Felinger Legacy
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 11
Wenig später öffnete ich möglichst leise die Tür zu unserem Häuschen. Lauschend versuchte ich ohne viel Geräusch ins Haus zu schleichen.
„Wo ist Miles?“
Ertappt zuckte ich zusammen. Obwohl das Erdgeschoss dunkel war und ich vermutet hatte, dass Izzy bereits im Bett war, wurde ich eines Besseren belehrt. Meine beste Freundin stand in der dunklen Küche, die Hand in einer Chipstüte.
„Ich hatte eine unschöne Begegnung.“ Leise schloss ich die Tür und machte Licht an. „Ein Beobachter. Oder zumindest einer, der für sie arbeitet.“
Izzy zog die Hand aus der Chipstüte und legte sie auf die Anrichte. „Scheiße.“ Sie kam auf mich zu und schloss mich rasch in die Arme. „Erzähl.“
Rasch berichtete ich ihr von dem merkwürdigen jungen Mann, an dessen Gesicht ich mich schon jetzt beim besten Willen nicht mehr erinnern konnte. Das war mir bereits einmal passiert, als ich noch ein Teenager gewesen war.
Izzys Gesicht wurde immer grimmiger und grimmiger. Nachdem ich meinen Bericht beendet hatte, ging Izzy zur Anrichte zurück und langte in die Chipstüte. Während sie geräuschvoll die Chips mampfte, musterte sie mich nachdenklich. Ich ahnte, was ihr im Kopf herumging und um ihrer Frage zuvorzukommen, sagte ich: „Ich würde nichts rückgängig machen wollen oder ändern. Du kennst meine Einstellung zur Vergangenheit.“
„Vergossene Milch …“, erinnerte sich Izzy.
Nickend wiederholte ich: „Vergossene Milch, genau.“ Ich drehte mich ruckartig von ihr weg und starrte angestrengt aus dem Fenster. Auch wenn ich der Meinung war, dass die Vergangenheit nicht zu ändern war und jedes Wehklagen darüber verlorene Liebesmüh, so wünschte sich ein kleiner Teil von mir doch eine Änderung … Ich hätte viel darum gegeben, dass die Situation für Akki und mich anderes wäre …
Izzy hatte sich neben mich gestellt und mir kameradschaftlich den Arm umgelegt. „Kopf hoch, David. Vielleicht gibt es ja eine Zukunft, in der Akki...“
„Danke Izzy.“, unterbrach ich sie und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Natürlich hoffte ich das auch, aber mein Verstand sagte mir etwas anderes.
Izzys Blick sprach Bände. „Du willst nicht darüber reden.“
Ich schüttelte den Kopf. „Schläft Gabriel schon?“
„Ja.“ Sie verschränkte die Arme, musterte mich mit ihren violetten Augen. „David, wir haben lange nicht mehr richtig miteinander geredet.“
Statt einer Antwort sah ich weiter aus dem Fenster.
„Ich weiß, dass es dir nicht gut geht.“, fuhr Izzy unbeirrt fort. „Ich kenne dich besser als jeder andere – manchmal sogar besser als du dich dich selbst. Ich sehe, was dich quält und ich wünschte ich könnte dir irgendwie helfen.“
„Du hilfst mir mit Gabriel.“ Ich drehte mich zu ihr um und versuchte zu lächeln. Izzy hatte recht – ich hatte Gespräche mit ihr vermieden. „Ich wollte nicht reden. Ich … ich bin nicht mal sicher, ob ich jetzt darüber reden will. Ich muss mit so vielen Sachen klar kommen, ich ...“
Izzy nickte und drückte mit der Hand meine Schulter. In der anderen hielt sie die nunmehr leere Chipstüte. Dankbar fasste ich nach ihrer Hand und drückte sie meinerseits. „Danke Izzy. Ich bin dir dankbar. Für alles.“
Izzy grinste ihr Koboldgrinsen. „Na, ist doch klar! Bin doch dein IF!“ Sie knüllte die Chipstüte zusammen und warf sie auf den Tisch. „Ich hab mit deiner Mom gesprochen.“
Augenrollend nahm ich Izzys Abfall und ging zum Mülleimer. „Wirklich?!“
„Sie macht sich nun mal auch Sorgen um dich. Nicht nur wegen Gabriel, sondern auch wegen Akki und... naja, wegen dir und deinem Liebeskummer und so.“
„Jaaa. Großartig. Hör mal, können wir Miles gegenüber von einem Baby-Notfall sprechen? Er weiß ja nichts von unserem Beobachterproblem.“
„Du lenkst ab … Aber ja. Können wir.“ Sie verschränkte erneut die Arme. „Sprich mal mit deiner Mom. Damit sie sich nicht so Sorgen macht.“
„Jaja.“
„Und was machen wir jetzt mit den Beobachtern?“ Izzy folgte mir in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Sie scannte den Inhalt. „Ich kann Akki anrufen, wenn du ihr Bescheid geben willst.“, sagte sie leise in den Kühlschrank. Dann fischte sie sich einen Beerenjoghurt heraus. Nachdem sie den Deckel abgerissen und genüsslich abgeleckt hatte, warf sie mir einen kurzen Blick zu.
Ich zögerte, doch dann schüttelte ich den Kopf. „Was soll sie denn tun? Nein, ich muss ohnehin allein damit fertig werden.“ Ich warf einen kurzen Blick zur Uhr. „Ich werde ihr es mitteilen, wenn Gabriel und ich mit ihr morgen skypen.“
Akki, Gabriel und ich hatten einen festen Tag in der Woche, an dem wir miteinander skypten. Das heißt, ich setzte Gabriel vor den PC und winkte mit ihm Akki zu. An manchen Tagen war Gabriel gesprächig und erzählte seiner Mutter in seinem Kleinkindkauderwelsch alles mögliche, an anderen Tagen war es ihm langweilig und er rutschte ungeduldig auf meinem Schoß herum, bis Akki und ich ihn entließen. Dann sahen Akki und ich uns einige Minuten unbehaglich an, ließen unausgesprochen, was zwischen uns war und besprachen unsere Forschungsfortschritte, bevor wir das Gespräch beendeten ohne ein persönliches Wort miteinander gewechselt zu haben. Unnötig zu sagen, dass ich diese Gespräche hasste.
Izzy hatte den Joghurt blitzschnell vernichtet und kaute jetzt auf dem Löffel herum. Wenn ich eine Sache, die ich an Izzy hasste, benennen müsste, wäre es wohl dieses auf Löffeln oder Gabeln kauen. Das konnte nicht gut für die Zähne sein. Sie bemerkte meinen Blick und grinste. Langsam nahm sie den Löffel aus dem Mund und warf ihn in die Spüle. „Wie du willst.“ Sie gähnte. „Ich geh jetzt ins Bett.“ Sie gab mir einen schwesterlichen Kuss auf die Wange. „Schlaf gut. Und wenn du doch mal reden willst: Du weißt wo ich bin.“
„Wo ist Miles?“
Ertappt zuckte ich zusammen. Obwohl das Erdgeschoss dunkel war und ich vermutet hatte, dass Izzy bereits im Bett war, wurde ich eines Besseren belehrt. Meine beste Freundin stand in der dunklen Küche, die Hand in einer Chipstüte.
„Ich hatte eine unschöne Begegnung.“ Leise schloss ich die Tür und machte Licht an. „Ein Beobachter. Oder zumindest einer, der für sie arbeitet.“
Izzy zog die Hand aus der Chipstüte und legte sie auf die Anrichte. „Scheiße.“ Sie kam auf mich zu und schloss mich rasch in die Arme. „Erzähl.“
Rasch berichtete ich ihr von dem merkwürdigen jungen Mann, an dessen Gesicht ich mich schon jetzt beim besten Willen nicht mehr erinnern konnte. Das war mir bereits einmal passiert, als ich noch ein Teenager gewesen war.
Izzys Gesicht wurde immer grimmiger und grimmiger. Nachdem ich meinen Bericht beendet hatte, ging Izzy zur Anrichte zurück und langte in die Chipstüte. Während sie geräuschvoll die Chips mampfte, musterte sie mich nachdenklich. Ich ahnte, was ihr im Kopf herumging und um ihrer Frage zuvorzukommen, sagte ich: „Ich würde nichts rückgängig machen wollen oder ändern. Du kennst meine Einstellung zur Vergangenheit.“
„Vergossene Milch …“, erinnerte sich Izzy.
Nickend wiederholte ich: „Vergossene Milch, genau.“ Ich drehte mich ruckartig von ihr weg und starrte angestrengt aus dem Fenster. Auch wenn ich der Meinung war, dass die Vergangenheit nicht zu ändern war und jedes Wehklagen darüber verlorene Liebesmüh, so wünschte sich ein kleiner Teil von mir doch eine Änderung … Ich hätte viel darum gegeben, dass die Situation für Akki und mich anderes wäre …
Izzy hatte sich neben mich gestellt und mir kameradschaftlich den Arm umgelegt. „Kopf hoch, David. Vielleicht gibt es ja eine Zukunft, in der Akki...“
„Danke Izzy.“, unterbrach ich sie und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Natürlich hoffte ich das auch, aber mein Verstand sagte mir etwas anderes.
Izzys Blick sprach Bände. „Du willst nicht darüber reden.“
Ich schüttelte den Kopf. „Schläft Gabriel schon?“
„Ja.“ Sie verschränkte die Arme, musterte mich mit ihren violetten Augen. „David, wir haben lange nicht mehr richtig miteinander geredet.“
Statt einer Antwort sah ich weiter aus dem Fenster.
„Ich weiß, dass es dir nicht gut geht.“, fuhr Izzy unbeirrt fort. „Ich kenne dich besser als jeder andere – manchmal sogar besser als du dich dich selbst. Ich sehe, was dich quält und ich wünschte ich könnte dir irgendwie helfen.“
„Du hilfst mir mit Gabriel.“ Ich drehte mich zu ihr um und versuchte zu lächeln. Izzy hatte recht – ich hatte Gespräche mit ihr vermieden. „Ich wollte nicht reden. Ich … ich bin nicht mal sicher, ob ich jetzt darüber reden will. Ich muss mit so vielen Sachen klar kommen, ich ...“
Izzy nickte und drückte mit der Hand meine Schulter. In der anderen hielt sie die nunmehr leere Chipstüte. Dankbar fasste ich nach ihrer Hand und drückte sie meinerseits. „Danke Izzy. Ich bin dir dankbar. Für alles.“
Izzy grinste ihr Koboldgrinsen. „Na, ist doch klar! Bin doch dein IF!“ Sie knüllte die Chipstüte zusammen und warf sie auf den Tisch. „Ich hab mit deiner Mom gesprochen.“
Augenrollend nahm ich Izzys Abfall und ging zum Mülleimer. „Wirklich?!“
„Sie macht sich nun mal auch Sorgen um dich. Nicht nur wegen Gabriel, sondern auch wegen Akki und... naja, wegen dir und deinem Liebeskummer und so.“
„Jaaa. Großartig. Hör mal, können wir Miles gegenüber von einem Baby-Notfall sprechen? Er weiß ja nichts von unserem Beobachterproblem.“
„Du lenkst ab … Aber ja. Können wir.“ Sie verschränkte erneut die Arme. „Sprich mal mit deiner Mom. Damit sie sich nicht so Sorgen macht.“
„Jaja.“
„Und was machen wir jetzt mit den Beobachtern?“ Izzy folgte mir in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Sie scannte den Inhalt. „Ich kann Akki anrufen, wenn du ihr Bescheid geben willst.“, sagte sie leise in den Kühlschrank. Dann fischte sie sich einen Beerenjoghurt heraus. Nachdem sie den Deckel abgerissen und genüsslich abgeleckt hatte, warf sie mir einen kurzen Blick zu.
Ich zögerte, doch dann schüttelte ich den Kopf. „Was soll sie denn tun? Nein, ich muss ohnehin allein damit fertig werden.“ Ich warf einen kurzen Blick zur Uhr. „Ich werde ihr es mitteilen, wenn Gabriel und ich mit ihr morgen skypen.“
Akki, Gabriel und ich hatten einen festen Tag in der Woche, an dem wir miteinander skypten. Das heißt, ich setzte Gabriel vor den PC und winkte mit ihm Akki zu. An manchen Tagen war Gabriel gesprächig und erzählte seiner Mutter in seinem Kleinkindkauderwelsch alles mögliche, an anderen Tagen war es ihm langweilig und er rutschte ungeduldig auf meinem Schoß herum, bis Akki und ich ihn entließen. Dann sahen Akki und ich uns einige Minuten unbehaglich an, ließen unausgesprochen, was zwischen uns war und besprachen unsere Forschungsfortschritte, bevor wir das Gespräch beendeten ohne ein persönliches Wort miteinander gewechselt zu haben. Unnötig zu sagen, dass ich diese Gespräche hasste.
Izzy hatte den Joghurt blitzschnell vernichtet und kaute jetzt auf dem Löffel herum. Wenn ich eine Sache, die ich an Izzy hasste, benennen müsste, wäre es wohl dieses auf Löffeln oder Gabeln kauen. Das konnte nicht gut für die Zähne sein. Sie bemerkte meinen Blick und grinste. Langsam nahm sie den Löffel aus dem Mund und warf ihn in die Spüle. „Wie du willst.“ Sie gähnte. „Ich geh jetzt ins Bett.“ Sie gab mir einen schwesterlichen Kuss auf die Wange. „Schlaf gut. Und wenn du doch mal reden willst: Du weißt wo ich bin.“
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 12
Der merkwürdige Student tauchte nicht mehr auf und ich mied die anderen Studenten meist. Wenn jemandes Gesicht zu sehr nach Allerweltsgesicht aussah, marschierte ich schnurstracks in die andere Richtung. Ein Teil von mir fürchtete paranoid zu werden...
Obwohl ich Izzy gesagt hatte, ich würde Akki davon erzählen, verschwieg ich ihr meine Begegnung mit dem vermeintlichen Beobachter. Als wir miteinander sprachen, sah sie blass und müde aus. Sie machte sich Sorgen um ihre Leute und ihre Heimat. Ich hatte die Gefahr ja offenbar umschifft, warum sollte ich ihr noch mehr Sorgen verursachen?
Gegen Ende des Semesters hatte ich – zumindest oberflächlich – mein Gleichgewicht wiedergefunden. Mein Zeitmanagement hatte sich wesentlich verbessert und es gab Tage, an denen ich sogar halbwegs entspannt meinen Aufgaben nachkommen konnte. Zu einigen Vorlesungen nahm ich Gabriel inzwischen mit. Ein Dozent hatte vorgeschlagen, ich solle ihn mitbringen und im Zweifel seiner Sekretärin anvertrauen, damit ich wenigstens pünktlich zu dieser Vorlesung kam. Auf sein Drängen hin, brachte ich Gabriel mit, der von all den Sims zwar eingeschüchtert war, aber sobald die Vorlesung anfing interessiert auf die bunten Bilder, die der Beamer projizierte starrte und darüber selig einschlief. Ich probierte es in Absprache mit anderen Dozenten aus ihn zu den mittäglichen Vorlesungen mitzunehmen und da sich die Kombination Beamer plus Vortrag bewährte, konnte Gabriel an drei Tagen seinen Mittagsschlaf in meinen Vorlesungen halten. Ich bekam viel Zuspruch von unterschiedlichen Sims – Studenten, Dozenten, Mitarbeitern, die mich ermutigten mein Studium mit Kind weiterzumachen. Andere sahen abfällig auf mich herab und beschwerten sich darüber, dass ich Gabriel mitschleppte. Da ich die meisten Sims aber ohnehin mied, ging mit Lob und Kritik zum einen Ohr hinein und zum anderen Ohr hinaus.
An einem Mittwoch kam ich nach der Mittagsvorlesung mit einem gutgelaunten Gabriel im Buggy nach Hause, als ich noch auf der Straße ein lautes Stimmen von innen hörte. Izzy und Miles stritten. Für gewöhnlich waren sie ein eher harmonisches Paar, das zwar seine Diskussionen hatte, diese aber nie vor dritten und vor allem nie laut austrug.
Irritiert sah ich auf unsere Eingangstür, dann auf Gabriel.
„Wir müssen noch einkaufen!“, entschied ich dann.
Nun war es an meinem Sohn verwundert zu gucken. Ich wich selten von Routinen mit ihm ab. Deswegen grinste ich ihn breit an. „Hast du Lust einzukaufen?“
Er machte ein angestrengtes Gesicht – nicht sein Windel-Befüllen-Gesicht zum Glück. „Wir können dann auch ein Eis holen.“, schlug ich vor, während ich schon den Buggy wendete. Gabriel sah zurück zum Haus und schien darüber nachzudenken, Theater zu machen. Doch ich lenkte ihn erfolgreich ab, indem ich ihn bat mitz mir zu überlegen, was wir noch brauchten: Milch, Äpfel, Brot, … Gabriel fand, wir bräuchten dringend Eis – und Autos! Feuerwehrautos! Und Trecker!
Im Supermarkt war ich mit den Gedanken bei Izzy und Miles. Gabriel zeigte auf fast jedes Regal und ich kaufte Dinge ein, die vermutlich noch im Schrank liegen würden, wenn Gabriel erwachsen sein würde: Eingekochte Erdbeeren (widerlich!), Sauerkraut (muss der seutsche Anteil an Genen sein), verschiedene Fischkonserven, die eigentlich niemand von uns mochte, Spam … Die Dinge, die ich eigentlich zu kaufen gedachte, vergaß ich natürlich – bis auf das Eis, das Gabriel von mir einforderte.
Mit zwei dicken Jutebeuteln an den Griffen des Buggys, einem eisverschmierten Gabriel und in Gedanken immer noch bei Izzy und Miles, machte ich mich schließlich wieder auf den Heimweg. Dieses Mal lag das Haus still vor uns.
Izzy saß mit schmollender Miene am Küchentisch. Von Miles war nichts zu sehen.
„Hey Izzy.“, begrüßte ich sie. Gabriel strahlte sie an. Izzy lächelte lahm und nahm mit die Einkaufstaschen ab.
„Ich muss Gabriel sauber machen. Kannst du die Einkäufe verstauen?“, fragte ich möglichst neutral. Ich hatte nicht den Eindruck, dass Izzy über den Streit sprechen wollte, zumal sie vermutlich nicht ahnte, dass ich davon wusste.
Als ich etwas später mit einem sauberen und umgezogenen Gabriel die Treppe hinunter kam, hatte Izzy die Einkäufe auf dem Tisch ausgebreitet. Sie saß davor und betrachtete die Einkäufe interessiert – bis auf eine Dose mit in Tomatensauce eingelegtem Fisch, die sie geöffnet und ausgelöffelt hatte.
„Geht es dir gut?!“, fragte ich. „Du magst das Zeug doch sonst nicht.“
„Warum kaufst du es dann?“ Sie kratze den letzten Rest Sauce aus der Dose und leckte genüsslich den Löffel ab.
„Gabriel hat mich beim Einkaufen abgelenkt.“, log ich schamlos. Besagtes Kleinkind sah mich bei der Nennung seines Namens fragend an. „Alles gut.“ Ich küsste sein lockiges Haar und setzte ihn auf den Boden.
„Aha.“, sagte Izzy. Sie sah mich prüfend an.
Ich zuckte mit den Schultern. „Als wir nach Hause kamen, habe ich euch streiten gehört, deswegen bin ich noch mit Gabriel einkaufen gegangen.“ Ich verkniff mir zu sagen, dass ich nicht wollte das Gabriel dem Streit ausgesetzt war. „Alles okay bei dir?“
Izzy war mir einen düsteren Blick zu. Dann griff sie nach den eingekochten Erdbeeren, öffnete das Glas und rammte den Löffel hinein. Still löffelte sie die Hälfte des Glases aus ohne mich dabei aus dem Blick zu lassen.
„Wer das freiwillig isst, kann nicht in Ordnung sein.“, merkte ich an. Ich griff mir die übrigen Einkäufe und begann sie einzuräumen. Als ich mich wieder zu Izzy umdrehte, sah ich, dass sie lautlos weinte.
Obwohl ich Izzy gesagt hatte, ich würde Akki davon erzählen, verschwieg ich ihr meine Begegnung mit dem vermeintlichen Beobachter. Als wir miteinander sprachen, sah sie blass und müde aus. Sie machte sich Sorgen um ihre Leute und ihre Heimat. Ich hatte die Gefahr ja offenbar umschifft, warum sollte ich ihr noch mehr Sorgen verursachen?
Gegen Ende des Semesters hatte ich – zumindest oberflächlich – mein Gleichgewicht wiedergefunden. Mein Zeitmanagement hatte sich wesentlich verbessert und es gab Tage, an denen ich sogar halbwegs entspannt meinen Aufgaben nachkommen konnte. Zu einigen Vorlesungen nahm ich Gabriel inzwischen mit. Ein Dozent hatte vorgeschlagen, ich solle ihn mitbringen und im Zweifel seiner Sekretärin anvertrauen, damit ich wenigstens pünktlich zu dieser Vorlesung kam. Auf sein Drängen hin, brachte ich Gabriel mit, der von all den Sims zwar eingeschüchtert war, aber sobald die Vorlesung anfing interessiert auf die bunten Bilder, die der Beamer projizierte starrte und darüber selig einschlief. Ich probierte es in Absprache mit anderen Dozenten aus ihn zu den mittäglichen Vorlesungen mitzunehmen und da sich die Kombination Beamer plus Vortrag bewährte, konnte Gabriel an drei Tagen seinen Mittagsschlaf in meinen Vorlesungen halten. Ich bekam viel Zuspruch von unterschiedlichen Sims – Studenten, Dozenten, Mitarbeitern, die mich ermutigten mein Studium mit Kind weiterzumachen. Andere sahen abfällig auf mich herab und beschwerten sich darüber, dass ich Gabriel mitschleppte. Da ich die meisten Sims aber ohnehin mied, ging mit Lob und Kritik zum einen Ohr hinein und zum anderen Ohr hinaus.
An einem Mittwoch kam ich nach der Mittagsvorlesung mit einem gutgelaunten Gabriel im Buggy nach Hause, als ich noch auf der Straße ein lautes Stimmen von innen hörte. Izzy und Miles stritten. Für gewöhnlich waren sie ein eher harmonisches Paar, das zwar seine Diskussionen hatte, diese aber nie vor dritten und vor allem nie laut austrug.
Irritiert sah ich auf unsere Eingangstür, dann auf Gabriel.
„Wir müssen noch einkaufen!“, entschied ich dann.
Nun war es an meinem Sohn verwundert zu gucken. Ich wich selten von Routinen mit ihm ab. Deswegen grinste ich ihn breit an. „Hast du Lust einzukaufen?“
Er machte ein angestrengtes Gesicht – nicht sein Windel-Befüllen-Gesicht zum Glück. „Wir können dann auch ein Eis holen.“, schlug ich vor, während ich schon den Buggy wendete. Gabriel sah zurück zum Haus und schien darüber nachzudenken, Theater zu machen. Doch ich lenkte ihn erfolgreich ab, indem ich ihn bat mitz mir zu überlegen, was wir noch brauchten: Milch, Äpfel, Brot, … Gabriel fand, wir bräuchten dringend Eis – und Autos! Feuerwehrautos! Und Trecker!
Im Supermarkt war ich mit den Gedanken bei Izzy und Miles. Gabriel zeigte auf fast jedes Regal und ich kaufte Dinge ein, die vermutlich noch im Schrank liegen würden, wenn Gabriel erwachsen sein würde: Eingekochte Erdbeeren (widerlich!), Sauerkraut (muss der seutsche Anteil an Genen sein), verschiedene Fischkonserven, die eigentlich niemand von uns mochte, Spam … Die Dinge, die ich eigentlich zu kaufen gedachte, vergaß ich natürlich – bis auf das Eis, das Gabriel von mir einforderte.
Mit zwei dicken Jutebeuteln an den Griffen des Buggys, einem eisverschmierten Gabriel und in Gedanken immer noch bei Izzy und Miles, machte ich mich schließlich wieder auf den Heimweg. Dieses Mal lag das Haus still vor uns.
Izzy saß mit schmollender Miene am Küchentisch. Von Miles war nichts zu sehen.
„Hey Izzy.“, begrüßte ich sie. Gabriel strahlte sie an. Izzy lächelte lahm und nahm mit die Einkaufstaschen ab.
„Ich muss Gabriel sauber machen. Kannst du die Einkäufe verstauen?“, fragte ich möglichst neutral. Ich hatte nicht den Eindruck, dass Izzy über den Streit sprechen wollte, zumal sie vermutlich nicht ahnte, dass ich davon wusste.
Als ich etwas später mit einem sauberen und umgezogenen Gabriel die Treppe hinunter kam, hatte Izzy die Einkäufe auf dem Tisch ausgebreitet. Sie saß davor und betrachtete die Einkäufe interessiert – bis auf eine Dose mit in Tomatensauce eingelegtem Fisch, die sie geöffnet und ausgelöffelt hatte.
„Geht es dir gut?!“, fragte ich. „Du magst das Zeug doch sonst nicht.“
„Warum kaufst du es dann?“ Sie kratze den letzten Rest Sauce aus der Dose und leckte genüsslich den Löffel ab.
„Gabriel hat mich beim Einkaufen abgelenkt.“, log ich schamlos. Besagtes Kleinkind sah mich bei der Nennung seines Namens fragend an. „Alles gut.“ Ich küsste sein lockiges Haar und setzte ihn auf den Boden.
„Aha.“, sagte Izzy. Sie sah mich prüfend an.
Ich zuckte mit den Schultern. „Als wir nach Hause kamen, habe ich euch streiten gehört, deswegen bin ich noch mit Gabriel einkaufen gegangen.“ Ich verkniff mir zu sagen, dass ich nicht wollte das Gabriel dem Streit ausgesetzt war. „Alles okay bei dir?“
Izzy war mir einen düsteren Blick zu. Dann griff sie nach den eingekochten Erdbeeren, öffnete das Glas und rammte den Löffel hinein. Still löffelte sie die Hälfte des Glases aus ohne mich dabei aus dem Blick zu lassen.
„Wer das freiwillig isst, kann nicht in Ordnung sein.“, merkte ich an. Ich griff mir die übrigen Einkäufe und begann sie einzuräumen. Als ich mich wieder zu Izzy umdrehte, sah ich, dass sie lautlos weinte.
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 13
Es erwischte mich auf dem falschen Fuß. Izzy weinte nie. Ich war mit zwei Schwestern aufgewachsen und durch die IFs waren immer viele Mädchen bei uns zuhause. Ich kannte heulende Mädchen. Aber Izzy? Izzy. Weinte. Nie.
„Ähm...äh...Izzy?!?“, stotterte ich. Ich wechselte einen Blick mit Gabriel, der auf dem Boden sitzend seinem Teddy das Ohr abkaute. Fast schien es mir, als zucke er mit den Schultern. Hilflos legte ich Izzy eine Hand auf die bebende Schulter. Sie griff nach meiner Hand und drückte sie dankbar. Dann zog sie aus der Tasche ihrer Weste einen stiftartigen Gegenstand und zeigte ihn mir.
Mit entfuhr ein würgendes Geräusch. „Bah! Izzy darauf pinkelt man und du steckst ihn in die Tasche?“, entfuhr es mir, als ich den Gegenstand erkannte. Mein Verstand musste ausgesetzt haben …
Mit Tränen umflorten Augen sah Izzy mich entrüstet an. „Das ist das einzige, was dir dazu einfällt?“ Sie stopfte den Schwangerschaftstest wieder ein und wollte ihr Gesicht in den Händen bergen. Ich hielt sie davon ab, angelte aus der Windeltasche das Handdesinfektionsmittel und überschüttete unsere Hände großzügig damit. Der schneidende Geruch des Mittels stieg mir sofort in die Nase.
„Jetzt.“, erlaubte ich ihr das Gesicht in die Hände zu legen. Sie warf mir mit feuchten Augen einen tödlichen Blick zu. Ich zuckte entschuldigend die Hände und setzte mich ihr gegenüber.
„Positiv?“, fragte ich dann möglichst sanft.
„Sonst hätte ich den Salat doch jetzt nicht!“, schnaubte sie. Sie fluchte leise, dann liefen wieder die Tränen. Ich beobachte sie mit einer Mischung aus Faszination und Sorge. Sie heulte ohne einen Laut von sich zu geben. Darüber war ich sehr dankbar, denn Gabriel ließ sich in seinem Spiel nicht stören. Eine heulende Frau und ein heulendes Kleinkind war dann doch eine Nummer zu groß.
„Und Miles ist nicht begeistert?“, hakte ich nach. Ich griff nach ihrer Hand und täschelte sie.
„N...nein.“, bestätigte sie.
„Vielleicht ist er nur etwas … äh geschockt?“
„Ach und ich etwa nicht?“
Sie starrte mich aus nassen Augen böse an. „Verdammt … als wäre ich dafür alleine verantwortlich!“
„Nein, natürlich nicht!“, beeilte ich mich zu sagen. „Wie habt ihr den verhütet? Nicht das ich da ein guter Maßstab wäre.“ Beide sahen wir auf Gabriel, der sich auf seinen Teddy konzentrierte. Es entlockte Izzy ein winziges Lächeln.
„Pille. Ich hab sie auch immer brav genommen.“
Eine kurze Prüfung meines Verstandes verriet mir, dass ein Vortrag über den Pearl-Index und/oder die Zuverlässigkeit der Antibabypille nicht angebracht war.
„Das kann halt passieren.“, sagte ich deswegen etwas lahm. Mit einem Mal traf mich die Erkenntnis wie ein Faustschlag. Izzy war schwanger. „Oh man...“
Meine beste Freundin sah mich mit einer undeutbaren Grimasse an. Ich lehnte mich zurück und versuchte es zu verdauen. Izzy zog ihr Smartphone heraus und prüfte, ob Miles sich gemeldet hatte.
„Was hat er denn gesagt?“, fragte ich schließlich.
Sie zuckte mit den Schultern. „Erst gar nichts. Dann hat er darüber schwadroniert, dass es doch eigentlich unmöglich ist, eben weil wir die Pille benutzen. Dann fing er davon an, dass wir noch nicht bereit für ein Kind sind und so was.“ Sie starrte wütend ins Nichts. „Da hab ich dann gesagt, dass das vielleicht für ihn zutrifft, aber nicht für mich und ...“ Sie brach ab und fuhr sich mit den Knöcheln über die Augen.
„Oh. Wow. Bist du es denn?“
Izzy sah mich kurz an. Dann zuckte sie mit den Schultern. „Was sind denn die Alternativen?“
Ich schluckte schwer, doch Izzy ersparte mir antworten zu müssen. „Entweder eine Abtreibung oder eine Adoption.“ Sie spielte mit ihrem Smartphone. „Kommt für mich beides nicht in Frage.“ Sie warf einen Blick zu Gabriel und ihre Miene wurde weicher. „Und außerdem: Was Akki oder du schaffen, das bekomme ich wohl auch hin.“ Als sie wieder zu mir sah, war ihr Blick wieder zornig. „Und Miles hat mir vorgeworfen, dass es genau daran liegt: Dass ich nicht hinter dir zurück stehen will. Weil du ein Kind hast, hätte ich auch eins gewollt.“
„Wenigstens hat er nicht nachgefragt, ob es von ihm ist.“, mumelte ich. Izzy sah mich entnervt an. „Er hat doch nicht oder?“
„Nein, hat er nicht. Aber deine Kommentare heute sind nicht hilfreich.“
Rasch griff ich nach ihren Händen. „Sorry, Izzy. Ich wünschte ich wäre eine größere Hilfe. Ich … ich bin überfordert.“
Sie lächelte und zog Gabriels Feuchttücher aus der Windeltasche und wischte sich damit das Gesicht ab. „Wenigstens bist du ehrlich.“ Wieder prüfte sie ihr Smartphone. „Ich will mich nicht mit Miles streiten. Ich … ich liebe ihn und kann mir vorstellen für immer mit ihm zusammen zu sein und dieses Kind mit ihm großzuziehen.“ Etwas erstaunt lauschte sie ihren eigenen Worten. „Hab ich das wirklich gesagt.“
Ich nickte und zwang mich zu lächeln. Gleichzeitig war ich sauer auf Miles. Ein Teil von mir konnte nachvollziehen, dass er so auf die Nachricht reagiert hatte. Aber er ließ jedes Mitgefühl für Izzy missen. Ja, er war mein Freund, aber Izzy war eben Izzy und kam bei mir vor ihm.
„Soll ich ihn anrufen? Und mit ihm reden?“, fragte ich nach einer Weile.
Izzy kaute auf ihrer Unterlippe, bevor sie nach dem angefangenen Glas Erdbeeren griff und weiter löffelte. Dann nickte sie leicht.
Es war nicht Miles, der an sein Smartphone ging, sondern eine junge Krankenschwester. Miles war in einen Verkehrsunfall verwickelt worden und lag auf der Intensivstation. Ich war erleichtert, dass ich und nicht Izzy ihn angerufen hatte, doch ihr das beibringen zu müssen, war nicht leicht. Wir packten Gabriel ein, riefen ein Taxi und eilten ins Krankenhaus.
Miles wurde notoperiert. Nach der OP durfte Izzy zu ihm auf das Intensivzimmer. Ich stand mit einem schlafenden Gabriel im Kinderwagen auf dem Flur und kaute meine Nägel ab. Mein Stresspegel war jenseits von gut und böse. Die Krankenhausgeräusche vermengten sich zu einem latenten Rauschen.
„Entschuldigung.“ Eine weiß gekleidete Schwester gesellte sich zu mir. Sie warf mit einen undeutbaren Blick auf Gabriel und ich nahm an, sie wollte mich daraufhinweisen, dass dies nicht der rechte Ort für Kleinkinder war. Ich sah sie entschuldigen an und stolperte ein wenig über ihr Allerweltsgesicht. Schnell schob ich meine beginnende Paranoia zur Seite. Nicht jeder gewöhnlich aussehende Mensch musste ein Beobachter sein!
Doch ihre nächsten Worte bestätigten meine schlimmsten Befürchtungen.
„Weißt du, David. Das da.“ Sie deutete auf die Tür hinter der Miles an Schläuche und Maschinen angeschlossen war. „Muss nicht sein.“ Ein leichtes Lächeln, was mich eher an ein teuflisches Grinsen erinnerte, überzog ihr Gesicht. „Willst du deiner Freundin diese Schmerzen zumuten? Wir können helfen.“
„Ähm...äh...Izzy?!?“, stotterte ich. Ich wechselte einen Blick mit Gabriel, der auf dem Boden sitzend seinem Teddy das Ohr abkaute. Fast schien es mir, als zucke er mit den Schultern. Hilflos legte ich Izzy eine Hand auf die bebende Schulter. Sie griff nach meiner Hand und drückte sie dankbar. Dann zog sie aus der Tasche ihrer Weste einen stiftartigen Gegenstand und zeigte ihn mir.
Mit entfuhr ein würgendes Geräusch. „Bah! Izzy darauf pinkelt man und du steckst ihn in die Tasche?“, entfuhr es mir, als ich den Gegenstand erkannte. Mein Verstand musste ausgesetzt haben …
Mit Tränen umflorten Augen sah Izzy mich entrüstet an. „Das ist das einzige, was dir dazu einfällt?“ Sie stopfte den Schwangerschaftstest wieder ein und wollte ihr Gesicht in den Händen bergen. Ich hielt sie davon ab, angelte aus der Windeltasche das Handdesinfektionsmittel und überschüttete unsere Hände großzügig damit. Der schneidende Geruch des Mittels stieg mir sofort in die Nase.
„Jetzt.“, erlaubte ich ihr das Gesicht in die Hände zu legen. Sie warf mir mit feuchten Augen einen tödlichen Blick zu. Ich zuckte entschuldigend die Hände und setzte mich ihr gegenüber.
„Positiv?“, fragte ich dann möglichst sanft.
„Sonst hätte ich den Salat doch jetzt nicht!“, schnaubte sie. Sie fluchte leise, dann liefen wieder die Tränen. Ich beobachte sie mit einer Mischung aus Faszination und Sorge. Sie heulte ohne einen Laut von sich zu geben. Darüber war ich sehr dankbar, denn Gabriel ließ sich in seinem Spiel nicht stören. Eine heulende Frau und ein heulendes Kleinkind war dann doch eine Nummer zu groß.
„Und Miles ist nicht begeistert?“, hakte ich nach. Ich griff nach ihrer Hand und täschelte sie.
„N...nein.“, bestätigte sie.
„Vielleicht ist er nur etwas … äh geschockt?“
„Ach und ich etwa nicht?“
Sie starrte mich aus nassen Augen böse an. „Verdammt … als wäre ich dafür alleine verantwortlich!“
„Nein, natürlich nicht!“, beeilte ich mich zu sagen. „Wie habt ihr den verhütet? Nicht das ich da ein guter Maßstab wäre.“ Beide sahen wir auf Gabriel, der sich auf seinen Teddy konzentrierte. Es entlockte Izzy ein winziges Lächeln.
„Pille. Ich hab sie auch immer brav genommen.“
Eine kurze Prüfung meines Verstandes verriet mir, dass ein Vortrag über den Pearl-Index und/oder die Zuverlässigkeit der Antibabypille nicht angebracht war.
„Das kann halt passieren.“, sagte ich deswegen etwas lahm. Mit einem Mal traf mich die Erkenntnis wie ein Faustschlag. Izzy war schwanger. „Oh man...“
Meine beste Freundin sah mich mit einer undeutbaren Grimasse an. Ich lehnte mich zurück und versuchte es zu verdauen. Izzy zog ihr Smartphone heraus und prüfte, ob Miles sich gemeldet hatte.
„Was hat er denn gesagt?“, fragte ich schließlich.
Sie zuckte mit den Schultern. „Erst gar nichts. Dann hat er darüber schwadroniert, dass es doch eigentlich unmöglich ist, eben weil wir die Pille benutzen. Dann fing er davon an, dass wir noch nicht bereit für ein Kind sind und so was.“ Sie starrte wütend ins Nichts. „Da hab ich dann gesagt, dass das vielleicht für ihn zutrifft, aber nicht für mich und ...“ Sie brach ab und fuhr sich mit den Knöcheln über die Augen.
„Oh. Wow. Bist du es denn?“
Izzy sah mich kurz an. Dann zuckte sie mit den Schultern. „Was sind denn die Alternativen?“
Ich schluckte schwer, doch Izzy ersparte mir antworten zu müssen. „Entweder eine Abtreibung oder eine Adoption.“ Sie spielte mit ihrem Smartphone. „Kommt für mich beides nicht in Frage.“ Sie warf einen Blick zu Gabriel und ihre Miene wurde weicher. „Und außerdem: Was Akki oder du schaffen, das bekomme ich wohl auch hin.“ Als sie wieder zu mir sah, war ihr Blick wieder zornig. „Und Miles hat mir vorgeworfen, dass es genau daran liegt: Dass ich nicht hinter dir zurück stehen will. Weil du ein Kind hast, hätte ich auch eins gewollt.“
„Wenigstens hat er nicht nachgefragt, ob es von ihm ist.“, mumelte ich. Izzy sah mich entnervt an. „Er hat doch nicht oder?“
„Nein, hat er nicht. Aber deine Kommentare heute sind nicht hilfreich.“
Rasch griff ich nach ihren Händen. „Sorry, Izzy. Ich wünschte ich wäre eine größere Hilfe. Ich … ich bin überfordert.“
Sie lächelte und zog Gabriels Feuchttücher aus der Windeltasche und wischte sich damit das Gesicht ab. „Wenigstens bist du ehrlich.“ Wieder prüfte sie ihr Smartphone. „Ich will mich nicht mit Miles streiten. Ich … ich liebe ihn und kann mir vorstellen für immer mit ihm zusammen zu sein und dieses Kind mit ihm großzuziehen.“ Etwas erstaunt lauschte sie ihren eigenen Worten. „Hab ich das wirklich gesagt.“
Ich nickte und zwang mich zu lächeln. Gleichzeitig war ich sauer auf Miles. Ein Teil von mir konnte nachvollziehen, dass er so auf die Nachricht reagiert hatte. Aber er ließ jedes Mitgefühl für Izzy missen. Ja, er war mein Freund, aber Izzy war eben Izzy und kam bei mir vor ihm.
„Soll ich ihn anrufen? Und mit ihm reden?“, fragte ich nach einer Weile.
Izzy kaute auf ihrer Unterlippe, bevor sie nach dem angefangenen Glas Erdbeeren griff und weiter löffelte. Dann nickte sie leicht.
Es war nicht Miles, der an sein Smartphone ging, sondern eine junge Krankenschwester. Miles war in einen Verkehrsunfall verwickelt worden und lag auf der Intensivstation. Ich war erleichtert, dass ich und nicht Izzy ihn angerufen hatte, doch ihr das beibringen zu müssen, war nicht leicht. Wir packten Gabriel ein, riefen ein Taxi und eilten ins Krankenhaus.
Miles wurde notoperiert. Nach der OP durfte Izzy zu ihm auf das Intensivzimmer. Ich stand mit einem schlafenden Gabriel im Kinderwagen auf dem Flur und kaute meine Nägel ab. Mein Stresspegel war jenseits von gut und böse. Die Krankenhausgeräusche vermengten sich zu einem latenten Rauschen.
„Entschuldigung.“ Eine weiß gekleidete Schwester gesellte sich zu mir. Sie warf mit einen undeutbaren Blick auf Gabriel und ich nahm an, sie wollte mich daraufhinweisen, dass dies nicht der rechte Ort für Kleinkinder war. Ich sah sie entschuldigen an und stolperte ein wenig über ihr Allerweltsgesicht. Schnell schob ich meine beginnende Paranoia zur Seite. Nicht jeder gewöhnlich aussehende Mensch musste ein Beobachter sein!
Doch ihre nächsten Worte bestätigten meine schlimmsten Befürchtungen.
„Weißt du, David. Das da.“ Sie deutete auf die Tür hinter der Miles an Schläuche und Maschinen angeschlossen war. „Muss nicht sein.“ Ein leichtes Lächeln, was mich eher an ein teuflisches Grinsen erinnerte, überzog ihr Gesicht. „Willst du deiner Freundin diese Schmerzen zumuten? Wir können helfen.“
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 14
Ich starrte sie an. Mein erster Impuls war, Gabriel zu nehmen und davon zu rennen. Doch ein kleiner Teil von mir meldete Zweifel an. Konnten die Beobachter wirklich etwas tun? Und was wäre der Preis? Ich schluckte trocken.
Die Krankenschwester sah durch die Glastür in das Krankenzimmer. Um mich herum schien alles in Zeitlupe abzulaufen. Ich versuchte Ordnung in mein Hirn zu bringen, doch Gedanken und Gefühle wirbelten wie eine Windhose darin umher. Mehrfach öffnete ich den Mund um etwas zu sagen.
Die Ärzte hatten Miles keine gute Prognose geben können. Da er keine Eltern oder sonstige Verwandte mehr hatte, hatten sie Izzy erlaubt bei ihm zu sein. Die Entscheidung über sein Leben hing jedoch an den Ärzten und dem Ethikrat des Krankenhauses, der sich gerade mit seinem Fall beschäftigte. Er hatte natürlich keine Patientenverfügung – wer in unserem Alter dachte schon an sowas? Ich rang mit den Händen. Izzy war schwanger, sie würde Miles Hilfe brauchen. Er musste einfach überleben! Es wäre so ungerecht wenn er sein junges Leben so plötzlich verlieren würde. Was konnten die Beobachter tun? Konnten sie ihn heilen? So mir nichts dir nicht?
Dann tauchte ein neuer Gedanke auf. Hatten die Beobachter etwas mit seinem Unfall zu tun? Hatten sie ihn provoziert, damit sie so an mich herankamen? Ich schüttelte leicht den Kopf um meine Gedanken zu ordnen. Wie grausam wäre das? Wie hinterhältig und menschenverachtend? Ich knirschte unbewusst mit den Zähnen.
Die Krankenschwester mit ihrem teuflischen Grinsen sah mich milde an. „Überleg' es dir gut. Wenn du unsere Hilfe brauchst, musst du es nur sagen.“
Am Ende des Ganges tauchte zwei andere Pfleger auf. Die Beobachter-Krankenschwester warf einen uninteressierten Blick über die Schulter. „Sag es nur, egal ob einer von uns hier ist oder nicht. Wir hören dein Wort.“ Damit ließ sie mich stehen, ging den Gang entlang und verschwand hinter der nächsten Ecke.
Ich stieß mit einem Mal die Luft aus, von der ich nicht einmal wusste, dass ich sie angehalten hatte. In den Tiefen meiner Tasche spürte ich die Vibrationen meines Mobiltelefons. Rasch nahm ich Gabriels Wagen und fuhr mit ihm ins Treppenhaus. Das Vibrieren hatte aufgehört. Ein Blick auf das Display verriet mir, dass es Akki war. Mist! Heute war unser Skype-Gespräch angesagt. Rasch rief ich sie zurück.
„David! Ist alles in Ordnung mit Gabriel?“, rief Akki aufgeregt, sobald sie abgenommen hatte.
Ich musste schlucken. „Ja, mit Gabriel ist alles ok. Aber...“
„Was ist passiert?“ Der Klang ihrer dunklen Stimme beruhigte mich.
„Miles hatte einen Unfall, Izzy ist schwanger und die Beobachter sind hier.“, brach es wie ein Schwall aus mir heraus. „Ich weiß nicht was ich tun soll.“ Ich versuchte möglichst leise zu sprechen um Gabriel nicht zu wecken.
Am anderen Ende der Leitung hörte ich Akki tief ein- und ausatmen. Sie schien sich einen Fluch verkneifen zu wollen. „Ich...ich melde mich so bald wie möglich.“ Damit legte sie auf und ich starrte benommen in das Treppenhaus, das Smartphone noch am Ohr.
