist hier nur Ms. Joni Felinger eingetragen. Das sind die Vorgaben.“
Alle Augen richteten sich auf mich. Ich versuchte Teflon zu imitieren und sie an mir abperlen zu lassen. Der jungen Krankenschwester nickte ich zu und bedeutete ihr, mich zu Sean zu bringen.
„Sie müssen Kennard entschuldigen. Sean ist sein bester Freund.“, sagte ich leise, mehr um meine eigenen Nerven zu beruhigen. „Wie schlimm ist es?“
Die Schwester sah mich nervös an während sie mir erklärte, wie ich meine Hände zu desinfizieren und den Kittel anzuziehen hatte. „Das müssen Sie die Ärzte fragen.“

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Die Ärzte fingen mich vor dem Zimmer ab. Vor dem Nebenzimmer saß ein uniformierter Polizist, während eine weitere Person wild auf einen Pfleger einreden, der ihm offensichtlich den Zugang in die Zimmer verwehrte.
„Ms. Felinger, ich muss es so sagen: Es steht schlecht um Sean.“, eröffnete die Oberärztin ohne Umschweife. „Wir bereiten gerade den OP vor für eine weitere Not-OP, deswegen können Sie nur ganz kurz rein.“ Nach kurzer Überlegung fügte sie nicht ohne Mitleid hinzu: „Richten Sie sich besser auf das Schlimmste ein.“
Das war wie ein Tritt in die Magengrube. Mit blieb die Luft sofort weg. Der aufgeregte Mann kam zu mir, als ich gerade das Zimmer betreten wollte.
„Detective Jones, Ma‘am, ich muss unbedingt mit Mr. McCoy reden, er ist ein wichtiger Zeuge, und ...“
Mit einem scharfen Blick schnitt ich ihn an. „Er ist wohl eher ein Opfer. Und er liegt im Sterben.“ Dann schlüpfte ich durch die Tür und brach in Tränen aus.
Das Bett schien viel zu groß für Sean, obwohl er kein kleiner Mann war. Sein Oberkörper war nur mit einem leichten Stoff zugedeckt, Kabel und Schläuche ragten aus allen Körperöffnungen. Ich blinzelte die Tränen weg und näherte mich vorsichtig dem Bett. Wie angekündigt, war er nicht bei Bewusstsein. Die hektischen Bewegungen auf den Überwachungsmonitoren sagten mir nicht.
„Sean.“


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Beitrag  Akki Sa Okt 19, 2019 7:36 pm

Ich sehe tote Menschen

Ich erwartete keine Antwort. Doch nur den Bruchteil einer Sekunde später, hörte ich „Joni.“
Überrascht sah ich in die Richtung aus der die Stimme kam. Dort stand ein unsichtbarer Sean. Mein Blick sprang hektisch zu dem bewusstlosen Simo im Bett zurück. Dort tat sich nichts. Und mit nichts meine ich nichts: Die Monitore und die Beatmungsmaschine schienen wie eingefroren.
„Ihr habt nicht viel Zeit“, sagte eine unbekannte Stimme und ich wäre fast in Ohnmacht gefallen, als ich die Sensefrau in einer anderen Ecke des Zimmers sah.

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Seans Stimme riss meinen Kopf wieder zu dem Geist zurück. Rational begriff ich sofort, dass Sean tot war. Trotzdem war ich wie versteinert, als er auf mich zukam und meine Hände nahm.
„Joni.“
„Sean“, brachte ich schließlich hervor. Unter Tränen nahm ich sein geisterhaftes Gesicht in meine Hände. Eigentlich sollte das nicht möglich sein, er war ja ein Geist und kein Ektoplasmatiker. „Was ist passiert?“
„Das ist jetzt nicht wichtig“, erwiderte Sean. Er nahm mich in die Arme – eine kühle, kaum wahrnehmbare Umarmung. „Hast du Artjom mitgebracht?“
Wie vor den Kopf geknallt, sah ich ihn an. Ich konnte nicht anders als zu nicken.
„Gut. Ich brauche ihn … und dich.“ Er warf einen kurzen Blick zur Sensefrau, die gleichgültig die Tapete musterte. Sean legte seine Hände an meine Wangen. „Und du wirst ihn brauchen.“
Ich war wie vom Donner gerührt. Bevor ich etwas sagen konnte, sprach Sean weiter: „Gehen wir.“
„Halt, halt, halt.“ Die Sensefrau kam aus ihrer Ecke. „Du bist gerade gestorben.“
„Ich weiß. Ich wusste es die ganze Zeit.“, erwiderte Sean ruhig. Er ließ mein Gesicht los und griff nach meiner Hand. „Aber ich gehe noch nicht. Ich habe noch einige unerledigte Geschäfte.“
Ich weiß nicht ob die Sensefrau oder ich überraschter waren. Beide starrten wir ihn an. Sie erholte sich als erste: „Willst du das wirklich tun? Dann wirst du zu dem, was du gejagt hast.“
„Das weiß ich. Ich werde nicht ewig bleiben.“ Er hob seine Hand, die noch immer meine hielt. „Wenn ich fertig bin, wird Joni mir den letzten Weg zeigen.“

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Es schien als wolle die Sensefrau die Schultern zucken. Sie legte die ihre Sense lässig in den Nacken. „Wie du meinst.“ Sie begann sich aufzulösen. „Gleich läuft die Zeit weiter!“
Sean legte die Hand an mein Kinn und zwang mich ihn anzusehen. „In meinem Haus gibt es eine versteckte Kamera. Du kannst Detective Jones davon erzählen.“
„Sean, ich kann doch keine Geister sehen.“ Das war nicht mein klügster Kommentar. Aber es war das erste was mir in diesem Moment einfiel.
„Du kannst mich sehen Joni. Und nur du.“ Er wurde etwas weniger sichtbar. „Die Zeit geht weiter.“
Er hatte recht: Mit einem Mal begann eine Kakophonie von Piepslauten und Alarmtönen. Die Tür flog auf und die Ärztin eilte in den Raum. Der Pfleger, der eben noch den Detective in Schach gehalten hatte, nahm mich sanft aber bestimmt bei der Schulter und führte mich aus dem Zimmer, während die Ärztin mit der Wiederbelebung begann. Ich war versucht ihr zu sagen, dass es keinen Sinn hatte. Mit den Augen suchte ich nach Seans Geist.