Ich weiß nicht wie lange ich dort im Treppenhaus stand, das Telefon am Kopf, den Blick ins Leere gerichtet. Irgendwann wurde Gabriel wach und ich fuhr mit ihm in die Cafeteria, wo ich ihm eine Banane und einen Joghurt besorgte. Er schien das ganze für einen Ausflug zu halten, doch seine kindliche Fröhlichkeit drang kaum zu mir durch. Immer noch ging mir das Angebot der Beobachter durch den Kopf. Was konnten sie als Gegenleistung haben wollen? Meine Eltern und Akki waren da – vielleicht durch ihre Maulsperre? - nicht besonders auskunftsfreudig. Sie waren sich lediglich darin einig, dass ein Deal mit den Beobachtern einem Handel mit dem Teufel gleichzukommen schien. Warum konnten sie nicht genauer sein?
Ich spielte mit dem dem Gedanken, meine Eltern anzurufen und Auskunft einzufordern. Doch dann verwarf ich die Idee. Wenn sie wirklich nichts sagen konnten, würde ich sie nur unnötig beunruhigen. Wahrscheinlich würden sie sich direkt ins Auto setzen und hierher fahren. Ich warf einen Blick auf Gabriel, der in der Kinderecke der Cafeteria Bauklötze stapelte. Vielleicht wäre es nicht so schlecht sie anzurufen. Ihre Unterstützung und ihr Beistand wäre mir in diesem Augenblick sehr willkommen.
„Wo ist Issy?“ Gabriel stakste zu mir und sah mich aus grünen Augen fragend an.
„Sie ist noch bei Miles. Er ist krank und braucht sie jetzt.“, erwiderte ich. „Keine Sorge, Großer.“
Gabriel bedachte meine Worte mit ernsthaftem Blick. „Helfen wir?“
„Wir können gerade nichts tun. Tut mir leid.“
Das schien aufzubringen. Er stampfte mit den Füßen auf und sah mich herausfordernd an. „Ich will Issy helfen!“
Ich beeilte mich ihn auf den Arm zu nehmen. „Du hilfst ihr am meisten, wenn du ein braver Junge bist.“
Er machte einen Schmollmund. „Zu Issy?“, fragte er dann treuherzig.
Ich seufzte. Vielleicht sollten wir wirklich wieder nach oben gehen, falls Izzy eine Pause brauchte. Ich sollte wirklich Mom und Dad anrufen, damit sie mir Gabriel abnehmen konnten. Er ließ sonst ja niemanden an sich heran.
Wenig später stand ich mit Gabriel auf dem Arm wieder vor dem Krankenzimmer, in dem Miles lag. Gabriel wollte unbedingt getragen werden. Er hatte aufgehört nach Izzy zu fragen und sich schutzsuchend an mich herangekuschelt. Langsam machte die Krankenhausatmosphäre auch auf ihn Eindruck. Ich sah mich suchend um, doch die Beobachterin war nicht zu sehen. Still kraulte ich Gabriels Rücken. Wenn ich den Beobachtern nachgab, würde das auch auf Gabriels Leben Einfluss haben. Durfte ich diese Entscheidung überhaupt treffen? Und was wog schwerer? Miles' Leben oder das Leben meines Sohnes und seiner Nachkommen ohne Einflussnahme der Beobachter? Wie auch immer das aussehen würde? Ich dachte an die Aufzeichnungen meiner Eltern. Lange hatte ich kaum einen Gedanken daran verschwendet. Das Studium und Gabriel forderten meine gesamte Aufmerksamkeit. Innerlich fluchte ich. Hätte ich mich doch nur damit beschäftigt! Vielleicht wüsste ich dann mehr über die Beobachter und könnte einschätzend welche Bedrohung sie wirklich darstellten.
„David.“
Die Krankenschwester sah durch die Glastür in das Krankenzimmer. Um mich herum schien alles in Zeitlupe abzulaufen. Ich versuchte Ordnung in mein Hirn zu bringen, doch Gedanken und Gefühle wirbelten wie eine Windhose darin umher. Mehrfach öffnete ich den Mund um etwas zu sagen.
Die Ärzte hatten Miles keine gute Prognose geben können. Da er keine Eltern oder sonstige Verwandte mehr hatte, hatten sie Izzy erlaubt bei ihm zu sein. Die Entscheidung über sein Leben hing jedoch an den Ärzten und dem Ethikrat des Krankenhauses, der sich gerade mit seinem Fall beschäftigte. Er hatte natürlich keine Patientenverfügung – wer in unserem Alter dachte schon an sowas? Ich rang mit den Händen. Izzy war schwanger, sie würde Miles Hilfe brauchen. Er musste einfach überleben! Es wäre so ungerecht wenn er sein junges Leben so plötzlich verlieren würde. Was konnten die Beobachter tun? Konnten sie ihn heilen? So mir nichts dir nicht?
Dann tauchte ein neuer Gedanke auf. Hatten die Beobachter etwas mit seinem Unfall zu tun? Hatten sie ihn provoziert, damit sie so an mich herankamen? Ich schüttelte leicht den Kopf um meine Gedanken zu ordnen. Wie grausam wäre das? Wie hinterhältig und menschenverachtend? Ich knirschte unbewusst mit den Zähnen.
Die Krankenschwester mit ihrem teuflischen Grinsen sah mich milde an. „Überleg' es dir gut. Wenn du unsere Hilfe brauchst, musst du es nur sagen.“
Am Ende des Ganges tauchte zwei andere Pfleger auf. Die Beobachter-Krankenschwester warf einen uninteressierten Blick über die Schulter. „Sag es nur, egal ob einer von uns hier ist oder nicht. Wir hören dein Wort.“ Damit ließ sie mich stehen, ging den Gang entlang und verschwand hinter der nächsten Ecke.
Ich stieß mit einem Mal die Luft aus, von der ich nicht einmal wusste, dass ich sie angehalten hatte. In den Tiefen meiner Tasche spürte ich die Vibrationen meines Mobiltelefons. Rasch nahm ich Gabriels Wagen und fuhr mit ihm ins Treppenhaus. Das Vibrieren hatte aufgehört. Ein Blick auf das Display verriet mir, dass es Akki war. Mist! Heute war unser Skype-Gespräch angesagt. Rasch rief ich sie zurück.
„David! Ist alles in Ordnung mit Gabriel?“, rief Akki aufgeregt, sobald sie abgenommen hatte.
Ich musste schlucken. „Ja, mit Gabriel ist alles ok. Aber...“
„Was ist passiert?“ Der Klang ihrer dunklen Stimme beruhigte mich.
„Miles hatte einen Unfall, Izzy ist schwanger und die Beobachter sind hier.“, brach es wie ein Schwall aus mir heraus. „Ich weiß nicht was ich tun soll.“ Ich versuchte möglichst leise zu sprechen um Gabriel nicht zu wecken.
Am anderen Ende der Leitung hörte ich Akki tief ein- und ausatmen. Sie schien sich einen Fluch verkneifen zu wollen. „Ich...ich melde mich so bald wie möglich.“ Damit legte sie auf und ich starrte benommen in das Treppenhaus, das Smartphone noch am Ohr.
Ich weiß nicht wie lange ich dort im Treppenhaus stand, das Telefon am Kopf, den Blick ins Leere gerichtet. Irgendwann wurde Gabriel wach und ich fuhr mit ihm in die Cafeteria, wo ich ihm eine Banane und einen Joghurt besorgte. Er schien das ganze für einen Ausflug zu halten, doch seine kindliche Fröhlichkeit drang kaum zu mir durch. Immer noch ging mir das Angebot der Beobachter durch den Kopf. Was konnten sie als Gegenleistung haben wollen? Meine Eltern und Akki waren da – vielleicht durch ihre Maulsperre? - nicht besonders auskunftsfreudig. Sie waren sich lediglich darin einig, dass ein Deal mit den Beobachtern einem Handel mit dem Teufel gleichzukommen schien. Warum konnten sie nicht genauer sein?
Ich spielte mit dem dem Gedanken, meine Eltern anzurufen und Auskunft einzufordern. Doch dann verwarf ich die Idee. Wenn sie wirklich nichts sagen konnten, würde ich sie nur unnötig beunruhigen. Wahrscheinlich würden sie sich direkt ins Auto setzen und hierher fahren. Ich warf einen Blick auf Gabriel, der in der Kinderecke der Cafeteria Bauklötze stapelte. Vielleicht wäre es nicht so schlecht sie anzurufen. Ihre Unterstützung und ihr Beistand wäre mir in diesem Augenblick sehr willkommen.
„Wo ist Issy?“ Gabriel stakste zu mir und sah mich aus grünen Augen fragend an.
„Sie ist noch bei Miles. Er ist krank und braucht sie jetzt.“, erwiderte ich. „Keine Sorge, Großer.“
Gabriel bedachte meine Worte mit ernsthaftem Blick. „Helfen wir?“
„Wir können gerade nichts tun. Tut mir leid.“
Das schien aufzubringen. Er stampfte mit den Füßen auf und sah mich herausfordernd an. „Ich will Issy helfen!“
Ich beeilte mich ihn auf den Arm zu nehmen. „Du hilfst ihr am meisten, wenn du ein braver Junge bist.“
Er machte einen Schmollmund. „Zu Issy?“, fragte er dann treuherzig.
Ich seufzte. Vielleicht sollten wir wirklich wieder nach oben gehen, falls Izzy eine Pause brauchte. Ich sollte wirklich Mom und Dad anrufen, damit sie mir Gabriel abnehmen konnten. Er ließ sonst ja niemanden an sich heran.
Wenig später stand ich mit Gabriel auf dem Arm wieder vor dem Krankenzimmer, in dem Miles lag. Gabriel wollte unbedingt getragen werden. Er hatte aufgehört nach Izzy zu fragen und sich schutzsuchend an mich herangekuschelt. Langsam machte die Krankenhausatmosphäre auch auf ihn Eindruck. Ich sah mich suchend um, doch die Beobachterin war nicht zu sehen. Still kraulte ich Gabriels Rücken. Wenn ich den Beobachtern nachgab, würde das auch auf Gabriels Leben Einfluss haben. Durfte ich diese Entscheidung überhaupt treffen? Und was wog schwerer? Miles' Leben oder das Leben meines Sohnes und seiner Nachkommen ohne Einflussnahme der Beobachter? Wie auch immer das aussehen würde? Ich dachte an die Aufzeichnungen meiner Eltern. Lange hatte ich kaum einen Gedanken daran verschwendet. Das Studium und Gabriel forderten meine gesamte Aufmerksamkeit. Innerlich fluchte ich. Hätte ich mich doch nur damit beschäftigt! Vielleicht wüsste ich dann mehr über die Beobachter und könnte einschätzend welche Bedrohung sie wirklich darstellten.
„David.“
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 15
Ich war so in Gedanken vertieft, dass ich nicht mitbekommen hatte, dass jemand an mich herangetreten war. Im ersten Moment befürchtete ich, dass die Beobachterin zurück gekehrt war. Doch dann erkannte ich die Stimme. Ich sah auf und blickte in Akkis sonnenbebrilltes Gesicht. Ich starrte sie überrascht an. Dann überwältigte mich Erleichterung.
„Mommy!“, krähte Gabriel freudig. Er streckte seine Arme aus und ich reichte Akki unseren Sohn. Die beiden umarmten sich innig. Ich hätte es Gabriel am liebsten gleichgetan und Akki fest an mich gedrückt, aber …
„Wie bist du so schnell hierher gekommen.“, fragte ich stattdessen perplex.
Akki zuckte die Schultern. „Ich bin jetzt jemandem einen riesigen Gefallen schuldig.“ Sie schaffte es schief zu grinsen. „Keine Sorge.“
„Als hätte ich davon gerade nicht genug.“, entfuhr es mir grimmiger als beabsichtigt. Akki nickte und legte mir die Hand auf den Arm. Sie bedeutete mir mit einer minimalen Bewegung ihres Kinns, ihr zu folgen.
Im Garten des Krankenhauses setzten wir Gabriel auf die Wiese und reichten ihm Spielzeug. Zunächst war er hin- und hergerissen, ob er nicht lieber seine Mutter knuddeln sollte, doch dann obsiegte sein Spieltrieb. Wir sahen ihm nur wenige Minuten zu, bevor ich Akki berichtete, was vorgefallen war. Sie hörte mir aufmerksam zu, doch ihre Miene wurde immer düsterer. Als ich meinen Bericht beendet hatte, musste sie sich einen Fluch verkneifen.
„ich weiß nicht, was ich tun soll.“, wiederholte ich. Akki nahm meine Hand und drückte sie. Mir fiel auf, wie blass sie aussah. Sie nahm ihre Brille ab und rieb sich die Augen. Vielleicht bildete ich es mir ein, doch es schien mir, als leuchteten ihre Augen nicht so stark wie sonst. „Wenn ich doch nur wüsste, was in den Aufzeichnungen steht. Sind die Beobachter wirklich eine so große Gefahr?“
Akkis Kehle entrang sich ein Knurren, das mich an ihre wölfische Natur erinnerte. Rasch setzte sie die Brille wieder auf. „Glaub mir, sie sind es. Das weiß ich besser als jeder andere!“
Ich sprang von der Bank auf der wir gesessen hatten auf und begann unruhig hin und her zu tigern. „Das sagst du und das sagen meine Eltern. Ich kann die Gefahr nicht einschätzen.“ Zornig warf ich die Hände in die Höhe. „Kann ich ihr Angebot einfach ignorieren?“
„Willst du das dein Leben und seins -“ Sie deutete auf Gabriel. „In der Hand völlig Fremder liegt?“
„Und wenn Miles stirbt?“
Akki seufzte traurig und ließ die schmalen Schultern hängen. Wieder nahm sie die Brille ab und rieb sich die Augen, bevor sie mich lange musterte. „Wenn Miles sterben sollte, dann … dann gibt es nichts was du dagegen tun kannst. Die Beobachter können seinen Tod nicht verhindern. Da sind andere Mächte im Spiel. Sie könnten … ich weiß nicht, was sie könnten, aber wenn der Todestag eines Sims erst einmal feststeht, dann kann niemand etwas daran ändern. Am allerwenigsten die Beobachter.“ Ruckartig setzte sie die Brille wieder auf. „Es tut mir leid, David. Du kannst nichts tun.“
Ich starrte sie wütend an und schluckte eine patzige Antwort hinunter. Nachdem ich in Gedanken bis zehn gezählt hatte, erwiderte ich heiser: „Und ich soll das wie immer einfach schlucken. Immerzu machen du und meine Eltern nur Anspielungen. Und ich stehe da, wie ein unmündiges Kind und kann keine eigenen Entscheidungen treffen. Tu dies nicht, tu das nicht. Oh nein, die bösen Beobachter ...“ Meine Stimme war immer lauter geworden und Gabriel sah mich erschrocken an.
„David.“, sagte Akki sanft. Ich ließ zu, dass sie mich am Arm fasste und wieder neben sich zog. Für eine so zarte Person verfügte sie über außerordentliche Kräfte. Sie hielt einfach meine Hand und ich beruhigte mich langsam. Gabriel sah uns lange an, doch er schien seinen Schreck schnell überwunden zu haben.
„Es tut mir unendlich leid, dass ich dir nicht mehr sagen kann. Dass ich dir nicht alles offenbaren kann.“ Sie schluckte. „Ich wünschte ...“, sie brach ab.
„Es tut mir leid.“, sagte ich und griff fest nach ihrer Hand. Sanft ließ ich meinen Daumen über ihren Handrücken gleiten.
„Ich wünschte, alles wäre anders.“, nahm Akki den Faden wieder auf. Sie schüttelte den Kopf. „Vor allem wünschte ich, du stündest nicht unter diesem enormen Druck alles richtig zu machen. Und ich wünschte, die Beobachter wären einfach nur ein böser Traum.“
Innerlich stimmte ich ihr aus vollem Herzen zu.
„Du darfst auf keinen Fall – niemals! - den Beobachtern nachgeben.“ Akki schob die Brille hoch und sah mich beschwörend an. „Niemals! Für dich nicht und für Gabriel nicht. Niemals! Bitte... versprich mir das.“
Ich ließ die Schultern hängen. Meine Gedanken fuhren wieder Achterbahn. Ich war hin- und hergerissen.
„Daddy!“ Gabriel taumelte auf uns zu und fing sich auf meinem Knie ab. Er lächelte mich an und versuchte auf meinen Schoß zu klettern. „Bist du traurig?“
„Schon ok, Großer. Alles ist gut.“, beruhigte ich ihn und war erschrocken über meine brüchige Stimme. Ich zog ihn hoch und drückte ihn an mich. Über seinen Kopf hinweg sag ich Akki an. „Ich kann nichts tun?“, fragte ich leise.
Ich meinte in Akkis Augen Tränen zu sehen, doch sie schob schnell die Brille herunter und schüttelte den Kopf. „Du kannst nur verhindern, dass die Beobachter bekommen, was sie wollen.“
Miles starb am frühen Abend. Sie hatten ihn noch zweimal notoperiert, doch seine Verletzungen waren zu stark. Er kam zwischendurch noch einmal kurz zu Bewusstsein, sah Izzy an seinem Bett und lächelte sie an. Er versuchte zu sprechen, doch er konnte nicht. Izzy entschuldigte sich bei ihm. Er schaffte es den Kopf zu schütteln und sie noch einmal anzulächeln, bevor die Medikamente und die Schmerzen ihn wieder ins Delirium schickten. Nach ihrer Schilderung versuchte ich Izzy klar zu machen, dass der Streit vergessen war und sie sicher sein konnte, dass Miles sie liebte und das Baby bestimmt auch gewollt hätte. Ich erzählte ihr nicht, dass die Beobachter mir das Angebot gemacht hatten, Miles zu retten. Wie hätte ich ihr mitteilen können, dass ich zugunsten einer unbeschreiblichen Bedrohung ihren Freund hatte sterben lassen? Auch wenn Akki mir wieder und wieder ins Gewissen redete, dass ich nichts hätte ausrichten können, lag es mir wie ein Stein im Magen und so schwer auf dem Herzen, dass ich meinte, es würde zerspringen.
Akki kehrte mit uns ins Haus zurück. Ich rief endlich meine Eltern an. Ich sprach nur von Miles, nicht von den Beobachtern. Sie wollten sich am nächsten morgen auf den Weg machen um uns zur Seite zu stehen. Dann brachte ich Izzy zu Bett, während Akki sich von unserem Sohn verabschiedete. Wenig später brachten wir auch ihn zu Bett.
„Musst du wirklich gehen?“
Akki nickte traurig. Ich versuchte mehr schlecht als recht einen tapferen Gesichtsausdruck aufzusetzen. Akki legte mir die Hände ums Gesicht.
„Danke, dass du nicht nachgegeben hast.“, hauchte sie.
Ich schaffte es zu nicken. Dann sah ich sie an. „Ich vermisse dich.“
Der Ausdruck auf ihrem Gesicht war herzzerreißend. „Ich vermisse dich auch.“ Sie wollte sich abwenden, doch ich hielt ihre Hände fest und zwang sie mich anzusehen. Warum musste sie gehen? Ich wollte sie zur Rede stellen, doch ihr tieftrauriger Gesichtsausdruck nahm mir fast die Luft zum atmen.
„Es tut mir so leid.“, flüsterte sie.
Ich zog sie sanft an mich und hielt sie. Wir legten die Köpfe aneinander und ich sog tief ihren Geruch ein. Meine Gedanken stellten ihre Achterbahn freundlicherweise für einen Moment ein – nur um meinen Gefühlen die Chance zu geben es ihnen gleich zu tun. Ich wollte Akki nicht gehen lassen...
Gleichzeitig begannen wir: „Ich...“ und brachen ab. Ich bedeutete ihr, zuerst zu sprechen, während ich ihr tief in die Augen sah und mir ihrer Nähe nur allzu bewusst war.
„Ich muss gehen.“, sagte sie gebrochen. Sie wollte sich von mir lösen, doch ich zog sie noch einmal an mich heran und legte meine Lippen auf ihre.
Es war kurzer Kuss. Dennoch lag soviel darin, dass es mich beinahe umwarf. Akki machte sich vorsichtig von mir los, Tränen in den Augen. Sie strich mir noch einmal über das Gesicht und verschwand dann ohne ein Wort durch die Vordertür. Sekundenlang stand ich wie vom Donner gerührt im Wohnzimmer, dann rannte ich ihr hinterher.
Die Straße was leer. Akki war wie vom Erdboden verschwunden. Ich ließ mich auf die Treppe zur Veranda fallen und barg den Kopf in den Händen.
Später am Abend schaffte ich es mich aufzuraffen, um nach Gabriel – selig schlafend – und Izzy – hellwach – zu sehen.
„Wie geht es dir?“ Vorsichtig setzte ich mich auf die Bettkante zu Izzy. Sie sah verheult und zerknautscht aus.
Sprachlos hob sie die Achseln. Sie musterte mich eindringlich.
„Ist Akki weg?“, fragte sie schließlich mit vom Weinen heiserer Stimme.
Ich nickte lahm. Am liebsten hätte ich mich neben Izzy auf dem Bett zusammengerollt und ausgiebig geheult. Oder mir alternativ ein dunkles Loch zum Verkriechen gesucht.
Izzy legte eine Hand auf meine Wange. Sie versuchte zu lächeln. „Heute sind wohl unsere Herzen beide gebrochen.“
„Mommy!“, krähte Gabriel freudig. Er streckte seine Arme aus und ich reichte Akki unseren Sohn. Die beiden umarmten sich innig. Ich hätte es Gabriel am liebsten gleichgetan und Akki fest an mich gedrückt, aber …
„Wie bist du so schnell hierher gekommen.“, fragte ich stattdessen perplex.
Akki zuckte die Schultern. „Ich bin jetzt jemandem einen riesigen Gefallen schuldig.“ Sie schaffte es schief zu grinsen. „Keine Sorge.“
„Als hätte ich davon gerade nicht genug.“, entfuhr es mir grimmiger als beabsichtigt. Akki nickte und legte mir die Hand auf den Arm. Sie bedeutete mir mit einer minimalen Bewegung ihres Kinns, ihr zu folgen.
Im Garten des Krankenhauses setzten wir Gabriel auf die Wiese und reichten ihm Spielzeug. Zunächst war er hin- und hergerissen, ob er nicht lieber seine Mutter knuddeln sollte, doch dann obsiegte sein Spieltrieb. Wir sahen ihm nur wenige Minuten zu, bevor ich Akki berichtete, was vorgefallen war. Sie hörte mir aufmerksam zu, doch ihre Miene wurde immer düsterer. Als ich meinen Bericht beendet hatte, musste sie sich einen Fluch verkneifen.
„ich weiß nicht, was ich tun soll.“, wiederholte ich. Akki nahm meine Hand und drückte sie. Mir fiel auf, wie blass sie aussah. Sie nahm ihre Brille ab und rieb sich die Augen. Vielleicht bildete ich es mir ein, doch es schien mir, als leuchteten ihre Augen nicht so stark wie sonst. „Wenn ich doch nur wüsste, was in den Aufzeichnungen steht. Sind die Beobachter wirklich eine so große Gefahr?“
Akkis Kehle entrang sich ein Knurren, das mich an ihre wölfische Natur erinnerte. Rasch setzte sie die Brille wieder auf. „Glaub mir, sie sind es. Das weiß ich besser als jeder andere!“
Ich sprang von der Bank auf der wir gesessen hatten auf und begann unruhig hin und her zu tigern. „Das sagst du und das sagen meine Eltern. Ich kann die Gefahr nicht einschätzen.“ Zornig warf ich die Hände in die Höhe. „Kann ich ihr Angebot einfach ignorieren?“
„Willst du das dein Leben und seins -“ Sie deutete auf Gabriel. „In der Hand völlig Fremder liegt?“
„Und wenn Miles stirbt?“
Akki seufzte traurig und ließ die schmalen Schultern hängen. Wieder nahm sie die Brille ab und rieb sich die Augen, bevor sie mich lange musterte. „Wenn Miles sterben sollte, dann … dann gibt es nichts was du dagegen tun kannst. Die Beobachter können seinen Tod nicht verhindern. Da sind andere Mächte im Spiel. Sie könnten … ich weiß nicht, was sie könnten, aber wenn der Todestag eines Sims erst einmal feststeht, dann kann niemand etwas daran ändern. Am allerwenigsten die Beobachter.“ Ruckartig setzte sie die Brille wieder auf. „Es tut mir leid, David. Du kannst nichts tun.“
Ich starrte sie wütend an und schluckte eine patzige Antwort hinunter. Nachdem ich in Gedanken bis zehn gezählt hatte, erwiderte ich heiser: „Und ich soll das wie immer einfach schlucken. Immerzu machen du und meine Eltern nur Anspielungen. Und ich stehe da, wie ein unmündiges Kind und kann keine eigenen Entscheidungen treffen. Tu dies nicht, tu das nicht. Oh nein, die bösen Beobachter ...“ Meine Stimme war immer lauter geworden und Gabriel sah mich erschrocken an.
„David.“, sagte Akki sanft. Ich ließ zu, dass sie mich am Arm fasste und wieder neben sich zog. Für eine so zarte Person verfügte sie über außerordentliche Kräfte. Sie hielt einfach meine Hand und ich beruhigte mich langsam. Gabriel sah uns lange an, doch er schien seinen Schreck schnell überwunden zu haben.
„Es tut mir unendlich leid, dass ich dir nicht mehr sagen kann. Dass ich dir nicht alles offenbaren kann.“ Sie schluckte. „Ich wünschte ...“, sie brach ab.
„Es tut mir leid.“, sagte ich und griff fest nach ihrer Hand. Sanft ließ ich meinen Daumen über ihren Handrücken gleiten.
„Ich wünschte, alles wäre anders.“, nahm Akki den Faden wieder auf. Sie schüttelte den Kopf. „Vor allem wünschte ich, du stündest nicht unter diesem enormen Druck alles richtig zu machen. Und ich wünschte, die Beobachter wären einfach nur ein böser Traum.“
Innerlich stimmte ich ihr aus vollem Herzen zu.
„Du darfst auf keinen Fall – niemals! - den Beobachtern nachgeben.“ Akki schob die Brille hoch und sah mich beschwörend an. „Niemals! Für dich nicht und für Gabriel nicht. Niemals! Bitte... versprich mir das.“
Ich ließ die Schultern hängen. Meine Gedanken fuhren wieder Achterbahn. Ich war hin- und hergerissen.
„Daddy!“ Gabriel taumelte auf uns zu und fing sich auf meinem Knie ab. Er lächelte mich an und versuchte auf meinen Schoß zu klettern. „Bist du traurig?“
„Schon ok, Großer. Alles ist gut.“, beruhigte ich ihn und war erschrocken über meine brüchige Stimme. Ich zog ihn hoch und drückte ihn an mich. Über seinen Kopf hinweg sag ich Akki an. „Ich kann nichts tun?“, fragte ich leise.
Ich meinte in Akkis Augen Tränen zu sehen, doch sie schob schnell die Brille herunter und schüttelte den Kopf. „Du kannst nur verhindern, dass die Beobachter bekommen, was sie wollen.“
Miles starb am frühen Abend. Sie hatten ihn noch zweimal notoperiert, doch seine Verletzungen waren zu stark. Er kam zwischendurch noch einmal kurz zu Bewusstsein, sah Izzy an seinem Bett und lächelte sie an. Er versuchte zu sprechen, doch er konnte nicht. Izzy entschuldigte sich bei ihm. Er schaffte es den Kopf zu schütteln und sie noch einmal anzulächeln, bevor die Medikamente und die Schmerzen ihn wieder ins Delirium schickten. Nach ihrer Schilderung versuchte ich Izzy klar zu machen, dass der Streit vergessen war und sie sicher sein konnte, dass Miles sie liebte und das Baby bestimmt auch gewollt hätte. Ich erzählte ihr nicht, dass die Beobachter mir das Angebot gemacht hatten, Miles zu retten. Wie hätte ich ihr mitteilen können, dass ich zugunsten einer unbeschreiblichen Bedrohung ihren Freund hatte sterben lassen? Auch wenn Akki mir wieder und wieder ins Gewissen redete, dass ich nichts hätte ausrichten können, lag es mir wie ein Stein im Magen und so schwer auf dem Herzen, dass ich meinte, es würde zerspringen.
Akki kehrte mit uns ins Haus zurück. Ich rief endlich meine Eltern an. Ich sprach nur von Miles, nicht von den Beobachtern. Sie wollten sich am nächsten morgen auf den Weg machen um uns zur Seite zu stehen. Dann brachte ich Izzy zu Bett, während Akki sich von unserem Sohn verabschiedete. Wenig später brachten wir auch ihn zu Bett.
„Musst du wirklich gehen?“
Akki nickte traurig. Ich versuchte mehr schlecht als recht einen tapferen Gesichtsausdruck aufzusetzen. Akki legte mir die Hände ums Gesicht.
„Danke, dass du nicht nachgegeben hast.“, hauchte sie.
Ich schaffte es zu nicken. Dann sah ich sie an. „Ich vermisse dich.“
Der Ausdruck auf ihrem Gesicht war herzzerreißend. „Ich vermisse dich auch.“ Sie wollte sich abwenden, doch ich hielt ihre Hände fest und zwang sie mich anzusehen. Warum musste sie gehen? Ich wollte sie zur Rede stellen, doch ihr tieftrauriger Gesichtsausdruck nahm mir fast die Luft zum atmen.
„Es tut mir so leid.“, flüsterte sie.
Ich zog sie sanft an mich und hielt sie. Wir legten die Köpfe aneinander und ich sog tief ihren Geruch ein. Meine Gedanken stellten ihre Achterbahn freundlicherweise für einen Moment ein – nur um meinen Gefühlen die Chance zu geben es ihnen gleich zu tun. Ich wollte Akki nicht gehen lassen...
Gleichzeitig begannen wir: „Ich...“ und brachen ab. Ich bedeutete ihr, zuerst zu sprechen, während ich ihr tief in die Augen sah und mir ihrer Nähe nur allzu bewusst war.
„Ich muss gehen.“, sagte sie gebrochen. Sie wollte sich von mir lösen, doch ich zog sie noch einmal an mich heran und legte meine Lippen auf ihre.
Es war kurzer Kuss. Dennoch lag soviel darin, dass es mich beinahe umwarf. Akki machte sich vorsichtig von mir los, Tränen in den Augen. Sie strich mir noch einmal über das Gesicht und verschwand dann ohne ein Wort durch die Vordertür. Sekundenlang stand ich wie vom Donner gerührt im Wohnzimmer, dann rannte ich ihr hinterher.
Die Straße was leer. Akki war wie vom Erdboden verschwunden. Ich ließ mich auf die Treppe zur Veranda fallen und barg den Kopf in den Händen.
Später am Abend schaffte ich es mich aufzuraffen, um nach Gabriel – selig schlafend – und Izzy – hellwach – zu sehen.
„Wie geht es dir?“ Vorsichtig setzte ich mich auf die Bettkante zu Izzy. Sie sah verheult und zerknautscht aus.
Sprachlos hob sie die Achseln. Sie musterte mich eindringlich.
„Ist Akki weg?“, fragte sie schließlich mit vom Weinen heiserer Stimme.
Ich nickte lahm. Am liebsten hätte ich mich neben Izzy auf dem Bett zusammengerollt und ausgiebig geheult. Oder mir alternativ ein dunkles Loch zum Verkriechen gesucht.
Izzy legte eine Hand auf meine Wange. Sie versuchte zu lächeln. „Heute sind wohl unsere Herzen beide gebrochen.“
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 16
Ich kann mich kaum erinnern, wie Izzy und ich die nächsten Tage überstanden. Es klingt jämmerlich und ichbezogen, dass ich in dieser Zeit litt, nur weil die Frau, die ich wollte, nicht bei mir war, während meine beste Freundin gerade die Beerdigung ihres Freundes und Vaters ihres ungeborenen Kindes organisieren musste. Von Izzy erhielt ich jedoch nur Zuspruch. Und außer ihr bekam es hoffentlich auch keiner mit. Zwar kamen meine Eltern und unterstützen uns, aber ich versuchte ihnen gegenüber ein tapferes Gesicht zu machen. Vor allem wollte ich ihnen nicht von dem Angebot der Beobachter erzählen. Dieses Geheimnis fraß jeden Tag an mir, aber ich wollte und konnte mit niemandem darüber reden.
Das Semester zu beenden stand außer Frage. Weder Izzy noch ich hätten uns auf die Prüfungen konzentrieren können. Den Master überhaupt anzufangen, kam mir inzwischen wie eine Schnapsidee vor. Ich hatte ein Kind, um das ich mich kümmern musste, da würde meine akademische Laufbahn warten müssen. Obwohl ich immer davon geträumt hatte an der Uni zu bleiben und selbst zu lehren und zu forschen, war mir der gesamte Unibetrieb inzwischen zu wider. Was hatte die Zeit dort den schon gebracht? Erst dort hatten die Beobachter richtig begonnen, mir nachzustellen. Ich fühlte mich nicht länger sicher dort.
Meinen Eltern verkaufte ich, dass ich zunächst eigenes Geld verdienen wollte, um so für Gabriel, Izzy, das Baby und mich zu sorgen. Zu sagen, sie zeigten mir einen Vogel, wäre untertrieben. Sie würden jedes ihrer Kinder unterstützen und wenn es bedeutete, selbst zu hungern und auf der Straße zu sitzen. Izzy, Gabriel und ich zogen wieder bei ihnen ein. Dad hatte ohnehin größere Baumaßnahmen geplant, so dass er mit Unterstützung von einigen Freunden und uns Kindern das Haus und die Scheune fast komplett umgestaltete. Wegen meiner Situation – der Erbe zu sein, nicht alleinerziehender Vater – entschieden meine Geschwister, dass ich das Haus erben und dort wohnen sollte. Wo ich war, war auch Izzy und so wurde das Haupthaus unsere neue WG. Meine Eltern richteten sich ein Apartment in der Scheune ein – ebenerdig, wegen der Knie, wie Mom zu sagen pflegte. Die zweite Etage der Scheune wurde zu Gästezimmern umgestaltete und auch Karas neues Zimmer entstand dort. Sämtliche Bastel- und Hobbywerkbänke wanderten in den Keller, der schon immer existiert hatte, aber nie hergerichtet worden war.
Dort stellte Dad auch Trainingsgeräte auf. Er hatte uns von Kindesbeinen an in Selbstverteidigung trainiert und der alte Dummy hatte schon ordentlich Schläge von uns Geschwistern einstecken müssen. Ich fand mich in den Wochen nach unserem Umzug zurück oft im Keller; den Dummy anstarrend und vor mich hin brütend. Eigentlich war ich nie jemand gewesen, der viel über die Vergangenheit grübelte, doch die letzten Wochen hatten das verändert.
Irgendwann nahm ich das Training wieder auf und prügelte meine Frustration in das Holz. Es half nur bedingt …
„Man könnte meinen, die Bauarbeiten wären anstrengend genug, so dass du kein zusätzliches Fitnessprogramm brauchst.“, stellte Dad eines Abend fest, als ich in blinder Wut auf den Dummy schlug.
Ich fuhr erschrocken zusammen. Dad bewegte sich oft so lautlos, dass man es nicht mitbekam, wenn er auf einmal hinter einem stand.
Ich blieb ihm eine Antwort schuldig und fuhr mit meinen Übungen fort.
„David.“ Der Klang meines Namens aus dem Mund meines Vaters war besorgt. Zugleich signalisierte er mir mit seinem Tonfall, dass er gekommen war um zu reden. Ich seufzte.
„Es hilft mir beim Konzentrieren. Ich hab morgen das Vorstellungsgespräch beim landwirtschaftlichen Forschungsinstitut.“, log ich ohne mich umzudrehen.
„Du lügst fast so schlecht wie Kira.“ Auch ohne sein Gesicht zu sehen, wusste ich, dass er spöttisch grinste.
Mir war nicht nach Grinsen. Ich schwieg und hoffte, dass er die Message verstand und verschwand. Ich wollte nicht mit ihm reden.
„Was frisst dich so auf?“ Dad blieb hartnäckig.
Als ich weiterhin schwieg und im Keller nur vdie dumpfen Schlägen auf das Holz zu hören waren, fuhr er fort: „Ist es, weil du das Studium unterbrichst? Weil du allein für Gabriel verantwortlich bist? Weil ...“ Hier zögerte er kurz. „Weil Akki“ - er seufzte ihren Namen fast. „Nicht bei dir ist? Weil Miles gestorben ist?“
„Such dir was aus.“, murmelte ich.
„David.“, sagte er erneut und legte mir sanft die Hand auf die Schulter. Ich spannte mich an und wollte sie abschütteln, doch Dad schaffte es mit dem Druck auf einige wichtige Nerven mich zum Umdrehen zu zwingen. Ich sah ihn düster an.
„Sprich mit mir.“, forderte er mich sanft auf. „Oder mit Kira. Oder mit Izzy. Mit irgendjemanden. Aber hör auf, alles in dich reinzufressen.“ Er nahm die Hand von meiner Schulter und lächelte aufmunternd. „Reden hilft.“
„Was weißt du denn schon?“, fuhr ich ihn an. Ich drehte mich von ihm weg und starrte wütend die Wand an.
Ich hörte Dad leise lachen. Ein bitteres Lachen. „Ach David, glaubst du, du bist der erste und einzige in unserer Familie, dessen Herz gebrochen, dessen Lebensweg an einer Kreuzung steht oder der damit kämpfen muss einen Freund verloren zu haben?“
Ich biss die Zähne zusammen und schluckte meine patzige Antwort runter. Dad sprach weiter „Du bist nicht einmal der erste und einzige, der sich mit den Beobachtern rum schlagen muss.“
Das brachte mich dazu, mich doch umzudrehen. Dad starrte ins Nichts, so als sei er ganz in Gedanken verloren. Dann schüttelte er den Kopf, so als wollte er sich wieder ins Hier und Jetzt bringen. „Kira und ich haben all deine Sorgen am eigenen Leib erlebt. Alle und noch mehr.“
„Und ihr sprecht nie davon:“, schrie ich frustriert.
„Weil wir es nicht können.“ Dad war normalerweise ruhig und zurückhaltend, doch nun war seine Stimme lauter als gewöhnlich geworden. Erstaunt stellte ich fest, dass er frustriert und zornig war. So wie ich.
„Glaubst du, wir würden euch nicht alles erzählen wollen? Wir wollen euch nicht absichtlich im Dunkeln lassen. Alles was wir tun konnten, war es aufzuschreiben.“
„Und wir können es nicht lesen.“, entgegnete ich. Ich seufzte. Lange Zeit hatte ich das Manuskript ignoriert. Der Buchstabensalat aus unleserlichen Wörtern und Sätzen, die überhaupt keinen Sinn ergaben, war einfach nicht zu entziffern. Meine Frustration steigerte sich, als ich daran dachte.
„Es ist frustrierend, ich weiß.“ Dad schien zu seinem alten Selbst gefunden zu haben. Ruhig, kontrolliert. Trotzdem strahlte er Liebe und Zuneigung aus. Beschämt blickte ich zu Boden. Dad hatte mir nichts getan. Er verdiente meinen Zorn nicht.
„Keine Sorge, David. Ich weiß, du stehst unter Strom. Ich bin froh, dass du etwas Dampf ablässt.“
„Habe ich das laut gedacht?“, fragte ich irrtiert.
Dad grinste nur und nahm mich kurz und herzlich in den Arm. „Nein. Ich kann dich nur fast zu gut lesen, wie ich Kira lesen kann.“
„Großartig. Ich bin ein offenes Buch für meinen Vater.“, grunzte ich, um meine Rührung zu verbergen. Ich straffte meine Schultern. „Es tut mir leid Dad. Ich bin … ich weiß auch nicht....“ Wieder sah ich zu Boden. Es fiel mir nicht leicht über meine Gefühle zu sprechen. Nicht einmal Izzy hatte ich mich in letzter Zeit anvertraut. Seufzend probierte ich eine andere Herangehensweise. „Du weißt also wie sich ein gebrochenes Herz anfühlt? Ich hätte nicht gedacht, dass du vor Mom schon mal... äh... also.“
Ein Kichern ertönte so plötzlich von der Treppe, dass sogar Dad fast zusammengezuckt wäre. Fast.
Mom hockte auf den oberen Treppenstufen.
„Jetzt schleichst du dich auch noch so an!“, klagte ich, während sie die Treppe herunterstieg. Mom strahlte zufrieden. Sie lächelte Dad von der Seite an. „Gib's zu, Darrel, ich hab sogar dich überrascht.“
Dad zog es vor nicht zu antworten. Mom grinste. „Glaubst du, ich verbringe meine Leben mit dir und lerne nichts dabei?“
Ich stolperte etwas über den Plural von Leben und wollte schon nachhaken, als Mom fort fuhr: „Um deine Frage zu beantworten, David: Auch wenn es schwer vorstellbar für Kinder ist – Eltern haben in der Regel auch eine Vorgeschichte.“ Ihr Grinsen verschwand und sie und Dad wechselten einen dieser langen Blicke, in denen sie mehr zu kommunizieren schienen. Dann nahm Mom mich in die Arme. „Ich würde es dir alles erzählen... aber dafür musst du schon die Aufzeichnungen lesen.“ Sie seufzte und schnitt eine Grimasse. Dad sah sie nachdenklich an.
Dann blickte er zu mir. „Allerdings wirst du – wenn du es gelesen hast – einige Dinge über mich erfahren, die dich erschrecken werden.“
Hatte ich erwähnt wie sehr ich diese Geheimnistuerei hasste? Zum einen war es so unendlich frustrierend, zum anderen meldete sich – nach langer Zeit – meine Neugier. Was fast genauso schlimm war wie die Frustration.
„Nicht nur über Darrel.“, sagte Mom leise. Wo Dad ruhig und zurückhaltend war, war Mom immer quirlig und vorlaut. Doch jetzt wirkte sie sehr still. Wieder sahen sich meine Eltern lange an.
„Du wirst auch etwas über Akki erfahren. Und es dürfte dir genauso wenig gefallen, wie meine Vergangenheit.“, sagte Dad schließlich, nachdem sie ihre stille Diskussion beendet hatten.
„Oder meine.“, schloss Mom. Sie nahm mich ein weiteres Mal in die Arme.
Mir platzte fast der Kopf. Und der Kragen. Frustration und Zorn kämpften eine Weile um die Vorherrschaft in meinem Inneren, doch es siegte ein dritter: Depression. Ich legte die Handflächen an die Schläfen und versuchte ruhig zu werden. „Ich hasse das alles.“, brachte ich schließlich hervor.
Mom strich über meinen Rücken. „Ich weiß, David. Ich weiß. Es tut mir so leid.“
Ich atmete tief durch und sah hoch – nur um festzustellen, dass Dads Gesicht zu einer Fratze des Zorns verzogen war. Ich erschrak. Dad war nie derartig zornig, dass er seine Contenance verlor. Mom, ja vielleicht, aber Dad? Das war so wie Izzy niemals weinte. Ein Naturgesetz. Aber Izzy hatte auch geweint...
„Darrel.“, war alles was Mom sagen musste. Sofort entspannten sich seine Züge etwas. Der Zorn verschwand. Oberflächlich wirkte Dad ruhig, doch ich sah in seinen Augen, dass er sich nur zur Ruhe zwang.
„Lässt du uns bitte allein?“, bat Mom. Ich warf ihr einen fragend Blick zu, Sie lächelte etwas gezwungen. Ich nickte still und verließ den Keller. Leise schloss ich die Tür, blieb jedoch dort stehen. Erschöpft stieß ich die Luft aus, die ich unbewusst angehalten hatte und versuchte zu verarbeiten, was gerade passiert war. Aus dem Keller drang ein krachendes Geräusch, dass ich nur zu gut kannte: Der Dummy hatte eine verpasst bekommen.
„Besser?“, konnte ich Moms Stimme ausmachen.
Ich legte mein Ohr an die Tür zur Kellertreppe und lauschte.
„Ihr könnt definitiv nicht leugnen, Vater und Sohn zu sein. Wobei ich das ohnehin mit einiger Sicherheit sagen kann. Schließlich...“ Sie hatte diesen plaudernden, leicht überdrehten Ton, denn sie bekam, wenn sie aufgeregt war.
„Kätzchen, manchmal...“, unterbrach Dad sie. Eine Weile war nichts zu hören und ich nahm an, dass sie sich entweder umarmten oder lautlos eine dieser Blickeunterhaltungen führten.
„Ich wünschte ich könnte die Beobachter finden und sie allesamt umbringen.“, sagte Dad schließlich heiser und dunkel.
„Kann nicht behaupten, dass es mir anders ginge.“, erwiderte Mom und ich stimmte ihr aus vollem Herzen zu. „Es widert mich an, wie sie sich immer wieder einmischen. Aaaaber...“ Wieder der überdrehte Tonfall. „Dieser Art der Problembewältigung hast du abgeschworen. Und ich auch... naja, technisch gesehen habe ich ohnehin nur einmal dazu gegriffen. Wie dem auch sei, es verträgt sich nicht mit deinem Versprechen und ...“ Sie brach ab und kicherte. „Womit hab ich das verdient?“
Offenbar hatte Dad irgendetwas getan, um sie zu unterbrechen. Vermutlich ein Kuss, was das anging, waren die beiden wie Teenager.
„Ich liebe dich, Kätzchen.“, hörte ich Dad.
Urgs, Zeit zu verschwinden – das war dann doch eine Nummer zu intim. Ich verließ meinen Horchposten, nahm aber noch war, wie Mom sagte: „Ich liebe dich. Ich wünschte David hätte auch jemanden...und wenn es Akki wäre.“
Das Semester zu beenden stand außer Frage. Weder Izzy noch ich hätten uns auf die Prüfungen konzentrieren können. Den Master überhaupt anzufangen, kam mir inzwischen wie eine Schnapsidee vor. Ich hatte ein Kind, um das ich mich kümmern musste, da würde meine akademische Laufbahn warten müssen. Obwohl ich immer davon geträumt hatte an der Uni zu bleiben und selbst zu lehren und zu forschen, war mir der gesamte Unibetrieb inzwischen zu wider. Was hatte die Zeit dort den schon gebracht? Erst dort hatten die Beobachter richtig begonnen, mir nachzustellen. Ich fühlte mich nicht länger sicher dort.
Meinen Eltern verkaufte ich, dass ich zunächst eigenes Geld verdienen wollte, um so für Gabriel, Izzy, das Baby und mich zu sorgen. Zu sagen, sie zeigten mir einen Vogel, wäre untertrieben. Sie würden jedes ihrer Kinder unterstützen und wenn es bedeutete, selbst zu hungern und auf der Straße zu sitzen. Izzy, Gabriel und ich zogen wieder bei ihnen ein. Dad hatte ohnehin größere Baumaßnahmen geplant, so dass er mit Unterstützung von einigen Freunden und uns Kindern das Haus und die Scheune fast komplett umgestaltete. Wegen meiner Situation – der Erbe zu sein, nicht alleinerziehender Vater – entschieden meine Geschwister, dass ich das Haus erben und dort wohnen sollte. Wo ich war, war auch Izzy und so wurde das Haupthaus unsere neue WG. Meine Eltern richteten sich ein Apartment in der Scheune ein – ebenerdig, wegen der Knie, wie Mom zu sagen pflegte. Die zweite Etage der Scheune wurde zu Gästezimmern umgestaltete und auch Karas neues Zimmer entstand dort. Sämtliche Bastel- und Hobbywerkbänke wanderten in den Keller, der schon immer existiert hatte, aber nie hergerichtet worden war.
Dort stellte Dad auch Trainingsgeräte auf. Er hatte uns von Kindesbeinen an in Selbstverteidigung trainiert und der alte Dummy hatte schon ordentlich Schläge von uns Geschwistern einstecken müssen. Ich fand mich in den Wochen nach unserem Umzug zurück oft im Keller; den Dummy anstarrend und vor mich hin brütend. Eigentlich war ich nie jemand gewesen, der viel über die Vergangenheit grübelte, doch die letzten Wochen hatten das verändert.
Irgendwann nahm ich das Training wieder auf und prügelte meine Frustration in das Holz. Es half nur bedingt …
„Man könnte meinen, die Bauarbeiten wären anstrengend genug, so dass du kein zusätzliches Fitnessprogramm brauchst.“, stellte Dad eines Abend fest, als ich in blinder Wut auf den Dummy schlug.
Ich fuhr erschrocken zusammen. Dad bewegte sich oft so lautlos, dass man es nicht mitbekam, wenn er auf einmal hinter einem stand.
Ich blieb ihm eine Antwort schuldig und fuhr mit meinen Übungen fort.
„David.“ Der Klang meines Namens aus dem Mund meines Vaters war besorgt. Zugleich signalisierte er mir mit seinem Tonfall, dass er gekommen war um zu reden. Ich seufzte.
„Es hilft mir beim Konzentrieren. Ich hab morgen das Vorstellungsgespräch beim landwirtschaftlichen Forschungsinstitut.“, log ich ohne mich umzudrehen.
„Du lügst fast so schlecht wie Kira.“ Auch ohne sein Gesicht zu sehen, wusste ich, dass er spöttisch grinste.
Mir war nicht nach Grinsen. Ich schwieg und hoffte, dass er die Message verstand und verschwand. Ich wollte nicht mit ihm reden.
„Was frisst dich so auf?“ Dad blieb hartnäckig.
Als ich weiterhin schwieg und im Keller nur vdie dumpfen Schlägen auf das Holz zu hören waren, fuhr er fort: „Ist es, weil du das Studium unterbrichst? Weil du allein für Gabriel verantwortlich bist? Weil ...“ Hier zögerte er kurz. „Weil Akki“ - er seufzte ihren Namen fast. „Nicht bei dir ist? Weil Miles gestorben ist?“
„Such dir was aus.“, murmelte ich.
„David.“, sagte er erneut und legte mir sanft die Hand auf die Schulter. Ich spannte mich an und wollte sie abschütteln, doch Dad schaffte es mit dem Druck auf einige wichtige Nerven mich zum Umdrehen zu zwingen. Ich sah ihn düster an.
„Sprich mit mir.“, forderte er mich sanft auf. „Oder mit Kira. Oder mit Izzy. Mit irgendjemanden. Aber hör auf, alles in dich reinzufressen.“ Er nahm die Hand von meiner Schulter und lächelte aufmunternd. „Reden hilft.“
„Was weißt du denn schon?“, fuhr ich ihn an. Ich drehte mich von ihm weg und starrte wütend die Wand an.
Ich hörte Dad leise lachen. Ein bitteres Lachen. „Ach David, glaubst du, du bist der erste und einzige in unserer Familie, dessen Herz gebrochen, dessen Lebensweg an einer Kreuzung steht oder der damit kämpfen muss einen Freund verloren zu haben?“
Ich biss die Zähne zusammen und schluckte meine patzige Antwort runter. Dad sprach weiter „Du bist nicht einmal der erste und einzige, der sich mit den Beobachtern rum schlagen muss.“
Das brachte mich dazu, mich doch umzudrehen. Dad starrte ins Nichts, so als sei er ganz in Gedanken verloren. Dann schüttelte er den Kopf, so als wollte er sich wieder ins Hier und Jetzt bringen. „Kira und ich haben all deine Sorgen am eigenen Leib erlebt. Alle und noch mehr.“
„Und ihr sprecht nie davon:“, schrie ich frustriert.
„Weil wir es nicht können.“ Dad war normalerweise ruhig und zurückhaltend, doch nun war seine Stimme lauter als gewöhnlich geworden. Erstaunt stellte ich fest, dass er frustriert und zornig war. So wie ich.
„Glaubst du, wir würden euch nicht alles erzählen wollen? Wir wollen euch nicht absichtlich im Dunkeln lassen. Alles was wir tun konnten, war es aufzuschreiben.“
„Und wir können es nicht lesen.“, entgegnete ich. Ich seufzte. Lange Zeit hatte ich das Manuskript ignoriert. Der Buchstabensalat aus unleserlichen Wörtern und Sätzen, die überhaupt keinen Sinn ergaben, war einfach nicht zu entziffern. Meine Frustration steigerte sich, als ich daran dachte.
„Es ist frustrierend, ich weiß.“ Dad schien zu seinem alten Selbst gefunden zu haben. Ruhig, kontrolliert. Trotzdem strahlte er Liebe und Zuneigung aus. Beschämt blickte ich zu Boden. Dad hatte mir nichts getan. Er verdiente meinen Zorn nicht.
„Keine Sorge, David. Ich weiß, du stehst unter Strom. Ich bin froh, dass du etwas Dampf ablässt.“
„Habe ich das laut gedacht?“, fragte ich irrtiert.
Dad grinste nur und nahm mich kurz und herzlich in den Arm. „Nein. Ich kann dich nur fast zu gut lesen, wie ich Kira lesen kann.“
„Großartig. Ich bin ein offenes Buch für meinen Vater.“, grunzte ich, um meine Rührung zu verbergen. Ich straffte meine Schultern. „Es tut mir leid Dad. Ich bin … ich weiß auch nicht....“ Wieder sah ich zu Boden. Es fiel mir nicht leicht über meine Gefühle zu sprechen. Nicht einmal Izzy hatte ich mich in letzter Zeit anvertraut. Seufzend probierte ich eine andere Herangehensweise. „Du weißt also wie sich ein gebrochenes Herz anfühlt? Ich hätte nicht gedacht, dass du vor Mom schon mal... äh... also.“
Ein Kichern ertönte so plötzlich von der Treppe, dass sogar Dad fast zusammengezuckt wäre. Fast.
Mom hockte auf den oberen Treppenstufen.
„Jetzt schleichst du dich auch noch so an!“, klagte ich, während sie die Treppe herunterstieg. Mom strahlte zufrieden. Sie lächelte Dad von der Seite an. „Gib's zu, Darrel, ich hab sogar dich überrascht.“
Dad zog es vor nicht zu antworten. Mom grinste. „Glaubst du, ich verbringe meine Leben mit dir und lerne nichts dabei?“
Ich stolperte etwas über den Plural von Leben und wollte schon nachhaken, als Mom fort fuhr: „Um deine Frage zu beantworten, David: Auch wenn es schwer vorstellbar für Kinder ist – Eltern haben in der Regel auch eine Vorgeschichte.“ Ihr Grinsen verschwand und sie und Dad wechselten einen dieser langen Blicke, in denen sie mehr zu kommunizieren schienen. Dann nahm Mom mich in die Arme. „Ich würde es dir alles erzählen... aber dafür musst du schon die Aufzeichnungen lesen.“ Sie seufzte und schnitt eine Grimasse. Dad sah sie nachdenklich an.
Dann blickte er zu mir. „Allerdings wirst du – wenn du es gelesen hast – einige Dinge über mich erfahren, die dich erschrecken werden.“
Hatte ich erwähnt wie sehr ich diese Geheimnistuerei hasste? Zum einen war es so unendlich frustrierend, zum anderen meldete sich – nach langer Zeit – meine Neugier. Was fast genauso schlimm war wie die Frustration.
„Nicht nur über Darrel.“, sagte Mom leise. Wo Dad ruhig und zurückhaltend war, war Mom immer quirlig und vorlaut. Doch jetzt wirkte sie sehr still. Wieder sahen sich meine Eltern lange an.
„Du wirst auch etwas über Akki erfahren. Und es dürfte dir genauso wenig gefallen, wie meine Vergangenheit.“, sagte Dad schließlich, nachdem sie ihre stille Diskussion beendet hatten.
„Oder meine.“, schloss Mom. Sie nahm mich ein weiteres Mal in die Arme.
Mir platzte fast der Kopf. Und der Kragen. Frustration und Zorn kämpften eine Weile um die Vorherrschaft in meinem Inneren, doch es siegte ein dritter: Depression. Ich legte die Handflächen an die Schläfen und versuchte ruhig zu werden. „Ich hasse das alles.“, brachte ich schließlich hervor.
Mom strich über meinen Rücken. „Ich weiß, David. Ich weiß. Es tut mir so leid.“
Ich atmete tief durch und sah hoch – nur um festzustellen, dass Dads Gesicht zu einer Fratze des Zorns verzogen war. Ich erschrak. Dad war nie derartig zornig, dass er seine Contenance verlor. Mom, ja vielleicht, aber Dad? Das war so wie Izzy niemals weinte. Ein Naturgesetz. Aber Izzy hatte auch geweint...
„Darrel.“, war alles was Mom sagen musste. Sofort entspannten sich seine Züge etwas. Der Zorn verschwand. Oberflächlich wirkte Dad ruhig, doch ich sah in seinen Augen, dass er sich nur zur Ruhe zwang.
„Lässt du uns bitte allein?“, bat Mom. Ich warf ihr einen fragend Blick zu, Sie lächelte etwas gezwungen. Ich nickte still und verließ den Keller. Leise schloss ich die Tür, blieb jedoch dort stehen. Erschöpft stieß ich die Luft aus, die ich unbewusst angehalten hatte und versuchte zu verarbeiten, was gerade passiert war. Aus dem Keller drang ein krachendes Geräusch, dass ich nur zu gut kannte: Der Dummy hatte eine verpasst bekommen.
„Besser?“, konnte ich Moms Stimme ausmachen.
Ich legte mein Ohr an die Tür zur Kellertreppe und lauschte.
„Ihr könnt definitiv nicht leugnen, Vater und Sohn zu sein. Wobei ich das ohnehin mit einiger Sicherheit sagen kann. Schließlich...“ Sie hatte diesen plaudernden, leicht überdrehten Ton, denn sie bekam, wenn sie aufgeregt war.
„Kätzchen, manchmal...“, unterbrach Dad sie. Eine Weile war nichts zu hören und ich nahm an, dass sie sich entweder umarmten oder lautlos eine dieser Blickeunterhaltungen führten.
„Ich wünschte ich könnte die Beobachter finden und sie allesamt umbringen.“, sagte Dad schließlich heiser und dunkel.
„Kann nicht behaupten, dass es mir anders ginge.“, erwiderte Mom und ich stimmte ihr aus vollem Herzen zu. „Es widert mich an, wie sie sich immer wieder einmischen. Aaaaber...“ Wieder der überdrehte Tonfall. „Dieser Art der Problembewältigung hast du abgeschworen. Und ich auch... naja, technisch gesehen habe ich ohnehin nur einmal dazu gegriffen. Wie dem auch sei, es verträgt sich nicht mit deinem Versprechen und ...“ Sie brach ab und kicherte. „Womit hab ich das verdient?“
Offenbar hatte Dad irgendetwas getan, um sie zu unterbrechen. Vermutlich ein Kuss, was das anging, waren die beiden wie Teenager.
„Ich liebe dich, Kätzchen.“, hörte ich Dad.
Urgs, Zeit zu verschwinden – das war dann doch eine Nummer zu intim. Ich verließ meinen Horchposten, nahm aber noch war, wie Mom sagte: „Ich liebe dich. Ich wünschte David hätte auch jemanden...und wenn es Akki wäre.“
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 17
Das Gespräch mit meinen Eltern und die halbgaren Informationen, die ich dabei erhalten hatte, ließen mir keine Ruhe. Ich nahm zum ersten Mal seit langer Zeit ihre Aufzeichnungen zur Hand und vergrub mich regelrecht darin. Erstaunlicherweise wirkte es therapeutisch. Auch wenn ich vielleicht nur einzelne Wörter oder Halbsätze lesen konnte. Ich verdrängte das Angebot der Beobachter. Dads Beistand ermöglichte mir, Miles' Tod zu verarbeiten und Izzy wieder ein aufmerksamerer Freund zu sein. Das Problem mit Akki war natürlich nicht aus der Welt geschafft...
Aber es ging mir besser! Ich erhielt eine Stelle in der Forschungsabteilung des Landwirtschaftsministeriums, die schon seit Ewigkeiten in Riverview angesiedelt waren. Meine Aufgabe war es Alternativen zu herkömmlichen Düngemitteln zu finden. Die Arbeit machte mir Spaß und ich kam mit wesentlich besserer Laune und einem besseren Gewissen nachmittags heim, als während des Semesters. Gabriel fühlte sich in meinem Elternhaus sehr wohl und taute langsam auch gegenüber meinen Geschwistern und Grandma auf. Er war nach wie vor ein stilles Kind, das am liebsten allein war, doch er akklimatisierte sich rasch.
Izzy versuchte ihr Studium über eine Fernuni fortzusetzen. Am Anfang der Schwangerschaft machte es ihr noch Spaß, doch dann verlor sie zunehmend das Interesse. Sie schrieb sich ihren Frust darüber und über ihre Gefühle und Erlebnisse in der Schwangerschaft in einem Blog von der Seele, der bald sehr erfolgreich wurde. Überraschenderweise konnte Izzy über ihr Blog, den dazugehörigen SimTube-Channel und all die anderen Social-Media-Plattformen tatsächlich Geld verdienen. Sie musste allerdings viel Arbeit investieren um ihre Accounts zu pflegen und dabei sicherzustellen, nicht zuviel von sich preiszugeben.
Das erste Mal herzlich und ehrlich lachen konnten wir alle am Tag von Claires Geburt. Selbstverständlich begleitete ich Izzy ins Krankenhaus. Sie hatte mich bereits vor Monaten darum gebeten, Miles zu vertreten. Ein bisschen mulmig war mir schon dabei, aber Izzy schimpfte mich einen prüden Angsthasen, verwies auf mein Biologiestudium und hatte mich so schneller davon überzeugt, als mir lieb war.
Die Geburt verlief reibungslos, auch wenn ich fast vor Schreck starb, als die Hebamme und der Arzt erste verwirrte und ängstliche Blicke miteinander wechselten, als sie Claire auf die Welt hoben. Dann fiel mir auf, dass sie eher mich ängstlich ansahen, als sie das dunkelhäutige Baby auf den Bauch von Izzy legten.
„Äh, also, dass äh, muss jetzt nicht heißen...“, begann die Hebamme zu stammeln und sah von der rothaarigen, hellhäutigen Izzy zu mir – blond und auch nicht eben dunkelhäutig. Ich starrte sie besorgt an und fragte mehrfach, ob mit dem Baby denn alles in Ordnung ist. Währenddessen bestaunte Izzy ihre Tochter. Sie war vollkommen hin und weg und hörte kaum zu. Als die Hebamme jedoch begann mir zu versichern, dass mit meiner Tochter alles in Ordnung sei, fing Izzy leise an zu lachen. Ich war immer noch verwirrt und besorgt um das Neugeborene, bis auch bei mir der Groschen fiel: Man dachte, ich sei Izzys Partner und der vermeintliche Vater. Die Vaterschaft war angesichts Claires dunkler Haut jedoch mehr als zweifelhaft und die Hebamme und der Arzt befürchteten einen Wutausbruch ob des möglichen Kuckuckkindes. Izzy und ich wechselten einen Blick und ich musste ebenfalls los prusten. Die Hebamme war nun vollkommen fassungslos und fing beinahe an zu Weinen, so dass ich bemühte sie über ihren Irrtum aufzuklären.
Mom und Dad adoptierten Claire sofort als zweites Enkelkind. Als Len zu Besuch war – er lebte und arbeitete inzwischen am anderen Ende des Landes – befürchtete er schon, dass Mom und Dad noch mal nachlegen wollten, weil sie so entzückt über Gabriel und Claire waren. Ich fand das ein bisschen Besorgnis erregend … Aber zum Glück planten Mom und Dad nichts in dieser Richtung.
Aber es ging mir besser! Ich erhielt eine Stelle in der Forschungsabteilung des Landwirtschaftsministeriums, die schon seit Ewigkeiten in Riverview angesiedelt waren. Meine Aufgabe war es Alternativen zu herkömmlichen Düngemitteln zu finden. Die Arbeit machte mir Spaß und ich kam mit wesentlich besserer Laune und einem besseren Gewissen nachmittags heim, als während des Semesters. Gabriel fühlte sich in meinem Elternhaus sehr wohl und taute langsam auch gegenüber meinen Geschwistern und Grandma auf. Er war nach wie vor ein stilles Kind, das am liebsten allein war, doch er akklimatisierte sich rasch.
Izzy versuchte ihr Studium über eine Fernuni fortzusetzen. Am Anfang der Schwangerschaft machte es ihr noch Spaß, doch dann verlor sie zunehmend das Interesse. Sie schrieb sich ihren Frust darüber und über ihre Gefühle und Erlebnisse in der Schwangerschaft in einem Blog von der Seele, der bald sehr erfolgreich wurde. Überraschenderweise konnte Izzy über ihr Blog, den dazugehörigen SimTube-Channel und all die anderen Social-Media-Plattformen tatsächlich Geld verdienen. Sie musste allerdings viel Arbeit investieren um ihre Accounts zu pflegen und dabei sicherzustellen, nicht zuviel von sich preiszugeben.
Das erste Mal herzlich und ehrlich lachen konnten wir alle am Tag von Claires Geburt. Selbstverständlich begleitete ich Izzy ins Krankenhaus. Sie hatte mich bereits vor Monaten darum gebeten, Miles zu vertreten. Ein bisschen mulmig war mir schon dabei, aber Izzy schimpfte mich einen prüden Angsthasen, verwies auf mein Biologiestudium und hatte mich so schneller davon überzeugt, als mir lieb war.
Die Geburt verlief reibungslos, auch wenn ich fast vor Schreck starb, als die Hebamme und der Arzt erste verwirrte und ängstliche Blicke miteinander wechselten, als sie Claire auf die Welt hoben. Dann fiel mir auf, dass sie eher mich ängstlich ansahen, als sie das dunkelhäutige Baby auf den Bauch von Izzy legten.
„Äh, also, dass äh, muss jetzt nicht heißen...“, begann die Hebamme zu stammeln und sah von der rothaarigen, hellhäutigen Izzy zu mir – blond und auch nicht eben dunkelhäutig. Ich starrte sie besorgt an und fragte mehrfach, ob mit dem Baby denn alles in Ordnung ist. Währenddessen bestaunte Izzy ihre Tochter. Sie war vollkommen hin und weg und hörte kaum zu. Als die Hebamme jedoch begann mir zu versichern, dass mit meiner Tochter alles in Ordnung sei, fing Izzy leise an zu lachen. Ich war immer noch verwirrt und besorgt um das Neugeborene, bis auch bei mir der Groschen fiel: Man dachte, ich sei Izzys Partner und der vermeintliche Vater. Die Vaterschaft war angesichts Claires dunkler Haut jedoch mehr als zweifelhaft und die Hebamme und der Arzt befürchteten einen Wutausbruch ob des möglichen Kuckuckkindes. Izzy und ich wechselten einen Blick und ich musste ebenfalls los prusten. Die Hebamme war nun vollkommen fassungslos und fing beinahe an zu Weinen, so dass ich bemühte sie über ihren Irrtum aufzuklären.
Mom und Dad adoptierten Claire sofort als zweites Enkelkind. Als Len zu Besuch war – er lebte und arbeitete inzwischen am anderen Ende des Landes – befürchtete er schon, dass Mom und Dad noch mal nachlegen wollten, weil sie so entzückt über Gabriel und Claire waren. Ich fand das ein bisschen Besorgnis erregend … Aber zum Glück planten Mom und Dad nichts in dieser Richtung.
Akki- Familiensim
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Ort : Niederrhein
Anmeldedatum : 09.02.08
Re: Felinger Legacy
Kapitel 18
„Wie soll ich dir helfen, wenn du mir keine vernünftigen Proben schicken willst?“ Viel Zeit war vergangen. Izzy und ich hatten uns mit unserem Leben zurück in Riverview gut arrangiert gab mich mir nach wie vor Mühe, Akki bei ihren Untersuchungen der Krankheitsfälle in Moonlight Falls zu unterstützen. So konnte ich wenigstens über Gabriel hinaus mit ihr in Kontakt bleiben.
„Du würdest genauso wenig finden wie ich.“, erwiderte Akki gepresst. Wieder nahm ich den Stress in ihrer Stimme war. „Ich vertraue dir und deinen Fähigkeiten, David, wirklich. Du bist der beste Biologe, den ich kenne. Aber da ist nichts...“
Ungeduldig trommelte ich mit den Fingern auf die Schreibtischplatte. Wollte sie nicht, dass ich die Proben der Bewohner von Moonlight Falls untersuchte? Oder war sie wirklich sicher, dass ich nichts finden würde? Und wenn dem so war, zweifelte sie an meinen Fähigkeiten oder war sie sich ihrer Diagnose so sicher. Am liebsten hätte ich vor Frustration gebrüllt. Ich hatte inzwischen eigentlich wieder zu einem ganz guten seelischen Gleichgewicht gefunden, doch in Momenten wie diesem merkte ich, dass meine Frustrationstoleranz wesentlich niedriger als früher war.
„Ich weiß du willst mir helfen,.“, sagte Akki schließlich ruhig. Ich hörte sie durch mein Headset auf ihrer Tastatur klappern. „Ich schicke dir ein paar Proben. Sie werden in deinem Labor sein.“ Eine kurze Pause entstand und ich stellte mir vor, wie Akki sich erschöpft die Nasenwurzel rieb. Unser Skypegespräch lief ohne Videoübertragung. „Vielleicht habe ich wirklich etwas übersehen.“
„Geht es dir gut?“, fragte ich. Wir sprachen nie über unser Befinden, doch ihre Stimme klang so erschöpft und gestresst, dass es mir das Herz bracht. „Du solltest dich etwas ausruhen.“
Sie atmete schwer ein und aus. „Ich kann nicht, David.“
Bevor ich darauf etwas erwidern konnte, fuhr sie fort: „Die Proben sollten bald da sein. Danke, David.“ Sie trennte die Verbindung.
„Verdammte Scheiße.“, fluchte ich, riss mir das Headset vom Kopf und warf es entnervt auf den Schreibtisch. Îch tigerte in meinem kleinen Arbeitszimmer herum, bevor ich mich entschied in den Keller zu gehen und mein kleines Heimlabor vorzubereiten. Vermutlich würde es ein paar Tage dauern, bis die Proben da waren, aber ich wollte sofort anfangen, sobald sie da waren.
Es war kühl geworden und auf der Wiese vor unserem Haus lag bereits leichter Frost. Bald würde selbst der kurze Weg zwischen Haus und Scheune nicht ohne Jacke machbar sein. Die frische, kalte Luft kühlte mein Gemüt etwas ab. Ich warf einen Blick in den Wintergarten, in dem Izzy ihr Büro hatte. Claire lag schlummernd in der Babyschaukel, Gabriel saß davor und spielte. Er war so vertieft, dass er mein Winken nicht wahrnahm. Izzy grinste und beugte sich über die Tastatur.
Ich erwartete halb, dass mein Vater im Keller war, um irgendetwas zu reparieren oder zu bauen, doch dann erinnerte ich mich, dass meine Eltern heute Kara am College besuchten. Ich wanderte zu meiner Laborecke – und erstarrte. Ein kleines Paket lag dort. Mein Name stand darauf und das Wort Proben. Ich erinnerte mich an Akkis plötzliches Auftauchen und Verschwinden an Miles' Todestag. Eigentlich sollte mich nichts mehr wundern … Ich zuckte deshalb mit den Schultern und machte mich sofort an die Arbeit.
„Sie hat recht … nichts.“, murmelte ich. Meine Augen fühlten sich an, als hätte jemand Sand hineingestreut. Sie brannten und juckten. Mein Rücken war ein einziger Schmerz und mit einem Mal bemerkte ich, dass ich Hunger und Durst hatte. Ich warf einen Blick auf meine Instrumente. Nichts. Absolut nichts. „Scheiße.“ Ich streckte mich und ließ die Schultern kreisen. Nichts in den Proben wies daraufhin, dass die Sims, von denen sie stammten, überhaupt krank waren! Akki hatte mir berichtet, dass die Erkrankten keine organischen Befunde aufwiesen. Selbst Obduktionen hatten nichts ergeben.
Ich zückte mein Smartphone. Überraschte stellte ich fest, dass ich fast acht Stunden hier unten gewesen war. Ohne Pause. Verwirrt sah ich auf meinen Arbeitsplatz. Eine Kaffeekanne samt Becher und ein Teller mit ein paar Krümeln standen dort. Ich konnte mich nicht erinnern es geholt oder gegessen zu haben. Müde sammelte ich das Geschirr ein, nachdem ich die Proben verstaut und mein Labor aufgeräumt hatte. Ich schlich die Treppe hinauf.
Zu meiner Überraschung hing im Wohnzimmer Mom im Schaukelstuhl und döste vor sich hin. Im Pyjama. Dann fiel mir ein, dass Izzy heute Abend mit Kitty verabredet war und ich eigentlich Kinderdienst hatte. Mein schlechtes Gewissen meldete sich. Ich weckte Mom.
„Hast du gefunden, was du gesucht hast?“, fragte sie etwas benommen. Im Gegensatz zu Dad brauchte sie immer etwas um aus dem Schlaf hochzukommen. Sie rieb sich die Augen.
„Nein. Da ist nichts.“, musste ich ihr frustriert antworten. Um das Thema zu wechseln, bedankte ich mich: „Danke, dass du eingesprungen bist. Ich hab total vergessen, dass ich heute Abend allein für die Kids verantwortlich gewesen wäre.“
Sie winkte ab. „Izzy wollte nicht, dass du aufhörst. Sie hat dir was zu Essen und Kaffee gebracht. Ich hab sie gezwungen zu Kitty zu gehen. Zum Glück wollte Kara uns schnell los werden, so dass Darrel und ich früh wieder hier waren.“ Dann grinste sie. „Hatte die beiden Kleinen ganz für mich allein. Darrel ist mit zu Damian und Kitty gegangen – ihre Toilette ist verstopft.“
„Danke Mom.“, wiederholte ich. „Schlafen sie?“ Die Informationen über meine Geschwister ignorierte ich. Zu viel ging mir im Kopf herum.
„Tief und fest.“ Sie gab mir Claires Babyphone. „Geh schlafen, David. Du siehst beschi … äh müde aus.“ Sie grinste schief, griff nach ihrem Mantel und verschwand Richtung Scheune. Ich seufzte. Dann schleppte ich mich die Treppe hoch und sah kurz in die Kinderzimmer. Beide Kinder schliefen tief und fest.
In meinem eigenen Zimmer angekommen, haderte ich mit mir, ob ich Akki anrufen sollte. Es war schon spät und wir hatten seit Miles' Tod nicht mehr telefoniert, nur geplant über Skype gesprochen. Seit einiger Zeit konnte Gabriel Skype allein starten und ich wohnte seinen Gesprächen mit Akki nicht mehr bei. Ich warf mein Smartphone aufs Bett und zog mich um. Dann schickte ich ihr eine Textnachricht: „Bist du noch wach?“
Die Antwort kam nur Sekunden später. „Ja.“
Ich sah lange auf das eine Wort, bevor ich Akki anrief.
„Hast du was gefunden?“, fragte sie statt einer Begrüßung. Ihr Ton war dringlich und hoffnungsvoll.
Ich schluckte trocken. „Es tut mir leid … du hattest recht. Da ist nichts. Keine Veränderung der Zellen oder der biochemischen Zusammensetzungen. Keine Spur von Giften, Schwermetallen, Bakterien, Viren, Pilzsporen... Ich habe alle Tests gemacht, die ich in meinem Heimlabor durchführen kann. Nichts. Es tut mir leid.“
Akki schwieg lange bevor sie antwortete. Ich hatte ihre Hoffnung zerstört. „Danke David.“
„Es ist wie verhext.“, fuhr ich fort. „Es gibt einf-“
„Was hast du gesagt?!“, unterbrach sie mich lebhafter als ich sie seit langem erlebt hatte.
„Hm? Was meinst du? Ich sagte, es sei wie verhext.“
Am anderen Ende der Leitung stöhnte Akki auf und murmelte etwas davon, blind zu sein. Ich hörte Papier rascheln. „David, du hast mir gerade sehr geholfen.“, sagte sie schließlich. Sie klang fast fröhlich. „Danke!“
„Ähm.“, machte ich wenig eloquent. „Äh. Gern geschehen? Auch wenn ich nicht weiß, was ich getan hab.“
Akki lachte leise ihr kehliges, dunkles Lachen. Mein Herz war hin- und hergerissen: Ich freute mich dieses Lachen zu hören und doch erinnerte es mich daran, dass ich es viel zu selten hörte. „Akki...“, begann ich und nahm mir fest vor, mit ihr über meine Gefühle zu sprechen.
Doch sie schien mit ihrer neuen Erkenntnis, die sie offenbar hatte, schon wieder ganz wo anders zu sein. „Ich erkläre es dir später. Danke, danke, danke. Ich glaube ich weiß, was ich tun muss.“ Und damit legte sie einfach auf.
„Du würdest genauso wenig finden wie ich.“, erwiderte Akki gepresst. Wieder nahm ich den Stress in ihrer Stimme war. „Ich vertraue dir und deinen Fähigkeiten, David, wirklich. Du bist der beste Biologe, den ich kenne. Aber da ist nichts...“
Ungeduldig trommelte ich mit den Fingern auf die Schreibtischplatte. Wollte sie nicht, dass ich die Proben der Bewohner von Moonlight Falls untersuchte? Oder war sie wirklich sicher, dass ich nichts finden würde? Und wenn dem so war, zweifelte sie an meinen Fähigkeiten oder war sie sich ihrer Diagnose so sicher. Am liebsten hätte ich vor Frustration gebrüllt. Ich hatte inzwischen eigentlich wieder zu einem ganz guten seelischen Gleichgewicht gefunden, doch in Momenten wie diesem merkte ich, dass meine Frustrationstoleranz wesentlich niedriger als früher war.
„Ich weiß du willst mir helfen,.“, sagte Akki schließlich ruhig. Ich hörte sie durch mein Headset auf ihrer Tastatur klappern. „Ich schicke dir ein paar Proben. Sie werden in deinem Labor sein.“ Eine kurze Pause entstand und ich stellte mir vor, wie Akki sich erschöpft die Nasenwurzel rieb. Unser Skypegespräch lief ohne Videoübertragung. „Vielleicht habe ich wirklich etwas übersehen.“
„Geht es dir gut?“, fragte ich. Wir sprachen nie über unser Befinden, doch ihre Stimme klang so erschöpft und gestresst, dass es mir das Herz bracht. „Du solltest dich etwas ausruhen.“
Sie atmete schwer ein und aus. „Ich kann nicht, David.“
Bevor ich darauf etwas erwidern konnte, fuhr sie fort: „Die Proben sollten bald da sein. Danke, David.“ Sie trennte die Verbindung.
„Verdammte Scheiße.“, fluchte ich, riss mir das Headset vom Kopf und warf es entnervt auf den Schreibtisch. Îch tigerte in meinem kleinen Arbeitszimmer herum, bevor ich mich entschied in den Keller zu gehen und mein kleines Heimlabor vorzubereiten. Vermutlich würde es ein paar Tage dauern, bis die Proben da waren, aber ich wollte sofort anfangen, sobald sie da waren.
Es war kühl geworden und auf der Wiese vor unserem Haus lag bereits leichter Frost. Bald würde selbst der kurze Weg zwischen Haus und Scheune nicht ohne Jacke machbar sein. Die frische, kalte Luft kühlte mein Gemüt etwas ab. Ich warf einen Blick in den Wintergarten, in dem Izzy ihr Büro hatte. Claire lag schlummernd in der Babyschaukel, Gabriel saß davor und spielte. Er war so vertieft, dass er mein Winken nicht wahrnahm. Izzy grinste und beugte sich über die Tastatur.
Ich erwartete halb, dass mein Vater im Keller war, um irgendetwas zu reparieren oder zu bauen, doch dann erinnerte ich mich, dass meine Eltern heute Kara am College besuchten. Ich wanderte zu meiner Laborecke – und erstarrte. Ein kleines Paket lag dort. Mein Name stand darauf und das Wort Proben. Ich erinnerte mich an Akkis plötzliches Auftauchen und Verschwinden an Miles' Todestag. Eigentlich sollte mich nichts mehr wundern … Ich zuckte deshalb mit den Schultern und machte mich sofort an die Arbeit.
„Sie hat recht … nichts.“, murmelte ich. Meine Augen fühlten sich an, als hätte jemand Sand hineingestreut. Sie brannten und juckten. Mein Rücken war ein einziger Schmerz und mit einem Mal bemerkte ich, dass ich Hunger und Durst hatte. Ich warf einen Blick auf meine Instrumente. Nichts. Absolut nichts. „Scheiße.“ Ich streckte mich und ließ die Schultern kreisen. Nichts in den Proben wies daraufhin, dass die Sims, von denen sie stammten, überhaupt krank waren! Akki hatte mir berichtet, dass die Erkrankten keine organischen Befunde aufwiesen. Selbst Obduktionen hatten nichts ergeben.
Ich zückte mein Smartphone. Überraschte stellte ich fest, dass ich fast acht Stunden hier unten gewesen war. Ohne Pause. Verwirrt sah ich auf meinen Arbeitsplatz. Eine Kaffeekanne samt Becher und ein Teller mit ein paar Krümeln standen dort. Ich konnte mich nicht erinnern es geholt oder gegessen zu haben. Müde sammelte ich das Geschirr ein, nachdem ich die Proben verstaut und mein Labor aufgeräumt hatte. Ich schlich die Treppe hinauf.
Zu meiner Überraschung hing im Wohnzimmer Mom im Schaukelstuhl und döste vor sich hin. Im Pyjama. Dann fiel mir ein, dass Izzy heute Abend mit Kitty verabredet war und ich eigentlich Kinderdienst hatte. Mein schlechtes Gewissen meldete sich. Ich weckte Mom.
„Hast du gefunden, was du gesucht hast?“, fragte sie etwas benommen. Im Gegensatz zu Dad brauchte sie immer etwas um aus dem Schlaf hochzukommen. Sie rieb sich die Augen.
„Nein. Da ist nichts.“, musste ich ihr frustriert antworten. Um das Thema zu wechseln, bedankte ich mich: „Danke, dass du eingesprungen bist. Ich hab total vergessen, dass ich heute Abend allein für die Kids verantwortlich gewesen wäre.“
Sie winkte ab. „Izzy wollte nicht, dass du aufhörst. Sie hat dir was zu Essen und Kaffee gebracht. Ich hab sie gezwungen zu Kitty zu gehen. Zum Glück wollte Kara uns schnell los werden, so dass Darrel und ich früh wieder hier waren.“ Dann grinste sie. „Hatte die beiden Kleinen ganz für mich allein. Darrel ist mit zu Damian und Kitty gegangen – ihre Toilette ist verstopft.“
„Danke Mom.“, wiederholte ich. „Schlafen sie?“ Die Informationen über meine Geschwister ignorierte ich. Zu viel ging mir im Kopf herum.
„Tief und fest.“ Sie gab mir Claires Babyphone. „Geh schlafen, David. Du siehst beschi … äh müde aus.“ Sie grinste schief, griff nach ihrem Mantel und verschwand Richtung Scheune. Ich seufzte. Dann schleppte ich mich die Treppe hoch und sah kurz in die Kinderzimmer. Beide Kinder schliefen tief und fest.
In meinem eigenen Zimmer angekommen, haderte ich mit mir, ob ich Akki anrufen sollte. Es war schon spät und wir hatten seit Miles' Tod nicht mehr telefoniert, nur geplant über Skype gesprochen. Seit einiger Zeit konnte Gabriel Skype allein starten und ich wohnte seinen Gesprächen mit Akki nicht mehr bei. Ich warf mein Smartphone aufs Bett und zog mich um. Dann schickte ich ihr eine Textnachricht: „Bist du noch wach?“
Die Antwort kam nur Sekunden später. „Ja.“
Ich sah lange auf das eine Wort, bevor ich Akki anrief.
„Hast du was gefunden?“, fragte sie statt einer Begrüßung. Ihr Ton war dringlich und hoffnungsvoll.
Ich schluckte trocken. „Es tut mir leid … du hattest recht. Da ist nichts. Keine Veränderung der Zellen oder der biochemischen Zusammensetzungen. Keine Spur von Giften, Schwermetallen, Bakterien, Viren, Pilzsporen... Ich habe alle Tests gemacht, die ich in meinem Heimlabor durchführen kann. Nichts. Es tut mir leid.“
Akki schwieg lange bevor sie antwortete. Ich hatte ihre Hoffnung zerstört. „Danke David.“
„Es ist wie verhext.“, fuhr ich fort. „Es gibt einf-“
„Was hast du gesagt?!“, unterbrach sie mich lebhafter als ich sie seit langem erlebt hatte.
„Hm? Was meinst du? Ich sagte, es sei wie verhext.“
Am anderen Ende der Leitung stöhnte Akki auf und murmelte etwas davon, blind zu sein. Ich hörte Papier rascheln. „David, du hast mir gerade sehr geholfen.“, sagte sie schließlich. Sie klang fast fröhlich. „Danke!“
„Ähm.“, machte ich wenig eloquent. „Äh. Gern geschehen? Auch wenn ich nicht weiß, was ich getan hab.“
Akki lachte leise ihr kehliges, dunkles Lachen. Mein Herz war hin- und hergerissen: Ich freute mich dieses Lachen zu hören und doch erinnerte es mich daran, dass ich es viel zu selten hörte. „Akki...“, begann ich und nahm mir fest vor, mit ihr über meine Gefühle zu sprechen.
Doch sie schien mit ihrer neuen Erkenntnis, die sie offenbar hatte, schon wieder ganz wo anders zu sein. „Ich erkläre es dir später. Danke, danke, danke. Ich glaube ich weiß, was ich tun muss.“ Und damit legte sie einfach auf.
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 19
Es dauerte Monate, bis ich wieder von ihr hörte. Sie stellte selbst die Gespräche mit Gabriel ein, der am Boden zerstört war. Meinen Sohn so leiden zu sehen, machte mich zornig auf Akki, auch wenn ein kleiner Teil in mir verstand, wie sehr man von seiner Arbeit aufgefressen werden konnte. Trotzdem sollte ihr Sohn vorgehen. Immerhin rief sie zu seinem Geburtstag an.
Wir feierten eine kleine Party für Gabriel. Er mochte Menschenansammlungen immer noch nicht und scheute vor den meistens Sims zurück. Seine Tanten und Onkel kannte er inzwischen alle ziemlich gut, so dass diese Familienfeier kein Problem für ihn war. Ich machte mir Sorgen, wie er wohl auf die Vorschule reagieren würde. Karas Freunde Vincent und Charlotte, die jüngeren Kinder von Onkel Bobby und Tante Natalya, wiesen mich freundlicherweise daraufhin, dass ihr älterer Bruder Jeremy eine Tochter in Gabriels Alter hatte. Ich würde Jeremy anrufen und einen Spielenachmittag mit ihm verabreden, so dass Gabriel Shannon kennenlernen konnte. Wenn er ein anderes Kind kannte, würde es dem Jungen sicher leichter fallen zur Vorschule zu gehen.
„Daddy?“
Gabriel half mir die Hinterlassenschaften der Feier aufzuräumen.
„Was gibt’s, Großer?“ Ich schüttete den erkalteten Kaffee in die Spüle und sah Gabriel aufmunternd an.
Mein Sohn musterte mich kurz. Dann seufzte er und ließ die Schultern hängen. „Wegen Mommy.“
Ich starrte in den Ausfluss und drehte mechanisch das Wasser dabei auf, um die Kaffeespritzer wegzuspülen. Gabriel sprach selten über Akki. Wenn dann entweder fröhlich, weil er sie gesprochen hatte oder traurig, weil er sie nicht sehen konnte. Es zerriss mir das Herz. Jetzt klang er aber anders. Ich stellte das Wasser aus und sah Gabriel scharf an. Er klang besorgt.
Gabriel bemerkte meinen Blick und rang die Hände. Er kaute kurz auf der Innenseite seiner Wange, dann atmete er tief ein. „Ich finde Mommy klingt krank.“, brach es aus ihm hervor. Auf meinen nunmehr fragenden Blick hin fuhr er fort: „So schlapp und ihre Stimme klang anders. So wie Izzy das eine Mal als sie Tante Liri und Onkel Dee in Sim Vegas besucht hat.“
Krank. Innerlich schmunzelte ich. Liri und Derek waren nach Sim Vegas gezogen, als sie dort ein Angebot von einer großen Werbeagentur bekommen hatten. Zunächst hatten sie gezögert, doch nachdem Liris Ehe den Bach herunter gegangen war und sie eine ziemlich schmutzige Scheidung mit ihrer Ex-Frau durchgestanden hatte, waren beide mehr als froh, Riverview den Rücken zu kehren zu können. Wir alle hatten eine Dauereinladung bei den beiden vorbeizuschauen, aber bisher hatte nur Izzy davon Gebrauch gemacht. Unnötig zu sagen, dass Izzys Krankheit eher ein ausgewachsener mehrtägiger Kater war. Seitdem hatte sie tatsächlich nie wieder Alkohol angerührt. Ich war froh gewesen, dass Izzy damals nach Sim Vegas gefahren war, denn sie hatte sich nach Miles' Tod sehr zurückgezogen. Mittlerweile ging sie wieder mehr aus sich heraus. Komischerweise schienen wir gelegentlich die Rollen getauscht zu haben: Immer öfter brütete ich über vergangene Entscheidungen und Ereignisse, während Izzy viel mehr im Jetzt verankert war und positiv in die Zukunft schauen konnte.
„Daddy?“ Gabriels Stimme holte mich ins hier und jetzt zurück.
Ich lächelte ihn entschuldigend an. „Du bist sehr aufmerksam, Großer. Deine Mutter hat ziemlich viel um die Ohren, wahrscheinlich ist sie nur erschöpft.“, versuchte ich seine Sorgen zu zerstreuen. Sein Gesichtsausdruck zeigte mir, dass es mir nicht sonderlich gut gelang. Ich hatte ewig nicht mit ihr gesprochen, aber schon bei unseren letzten Gesprächen war mir wieder und wieder aufgefallen, wie erschöpft sie klang. Ich dachte an unsere letzte Begegnung: Ihr Wange waren eingefallen, ihr ohnehin schon schmaler Körper gerade zu abgemagert. Ich legte Gabriel die Hand auf den Kopf und fuhr ihm durch sein wirres Haar, dass sich genauso wenig wie meines in eine Frisur bringen ließ. „Mach dir keine Sorgen, Gabriel.“
„Wenn du meinst...“, murmelte er wenig überzeugt.
Wir räumten die Küche auf und ich beeilte mich, Gabriel ins Bett zu bringen. Es war noch verhältnismäßig früh am Abend, so dass ich kurz entschlossen Akkis Mobilnummer wählte, sobald ich allein war. Sie meldete sich lange Zeit nicht und ich fürchtete schon, auf der Mailbox zu landen. Doch dann nahm sie ab.
„David.“, begrüßte sie mich und allein die Nennung meines Namens zeigte mir, dass Gabriels Sorgen nicht unbegründet waren.
„Akki.“ Ich brach ab, schluckte ein paar Vorwürfe herunter, die mir in den Sinn kamen, weil sie sich so selten bei Gabriel meldete. „Gabriel macht sich Sorgen.“ Und ich auch, doch das sagte ich nicht.
Ich hörte sie leise seufzen. „Es ist alles in Ordnung.“
Wir schwiegen uns an. Ich wollte sie anschreien und wissen, was los war. Und ich wollte sie trösten und ihr sagen, dass alles gut werden würde. Ich wollte ihr Vorwürfe machen. Und ich wollte sie anflehen.
„Akki.“, begann ich schließlich. „Du klingst nicht so, als sei alles in Ordnung.“ Sie klang wirklich ernsthaft krank. Plötzlich schoss mir ein Gedanke durch den Kopf: Was war, wenn sie auch von dieser mysteriösen Seuche befallen war? Ruckartig ließ ich mich auf mein Bett fallen. „Bist du krank?“
„Nein.“, erwiderte sie eine Spur zu schnell. „Aber ich habe – nach vielen Fehlschlägen endlich ein Gegenmittel für den Fluch gefunden.“
„Fluch?“, fragte ich verwirrt und ärgerte mich über ihren Themenwechsel.