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„Ich bin noch hier, Joni. Du wirst mich nicht immer sehen können, aber ich bin bei dir.“
Betäubt nickte ich, während ich aus der Intensivstation hinausbegleitet wurde. Hinter mit wurde Detective Jones weniger mitfühlend hinaus gebracht. Als er mein tränenüberströmtes Gesicht sah, schloss der den Mund und verstummte. Er versuchte mir aufmunternd zu zu nicken, bevor er das Wartezimmer verließ.
Meine Familie kam gesammelt auf mich zu, keiner traute sich etwas zu sagen. Ich mied ihre Blicke und ging ohne einen von ihnen zu berühren in die hintere Ecke des Zimmers, wo ich ein blaue Flügel hatte aufblitzen sehen. Art löste sich von der Wand und nahm mich ohne Worte in die Arme.
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Beitrag  Akki So Okt 20, 2019 11:56 am

Interludium



„Wer bist du?“ Felicia musterte die unscheinbare Sima mit dem Allerweltsgesicht. Alles an ihr schrie Beobachter. Dass sie in ihrer Domäne erscheinen konnte, bestätigte das nur.
Beschwichtigend hob die Sima beide Hände. „Ich habe keine schlechten Absichten.“
Wäre das Gesicht der Sensefrau nicht unter ihrer Kapuze verborgen gewesen, hätte die Beobachterin zwei mehr als hochgezogene Augenbrauen gesehen.
Die Sima legte einen Stapel Akten, die sie wie aus dem Nichts geholt hatte, auf den Tisch der Sensefrau. „Ich möchte die Beobachter in ihre Schranken weisen. Ich will, dass alles wieder so ist wie zuvor – besonders was die Felingers angeht.“
Felicias Sense sprang hervor, die Klinge nur Millimeter von der Kehle der Beobachterin entfernt.
„Friede“, sagte diese unbeeindruckt. „Wenn ich meine, wie zuvor, dann meine ich wie lange – sehr lange – zuvor.“ Mit der Hand wies sie auf die Akten. „Schau sie dir in Ruhe an. Dann entscheide selber, ob du mich noch einmal sehen willst.“ Mit einem Finger schob sie die Klinge zur Seite. „Sag meinen Namen und ich komme.“
Felicia antwortete nicht, doch die Sima legte lächelnd den Kopf schief. Ihr unscheinbares Äußeres veränderte sich. „Manche kennen mich als Eins, doch mein wahrer Name ist Geshtinanna.“
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Beitrag  Akki So Okt 20, 2019 1:49 pm

Irr und Irrer 1

„Kannst du auch nicht schlafen?“
Artjom stand vor der Wand mit den Bildern, die Kenny scherzhaft als Ahnengalerie bezeichnete.
Der Fee neigte mir den Kopf zu und lächelte. „Ich bin es nicht gewöhnt in einem Haus mit so vielen Sims zu schlafen.“
„Hm, vor allem wenn dich nur eine Wand von meinem heißen Onkel trennt“
„Joni… ich wünschte, du würdest das endlich vergessen.“ Er warf mir einen gequälten Blick zu, den ich grinsend erwiderte. Diese Normalität zwischen uns war nach dem turbulenten – die Untertreibung des Jahrhunderts! - Tag, genau das was ich brauchte. Mir war es als hörte ich Sean leise lachen. Nun guckte ich so gequält wie Artjom.
Sanft berührte er meinen Arm. „Wie geht es dir?“
Tja, wie ging es mir? Ich zuckte mit den Schultern. „Es kommt mir alles so unwirklich vor.“
Dieses Mal hörte ich Sean ganz bestimmt lachen. „Wird nicht besser davon, dass ich auf einmal deinen Geist hören und sehen kann,“ beschwerte ich mich in die Richtung, aus der das Gelächter kam.
Artjom sah in die Richtung uns seufzte. Die Stunden nach Seans Tod waren wie an mir vorbei geschwommen. Ich konnte mich erinnern mit meiner Familie gesprochen und geweint zu haben, auch wenn die Tatsache, dass ich Seans Geist sehen konnte, seinen Tod für mich irgendwie nicht so greifbar zu machen schien. Plötzlich hatten bei Kirsten Wehen eingesetzt, so dass alle von der Tragödie abgelenkt worden waren. Artjom und ich hatten die neue Aufregung genutzt, in mein Elternhaus zu fahren. Dort wurden wir als Babysitter für David abgestellt, während Asher und Josiah ins Krankenhaus fuhren um ihren ersten Enkel Ezekiel zu begrüßen. Irgendwann hatten wir David ins Bett verfrachtet. Während wir zusammen im ehemaligen Zimmer der Zwillinge das Bett frisch bezogen, konnte ich Artjom von Seans Geist erzählen. Ich hatte die ganze Zeit über das Gefühl, dass Sean da war, aber er ließ sich nicht blicken.

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Sean wurde sichtbar. Er grinste mich an. In all den Jahren, in denen wir uns kannten, hatte ich ihn nie so unbeschwert gesehen.
„Das ist so schräg“, entfuhr es mir und ich schüttelte den Kopf.
„Warum?“ fragten beide Simos – Artjom ohne Seans gewahr zu sein.
Sean sah zu dem Fee und musterte ihn lange. Dann sah er wieder zu mir.
Ich schüttelte abermals den Kopf und zeigte dann auf Sean. „Er steht genau da und guckt mich grinsend an. Und ich weiß nicht was komischer ist, dass er da steht und ein Geist ist oder dass er da steht und grinst.“ Ich sah meinen geisterhaften Freund an. Zunächst wollte ich ihm einen vorwurfsvollen Kommentar drücken, doch dann traf mich unvorbereitet eine Erkenntnis. „Du wirkst glücklich.“
Artjom sah zu mir und dann dorthin wo er Sean vermutete.
Langsam nickte Sean. „Nicht wunschlos glücklich, aber ja: ich bin glücklich.“ Er schwebte auf mich zu und hob seine Hand. „Ich möchte etwas ausprobieren. Kannst du bitte Artjoms Hand nehmen? Und dann meine?“
Ich wiederholte seine Worte für Artjom. Er schien mit der Bitte mehr anzufangen zu können als ich. Er nickte ernsthaft und reichte mir seine Hand. Er schien kam zu bemerken, dass er automatisch mit seinem Daumen über meinen Handrücken strich. Ich sah zu Sean. Auch er sah mich ernsthaft hat. „Ich weiß nicht, was passieren wird, aber wir passen auf dich auf“, verkündete er mysteriös. Und bevor ich mich wundern konnte, wurde mir schon schwarz vor Augen.

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„Wah!“ Mit einem Schreck wurde ich wach und fuhr von der Couch hoch. Hektisch sah ich mich um. Neben mir saß Artjom, dessen Gesichtsausdruck ich nur als verklärt bezeichnen konnte. „Was zum Simmer…?!“
Artjom schüttelte den Kopf, wie um ein klaren Gedanken zu bekommen. Er lächelte mich an und legte mir beruhigend eine Hand auf den Arm. „Alles ist gut, Kaninchen.“ Er nahm seine Hand weg und faltete beide Hände ordentlich in seinem Schoss. Eine Geste, die mich nicht wirklich beruhigte. Doch ehe ich etwas sagen konnte, fuhr er fort. „Sean und ich hatten ein … interessantes Gespräch.“
Besagter Toter – oder eher Untoter – erschien in meinem Augenwinkel.
„Wir haben dich als Medium gebraucht.“ Sean schon seine durchsichtige Brille auf seiner durchsichtigen Nase hoch. „Du kannst mich sehen auf Grund … besonderer Vorsichtsmaßnahmen, die ich vor meinem Tod getroffen habe. Deine Mutter nimmt mich nicht wahr, obwohl sie sonst alle Geister wahrnehmen kann. Vermutlich könnte ich mit ihr kommunizieren wie mit Artjom, aber ...“ Er ließ den Satz unbeendet.
„Danke, ich bin auch nicht besonders scharf darauf, das ganze mit Mom zu wiederholen.“

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„Was willst du nicht mit mir wiederholen?“ Natürlich kam meine Mutter genau in diesem Moment gefolgt von meinem Vater ins Haus.
Sean schlug sich mit der flachen Hand vor sich Gesicht. Meine Mutter nahm ihn wirklich nicht wahr! Ich starrte eine Weile zu seinem Geist, dann sah ich langsam zu meinen Eltern. „Äh …“ Hilfesuchend blickte ich zu Artjom. Er sah aus, wie ich mich fühlte: Als wolle er am liebsten wo anders sein.
„Noch mal diese Fragerunde: Oh, wie geht es dir?“, brach es dann aus mir heraus. Ich sprang auf und riss Artjom am Arm mit hoch, so dass wir beinahe in den Couchtisch fielen. „Wie spät ist es? Oh, schon halb acht. Wir müssen …“
„Ins Polizeipräsidium.“, soufflierte Artjom ruhig. Er neigte seinen Kopf entschuldigend zu meinen Eltern, während er mich geschickt um den Couchtisch herumführte. Bevor die Haustür hinter uns ins Schloss fiel, hörte ich meine Mutter fragen: „Was sollte das denn?“
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Beitrag  Akki So Okt 20, 2019 7:39 pm

Irr und Irrer 2

Artjom öffnete mir die Beifahrertür, bevor er um den Mietwagen herumging und sich auf den Fahrersitz gleiten ließ. Synchron schlossen wir die Türen und sahen uns einen Moment an. Dann schüttelte ich den Kopf. „Es kommt mir alles wie ein irrer Traum vor.“
Artjom nickte, bevor er sich seufzend anschnallte. Bevor er den Wagen startete, sah er mich erwartungsvoll an. Ich nickte und kam seiner unausgesprochenen Forderung mich anzuschnallen nach.
„Tatsächlich wird es dir noch irrer vorkommen“, deutete er mysteriös an, während er den Wagen rückwärts aus der Einfahrt steuerte.
„Noch irrer?“, echote ich ungläubig. „Du meinst nachdem Sean mir eine mysteriöse Nachricht schickt, weil er ahnt, dass Nakisha durchdreht und er im Sterben liegt, als wir hier ankommen und mir dann als Geist erscheint? Pff, glaub ich nicht.“
„Du hast keine Ahnung“, ertönte es in stereo – Sean war auf der Rückbank erschienen.
Ich ließ den Kopf hängen – das konnte ja heiter werden. Dann drehte ich mich zu Sean um. Er grinste und zuckte mit den Schultern, bevor er wieder verschwand.
„Verrückt“, murmelte ich. Dann sah ich zu Artjom. „Warum fahren wir zum Polizeipräsidium?“
„Um Detective Jones zu treffen.“
„Sean sagte mir gestern, ich soll ihm irgendetwas sagen.“ Ausgelaugt rieb ich mir die Schläfen. Ich hatte vielleicht zwei oder drei Stunden geschlafen – wenn man meine Ohnmacht so bezeichnen konnte. „Kannst du überhaupt fahren? Hast du geschlafen?“
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„Nein. Aber wenn es an etwas in deinem Elternhaus nicht mangelt, ist es Kaffee.“ Artjom grinste, aber ich sah die kleinen Knitterfältchen um die Augen. Bevor ich etwas sagen konnte, legte er mir beruhigend die Hand aufs Knie. „Keine Sorge. Koffein und mein Fee-Sein werden mich noch eine ganze Weile auf den Beinen halten.“
Ich holte Luft um ihm zu widersprechen, doch er hob die Hand, die eben noch auf meinem Knie gelegen hatte zu heben. „Alles zu seiner Zeit, Kaninchen. Zunächst fahren wir zu Jones. Er muss von der Kamera erfahren. Sean sagt, dass alles aufgezeichnet worden ist.“
„Warum hat er sich nicht gewehrt?“, murmelte ich und sah an den Autohimmel. Die Stimme der Radiomoderatorin, die gestern von dem „Familiendrama“ berichtet hatte, klang mir noch im Ohr. „Er ist … war doch stärker als Nakisha. Und mit seinem IMBA-Training hätte er sie doch überwältigen können, als sie auf ihn losgegangen ist!“
Fast erwartete ich, dass Sean erschien. Doch stattdessen sprach Artjom: „Sean wusste, dass es sein Todestag war.“
Still sah ich zu dem Fee.
„Er hat es vor vielen Jahren erfahren.“ Artjom schien noch mehr sagen zu wollen, doch er griff nur kräftiger ins Lenkrad. Wie am Vortrag – war es wirklich erst ein paar Stunden her? – traten seine Knöchel weiß hervor. „Wenn er sich gewehrt hätte, wäre die Polizei vielleicht früher gekommen und hätte ihn für den Angreifer gehalten und erschossen. Oder er wäre die Treppe heruntergefallen. Oder …“
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„Jaja, schon gut ich verstehe!“ Es kam ein bisschen heftiger, als ich beabsichtigt hatte, so dass Artjom zusammenzuckte. Doch er nickte verstehend.
Sean wusste das er sterben würde? Warum hatte er mich dann nicht früher geholt? Warum hatte er nicht versucht es zu verhindern? … Weil der Todestag feststeht. Erneut massierte ich meine Schläfen. In den Aufzeichnungen stand an mehreren Stellen sehr deutlich, dass der Todestag nicht manipulierbar war. Kira hatte einmal in all den Leben einen Handel möglich gemacht – mit ungeahnten Folgen. Ihr eigener Bruder war dadurch zu Tode gekommen. Danach hatte der Sensemann – zu diesem Zeitpunkt noch mein späterer Großvater – klar gemacht, dass es eine einmalige Ausnahme bleiben würde.
„Ok“, sagte ich ruhiger, als ich es selbst für möglich gehalten hatte. Eine Felinger zu sein war irre genug – das hatte mir die Erinnerung an Kira, Darrel und den Sensemann noch einmal klar gemacht. Das Leben würde mir wahrscheinlich immer irgendwelche Absurditäten an den Kopf schmeißen.
Artjom hielt an einer roten Ampel, was ihm Zeit verschaffte mich genau zu mustern. Ich rang mir ein Lächeln ab, dass er sofort erwiderte. Rasch beugte ich mich zu ihm herüber und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Danke, dass du bei mir bist.“
Die Ampel wurde grün. Artjom legte den Gang ein und fuhr langsam an. „Für dich immer.“


Zuletzt von Akki am So Nov 10, 2019 6:24 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Beitrag  Akki So Okt 20, 2019 7:42 pm