„Es ist keine Krankheit. Es ist ein Fluch. Ich weiß nicht, wer der Urheber ist oder was wir ihm getan haben, dass er eine ganze Stadt ausrotten wollte.“ Sie klang unter ihrer Erschöpfung sehr bitter. „Aber ich habe, dank dir, mittlerweile ein Gegenmittel gefunden.“
Ich erinnerte mich an meinen Ausruf: „Es ist wie verhext.“ und wie aufgeregt Akki darauf reagiert hatte. Auch wenn meine beste Freundin einmal eine Puppe gewesen war und die Mutter meines Kindes ein Wolf, fiel es mir doch sehr schwer zu begreifen, dass die Seuche durch einen Fluch ausgelöst worden war.
„Dann kann Gabriel darauf hoffen, häufiger mit dir zu sprechen?“ Meine Stimme verriet meine Unzufriedenheit, aber es ging um unseren Sohn. Ich sparte mir Glückwünsche oder Nachfragen. Auf letzteres würde ich vermutlich ohnehin keine Antworten erhalten.
Sie atmete langsam und stockend ein, schien ihre Kräfte zu sammeln, bevor sie antwortete: „Ich hoffe es. Es gibt … ich muss ...“ Sie brach plötzlich ab und ich hörte ihr gepresstes Einatmen. Entweder war sie wirklich ausgesprochen krank und hatte Probleme mit der Lunge – oder sie versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken. „Schsch.“, machte ich, wie es bei Claire oft half. „Es wäre schön, wenn Gabriel dich öfter sprechen könnte. Aber wenn du erst noch wichtige Dinge zu erledigen hast, wird er es sicher verstehen.“ Der letzte Teil klang bitterer als beabsichtigt.
„Sag ihm, dass ich ihn liebe.“, kam es tonlos über die Leitung. Dann legte Akki auf.
„Simmer, wie ich das hasse.“, stieß ich hervor. Konnte sie nicht einmal ein Telefonat normal beenden?
Wir feierten eine kleine Party für Gabriel. Er mochte Menschenansammlungen immer noch nicht und scheute vor den meistens Sims zurück. Seine Tanten und Onkel kannte er inzwischen alle ziemlich gut, so dass diese Familienfeier kein Problem für ihn war. Ich machte mir Sorgen, wie er wohl auf die Vorschule reagieren würde. Karas Freunde Vincent und Charlotte, die jüngeren Kinder von Onkel Bobby und Tante Natalya, wiesen mich freundlicherweise daraufhin, dass ihr älterer Bruder Jeremy eine Tochter in Gabriels Alter hatte. Ich würde Jeremy anrufen und einen Spielenachmittag mit ihm verabreden, so dass Gabriel Shannon kennenlernen konnte. Wenn er ein anderes Kind kannte, würde es dem Jungen sicher leichter fallen zur Vorschule zu gehen.
„Daddy?“
Gabriel half mir die Hinterlassenschaften der Feier aufzuräumen.
„Was gibt’s, Großer?“ Ich schüttete den erkalteten Kaffee in die Spüle und sah Gabriel aufmunternd an.
Mein Sohn musterte mich kurz. Dann seufzte er und ließ die Schultern hängen. „Wegen Mommy.“
Ich starrte in den Ausfluss und drehte mechanisch das Wasser dabei auf, um die Kaffeespritzer wegzuspülen. Gabriel sprach selten über Akki. Wenn dann entweder fröhlich, weil er sie gesprochen hatte oder traurig, weil er sie nicht sehen konnte. Es zerriss mir das Herz. Jetzt klang er aber anders. Ich stellte das Wasser aus und sah Gabriel scharf an. Er klang besorgt.
Gabriel bemerkte meinen Blick und rang die Hände. Er kaute kurz auf der Innenseite seiner Wange, dann atmete er tief ein. „Ich finde Mommy klingt krank.“, brach es aus ihm hervor. Auf meinen nunmehr fragenden Blick hin fuhr er fort: „So schlapp und ihre Stimme klang anders. So wie Izzy das eine Mal als sie Tante Liri und Onkel Dee in Sim Vegas besucht hat.“
Krank. Innerlich schmunzelte ich. Liri und Derek waren nach Sim Vegas gezogen, als sie dort ein Angebot von einer großen Werbeagentur bekommen hatten. Zunächst hatten sie gezögert, doch nachdem Liris Ehe den Bach herunter gegangen war und sie eine ziemlich schmutzige Scheidung mit ihrer Ex-Frau durchgestanden hatte, waren beide mehr als froh, Riverview den Rücken zu kehren zu können. Wir alle hatten eine Dauereinladung bei den beiden vorbeizuschauen, aber bisher hatte nur Izzy davon Gebrauch gemacht. Unnötig zu sagen, dass Izzys Krankheit eher ein ausgewachsener mehrtägiger Kater war. Seitdem hatte sie tatsächlich nie wieder Alkohol angerührt. Ich war froh gewesen, dass Izzy damals nach Sim Vegas gefahren war, denn sie hatte sich nach Miles' Tod sehr zurückgezogen. Mittlerweile ging sie wieder mehr aus sich heraus. Komischerweise schienen wir gelegentlich die Rollen getauscht zu haben: Immer öfter brütete ich über vergangene Entscheidungen und Ereignisse, während Izzy viel mehr im Jetzt verankert war und positiv in die Zukunft schauen konnte.
„Daddy?“ Gabriels Stimme holte mich ins hier und jetzt zurück.
Ich lächelte ihn entschuldigend an. „Du bist sehr aufmerksam, Großer. Deine Mutter hat ziemlich viel um die Ohren, wahrscheinlich ist sie nur erschöpft.“, versuchte ich seine Sorgen zu zerstreuen. Sein Gesichtsausdruck zeigte mir, dass es mir nicht sonderlich gut gelang. Ich hatte ewig nicht mit ihr gesprochen, aber schon bei unseren letzten Gesprächen war mir wieder und wieder aufgefallen, wie erschöpft sie klang. Ich dachte an unsere letzte Begegnung: Ihr Wange waren eingefallen, ihr ohnehin schon schmaler Körper gerade zu abgemagert. Ich legte Gabriel die Hand auf den Kopf und fuhr ihm durch sein wirres Haar, dass sich genauso wenig wie meines in eine Frisur bringen ließ. „Mach dir keine Sorgen, Gabriel.“
„Wenn du meinst...“, murmelte er wenig überzeugt.
Wir räumten die Küche auf und ich beeilte mich, Gabriel ins Bett zu bringen. Es war noch verhältnismäßig früh am Abend, so dass ich kurz entschlossen Akkis Mobilnummer wählte, sobald ich allein war. Sie meldete sich lange Zeit nicht und ich fürchtete schon, auf der Mailbox zu landen. Doch dann nahm sie ab.
„David.“, begrüßte sie mich und allein die Nennung meines Namens zeigte mir, dass Gabriels Sorgen nicht unbegründet waren.
„Akki.“ Ich brach ab, schluckte ein paar Vorwürfe herunter, die mir in den Sinn kamen, weil sie sich so selten bei Gabriel meldete. „Gabriel macht sich Sorgen.“ Und ich auch, doch das sagte ich nicht.
Ich hörte sie leise seufzen. „Es ist alles in Ordnung.“
Wir schwiegen uns an. Ich wollte sie anschreien und wissen, was los war. Und ich wollte sie trösten und ihr sagen, dass alles gut werden würde. Ich wollte ihr Vorwürfe machen. Und ich wollte sie anflehen.
„Akki.“, begann ich schließlich. „Du klingst nicht so, als sei alles in Ordnung.“ Sie klang wirklich ernsthaft krank. Plötzlich schoss mir ein Gedanke durch den Kopf: Was war, wenn sie auch von dieser mysteriösen Seuche befallen war? Ruckartig ließ ich mich auf mein Bett fallen. „Bist du krank?“
„Nein.“, erwiderte sie eine Spur zu schnell. „Aber ich habe – nach vielen Fehlschlägen endlich ein Gegenmittel für den Fluch gefunden.“
„Fluch?“, fragte ich verwirrt und ärgerte mich über ihren Themenwechsel.
„Es ist keine Krankheit. Es ist ein Fluch. Ich weiß nicht, wer der Urheber ist oder was wir ihm getan haben, dass er eine ganze Stadt ausrotten wollte.“ Sie klang unter ihrer Erschöpfung sehr bitter. „Aber ich habe, dank dir, mittlerweile ein Gegenmittel gefunden.“
Ich erinnerte mich an meinen Ausruf: „Es ist wie verhext.“ und wie aufgeregt Akki darauf reagiert hatte. Auch wenn meine beste Freundin einmal eine Puppe gewesen war und die Mutter meines Kindes ein Wolf, fiel es mir doch sehr schwer zu begreifen, dass die Seuche durch einen Fluch ausgelöst worden war.
„Dann kann Gabriel darauf hoffen, häufiger mit dir zu sprechen?“ Meine Stimme verriet meine Unzufriedenheit, aber es ging um unseren Sohn. Ich sparte mir Glückwünsche oder Nachfragen. Auf letzteres würde ich vermutlich ohnehin keine Antworten erhalten.
Sie atmete langsam und stockend ein, schien ihre Kräfte zu sammeln, bevor sie antwortete: „Ich hoffe es. Es gibt … ich muss ...“ Sie brach plötzlich ab und ich hörte ihr gepresstes Einatmen. Entweder war sie wirklich ausgesprochen krank und hatte Probleme mit der Lunge – oder sie versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken. „Schsch.“, machte ich, wie es bei Claire oft half. „Es wäre schön, wenn Gabriel dich öfter sprechen könnte. Aber wenn du erst noch wichtige Dinge zu erledigen hast, wird er es sicher verstehen.“ Der letzte Teil klang bitterer als beabsichtigt.
„Sag ihm, dass ich ihn liebe.“, kam es tonlos über die Leitung. Dann legte Akki auf.
„Simmer, wie ich das hasse.“, stieß ich hervor. Konnte sie nicht einmal ein Telefonat normal beenden?
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 20
Halb erwartete ich, meine Mutter in Tränen ausbrechen zu sehen, doch sie lächelte nur glücklich, als meine kleine Schwester Kara zum Altar ging um ihr Highschool-Sweetheart Vincent zu heiraten. Ich ließ meinen Blick schweifen und betrachtete die Gäste. Es waren ausschließlich wir Felingers und die Kellys.
Kara hatte uns alle überrascht, als sie wenige Wochen nach Gabriels Geburtstag, verkündet hatte, dass sie Vincent einen Antrag gemacht hatte. Besonders Dad hatte es schwer zu begreifen, dass seine kleine Prinzessin so groß und erwachsen geworden war. Kara hatte nach zwei Semestern das Studium geschmissen und bei einem Restaurator für mechanische Antiquitäten angefangen. Vincent war Automechaniker. Die beiden hatten inzwischen genug Geld gespart um ein altes, renovierungsbedürftiges Haus zu kaufen, in das sie nach der Hochzeit ziehen wollten. Zur Freude meiner Eltern lag es direkt nebenan.
Ich ertrug die Trauung mehr. Innerlich schämte ich mich, denn eigentlich sollte ich mich für meine Schwester freuen. Sie und Vincent wirkten so glücklich. Ein Blick zu den übrigen Sims auf der Feier verriet mir, dass die anderen auch glücklich waren. Onkel Bobby und Tante Natalya strahlten mit Mom und Dad um die Wette. Kat flirtete mit ihrem Freund Stan, Gabriel spielte brav mit Shannon und Claire. Izzy schwäzte mit Jeremy. Damian und Kitty waren ohnehin nur gemeinsam anzutreffen – und seit Kitty schwanger war, war es noch schlimmer geworden (vielleicht vergaß Damian aber auch einfach nur, Kittys Hand gelegentlich loszulassen). Simmer, selbst Poppy war fröhlich, weil ihr irgendjemand Katzenminze gegeben hatte.
In der Hoffnung meine Stimmung zu heben, bediente ich mich großzügig an den Cocktails die Mom gemixt hatte. Ich fand es erstaunlich, wie geschickt sie war – Cocktail mixen gehörte wohl zu ihren verborgenen Talenten. Sie grinste nur und verwies – mal wieder – auf die Aufzeichnungen.
Irgendwie fand ich mich im Gespräch mit Charlotte wieder. Durch den hohen Altersunterschied – ich war fast fünf Jahre älter als sie – hatten wir früher selten miteinander zu tun.
„Und Gabriels Mutter konnte nicht kommen.“, stellte sie irgendwann fest.
Ich starrte Charlotte an und fragte mich, ob das einfach nur unbedacht oder unhöflich war. Dann erinnerte ich mich daran, dass ich – außer Mom und Dad – nie wirklich jemandem erzählt hatte, wer Gabriels Mutter war. Geschweige denn, in welchem Verhältnis wir gegenwärtig zu einander standen. Nicht, dass ich das zur Zeit selber wüsste...
Als ich nicht antwortete, fuhr Charlotte fort: „Ich bewundere alleinerziehende Eltern wirklich. Ich sehe bei Jeremy, wie anstrengend und herausfordernd das ist.“ Sie lächelte als sie zu den Kindern blickte. „Ihr beide schlagt euch wirklich gut.“
Ich murmelte eine Entschuldigung, auf die Toilette zu müssen. Charlotte sah mich enttäuscht ein und ich versuchte schief zu grinsen, bevor ich zu sah, Land zu gewinnen. Mir gefiel die Richtung des Gesprächs nicht, mein Kopf war inzwischen ziemlich leicht und ich musste dringend pinkeln.
Um möglichst vielen Sims aus dem Weg zu gehen, benutzte ich das Bad im Obergeschoss des Hauses. Beim Händewaschen starrte ich in den Spiegel. Wie hatte ich es überhaupt die Treppe hinauf geschafft?, fragte ich mich, während ich mich wankend am Waschbecken festhielt. Meine Mom machte teuflische Drinks. Vielleicht war aber auch die Menge teuflisch gewesen.
Plötzlich stand ich im Flur. Meine Hände waren noch feucht und ich wischte sie mir am Stoff meiner Smokinghose ab. Ich erinnerte mich an diesen einen Abend, als Izzy und Akki betrunken und mit kaputten Füßen aus der Disko heimgekommen war. „Gute, alte Zeit.“, murmelte ich.
„Scheiße, David. Du hast definitiv zu viel getrunken.“
Ich drehte mich so schnell um, dass ich gegen die Wand des Flures stieß und einen Schmerzensschrei ausstieß.
Izzy verschränkte die Arme und sah mich tadelnd an.
„Früher war alles besser.“, sagte ich – taub für den lallenden, weinerlichen Tonfall, den meine Stimme angenommen hatte. „Du, Akki und ich. Nur wir drei.“
Ich war mir nicht sicher, aber es wirkte, als hätte Izzy die Augen gerollt – mein Blick war etwas verschwommen. Dann seufzte sie – das nahm ich auf jeden Fall war – und hakte sich bei mir unter. Sie zog mich mich in ihr Zimmer, wo sie mir zum Bett half. „Morgen wirst du zu leiden haben...“, murmelte sie, als sie die Schuhe von meinen Füßen zerrte.
„Ich vermisse sie. Ich will, dass sie hier ist.“, heulte ich und umarmte mich selbst.
„ich weiß, David. Ich weiß.“ Izzy half mir auf meinem Smoking und schob mich aufs Bett. Sie hielt kurz inne und legte die Hand auf meine Wange. „Ich verstehe dich. Ich wünschte auch, dass Miles hier wäre.“
Ich griff unkoordiniert nach ihrer Hand und bedauerte sie lauthals und unter Tränen. Nein, ich hatte kein bisschen Würde in dieser Nacht behalten. Izzy lächelte nur wehmütig.
Ich musste weg gedämmert sein, denn irgendwann war ich allein. Mir war speiübel und Izzys Zimmer drehte sich. Ich schloss die Augen und als ich sie das nächste Mal öffnete, lag Izzy in ihrem Pyjama neben mir und musterte mich besorgt. Wieder schloss ich die Augen.
Am nächsten Morgen wurde ich sehr früh, sehr krank wach. Krank war vielleicht der falsche Ausdruck – verkatert. Ich schaffte es mich in eine sitzende Position zu bringen, in der ich jedoch sofort meinen Kopf in den Händen barg. Meine Kehle war trocken, ich hatte einen fürchterlichen Geschmack im Mund und in meinem Kopf schien ein Presslufthammer verrückt zu spielen. „Oooh.“ Siedend heiß fiel mir ein, dass ich mich nicht um Gabriel gekümmert, mich gegenüber Charlotte vermutlich total daneben benommen und mich bei Izzy ausgeheult hatte. „Uuuh.“
„Wow, ich wollte schon immer neben einem Zombie wach werden.“ Izzy rollte sich zur Seite und legte die Hand auf meine Schulter. „Wie schlimm ist es?“
„Nggf.“, machte ich.
„Klingt, als würdest du es überleben.“ Sie sprang aus dem Bett und sah auf die Uhr. „Es ist noch früh. Wir haben noch Zeit, dich wieder in einen Sim zu verwandeln, bevor die Kinder wach werden.“
„Uff.“
„Vielleicht lernst du in der Zeit sogar noch sprechen.“ Sie half mir auf die Beine und brachte mich in mein Badezimmer. Während ich unter der Dusche stand und hoffte, dass das heiße Wasser einen Teil meines Katers wegschwemmen würde, erfüllte mich mehr und mehr Scham. Wie hatte ich mich nur so gehen lassen können?
Wenig später kam ich in die Küche, nahm mir den von Izzy gekochten Kaffee und ließ mich neben Izzy an den Küchentisch plumpsen.
„Fühlst du dich etwas simähnlicher?“, fragte sie mit einem spöttischen Glitzern in den Augen.
„Halb.“, erwiderte ich und nippte am brühend heißen Kaffee. Mein Magen zog sich etwas zusammen, als die bittere Flüssigkeit die Speiseröhre hinunterfloss, doch nach einigen weiteren Schlucken stellte sich der übliche Effekt des Koffeins ein. „Es tut mir so leid, Izzy. Ich war unmöglich gestern Abend.“
Sie winkte ab. „Ich glaube, außer mir hat niemand viel mitbekommen. Bis du zum Klo musstest, hast du erstaunlich nüchtern gewirkt.“
„Aber ich hab dir die Ohren voll gejammert.“
„Schwamm drüber. Ich bin dein IF. Dafür bin ich da.“
„Trotzdem.“, beharrte ich. „Du hast deine eigenen Sorgen, vermisst auch Miles und ich jammere rum.“
Izzy lächelte wehmütig. „Mach dir keine Sorgen. Du hast mir geholfen, als Miles gestorben ist und warst für mich da. Ich werde ihn nie vergessen, aber ich komme immer besser mit dem Verlust zurecht.“
Ich starrte sie überrascht an. Izzy grinste nur und wir leerten still unsere Tassen (Izzy war nach Claires Geburt auf Kaffee umgestiegen). Als Izzy aufstand, um uns nachzuschütten, nahm sie unser Gespräch wieder auf. „Charlotte, hm?“
„Aaah.“, machte ich und schickte ihr einen säuerlichen Blick.
„Und ich dachte schon, du könntest wieder sprechen.“ Sie rollte mit den Augen. „Sie scheint – warum auch immer – an dir interessiert zu sein.“
Ich grunzte nur und versteckte mich hinter meiner Kaffeetasse. Izzy fuhr unbeirrt fort: „Sie ist sehr hübsch.“
Konnte Izzy nicht einfach die Klappe halten? Ich schlürfte geräuschvoll meinen Kaffee.
„Daaaaaavid.“ Izzy sah mich streng an, aber das Glitzern in ihren Koboldaugen machte jeden Versuch ernst zu bleiben zu Nichte. Wir kicherten beide los – was meine Kopfschmerzen nicht gerade beruhigte.
„Mal im Ernst.“, sagte Izzy schließlich. „Warum gehst du nicht einfach mal mit Charlotte aus? Es täte dir sicher gut. Du kannst ja nicht ewig ...“
„Du gehst auch nicht aus.“, unterbrach ich sie schärfer als beabsichtigt.
Nachsichtig schüttelte Izzy den Kopf. „Das stimmt nicht ganz. Ich war in Sim Vegas mit einem Kollegen von Liri und Dee aus.“ Sie zuckte die Schultern. „War nett, aber mehr nicht. Und ich denke darüber nach mit jemandem auszugehen, aber ich bin mir noch nicht ganz sicher.“
„Mit wem?“, wollte ich wissen. „Jeremy?“
„Quatsch. Der hat seine Scheidung auch noch nicht verarbeitet. Hey!“ Sie grinste. „Vielleicht sollten du und er eine Selbsthilfegruppe für alleinerziehende Daddys gründen. Frauen stehen auf sowas.“
Ich stellte meine Kaffeetasse ab und legte die Stirn auf die Tischplatte. „Ich hasse dich.“
Kara hatte uns alle überrascht, als sie wenige Wochen nach Gabriels Geburtstag, verkündet hatte, dass sie Vincent einen Antrag gemacht hatte. Besonders Dad hatte es schwer zu begreifen, dass seine kleine Prinzessin so groß und erwachsen geworden war. Kara hatte nach zwei Semestern das Studium geschmissen und bei einem Restaurator für mechanische Antiquitäten angefangen. Vincent war Automechaniker. Die beiden hatten inzwischen genug Geld gespart um ein altes, renovierungsbedürftiges Haus zu kaufen, in das sie nach der Hochzeit ziehen wollten. Zur Freude meiner Eltern lag es direkt nebenan.
Ich ertrug die Trauung mehr. Innerlich schämte ich mich, denn eigentlich sollte ich mich für meine Schwester freuen. Sie und Vincent wirkten so glücklich. Ein Blick zu den übrigen Sims auf der Feier verriet mir, dass die anderen auch glücklich waren. Onkel Bobby und Tante Natalya strahlten mit Mom und Dad um die Wette. Kat flirtete mit ihrem Freund Stan, Gabriel spielte brav mit Shannon und Claire. Izzy schwäzte mit Jeremy. Damian und Kitty waren ohnehin nur gemeinsam anzutreffen – und seit Kitty schwanger war, war es noch schlimmer geworden (vielleicht vergaß Damian aber auch einfach nur, Kittys Hand gelegentlich loszulassen). Simmer, selbst Poppy war fröhlich, weil ihr irgendjemand Katzenminze gegeben hatte.
In der Hoffnung meine Stimmung zu heben, bediente ich mich großzügig an den Cocktails die Mom gemixt hatte. Ich fand es erstaunlich, wie geschickt sie war – Cocktail mixen gehörte wohl zu ihren verborgenen Talenten. Sie grinste nur und verwies – mal wieder – auf die Aufzeichnungen.
Irgendwie fand ich mich im Gespräch mit Charlotte wieder. Durch den hohen Altersunterschied – ich war fast fünf Jahre älter als sie – hatten wir früher selten miteinander zu tun.
„Und Gabriels Mutter konnte nicht kommen.“, stellte sie irgendwann fest.
Ich starrte Charlotte an und fragte mich, ob das einfach nur unbedacht oder unhöflich war. Dann erinnerte ich mich daran, dass ich – außer Mom und Dad – nie wirklich jemandem erzählt hatte, wer Gabriels Mutter war. Geschweige denn, in welchem Verhältnis wir gegenwärtig zu einander standen. Nicht, dass ich das zur Zeit selber wüsste...
Als ich nicht antwortete, fuhr Charlotte fort: „Ich bewundere alleinerziehende Eltern wirklich. Ich sehe bei Jeremy, wie anstrengend und herausfordernd das ist.“ Sie lächelte als sie zu den Kindern blickte. „Ihr beide schlagt euch wirklich gut.“
Ich murmelte eine Entschuldigung, auf die Toilette zu müssen. Charlotte sah mich enttäuscht ein und ich versuchte schief zu grinsen, bevor ich zu sah, Land zu gewinnen. Mir gefiel die Richtung des Gesprächs nicht, mein Kopf war inzwischen ziemlich leicht und ich musste dringend pinkeln.
Um möglichst vielen Sims aus dem Weg zu gehen, benutzte ich das Bad im Obergeschoss des Hauses. Beim Händewaschen starrte ich in den Spiegel. Wie hatte ich es überhaupt die Treppe hinauf geschafft?, fragte ich mich, während ich mich wankend am Waschbecken festhielt. Meine Mom machte teuflische Drinks. Vielleicht war aber auch die Menge teuflisch gewesen.
Plötzlich stand ich im Flur. Meine Hände waren noch feucht und ich wischte sie mir am Stoff meiner Smokinghose ab. Ich erinnerte mich an diesen einen Abend, als Izzy und Akki betrunken und mit kaputten Füßen aus der Disko heimgekommen war. „Gute, alte Zeit.“, murmelte ich.
„Scheiße, David. Du hast definitiv zu viel getrunken.“
Ich drehte mich so schnell um, dass ich gegen die Wand des Flures stieß und einen Schmerzensschrei ausstieß.
Izzy verschränkte die Arme und sah mich tadelnd an.
„Früher war alles besser.“, sagte ich – taub für den lallenden, weinerlichen Tonfall, den meine Stimme angenommen hatte. „Du, Akki und ich. Nur wir drei.“
Ich war mir nicht sicher, aber es wirkte, als hätte Izzy die Augen gerollt – mein Blick war etwas verschwommen. Dann seufzte sie – das nahm ich auf jeden Fall war – und hakte sich bei mir unter. Sie zog mich mich in ihr Zimmer, wo sie mir zum Bett half. „Morgen wirst du zu leiden haben...“, murmelte sie, als sie die Schuhe von meinen Füßen zerrte.
„Ich vermisse sie. Ich will, dass sie hier ist.“, heulte ich und umarmte mich selbst.
„ich weiß, David. Ich weiß.“ Izzy half mir auf meinem Smoking und schob mich aufs Bett. Sie hielt kurz inne und legte die Hand auf meine Wange. „Ich verstehe dich. Ich wünschte auch, dass Miles hier wäre.“
Ich griff unkoordiniert nach ihrer Hand und bedauerte sie lauthals und unter Tränen. Nein, ich hatte kein bisschen Würde in dieser Nacht behalten. Izzy lächelte nur wehmütig.
Ich musste weg gedämmert sein, denn irgendwann war ich allein. Mir war speiübel und Izzys Zimmer drehte sich. Ich schloss die Augen und als ich sie das nächste Mal öffnete, lag Izzy in ihrem Pyjama neben mir und musterte mich besorgt. Wieder schloss ich die Augen.
Am nächsten Morgen wurde ich sehr früh, sehr krank wach. Krank war vielleicht der falsche Ausdruck – verkatert. Ich schaffte es mich in eine sitzende Position zu bringen, in der ich jedoch sofort meinen Kopf in den Händen barg. Meine Kehle war trocken, ich hatte einen fürchterlichen Geschmack im Mund und in meinem Kopf schien ein Presslufthammer verrückt zu spielen. „Oooh.“ Siedend heiß fiel mir ein, dass ich mich nicht um Gabriel gekümmert, mich gegenüber Charlotte vermutlich total daneben benommen und mich bei Izzy ausgeheult hatte. „Uuuh.“
„Wow, ich wollte schon immer neben einem Zombie wach werden.“ Izzy rollte sich zur Seite und legte die Hand auf meine Schulter. „Wie schlimm ist es?“
„Nggf.“, machte ich.
„Klingt, als würdest du es überleben.“ Sie sprang aus dem Bett und sah auf die Uhr. „Es ist noch früh. Wir haben noch Zeit, dich wieder in einen Sim zu verwandeln, bevor die Kinder wach werden.“
„Uff.“
„Vielleicht lernst du in der Zeit sogar noch sprechen.“ Sie half mir auf die Beine und brachte mich in mein Badezimmer. Während ich unter der Dusche stand und hoffte, dass das heiße Wasser einen Teil meines Katers wegschwemmen würde, erfüllte mich mehr und mehr Scham. Wie hatte ich mich nur so gehen lassen können?
Wenig später kam ich in die Küche, nahm mir den von Izzy gekochten Kaffee und ließ mich neben Izzy an den Küchentisch plumpsen.
„Fühlst du dich etwas simähnlicher?“, fragte sie mit einem spöttischen Glitzern in den Augen.
„Halb.“, erwiderte ich und nippte am brühend heißen Kaffee. Mein Magen zog sich etwas zusammen, als die bittere Flüssigkeit die Speiseröhre hinunterfloss, doch nach einigen weiteren Schlucken stellte sich der übliche Effekt des Koffeins ein. „Es tut mir so leid, Izzy. Ich war unmöglich gestern Abend.“
Sie winkte ab. „Ich glaube, außer mir hat niemand viel mitbekommen. Bis du zum Klo musstest, hast du erstaunlich nüchtern gewirkt.“
„Aber ich hab dir die Ohren voll gejammert.“
„Schwamm drüber. Ich bin dein IF. Dafür bin ich da.“
„Trotzdem.“, beharrte ich. „Du hast deine eigenen Sorgen, vermisst auch Miles und ich jammere rum.“
Izzy lächelte wehmütig. „Mach dir keine Sorgen. Du hast mir geholfen, als Miles gestorben ist und warst für mich da. Ich werde ihn nie vergessen, aber ich komme immer besser mit dem Verlust zurecht.“
Ich starrte sie überrascht an. Izzy grinste nur und wir leerten still unsere Tassen (Izzy war nach Claires Geburt auf Kaffee umgestiegen). Als Izzy aufstand, um uns nachzuschütten, nahm sie unser Gespräch wieder auf. „Charlotte, hm?“
„Aaah.“, machte ich und schickte ihr einen säuerlichen Blick.
„Und ich dachte schon, du könntest wieder sprechen.“ Sie rollte mit den Augen. „Sie scheint – warum auch immer – an dir interessiert zu sein.“
Ich grunzte nur und versteckte mich hinter meiner Kaffeetasse. Izzy fuhr unbeirrt fort: „Sie ist sehr hübsch.“
Konnte Izzy nicht einfach die Klappe halten? Ich schlürfte geräuschvoll meinen Kaffee.
„Daaaaaavid.“ Izzy sah mich streng an, aber das Glitzern in ihren Koboldaugen machte jeden Versuch ernst zu bleiben zu Nichte. Wir kicherten beide los – was meine Kopfschmerzen nicht gerade beruhigte.
„Mal im Ernst.“, sagte Izzy schließlich. „Warum gehst du nicht einfach mal mit Charlotte aus? Es täte dir sicher gut. Du kannst ja nicht ewig ...“
„Du gehst auch nicht aus.“, unterbrach ich sie schärfer als beabsichtigt.
Nachsichtig schüttelte Izzy den Kopf. „Das stimmt nicht ganz. Ich war in Sim Vegas mit einem Kollegen von Liri und Dee aus.“ Sie zuckte die Schultern. „War nett, aber mehr nicht. Und ich denke darüber nach mit jemandem auszugehen, aber ich bin mir noch nicht ganz sicher.“
„Mit wem?“, wollte ich wissen. „Jeremy?“
„Quatsch. Der hat seine Scheidung auch noch nicht verarbeitet. Hey!“ Sie grinste. „Vielleicht sollten du und er eine Selbsthilfegruppe für alleinerziehende Daddys gründen. Frauen stehen auf sowas.“
Ich stellte meine Kaffeetasse ab und legte die Stirn auf die Tischplatte. „Ich hasse dich.“
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 21
Nachdem sie mich wochenlang bearbeitet hatte, schaffte Izzy es doch mich davon zu überzeugen, mit Charlotte auszugehen (während sie immer noch ein Geheimnis darum machte, mit wem sie möglicherweise ausgehen wollte). Diese war gerade zu begeistert, als sich anrief und ein Treffen mit ihr vereinbarte. Sie lud mich in ihren kleinen Bungalow ein, um für mich zu kochen.
Charlottes Gesellschaft war eine nette Abwechslung zu meinen Eltern, den Kindern und sogar Izzy. Wir konnten uns gut unterhalten, aber es machte nicht so richtig klick. Da es inzwischen zu schneien begonnen hatte, entschlossen wir uns einen Schneemann zu bauen, so wie wir es als Kinder getan hatten.
Während wir Schnee zu großen Kugeln formten, ließ ich Charlotte ein Erlebnis aus ihren Beruf wiedergeben, hörte jedoch nur mit halbem Ohr zu. Der erste Schnee ließ mich an meine erste Begegnung mit Akki denken. Damals war es auch Winter gewesen...
„Bist du noch bei mir?“, fragte Charlotte. Ich war mal wieder in meine Gedanken versunken.
„Sorry, Charlotte. Ich war … in Gedanken.“
Sie sah mich aus ihren großen, dunklen Augen erwartungsvoll an.
„Charlotte, es tut mir leid.“ Ich tätschelte ihre Schulter. „Du bist toll, aber ich … das ist einfach keine gute Idee.“ Eigentlich hatte ich nicht geplant, unser Date derartig plump und herzlos zu beenden. Aber die Erinnerung an Akki überwältigte mich einfach.
Charlotte straffte ihre Schultern. „Ist es wegen Gabriels Mutter?“
Ich nickte.
„Sie ist eine schreckliche Person, dass sie dich und Gabriel so im Stich lässt.“, urteilte sie hart. Doch dann lächelte sie sanft und bevor ich Einwände erheben oder Akki verteidigen konnte, fuhr sie fort: „Vielleicht ist sie aber auch einfach großartig, dass du immer noch so für sie empfindest.“
„Sie ist weder noch.“, entgegnete ich nach einem kurzen Moment. „Sie ist nur die Frau, die ich liebe.“ Ich war überrascht von mir selbst. Ich hatte noch niemanden gegenüber – auch nicht gegenüber Izzy und erst recht nicht gegenüber Akki – ausgesprochen, dass ich Akki liebte. Unbewusst lächelte ich.
„Dann hoffe ich, dass sie das weiß und deine Liebe erwidert.“ Charlotte sah mich ernst an. „Ich will nicht, dass du leidest.“
Spontan nahm ich Charlotte in die Arme. „Du bist wundervoll. Danke, Charlotte.“
Sie sah mich tapfer an, als ich sie los ließ.
„Sorry, dass unser Date so geendet ist.“, murmelte ich. „Ich geh dann jetzt besser.“
„Ach.“ Sie winkte forsch ab. „Irgendwie wäre das ja auch komisch, wo unsere Geschwister verheiratet sind und so.“ Sie umarmte sich selbst und lächelte. „Sieh zu, dass du heil nach Hause kommst. Bei diesem Schnee sind die Straßen tückisch.“
Charlotte hatte recht: Die Straßen waren tückisch. Die Hauptwege waren zwar zum Teil geräumt worden, doch die Straße, die zu unserem Haus führte, war spiegelglatt. Seufzend parkte ich das Auto auf dem Seitenstreifen und machte mich zu Fuß auf den Weg. Diese Strecke war ich schon so oft als Kind und Heranwachsender gelaufen, dass ich sie im Schlaf auswendig kannte. Trotzdem ließ ich Izzy per Message wissen, dass ich laufen würde. Bei dem Wetter konnte allerlei passieren. Und falls mir die Beobachter über den Weg laufen würden... Schaudernd rieb ich meine nackten Hände aneinander, bevor ich sie wieder in den Jackentaschen vergrub. Seitdem ich das Angebot Angebot, Miles zu retten, abgeschlagen hatte, waren sie nie wieder aufgetaucht. Ich wusste nicht, ob sie los geworden war. Grübelnd setzte ich vorsichtig einen Fuß vor den anderen und betrachtete den jungfräulichen Schnee vor meinen Füßen.
Wenn die Beobachter es nicht bei mir versuchen würden, würden sie es später bei Gabriel versuchen, so viel stand fest. Meine Eltern waren sich einig darin, dass sie nicht einfach aufgeben würden und es in jeder Generation erneut probieren würden. Ich wunderte mich, ob sie pro Generation vielleicht nur eine begrenzte Anzahl von Versuchen hatten oder mit Absicht so viel Zeit zwischen ihren Kontaktaufnahmen verstreichen ließen.
Mittlerweile konnte ich die Lichter unseres Hauses durch den fallenden Schnee sehen. Ich sah kurz auf und konzentrierte mich dann wieder auf die Strecke. Überrascht stellte ich fest, dass kurz zuvor ein anderer Sim diesen Weg gegangen war. Ich versuchte die Spuren im Schnee genauer zu betrachten, aber der Schnee war so leicht und fluffig, dass er nur verwischte und verschleifte Spuren zeigte. Ich zuckte die Achseln und versuchte nicht daran zu denken, dass möglicherweise ein Beobachter hier entlang gegangen war. Vielleicht war es auch Dad oder Katrina, die vor einiger Zeit bei Grandma eingezogen war, um diese bis zu ihrem Tod vor ein wenigen Wochen zu pflegen. Ich rechnete es meiner Schwester hoch an, dass sie sich um die alte Dame gekümmert hatte. Katrina erschien vielen flatterhaft und manchmal arrogant, aber sie hatte das Herz auf dem rechten Fleck. Sie hatte beschlossen im alten Getreidespeicher wohnen zu bleiben, um einen sicheren und gemütlichen Hafen zu haben, den sie zwischen ihren Theaterengagemants ansteuern konnte. Unnötig zu sagen, dass Dad unterstützt von Kara und Vincent das alte Gebäude komplett umbaute, um Katrinas Bedürfnissen und ihrem Geschmack zu entsprechen.
Ich sah erneut auf die Spuren und folgte ihnen mit den Blick bis auf Höhe des Hauses. Dort stand eine einsame Figur. Mein Atem stockte kurz.
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 22
Obwohl uns nur wenige Schritte trennten, kam es mit wie eine Ewigkeit vor, die ich brauchte um die Distanz zu bewältigen. Ein wenig kurzatmig für Aufregung trat ich neben Akki. Unsicher, was ich sagen sollte, wartete ich bis sie meine Anwesenheit zur Kenntnis nahm.
Es dauerte eine Weile bis sie ihren Blick vom Haus abwendete und mich ansah. Obwohl es mittlerweile fast dunkel geworden war, konnte ich die tiefen Schatten unter ihren Augen sehen.
„Deine Augen.“, sagte ich leise.
Sie verzog ihren Mund zu einem wehmütigen Lächeln. Ich griff sanft nach ihren kalten Fingern und drückte sie zärtlich. Wir sahen uns einfach nur an und ich erinnerte mich, was ich nur kurz zuvor Charlotte offenbart hatte. Ich schluckte. Wäre jetzt der richtige Zeitpunkt Akki ein Liebesgeständnis zu machen? Mitten auf der Straße? Im Dunkeln? Im Schnee? Andererseits – wer wusste schon, ob sie nicht im nächsten Augenblick einfach verschwinden würde. Ich holte tief Luft, doch Akki kam mir zuvor.
„Erinnerst du dich an die Fehlschläge, von denen ich dir erzählt habe?“ Ihre dunkle Stimme war leise, aber kräftiger als bei unserem letzten Telefonat. Sie fuhr fort ohne auf eine Antwort zu warten. „Ich habe die Gegenmittel an mir getestet. Ja, ich war krank, ich hatte die Seuche.“
„Warum hast du nichts gesagt?“
„Zu welchem Nutzen?“ Sie sah auf den Boden. „Das erste Gegenmittel war wirkungslos. Das zweite hatte … Nebenwirkungen. Der Rat verbot es mir, es an den anderen zu testen, nachdem sie gesehen hatten, was es anrichten konnte. Das dritten Mittel war endlich das richtige. Ich konnte mich heilen und alle anderen, die noch nicht gestorben waren, auch.“
„Das ist großartig.“, erwiderte ich etwas roboterhaft. Die ganze Situation war unglaublich surreal.
„Moonlight Falls ist sicher.“, resümierte Akki tonlos. „Aber ich habe nicht länger einen Platz dort.“
Ich starrte sie an, nahm jedes Detail ihres Gesichts wahr. Sie hatte die Stadt gerettet und nun stieß man sie aus? Mein Blick wanderte zu ihren Augen. Ich konnte ihre Farbe im schwindenden Licht nicht erkennen. Das sie ihr Leuchten verloren hatten, konnte ich jedoch sehen. Ich legte meine Hand an ihre Wange.
„Das zweite Gegenmittel – es hat meine DNA und Körperchemie verändert.“, erläuterte Akki mit weiterhin tonloser Stimme. „Ich bin nicht länger ein Wolf.“
Mein Kopf und mein Herz erinnerten sich an ihre Vorliebe für Achterbahnfahrten. Ich fand es herzlos und ungerecht, dass Moonlight Falls sie verstoßen hatte. Ich war erleichtert, dass ihre Übernatürlichkeit verloren hatte, denn so stand sie mir, uns nicht länger im Weg. Gleichzeitig brach es mir das Herz, denn einen so wichtigen Teil seiner Selbst zu verlieren, war sicherlich grauenhaft, wie der Verlust eines Sinnes oder eines Körperteils.
Ich hatte keine Worte für sie, so dass ich sie einfach in die Arme schloss. Während ich sie an mich drückte, merkte ich wie dünn sie geworden war – als sei sie nicht ohnehin spillerig.
„Ich wusste nicht, wo ich sonst hingehen sollte.“, flüsterte sie an meinem Hals.
„Du hast immer einen Platz bei mir.“ Ich drückte sie fester. „Bei mir und bei Gabriel.“ Ich küsste ihren Scheitel und nahm sie hoch. Sie war federleicht und wehrte sich nicht dagegen von mir ins Haus getragen zu werden.
Ich war erleichtert, niemanden im Wohnzimmer anzutreffen. Ich legte Akki auf mein Bett, wo sie erschöpft die Augen schloss. Ich bedeutete ihr wortlos, sich auszuruhen und machte mich auf, nach meiner Familie zu sehen.
Alle waren in der Küche versammelt und sahen mich wortlos an.
„Warum werde ich das Gefühl nicht los, dass ihr ohnehin schon wisst, was ich sagen will?“, murmelte ich zu niemand bestimmten.
Izzy grinste nur. „Dad kann einfach nicht nicht nach seinen Kindern Ausschau halten.“, erklärte sie und wies mit dem Kinn auf meinen Vater, den sie ebenfalls Dad nannte. „Und Mom ist einfach zu neugierig.“
„Gar nicht wahr!“, protestierte diese.
Dad, Izzy und ich sahen sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Naja, vielleicht ein bisschen.“, musste sie zugeben. Dann sah sie mich erwartungsvoll an. „Möchtest du uns etwas sagen?“
Ich seufzte. Es hatte seine Vorteile mit Mom und Dad zusammen zu wohnen. Allerdings auch Nachteile … Ich wusste es wäre nur fair ihnen alles zu erzählen, aber ich hatte immer noch die Achterbahnfahrt laufen. Ein weiteres Seufzen folgte, dann fasste ich ihnen kurz zusammen, was Akki mir mitgeteilt hatte.
Mom und Dad wechselten wieder einen dieser Blicke. Ich rollte mit den Augen. Izzy bemerkte es und schnitt eine Grimasse.
„Arme Akki.“, sagte Mom schließlich. Sie stand auf und drückte mich kurz. „Es ist natürlich deine Entscheidung, aber sie ist hier immer willkommen.“
„Es ist ohnehin sein Haus, Kätzchen.“, erinnerte Dad sie. Er sah mich prüfend an und nickte dann. „Kümmer' dich um sie David.“ Damit zog Dad Mom von ihrem Platz und verließ die Küche durch den Hinterausgang.
Ich sah ihnen nach, bevor ich zu Izzy blickte. „Ist das für dich auch ok?“
Dieses Mal rollte sie mit den Augen. „Ich bitte dich! Was für eine Frage. Dann kannst du dir das brütende, herzwunde Gehabe endlich ablegen.“ Sie klopfte mir aufmunternd auf die Schulter. „Aber David... du solltest es ihr jetzt schon langsam mal sagen, dass du sie liebst.“
„Hast du mich verwanzt oder was?“ Entrüstet suchte ich mein Baseballshirt nach Abhörgeräten ab. Ich hatte doch nie mit Izzy darüber gesprochen!
Meine bester Freundin kicherte. „Ich bin dein IF.“
Es dauerte eine Weile bis sie ihren Blick vom Haus abwendete und mich ansah. Obwohl es mittlerweile fast dunkel geworden war, konnte ich die tiefen Schatten unter ihren Augen sehen.
„Deine Augen.“, sagte ich leise.
Sie verzog ihren Mund zu einem wehmütigen Lächeln. Ich griff sanft nach ihren kalten Fingern und drückte sie zärtlich. Wir sahen uns einfach nur an und ich erinnerte mich, was ich nur kurz zuvor Charlotte offenbart hatte. Ich schluckte. Wäre jetzt der richtige Zeitpunkt Akki ein Liebesgeständnis zu machen? Mitten auf der Straße? Im Dunkeln? Im Schnee? Andererseits – wer wusste schon, ob sie nicht im nächsten Augenblick einfach verschwinden würde. Ich holte tief Luft, doch Akki kam mir zuvor.
„Erinnerst du dich an die Fehlschläge, von denen ich dir erzählt habe?“ Ihre dunkle Stimme war leise, aber kräftiger als bei unserem letzten Telefonat. Sie fuhr fort ohne auf eine Antwort zu warten. „Ich habe die Gegenmittel an mir getestet. Ja, ich war krank, ich hatte die Seuche.“
„Warum hast du nichts gesagt?“
„Zu welchem Nutzen?“ Sie sah auf den Boden. „Das erste Gegenmittel war wirkungslos. Das zweite hatte … Nebenwirkungen. Der Rat verbot es mir, es an den anderen zu testen, nachdem sie gesehen hatten, was es anrichten konnte. Das dritten Mittel war endlich das richtige. Ich konnte mich heilen und alle anderen, die noch nicht gestorben waren, auch.“
„Das ist großartig.“, erwiderte ich etwas roboterhaft. Die ganze Situation war unglaublich surreal.