Irr und Irrer 3

„Es gibt noch einen weiteren Grund“
„Hä?“, machte ich wenig intelligent, nachdem Artjom unser Gespräch wieder aufgenommen hatte.
„Maeve.“
„Maeve?“ Meine Echo-Dichte war unverhältnismäßig hoch. „Maeve!“ Ich ruckte nach vorne und sah mich hektisch um, so als würde das Baby aus heiterem Himmel erscheinen. Beschämt wurde mir bewusst, dass ich seit Seans Nachricht nicht einen einzigen Gedanken an das Kind verschwendet hatte.
„Keine Sorge, es geht ihr gut. Sean beobachtet sie vermutlich gerade. Die Polizei hat sie gestern in eine Pflegefamilie gebracht. Sie ist unbeschadet aus dem Ganzen hervorgegangen.“
Ich sparte mir einen Kommentar, wie man – selbst mit wenigen Monaten – unbeschadet aus dem Mordanschlag der eigenen Mutter gegenüber dem Vater hervorgehen konnte.
„Sean wusste also, dass er sterben würde. Deswegen die Nachricht an mich. Er wollte Maeve beschützen, deswegen hat er sich nicht gewehrt. Puh.“ Ich zwang mich tief durchzuatmen um der Panik in mir nicht noch mehr Platz zu geben. Es war mir, als würde meine Kopf platzen.
Artjom griff in seine Hosentasche und reichte mir einen USB-Stick. „Sean hat mir die Daten zu seiner Cloud gegeben. Auf dem Stick sind alle wichtigen Dokumente. Ich habe sie grob gesichtet und von juristischer Seite ist alles hieb und stichfest.“
Er wurde meines fragenden Gesichtsausdruckes gewahr. „Sein Testament und Vorsorgevollmachten für Maeve.“ Nervös leckte er sich die Lippen. „Ich wünschte, er würde es dir persönlich sagen – oder hätte es schon vor seinem Tod gesagt“

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Mein Kopf stand wirklich kurz vorm explodieren. Jetzt spalteten sich meine Gedanken auch noch in verschiedene Richtung: ich wollte schreien, weil alles so unwirklich war; ich wollte hysterisch lachen, weil von Sean in Gegenwart und Vergangenheit GLEICHZEITIG zu sprechen, vollkommen irre war – und weil sich eine Vorahnung in mir breit machte. Ich bemerkte kaum, wie Artjom auf den Parkplatz vor dem Polizeipräsidium hielt. Er schnallte sich ab und drehte sich zu mir, um meine Hände in seine zu nehmen. „Atmen, Kaninchen.“
Langsam stieß ich die Luft aus, die ich unbewusst angehalten hatte. Ich suchte Artjoms Augen und hielt mich an dem steten Blick daraus fest. Ein paar bewusste Atemzüge später, konnte ich mir ein halbes Lächeln abringen. Art nickte zufrieden.
„Lass mich bitte nie alleine!“, platzte es aus mir heraus, bevor ich die Worte überdenken konnte.
Art lächelte und legte den Kopf schief. „Wie könnte ich? Ich liebe dich.“
Bevor mein überspanntes Gehirn die Tragweite seiner Worte verarbeiten konnte, griff er nach dem USB-Stick, den er auf die Konsole gelegt hatte. „Sean hat uns die Verantwortung für Maeve übertragen.“
Wie ein Fisch öffnete ich den Mund und schloss ihn wieder. Ich sah zu dem USB-Stick und wieder zurück zu Artjom. Meine Vorahnung hatte sich bestätigt. „Uns?“, echote ich dann, als mir die Nutzung des Pronomens gewahr wurde.

Felinger Legacy - Seite 8 Scree641


„Uns“ bestätigte Artjom lachend. Seine Miene zeigte mir, dass die letzten vierundzwanzig Stunden auch nicht spurlos an ihm vorbeigegangen waren – von den Zeichen der Müdigkeit mal abgesehen. Kurz versetzte ich mich in seine Lage: Er fuhr und flog mit mir durchs halbe Land, wartete mit ihm unbekannten Sims, die ihn bestimmt sehr aufmerksam musterten vor einer Intensivstation, nur um mich als heulendes Elend in Empfang zu nehmen und dann nach Hause zu begleiten, wo wir anschließend ein hyperaktives Grundschulkind betreuen musste, bevor er mit dem Geist meines verstorbenen Freundes sprach, der ihm juristisch relevante Dokumente übermittelte und dann offenbarte, dass wir beide ab sofort die Verantwortung für einen Säugling hatten. BÄM!
Ich begann hysterisch zu lachen. Artjom sah mich sorgenvoll an. Ich zeigte auf ihn und auf mich und lachte noch hysterischer, bis mir die Luft wegblieb und Tränen aus meinen Augen rannen.
„Bobby … wird … es … freuen …, dass … wir … endlich … den … nächsten … Schritt… machen“, brachte ich schließlich japsend heraus, bevor ich mich über die Mittelkonsole in Artjoms Arme warf und mein hysterisches Gelächter zu ersticktem Weinen wurde.
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Beitrag  Akki So Okt 20, 2019 11:35 pm

Maeve

Irgendwann schaffte ich es, mich soweit zu beruhigen, dass wir Detective Jones aufsuchen konnten. Er war reichlich überrascht uns zu sehen. Als wir ihm von der Kamera berichteten, wurde er sehr aufgeregt. Die Polizei hatte sich rein auf die Tatortspuren verlassen müssen, um sich überhaupt ein Bild machen zu können. Sean hatte keine Auskunft geben können. Nakisha hatte sich, nachdem sie Sean tödlich verletzt hatte, versucht selbst umzubringen. Sie war stabil, aber wurde noch in einem künstlichen Koma gehalten. Man ging von einem akuten psychotischen Anfall aus. Ob und wenn ja wessen sie angeklagt werden würde, hing von ihrer Entwicklung in den nächsten Tagen ab. Solange würde Maeve auch bei der Pflegefamilie bleiben – da konnten wir noch so gute Vorsorgevollmachten haben. Immerhin wurde uns erlaubt, das Kind zu besuchen.

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Mit einem flauen Gefühl im Magen, lenkte ich unseren Mietwagen durch die Straßen Riverviews zu der Adresse der Pflegefamilie. Artjom döste auf dem Beifahrersitz. Die vergangenen vierundzwanzig Stunden forderten ihren Tribut. An einer Ampel hielt ich an und musterte Art.
Unser Mietwagen. Unsere Wohnung. Unser Pflegekind. Das „unser“ hisste einige Flaggen in meinem Unterbewusstsein. Ich warf einen Blick in den Rückspiegel. Sean hatte sich seit dem Morgen nicht blicken lassen. Als mein Blick wieder nach vorne schweifte, bemerkte ich Artjoms Blick.
„Dir geht viel im Kopf rum.“ Seine Stimme war noch schwer vom Schlaf.
„Dir nicht?“
„Doch. Wir müssen red-“
Lautes Hupen vom Wagen hinter uns, unterbrach Artjom. Die Ampel war unlängst auf grün gesprungen.

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Etwas später tranken wir mit der netten Pflegemutter selbstgemachten Kakao. Im Hintergrund tobten Kinder verschiedener Altersstufen mit dem schon grauhaarigen Pflegevater durch das Haus, nachdem sie neugierig Artjom betrachtet hatten. Die Pflegeeltern durften aus Sicherheitsgründen nichts über die Umstände, die Maeve zu ihnen gebracht hatten, wissen. Die Polizei hatte uns eingeschärft, nichts über den ganzen Vorfall nach außen zu tragen, insbesondere nicht gegenüber den Medien. Als ob wir so etwas tun würden! Art und ich hatten nicht einmal meinen Eltern von der Kamera erzählt.
Und so besprachen wir nur Allgemeinplätze mit der Pflegemutter, bevor sie uns zu dem Baby brachte.

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Maeve war winziger als ich es mir vorgestellt hatte. Auch wenn ich schon ein Teenager gewesen war, als David auf die Welt gekommen war, konnte ich mich kaum an ihn als Säugling erinnern. Ich reagierte fast ein bisschen panisch, als die Pflegemutter mit Maeve in die Arme legte. Ungebeten erinnerte ich mich an meine Sorgen: Was, wenn ich etwas falsch machte? Sie falsch hielt und etwas kaputt ging?
Artjoms sanfte Berührung verhinderte einen ausgewachsenen Panikanfall. Nach außen wirkte es, als würde er nur das Mützchen von Maeve zurecht rücken, doch er strich mir dabei absichtsvoll über den Arm, so dass sich meine Angst zumindest in den Hintergrund rücken ließ.

Felinger Legacy - Seite 8 Scree645


Das Baby ließ seine Augen wandern. Es schien relativ unbeschadet von den letzten Stunden.
„Geht es ihr gut?“, fragte ich vorsichtshalber die ältere Sima.
„Sie hat viel geweint, als sie gestern hergebracht worden ist.“ Die Sima begann im Babybettchen Ordnung zu schaffen. „Sie vermisst mit Sicherheit ihre Mutter – oder wer auch immer ihre primäre Bezugsperson ist. Im Gegensatz zu vielen anderen Kindern, die als Notfall zu uns gebracht werden, weist sie zum Glück keine Vernachlässigung oder Verletzungen auf.“
Wieder berührte Artjom mich am Arm, so als wolle er verhindern, dass ich zu Seans Verteidigung etwas sagen konnte. Die Sima schien von davon nichts mitzubekommen, und fuhr fort: „Mit viel Ruhe und Geduld konnten wir sie beruhigen. Soweit würde ich sagen, dass es ihr gut geht. Was ihren Geist und ihre Psyche angeht …“ Sie zuckte mit den Achseln.

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Maeve begann sich in meinen Armen zu bewegen. Sie reckte den Kopf zu Artjom.
„Sie hat deine Flügel entdeckt.“, mutmaßte ich und neigte das Baby zu dem Fee. Er lächelte und hielt Maeve einen Finger hin, den sie nach einigen Versuchen fest mit ihrer Babyfaust umschloss. Aus dem Augenwinkel sah ich Sean für einen kurzen Moment sichtbar werden. Er lächelte mich breit an und reckte den Daumen nach oben, bevor er sich wieder auflöste.
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Beitrag  Akki Mo Okt 21, 2019 8:02 pm

Ein merkwürdiges Mittagessen

Sehr still und jeder seinen Gedanken nachhängend, fuhren wir anschließend zu meinen Eltern. Wir konnten Maeve jederzeit besuchen, bis klar war, was mit ihr passieren würde. Artjom hatte vom Haus der Pfleegeltern bereits mit dem Jugendamt Kontakt aufgenommen. Ein Notar hatte mit der Nachricht von Seans Tod dem Amt bereits sämtliche Unterlagen bezüglich Maeves Sorge übermittelt. Sean hatte sehr genaue Anweisungen hinterlassen.

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Wir kamen pünktlich zum Mittagessen. Ich stellte Artjom etwas förmlicher vor und es war nur halb so merkwürdig, wie ich befürchtet hatte.
Das Essen war eine eher stille Angelegenheit. Zwar berichteten Asher und Josiah von Ezekiel und wie es Kristen ging, aber danach verfielen wir alle in Schweigen, bis ich meine Mutter fragte, ob sie etwas von Nakishas Familie gehört hatte. Nakishas Vater war ein Cousin von Mom und Asher. Dunkel erinnerte ich mich an ihn und Nakishas Geschwister. Auf der Hochzeit von Sean und Nakisha hatte ich keinen von ihnen gesehen. Unverhofft stiegen mir Tränen in die Augen. War es erst ein paar Jahre her? Meine Erinnerungen waren noch so frisch, als wäre es gestern. Und jetzt? Alles vorbei, Sean tot und Nakisha …
Unter dem Tisch stupste mich ein Fuß an. Ich schluckte meine Tränen herunter und sah dankbar zu Artjom. Er zwinkerte unauffällig.
Mom zuckte mit den Schultern. „Die Polizei hat wohl versucht Elias auf Isla Paradiso zu erreichen, aber keinen Erfolg gehabt.“ Sie schien einen Moment mit sich selbst zu ringen, bevor sie fortfuhr: „Nakishas Zustand gab eine Menge Anlass für Ärger zwischen Elias und Jaclyn. Sie haben sich schon vor einigen Jahren getrennt. Elias ist mit den jüngeren Kindern nach Isla Paradiso gezogen. Jaclyn hat ihre Eltern an die Ostküste begleitet, wo sie ihren Ruhestand verbringen. Mit Nakisha wollte sich keiner von ihnen mehr auseinandersetzen.“

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Kein Wunder, war mein erster Gedanken. Aber wie viel Mitschuld trugen solche Umstände an Nakishas Tat? Ich erinnerte mich an meine eigene Unsicherheit, als ich Maeve gehalten hatte. Wie musste es Nakisha gegangen sein, da nicht einmal ihre Eltern in der Nähe waren, um sie zu unterstützen? Dann schüttelte ich den Kopf, um den Gedanken zu verscheuchen. Mitleid zu haben mit Nakisha? Sie hatte Sean getötet!
Ich war so in Gedanken versunken, dass ich kaum mitbekam, wie Asher äußerte, dass sich Nakishas Eltern nun wohl doch mit ihrer Tochter beschäftigen müssten, zumal Maeve versorgte werden müsste.
Artjom und ich tauschten einen langen Blick aus, bevor er nickte und ich leise sagte: „Sean hat Artjom und mich als Paten eingesetzt und Veranlassungen getroffen, dass wir das Sorgerecht erhalten, sollte ihm und Nakisha etwas passieren.“
Das plötzliche Auftauchen eines pinken Dämons auf dem Küchentisch hätte nicht eindrucksvoller für Stille und eingefrorene Bewegungen sorgen können. Mit mehr Beherrschung, als ich mir selbst zugetraut hatte, aß ich weiter, als wäre nichts passiert. Auch Artjom griff mit erstaunlich ruhiger Hand nach seinem Wasserglas. Ich erwartete, dass jeden Moment die Hölle losbrechen würde.
Doch nichts dergleichen passierte. Stattdessen bat Josiah mit einer ruhigen Art um die Wasserflasche, Asher schob wie gewöhnlich die Oliven aus dem Salat zur Seite und Dad fragte, wer Nachschlag haben wollte. Einzig Mom sah verstört zwischen Artjom und mir hin und her.