„Moonlight Falls ist sicher.“, resümierte Akki tonlos. „Aber ich habe nicht länger einen Platz dort.“
Ich starrte sie an, nahm jedes Detail ihres Gesichts wahr. Sie hatte die Stadt gerettet und nun stieß man sie aus? Mein Blick wanderte zu ihren Augen. Ich konnte ihre Farbe im schwindenden Licht nicht erkennen. Das sie ihr Leuchten verloren hatten, konnte ich jedoch sehen. Ich legte meine Hand an ihre Wange.
„Das zweite Gegenmittel – es hat meine DNA und Körperchemie verändert.“, erläuterte Akki mit weiterhin tonloser Stimme. „Ich bin nicht länger ein Wolf.“
Mein Kopf und mein Herz erinnerten sich an ihre Vorliebe für Achterbahnfahrten. Ich fand es herzlos und ungerecht, dass Moonlight Falls sie verstoßen hatte. Ich war erleichtert, dass ihre Übernatürlichkeit verloren hatte, denn so stand sie mir, uns nicht länger im Weg. Gleichzeitig brach es mir das Herz, denn einen so wichtigen Teil seiner Selbst zu verlieren, war sicherlich grauenhaft, wie der Verlust eines Sinnes oder eines Körperteils.
Ich hatte keine Worte für sie, so dass ich sie einfach in die Arme schloss. Während ich sie an mich drückte, merkte ich wie dünn sie geworden war – als sei sie nicht ohnehin spillerig.
„Ich wusste nicht, wo ich sonst hingehen sollte.“, flüsterte sie an meinem Hals.
„Du hast immer einen Platz bei mir.“ Ich drückte sie fester. „Bei mir und bei Gabriel.“ Ich küsste ihren Scheitel und nahm sie hoch. Sie war federleicht und wehrte sich nicht dagegen von mir ins Haus getragen zu werden.
Ich war erleichtert, niemanden im Wohnzimmer anzutreffen. Ich legte Akki auf mein Bett, wo sie erschöpft die Augen schloss. Ich bedeutete ihr wortlos, sich auszuruhen und machte mich auf, nach meiner Familie zu sehen.
Alle waren in der Küche versammelt und sahen mich wortlos an.
„Warum werde ich das Gefühl nicht los, dass ihr ohnehin schon wisst, was ich sagen will?“, murmelte ich zu niemand bestimmten.
Izzy grinste nur. „Dad kann einfach nicht nicht nach seinen Kindern Ausschau halten.“, erklärte sie und wies mit dem Kinn auf meinen Vater, den sie ebenfalls Dad nannte. „Und Mom ist einfach zu neugierig.“
„Gar nicht wahr!“, protestierte diese.
Dad, Izzy und ich sahen sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Naja, vielleicht ein bisschen.“, musste sie zugeben. Dann sah sie mich erwartungsvoll an. „Möchtest du uns etwas sagen?“
Ich seufzte. Es hatte seine Vorteile mit Mom und Dad zusammen zu wohnen. Allerdings auch Nachteile … Ich wusste es wäre nur fair ihnen alles zu erzählen, aber ich hatte immer noch die Achterbahnfahrt laufen. Ein weiteres Seufzen folgte, dann fasste ich ihnen kurz zusammen, was Akki mir mitgeteilt hatte.
Mom und Dad wechselten wieder einen dieser Blicke. Ich rollte mit den Augen. Izzy bemerkte es und schnitt eine Grimasse.
„Arme Akki.“, sagte Mom schließlich. Sie stand auf und drückte mich kurz. „Es ist natürlich deine Entscheidung, aber sie ist hier immer willkommen.“
„Es ist ohnehin sein Haus, Kätzchen.“, erinnerte Dad sie. Er sah mich prüfend an und nickte dann. „Kümmer' dich um sie David.“ Damit zog Dad Mom von ihrem Platz und verließ die Küche durch den Hinterausgang.
Ich sah ihnen nach, bevor ich zu Izzy blickte. „Ist das für dich auch ok?“
Dieses Mal rollte sie mit den Augen. „Ich bitte dich! Was für eine Frage. Dann kannst du dir das brütende, herzwunde Gehabe endlich ablegen.“ Sie klopfte mir aufmunternd auf die Schulter. „Aber David... du solltest es ihr jetzt schon langsam mal sagen, dass du sie liebst.“
„Hast du mich verwanzt oder was?“ Entrüstet suchte ich mein Baseballshirt nach Abhörgeräten ab. Ich hatte doch nie mit Izzy darüber gesprochen!
Meine bester Freundin kicherte. „Ich bin dein IF.“
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 23
Akki schlief noch, als ich wieder zurück in mein Zimmer schlich. Vorsichtig setzte ich mich auf die Bettkante und betrachtete sie. Eine Zeit lang dachte ich an nichts und war wie im Standby-Modus. Schließlich zwang ich mich wieder ins hier und jetzt. Leise, um Akki nicht zu wecken, nahm ich die Aufzeichnungen meiner Eltern vom Nachtisch und blätterte leise darin. Ich hatte bisher immer versucht von vorne bis hinten zu lesen. Ich nahm an, dass meine Eltern chronologisch vorgegangen waren. Ich wollte genauso von vorne beginnen.
Akkis leisem Atem lauschend schlug ich eine der hinteren Seiten auf. Im Gegensatz zu den vorderen Seiten hatte ich hier noch nicht allzu viel bunt markiert oder mit Bleistift Anmerkungen hinzugefügt. Ich unterdrückte ein Seufzen. Der Gedanken an Akki und die vielen Fragen, die sich in meinem inneren aufzutürmen begannen, starteten die Achterbahn erneut. Würde sie hier bleiben? Erwiderte sie überhaupt meine Gefühle? Was bedeutete das alles für Gabriel?
Ich kniff die Augen zusammen und schüttelte heftig den Kopf. Ohne mit Akki zu sprechen konnte ich all diese Dinge nicht entscheiden. Ich fixierte meinen Blick auf das Papier und ließ ihn langsam von Buchstabe zu Buchstabe, von Zeile zu Zeile gleiten. Ich stutzte. Sollte ich tatsächlich einen Teil verstehen können? Ich kramte ein leeres Blatt Papier hervor und begann das, was ich meinte zu lesen, aufzuschreiben.
Ich starrte auf die gedruckten Zeilen, hinter die ganz klein meine Mutter noch etwas mit der Hand ergänzt hatte. Warum war mir das zuvor noch nie aufgefallen?
Mehr konnte ich nicht lesen. Die Buchstaben der übrigen Abschnitte tanzten vor meinen Augen. Ich legte den Hefter zur Seite und sah das Blatt Papier an, auf dem ich alles niedergeschrieben hatte. Meine Mom hatte einmal den Plural von Leben benutzt. Es hatte mich damals irritiert, aber ich hatte nie die Zeit gefunden, sie danach zu fragen. Hatten meine Eltern mehr als einmal gelebt? Zumindest schienen sie das zu glauben. Und welche Rolle spielte Akki bei alledem? Der Abschnitt spielte auf eine Zeit vor ihrer Ehe an – da konnte Akki doch unmöglich schon auf der Welt gewesen sein? Oder hatte sie am Ende auch mehr als ein Leben gelebt? Hatte sie mehr als einmal geliebt?
Es musste mir ein Stöhnen entfahren sein. Akki wurde wach und sah mich still an. Jetzt konnte ich ihre Augenfarbe erkennen: Sie hatten ein ganz helles Braun, eher gelb. Ihre Augen sahen menschlicher aus. Überrascht stellte ich fest, dass ihre bunten Strähnen aus den Haaren verschwunden waren. Auf der Uni hatte sie behauptet, die Strähnen seien echt und nicht gefärbt (nach unserer Nacht konnte ich das bestätigen. Schamhaar lügt nicht).
„Dein Haar ist jetzt ganz weiß.“, sagte ich leise.
Sie nickte und lächelte leicht. Ihr Blick fiel auf das Papier in meinen Händen. Ich reichte es ihr ohne zu Zögern. Sie las rasch die wenigen Zeilen, ihre Mundwinkel kräuselten sich zu einem Grinsen, als sie bei den Zusätzen von Mom ankam.
„Klingt absolut nach Kira.“ Akki reichte mir das Blatt zurück. Sie bemerkte meinen fragenden Blick.
„Wie konntest du mit ihnen sprechen?“, fragte ich, nur um hektisch hinterher zu schieben: „Haben sie mehr als einmal gelebt? Hast du mehr als einmal gelebt?“ Achterbahnfahrt war angesagt! Immerhin kamen die Worte in verständlichen Sätzen aus meinem Mund.
Akki zog sich ein Stück hoch, so dass sie auf dem Bett saß. Sie suchte nach Worten. Wenn diese dämliche Maulsperre jetzt wieder eingriff! Es war so frustrierend. Andererseits konnten wir über die Beobachter sprechen, seit ich – wenn auch mit Akkis Hilfe – selbst herausgefunden hatte, wie man sie nannte.
„Deine Eltern haben mehrfach gelebt.“, konnte Akki schließlich sagen. Ihr Gesichtsausdruck war verdutzt, so als habe sie selbst nicht damit gerechnet es aussprechen zu können. „Sie sind … Sie waren … das erste Mal …“ Ihre Miene wurde düster.
„Maulsperre.“, stellte ich fest, während mein Hirn den Satz „Deine Eltern haben mehrfach gelebt.“ zu begreifen versuchte. Die Beantwortung dieser Fragen warf unendlich viele neue auf: Wann? Wo? Wie oft? Waren sie immer ein Paar? Und vor allem: Wie zum Teufel war das möglich?
„Ich konnte sie vor fünfunddreißig Jahren darüber informieren, dass der Zyklus beendet ist, weil ich selbst auch mehrere Leben gelebt habe.“, riss Akkis dunkle Stimme mich aus meinen Gedanken. Ihre Miene war nun etwas ängstlich und sie beobachtete mich genau. Ich wiederum musterte sie intensiv und wartete darauf, dass sie weitersprach. Ich war ohnehin ohne Worte.
„Ich … ich habe nicht so oft gelebt wie sie.“, brachte sie hervor. „Ich werde auch nicht noch einmal wiedergeboren.“ Sie kaute auf der Innenseite ihrer Wange. „Und im Gegensatz zu Kira und Darrel habe ich nur dieses eine Leben wirklich gelebt.“ Unsicher griff sie nach meiner Hand. Ich streckte sie ihr entgegen, weiterhin sprachlos. „Ich wusste nichts vom Leben, bis jetzt. Ich habe nichts erlebt – im wahrsten Sinne des Wortes.“
Ich wunderte mich, ob sie auf einen bestimmten Punkt hinauswollte. Unsere Hände waren nach wie vor verschlungen, in der zweiten Hand hielt ich das Papier und mein Kopf konnte sich nicht entscheiden, ob er total leer sein oder die Achterbahnfahrten wieder aufnehmen wollte. Ich blicke von den Händen auf das Papier und zurück zu Akki. Sie sah mich erwartungsvoll an. Ihr letzter Satz hing noch in der Luft „Ich habe nichts erlebt.“ Ganz langsam meldete sich das Subtilitätszentrum meines Hirns: Wenn sie nicht erlebt hatte, in ihren anderen Leben, hatte sie dann auch keine Gefühle erlebt? Keine Freude, Hass – oder Liebe? War das letztlich ihre Art mir etwas mitzuteilen? Oder waren es nur meine Gefühle für sie, die mehr in diesen einen Satz rein interpretieren wollten?
Ich erwiderte Akkis Blick langsam und suchte in ihren Augen nach einem Hinweis. Wenn mein Blick nur halb so unsicher war, wie der ihre, mussten wir ein schönes Bild abgeben. Und das wo wir beide als Genies durchgehen konnten.
„Ich hatte heute ein Date.“, begann ich. Akki wurde bleich und sie am Boden zerstört aus. „Während ich mit Charlotte gesprochen habe, ist mir etwas klar geworden.“ Da Akki mir ihre Hand entziehen wollte, nahm ich sie fester in die Hand. „Ich liebe dich.“
Nun sah sie wie vom Donner gerührt aus. Ihre Lippen formten sich zu einem stillen „Oh!“.
„Es ist … schwer für mich, zu verdauen was ich gerade herausgefunden habe.“, fuhr ich fort und hoffte, dass mein Herz nicht explodierte. Oder mein Kopf. Jupp, immer noch Achterbahn! „Aber … ich hab' nur dieses eine Leben und ich ...“ Stockend atmete ich noch einmal tief durch. „Ich will dich in meinem Leben. Egal, was vorher war.“
Akki lächelte, doch dann fiel ihr Blick auf den Hefter mit den Aufzeichnungen. „Wenn du wüsstest, was vorher war ...“, hauchte sie.
Ich zuckte mit den Schultern. „Meine Eltern sagten etwas ähnliches.“ Ich rückte an Akki heran und legte sanft den Arm um ihre Schultern. „Es kümmert mich nicht. In meinem Leben warst du nichts als eine Hilfe und Bereicherung. Du hast mich nie hinters Licht geführt. Ich liebe dich.“ Dann grinste ich, um die Situation zu erleichtern. „Nur an den Telefonaten müssten wir arbeiten.“
Akki sah mich stumm an. In ihren Augenwinkeln glitzerten Tränen. Dann lächelte sie sanft. „Es muss ja nie wieder Telefonate geben. Wir könnten ja … von Angesicht zu Angesicht sprechen.“
Krach! - mit einem heftigen Ruck kam die Achterbahnfahrt zu einem plötzlichen Ende. Mein Hirn und Herz waren einen Moment still und leer. Doch als Akki ihren nächsten Worte sprach, jubelten beide.
„Ich liebe dich auch, David.“
Akkis leisem Atem lauschend schlug ich eine der hinteren Seiten auf. Im Gegensatz zu den vorderen Seiten hatte ich hier noch nicht allzu viel bunt markiert oder mit Bleistift Anmerkungen hinzugefügt. Ich unterdrückte ein Seufzen. Der Gedanken an Akki und die vielen Fragen, die sich in meinem inneren aufzutürmen begannen, starteten die Achterbahn erneut. Würde sie hier bleiben? Erwiderte sie überhaupt meine Gefühle? Was bedeutete das alles für Gabriel?
Ich kniff die Augen zusammen und schüttelte heftig den Kopf. Ohne mit Akki zu sprechen konnte ich all diese Dinge nicht entscheiden. Ich fixierte meinen Blick auf das Papier und ließ ihn langsam von Buchstabe zu Buchstabe, von Zeile zu Zeile gleiten. Ich stutzte. Sollte ich tatsächlich einen Teil verstehen können? Ich kramte ein leeres Blatt Papier hervor und begann das, was ich meinte zu lesen, aufzuschreiben.
Akki teilte uns beiden, unabhängig von einander mit, dass dies unser letztes Leben sein würde. Wenn wir dieses Mal sterben würden, war es für immer. Uns war klar, dass wir den anderen suchen und finden mussten, um endlich unsere Liebe und unser Glück leben zu können.
Ich starrte auf die gedruckten Zeilen, hinter die ganz klein meine Mutter noch etwas mit der Hand ergänzt hatte. Warum war mir das zuvor noch nie aufgefallen?
Natürlich war das, bevor Akki als dürrer Werwolf hier aufgetaucht ist und uns erklärt hat, dass die Essenz eines Sims trotzdem überlebt und es doch eine – wenn auch minimale – Chance geben würde, dass wir in uns in einem neuen Leben an den anderen erinnern würden. Ich hoffe nur, dass Darrel sich dann daran erinnert, nicht mit Schrotflinten auf schwarze Katzen zu schießen!
Mehr konnte ich nicht lesen. Die Buchstaben der übrigen Abschnitte tanzten vor meinen Augen. Ich legte den Hefter zur Seite und sah das Blatt Papier an, auf dem ich alles niedergeschrieben hatte. Meine Mom hatte einmal den Plural von Leben benutzt. Es hatte mich damals irritiert, aber ich hatte nie die Zeit gefunden, sie danach zu fragen. Hatten meine Eltern mehr als einmal gelebt? Zumindest schienen sie das zu glauben. Und welche Rolle spielte Akki bei alledem? Der Abschnitt spielte auf eine Zeit vor ihrer Ehe an – da konnte Akki doch unmöglich schon auf der Welt gewesen sein? Oder hatte sie am Ende auch mehr als ein Leben gelebt? Hatte sie mehr als einmal geliebt?
Es musste mir ein Stöhnen entfahren sein. Akki wurde wach und sah mich still an. Jetzt konnte ich ihre Augenfarbe erkennen: Sie hatten ein ganz helles Braun, eher gelb. Ihre Augen sahen menschlicher aus. Überrascht stellte ich fest, dass ihre bunten Strähnen aus den Haaren verschwunden waren. Auf der Uni hatte sie behauptet, die Strähnen seien echt und nicht gefärbt (nach unserer Nacht konnte ich das bestätigen. Schamhaar lügt nicht).
„Dein Haar ist jetzt ganz weiß.“, sagte ich leise.
Sie nickte und lächelte leicht. Ihr Blick fiel auf das Papier in meinen Händen. Ich reichte es ihr ohne zu Zögern. Sie las rasch die wenigen Zeilen, ihre Mundwinkel kräuselten sich zu einem Grinsen, als sie bei den Zusätzen von Mom ankam.
„Klingt absolut nach Kira.“ Akki reichte mir das Blatt zurück. Sie bemerkte meinen fragenden Blick.
„Wie konntest du mit ihnen sprechen?“, fragte ich, nur um hektisch hinterher zu schieben: „Haben sie mehr als einmal gelebt? Hast du mehr als einmal gelebt?“ Achterbahnfahrt war angesagt! Immerhin kamen die Worte in verständlichen Sätzen aus meinem Mund.
Akki zog sich ein Stück hoch, so dass sie auf dem Bett saß. Sie suchte nach Worten. Wenn diese dämliche Maulsperre jetzt wieder eingriff! Es war so frustrierend. Andererseits konnten wir über die Beobachter sprechen, seit ich – wenn auch mit Akkis Hilfe – selbst herausgefunden hatte, wie man sie nannte.
„Deine Eltern haben mehrfach gelebt.“, konnte Akki schließlich sagen. Ihr Gesichtsausdruck war verdutzt, so als habe sie selbst nicht damit gerechnet es aussprechen zu können. „Sie sind … Sie waren … das erste Mal …“ Ihre Miene wurde düster.
„Maulsperre.“, stellte ich fest, während mein Hirn den Satz „Deine Eltern haben mehrfach gelebt.“ zu begreifen versuchte. Die Beantwortung dieser Fragen warf unendlich viele neue auf: Wann? Wo? Wie oft? Waren sie immer ein Paar? Und vor allem: Wie zum Teufel war das möglich?
„Ich konnte sie vor fünfunddreißig Jahren darüber informieren, dass der Zyklus beendet ist, weil ich selbst auch mehrere Leben gelebt habe.“, riss Akkis dunkle Stimme mich aus meinen Gedanken. Ihre Miene war nun etwas ängstlich und sie beobachtete mich genau. Ich wiederum musterte sie intensiv und wartete darauf, dass sie weitersprach. Ich war ohnehin ohne Worte.
„Ich … ich habe nicht so oft gelebt wie sie.“, brachte sie hervor. „Ich werde auch nicht noch einmal wiedergeboren.“ Sie kaute auf der Innenseite ihrer Wange. „Und im Gegensatz zu Kira und Darrel habe ich nur dieses eine Leben wirklich gelebt.“ Unsicher griff sie nach meiner Hand. Ich streckte sie ihr entgegen, weiterhin sprachlos. „Ich wusste nichts vom Leben, bis jetzt. Ich habe nichts erlebt – im wahrsten Sinne des Wortes.“
Ich wunderte mich, ob sie auf einen bestimmten Punkt hinauswollte. Unsere Hände waren nach wie vor verschlungen, in der zweiten Hand hielt ich das Papier und mein Kopf konnte sich nicht entscheiden, ob er total leer sein oder die Achterbahnfahrten wieder aufnehmen wollte. Ich blicke von den Händen auf das Papier und zurück zu Akki. Sie sah mich erwartungsvoll an. Ihr letzter Satz hing noch in der Luft „Ich habe nichts erlebt.“ Ganz langsam meldete sich das Subtilitätszentrum meines Hirns: Wenn sie nicht erlebt hatte, in ihren anderen Leben, hatte sie dann auch keine Gefühle erlebt? Keine Freude, Hass – oder Liebe? War das letztlich ihre Art mir etwas mitzuteilen? Oder waren es nur meine Gefühle für sie, die mehr in diesen einen Satz rein interpretieren wollten?
Ich erwiderte Akkis Blick langsam und suchte in ihren Augen nach einem Hinweis. Wenn mein Blick nur halb so unsicher war, wie der ihre, mussten wir ein schönes Bild abgeben. Und das wo wir beide als Genies durchgehen konnten.
„Ich hatte heute ein Date.“, begann ich. Akki wurde bleich und sie am Boden zerstört aus. „Während ich mit Charlotte gesprochen habe, ist mir etwas klar geworden.“ Da Akki mir ihre Hand entziehen wollte, nahm ich sie fester in die Hand. „Ich liebe dich.“
Nun sah sie wie vom Donner gerührt aus. Ihre Lippen formten sich zu einem stillen „Oh!“.
„Es ist … schwer für mich, zu verdauen was ich gerade herausgefunden habe.“, fuhr ich fort und hoffte, dass mein Herz nicht explodierte. Oder mein Kopf. Jupp, immer noch Achterbahn! „Aber … ich hab' nur dieses eine Leben und ich ...“ Stockend atmete ich noch einmal tief durch. „Ich will dich in meinem Leben. Egal, was vorher war.“
Akki lächelte, doch dann fiel ihr Blick auf den Hefter mit den Aufzeichnungen. „Wenn du wüsstest, was vorher war ...“, hauchte sie.
Ich zuckte mit den Schultern. „Meine Eltern sagten etwas ähnliches.“ Ich rückte an Akki heran und legte sanft den Arm um ihre Schultern. „Es kümmert mich nicht. In meinem Leben warst du nichts als eine Hilfe und Bereicherung. Du hast mich nie hinters Licht geführt. Ich liebe dich.“ Dann grinste ich, um die Situation zu erleichtern. „Nur an den Telefonaten müssten wir arbeiten.“
Akki sah mich stumm an. In ihren Augenwinkeln glitzerten Tränen. Dann lächelte sie sanft. „Es muss ja nie wieder Telefonate geben. Wir könnten ja … von Angesicht zu Angesicht sprechen.“
Krach! - mit einem heftigen Ruck kam die Achterbahnfahrt zu einem plötzlichen Ende. Mein Hirn und Herz waren einen Moment still und leer. Doch als Akki ihren nächsten Worte sprach, jubelten beide.
„Ich liebe dich auch, David.“
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Re: Felinger Legacy
Generation III
Gabriel Felinger
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 1 – Von Menschen und Monstern
„... und aus diesen Gründen, bin ich der Meinung, dass es übernatürliche Wesen gibt. Wir müssen diese Monster finden und sicherstellen, dass sie die Simheit nicht gefährden.“
Zaghafter Applaus folgte dem Abschlusssatz des Redners und Nell kam nicht umhin zu überlegen, ob der Applaus auch dann so zaghaft gewesen wäre, wenn es mehr als die handvoll Zuhörer gegeben hätte. Sie selbst ließ die Hände auf ihren Oberschenkeln ruhen. Aus dem Augenwinkel nahm sie wahr, dass ihr Sitznachbar auch nicht klatschte. Stattdessen hatte er die Arme verschränkt und stieß jetzt ein Schnauben aus.
Nell wendete ihm ihren Kopf zu. „Sie sind wohl nicht der Meinung, es gäbe übernatürliche Wesen?“
Etwas überrascht – so als habe er zuvor überhaupt nicht wahrgenommen, dass außer ihm noch jemand seit über einer Stunde in der letzten Reihe gesessen habe – sah er sie an. Eine Strähne löste sich aus seinem blonden Pferdeschwanz. Zögernd wischte er sie hinters Ohr.
„Ich habe bisher keinen wissenschaftlichen Beleg für die Existenz solcher Wesen gesehen.“, erwiderte er langsam. Er zuckte mit den Schultern. „Aber ich habe auch von keinem Beweis gegen ihre Existenz gehört.“ Er nickte mit dem Kopf Richtung Podium. „Ich finde es nur erstaunlich, wie man immer noch von Monstern sprechen kann, wenn doch der Mensch als solcher das wahre Monster ist.“
Nell öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch ihr fiel kein geistreicher Kommentar ein. Ihr Sitznachbar verhinderte auch jedes weiteres Gespräch, indem er seinen Arm hob und damit in der so eben eröffneten Gesprächsrunde anzeigte, dass er dem Redner eine Frage stellen wollte. Tatsächlich war er der einzige – die meistens Sims egriffen schon die Flucht. Nell konnte es ihnen nicht verübeln.
Der Redner ignorierte den blonden jungen Mann für einige Sekunden, suchte mit den Augen nach einem anderen Fragesteller und musste schließlich seufzend resignieren.
„Mr. Felinger.“, begrüßte der Redner ihn. „Es ist wie immer eine Freude.“
Nell unterdrückte ein Kichern, denn seine Stimme klang genauso freudvoll wie vor einer Wurzelbehandlung.
„Wollen Sie über die Existenz von Werwölfen, Vampiren und Hexen debattieren?“, bot der Redner an.
Mr. Felinger erhob sich. In seiner linken Hand hielt er das Buch, dass der Redner beworben hatte. Nell lehnte sich ihrem unbequemen Plastikstuhl zurück. Vielleicht würde der Abend ja doch noch interessant.
„Dr. Humphrey, wir wissen beide, dass wir … gegensätzliche Meinungen vertreten. Eine Debatte wäre nicht sonderlich fruchtbar.“, erwiderte Mr. Felinger ohne das kleinste Anzeichen von Ironie. Er wedelte mit dem Buch und schlug zielsicher eine Seite auf. „Ich interessiere mich für die Quelle, die sie in Kapitel 2 verwenden, um die Existenz von Hexen zu belegen.“
Dr. Humphreys sah ihn perplex an. Er rückte seine Brille zurecht, nahm sein eigenes Exemplar und blätterte nervös in den Seiten. Mr. Felinger fuhr ungerührt fort: „Sie benutzen den Eintrag aus dem Kirchenregister einer kleinen Gemeinde in Südseutschland aus dem 12. Jahrhundert. Bisherige Übersetzungen wiesen daraufhin, dass der Mönch, der die Jahreschronik angelegt hat, von einem Wunder des Herrn spricht, als das kranke Kind des Bürgermeisters von einem schweren Fieber genest.“ Mr. Felinger zog einen Zettel aus seinem Parker. „Ich habe den lateinischen Wortlaut dabei.“ Er las den Absatz vor und Nell unterdrückte ein Gähnen. Soviel zu einem interessanten Abend. Da hätte sie auch zuhause bleiben können.
Dr. Humphrey nahm seine Brille ab und rieb sich die Nasenwurzel. Er wünschte sich nur einen Vortrag in dieser Region, ohne das Felinger auftauchte. Der Mann war einfach eine Nervensäge. „Mr. Felinger, die Übersetzung der betreffenden Stelle wurde von meinem Assistenten übernommen. Bitte schreiben Sie uns eine Email.“ Er setzte die Brille auf, blickte durch den Raum. Kurz ruhten seine Augen auf Nell. „Wenn keine weiteren Fragen bestehen....danke für Ihre Aufmerksamkeit. Ich wünsche Ihnen einen sicheren Abend.“ Damit beeilte er sich seine Unterlagen einzusammeln und den Raum – etwas hastig – zu verlassen.
Nell stand auf und streckte sich. Sie sah zu Mr. Felinger, der noch immer mit dem Buch in der einen und dem Zettel in der anderen Hand, vor seinem Stuhl stand und darüber zu sinnieren schien, inwiefern die Antwort Dr. Humphrerys hilfreich gewesen wäre. Dann lachte er leise, steckte den Zettel ins Buch und verstaute beides in einer der großen Taschen seines Parkas. Er warf einen Blick zur Decke, schüttelte den Kopf und lachte erneut leise auf.
Nell räusperte sich leise. Als sich der Mann zu ihr umdrehte, streckte sie ihm die Hand entgegen. „Ich bin Nell.“
Etwas irritiert sah Mr. Felinger erst auf ihre Hand, dann in ihr Gesicht. Etwas verspätet ergriff er ihre Hand und schüttelte sie kurz und kräftig. „Gabriel.“
„Ich dachte, wenn ich Ihren Namen schon von Dr. Humphrey höre, wäre es nur höflich, mich ebenfalls vorzustellen.“, plauderte Nell.
Die Angestellte des Buchladens, in dem der Vortrag gehalten worden war, kam in den Raum und begann die Stühle zusammen zu klappen. Sie nickte den beiden jungen Sims kurz zu und tippte dann auf ihre Armbanduhr. Nell griff nach ihrer Tasche.
„Wo kommen Sie her?“, fragte Gabriel. Auf Nells irritiertes Gesicht – der war ja direkt! - beeilte er sich zu sagen. „Ich kann ihren Akzent nicht einordnen.“
„Oh.“ Nell spürte wie ihr Blut in die Wangen schoss. „Aus Holland.“
Gabriels Gesicht verriet keine Regung, er nickte nur. Er hielt ihr die Tür auf. Nell war jetzt mehr als irritiert. Gabriel Felinger war sehr merkwürdig. Sie musterte ihn kurz aus den Augenwinkeln und versuchte ihn zu lesen. Sein Gesicht war regungslos und seine Haltung nichtssagend. Das dichte blonde Haar, das erstaunlich helle Strähnen hatte, war zu einem losen Pferdeschwanz zusammengebunden. Seine Ohren liefen kaum merklich spitz zusammen, ein Detail, das Nell recht früh ins Auge gestochen war. Sein Teint war – vor allem im Vergleich zu seinem hellen Haar – relativ dunkel, fast so als würde er frisch vom Strand kommen. Er trug einen Dreitagebart und hatte grüne Augen mit erstaunlich dichten und langen Wimpern. Nell hätte aus dem Stehgreif gleich drei weibliche Bekannte nennen können, die breit wären, für diese Wimpern zu morden.
„Ist holländisch schwer?“ Gabriels unerwartete Frage, riss Nell aus ihren Gedanken. Ihr Gesicht musste Bände gesprochen haben – einen schlechteren Anmachspruch hatte sie noch nie gehört.
Zum ersten Mal zeigte sein Gesicht etwas mehr Regung. Er sah peinlich berührt zu Boden. „Ich bin Linguist.“, erklärte er dann. „Und Sprachen lernen ist sozusagen mein Hobby.“
Nell war von dieser Antwort nicht wirklich überzeugt. Sie zuckte mit den Schultern. „Da es meine Muttersprache ist, kann ich dazu nichts sagen.“ Sie schulterte ihre Tasche und nickte Gabriel zu. „Schönen Abend noch.“
Er verabschiedete sie mit erneut regungslosem Gesicht. Nell schob die Hände in die Taschen ihrer Jacke und marschierte los. Nach einigen Metern sah sich verstohlen um. Gabriel Felinger war stehen geblieben und sah zum Vollmond hinauf.
Als Gabriel sein Apartment aufschloss, schlug ihm ein übler Geruch entgegen. Verlegen erinnerte er sich daran, dass er den Müll schon wieder nicht raus gebracht hatte. Er seufzte, ging zum Mülleimer und zog den Beutel heraus, in dem die Überreste eines neuerlichen – natürlich gescheiterten – Versuchs sich gesünder zu ernähren vor sich hin gammelten.
Als er erneut sein Heim betrat, hatte er jegliche Gedanken an Essen – ob gesund oder ungesund – bereits wieder verdrängt. Geistesabwesend ging er in sein Arbeitszimmer, zog das Buch aus der Parkatasche und las auf dem Zettel den lateinischen Eintrag der Chronik. Er lachte leise. Humphrey hatte bei der Übersetzung einfach Mist gebaut. Ja, es gab irgendeinen vorklassischen Autor, der das betreffende Wort nicht im Sinne von Wunder, sondern im Sinne von schwarzer Magie benutzt hatte. Aber der Chronist benutzte Kirchenlatein, kein vorklassisches und wenn man die übrigen Einträge übersetzte und sich den Stil des Chronisten genau ansah, dann war klar, dass er Wunder meinte. Nicht Magie und erst recht keine schwarze Magie. Gabriel lachte – dieses Mal etwas lauter – und stellte das Buch auf einen der unteren Regalböden. Schwarze Magie! Das war wieder so eine simlische Einstellung. Magie war weder schwarz noch weiß – ihre Benutzer konnten jedoch Monster oder Menschen sein.
Zaghafter Applaus folgte dem Abschlusssatz des Redners und Nell kam nicht umhin zu überlegen, ob der Applaus auch dann so zaghaft gewesen wäre, wenn es mehr als die handvoll Zuhörer gegeben hätte. Sie selbst ließ die Hände auf ihren Oberschenkeln ruhen. Aus dem Augenwinkel nahm sie wahr, dass ihr Sitznachbar auch nicht klatschte. Stattdessen hatte er die Arme verschränkt und stieß jetzt ein Schnauben aus.
Nell wendete ihm ihren Kopf zu. „Sie sind wohl nicht der Meinung, es gäbe übernatürliche Wesen?“
Etwas überrascht – so als habe er zuvor überhaupt nicht wahrgenommen, dass außer ihm noch jemand seit über einer Stunde in der letzten Reihe gesessen habe – sah er sie an. Eine Strähne löste sich aus seinem blonden Pferdeschwanz. Zögernd wischte er sie hinters Ohr.
„Ich habe bisher keinen wissenschaftlichen Beleg für die Existenz solcher Wesen gesehen.“, erwiderte er langsam. Er zuckte mit den Schultern. „Aber ich habe auch von keinem Beweis gegen ihre Existenz gehört.“ Er nickte mit dem Kopf Richtung Podium. „Ich finde es nur erstaunlich, wie man immer noch von Monstern sprechen kann, wenn doch der Mensch als solcher das wahre Monster ist.“
Nell öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch ihr fiel kein geistreicher Kommentar ein. Ihr Sitznachbar verhinderte auch jedes weiteres Gespräch, indem er seinen Arm hob und damit in der so eben eröffneten Gesprächsrunde anzeigte, dass er dem Redner eine Frage stellen wollte. Tatsächlich war er der einzige – die meistens Sims egriffen schon die Flucht. Nell konnte es ihnen nicht verübeln.
Der Redner ignorierte den blonden jungen Mann für einige Sekunden, suchte mit den Augen nach einem anderen Fragesteller und musste schließlich seufzend resignieren.
„Mr. Felinger.“, begrüßte der Redner ihn. „Es ist wie immer eine Freude.“
Nell unterdrückte ein Kichern, denn seine Stimme klang genauso freudvoll wie vor einer Wurzelbehandlung.
„Wollen Sie über die Existenz von Werwölfen, Vampiren und Hexen debattieren?“, bot der Redner an.
Mr. Felinger erhob sich. In seiner linken Hand hielt er das Buch, dass der Redner beworben hatte. Nell lehnte sich ihrem unbequemen Plastikstuhl zurück. Vielleicht würde der Abend ja doch noch interessant.
„Dr. Humphrey, wir wissen beide, dass wir … gegensätzliche Meinungen vertreten. Eine Debatte wäre nicht sonderlich fruchtbar.“, erwiderte Mr. Felinger ohne das kleinste Anzeichen von Ironie. Er wedelte mit dem Buch und schlug zielsicher eine Seite auf. „Ich interessiere mich für die Quelle, die sie in Kapitel 2 verwenden, um die Existenz von Hexen zu belegen.“
Dr. Humphreys sah ihn perplex an. Er rückte seine Brille zurecht, nahm sein eigenes Exemplar und blätterte nervös in den Seiten. Mr. Felinger fuhr ungerührt fort: „Sie benutzen den Eintrag aus dem Kirchenregister einer kleinen Gemeinde in Südseutschland aus dem 12. Jahrhundert. Bisherige Übersetzungen wiesen daraufhin, dass der Mönch, der die Jahreschronik angelegt hat, von einem Wunder des Herrn spricht, als das kranke Kind des Bürgermeisters von einem schweren Fieber genest.“ Mr. Felinger zog einen Zettel aus seinem Parker. „Ich habe den lateinischen Wortlaut dabei.“ Er las den Absatz vor und Nell unterdrückte ein Gähnen. Soviel zu einem interessanten Abend. Da hätte sie auch zuhause bleiben können.
Dr. Humphrey nahm seine Brille ab und rieb sich die Nasenwurzel. Er wünschte sich nur einen Vortrag in dieser Region, ohne das Felinger auftauchte. Der Mann war einfach eine Nervensäge. „Mr. Felinger, die Übersetzung der betreffenden Stelle wurde von meinem Assistenten übernommen. Bitte schreiben Sie uns eine Email.“ Er setzte die Brille auf, blickte durch den Raum. Kurz ruhten seine Augen auf Nell. „Wenn keine weiteren Fragen bestehen....danke für Ihre Aufmerksamkeit. Ich wünsche Ihnen einen sicheren Abend.“ Damit beeilte er sich seine Unterlagen einzusammeln und den Raum – etwas hastig – zu verlassen.
Nell stand auf und streckte sich. Sie sah zu Mr. Felinger, der noch immer mit dem Buch in der einen und dem Zettel in der anderen Hand, vor seinem Stuhl stand und darüber zu sinnieren schien, inwiefern die Antwort Dr. Humphrerys hilfreich gewesen wäre. Dann lachte er leise, steckte den Zettel ins Buch und verstaute beides in einer der großen Taschen seines Parkas. Er warf einen Blick zur Decke, schüttelte den Kopf und lachte erneut leise auf.
Nell räusperte sich leise. Als sich der Mann zu ihr umdrehte, streckte sie ihm die Hand entgegen. „Ich bin Nell.“
Etwas irritiert sah Mr. Felinger erst auf ihre Hand, dann in ihr Gesicht. Etwas verspätet ergriff er ihre Hand und schüttelte sie kurz und kräftig. „Gabriel.“
„Ich dachte, wenn ich Ihren Namen schon von Dr. Humphrey höre, wäre es nur höflich, mich ebenfalls vorzustellen.“, plauderte Nell.
Die Angestellte des Buchladens, in dem der Vortrag gehalten worden war, kam in den Raum und begann die Stühle zusammen zu klappen. Sie nickte den beiden jungen Sims kurz zu und tippte dann auf ihre Armbanduhr. Nell griff nach ihrer Tasche.
„Wo kommen Sie her?“, fragte Gabriel. Auf Nells irritiertes Gesicht – der war ja direkt! - beeilte er sich zu sagen. „Ich kann ihren Akzent nicht einordnen.“
„Oh.“ Nell spürte wie ihr Blut in die Wangen schoss. „Aus Holland.“
Gabriels Gesicht verriet keine Regung, er nickte nur. Er hielt ihr die Tür auf. Nell war jetzt mehr als irritiert. Gabriel Felinger war sehr merkwürdig. Sie musterte ihn kurz aus den Augenwinkeln und versuchte ihn zu lesen. Sein Gesicht war regungslos und seine Haltung nichtssagend. Das dichte blonde Haar, das erstaunlich helle Strähnen hatte, war zu einem losen Pferdeschwanz zusammengebunden. Seine Ohren liefen kaum merklich spitz zusammen, ein Detail, das Nell recht früh ins Auge gestochen war. Sein Teint war – vor allem im Vergleich zu seinem hellen Haar – relativ dunkel, fast so als würde er frisch vom Strand kommen. Er trug einen Dreitagebart und hatte grüne Augen mit erstaunlich dichten und langen Wimpern. Nell hätte aus dem Stehgreif gleich drei weibliche Bekannte nennen können, die breit wären, für diese Wimpern zu morden.
„Ist holländisch schwer?“ Gabriels unerwartete Frage, riss Nell aus ihren Gedanken. Ihr Gesicht musste Bände gesprochen haben – einen schlechteren Anmachspruch hatte sie noch nie gehört.
Zum ersten Mal zeigte sein Gesicht etwas mehr Regung. Er sah peinlich berührt zu Boden. „Ich bin Linguist.“, erklärte er dann. „Und Sprachen lernen ist sozusagen mein Hobby.“
Nell war von dieser Antwort nicht wirklich überzeugt. Sie zuckte mit den Schultern. „Da es meine Muttersprache ist, kann ich dazu nichts sagen.“ Sie schulterte ihre Tasche und nickte Gabriel zu. „Schönen Abend noch.“
Er verabschiedete sie mit erneut regungslosem Gesicht. Nell schob die Hände in die Taschen ihrer Jacke und marschierte los. Nach einigen Metern sah sich verstohlen um. Gabriel Felinger war stehen geblieben und sah zum Vollmond hinauf.
Als Gabriel sein Apartment aufschloss, schlug ihm ein übler Geruch entgegen. Verlegen erinnerte er sich daran, dass er den Müll schon wieder nicht raus gebracht hatte. Er seufzte, ging zum Mülleimer und zog den Beutel heraus, in dem die Überreste eines neuerlichen – natürlich gescheiterten – Versuchs sich gesünder zu ernähren vor sich hin gammelten.
Als er erneut sein Heim betrat, hatte er jegliche Gedanken an Essen – ob gesund oder ungesund – bereits wieder verdrängt. Geistesabwesend ging er in sein Arbeitszimmer, zog das Buch aus der Parkatasche und las auf dem Zettel den lateinischen Eintrag der Chronik. Er lachte leise. Humphrey hatte bei der Übersetzung einfach Mist gebaut. Ja, es gab irgendeinen vorklassischen Autor, der das betreffende Wort nicht im Sinne von Wunder, sondern im Sinne von schwarzer Magie benutzt hatte. Aber der Chronist benutzte Kirchenlatein, kein vorklassisches und wenn man die übrigen Einträge übersetzte und sich den Stil des Chronisten genau ansah, dann war klar, dass er Wunder meinte. Nicht Magie und erst recht keine schwarze Magie. Gabriel lachte – dieses Mal etwas lauter – und stellte das Buch auf einen der unteren Regalböden. Schwarze Magie! Das war wieder so eine simlische Einstellung. Magie war weder schwarz noch weiß – ihre Benutzer konnten jedoch Monster oder Menschen sein.
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 2 – Einen Sommer lang
Ein paar Tage später, Nell hatte keinen weiteren Gedanken mehr an den Vortrag oder an Gabriel Felinger verschwendet, hörte sie im Park jemanden holländisch sprechen. Ihre Muttersprache mitten im Stimmgewirr simlischer Gespräche zu hören, weckte ihre Neugier – als sie jedoch den Urheber entdeckte, war sie irritiert. Gabriel saß auf einer Bank, Ohrstöpsel in den Ohren und in den Himmel schauend. Im Sonnenschein erschienen die hellen Strähnen in seinem Haar fast weiß. Ohne groß zu überlegen, stellte Nell sich so, dass sie Gabriel die Sonne nahm. „Hallo.“
Mit fast schon enervierender Langsamkeit sah Gabriel vom Himmel auf das Mädchen vor ihm. Nell konnte sehen, dass er sie wieder erkannte. Er nickte ihr zu, zuppelte den Stöpsel aus dem linken Ohr und sagte auf niederländisch. „Du stehst mir in der Sonne.“
„Das ist jetzt nicht dein Ernst?!“ Trotzdem machte Nell einen Schritt zur Seite.
Gabriel zog sein Smartphone aus den Taschen des Parkas und beendete ein Programm. Dann nahm er den zweiten Stöpsel heraus. Nachdem er Ohrstöpsel und Smartphone wieder verstaut hatte, begrüßte er Nell auf niederländisch.
„Findest du das nicht ein bisschen … creepy?“ Nell zumindest fand es ziemlich unheimlich und begann sich zu wundern, ob er nur ganz zufällig im Park saß oder sie sich einen Stalker angelacht hatte. Die Warnungen ihrer Mutter über Simerika kamen ihr in den Sinn.
Es dauerte einen kleinen Moment bevor Gabriel antwortete – weiterhin auf niederländisch, was Nell langsam aufbrachte. „Ich sagte doch, ich lerne gerne neue Sprachen.“
„Im Park?!“
„Ich habe keinen Balkon und meine Oma hat mich heute morgen erst ermahnt, dass ich mehr an die frische Luft muss.“
Die Verwendung des Wortes „Oma“ statt „Großmutter“ ließ Nell aufhorchen. Sie ließ sich neben ihn auf die Bank plumpsen. Gabriel schien langsam zu dämmern, dass sein Verhalten sie irritierte.
„Es tut mir leid, wenn ich dich irgendwie verärgert habe.“ Tatsächlich zeigte auch sein Gesicht eine Regung: Er sah wirklich bedröppelt aus. Er wechselte zurück ins simlische. „Vor ein paar Tagen habe ich aufgehört franzsimlisch zu lernen, weil mir die Sprache keinen Spaß macht. Als ich deinen Akzent gehört habe und du mir gesagt hast, dass du aus Holland kommst, hatte ich endlich eine Idee welche Sprache ich als nächstes lernen kann. Es ist mir ziemlich leicht gefallen, weil ich schon als Kind seutsch gelernt habe und die Ähnlichkeiten schon frappierend sind.“
„Das sagst du besser nie in Seutschland oder Holland.“ Nell schüttelte den Kopf. „Du bist komisch.“
Gabriel lachte leise und Nell fiel zum ersten Mal auf, wie tief seine Stimme war. „Das höre ich öfter.“
Nell grinste. Die Angst vor einem Stalker oder Axtmörder wich etwas zurück. „Es scheint dich nicht zu stören.“
Gabriel zuckte mit den Schultern und streckte das Gesicht wieder in Richtung Sonne. „Ich hab mich daran gewöhnt. Es ist nicht so, als wäre ich der geselligste Mensch.“
„Oh, ein Einzelgänger?“ Bäm, Stalker- oder Axtmörderalarm! Nell sah sich vorsichtig im Park um. Es waren ausreichend andere Sims unterwegs, die das sommerliche Wetter nutzten.