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Beitrag  Akki Mo Okt 21, 2019 10:33 pm

Ein Gespräch mit Dad

Ich musste dringend mit Sean sprechen, doch der Geist machte seit seinem kurzen Auftauchen bei Maeve keine Anstalten, sich blicken zu lassen. Warum hatte er ausgerechnet mich eingesetzt? Warum nicht meine Eltern? Oder Kenny und Kristen? Und warum Artjom und mich zusammen. Hey, nicht, dass ich mich gegen letzteres gewehrt hätte – für mich war unbewusst sowieso klar, dass wir uns so eine Verantwortung teilen würden, immerhin … Schnell schob ich den Gedanken beiseite und klopfte an die Tür den Gästezimmers. Artjom hatte sich zurückgezogen – offiziell um sich die Akten noch einmal anzusehen.
Nachdem er mich hereingebeten hatte, sahen wir uns eine ganze Weile nur stumm an. Dann ließ ich meinen Blick durch das Zimmer gleiten. Auf dem Schreibtisch stand Arts Laptop, ein Notizblock mit seiner Handschrift lag daneben.
„Vielleicht sollten wir uns einen Anwalt nehmen“, sagte Artjom wie aus heiterem Himmel.
Perplex sah ich ihn an. „Du bist doch Anwalt. Und warum?“
„Aber ich bin auch involviert.“ Er rieb sich das Gesicht. „Ich will bestimmt keine Pferde scheu machen, Kaninchen, aber trotz der Vorsorgevollmachten und des Testaments, könnte angefochten werden, dass wir Maeve bekommen.“
Ich nickte, auch wenn ich nicht ganz begriff, was er mir sagen wollte. Wie immer las er meinen Gesichtsausdruck zuverlässig und holte deswegen zu einer Erklärung aus. Zum einen war Nakisha nicht tot – ob sie angeklagt oder freigelassen werden würde, stand noch in den Sternen. Natürlich könnten wir im letzteren Fall das Sorgerecht dennoch beantragen, dass würde aber einen längeren Sorgerechtsprozess nach sich ziehen. Eine weitere Schwierigkeit bestünde, wenn Nakishas Familie (oder Seans Mutter, doch das hielt ich für unwahrscheinlich) das Sorgerecht beantragen würden. Da in Seans Fall das Gericht immer zugunsten der Familie entschieden hatte, machte Artjom sich Sorgen, wie viel die Vollmachten dann noch wert seien.

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„Ich habe darüber nachgedacht, Bobby ins Boot zu holen.“
Ich nickte verstehend. Bobby hatte früher für das Familiengericht gearbeitet. Dann seufzte ich gespielt. „Dann müssen wir ihm aber verraten, dass wir nicht verheiratet sind.“
„Wenn das deine größte Sorge ist ...“
Auch wenn Sonntag war, hatten wir wenig Hemmungen Bobby in Twinbrook per Skype anzurufen. Rasch erklärten wir ihm, wo wir waren und was der Grund unseres Anrufs war. Schließlich ließ Artjom in einem Nebensatz fallen, dass wir nicht verheiratet waren. Bobby schien das zunächst nicht wahrzunehmen und wollte schon die Aktenlage besprechen, bevor er stockte und irritiert in die Webcam sah.
„Moment – heißt dass, du hast geglaubt, ich hätte geglaubt, ihr wärt wirklich verheiratet?“
Verdutzt wechselten Art und ich einen Blick.
„Vielleicht hat meine Frau recht – ich kann keine Witze machen“, murmelte Bobby mehr zu sich selbst. Dann richtete er sich wieder auf und fuhr fort: „Wie dem auch sei, natürlich kümmere ich mich darum. Wichtig ist jetzt erst mal zu wissen, was mit der Mutter ist. Rein prophylaktisch solltet ihr den Sorgerechtsantrag aber schon mal einreichen, zusammen mit den Vollmachten.“
„Die hat das Amt schon.“
„Umso besser.“
Bald verfielen Artjom und Bobby in juristische Fachsprache und warfen mit Paragraphen um sich. Mit einem Lächeln entließ Artjom mich, als sich abzeichnete, dass das Gespräch noch andauern würde.

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Nachdenklich schloss ich die Tür hinter mir und ging ins Wohnzimmer. Einzig Dad saß am Teetisch und las. Als er meine Schritte hörte, sah er auf und lächelte mich an.
„Wie geht‘s dir?“, fragte er. Dann verzog er das Gesicht. „Hm, aber vielleicht möchtest du das gar nicht beantworten.“
Verlegen erinnerte ich mich an die Notlüge am Morgen. Rasch schüttelte ich den Kopf. „Schon okay.“ Ich setzte mich neben ihn. „Heute morgen wusste ich noch nicht mal, dass ich offensichtlich aus heiterem Himmel ein Baby bekomme – von daher ist jetzt eh alles anders.“ Ich schob den Teil in mir, der laut WARUM? schrie in die hinterste Ecke meines Hirns.
Dad legte sein Buch weg und musterte mich aufmerksam. „Ich habe euch beobachtet, als ihr Kinder gewesen seid. Dich und Sean.“
Meine Wangen rötetet sich – was bitte hatte er beobachtet?

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„Es schien nicht wirklich so, als hättet ihr etwas miteinander zu tun, besonders nicht, als ihr noch sehr klein gewesen seid. Aber irgendwie war da immer eine Verbindung, die ich nicht beschreiben kann.“ Er sah durch mich hindurch, tief in seinen Erinnerungen versunken. „Wie ein unsichtbares Band. Deswegen war ich im Nachhinein auch nicht wirklich verwundert, dass du als Familienmitglied eingetragen warst.“ Sein Blick fokussierte sich wieder und er lächelte. „Oder dass er dich als Patin für Maeve eingesetzt hat.“
„Da bist du aber auch der einzige“, murmelte ich.
Dad lächelte noch breiter und tätschelte meine Hände. Dann sah er zu Artjoms Zimmer. „Haben er und Sean sich je getroffen? Oder weiß – wusste Sean nur mehr als wir?“
„Sie haben sich getroffen. Einmal.“ Das war ja nicht mal gelogen. Nur hatte das Treffen nach Seans Tod stattgefunden. Ich begann mich zu wundern, worüber Sean und Artjom gesprochen hatten. Mir fiel Artjoms Gesichtsausdruck am Morgen ein. Dann kam mir der zweite Satz meines Vaters in den Sinn. Unbewusst zog ich die Schultern hoch. Mir wurde das langsam alles zu viel.
Dad stand auf und legte beide Hände auf meine Schultern. „Joni, wir sind immer für dich da. Und du bist hier immer willkommen. Es ist immer dein Zuhause.“ Er drückte meine Schultern. „Und jeder, den du … der für dich wichtig ist, ist genauso willkommen.“

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Dankbar griff ich nach seinen Händen und drückte sie. Mit einem Schmunzeln fügte Dad hinzu: „Und lass dich nicht von deiner Mutter verrückt machen.“
Bevor ich fragen konnte, was er meinte, wechselte er das Thema und sprach von Baby Ezekiel. Mom war mit Asher und Josiah ins Krankenhaus gefahren. Kristen und ihrem Neugeborenen ging es so weit gut – allerdings schien es, als sein Ezekiel kein Werwolf.
„Hm, Kennards anderer Vater ist ein normaler Sim“, überlegte ich laut. „Wenn sich seine Gene vererbt haben, kann es natürlich so kommen, auch wenn seine Eltern beide Werwölfe sind.“
Dad nickte anerkennend. „Das hat deine Mutter auch so formuliert.“
„Hier aufzuwachsen und von der ganzen diesseitigen und jenseitigen Vererbungsproblematik nichts mitzubekommen, wäre ja auch ein Wunder“, tat ich augenrollend sein Lob ab. Dann legte ich den Kopf schief. „Theoretisch könnte Ezekiel sogar ein Magier sein, dann hätten Ashers Gene eine Generation übersprungen.“ Ich drückte noch einmal Dads Hände und stand auf um mich zu strecken. „Ist ja auch egal, so lange das Baby gesund ist, oder?“

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Dad nickte. „Richtig. Welchen okkulten Status ein Kind hat, hat hier noch nie eine Rolle gespielt.“
Das brachte mich dazu ihn scharf anzusehen. „Tja, spielt nur genau bei einer Sache eine Rolle.“ Ich schüttelte den Kopf um sämtliche Andeutungen, die sich aus diesem Gespräch ergeben hatten zu vertreiben. Aber Dad sah mich nachsichtig an. „Es findet sich immer alles, Joni.“
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Beitrag  Akki Di Okt 22, 2019 1:22 pm

Zurück in Twinbrook

Es war komisch ein paar Tage später wieder in unserem Haus in Twinbrook zu sein. Für mich würde es nur ein kurzer Aufenthalt sein, denn ich wollte jede freie Minute bei Maeve verbringen, auch wenn sie noch bei der Pflegefamilie war. Mittlerweile war Nakisha aus dem künstlichen Koma geholt worden. Sie hatte keine Erinnerungen an die Tat (oder behauptete das zumindest), fragte nicht nach ihrem Mann oder ihrem Kind, sondern glänzte durch Paranoia. Die Staatsanwalt beschloss sie zunächst nicht anzuklagen, sondern in einer geschlossenen Psychiatrie unterzubringen, während geprüft wurde, ob sie zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig war. Dass sie Sean angegriffen hatte, ließ sich durch die Kameraaufzeichnung nachweisen.
Unsere Anträge lagen dem Gericht vor, das aber noch versuchte Nakishas Eltern und sogar Seans Mutter zu erreichen.

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Jede Minute, die ich mit Maeve verbracht hatte, hatte die Vorstellung, in Zukunft für ein so hilfloses Wesen verantwortlich zu sein, erträglicher. gemacht Die Pflegefamilie war Artjom und mir eine große Hilfe gewesen, indem sie uns die Säuglingspflege auf eine unaufdringliche Art beibrachte. Meine Sorge, das Baby kaputt zu machen, schwand mehr und mehr. Ich traute mich sogar, den noch viel kleineren und zerbrechlicheren Ezekiel auf den Arm zu nehmen, als wir ihn besuchten. Kristen vertraute mir an, dass sie von den gleichen Sorgen geplagt war, nun da das Baby auf der Welt war. Sie äußerte, wie glücklich sie war, dass ihre und Kennards Familie in direkter Nachbarschaft wohnten, so dass sie jeder Zeit ihre Mutter anrufen könne oder jemand vorbei kommen könne.
Artjom hatte den letzten Teil der Unterhaltung mitbekommen, auch wenn er sich angeregt mit Kenny unterhalten hatte. Die beiden hatten sofort einen Draht zueinander. Kennard hatte sich nicht aufgeregt, als er von Seans Absicht, mich und Art zu Maeves Pflegeeltern zu machen hörte. Es zeigte wieder einmal, wie unterschiedlich er und Felix gepolt waren.
Als wir zum Parkplatz des Krankenhauses liefen, sprach Artjom mich auf die Unterhaltung mit Kristen an.
„Vielleicht sollten wir unser Haus mit weißem Lattenzaun lieber hier suchen“, schlug er vor, nachdem ich ihm kurz berichtet hatte.
Ich hielt mitten im Schritt an und starrte ihn an. Der Gedanke umzuziehen, war mir noch gar nicht gekommen. Aber plötzlich wurde mir klar, dass unser Häuschen in Twinbrook überhaupt nicht geeignet war für zwei erwachsene Sims und ein Baby. Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen und schloss ihn dann wieder. Ich war sprachlos.

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Artjom nahm meine Hand und zog mich weiter Richtung Auto. „Familie um uns zu haben, die uns mit Maeve helfen kann, ist sicher nicht verkehrt. Und wenn wir ehrlich sind: Mein Vater ist nicht gut mit Kindern. Besonders nicht mit so kleinen. Von der Moonlight Falls Situation mal abgesehen.“ Er sah mich aufmunternd von der Seite an. „Zudem macht es sich vor Gericht bestimmt besser, wenn wir argumentieren unseren Lebensmittelpunkt in Maeves Heimatort mit den bestehenden sozialen Strukturen zu verlegen.“
Da war wieder das „unser“.
„Gesprochen wie ein Anwalt“, sagte ich, um mir meine Irritation nicht anmerken zu lassen.
„Das ist mein Job“, erwiderte er lachend.
„Den müsstest du aber wechseln.“
Artjom machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ich kann als Anwalt überall einen Job finden. Ich gehe hin, wohin du gehst. Und am sinnvollsten scheint zur Zeit Riverview zu sein.“
Wieder stoppte ich. Da er noch meine Hand hielt, konnte ich Artjom ebenfalls anhalten. Rasch zog ich ihn in eine Umarmung. Mir war tatsächlich ein Stein vom Herzen gefallen.
Während ich begann meine Sachen für einen längeren Aufenthalt zu packen und dabei an dieses Gespräch dachte, mistete Artjom den Kühlschrank aus und besorgte ein paar frische Lebensmittel. Ich würde zwei Tage später wieder nach Riverview reisen. Artjom würde am Wochenende nachkommen. Er hatte seine Kündigung bereits formuliert und würde sie am kommenden Morgen seinen Chefs überreichen. Seine Kündigungsfrist betrug drei Monate – mehr als genug Zeit (seiner Ansicht nach), einen neuen Job zu finden und unser Haus in Twinbrook aufzulösen. Seine Bewerbung hatte er schon an verschiedene Anwaltskanzleien und die Staatsanwaltschaft in Riverview geschickt. Er war so strukturiert in seinem Job!

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Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee ließ mich etwas später mein Zimmer verlassen. Als hätte er mich erwartet, reichte mir Artjom sofort eine Tasse. Während ich vorsichtig an meinem Kaffee nippte, ließ mich Artjom nicht aus den Augen. Schließlich seufzte ich und stellte die Tasse ab.
„Okay, reden wir über den Elefanten im Raum.“
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Beitrag  Akki Di Okt 22, 2019 8:24 pm

Der Elefant im Raum

Meine Ankündigung hatte zunächst nur ein minutenlanges Schweigen zur Folge. Wir sahen uns still an. Artjoms Kiefermuskeln bewegten sich langsam, während ich mich zwingen musste nicht nervös am Saum meines Pullis zu knibbeln. Schließlich sagten wir gleichzeitig den Namen des anderen, nur um dann verlegen auf den Boden zu sehen. Ich versuchte die Situation zu analysieren – das war ja lächerlich wie wir uns verhielten! Wir konnten immer miteinander sprechen, wir hatten keine Geheimnisse voreinander. Wir teilten alles, wir waren wie … Ich dachte an Bobby und mit einem Mal wurde mir klar, wie dieses Missverständnis entstanden war: Bobby hatte genau gewusst, dass wir kein Paar waren und hatte uns aufziehen wollen, weil wir uns wie eins benahmen. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht wollte ich meine plötzliche Erkenntnis gerade mit Artjom teilen, als dieser sagte: „Ich liebe dich, Joni.“