„Ja, so könnte man es sagen.“ Er lächelte leicht. „Meine Oma versucht mich zu mehr sozialen Aktionen zu animieren, aber ehrlich gesagt, finde ich die meisten Sims komisch.“
Nell rutschte an die Kante der Bank. „Dafür redest du aber ziemlich offen mit mir.“
Gabriel zuckte fast ein bisschen zusammen und sah sie überrascht an. Dann kratze er sich verlegen am Kopf. „Ja.“ Er schien überrascht von sich selbst. „Entschuldige, wenn ich dir zu nahe getreten bin.“
Nell winkte ab. Ein Axtmörder würde sich nicht entschuldigen oder? Oder er tat es recht, um sie in Sicherheit... Energisch schob Nell die aufkeimende Paranoia, die definitiv von den Sorgen ihrer Mutter stammten, zur Seite. „Kein Ding. Komischerweise reden die meisten Menschen gern mit mir.“
Gabriel lachte leise. „Komischerweise benutzen wir komisch ziemlich häufig heute.“
„Du willst mir jetzt aber nicht das Wort erklären oder? Du sagtest, du seist Linguistik.“
Für einen kurzen Moment sah Gabriel ertappt aus. Dann sah er wieder Richtung Sonne. Der Moment verflog und sein Gesicht wurde wieder zu dem ruhigen, regungslosen Ausdruck, den Nell gleichzeitig enervierend und faszinierend fand. „Hey, sollen wir einen Kaffee trinken gehen?“, schlug sie vor. „Wenn ich Koffein intus habe, könnte ich mich eventuell doch auf eine linguistische Lehrstunde einlassen.“
„... ich wundere mich nur, dass du die Ferien über hier geblieben bist.“
Es war ein paar Wochen später, bei einem Kaffee, und Nell wunderte sich, wie sie und Gabriel es geschafft hatten sich fast jeden zweiten Tag zu treffen ohne je die Nummern getauscht oder Verabredungen ausgesprochen hatten. Mal trafen sie sich im Park, mal in dem Café. Einmal beim Einkaufen im Biosupermarkt. Sie wusste nicht wo er wohnte (und hoffte er wusste es auch nicht von ihr – Axtmörder und so). Und trotzdem sahen sie sich häufiger als Nell ihren Vater sah – und der hatte gerade auch Semesterferien und sollte eigentlich Zeit für sie haben.
Gabriel sah kontemplativ auf seinen Kaffee. „Ich war zwei Tage zuhause.“, erinnerte er sie dann. „Und meine Großeltern waren zu Besuch.“
„Hast du dafür im Biosupermarkt eingekauft?“ Bei ihren Treffen hatten sie viel geredet und Nell hatte einiges über Gabriel erfahren. Sie selbst war etwas vorsichtiger mit dem was sie von sich preisgab. Dass Gabriel in der Küche hoffnungslos war, hatte sie zwar nicht explizit von ihm erfahren, aber er aß meistens außer Haus und wirkte auch im Supermarkt etwas verloren.
Gabriel seufzte. „Ja. Ich wollte Oma zeigen, dass ich ihre Lehrstunden verstanden habe und umsetzen kann.“
„Katastrophe?“, hakte Nell mitfühlend nach.
Er nickte und sah dabei aus wie ein Hundewelpe, der etwas ausgefressen hatte und sich dessen bewusst war. „Oma hat's geahnt. Sie hat für den ersten Tag Essen von zuhause mitgebracht und am nächsten Tag ist sie einkaufen gegangen und hat für zwei Wochen Essen für mich gekocht.“
„Ein Hoch auf die Tiefkühle!“ Nell prostete ihm mit ihrem Kaffee zu. Das entlockte Gabriel ein Lächeln. „Wenigstens musst du die nächste Zeit nicht hungern. Deine Oma kocht gut?“
Gabriels Gesicht erhellte sich. „Sehr gut. Sie sagt immer, sie hatte genug Zeit es zu lernen.“ Er zuckte mit den Schultern.
„Du sagst immer Oma statt Granma oder so. Und du hast gesagt, du hast als Kind schon seutsch gelernt. Kommt deine Oma aus Seutschland?“
Zum ersten Mal sah sie etwas wie Misstrauen über Gabriels Gesicht huschen. Hatte sie eine einen wunden Punk erwischt? Oder sollte sich nach den letzten Wochen doch herausstellen, dass er ein Axtmörder war?! Der Moment verflog und Gabriels Gesicht wurde ausdruckslos wie immer.
„Ja, Oma kommt ursprünglich aus Seutschland. Sie hat nie mit uns seutsch gesprochen, aber ich habe schon früh angefangen, andere Sprachen lernen zu wollen. Als Oma das herausfand, hat sie mir seutsch beigebracht.“
Nell entschied sich das zu testen und sprach auf seutsch weiter (sie bestätigte damit das weit verbreitete Vorurteil, dass die Holländer eh alle seutsch sprachen). „Also beherrscht du mindesten drei Sprachen: Simlisch, Seutsch, Franzsimlisch,...?“
Gabriel wechselte ebenfalls ins seutsche: „Russisch, spansimlisch, italisimlisch. Und ein paar alte Formen wie alt- und mittelhochseutsch oder simlisch. Und natürlich die toten Sprachen lateinisch, altgriechisch und aramäisch.“
„Natürlich.“, sagte Nell etwas platt und starrte ihn an.
Gabriel lachte sein tiefes Lachen. „Ich weiß, ich bin komisch.“
„Das würde ich jetzt nicht gerade sagen,...“ Sie brach ab, als sie sein Grinsen sah. „Ok, schon, aber … ich finde es ziemlich beeindruckend, dass du so viele Sprachen kannst.“ Sie sah ihn mit ehrlicher Bewunderung an.
Gabriel wirkte verwundert. Fast schon verlegen nahm er hastig einen Schluck Kaffee und verschluckte sich. Nell beeilte sich aufzustehen und ihm den Rücken zu klopfen.
„Besser?“, fragte sie nach einer Weile. Als er nickte, sah sie nach draußen. „Lass uns einen Spaziergang machen. Noch ist das Wetter schön.“
Der Spätsommer machte sich langsam in der kleinen Collegestadt bemerkbar. Gegen Abend wurde es schneller kühl und dunkel, die ersten Bäume verloren ihr kräftiges Grün und begannen sich zu verfärben. Der Geruch war ein ganz besonderer.
„Ich werde den Park wirklich vermissen.“, stieß Nell schließlich seufzend aus. Sie standen vor der Bank an der sie sich damals – es kam Nell länger als nur die paar Wochen vor – wiedergetroffen hatten. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie Gabriel stutzte. Nell biss sich auf die Innenseite der Wange. Sie sah verlegen zu Boden. „Ich war nur für den Sommer hier. Meinen Vater besuchen. Er unterrichtet hier.“ Nell suchte Gabriels Blick, der ruhig und regungslos auf ihr lag. „Ich wusste bis ich achtzehn wurde nicht einmal, dass ich einen Vater habe. Also biologisch gesehen schon, aber ich wusste nicht, wer es war. Als ich dann mit der Schule fertig geworden bin, haben meine Mutter und er ausgemacht, dass ich ihn einen Sommer lang besuche.“ Nell zwang sich zu einem Lächeln. „Er weiß nicht so recht, was er mit mir anfangen soll. Und ich nicht mit ihm.“
„Das tut mir leid. Ich kann mir das schlecht vorstellen. Meine Eltern und ich kommen ziemlich gut zurecht.“
Nell sah ihn dankbar an. „Oh, mit meiner Mutter komm ich auch gut zurecht, auch wenn sie eine Glucke ist. Eine paranoide Glucke.“ Nell seufzte. „Wie dem auch sei...ich fliege in zwei Tagen zurück nach Holland. Mein Semester beginnt in drei Wochen und ich muss noch mein WG-Zimmer beziehen … und so.“ Nell konnte gerade verhindern, dass sie verlegen mit den Händen rang, so wie ihre Mutter es häufig tat.
Gabriel verzog sein ruhiges Gesicht zu einem sanften Lächeln. „Was studierst du?“
„Ursprünglich wollte ich Sport studieren.“ Sie sah säuerlich aus. „Aber ich hab mich im vorletzten Schuljahr übel am Rücken verletzt. Musste das Hockey dafür aufgeben.“ Seufzend fuhr sie fort: „Deswegen hab ich jetzt erst mal Pädagogik angefangen. Aber ich glaube nicht, dass das was für mich ist.“
„Weswegen fängst du dann damit an?“
Nell ließ sich auf der Bank nieder. „Für meine Mutter kommt gar nicht in Frage, dass ich nicht studiere. Oder es zumindest versuche. Also guck ich mir das erst mal an.“
Gabriel setzte sich neben sie. Er sah sie nicht an, sondern reckte das Gesicht in Richtung der Sonne. Innerlich unterdrückte er ein Grinsen, als er an die Ermahnungen seiner Großmutter dachte. Tatsächlich hatte er in diesem Sommer mehr frische Luft und Sonne abbekommen als in den Jahren seit er ausgezogen war. Er hörte Nell ein weiteres Mal seufzen. Ihm ging auf, wie viel jünger als er sie wohl war. Nicht, dass das irgendeinen Unterschied gemacht hätte. Er schätzte Nell und war – obwohl er normalerweise Einsamkeit bevorzugte – froh, in diesem Sommer einen Freund gefunden zu haben.
„Brauchst du jemanden, der dich zum Flughafen fährt?“, bot er dann an. „Ich kann mir von einem Kollegen ein Auto leihen.“
„Danke, das ist lieb, aber ich schätze Phil – das ist mein Vater – will zumindest dafür sorgen, dass ich abreise.“ Sie lachte. „Das klang jetzt harscher als beabsichtigt. Er ist kein schlechter Typ.“
„Wirst du ihn nochmal besuchen?“, fragte Gabriel. Beide sahen sich einen kurzen Moment an, beide in die Überlegung vertieft, ob er damit Phil oder sich selbst meinte.
Schließlich erwiderte Nell: „Das weiß ich noch nicht. Ich bin niemand der großartig plant.“ Zumindest nicht mehr, seit die Rückenverletzung ihre Hockeykarriere beendet hatte. Nell schob den unangenehmen Gedanken beiseite und lächelte Gabriel an. „Ich bin aber wirklich froh, dass wir uns kennengelernt haben.“
Gabriel nickte. „Ich auch. Ich hab nicht viele Freunde – hier schon gar nicht. Mir war gar nicht bewusst, wie schön es ist einen Freund zu haben.“
Zwei Tage später saß Nell im Flieger. Sie wunderte sich immer noch, ob Gabriel sie gefriendzoned hatte und ob sie dass gut oder schlecht fand. Dann fiel ihr ein, dass sie nicht ihre Nummern ausgetauscht hatten.
Mit fast schon enervierender Langsamkeit sah Gabriel vom Himmel auf das Mädchen vor ihm. Nell konnte sehen, dass er sie wieder erkannte. Er nickte ihr zu, zuppelte den Stöpsel aus dem linken Ohr und sagte auf niederländisch. „Du stehst mir in der Sonne.“
„Das ist jetzt nicht dein Ernst?!“ Trotzdem machte Nell einen Schritt zur Seite.
Gabriel zog sein Smartphone aus den Taschen des Parkas und beendete ein Programm. Dann nahm er den zweiten Stöpsel heraus. Nachdem er Ohrstöpsel und Smartphone wieder verstaut hatte, begrüßte er Nell auf niederländisch.
„Findest du das nicht ein bisschen … creepy?“ Nell zumindest fand es ziemlich unheimlich und begann sich zu wundern, ob er nur ganz zufällig im Park saß oder sie sich einen Stalker angelacht hatte. Die Warnungen ihrer Mutter über Simerika kamen ihr in den Sinn.
Es dauerte einen kleinen Moment bevor Gabriel antwortete – weiterhin auf niederländisch, was Nell langsam aufbrachte. „Ich sagte doch, ich lerne gerne neue Sprachen.“
„Im Park?!“
„Ich habe keinen Balkon und meine Oma hat mich heute morgen erst ermahnt, dass ich mehr an die frische Luft muss.“
Die Verwendung des Wortes „Oma“ statt „Großmutter“ ließ Nell aufhorchen. Sie ließ sich neben ihn auf die Bank plumpsen. Gabriel schien langsam zu dämmern, dass sein Verhalten sie irritierte.
„Es tut mir leid, wenn ich dich irgendwie verärgert habe.“ Tatsächlich zeigte auch sein Gesicht eine Regung: Er sah wirklich bedröppelt aus. Er wechselte zurück ins simlische. „Vor ein paar Tagen habe ich aufgehört franzsimlisch zu lernen, weil mir die Sprache keinen Spaß macht. Als ich deinen Akzent gehört habe und du mir gesagt hast, dass du aus Holland kommst, hatte ich endlich eine Idee welche Sprache ich als nächstes lernen kann. Es ist mir ziemlich leicht gefallen, weil ich schon als Kind seutsch gelernt habe und die Ähnlichkeiten schon frappierend sind.“
„Das sagst du besser nie in Seutschland oder Holland.“ Nell schüttelte den Kopf. „Du bist komisch.“
Gabriel lachte leise und Nell fiel zum ersten Mal auf, wie tief seine Stimme war. „Das höre ich öfter.“
Nell grinste. Die Angst vor einem Stalker oder Axtmörder wich etwas zurück. „Es scheint dich nicht zu stören.“
Gabriel zuckte mit den Schultern und streckte das Gesicht wieder in Richtung Sonne. „Ich hab mich daran gewöhnt. Es ist nicht so, als wäre ich der geselligste Mensch.“
„Oh, ein Einzelgänger?“ Bäm, Stalker- oder Axtmörderalarm! Nell sah sich vorsichtig im Park um. Es waren ausreichend andere Sims unterwegs, die das sommerliche Wetter nutzten.
„Ja, so könnte man es sagen.“ Er lächelte leicht. „Meine Oma versucht mich zu mehr sozialen Aktionen zu animieren, aber ehrlich gesagt, finde ich die meisten Sims komisch.“
Nell rutschte an die Kante der Bank. „Dafür redest du aber ziemlich offen mit mir.“
Gabriel zuckte fast ein bisschen zusammen und sah sie überrascht an. Dann kratze er sich verlegen am Kopf. „Ja.“ Er schien überrascht von sich selbst. „Entschuldige, wenn ich dir zu nahe getreten bin.“
Nell winkte ab. Ein Axtmörder würde sich nicht entschuldigen oder? Oder er tat es recht, um sie in Sicherheit... Energisch schob Nell die aufkeimende Paranoia, die definitiv von den Sorgen ihrer Mutter stammten, zur Seite. „Kein Ding. Komischerweise reden die meisten Menschen gern mit mir.“
Gabriel lachte leise. „Komischerweise benutzen wir komisch ziemlich häufig heute.“
„Du willst mir jetzt aber nicht das Wort erklären oder? Du sagtest, du seist Linguistik.“
Für einen kurzen Moment sah Gabriel ertappt aus. Dann sah er wieder Richtung Sonne. Der Moment verflog und sein Gesicht wurde wieder zu dem ruhigen, regungslosen Ausdruck, den Nell gleichzeitig enervierend und faszinierend fand. „Hey, sollen wir einen Kaffee trinken gehen?“, schlug sie vor. „Wenn ich Koffein intus habe, könnte ich mich eventuell doch auf eine linguistische Lehrstunde einlassen.“
„... ich wundere mich nur, dass du die Ferien über hier geblieben bist.“
Es war ein paar Wochen später, bei einem Kaffee, und Nell wunderte sich, wie sie und Gabriel es geschafft hatten sich fast jeden zweiten Tag zu treffen ohne je die Nummern getauscht oder Verabredungen ausgesprochen hatten. Mal trafen sie sich im Park, mal in dem Café. Einmal beim Einkaufen im Biosupermarkt. Sie wusste nicht wo er wohnte (und hoffte er wusste es auch nicht von ihr – Axtmörder und so). Und trotzdem sahen sie sich häufiger als Nell ihren Vater sah – und der hatte gerade auch Semesterferien und sollte eigentlich Zeit für sie haben.
Gabriel sah kontemplativ auf seinen Kaffee. „Ich war zwei Tage zuhause.“, erinnerte er sie dann. „Und meine Großeltern waren zu Besuch.“
„Hast du dafür im Biosupermarkt eingekauft?“ Bei ihren Treffen hatten sie viel geredet und Nell hatte einiges über Gabriel erfahren. Sie selbst war etwas vorsichtiger mit dem was sie von sich preisgab. Dass Gabriel in der Küche hoffnungslos war, hatte sie zwar nicht explizit von ihm erfahren, aber er aß meistens außer Haus und wirkte auch im Supermarkt etwas verloren.
Gabriel seufzte. „Ja. Ich wollte Oma zeigen, dass ich ihre Lehrstunden verstanden habe und umsetzen kann.“
„Katastrophe?“, hakte Nell mitfühlend nach.
Er nickte und sah dabei aus wie ein Hundewelpe, der etwas ausgefressen hatte und sich dessen bewusst war. „Oma hat's geahnt. Sie hat für den ersten Tag Essen von zuhause mitgebracht und am nächsten Tag ist sie einkaufen gegangen und hat für zwei Wochen Essen für mich gekocht.“
„Ein Hoch auf die Tiefkühle!“ Nell prostete ihm mit ihrem Kaffee zu. Das entlockte Gabriel ein Lächeln. „Wenigstens musst du die nächste Zeit nicht hungern. Deine Oma kocht gut?“
Gabriels Gesicht erhellte sich. „Sehr gut. Sie sagt immer, sie hatte genug Zeit es zu lernen.“ Er zuckte mit den Schultern.
„Du sagst immer Oma statt Granma oder so. Und du hast gesagt, du hast als Kind schon seutsch gelernt. Kommt deine Oma aus Seutschland?“
Zum ersten Mal sah sie etwas wie Misstrauen über Gabriels Gesicht huschen. Hatte sie eine einen wunden Punk erwischt? Oder sollte sich nach den letzten Wochen doch herausstellen, dass er ein Axtmörder war?! Der Moment verflog und Gabriels Gesicht wurde ausdruckslos wie immer.
„Ja, Oma kommt ursprünglich aus Seutschland. Sie hat nie mit uns seutsch gesprochen, aber ich habe schon früh angefangen, andere Sprachen lernen zu wollen. Als Oma das herausfand, hat sie mir seutsch beigebracht.“
Nell entschied sich das zu testen und sprach auf seutsch weiter (sie bestätigte damit das weit verbreitete Vorurteil, dass die Holländer eh alle seutsch sprachen). „Also beherrscht du mindesten drei Sprachen: Simlisch, Seutsch, Franzsimlisch,...?“
Gabriel wechselte ebenfalls ins seutsche: „Russisch, spansimlisch, italisimlisch. Und ein paar alte Formen wie alt- und mittelhochseutsch oder simlisch. Und natürlich die toten Sprachen lateinisch, altgriechisch und aramäisch.“
„Natürlich.“, sagte Nell etwas platt und starrte ihn an.
Gabriel lachte sein tiefes Lachen. „Ich weiß, ich bin komisch.“
„Das würde ich jetzt nicht gerade sagen,...“ Sie brach ab, als sie sein Grinsen sah. „Ok, schon, aber … ich finde es ziemlich beeindruckend, dass du so viele Sprachen kannst.“ Sie sah ihn mit ehrlicher Bewunderung an.
Gabriel wirkte verwundert. Fast schon verlegen nahm er hastig einen Schluck Kaffee und verschluckte sich. Nell beeilte sich aufzustehen und ihm den Rücken zu klopfen.
„Besser?“, fragte sie nach einer Weile. Als er nickte, sah sie nach draußen. „Lass uns einen Spaziergang machen. Noch ist das Wetter schön.“
Der Spätsommer machte sich langsam in der kleinen Collegestadt bemerkbar. Gegen Abend wurde es schneller kühl und dunkel, die ersten Bäume verloren ihr kräftiges Grün und begannen sich zu verfärben. Der Geruch war ein ganz besonderer.
„Ich werde den Park wirklich vermissen.“, stieß Nell schließlich seufzend aus. Sie standen vor der Bank an der sie sich damals – es kam Nell länger als nur die paar Wochen vor – wiedergetroffen hatten. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie Gabriel stutzte. Nell biss sich auf die Innenseite der Wange. Sie sah verlegen zu Boden. „Ich war nur für den Sommer hier. Meinen Vater besuchen. Er unterrichtet hier.“ Nell suchte Gabriels Blick, der ruhig und regungslos auf ihr lag. „Ich wusste bis ich achtzehn wurde nicht einmal, dass ich einen Vater habe. Also biologisch gesehen schon, aber ich wusste nicht, wer es war. Als ich dann mit der Schule fertig geworden bin, haben meine Mutter und er ausgemacht, dass ich ihn einen Sommer lang besuche.“ Nell zwang sich zu einem Lächeln. „Er weiß nicht so recht, was er mit mir anfangen soll. Und ich nicht mit ihm.“
„Das tut mir leid. Ich kann mir das schlecht vorstellen. Meine Eltern und ich kommen ziemlich gut zurecht.“
Nell sah ihn dankbar an. „Oh, mit meiner Mutter komm ich auch gut zurecht, auch wenn sie eine Glucke ist. Eine paranoide Glucke.“ Nell seufzte. „Wie dem auch sei...ich fliege in zwei Tagen zurück nach Holland. Mein Semester beginnt in drei Wochen und ich muss noch mein WG-Zimmer beziehen … und so.“ Nell konnte gerade verhindern, dass sie verlegen mit den Händen rang, so wie ihre Mutter es häufig tat.
Gabriel verzog sein ruhiges Gesicht zu einem sanften Lächeln. „Was studierst du?“
„Ursprünglich wollte ich Sport studieren.“ Sie sah säuerlich aus. „Aber ich hab mich im vorletzten Schuljahr übel am Rücken verletzt. Musste das Hockey dafür aufgeben.“ Seufzend fuhr sie fort: „Deswegen hab ich jetzt erst mal Pädagogik angefangen. Aber ich glaube nicht, dass das was für mich ist.“
„Weswegen fängst du dann damit an?“
Nell ließ sich auf der Bank nieder. „Für meine Mutter kommt gar nicht in Frage, dass ich nicht studiere. Oder es zumindest versuche. Also guck ich mir das erst mal an.“
Gabriel setzte sich neben sie. Er sah sie nicht an, sondern reckte das Gesicht in Richtung der Sonne. Innerlich unterdrückte er ein Grinsen, als er an die Ermahnungen seiner Großmutter dachte. Tatsächlich hatte er in diesem Sommer mehr frische Luft und Sonne abbekommen als in den Jahren seit er ausgezogen war. Er hörte Nell ein weiteres Mal seufzen. Ihm ging auf, wie viel jünger als er sie wohl war. Nicht, dass das irgendeinen Unterschied gemacht hätte. Er schätzte Nell und war – obwohl er normalerweise Einsamkeit bevorzugte – froh, in diesem Sommer einen Freund gefunden zu haben.
„Brauchst du jemanden, der dich zum Flughafen fährt?“, bot er dann an. „Ich kann mir von einem Kollegen ein Auto leihen.“
„Danke, das ist lieb, aber ich schätze Phil – das ist mein Vater – will zumindest dafür sorgen, dass ich abreise.“ Sie lachte. „Das klang jetzt harscher als beabsichtigt. Er ist kein schlechter Typ.“
„Wirst du ihn nochmal besuchen?“, fragte Gabriel. Beide sahen sich einen kurzen Moment an, beide in die Überlegung vertieft, ob er damit Phil oder sich selbst meinte.
Schließlich erwiderte Nell: „Das weiß ich noch nicht. Ich bin niemand der großartig plant.“ Zumindest nicht mehr, seit die Rückenverletzung ihre Hockeykarriere beendet hatte. Nell schob den unangenehmen Gedanken beiseite und lächelte Gabriel an. „Ich bin aber wirklich froh, dass wir uns kennengelernt haben.“
Gabriel nickte. „Ich auch. Ich hab nicht viele Freunde – hier schon gar nicht. Mir war gar nicht bewusst, wie schön es ist einen Freund zu haben.“
Zwei Tage später saß Nell im Flieger. Sie wunderte sich immer noch, ob Gabriel sie gefriendzoned hatte und ob sie dass gut oder schlecht fand. Dann fiel ihr ein, dass sie nicht ihre Nummern ausgetauscht hatten.
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 3 – Wieder wie immer
Gabriel starrte auf den Laptopbildschirm. Seine Augen brannten langsam, sein Rücken stach. Langsam schon er die Maus auf den Speichernknopf. Erschöpft sackte er in seinem Stuhl zusammen. Ein Blick auf die Uhr ließ ihn jedoch wie von der Tarantel gestochen hochfahren. Er hatte die ganze Nacht an seiner Doktorarbeit geschrieben und darüber völlig die Uhrzeit aus den Augen verloren. Es war fast sieben. Um acht Uhr sollte er ein Tutorium halten. Gabriel rieb sich müde die Augen. Für einen Moment überlegt er, sich krank zu melden, doch dann meldete sich sein Pflichtbewusstsein. Er zwang sich kraftvoller aufzustehen als es eigentlich möglich wäre und eilte in die Küche, die wie immer ein Schlachtfeld aus benutzten Kaffeetassen, leeren Tupperdosen, Kartons vom lokalen Chinesen und Pizzakartons war. Morgen, nahm sich Gabriel vor, während er den Filter aus der Kaffeemaschine fischte und wegwarf. Er nahm den letzten Filter aus der Packung, schüttete nach Augenmaß Kaffee hinein und füllte Wasser nach. Wie sein Vater war er ein Kaffeejunkie. Während der Kaffee kochte, sprang Gabriel unter die Dusche. Er ließ den heißen Wasserstrahl seine verspannten Muskeln massieren. Doch nach ein paar Minuten drehte er das Wasser entschlossen ab. Er war spät dran, auch wenn er am liebsten noch Ewigkeiten unter der Dusche gestanden hätte.
Der Kaffee war fertig und er füllte einen Großteil des Kaffees in eine Travel Mug. Einen kurzer Blick in den Kühlschrank später – gähnende Leere – rannte er mit seiner Aktentasche in der einen und der Travel Mug in der anderen Hand aus der Tür. Wenn er Glück hatte konnte er auf dem Weg zu seinem Tutorium noch einen Muffin kaufen. Wenn er Pech hatte, und die Bäckerei zu voll, würde er sein Frühstück (oder Abendessen, hatte er überhaupt zu Abend gegessen?) verschieben müssen.
Die Bäckerei war zu voll, die Studenten im Tutorium zu spät und sein Doktorvater bestand unbedingt auf sein Gespräch im Anschluss an das Tutorium. Wie immer … So kam es, dass Gabriel ein paar Stunden später bei Professor Palmer im Büro saß, über ein Kapitel seiner Doktorarbeit sprach und dabei hoffte, sein Magen würde nicht zu laut knurren. Mittlerweile hatte er sich daran erinnert nicht zu Abend gegessen zu haben. Sein Blutzuckerspiegel war im Keller und sein Kopf fühlte sich schwammig an. Professor Palmer dozierte still vor sich hin, doch in einer seiner Denkpausen passierte es: Gabriels Magen knurrte laut.
Professor Palmer sah belustigt zu Gabriel. „Das klingt ja wie ein Wolf!“
Misstrauisch kniff Gabriel die Augen zusammen. Bisher hatte er nie einen Grund gehabt die gleiche Furcht wie sein Vater vor Beobachtern zu haben, aber er reagierte immer vorsichtig, wenn bestimmte Triggerwörter gesprochen wurden. Doch Professor Palmer grinste nur, griff in seine Schreibtischschublade und kramte einen Schokoriegel hervor. Er warf ihn Gabriel zu.
„Gabriel, haben Sie wieder die Nacht zum Tag gemacht?“
Hungrig riss Gabriel die Verpackung auf, biss ein großes Stück ab und machte dabei eine unbestimmte Kopfbewegung. Palmer schüttelte den Kopf. „Sie liegen so unglaublich gut in der Zeit und machen so große Fortschritte. Sie müssen sich nicht beeilen.“ Er zögerte bevor er fortfuhr: „Machen Sie Pausen, lassen Sie die Arbeit mal liegen.“
Gabriel schluckte den letzten Rest des Riegels herunter. „Wenn ich einmal anfange, dann vergesse ich einfach die Zeit. Ich verspüre keinen Druck.“
Palmer runzelte die Stirn und schüttelte dann den Kopf. „Wie Sie meinen. Aber sehen Sie wenigstens zu, vernünftige Ruhezeiten einzuhalten. Und zu essen.“
Etwas später fräste sich Gabriel mit einem großen Müllbeutel, feuchten Tüchern und der Entschlossenheit eines Reinigungsfanatikers (der er nicht war), durch sein Apartment. Sein Körper schrie nach Schlaf, aber Gabriel war so übermüdet und vom Koffein aufgeputscht, dass er wusste, er würde nicht schlafen können. Nachdem Küchenzeile und Wohnraum wiederhergerichtet waren, räumte Gabriel, etwas entspannter, sein Arbeitszimmer auf. Palmer hatte Recht, er lag gut in der Zeit mit seiner Dissertation. Tatsächlich musste er nur noch das abschließende Kapitel schreiben, Korrektur lesen und überarbeiten. Seine Abgabe war erst kommenden Frühling. Die anderen Herausforderungen, wie die Veröffentlichung wissenschaftlicher Artikel, Teilnahme an Workshops und das Unterrichten, hatte er ebenfalls schon bewältigt.
Ordentlich stellte Gabriel das letzte Buch ins Regal. Er ließ sich auf seinen Schreibtischstuhl fallen und sah sich um. Er seufzte. Seitdem der Sommer vorbei war, war er wieder in seine alten Verhaltensmuster zurückgefallen. Wenig Schlaf, viel Arbeit, die meiste Zeit im Haus. Er wunderte sich immer noch, warum er in diesem Sommer so oft nach draußen gegangen war. Ja, Oma hatte ihn ermahnt, rauszugehen, aber das tat sie seitdem er denken konnte. Er war kein Stubenhocker, er mochte es draußen zu sein. Aber wie oft fesselte ihn ein Buch? Und Gabriel las selten ein Buch einfach so, meist machte er sich Notizen dazu. Das ging nun mal am besten am Schreibtisch. Irgendwann hatte Oma dafür gesorgt, dass Opa ihm einen Outdoor-Schreibtisch zimmerte, an dem er im Sommer und an milden Frühlings- oder Herbsttagen draußen arbeiten konnte. Das hatte nur bedingt geklappt, denn Claire hatte ihn draußen viel eher davon überzeugen können, mit ihr zu spielen oder etwas zu unternehmen. Gabriel lachte leise, vermutlich hatte Oma das einkalkuliert. Er zückte sein Smartphone und wählte die Nummer seiner Oma.
„Hi Oma. Ich hab gerade an dich gedacht.“
„Aww, Gabriel, du bist so süß.“ Wie häufig war Gabriel nicht sicher, ob sie es ernst meinte oder ihn ärgern wollte. „Was treibst du so?“
„Ach nicht viel. Hab gerade aufgeräumt und die Wohnung geputzt.“
Oma Kira schnalzte ungehalten. „Also hast du wieder ein paar Tage gesumpft, nicht gespült, Essen bestellt und zu viel Kaffee gesoffen.“
Gabriel konnte sich ihr Gesicht lebhaft vorstellen. Und wie sie später erzürnt zu Grandpa oder seinen Eltern stapfen würde und sich darüber beschweren würde, dass der Junge einfach nicht vernünftig sei. „Hmm, ja.“
„Ach Gabriel.“, sie lachte leise. „Dann sei wenigstens so vernünftig und mach' gleich einen Spaziergang. Und iss wenigstens jeden Tag einen Apfel. Ich habe die Tage geerntet, ich schicke dir eine Kiste.“
„Das klingt gut.“ Die Aussicht auf frische Äpfel aus dem Familiengarten hoben seine Stimmung enorm. Erst als er ausgezogen war, war ihm klar geworden, wie viel frisches Obst und Gemüse kostete und wie sehr die Qualität schwankte. Vieles schmeckte einfach entsetzlich fad. Im Biosupermarkt ging es etwas besser, aber Omas Obst und Gemüse waren einfach das Beste. Zum ersten Mal seit langem ergriff ihn so was wie Heimweh. Er hatte sich schon während der Highschool für ein Linguistikstudium entschieden und sich anschließend ein College gesucht, dass über eine gute linguistische Fakultät verfügte. Das vermeintliche Prestige eines Colleges oder einer Universität kümmerte ihn wenig, ihm waren die Meriten der Lehrenden und ihre Forschungsgebiete wichtiger. So war es gekommen, dass er fast einen halben Tag Autofahrt von Rivervale entfernt ein winziges College besuchte. In kürzester Zeit hatte er Bachelor und Master erworben und nun würde er bald seine Doktorarbeit abgeben. Was danach kam...darüber hatte sich Gabriel noch keine Gedanken gemacht.
Er plauderte noch ein bisschen mit seiner Großmutter, die ihn schließlich an seinen Großvater weiterreichte. Darrel machte keinen verspätetet Erziehungs- oder Einwirkungsversuche, er fragte aber interessiert nach dem Stand der Doktorarbeit. Im Hintergrund konnte Gabriel jedoch seine Oma hören, und so schloss ein seufzender Darrel das Gespräch mit: „Du solltest wirklich auf Kira hören. Iss mehr Obst und Gemüse, schlaf ausreichend und geh spazieren.“ Er leierte es amüsiert herunter und Gabriel war sicher, dass Omas spitzer Ellenbogen gleich in Darrels Rippen landen würde.
„Alles klar. Ich versuch's. Lass dich nicht von Oma ärgern.“
Darrel lachte und verabschiedete sich.
Das Gespräch hatte Gabriel belebt. Er warf einen Blick aus dem Fenster und entschied sich tatsächlich für einen Gang in den Park.
Auf dem Weg in den Park fuhr er mit seiner Aufbaulektion in Franzsimlisch fort. Nach langen Zögern hatte er sich dafür entschieden, die Sprache so weit zu lernen, bis er sich zumindest halbwegs verständigen konnte. Die App, die er benutzte hatte ihm bisher gute Dienste geleistet, aber das meiste lernte er in Gesprächen. Dafür mussten in der Regel Oma und Grandpa herhalten, da sie die einzigen Sims waren, die zusammen ähnlich viele Sprache beherrschten wie er. Er ließ sich auf „seiner“ Bank nieder und erinnerte sich daran, wie viel er durch die Gespräche mit Nell gelernt hatte. Sie waren durch drei Sprachen gesprungen und die Dynamik eines Gesprächs half viel mehr als reines Grammatik- und Vokabeltraining. Auch wenn Gabriel ein Sprachtalent war und in kürzester Zeit eine neue Sprache lernte.
Das franzsimlisch nervte ihn nach kurzer Zeit wieder so sehr, dass er die Lektion beendete und stattdessen im Internet surfte. Er suchte nach Dr. Humphrey und ob er Vorträge in der Nähe hielt. Tatsächlich hatte Humphrey überhaupt keine Termine auf seiner Website stehen und die letzten Einträge auf seinem Blog waren schon einige Wochen alt. Entweder hatte er sich Urlaub genommen, oder Gabriels Mission ihn in wissenschaftlich untragbar zu machen hatte endlich Erfolg gehabt. Er erinnerte sich daran, wie erstaunt und vielleicht sogar schockiert Nell gewesen war, als er ihr erklärt hatte, warum der überhaupt zu dem Vortrag gegangen war. Humphrey war einfach ein aufgeblasener Stümper, der seine Verschwörungstheorien wissenschaftlich unsauber präsentierte. Das war Gabriels offizielle Begründung für seine Antipathie. Inoffiziell würde Gabriel alles dafür tun, Sims die an die Existenz von übernatürlichen Sims glaubten und vor diesen warnten oder sie gar vernichten wollten, zu behindern. Auch wenn er in Moonlight Falls nicht willkommen war, Seine Mutter war einst ein Wolf gewesen und seine Tante war ein IF. Die unbegründete Angst vor dem Fremden und der daraus resultierende Hass machten Gabriel Angst. Er würde alles tun um seine Mutter und seine Tante zu schützen.
Der Kaffee war fertig und er füllte einen Großteil des Kaffees in eine Travel Mug. Einen kurzer Blick in den Kühlschrank später – gähnende Leere – rannte er mit seiner Aktentasche in der einen und der Travel Mug in der anderen Hand aus der Tür. Wenn er Glück hatte konnte er auf dem Weg zu seinem Tutorium noch einen Muffin kaufen. Wenn er Pech hatte, und die Bäckerei zu voll, würde er sein Frühstück (oder Abendessen, hatte er überhaupt zu Abend gegessen?) verschieben müssen.
Die Bäckerei war zu voll, die Studenten im Tutorium zu spät und sein Doktorvater bestand unbedingt auf sein Gespräch im Anschluss an das Tutorium. Wie immer … So kam es, dass Gabriel ein paar Stunden später bei Professor Palmer im Büro saß, über ein Kapitel seiner Doktorarbeit sprach und dabei hoffte, sein Magen würde nicht zu laut knurren. Mittlerweile hatte er sich daran erinnert nicht zu Abend gegessen zu haben. Sein Blutzuckerspiegel war im Keller und sein Kopf fühlte sich schwammig an. Professor Palmer dozierte still vor sich hin, doch in einer seiner Denkpausen passierte es: Gabriels Magen knurrte laut.
Professor Palmer sah belustigt zu Gabriel. „Das klingt ja wie ein Wolf!“
Misstrauisch kniff Gabriel die Augen zusammen. Bisher hatte er nie einen Grund gehabt die gleiche Furcht wie sein Vater vor Beobachtern zu haben, aber er reagierte immer vorsichtig, wenn bestimmte Triggerwörter gesprochen wurden. Doch Professor Palmer grinste nur, griff in seine Schreibtischschublade und kramte einen Schokoriegel hervor. Er warf ihn Gabriel zu.
„Gabriel, haben Sie wieder die Nacht zum Tag gemacht?“
Hungrig riss Gabriel die Verpackung auf, biss ein großes Stück ab und machte dabei eine unbestimmte Kopfbewegung. Palmer schüttelte den Kopf. „Sie liegen so unglaublich gut in der Zeit und machen so große Fortschritte. Sie müssen sich nicht beeilen.“ Er zögerte bevor er fortfuhr: „Machen Sie Pausen, lassen Sie die Arbeit mal liegen.“
Gabriel schluckte den letzten Rest des Riegels herunter. „Wenn ich einmal anfange, dann vergesse ich einfach die Zeit. Ich verspüre keinen Druck.“
Palmer runzelte die Stirn und schüttelte dann den Kopf. „Wie Sie meinen. Aber sehen Sie wenigstens zu, vernünftige Ruhezeiten einzuhalten. Und zu essen.“
Etwas später fräste sich Gabriel mit einem großen Müllbeutel, feuchten Tüchern und der Entschlossenheit eines Reinigungsfanatikers (der er nicht war), durch sein Apartment. Sein Körper schrie nach Schlaf, aber Gabriel war so übermüdet und vom Koffein aufgeputscht, dass er wusste, er würde nicht schlafen können. Nachdem Küchenzeile und Wohnraum wiederhergerichtet waren, räumte Gabriel, etwas entspannter, sein Arbeitszimmer auf. Palmer hatte Recht, er lag gut in der Zeit mit seiner Dissertation. Tatsächlich musste er nur noch das abschließende Kapitel schreiben, Korrektur lesen und überarbeiten. Seine Abgabe war erst kommenden Frühling. Die anderen Herausforderungen, wie die Veröffentlichung wissenschaftlicher Artikel, Teilnahme an Workshops und das Unterrichten, hatte er ebenfalls schon bewältigt.
Ordentlich stellte Gabriel das letzte Buch ins Regal. Er ließ sich auf seinen Schreibtischstuhl fallen und sah sich um. Er seufzte. Seitdem der Sommer vorbei war, war er wieder in seine alten Verhaltensmuster zurückgefallen. Wenig Schlaf, viel Arbeit, die meiste Zeit im Haus. Er wunderte sich immer noch, warum er in diesem Sommer so oft nach draußen gegangen war. Ja, Oma hatte ihn ermahnt, rauszugehen, aber das tat sie seitdem er denken konnte. Er war kein Stubenhocker, er mochte es draußen zu sein. Aber wie oft fesselte ihn ein Buch? Und Gabriel las selten ein Buch einfach so, meist machte er sich Notizen dazu. Das ging nun mal am besten am Schreibtisch. Irgendwann hatte Oma dafür gesorgt, dass Opa ihm einen Outdoor-Schreibtisch zimmerte, an dem er im Sommer und an milden Frühlings- oder Herbsttagen draußen arbeiten konnte. Das hatte nur bedingt geklappt, denn Claire hatte ihn draußen viel eher davon überzeugen können, mit ihr zu spielen oder etwas zu unternehmen. Gabriel lachte leise, vermutlich hatte Oma das einkalkuliert. Er zückte sein Smartphone und wählte die Nummer seiner Oma.
„Hi Oma. Ich hab gerade an dich gedacht.“
„Aww, Gabriel, du bist so süß.“ Wie häufig war Gabriel nicht sicher, ob sie es ernst meinte oder ihn ärgern wollte. „Was treibst du so?“
„Ach nicht viel. Hab gerade aufgeräumt und die Wohnung geputzt.“
Oma Kira schnalzte ungehalten. „Also hast du wieder ein paar Tage gesumpft, nicht gespült, Essen bestellt und zu viel Kaffee gesoffen.“
Gabriel konnte sich ihr Gesicht lebhaft vorstellen. Und wie sie später erzürnt zu Grandpa oder seinen Eltern stapfen würde und sich darüber beschweren würde, dass der Junge einfach nicht vernünftig sei. „Hmm, ja.“
„Ach Gabriel.“, sie lachte leise. „Dann sei wenigstens so vernünftig und mach' gleich einen Spaziergang. Und iss wenigstens jeden Tag einen Apfel. Ich habe die Tage geerntet, ich schicke dir eine Kiste.“
„Das klingt gut.“ Die Aussicht auf frische Äpfel aus dem Familiengarten hoben seine Stimmung enorm. Erst als er ausgezogen war, war ihm klar geworden, wie viel frisches Obst und Gemüse kostete und wie sehr die Qualität schwankte. Vieles schmeckte einfach entsetzlich fad. Im Biosupermarkt ging es etwas besser, aber Omas Obst und Gemüse waren einfach das Beste. Zum ersten Mal seit langem ergriff ihn so was wie Heimweh. Er hatte sich schon während der Highschool für ein Linguistikstudium entschieden und sich anschließend ein College gesucht, dass über eine gute linguistische Fakultät verfügte. Das vermeintliche Prestige eines Colleges oder einer Universität kümmerte ihn wenig, ihm waren die Meriten der Lehrenden und ihre Forschungsgebiete wichtiger. So war es gekommen, dass er fast einen halben Tag Autofahrt von Rivervale entfernt ein winziges College besuchte. In kürzester Zeit hatte er Bachelor und Master erworben und nun würde er bald seine Doktorarbeit abgeben. Was danach kam...darüber hatte sich Gabriel noch keine Gedanken gemacht.
Er plauderte noch ein bisschen mit seiner Großmutter, die ihn schließlich an seinen Großvater weiterreichte. Darrel machte keinen verspätetet Erziehungs- oder Einwirkungsversuche, er fragte aber interessiert nach dem Stand der Doktorarbeit. Im Hintergrund konnte Gabriel jedoch seine Oma hören, und so schloss ein seufzender Darrel das Gespräch mit: „Du solltest wirklich auf Kira hören. Iss mehr Obst und Gemüse, schlaf ausreichend und geh spazieren.“ Er leierte es amüsiert herunter und Gabriel war sicher, dass Omas spitzer Ellenbogen gleich in Darrels Rippen landen würde.
„Alles klar. Ich versuch's. Lass dich nicht von Oma ärgern.“
Darrel lachte und verabschiedete sich.
Das Gespräch hatte Gabriel belebt. Er warf einen Blick aus dem Fenster und entschied sich tatsächlich für einen Gang in den Park.
Auf dem Weg in den Park fuhr er mit seiner Aufbaulektion in Franzsimlisch fort. Nach langen Zögern hatte er sich dafür entschieden, die Sprache so weit zu lernen, bis er sich zumindest halbwegs verständigen konnte. Die App, die er benutzte hatte ihm bisher gute Dienste geleistet, aber das meiste lernte er in Gesprächen. Dafür mussten in der Regel Oma und Grandpa herhalten, da sie die einzigen Sims waren, die zusammen ähnlich viele Sprache beherrschten wie er. Er ließ sich auf „seiner“ Bank nieder und erinnerte sich daran, wie viel er durch die Gespräche mit Nell gelernt hatte. Sie waren durch drei Sprachen gesprungen und die Dynamik eines Gesprächs half viel mehr als reines Grammatik- und Vokabeltraining. Auch wenn Gabriel ein Sprachtalent war und in kürzester Zeit eine neue Sprache lernte.
Das franzsimlisch nervte ihn nach kurzer Zeit wieder so sehr, dass er die Lektion beendete und stattdessen im Internet surfte. Er suchte nach Dr. Humphrey und ob er Vorträge in der Nähe hielt. Tatsächlich hatte Humphrey überhaupt keine Termine auf seiner Website stehen und die letzten Einträge auf seinem Blog waren schon einige Wochen alt. Entweder hatte er sich Urlaub genommen, oder Gabriels Mission ihn in wissenschaftlich untragbar zu machen hatte endlich Erfolg gehabt. Er erinnerte sich daran, wie erstaunt und vielleicht sogar schockiert Nell gewesen war, als er ihr erklärt hatte, warum der überhaupt zu dem Vortrag gegangen war. Humphrey war einfach ein aufgeblasener Stümper, der seine Verschwörungstheorien wissenschaftlich unsauber präsentierte. Das war Gabriels offizielle Begründung für seine Antipathie. Inoffiziell würde Gabriel alles dafür tun, Sims die an die Existenz von übernatürlichen Sims glaubten und vor diesen warnten oder sie gar vernichten wollten, zu behindern. Auch wenn er in Moonlight Falls nicht willkommen war, Seine Mutter war einst ein Wolf gewesen und seine Tante war ein IF. Die unbegründete Angst vor dem Fremden und der daraus resultierende Hass machten Gabriel Angst. Er würde alles tun um seine Mutter und seine Tante zu schützen.