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Ich schloss meinen bereits geöffneten Mund und sah den Fee an. Der fuhr unbeirrt fort: „Und nicht wie eine bloße Freundin oder eine Schwester.“
„Aber das hast du mal gesagt“, rutschte es mir raus. Ich wollte mir auf die Zunge beißen, aber offensichtlich hielt mein Mundwerk es für angebracht hinterher zu schieben: „Und du findest mich sexuell unattraktiv.“
Artjom verdrehte die Augen, bevor er – für seine Verhältnisse – heftig sagte: „Das habe ich nie gesagt!“ Er raufte sich die Haare, so dass sie wild vom Kopf abstanden. „Dass mit der Schwester habe ich mal gesagt, ja, aber das mit der sexuellen Attraktivität ist komplett auf deinen Mist gewachsen.“
„Ich bin nackt vor dir durch die Gegend gelaufen und da war definitiv der Ofen aus“, beharrte ich störrisch.
„Glaubst du, ich hätte mich so wenig unter Kontrolle?“ Wieder griff er in seine Haare. Als er bemerkte, dass seine Frisur zerstört war, brachte er sie mit wenigen Handgriffen wieder in Ordnung, während er fragte: „Und ist das wirklich das, worüber du jetzt am dringendsten sprechen willst?“
Ich sah ihn an und versuchte die wild gewordenen Gedanken in meinem Kopf zu ordnen. Als ich nicht antwortete, sagte Artjom: „Als wir uns das erste Mal getroffen haben – als ich dich über den Haufen gerannt habe – war mir klar, dass du etwas besonderes bist. Ich spürte es damals schon, obwohl wir uns nur ganz kurz berührten.“ Er sah zur Decke. „Aber mir war auch bewusst, dass ich andere Pläne hatte.“ Mit dem jungenhaften Grinsen, von dem ich wusste, dass es die meisten Sims überzeugt hatte, sich mit ihm einzulassen, sah er wieder zu mir. „Bevor ich Moonlight Falls verließ, hatte ich null sexuelle Erfahrungen. Ich wollte alles nachholen, was mir durch meinen Status in Moonlight Falls vorenthalten wurde. Deswegen wollte ich mich nicht mit dem ersten Sim einlassen, in den ich mich schon bei der ersten Begegnung verliebt hatte.“ Er berührte kurz seine Brust. „Also definierte ich meine Beziehung zu dir anderes. Um damit umgehen zu können, dass ich meine eigene Bedürfnisse stillen konnte ohne dich zu verletzen.“

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Ungewollt erschienen vor meinem inneren Auge all die Momente in den letzten Jahren, die mir zu denken gegeben hatten, die ich aber immer von mir geschoben hatte: Arts Reaktionen, wenn ich davon sprach, dass er mich sexuell unattraktiv fand, das Verschwinden der Strichliste, und immer wieder die Momente, in denen er etwas nicht sagte. Das Nicht-Sagen erschien mir mit einem Mal sehr vielsagend. Ich erinnerte mich an unser Gespräch auf der Fahrt zum Flughafen. Er hatte da schon gesagt, dass er mich liebe. Im ersten Moment war es mir so vorgekommen, als habe ich gedankenlos geantwortet, doch dem war nicht so. Unterbewusst hatte ich schon eine ganze Weile gespürt, dass … dass

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Verlegen sah ich zur Seite und versuchte meinen Mut zusammen zu raffen. Ich kam mir unglaublich dumm vor – ich hatte die Worte doch schon gesagt!
Ich spürte wie Artjom einen Schritt auf mich zumachte. Im Gegensatz zu mir schien er soviel sicherer! Dann schalt ich mich innerlich. Jetzt war wirklich nicht der Zeitpunkt darüber nachzudenken! Denken sollte ich in dieser Situation überhaupt abstellen, es ging jetzt ja um das was ich fühlte!
Kurz entschlossen wendete ich meinen Kopf Artjom zu. Ich war ein wenig überrascht, wie nah sich unsere Gesichter waren. Ich suchte seinen Blick, den er unbeirrt erwiderte. Meine Mundwinkel zogen sich wie von selbst zu seinem Lächeln. Während ich Artjom ansah, verschwand nach und nach alles andere in den Hintergrund und stattdessen machte sich nur ein einziges, überwältigendes Gefühl in mir breit.
„Ich liebe dich, Artjom.“

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Ich versuchte elegant auf die Zehenspitze zu wippen, was natürlich dazu führte, dass ich mehr in Artjom hinein stolperte, als anmutig meine Lippen auf seine zu legen. Halb erwartete ich, dass er mich – wie immer – auffangen würde. Artjom fing mich auf – nur nicht ganz so, wie ich es erwartet hatte. Stürmisch drückte er mich an sich und drückte seine Lippen auf die meinen. Erstaunt riss ich die Augen auf. Dann entfloh mir ein leichtes Kichern. Das konnte unmöglich Artjoms Dategeheimnis gewesen sein! So plötzlich wie es gekommen war, erstarb mein Kichern. Vor mir stand nicht der Artjom, der eine Strichliste geführt hatte, der jedes Wochenende ein anderes Date gehabt hatte. Vor mir stand Artjom, so wie er wirklich war, so wie ich ihn liebte.


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Und er stand dort und machte einen verunsicherten Eindruck. Sanft nahm ich seine Arme und legte sie um meine Taille. „Ich liebe Dich“, wiederholte ich, bevor ich ihn – diesmal ohne Unfälle – küsste. Eng umschlungen hielten wir einander fest, bis uns die Luft ausging. Ich nahm sein Gesicht in meine Hände uns musterte jeden Zentimeter seines Gesicht, so als wäre es mir nicht das Vertrauteste auf der Welt. Artjom sah mich genauso intensiv an, während seine Hände über meinen Rücken glitten und schließlich auf meinem Hintern zur Ruhe kamen, so als wäre das ihr angestammter Platz. Ich erinnerte mich an ein bestimmtes Gespräch über meinen Hintern, als wir noch auf dem College waren. Artjoms breites Grinsen zeigte, dass er an ebenfalls daran dachte. Ich schlang meine Arme um seinen Hals und küsste ihn, während unsere Hände auf Wanderschaft gingen.



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Im Dunkeln suchte ich mein Höschen und ging ins Bad, bevor ich mir ein Nachthemd aus meinem Zimmer nahm und zurück in Artjoms Zimmer schlich. Er hatte noch geschlafen, als meine Blase mich aus den Federn getrieben hatte. Doch nun brannte das Nachtlicht. Aus verschlafenen Augen, sah der Fee mich unsicher an.
„Kannst du dich erinnern, dass irgendjemand auf dem College mal den Spruch „wie ein frischgef*** Eichhörnchen“ gesagt hat?“
Perplex sah er mich an, die Unsicherheit in seinem Blick verschwand. Ich grinste hinterlistig, während ich neben ihn auf die Matratze krabbelte. „Du siehst aus wie eins.“
Artjom stöhnte meinen Namen – definitiv ein anderes Stöhnen als vor einiger Zeit. Mehr eine Mischung aus amüsiert und entnervt. Ich kuschelte mich unter seinen Arm und zog mit der Hand Kreise um seinen Bauchnabel, bis er meine Hand nahm und sie küsste.
Während ich im Bad gewesen war, waren die unterschiedlichsten Gedanken auf mich eingestürmt, die alle unmittelbar mit dem eben Geschehenen zusammenhingen. Ich hatte sie entschlossen weggeschoben, als ich die Toilettenspülung betätigt hatte. Wichtig war das alles in diesem Moment nicht. Es würde genug Zeit kommen, sich damit zu beschäftigen.
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