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 4 – Neuer Lebensabschnitt
Manches Mal dachte Gabriel mit Wehmut an den diesen einen Sommer. Immer wenn er eine junge Frau mit erdbeerblonden Haaren sah, dachte er an Nell und daran, wie viel ihm ihre Freundschaft bedeutet hatte. Natürlich war es nie Nell, egal ob er sie in seiner Collegestadt oder zuhause in Riverview sah. Mit der Zeit verblasste ihr Gesicht vor seinem inneren Augen, die erdbeerblonden Zöpfe jedoch behielt er stets in Erinnerung.
Nachdem er seine Doktorarbeit erfolgreich verteidigt hatte und sich nun Dr. phil. Gabriel Felinger nennen durfte, zog er für eine kurze Zeit bei seinen Eltern und Großeltern ein. Er brauchte ein paar Wochen, um sich klar zu werden, was er nun mit seinem Leben anfangen sollte. Er hätte einen Lehrauftrag an einem anderen College annehmen können, aber er hatte wenig Lust sich mit gelangweilten Studenten auseinander zu setzen (außerdem bedeutete ein Lehrauftrag: viele Leute – Gabriel war eher ein Einzelgänger). Es war seine Großvater, der ihn schließlich auf die Idee brachte, sich bei einem Verlag zu bewerben, der sprachwissenschaftliche Fachbücher veröffentlichte und dringend nach Übersetzern suchte. Mit Gabriels wissenschaftlichem Hintergrund und den vielen Sprachen, die er beherrschte, war es ein leichtes, den Job zu ergattern. Der Verlag war nur zu glücklich, dass Gabriel Home Office bevorzugte und kaum Spesen abrechnete. Das Gehalt war nur etwas besser als sein Doktorandengehalt, aber Gabriel war niemand, der viel Geld brauchte. Als seine Tante Kat für ein zweijähriges Theaterengagment nach Simropa zog, stellte sie ihm den Getreidespeicher zu Verfügung. So hatte Gabriel wesentlich mehr Ruhe als in seinem Elternhaus. Nicht dass seine Großeltern, Eltern und Izzy für viel Unruhe sorgten (Claire besuchte ein College und war nur in den Ferien zu Hause) – aber die dauerhafte Anwesenheit von fünf bis sechs Personen (plus die täglichen Besuche von irgendwelchen Tanten, Onkel, Cousinen und Cousins oder Freunden, Bekannten oder sonstigen Sims, für die das Haus der Felingers einen magischen Anziehungspunkt bildete), war nicht das, was Gabriel sich unter einer ruhigen Arbeitsatmosphäre vorstellte. Kat erlaubte Gabriel das Dachstudio umzugestalten, so dass er seine Bücherregale samt Inhalt aufbauen konnte (und die Ballettstange bei seinen Eltern in der Scheune verstauen konnte). Gabriel war ziemlich zufrieden.
Ein paar Monate später hatte er sich gut eingelebt, das erste Buch übersetzt und nebenbei viel Zeit gehabt, sich mit den mysteriösen Aufzeichnungen seinen Großeltern auseinander zu setzen. Sein Vater hatte nur einen winzigen Abschnitt übersetzt und es nagte an Gabriel, dass er noch nichts hatte übersetzen können. Das einzige was er mit Sicherheit wusste, war das was seine Großeltern und Eltern ihm hatten mitteilen können und was in den übersetzen Teilen stand: Seine Großeltern hatten mehrere Leben gelebt (wie und warum war nach wie vor ein Rätsel) und seine Mutter irgendwie auch. Während all dieser Zeit hatten die sogenannten Beobachter mit Darrel und Kira gespielt und ihr Leben beeinflusst. Die Beobachter hatten auch versucht auf David Einfluss zu nehmen, aber sein Vater hatte diese Versuche erfolgreich abgewehrt. Gabriel wunderte sich, wann sie versuchen würden, ihn zu beeinflussen. Als sein Vater in seinem Alter war – Mitte zwanzig – hatten die Beobachter schon zwei Versuche unternommen (vom zweiten sprach sein Vater allerdings nie – er gestand nur ein, dass sie sich noch einmal an ihn gewandt hatten). Gabriel hatte noch nie einen Beobachter oder einen ihrer Agenten bemerkt. Vielleicht hatten sie auch kein Interesse an ihm? Lange Zeit hatte er überlegt, ob er vielleicht gar nicht der „richtige“ Erbe war. Seine Eltern waren noch jung, vielleicht bekamen sie noch ein weiteres Kind und das war der Erbe? Doch irgendwann zeigte eine Untersuchung, dass Akki unfruchtbar geworden war – was vermutlich mit dem Verlust ihres übernatürlichen Status' zu tun hatte (worüber die Ärzte natürlich nicht informiert wurden). Also musste sich Gabriel damit anfreunden, dass er der Erbe war.
„Gabriel?“
Es war Isaiahs achtzehnter Geburtstag und sein Cousin hatte ihn eingeladen, der Feier im Jugendcenter beizuwohnen. Gabriel hatte eigentlich überhaupt keine Lust, aber seine Oma hatte ihn mehr oder weniger gezwungen. Es war nicht so, dass er Isaiah nicht mochte – der Junge war in Ordnung – aber eine laute Party mit vielen Teenagern (und Tanten und Onkel, Cousins und Cousinen, Freunden und Bekannten), war nicht gerade Gabriels Lieblingsbeschäftigung. Gabriel hatte gerade Isaiah gratuliert und ihm einen Gutschein für den Bücherladen überreicht, als ihn die weibliche Stimme aus dem Gespräch mit Isaiah riss.
Überrascht drehte er sich um. Vor ihm stand Shannon, mit der zur Schule gegangen war. In der Grundschule waren sie eng befreundet gewesen, doch als sie älter wurden und Shannons Interessen mädchenhafter wurden, hatten sie sich mehr oder weniger aus den Augen verloren.
„Oh, hi Shannon.“ Gabriel unterdrückte ein Seufzen. Als Shannon entdeckt hatte, dass sie ein Mädchen war, war sie ziemlich anstrengend geworden (so wie Teenagermädchen nun mal sind) und Gabriel hatte sich den Rest seiner Schulzeit nicht mehr wirklich mit ihr beschäftigt.
Shannon lächelte ihm zu und gratulierte dann Isaiah. Der Junge grinste sie an und fragte nach ihrer Cousine Georgina, die von Shannon hergebracht worden war. Das Mädchen winkte von der Gaderobe her und Isaiah schwirrte ab.
„Ich wusste gar nicht, dass du wieder in der Stadt bist.“, begann Shannon das Gespräch. Sie lächelte freundlich.
Gabriel zuckte mit den Schultern. „Ich arbeite die meiste Zeit.“
„Und gehst nicht viel raus.“, vervollständigte Shannon grinsend. Es war kein bösartiges Grinsen und Gabriel merkte, dass sich seine Mundwinkel ebenfalls nach oben verzogen. „Manche Dinge ändern sich eben nicht.“, fuhr sie fort.
„Scheint so. Was machst du hier? Das letzte was ich gehört habe, war, dass du in Bridgeport arbeitest.“
Shannons Gesicht verdunkelte sich. „Es gab … Schwierigkeiten. Die Kanzlei, für die ich gearbeitet habe, und ich hatten … eine Meinungsverschiedenheit.“
Gabriels Gesicht wurde ausdruckslos wie immer. Er konnte förmlich riechen, dass mehr daran war, als Shannon zu sagen bereit war.
Die junge Frau fuhr – mit kontrolliertem Lächeln – fort: „Also bin auch ich zurück. Ich arbeite jetzt für die Außenstelle der Staatsanwaltschaft hier in Riverview. Kleineres Büro, kleinerer Lohn, aber dafür zuhause.“
„Das scheint dich nicht allzu sehr aufzuregen.“ Eigentlich meinte Gabriel genau das Gegenteil aus Shannons Stimme herauszuhören, aber wenn sie nicht darüber reden wollte...
Shannon lächelte und machte eine wegwerfende Handbewegung mit ihren manikürten Fingern. „Ach. Meine Großeltern werden nicht jünger und es ist nicht so, als würde ich Riverview nicht mögen.“
Gabriel nickte. Er warf einen Blick zu seiner Großmutter, die in ein Gespräch mit Tante Kitty vertieft war. Auch seine Entscheidung in Riverview zu bleiben, war zum Teil wegen seiner Großeltern gefallen. Man sah es ihnen nicht unbedingt an, aber sie gingen auf die achtzig zu. Bisher hatten weder Oma noch Grandpa großartige Einschränkungen hinnehmen müssen, aber wer lebte schon ewig? Den Gedanken an Wiedergeburt schob Gabriel schnell weg. Die Party als solche machte ihm schon Kopfschmerzen, warum sich noch darüber das Hirn zerbrechen?
Gabriel verbrachte fast die gesamte Party im Gespräch mit Shannon. Sie nahmen eine Sonderrolle ein: Nicht so jung wie das Geburtstagskind und seine Freunde und nicht so alt wie Eltern und Großeltern. Wäre er allein geblieben, hätte sich Gabriel vermutlich rasch verabschiedet. Doch Shannon verwickelte ihn immer wieder ein Gespräch und so blieb er bis zum Ende.
In den folgenden Tagen schrieb Shannon ihm mehrfach und Gabriel sah sich gezwungen, seine selbstgewählte Isolation Stück für Stück auszugeben. Shannon schlug verschiedene Unternehmungen vor und da Gabriel ein höflicher Sim war und seine alte Schulfreundin grundsätzlich mochte, ging er häufiger aus als während seiner Studienzeit. Es war nicht unangenehm mit einem anderen Sim als der Familie Umgang zu haben, zu reden und zu albern. Manchmal redete sich Gabriel auch ein, dass es fast so war wie im Sommer mit Nell.
Doch die Beziehung entwickelte sich in eine andere Richtung als erwartet. Bevor er sich versah, war Shannon quasi eingezogen und sagte „Schatz“ zu ihm. Gabriel hatte eine Freundin, ohne sich sicher zu sein, wie er in diesen Genuss gekommen war. Es ging ihm nicht völlig gegen den Strich. Er mochte Shannon. Ihr Lächeln, ihre Zuneigung waren eine willkommene Abwechslung zu den langen Tagen am Rechner. Kira war der Meinung, dass Shannon ihrem Enkel gut tat. Zum einen sorgte sie dafür, dass der Junge endlich vernünftig aß und regelmäßige Schlafenszeiten einhielt. Zum anderen schien Gabriel zufrieden und glücklich. Er lächelte wesentlich häufiger.
Seine Arbeit für den Verlag litt nicht unter seiner Beziehung zu Shannon, die Arbeit an den Aufzeichnungen schon. Zwischen den Abgabeterminen und Shannon blieb ihm wenig Zeit daran zu arbeiten. Die meiste Zeit über störte ihn das nicht, doch manchmal wachte Gabriel mitten in der Nacht auf und verspürte das dringende Bedürfnis die Aufzeichnungen zu betrachten. Wenn er dann nach oben schlich und die mittlerweile gebundenen Aufzeichnungen plus Übersetzungen aus dem geheimen Fach seines Schreibtischs zog, dauerte es allerdings meist nicht lange bis Shannon, die einen sehr leichten Schlaf hatte, ihm folgte und ihn davon überzeugte wieder ins Bett zu kommen.
Tatsächlich rang Gabriel sehr damit, ob er Shannon von den Aufzeichnungen erzählen sollte. Außerhalb der Familie wusste schließlich niemand davon. Nicht einmal die Familie von Shannon und ihre Großeltern Bobby und Natalya waren die ältesten und engsten Freunde seiner Großeltern. Sein Vater hatte es da einfacher. Akki wusste schließlich alles (und mehr als David und Gabriel, vermutete Gabriel). Konnte er einem anderen Sim so sehr vertrauen, dass er dieses Geheimnis mit ihm teilte. Die Frage bereitete Gabriel zunehmend Kopfschmerzen. Denn letztendlich war es die Frage danach, ob er Shannon vertraute. Und ob er mit ihr den Rest seines Lebens verbringen wollte.
Nachdem er seine Doktorarbeit erfolgreich verteidigt hatte und sich nun Dr. phil. Gabriel Felinger nennen durfte, zog er für eine kurze Zeit bei seinen Eltern und Großeltern ein. Er brauchte ein paar Wochen, um sich klar zu werden, was er nun mit seinem Leben anfangen sollte. Er hätte einen Lehrauftrag an einem anderen College annehmen können, aber er hatte wenig Lust sich mit gelangweilten Studenten auseinander zu setzen (außerdem bedeutete ein Lehrauftrag: viele Leute – Gabriel war eher ein Einzelgänger). Es war seine Großvater, der ihn schließlich auf die Idee brachte, sich bei einem Verlag zu bewerben, der sprachwissenschaftliche Fachbücher veröffentlichte und dringend nach Übersetzern suchte. Mit Gabriels wissenschaftlichem Hintergrund und den vielen Sprachen, die er beherrschte, war es ein leichtes, den Job zu ergattern. Der Verlag war nur zu glücklich, dass Gabriel Home Office bevorzugte und kaum Spesen abrechnete. Das Gehalt war nur etwas besser als sein Doktorandengehalt, aber Gabriel war niemand, der viel Geld brauchte. Als seine Tante Kat für ein zweijähriges Theaterengagment nach Simropa zog, stellte sie ihm den Getreidespeicher zu Verfügung. So hatte Gabriel wesentlich mehr Ruhe als in seinem Elternhaus. Nicht dass seine Großeltern, Eltern und Izzy für viel Unruhe sorgten (Claire besuchte ein College und war nur in den Ferien zu Hause) – aber die dauerhafte Anwesenheit von fünf bis sechs Personen (plus die täglichen Besuche von irgendwelchen Tanten, Onkel, Cousinen und Cousins oder Freunden, Bekannten oder sonstigen Sims, für die das Haus der Felingers einen magischen Anziehungspunkt bildete), war nicht das, was Gabriel sich unter einer ruhigen Arbeitsatmosphäre vorstellte. Kat erlaubte Gabriel das Dachstudio umzugestalten, so dass er seine Bücherregale samt Inhalt aufbauen konnte (und die Ballettstange bei seinen Eltern in der Scheune verstauen konnte). Gabriel war ziemlich zufrieden.
Ein paar Monate später hatte er sich gut eingelebt, das erste Buch übersetzt und nebenbei viel Zeit gehabt, sich mit den mysteriösen Aufzeichnungen seinen Großeltern auseinander zu setzen. Sein Vater hatte nur einen winzigen Abschnitt übersetzt und es nagte an Gabriel, dass er noch nichts hatte übersetzen können. Das einzige was er mit Sicherheit wusste, war das was seine Großeltern und Eltern ihm hatten mitteilen können und was in den übersetzen Teilen stand: Seine Großeltern hatten mehrere Leben gelebt (wie und warum war nach wie vor ein Rätsel) und seine Mutter irgendwie auch. Während all dieser Zeit hatten die sogenannten Beobachter mit Darrel und Kira gespielt und ihr Leben beeinflusst. Die Beobachter hatten auch versucht auf David Einfluss zu nehmen, aber sein Vater hatte diese Versuche erfolgreich abgewehrt. Gabriel wunderte sich, wann sie versuchen würden, ihn zu beeinflussen. Als sein Vater in seinem Alter war – Mitte zwanzig – hatten die Beobachter schon zwei Versuche unternommen (vom zweiten sprach sein Vater allerdings nie – er gestand nur ein, dass sie sich noch einmal an ihn gewandt hatten). Gabriel hatte noch nie einen Beobachter oder einen ihrer Agenten bemerkt. Vielleicht hatten sie auch kein Interesse an ihm? Lange Zeit hatte er überlegt, ob er vielleicht gar nicht der „richtige“ Erbe war. Seine Eltern waren noch jung, vielleicht bekamen sie noch ein weiteres Kind und das war der Erbe? Doch irgendwann zeigte eine Untersuchung, dass Akki unfruchtbar geworden war – was vermutlich mit dem Verlust ihres übernatürlichen Status' zu tun hatte (worüber die Ärzte natürlich nicht informiert wurden). Also musste sich Gabriel damit anfreunden, dass er der Erbe war.
„Gabriel?“
Es war Isaiahs achtzehnter Geburtstag und sein Cousin hatte ihn eingeladen, der Feier im Jugendcenter beizuwohnen. Gabriel hatte eigentlich überhaupt keine Lust, aber seine Oma hatte ihn mehr oder weniger gezwungen. Es war nicht so, dass er Isaiah nicht mochte – der Junge war in Ordnung – aber eine laute Party mit vielen Teenagern (und Tanten und Onkel, Cousins und Cousinen, Freunden und Bekannten), war nicht gerade Gabriels Lieblingsbeschäftigung. Gabriel hatte gerade Isaiah gratuliert und ihm einen Gutschein für den Bücherladen überreicht, als ihn die weibliche Stimme aus dem Gespräch mit Isaiah riss.
Überrascht drehte er sich um. Vor ihm stand Shannon, mit der zur Schule gegangen war. In der Grundschule waren sie eng befreundet gewesen, doch als sie älter wurden und Shannons Interessen mädchenhafter wurden, hatten sie sich mehr oder weniger aus den Augen verloren.
„Oh, hi Shannon.“ Gabriel unterdrückte ein Seufzen. Als Shannon entdeckt hatte, dass sie ein Mädchen war, war sie ziemlich anstrengend geworden (so wie Teenagermädchen nun mal sind) und Gabriel hatte sich den Rest seiner Schulzeit nicht mehr wirklich mit ihr beschäftigt.
Shannon lächelte ihm zu und gratulierte dann Isaiah. Der Junge grinste sie an und fragte nach ihrer Cousine Georgina, die von Shannon hergebracht worden war. Das Mädchen winkte von der Gaderobe her und Isaiah schwirrte ab.
„Ich wusste gar nicht, dass du wieder in der Stadt bist.“, begann Shannon das Gespräch. Sie lächelte freundlich.
Gabriel zuckte mit den Schultern. „Ich arbeite die meiste Zeit.“
„Und gehst nicht viel raus.“, vervollständigte Shannon grinsend. Es war kein bösartiges Grinsen und Gabriel merkte, dass sich seine Mundwinkel ebenfalls nach oben verzogen. „Manche Dinge ändern sich eben nicht.“, fuhr sie fort.
„Scheint so. Was machst du hier? Das letzte was ich gehört habe, war, dass du in Bridgeport arbeitest.“
Shannons Gesicht verdunkelte sich. „Es gab … Schwierigkeiten. Die Kanzlei, für die ich gearbeitet habe, und ich hatten … eine Meinungsverschiedenheit.“
Gabriels Gesicht wurde ausdruckslos wie immer. Er konnte förmlich riechen, dass mehr daran war, als Shannon zu sagen bereit war.
Die junge Frau fuhr – mit kontrolliertem Lächeln – fort: „Also bin auch ich zurück. Ich arbeite jetzt für die Außenstelle der Staatsanwaltschaft hier in Riverview. Kleineres Büro, kleinerer Lohn, aber dafür zuhause.“
„Das scheint dich nicht allzu sehr aufzuregen.“ Eigentlich meinte Gabriel genau das Gegenteil aus Shannons Stimme herauszuhören, aber wenn sie nicht darüber reden wollte...
Shannon lächelte und machte eine wegwerfende Handbewegung mit ihren manikürten Fingern. „Ach. Meine Großeltern werden nicht jünger und es ist nicht so, als würde ich Riverview nicht mögen.“
Gabriel nickte. Er warf einen Blick zu seiner Großmutter, die in ein Gespräch mit Tante Kitty vertieft war. Auch seine Entscheidung in Riverview zu bleiben, war zum Teil wegen seiner Großeltern gefallen. Man sah es ihnen nicht unbedingt an, aber sie gingen auf die achtzig zu. Bisher hatten weder Oma noch Grandpa großartige Einschränkungen hinnehmen müssen, aber wer lebte schon ewig? Den Gedanken an Wiedergeburt schob Gabriel schnell weg. Die Party als solche machte ihm schon Kopfschmerzen, warum sich noch darüber das Hirn zerbrechen?
Gabriel verbrachte fast die gesamte Party im Gespräch mit Shannon. Sie nahmen eine Sonderrolle ein: Nicht so jung wie das Geburtstagskind und seine Freunde und nicht so alt wie Eltern und Großeltern. Wäre er allein geblieben, hätte sich Gabriel vermutlich rasch verabschiedet. Doch Shannon verwickelte ihn immer wieder ein Gespräch und so blieb er bis zum Ende.
In den folgenden Tagen schrieb Shannon ihm mehrfach und Gabriel sah sich gezwungen, seine selbstgewählte Isolation Stück für Stück auszugeben. Shannon schlug verschiedene Unternehmungen vor und da Gabriel ein höflicher Sim war und seine alte Schulfreundin grundsätzlich mochte, ging er häufiger aus als während seiner Studienzeit. Es war nicht unangenehm mit einem anderen Sim als der Familie Umgang zu haben, zu reden und zu albern. Manchmal redete sich Gabriel auch ein, dass es fast so war wie im Sommer mit Nell.
Doch die Beziehung entwickelte sich in eine andere Richtung als erwartet. Bevor er sich versah, war Shannon quasi eingezogen und sagte „Schatz“ zu ihm. Gabriel hatte eine Freundin, ohne sich sicher zu sein, wie er in diesen Genuss gekommen war. Es ging ihm nicht völlig gegen den Strich. Er mochte Shannon. Ihr Lächeln, ihre Zuneigung waren eine willkommene Abwechslung zu den langen Tagen am Rechner. Kira war der Meinung, dass Shannon ihrem Enkel gut tat. Zum einen sorgte sie dafür, dass der Junge endlich vernünftig aß und regelmäßige Schlafenszeiten einhielt. Zum anderen schien Gabriel zufrieden und glücklich. Er lächelte wesentlich häufiger.
Seine Arbeit für den Verlag litt nicht unter seiner Beziehung zu Shannon, die Arbeit an den Aufzeichnungen schon. Zwischen den Abgabeterminen und Shannon blieb ihm wenig Zeit daran zu arbeiten. Die meiste Zeit über störte ihn das nicht, doch manchmal wachte Gabriel mitten in der Nacht auf und verspürte das dringende Bedürfnis die Aufzeichnungen zu betrachten. Wenn er dann nach oben schlich und die mittlerweile gebundenen Aufzeichnungen plus Übersetzungen aus dem geheimen Fach seines Schreibtischs zog, dauerte es allerdings meist nicht lange bis Shannon, die einen sehr leichten Schlaf hatte, ihm folgte und ihn davon überzeugte wieder ins Bett zu kommen.
Tatsächlich rang Gabriel sehr damit, ob er Shannon von den Aufzeichnungen erzählen sollte. Außerhalb der Familie wusste schließlich niemand davon. Nicht einmal die Familie von Shannon und ihre Großeltern Bobby und Natalya waren die ältesten und engsten Freunde seiner Großeltern. Sein Vater hatte es da einfacher. Akki wusste schließlich alles (und mehr als David und Gabriel, vermutete Gabriel). Konnte er einem anderen Sim so sehr vertrauen, dass er dieses Geheimnis mit ihm teilte. Die Frage bereitete Gabriel zunehmend Kopfschmerzen. Denn letztendlich war es die Frage danach, ob er Shannon vertraute. Und ob er mit ihr den Rest seines Lebens verbringen wollte.
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 5 - Tanz
Wie immer wenn er einen Rat brauchte, suchte Gabriel seine Großeltern auf.
„So sehr dich die Frage auch umtreibt, ob du Shannon von den Beobachtern und dem ganzen Scheiße erzählst, bleibt ja auch eher das Problem, ob du mit ihr darüber reden kannst.“ Das Alter hatte nicht viel an Kiras Sprache oder ihrer Direktheit geändert. „Wenn dich die Maulsperre überkommt, dann hilft es überhaupt nicht, dir vorher schon einen Kopf zu machen.“
Darrel wiegte nachdenklich den Kopf hin und her. „Das ist nicht das Kernproblem, Kätzchen.“
Kira warf ihm einen schrägen Blick zu. „Nicht?“
„Nein.“ Darrel lächelte sie liebevoll an. „Gabriel, wenn du dir nicht sicher bist, ob du Shannon davon erzählen WILLST – dann solltest du ihr nicht davon erzählen.“ Er tippte sich auf die linke Seite der Brust. „Hör auf dein Herz. Wenn dein Herz dir sagt: Ja, sprich mit ihr, vertrau ihr: dann sag es ihr. Selbst wenn du eine Maulsperre bekommst, dann bleiben noch immer die Übersetzungen von deinem Vater, über die sie vermutlich etwas erschließen kann.“
Kira verschränkte die Arme. Sie sah unzufrieden aus. Darrel grinste sie an und legte den Arm um sie. „Kätzchen, auch wenn du gerne deinen Enkel unter der Haube sehen willst, es ist seine Entscheidung.“
Mit dem letzten Satz seines Großvaters in den Ohren, ging Gabriel wie betäubt nach Hause. Unter der Haube? War das der logische Schritt, denn er und Shannon unternehmen sollten? Ihre Beziehung offiziell machen? Geistesabwesend fummelte er seinen Schlüssel aus der Tasche seines Parkas und öffnete die Haustür. Shannon hasste den Parka, aber er fand ihn einfach praktisch. Im Kopf ging er verschiedene Möglichkeiten durch, mit Shannon über das Beobachter-Problem zu sprechen. Jede Variante war unbefriedigend. Mehr und mehr bekam er das Gefühl, dass eine schlechte Idee war mit ihr darüber zu sprechen.
Gabriel legte den Schlüssel in die Schale neben der Tür und ging die Treppe hoch. Er war noch ganz in Gedanken, so dass er nicht bemerkt hatte, dass Shannon zu Hause war. In seinem Arbeitszimmer unter dem Dach. Wo sie eigentlich nur hin kam, um ihn zu holen.
„Oh, hi Schatz.“ Shannons Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Shannon schob ein Buch zurück und lächelte ihn breit an. „Ich hab gar nicht mitbekommen, dass du schon zurück bist.“
Gabriel sah sie überrascht an.
Shannon zeigte auf das Bücherregal. „Erinnerst du dich an Stacia? Sie ist mit uns zur Schule gegangen. Ich hab sie heute getroffen und wir haben über dieses Buch gesprochen. Irgendwas mit toten Mädchen?“
„Tote Mädchen lügen nicht.“, erwiderte Gabriel automatisch. „Das hab ich nicht.“ Warum sollte er auch ein Jugendbuch hier stehen haben?
Shannon zuckte mit den Schultern. „Hab ich bemerkt.“ Sie sah die Reihen von Bücherrücken entlang. „Aber so ziemlich jedes andere Buch.“ Sie lächelte noch breiter und gab Gabriel einen raschen Kuss. „Stacia heiratet übrigens.“ Sie hakte sich bei Gabriel unter und zog ihn Richtung Treppe. Ihr Geplauder über die bevorstehende Hochzeit von Stacia (an die sich Gabriel nur dunkel erinnerte), wusch jedoch Gabriels beginnenden Kopfschmerz weg. Er schob das Beobachter-Problem weg und lächelte Shannon an.
„Findest du nicht, du solltest mal langsam ins Bett kommen?“
Gabriel war vollkommen in seine Arbeit verteift und hatte nicht einmal mitbekommen, wie viel Zeit schon vergangen war. Ausnahmsweise arbeitete er nicht heimlich nachts an den Aufzeichnungen, sondern an der Übersetzung eines Buches. Er hatte nicht schlafen können und Übersetzungen lenkten ihn immer gut ab. Eigentlich hatte er sich einen Timer gestellt. Er wollte nur eine Stunde arbeiten und dann wieder ins Bett gehen.
„Ist es schon so spät?“
Shannon gab ein genervtes Geräusch von sich. Normalerweise würde sie ihn jetzt von hinten umarmen und mit gewissen Ankündigungen ins Bett locken. Gabriel war überrascht, dass sie so von ihrem Verhalten abwich.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte er deswegen, nachdem er seine Arbeit gesichert und den Rechner ausgeschaltet hatte. Er folgte Shannon die Treppe hinunter in Schlafzimmer. Sie verschränkte die Arme und sah ihn säuerlich an.
„Jaja.“
Nun verschränkte auch Gabriel die Arme. „Das klingt nicht überzeugend.“
„Ach.“ Shannon riss die Tür zum Schlafzimmer wieder auf und stampfte Richtung Badezimmer. „Ich bin es nur satt, dass du immer so viel arbeitest.“
Gabriel kratzte sich verwundert am Kopf. Es war das erste Mal, dass sie das äußerte. Bisher schien sie immer amüsiert zu sein, wenn sie ihn nachts vom Rechner weglockte.
„Hab ich irgendetwas getan, um die zu verärgern?“, fragte er etwas hilflos.
Sie starrte ihn kurz an – nicht wirklich zornig, aber mit einem gewissen Funkeln in den Augen. „Ach egal. Geh schlafen.“ Damit ging sie ins Badezimmer und zog die Tür nachdrücklich hinter sich zu.
Verwirrt starrte Gabriel die Badezimmertür an. Sein Gesicht war ausdruckslos wie immer, aber in seinem Kopf rasten die Gedanken. Dann zuckte er mit den Schultern. Er erinnerte sich an die Momente in denen Oma oder Izzy zickig waren (seine Mutter war es tatsächlich nie, aber das schrieb er den Umständen ihrer Herkunft zu). Bisher war Shannon selten zickig, besonders nicht mit ihm, aber warum sollte sie nicht auch mal einen schlechten Tag haben?
Am nächsten Morgen verhielt sich Shannon wie immer. Sie lächelte, plauderte und machte Gabriel Frühstück, während er sich darum kümmerte die Kaffeebohnen zu mahlen und mit besonderer Sorgfalt den Milchkaffee für Shannon zuzubereiten. Auf die Untertasse ihres Kaffees legte er eine der besonders teuren Pralinen, die so gerne mochte und von denen sie immer einen kleinen Vorrat für Notfälle im Kühlschrank aufbewahrte.
„Oh, wofür ist die?“, fragte Shannon, als er ihr den Kaffee neben das Frühstück stellte. Gabriel lächelte sie breit an und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Einfach so.“ Als er sich umdrehte, um seinen Kaffee zu machen, sah er nicht Shannons gequälten Gesichtsausdruck.
In den folgenden Wochen gab sich Gabriel besonders viel Mühe ein guter Partner zu sein. Irgendwie hatte er Shannon verärgert. Er hatte nur keine Ahnung warum. Vielleicht arbeitete er wirklich zu viel. Er versuchte pünktlich Schluss zu machen, so dass er Feierabend hatte, wenn Shannon nach Hause kam. Er zwang sich nachts im Bett liegen zu bleiben und Schäfchen zu zählen, wenn er nicht schlafen konnte. Er besorgte regelmäßig Blumen oder eine Schachtel der Pralinen. Er arbeitete nie an den Aufzeichnungen. Shannon schien seine Veränderung zu bemerken. Sie war ebenfalls besonders aufmerksam. Manchmal kam es Gabriel wie ein komplizierter Tanz vor. Er hasste Tänze.
„So sehr dich die Frage auch umtreibt, ob du Shannon von den Beobachtern und dem ganzen Scheiße erzählst, bleibt ja auch eher das Problem, ob du mit ihr darüber reden kannst.“ Das Alter hatte nicht viel an Kiras Sprache oder ihrer Direktheit geändert. „Wenn dich die Maulsperre überkommt, dann hilft es überhaupt nicht, dir vorher schon einen Kopf zu machen.“
Darrel wiegte nachdenklich den Kopf hin und her. „Das ist nicht das Kernproblem, Kätzchen.“
Kira warf ihm einen schrägen Blick zu. „Nicht?“
„Nein.“ Darrel lächelte sie liebevoll an. „Gabriel, wenn du dir nicht sicher bist, ob du Shannon davon erzählen WILLST – dann solltest du ihr nicht davon erzählen.“ Er tippte sich auf die linke Seite der Brust. „Hör auf dein Herz. Wenn dein Herz dir sagt: Ja, sprich mit ihr, vertrau ihr: dann sag es ihr. Selbst wenn du eine Maulsperre bekommst, dann bleiben noch immer die Übersetzungen von deinem Vater, über die sie vermutlich etwas erschließen kann.“
Kira verschränkte die Arme. Sie sah unzufrieden aus. Darrel grinste sie an und legte den Arm um sie. „Kätzchen, auch wenn du gerne deinen Enkel unter der Haube sehen willst, es ist seine Entscheidung.“
Mit dem letzten Satz seines Großvaters in den Ohren, ging Gabriel wie betäubt nach Hause. Unter der Haube? War das der logische Schritt, denn er und Shannon unternehmen sollten? Ihre Beziehung offiziell machen? Geistesabwesend fummelte er seinen Schlüssel aus der Tasche seines Parkas und öffnete die Haustür. Shannon hasste den Parka, aber er fand ihn einfach praktisch. Im Kopf ging er verschiedene Möglichkeiten durch, mit Shannon über das Beobachter-Problem zu sprechen. Jede Variante war unbefriedigend. Mehr und mehr bekam er das Gefühl, dass eine schlechte Idee war mit ihr darüber zu sprechen.
Gabriel legte den Schlüssel in die Schale neben der Tür und ging die Treppe hoch. Er war noch ganz in Gedanken, so dass er nicht bemerkt hatte, dass Shannon zu Hause war. In seinem Arbeitszimmer unter dem Dach. Wo sie eigentlich nur hin kam, um ihn zu holen.
„Oh, hi Schatz.“ Shannons Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Shannon schob ein Buch zurück und lächelte ihn breit an. „Ich hab gar nicht mitbekommen, dass du schon zurück bist.“
Gabriel sah sie überrascht an.
Shannon zeigte auf das Bücherregal. „Erinnerst du dich an Stacia? Sie ist mit uns zur Schule gegangen. Ich hab sie heute getroffen und wir haben über dieses Buch gesprochen. Irgendwas mit toten Mädchen?“
„Tote Mädchen lügen nicht.“, erwiderte Gabriel automatisch. „Das hab ich nicht.“ Warum sollte er auch ein Jugendbuch hier stehen haben?
Shannon zuckte mit den Schultern. „Hab ich bemerkt.“ Sie sah die Reihen von Bücherrücken entlang. „Aber so ziemlich jedes andere Buch.“ Sie lächelte noch breiter und gab Gabriel einen raschen Kuss. „Stacia heiratet übrigens.“ Sie hakte sich bei Gabriel unter und zog ihn Richtung Treppe. Ihr Geplauder über die bevorstehende Hochzeit von Stacia (an die sich Gabriel nur dunkel erinnerte), wusch jedoch Gabriels beginnenden Kopfschmerz weg. Er schob das Beobachter-Problem weg und lächelte Shannon an.
„Findest du nicht, du solltest mal langsam ins Bett kommen?“
Gabriel war vollkommen in seine Arbeit verteift und hatte nicht einmal mitbekommen, wie viel Zeit schon vergangen war. Ausnahmsweise arbeitete er nicht heimlich nachts an den Aufzeichnungen, sondern an der Übersetzung eines Buches. Er hatte nicht schlafen können und Übersetzungen lenkten ihn immer gut ab. Eigentlich hatte er sich einen Timer gestellt. Er wollte nur eine Stunde arbeiten und dann wieder ins Bett gehen.
„Ist es schon so spät?“
Shannon gab ein genervtes Geräusch von sich. Normalerweise würde sie ihn jetzt von hinten umarmen und mit gewissen Ankündigungen ins Bett locken. Gabriel war überrascht, dass sie so von ihrem Verhalten abwich.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte er deswegen, nachdem er seine Arbeit gesichert und den Rechner ausgeschaltet hatte. Er folgte Shannon die Treppe hinunter in Schlafzimmer. Sie verschränkte die Arme und sah ihn säuerlich an.
„Jaja.“
Nun verschränkte auch Gabriel die Arme. „Das klingt nicht überzeugend.“
„Ach.“ Shannon riss die Tür zum Schlafzimmer wieder auf und stampfte Richtung Badezimmer. „Ich bin es nur satt, dass du immer so viel arbeitest.“
Gabriel kratzte sich verwundert am Kopf. Es war das erste Mal, dass sie das äußerte. Bisher schien sie immer amüsiert zu sein, wenn sie ihn nachts vom Rechner weglockte.
„Hab ich irgendetwas getan, um die zu verärgern?“, fragte er etwas hilflos.
Sie starrte ihn kurz an – nicht wirklich zornig, aber mit einem gewissen Funkeln in den Augen. „Ach egal. Geh schlafen.“ Damit ging sie ins Badezimmer und zog die Tür nachdrücklich hinter sich zu.
Verwirrt starrte Gabriel die Badezimmertür an. Sein Gesicht war ausdruckslos wie immer, aber in seinem Kopf rasten die Gedanken. Dann zuckte er mit den Schultern. Er erinnerte sich an die Momente in denen Oma oder Izzy zickig waren (seine Mutter war es tatsächlich nie, aber das schrieb er den Umständen ihrer Herkunft zu). Bisher war Shannon selten zickig, besonders nicht mit ihm, aber warum sollte sie nicht auch mal einen schlechten Tag haben?
Am nächsten Morgen verhielt sich Shannon wie immer. Sie lächelte, plauderte und machte Gabriel Frühstück, während er sich darum kümmerte die Kaffeebohnen zu mahlen und mit besonderer Sorgfalt den Milchkaffee für Shannon zuzubereiten. Auf die Untertasse ihres Kaffees legte er eine der besonders teuren Pralinen, die so gerne mochte und von denen sie immer einen kleinen Vorrat für Notfälle im Kühlschrank aufbewahrte.
„Oh, wofür ist die?“, fragte Shannon, als er ihr den Kaffee neben das Frühstück stellte. Gabriel lächelte sie breit an und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Einfach so.“ Als er sich umdrehte, um seinen Kaffee zu machen, sah er nicht Shannons gequälten Gesichtsausdruck.
In den folgenden Wochen gab sich Gabriel besonders viel Mühe ein guter Partner zu sein. Irgendwie hatte er Shannon verärgert. Er hatte nur keine Ahnung warum. Vielleicht arbeitete er wirklich zu viel. Er versuchte pünktlich Schluss zu machen, so dass er Feierabend hatte, wenn Shannon nach Hause kam. Er zwang sich nachts im Bett liegen zu bleiben und Schäfchen zu zählen, wenn er nicht schlafen konnte. Er besorgte regelmäßig Blumen oder eine Schachtel der Pralinen. Er arbeitete nie an den Aufzeichnungen. Shannon schien seine Veränderung zu bemerken. Sie war ebenfalls besonders aufmerksam. Manchmal kam es Gabriel wie ein komplizierter Tanz vor. Er hasste Tänze.
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 6 – Von Menschen und Monstern II
Als es zum Knall kam, war Gabriel verwundert, dass er es nicht vorher bemerkt hatte. Eigentlich hatte Shannon nichts in seinem Arbeitszimmer zu suchen. Und doch traf er sie regelmäßig dort an, wenn er nach Hause kam und sie eigentlich noch arbeiten sollte. Er dachte sich nie etwas dabei, den Shannon hatte immer ein Erklärung. Und meist lenkte sie ihn danach erfolgreich ab. Die Beziehung war – von außen betrachtet – auf einem Hoch, mit vielen kleinen Liebesbekundungen, seien sie verbal oder durch kleine Aufmerksamkeiten, regelmäßige Dates und gelegentliches Scherzen über eine Hochzeit. Innerlich war Gabriel unzufrieden. Auf der einen Seite gab es vieles an Shannon, dass sein Leben bereicherte: Gespräche, gemeinsames Essen und Lachen, Sex. Aber manchmal fragte er sich, ob er sich das nicht nur einredete.
Wie sehr er sich etwas eingeredet hatte, bemerkte er jedoch erst, als er sie mit der kleinen Schließkassette, in der er die Aufzeichnungen aufbewahrte, in der Hand erwischte. Er sagte nichts, Shannon sagte nichts und für sicherlich zwei Minuten lang, starrten sie einander nur an. Dann legte Shannon die Kassette auf den Schreibtisch.
„Das ist privat.“, brachte Gabriel hervor.
„Ich weiß.“, erwiderte Shannon. Sie sah auf die Kassette. „Du hast es gut versteckt. Ich hab Monate gebraucht, um es zu finden.“
Gabriel starrte sie weiterhin an.
Shannon sah ihn zornig an. „Es hätte so einfach sein können.“ Sie drehte sich abrupt um. „Aber ich kann das einfach nicht mehr.“
Nun war Gabriel wirklich verwirrt. Er ließ sein Gesicht zu der ausdruckslosen Maske werden und wunderte sich, was er als nächstes tun sollte. Doch Shannon kam ihm zuvor.
„Ich arbeite für die Beobachter.“
Eine spontane Explosion in seinem Kopf, hätte Gabriel nicht mehr überraschen können. Im nächsten Moment fühlte er sich, als hätte ihm jemand in den Magen getreten. Oder eine Etage tiefer erwischt.
„Sie haben gesagt, ...“, begann Shannon, doch Gabriel unterbrach sie heiser.
„Geh. Ich will es nicht wissen. Geh. Ich will dich nie wieder sehen.“
Shannon drehte sich um. Sie sah verzweifelt, traurig und zornig zugleich aus. Sie wollte noch einmal ansetzen etwas zu sagen, doch Gabriel schüttelte nur den Kopf. Shannon warf einen Blick auf die Kassette, zögerte kurz.
„Geh!“, sagte Gabriel eindringlich. Er fühlte sich, als würde er platzen. Shannon senkte den Kopf und verließ das Arbeitszimmer. Wenig später hörte er die Haustür ins Schloss fallen. Langsam entspannte Gabriel die Hände, die er unbewusst zu Fäusten geballt hatte. Seine Fingernägel – so kurz sie auch geschnitten waren – hatten sie tief in die Handflächen gebohrt und rote Male hinterlassen. Er zwang sich durchzuatmen. Sein Kopf schwirrte.
Eine viertel Stunde später war Gabriel in der Lage sich aus der Starre, die ihn nach Shannons Offenbarung überfallen hatte, zu lösen. Erschöpft ließ er sich auf den Schreibtisch fallen. Er betrachtete die Kassette. Das Schloss war unbeschädigt. Den Schlüssel trug er immer bei sich und jetzt fischte er ihn aus der Tasche und öffnete die Kassette. Sorgsam blätterte er das schmale gebundene Heft durch. Alles schien an seinem Platz zu sein. Gabriel kontrollierte es noch ein zweites und drittes Mal. Ja, alles war vollständig. Beruhigt schloss Gabriel das Heftlein wieder ein.
Am Abend hatte er sämtliche Sachen von Shannon in Kartons verpackt. Diese standen nun samt Inventarliste im Flur und warteten darauf, von Shannon abgeholt zu werden. Er zog es vor, nicht da zu sein, wenn sie die Dinge abholte, sondern verzog sich mit den Aufzeichnungen zu seiner Tante Kara. Er fühlte sich nicht danach in sein Elternhaus zu gehen, denn er fürchtete die Fragerunde. Er hatte seinen Eltern ein Nachricht geschrieben, dass er und Shannon sich getrennt hatten und sie auszog, aber er hatte keine Lust ihnen den Umfang Shannons Verrat auseinander zu setzen. Vor allem nicht wegen der Freundschaft zwischen den Familien. Kara, ihr Mann Vincent und die Zwillingen waren für ein paar Tage unterwegs, um sich Colleges anzugucken. Das leere Haus kam Gabriel gerade recht.
Gabriel bat seinen Großvater anschließend, dass Schloss auszutauschen. Shannon hatte zwar ihre Schlüssel zurückgegeben, aber nach ihrer Enthüllung traute er ihr nicht weiter als er sie hätte werden können. Während er Darrel zu Hand ging, rang Gabriel mit sich seinem Großvater von Shannons Verrat zu erzählen.
„Nun spuck's schon aus.“, sagte Darrel schließlich. Er lächelte Gabriel an. Auf dessen Versuch ein ausdrucksloses Gesicht zu machen, lachte Darrel leise. „Du magst deinen Gesichtsausdruck ja meistens unter Kontrolle haben, Gabriel, aber nicht heute und nicht gegenüber mir.“
Seufzend nickte Gabriel. „Weißt du eigentlich warum ich mir immer so eine Mühe damit gebe?“ Er betrachtete den Werkzeugkoffer seines Großvaters. „Seit ich denken kann, hab ich immer mitbekommen, wie du Omas oder Dads Gesichtsausdruck lesen konntest. Auch Izzys oder Claires.“
„Jepp, nur bei deiner Mutter gelingt es mir nicht immer.“
Gabriel musste widerwillig grinsen. „Das habe ich als Herausforderung betrachtet. Mit dem Effekt, dass ich meistens mit dieser ausdruckslosen Maske rumlaufe.“ Er seufzte. „Auch wenn das scheinbar umsonst war.“
Darrel beendete seine Arbeit und legte seinem Enkel die Hand auf die Schulter. „Ich habe einfach viel Erfahrung darin, Menschen zu lesen.“
„Wegen der vielen Leben?“, hakte Gabriel vorsichtig nach.
Darrel nickte. Er bekam einen leicht abwesenden Gesichtsausdruck. Sie sprachen selten darüber und Gabriel wurde das Gefühl nicht los, dass seine Großeltern und seine Mutter im Allgemeinen nicht gerne über diese früheren Leben reden wollten. Bei Darrel war es besonders stark ausgeprägt.
„Shannon hat für die Beobachter gearbeitet.“, platzte es aus Gabriel heraus.
Die Veränderung in Darrel Gesichtsausdruck war bemerkenswert und beängstigend zu gleich. Er hatte seinen Großvater noch nie zornig erlebt, doch jetzt kam es ihm so vor, als würde er neben einem Vulkan kurz vor dem Ausbruch stehen. Darrels Augen glitzerten von Zorn. Sein Atem ging ganz flach und Gabriel begann sich große Sorgen zu machen. Sollte er seinen Großvater ansprechen? Anfassen?
„Na, seid ihr fertig?“
Nie war Gabriel eine Unterbrechung durch seine Oma willkommener. Mit einer Kuchenplatte in der Hand kam sie gerade gemächlich über das Grundstück gelaufen. Sie warf nur einen Blick auf ihren Mann und warf Gabriel fast die Kuchenplatte zu. Dann legte sie Darrel eine Hand auf die Brust und zwang ihn mit der anderen Hand sie anzusehen. Innerhalb kürzester Zeit schien die Anspannung von Darrel abzufallen, der Zorn in seinen Augen verrauchte und er lächelte Kira zu. Die grinste nur. „Du wirst zu alt dafür.“
Gabriel sah seine Großmutter beeindruckt an. Mit einer kurzen Geste und einem langen Blick hatte sie quasi eine Naturkatastrophe verhindert.
Die sie jetzt allerdings selbst darstellte. Beide Fäuste in die Hüfte gestemmt, sah sie ihren Enkel prüfend an. „Möchtest du mir verraten, was Darrel so aufgeregt hat?“
Hinter seiner Oma schüttelte Darrel wild den Kopf und Gabriel war hin und hergerissen. „Ähm, also...“, stotterte er, während Kira bedrohlich näher kam. Nun war es Darrel, der ihr die Hand auf die Schulter legte. „Lass den Jungen in Frieden.“, bat er und lächelte. Kira seufzte und riss Gabriel die Kuchenplatte aus der Hand, bevor sie ins Haus marschierte. „Ich koche Kaffee!“, verkündete sie, bevor sie die Tür hinter sich zu knallte.
Darrel und Gabriel sahen die Tür an und seufzten gemeinschaftlich, bevor sich Darrel an seinen Enkel wandte: „Es ist besser, wenn ich ihr das schonend bei bringe. Du hast die Tendenz etwas … überfallartig damit rauszurücken.“
Gabriel biss sich schuldbewusst auf die Unterlippe. Doch Darrel klopfte ihm freundlich die Schulter. „Keine Sorge.“
„Ihr habt gar keine Geheimnisse mehr vor einander oder? Ich meine, wenn ihr so lange zusammen seid...“
Darrel sah auf die Tür, so als könne er Kira dahinter sehen. Er lächelte, während er in Gedanken vertieft war. „Nein.“, antwortete er dann. „Nicht mehr.“
Gabriel seufzte. „Das wird wohl die wichtigste Grundlage für eine funktionierende Beziehung sein.“ Er sah in den Himmel hinauf und dachte an das, was er Nell damals gesagt hatte: Menschen waren die wahren Monster.
Wie sehr er sich etwas eingeredet hatte, bemerkte er jedoch erst, als er sie mit der kleinen Schließkassette, in der er die Aufzeichnungen aufbewahrte, in der Hand erwischte. Er sagte nichts, Shannon sagte nichts und für sicherlich zwei Minuten lang, starrten sie einander nur an. Dann legte Shannon die Kassette auf den Schreibtisch.
„Das ist privat.“, brachte Gabriel hervor.
„Ich weiß.“, erwiderte Shannon. Sie sah auf die Kassette. „Du hast es gut versteckt. Ich hab Monate gebraucht, um es zu finden.“
Gabriel starrte sie weiterhin an.
Shannon sah ihn zornig an. „Es hätte so einfach sein können.“ Sie drehte sich abrupt um. „Aber ich kann das einfach nicht mehr.“
Nun war Gabriel wirklich verwirrt. Er ließ sein Gesicht zu der ausdruckslosen Maske werden und wunderte sich, was er als nächstes tun sollte. Doch Shannon kam ihm zuvor.
„Ich arbeite für die Beobachter.“
Eine spontane Explosion in seinem Kopf, hätte Gabriel nicht mehr überraschen können. Im nächsten Moment fühlte er sich, als hätte ihm jemand in den Magen getreten. Oder eine Etage tiefer erwischt.
„Sie haben gesagt, ...“, begann Shannon, doch Gabriel unterbrach sie heiser.
„Geh. Ich will es nicht wissen. Geh. Ich will dich nie wieder sehen.“
Shannon drehte sich um. Sie sah verzweifelt, traurig und zornig zugleich aus. Sie wollte noch einmal ansetzen etwas zu sagen, doch Gabriel schüttelte nur den Kopf. Shannon warf einen Blick auf die Kassette, zögerte kurz.
„Geh!“, sagte Gabriel eindringlich. Er fühlte sich, als würde er platzen. Shannon senkte den Kopf und verließ das Arbeitszimmer. Wenig später hörte er die Haustür ins Schloss fallen. Langsam entspannte Gabriel die Hände, die er unbewusst zu Fäusten geballt hatte. Seine Fingernägel – so kurz sie auch geschnitten waren – hatten sie tief in die Handflächen gebohrt und rote Male hinterlassen. Er zwang sich durchzuatmen. Sein Kopf schwirrte.
Eine viertel Stunde später war Gabriel in der Lage sich aus der Starre, die ihn nach Shannons Offenbarung überfallen hatte, zu lösen. Erschöpft ließ er sich auf den Schreibtisch fallen. Er betrachtete die Kassette. Das Schloss war unbeschädigt. Den Schlüssel trug er immer bei sich und jetzt fischte er ihn aus der Tasche und öffnete die Kassette. Sorgsam blätterte er das schmale gebundene Heft durch. Alles schien an seinem Platz zu sein. Gabriel kontrollierte es noch ein zweites und drittes Mal. Ja, alles war vollständig. Beruhigt schloss Gabriel das Heftlein wieder ein.
Am Abend hatte er sämtliche Sachen von Shannon in Kartons verpackt. Diese standen nun samt Inventarliste im Flur und warteten darauf, von Shannon abgeholt zu werden. Er zog es vor, nicht da zu sein, wenn sie die Dinge abholte, sondern verzog sich mit den Aufzeichnungen zu seiner Tante Kara. Er fühlte sich nicht danach in sein Elternhaus zu gehen, denn er fürchtete die Fragerunde. Er hatte seinen Eltern ein Nachricht geschrieben, dass er und Shannon sich getrennt hatten und sie auszog, aber er hatte keine Lust ihnen den Umfang Shannons Verrat auseinander zu setzen. Vor allem nicht wegen der Freundschaft zwischen den Familien. Kara, ihr Mann Vincent und die Zwillingen waren für ein paar Tage unterwegs, um sich Colleges anzugucken. Das leere Haus kam Gabriel gerade recht.
Gabriel bat seinen Großvater anschließend, dass Schloss auszutauschen. Shannon hatte zwar ihre Schlüssel zurückgegeben, aber nach ihrer Enthüllung traute er ihr nicht weiter als er sie hätte werden können. Während er Darrel zu Hand ging, rang Gabriel mit sich seinem Großvater von Shannons Verrat zu erzählen.
„Nun spuck's schon aus.“, sagte Darrel schließlich. Er lächelte Gabriel an. Auf dessen Versuch ein ausdrucksloses Gesicht zu machen, lachte Darrel leise. „Du magst deinen Gesichtsausdruck ja meistens unter Kontrolle haben, Gabriel, aber nicht heute und nicht gegenüber mir.“
Seufzend nickte Gabriel. „Weißt du eigentlich warum ich mir immer so eine Mühe damit gebe?“ Er betrachtete den Werkzeugkoffer seines Großvaters. „Seit ich denken kann, hab ich immer mitbekommen, wie du Omas oder Dads Gesichtsausdruck lesen konntest. Auch Izzys oder Claires.“
„Jepp, nur bei deiner Mutter gelingt es mir nicht immer.“
Gabriel musste widerwillig grinsen. „Das habe ich als Herausforderung betrachtet. Mit dem Effekt, dass ich meistens mit dieser ausdruckslosen Maske rumlaufe.“ Er seufzte. „Auch wenn das scheinbar umsonst war.“
Darrel beendete seine Arbeit und legte seinem Enkel die Hand auf die Schulter. „Ich habe einfach viel Erfahrung darin, Menschen zu lesen.“
„Wegen der vielen Leben?“, hakte Gabriel vorsichtig nach.
Darrel nickte. Er bekam einen leicht abwesenden Gesichtsausdruck. Sie sprachen selten darüber und Gabriel wurde das Gefühl nicht los, dass seine Großeltern und seine Mutter im Allgemeinen nicht gerne über diese früheren Leben reden wollten. Bei Darrel war es besonders stark ausgeprägt.
„Shannon hat für die Beobachter gearbeitet.“, platzte es aus Gabriel heraus.
Die Veränderung in Darrel Gesichtsausdruck war bemerkenswert und beängstigend zu gleich. Er hatte seinen Großvater noch nie zornig erlebt, doch jetzt kam es ihm so vor, als würde er neben einem Vulkan kurz vor dem Ausbruch stehen. Darrels Augen glitzerten von Zorn. Sein Atem ging ganz flach und Gabriel begann sich große Sorgen zu machen. Sollte er seinen Großvater ansprechen? Anfassen?
„Na, seid ihr fertig?“
Nie war Gabriel eine Unterbrechung durch seine Oma willkommener. Mit einer Kuchenplatte in der Hand kam sie gerade gemächlich über das Grundstück gelaufen. Sie warf nur einen Blick auf ihren Mann und warf Gabriel fast die Kuchenplatte zu. Dann legte sie Darrel eine Hand auf die Brust und zwang ihn mit der anderen Hand sie anzusehen. Innerhalb kürzester Zeit schien die Anspannung von Darrel abzufallen, der Zorn in seinen Augen verrauchte und er lächelte Kira zu. Die grinste nur. „Du wirst zu alt dafür.“
Gabriel sah seine Großmutter beeindruckt an. Mit einer kurzen Geste und einem langen Blick hatte sie quasi eine Naturkatastrophe verhindert.
Die sie jetzt allerdings selbst darstellte. Beide Fäuste in die Hüfte gestemmt, sah sie ihren Enkel prüfend an. „Möchtest du mir verraten, was Darrel so aufgeregt hat?“
Hinter seiner Oma schüttelte Darrel wild den Kopf und Gabriel war hin und hergerissen. „Ähm, also...“, stotterte er, während Kira bedrohlich näher kam. Nun war es Darrel, der ihr die Hand auf die Schulter legte. „Lass den Jungen in Frieden.“, bat er und lächelte. Kira seufzte und riss Gabriel die Kuchenplatte aus der Hand, bevor sie ins Haus marschierte. „Ich koche Kaffee!“, verkündete sie, bevor sie die Tür hinter sich zu knallte.
Darrel und Gabriel sahen die Tür an und seufzten gemeinschaftlich, bevor sich Darrel an seinen Enkel wandte: „Es ist besser, wenn ich ihr das schonend bei bringe. Du hast die Tendenz etwas … überfallartig damit rauszurücken.“
Gabriel biss sich schuldbewusst auf die Unterlippe. Doch Darrel klopfte ihm freundlich die Schulter. „Keine Sorge.“
„Ihr habt gar keine Geheimnisse mehr vor einander oder? Ich meine, wenn ihr so lange zusammen seid...“
Darrel sah auf die Tür, so als könne er Kira dahinter sehen. Er lächelte, während er in Gedanken vertieft war. „Nein.“, antwortete er dann. „Nicht mehr.“
Gabriel seufzte. „Das wird wohl die wichtigste Grundlage für eine funktionierende Beziehung sein.“ Er sah in den Himmel hinauf und dachte an das, was er Nell damals gesagt hatte: Menschen waren die wahren Monster.
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 7 – Einfach nur weg
Gabriel war sich in den nächsten Tagen unsicher, ob er seinen Eltern auch die Wahrheit über die Trennung mitteilen sollte. Mit seinem Großvater hatte er nicht weiter darüber gesprochen, und auch seine Oma sprach ihn nicht darauf an. Er erinnerte sich daran, dass Shannon versucht hatte, ihm etwas zu erklären. Vielleicht hatte sie einen guten Grund? Aber welcher Grund konnte gut genug sein, jemanden, dem man vorgeblich zugetan war, mit dem man Tisch und Bett teilte, derartig den Dolch in den Rücken zu rammen? Wenn ihr Grund gut genug wäre, dann hätte sie sich vermutlich auch noch mal gemeldet oder? Seitdem sie ihre Sachen abgeholt hatte, hatte Gabriel nichts von ihr gehört. Er wusste wohl, dass sie zu ihrem Vater gezogen war. Ihre Trennung hatte die familiären Beziehungen zwischen den Felingers und den Kellys etwas belastet. Nicht zwischen allen, aber Kira und Natalya zogen es zur Zeit vor, nicht miteinander zu sprechen.
Gabriel spielte mit dem schmalen Heftchen, dass die Aufzeichnung seiner Großeltern enthielt herum. Er sah an seinem Schreibtisch. Sein Tagespensum war längst erledigt. Wäre Shannon noch hier, würden sie jetzt zusammen essen und sie würde ihm von ihrem Tag erzählen. Was könnte nur ihr Grund gewesen sein? Gabriel blätterte die Seite auf, die sein Vater übersetzt hatte
Akki teilte uns beiden, unabhängig von einander mit, dass dies unser letztes Leben sein würde. Wenn wir dieses Mal sterben würden, war es für immer. Uns war klar, dass wir den anderen suchen und finden mussten, um endlich unsere Liebe und unser Glück leben zu können.
Natürlich war das, bevor Akki als dürrer Werwolf hier aufgetaucht ist und uns erklärt hat, dass die Essenz eines Sims trotzdem überlebt und es doch eine – wenn auch minimale – Chance geben würde, dass wir in uns in einem neuen Leben an den anderen erinnern würden. Ich hoffe nur, dass Darrel sich dann daran erinnert, nicht mit Schrotflinten auf schwarze Katzen zu schießen!
Einige der Begriffe hatte er immerhin wiederfinden können. „Schwarze Katze“ schien ein Codewort zu sein, das besonders in den frühen Aufzeichnungen verwendet wurde. Das Wort „Beobachter“ konnte er auch sicher wiederfinden. Der Name seine Mutter sprang ihm erst jetzt wiederholt ins Auge. Da sie aber auch schon einmal gelebt hatte und irgendeine Verbindung zwischen seinen Großeltern und ihr bestand, wunderte es ihn jedoch nicht. Er starrte eine Weile auf den Namen, den er auf einen der frühen Seiten gefunden hatte. Aus dem Augenwinkel heraus hatte er das Gefühl, dass die Zeile darüber Sinn ergab. Als er sich auf die Zeile konzentrierte, verschwamm die Bedeutung jedoch wieder. Frustriert stieß Gabriel die Luft aus, die er unbewusst angehalten hatte. Er legte sich einen Bleistift zurecht und versuchte sich nur auf den Namen seiner Mutter zu konzentrieren. Er kam nicht direkt in den Zustand der Konzentration, den er zuvor erreicht hatte, doch nach einer Weile hatte er wieder das Gefühl die Zeile darüber lesen zu können. Er zwang sich auf „Akki“ zu starren. Dann schloss er rasch die Augen und schrieb blind auf, was er meinte gelesen zu haben. Als er den Stift absetzte, ließ er die Augen noch kurz geschlossen. Natürlich hatte sein Hirn verstanden was er aufgeschrieben hatte, doch er versuchte das vermeintlich gelesene noch nicht zu verarbeiten. Langsam öffnete Gabriel erst ein, dann das zweite Auge. Seine Schrift war schief und man merkte, dass er schnell und blind geschrieben hatte. Gabriel starrte auf das Blatt Papier und dann auf die Aufzeichnungen. Er konnte jetzt ganz klar den Abschnitt vor dem Namen seiner Mutter lesen. Ein Teil seines Hirns versuchte zu begreifen, wie es möglich war diesen Code nur Stück für Stück anwenden zu können ohne eine Regelmäßigkeit feststellen zu können. Ein anderer Teil seines Hirns hatte sich ausgeschaltet und seinen Emotionen freien Lauf gelassen.
Schließlich seufzte Gabriel. Er griff nach seinem Smartphone und wählte die Nummer seiner Mutter. Er war sich sicher, dass seine Stimme fest genug klang, doch als er sie begrüßt hatte, schien Akki sofort zu bemerken, dass etwas nicht stimmte. Als Gabriel sie bat, sofort zu kommen, sagte sie nur schlicht „Ja.“, legte auf und war nur eine viertel Stunde später da. Sie war in der Tierklinik gewesen, in der sie vor ein paar Jahren angefangen hatte zu arbeiten und trug noch den Kittel. Gabriel bat seine Mutter hoch ins Arbeitszimmer und reichte ihr, krampfhaft bemüht sein Gesicht ausdruckslos zu halten, die Aufzeichnung samt Übersetzung. Akki warf nur einen kurzen Blick darauf. Sie senkte den Blick und Gabriel bemerkte, wie sie bemüht war die Fassung zu behalten.
„Stimmt es?“, fragte er leise.
Es dauerte einen Moment, bis seine Mutter nickte. Obwohl ihr Teint normalerweise genauso dunkel war wie seiner, war sie schlagartig blass geworden. In ihren gelben Augen – Gabriel erinnerte sich noch dunkel daran, wie sie einst geleuchtet hatten – standen Tränen. Gabriel ließ sich auf die Couch sinken. Seine Mutter stand unentschlossen im Raum, bis Gabriel auf das Polster neben sich klopfte. Sie setzte sich vorsichtig neben ihn und mied seinen Blick. Gabriel versuchte seine Gedanken zu ordnen. Nach einer Weile fragte er: „Weiß Dad davon?“ Er war erstaunt wie fest seine Stimme jetzt doch klang.
„Nein.“, antwortete seine Mutter, deren Stimme alles andere als fest klang.
Gabriel stieß einen leisen Fluch aus. Er sprang auf und fasste seine Mutter scharf ins Auge. Sie sah wie ein Häufchen Elend aus. Er erinnerte sich daran, wie sie auf einmal aus Moonlight Falls nach Riverview gekommen war – nicht länger ein Wolf und genauso ausgestoßen wie er. Er hatte es seiner Mutter nie nachgetragen, dass sie ihn zu seinem Vater gegeben hatte, weil er den ganzen Vorgang erst richtig begriffen hatte, als er auch in der Lage gewesen war, die Hintergründe zu verstehen. Aber er erinnerte sich daran, wie traurig er gewesen war, dass er lange Zeit mit ihr nur über Skype hatte reden können – und selbst das war nicht immer möglich gewesen. Umso glücklicher war er gewesen, als sie eines Tages im Winter aufgetaucht war und dann blieb. Gabriel hatte sie und seinen Vater bis zu diesem Zeitpunkt nie als Paar empfunden und der hauptsächliche Vergleich waren seine Großeltern – bei denen nie fraglich war, dass sie zusammengehörten. Seine Eltern waren von einem anderen Kaliber. Im Gegensatz zu Kira und Darrel waren sie kein Paar, das in der Öffentlichkeit Küsse austauschte oder auch nur Händchen hielt. Trotzdem hatte Gabriel bald bemerkt, dass sie sich liebten. Er konnte es nicht an irgendetwas fest machen, aber er bemerkte es.
Gabriel seufzte. So sehr sein Vater seine Mutter auch liebte – würde diese Offenbarung nicht sein Herz brechen?
„Ich konnte es ihm nicht sagen.“, sagte Akki mit kleiner Stimme. Sie sah ihren Sohn vorsichtig an. „Ein Teil von mir wollte es ihm auch nie sagen.“
Wieder war Gabriel hin und hergerissen. Ein Teil wollte seine Mutter anbrüllen, dass sein Vater ein Recht hatte zu erfahren, dass sie früher ein Beobachter gewesen war. Ein anderer Teil von ihm, konnte seine Mutter verstehen. Gabriel massierte sich die Schläfen. Dann riss er seiner Mutter die Zettel aus der Hand, klatschte sie harsch auf den Kopierer, der neben dem Schreibtisch stand und kopierte die Zettel. Das Original faltete er und legte es in das Heftchen, das in der Kassette verschwand. Die Kopie reichte er seiner Mutter.
„Mach damit was du willst.“ Er mied ihren Blick. „Ich kann nicht mehr. Erst Shannon, dann du. Ich muss einfach hier weg.“ Er stürmte an ihr vorbei, die Treppe hinunter ins Schlafzimmer. Seine Mutter folgte ihm mit verwirrtem Blick, zitternd die Kopie haltend. „Weg? Was meinst du damit, Gabriel?“
„Weg meint weg.“, erwiderte er, während er seinen Duffelbag vom Schrank holte und begann wahllos Dinge hineinzustopfen. „Sorry, Mom. Ich … Geh bitte. Ich melde mich.“
Verwirrt und verletzt starrte Akki ihren Sohn an, der wie wild Dinge aus den Schubladen riss und in seine Tasche stopfte. Er ignorierte sie. Akkis Herz klopfte so laut, dass sie meinte, Gabriel müsste es hören. Sie faltete vorsichtig die Kopie, unsicher was sie damit machen sollte. Nach einem letzten Blick auf ihren Sohn, der entschlossen mit dem Packen fortfuhr und sie noch einmal nachdrücklich bat, zu gehen, verließ sie leise den ehemaligen Getreidespeicher.
Keine vierundzwanzig Stunden später saß Gabriel auf einem Steg hinter einem kleinen Ferienhäuschen auf Isla Paradiso und sah in den Himmel.
Gabriel spielte mit dem schmalen Heftchen, dass die Aufzeichnung seiner Großeltern enthielt herum. Er sah an seinem Schreibtisch. Sein Tagespensum war längst erledigt. Wäre Shannon noch hier, würden sie jetzt zusammen essen und sie würde ihm von ihrem Tag erzählen. Was könnte nur ihr Grund gewesen sein? Gabriel blätterte die Seite auf, die sein Vater übersetzt hatte
Akki teilte uns beiden, unabhängig von einander mit, dass dies unser letztes Leben sein würde. Wenn wir dieses Mal sterben würden, war es für immer. Uns war klar, dass wir den anderen suchen und finden mussten, um endlich unsere Liebe und unser Glück leben zu können.
Natürlich war das, bevor Akki als dürrer Werwolf hier aufgetaucht ist und uns erklärt hat, dass die Essenz eines Sims trotzdem überlebt und es doch eine – wenn auch minimale – Chance geben würde, dass wir in uns in einem neuen Leben an den anderen erinnern würden. Ich hoffe nur, dass Darrel sich dann daran erinnert, nicht mit Schrotflinten auf schwarze Katzen zu schießen!
Einige der Begriffe hatte er immerhin wiederfinden können. „Schwarze Katze“ schien ein Codewort zu sein, das besonders in den frühen Aufzeichnungen verwendet wurde. Das Wort „Beobachter“ konnte er auch sicher wiederfinden. Der Name seine Mutter sprang ihm erst jetzt wiederholt ins Auge. Da sie aber auch schon einmal gelebt hatte und irgendeine Verbindung zwischen seinen Großeltern und ihr bestand, wunderte es ihn jedoch nicht. Er starrte eine Weile auf den Namen, den er auf einen der frühen Seiten gefunden hatte. Aus dem Augenwinkel heraus hatte er das Gefühl, dass die Zeile darüber Sinn ergab. Als er sich auf die Zeile konzentrierte, verschwamm die Bedeutung jedoch wieder. Frustriert stieß Gabriel die Luft aus, die er unbewusst angehalten hatte. Er legte sich einen Bleistift zurecht und versuchte sich nur auf den Namen seiner Mutter zu konzentrieren. Er kam nicht direkt in den Zustand der Konzentration, den er zuvor erreicht hatte, doch nach einer Weile hatte er wieder das Gefühl die Zeile darüber lesen zu können. Er zwang sich auf „Akki“ zu starren. Dann schloss er rasch die Augen und schrieb blind auf, was er meinte gelesen zu haben. Als er den Stift absetzte, ließ er die Augen noch kurz geschlossen. Natürlich hatte sein Hirn verstanden was er aufgeschrieben hatte, doch er versuchte das vermeintlich gelesene noch nicht zu verarbeiten. Langsam öffnete Gabriel erst ein, dann das zweite Auge. Seine Schrift war schief und man merkte, dass er schnell und blind geschrieben hatte. Gabriel starrte auf das Blatt Papier und dann auf die Aufzeichnungen. Er konnte jetzt ganz klar den Abschnitt vor dem Namen seiner Mutter lesen. Ein Teil seines Hirns versuchte zu begreifen, wie es möglich war diesen Code nur Stück für Stück anwenden zu können ohne eine Regelmäßigkeit feststellen zu können. Ein anderer Teil seines Hirns hatte sich ausgeschaltet und seinen Emotionen freien Lauf gelassen.
Schließlich seufzte Gabriel. Er griff nach seinem Smartphone und wählte die Nummer seiner Mutter. Er war sich sicher, dass seine Stimme fest genug klang, doch als er sie begrüßt hatte, schien Akki sofort zu bemerken, dass etwas nicht stimmte. Als Gabriel sie bat, sofort zu kommen, sagte sie nur schlicht „Ja.“, legte auf und war nur eine viertel Stunde später da. Sie war in der Tierklinik gewesen, in der sie vor ein paar Jahren angefangen hatte zu arbeiten und trug noch den Kittel. Gabriel bat seine Mutter hoch ins Arbeitszimmer und reichte ihr, krampfhaft bemüht sein Gesicht ausdruckslos zu halten, die Aufzeichnung samt Übersetzung. Akki warf nur einen kurzen Blick darauf. Sie senkte den Blick und Gabriel bemerkte, wie sie bemüht war die Fassung zu behalten.
„Stimmt es?“, fragte er leise.
Es dauerte einen Moment, bis seine Mutter nickte. Obwohl ihr Teint normalerweise genauso dunkel war wie seiner, war sie schlagartig blass geworden. In ihren gelben Augen – Gabriel erinnerte sich noch dunkel daran, wie sie einst geleuchtet hatten – standen Tränen. Gabriel ließ sich auf die Couch sinken. Seine Mutter stand unentschlossen im Raum, bis Gabriel auf das Polster neben sich klopfte. Sie setzte sich vorsichtig neben ihn und mied seinen Blick. Gabriel versuchte seine Gedanken zu ordnen. Nach einer Weile fragte er: „Weiß Dad davon?“ Er war erstaunt wie fest seine Stimme jetzt doch klang.
„Nein.“, antwortete seine Mutter, deren Stimme alles andere als fest klang.
Gabriel stieß einen leisen Fluch aus. Er sprang auf und fasste seine Mutter scharf ins Auge. Sie sah wie ein Häufchen Elend aus. Er erinnerte sich daran, wie sie auf einmal aus Moonlight Falls nach Riverview gekommen war – nicht länger ein Wolf und genauso ausgestoßen wie er. Er hatte es seiner Mutter nie nachgetragen, dass sie ihn zu seinem Vater gegeben hatte, weil er den ganzen Vorgang erst richtig begriffen hatte, als er auch in der Lage gewesen war, die Hintergründe zu verstehen. Aber er erinnerte sich daran, wie traurig er gewesen war, dass er lange Zeit mit ihr nur über Skype hatte reden können – und selbst das war nicht immer möglich gewesen. Umso glücklicher war er gewesen, als sie eines Tages im Winter aufgetaucht war und dann blieb. Gabriel hatte sie und seinen Vater bis zu diesem Zeitpunkt nie als Paar empfunden und der hauptsächliche Vergleich waren seine Großeltern – bei denen nie fraglich war, dass sie zusammengehörten. Seine Eltern waren von einem anderen Kaliber. Im Gegensatz zu Kira und Darrel waren sie kein Paar, das in der Öffentlichkeit Küsse austauschte oder auch nur Händchen hielt. Trotzdem hatte Gabriel bald bemerkt, dass sie sich liebten. Er konnte es nicht an irgendetwas fest machen, aber er bemerkte es.
Gabriel seufzte. So sehr sein Vater seine Mutter auch liebte – würde diese Offenbarung nicht sein Herz brechen?
„Ich konnte es ihm nicht sagen.“, sagte Akki mit kleiner Stimme. Sie sah ihren Sohn vorsichtig an. „Ein Teil von mir wollte es ihm auch nie sagen.“
Wieder war Gabriel hin und hergerissen. Ein Teil wollte seine Mutter anbrüllen, dass sein Vater ein Recht hatte zu erfahren, dass sie früher ein Beobachter gewesen war. Ein anderer Teil von ihm, konnte seine Mutter verstehen. Gabriel massierte sich die Schläfen. Dann riss er seiner Mutter die Zettel aus der Hand, klatschte sie harsch auf den Kopierer, der neben dem Schreibtisch stand und kopierte die Zettel. Das Original faltete er und legte es in das Heftchen, das in der Kassette verschwand. Die Kopie reichte er seiner Mutter.
„Mach damit was du willst.“ Er mied ihren Blick. „Ich kann nicht mehr. Erst Shannon, dann du. Ich muss einfach hier weg.“ Er stürmte an ihr vorbei, die Treppe hinunter ins Schlafzimmer. Seine Mutter folgte ihm mit verwirrtem Blick, zitternd die Kopie haltend. „Weg? Was meinst du damit, Gabriel?“
„Weg meint weg.“, erwiderte er, während er seinen Duffelbag vom Schrank holte und begann wahllos Dinge hineinzustopfen. „Sorry, Mom. Ich … Geh bitte. Ich melde mich.“
Verwirrt und verletzt starrte Akki ihren Sohn an, der wie wild Dinge aus den Schubladen riss und in seine Tasche stopfte. Er ignorierte sie. Akkis Herz klopfte so laut, dass sie meinte, Gabriel müsste es hören. Sie faltete vorsichtig die Kopie, unsicher was sie damit machen sollte. Nach einem letzten Blick auf ihren Sohn, der entschlossen mit dem Packen fortfuhr und sie noch einmal nachdrücklich bat, zu gehen, verließ sie leise den ehemaligen Getreidespeicher.
Keine vierundzwanzig Stunden später saß Gabriel auf einem Steg hinter einem kleinen Ferienhäuschen auf Isla Paradiso und sah in den Himmel.
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 8 – Eine unerwartete Begegnung
Kurz nachdem er angekommen war, hatte er zu Hause angerufen – auf dem Festnetz. Er war ziemlich erleichtert, als Izzy ans Telefon ging und er sich nicht mit seinen Eltern oder Großeltern auseinandersetzen musste. Izzys unzerstörbare gute Laune war zwar auch etwas gedämpft, weil die Stimmung im Hause Felinger nach Gabriels plötzlicher Flucht nicht die beste war, aber sie konnte einen Teil seiner Sorgen zerstreuen. Er war nicht erstaunt zu hören, dass seine Mutter sofort nachdem sie sein Haus verlassen hatte zu seinem Vater gegangen war. Akki hatte David die Kopie gegeben und eingestanden, früher eine Beobachterin gewesen zu sein. Sie konnte ihm vieles erzählen, was die Maulsperre zuvor verhindert hatte: Dass sie selbst das Kind einer Beobachterin gewesen war, die eigentlich nicht dieses Erbe antreten sollte, sich aber die Fertigkeiten und Fähigkeiten der Beobachter im Selbststudium angeeignet hatte und dann ihre eigene Agenda verfolgt hatte. Ihre eigene Agenda hatte etwas mit Darrel und Kira zu tun und da endete auch schon das Aussprechen können und die Maulsperre trat wieder auf. Im Gegensatz zu seinem Sohn, war David nicht über die Maßen geschockt oder gar wütend. Sein Vater hatte sich wesentlich besser mit dem ganzen Beobachterproblem, der Maulsperre und den Geheimnissen arrangiert, als Gabriel es konnte. Kira und Darrel hingegen schienen unglücklich, dass Akkis Vergangenheit ans Licht gekommen war. Nach eigener Angabe wussten sie zwar alles darüber, aber dass ihr Sohn und Enkel nun Akkis Geheimnis kannten, sorgte für schlechte Stimmung. Dass alles erzählte Izzy Gabriel im Schnelldurchlauf, nachdem er ihr versichert hatte, dass es ihm gut ging.
„Ich kann dich verstehen, Gabriel.“, sagte Izzy schließlich. „Die ganze Beobachter-Scheiße ist ziemlich viel zu verdauen. Dann dass mit Akki zu entdecken. Du hast aber auch den kürzeren gezogen: Kira und Darrel hatten sich und – ohne mich aufspielen zu wollen – Gabriel hatte mich und Akki. Du hast nur deine Eltern und Großeltern. Keinen …. äh.“
„Japp, danke für die Erinnerung, dass ich weder Freunde noch eine Partnerin hab.“, muffelte Gabriel ins Telefon. Aber hier auf Isla Paradiso, kam es ihm gar nicht so schmerzhaft vor. Er grinste als er sich vorstellte, wie Izzy vor Verlegenheit auf der Lippe kaute und sich in Grund und Boden schämte.
„So meinte ich das nicht,“, versuchte sie eine Entschuldigung anzubringen.
Gabriel hörte im Hintergrund seine Eltern. „Egal, Izzy. Grüß alle. Es geht mir gut, aber ich brauch etwas Ruhe, ok?“ Hastig legte er auf und schaltete sein Smartphone aus. Wenn das Beobachterproblem nur auch so einfach zu lösen wäre! Ob sie ihm hierher folgen würden? Seinem Vater waren sie bis zur Uni gefolgt. Aber eine alte Schulfreundin einzuspannen, die sich dann derart in sein Leben schlich...das war einfach perfide! Gabriel massierte sich die Schläfen und bemerkte mit einem Mal, dass ihm etwas wichtiges abhanden gekommen war. Vertrauen.
Der Abstand tat Gabriel gut, aber er hatte dieses leere Gefühl in sich. Auch wenn er dieses Damoklesschwert „Beobachter“ schon seit seiner Jugend über dem Kopf schweben hatte, waren sie ihm nie bedrohlich vorgekommen. Jetzt hatten sie ihm das Vertrauen genommen. Konnte er je wieder vertrauen? Wie konnte er ausschließen, dass ein Fremder, der freundlich zu ihm war, von den Beobachtern geschickt worden war?
Die warme, salzige Inselluft gefiel Gabriel, auch wenn er seinen Parka dadurch in den Schrank verbannen musste. Er konnte auf der Terrasse arbeiten oder im Haus, wenn die Sonne zu sehr brannte. Da Isla Paradiso eine Touristeninsel war, brauchte er nur kurz in den Stadtkern laufen und schon konnte er sich jederzeit etwas zu Essen besorgen ohne sich die Blöße geben zu müssen, sich selbst an den Herd zu stellen. Er mied Kontakt zu anderen Sims, blieb freundlich, aber distanziert. Ein bisschen sorgte Gabriel sich, dass er Paranoia entwickelte, aber meist schob er den Gedanken beiseite. Er hatte schließlich noch kein Problem damit in die Stadt zu gehen und Smalltalk zu betreiben, oder?
An einem besonders schönen Tag (tatsächlich waren hier alle Tage schön), entspannte sich Gabriel nach dem Essen im örtlichen Park. Er dachte gerade darüber nach, ob er zum ersten Mal seit seiner Ankunft die Aufzeichnungen in die Hand nehmen sollte, als ein Schatten auf ihn fiel. Ein Sim war im Begriff an ihm vorbei zu gehen. Gabriel lächelte wehmütig, als er einen Schopf erdbeerblonder Haare erblickte und murmelte melancholisch auf niederländisch: „Du stehst mir in der Sonne.“
In akzentgefärbtem Spanisch kam zurück: „Entschuldigung, ich hab sie nicht verstanden.“ Der Sim – eine junge Frau drehte sich um – und lächelte entschuldigend. Als sie Gabriel ansah machte sie ein überraschtes Gesicht.
„Du stehst mir in der Sonne.“, wiederholte Gabriel auf spanisch. Er starrte Nell ebenso überrascht an wie sie ihn und fragte sich, ob die Beobachter ihm gefolgt waren und dies ein neuerlicher Versuch von ihnen war.
Nell glotzte ungläubig auf den Simo, der vor ihr saß. Seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, war er genauso überrascht wie sie. In den vergangenen Monaten war Nell ja das ein oder andere merkwürdige widerfahren, aber dies toppte alles. Wie wahrscheinlich war es, dass zwei Sims, die sich nur einen Sommer lang in einer völlig anderen Stadt gesehen hatten, fast zwei Jahre später auf einer Ferieninsel meilenweit von beider Heimat wiedertrafen? Perplex kratzte Nell sich am Kopf. Gabriels Gesichtsausdruck wurde wieder so nichtssagend, aber sie in seinen Augen sah sie so etwas wie Misstrauen.
„Was machst du hier?“, brachte er schließlich auf simlisch hervor. Als er bemerkte, wie scharf seine Frage klang, zwang er sich zu einem Lächeln.
Nell lächelte verlegen. „Ich arbeite hier. Und du?“
Gabriel sah in den Himmel, die Miene wieder völlig ausdruckslos. Nell widerstand der Versuchung ihn mit dem Finger anzustoßen, um zu prüfen ob er echt sei. Als er sie wieder ansah, meinte sie immer noch etwas Misstrauen in seinen Augen wahrzunehmen, aber er wirkte gefasster. Warum war er so schockiert? Die Überraschung verstand sie ja – sie war selbst ziemlich erstaunt – aber das Misstrauen gefiel ihr nicht.
Gabriel bemerkte, dass er nicht gerade freundlich war. Aber was war, wenn Nell eine Agentin der Beobachter war? Er war nicht bereit sich noch einmal so aufs Glatteis führen zu lassen. Andererseits gehörte der Sommer mit Nell zu seinen liebsten Erinnerungen. Gabriel unterdrückte ein Stöhnen. Er war so wütend, dass die Beobachter ihm nicht nur sein Vertrauen genommen, sondern auch seine Erinnerungen vergiftet hatten. Am liebsten hätte er vor Zorn laut aufgeschrien und irgendetwas zerstört. Trotz der jahrelangen Übung seine Miene ausdruckslos zu halten, schien sich etwas von seiner Wut auf seinem Gesicht widerzuspiegeln. Nell musterte ihn besorgt. Gabriel war erstaunt wie wenig sie sich verändert hatte. Sie sah noch immer unglaublich jung aus, Anfang zwanzig musste sie jetzt sein. Statt zweier Zöpfe trug sie die erdbeerblonden Haare nachlässig hochgesteckt. Obwohl sie sich so wenig verändert hatte, bemerkte er, dass sie leichte Augenringe hatte und generell etwas mitgenommen aussah.
Ihm fiel auf, dass er ihr eine Antwort schuldig geblieben war. „Abstand gewinnen.“, erwiderte er. Dann wies er zu dem kleinen Kaffeestand. „Kaffee?“ Beobachter hin oder her – er würde seine Kinderstube nicht vergessen. Und ein Teil von ihm wollte wissen, ob ihr Treffen Zufall war oder nicht.
Nell nickte und langte in ihre Tasche. Gabriel schüttelte den Kopf. „Lass mal.“ Damit drehte er sich um und bestellte zwei Kaffee. So konnte er nicht sehen wie Nells Miene von peinlich berührt zu erleichtert und traurig wechselte. Sie nahm die Hand aus der Hosentasche und war froh nicht ihre letzten Münzen für Kaffee ausgeben zu müssen.
Gabriel schob der Barista den Schein hin und verzichtete auf das Wechselgeld. Er beließ seinen Kaffee wie er war, und mischte in Nells Kaffee Sojamilch und Zucker. Nach kurzer Überlegung fügte er ein Tütchen Zucker extra zu. Sie sah so als auch brauchte sie es. Als er sich umdrehte, hatte Nell ihren Gesichtsausdruck unter Kontrolle und lächelte freundlich.
„Mit Sojamilch und Zucker, wenn sich nichts geändert hat?“ Gabriel reichte ihr den Pappbecher.
„Richtig! Trinkst du noch immer schwarz?“
Er nickte. Beide nahmen vorsichtig einen Schluck des heißen Kaffees. Es kam Gabriel komisch vor, dass sie nun hier standen und sich über die Nichtigkeit wie die Kaffeevorlieben unterhielten. Er hatte die Gespräche mit Nell in anderer Erinnerung. Gehaltvoller. Aber natürlich war das bevor er sein Vertrauen verloren hatte und an jeder Ecke einen Beobachter witterte.
„Gehst du noch zu Vorträgen über Übernatürliche?“, fragte Nell schließlich.
Gabriel sah sie über den Kaffeebecher hinweg irritiert an. Tatsächlich hatte er seit einiger Zeit keinen Gedanken daran verschwendet. Humphrey war von der Bühne verschwunden und die meisten anderen Verschwörungstheoretiker wurden vom Rest der Simheit genau so wahrgenommen, wie es Gabriel am liebsten war: als harmlose Verrückte.
„Nein. Es hat seinen Reiz verloren.“, erwiderte er deswegen wahrheitsgetreu. „Studierst du noch? Pädagogik?“
Nell sah zur Seite, bevor sie antwortete: „Nein. Ich hab's nach der Hälfte des ersten Semesters abgebrochen.“
Das Gespräch verebbte und beiden Sims war die Stille unangenehm. So überrascht sie beide zunächst gewesen waren, den anderen zu sehen – und so sehr sie sich darüber gefreut hatten, so unbehaglich erschien ihnen das Treffen jetzt. Gabriel witterte Verrat, Nell war unwohl.
Nachdem sie ihren Kaffee getrunken und die Pappbecher entsorgt hatten, sahen sich Gabriel und Nell noch einmal kurz an und verabschiedeten sich dann. Als Gabriel den Park in Richtung seines einsam gelegenen Ferienhauses verließ, warf er einen Blick über die Schulter. Nell war in die entgegengesetzte Richtung losgezogen. Just in diesem Moment sah auch sie zurück.
„Ich kann dich verstehen, Gabriel.“, sagte Izzy schließlich. „Die ganze Beobachter-Scheiße ist ziemlich viel zu verdauen. Dann dass mit Akki zu entdecken. Du hast aber auch den kürzeren gezogen: Kira und Darrel hatten sich und – ohne mich aufspielen zu wollen – Gabriel hatte mich und Akki. Du hast nur deine Eltern und Großeltern. Keinen …. äh.“
„Japp, danke für die Erinnerung, dass ich weder Freunde noch eine Partnerin hab.“, muffelte Gabriel ins Telefon. Aber hier auf Isla Paradiso, kam es ihm gar nicht so schmerzhaft vor. Er grinste als er sich vorstellte, wie Izzy vor Verlegenheit auf der Lippe kaute und sich in Grund und Boden schämte.
„So meinte ich das nicht,“, versuchte sie eine Entschuldigung anzubringen.
Gabriel hörte im Hintergrund seine Eltern. „Egal, Izzy. Grüß alle. Es geht mir gut, aber ich brauch etwas Ruhe, ok?“ Hastig legte er auf und schaltete sein Smartphone aus. Wenn das Beobachterproblem nur auch so einfach zu lösen wäre! Ob sie ihm hierher folgen würden? Seinem Vater waren sie bis zur Uni gefolgt. Aber eine alte Schulfreundin einzuspannen, die sich dann derart in sein Leben schlich...das war einfach perfide! Gabriel massierte sich die Schläfen und bemerkte mit einem Mal, dass ihm etwas wichtiges abhanden gekommen war. Vertrauen.
Der Abstand tat Gabriel gut, aber er hatte dieses leere Gefühl in sich. Auch wenn er dieses Damoklesschwert „Beobachter“ schon seit seiner Jugend über dem Kopf schweben hatte, waren sie ihm nie bedrohlich vorgekommen. Jetzt hatten sie ihm das Vertrauen genommen. Konnte er je wieder vertrauen? Wie konnte er ausschließen, dass ein Fremder, der freundlich zu ihm war, von den Beobachtern geschickt worden war?
Die warme, salzige Inselluft gefiel Gabriel, auch wenn er seinen Parka dadurch in den Schrank verbannen musste. Er konnte auf der Terrasse arbeiten oder im Haus, wenn die Sonne zu sehr brannte. Da Isla Paradiso eine Touristeninsel war, brauchte er nur kurz in den Stadtkern laufen und schon konnte er sich jederzeit etwas zu Essen besorgen ohne sich die Blöße geben zu müssen, sich selbst an den Herd zu stellen. Er mied Kontakt zu anderen Sims, blieb freundlich, aber distanziert. Ein bisschen sorgte Gabriel sich, dass er Paranoia entwickelte, aber meist schob er den Gedanken beiseite. Er hatte schließlich noch kein Problem damit in die Stadt zu gehen und Smalltalk zu betreiben, oder?
An einem besonders schönen Tag (tatsächlich waren hier alle Tage schön), entspannte sich Gabriel nach dem Essen im örtlichen Park. Er dachte gerade darüber nach, ob er zum ersten Mal seit seiner Ankunft die Aufzeichnungen in die Hand nehmen sollte, als ein Schatten auf ihn fiel. Ein Sim war im Begriff an ihm vorbei zu gehen. Gabriel lächelte wehmütig, als er einen Schopf erdbeerblonder Haare erblickte und murmelte melancholisch auf niederländisch: „Du stehst mir in der Sonne.“
In akzentgefärbtem Spanisch kam zurück: „Entschuldigung, ich hab sie nicht verstanden.“ Der Sim – eine junge Frau drehte sich um – und lächelte entschuldigend. Als sie Gabriel ansah machte sie ein überraschtes Gesicht.
„Du stehst mir in der Sonne.“, wiederholte Gabriel auf spanisch. Er starrte Nell ebenso überrascht an wie sie ihn und fragte sich, ob die Beobachter ihm gefolgt waren und dies ein neuerlicher Versuch von ihnen war.
Nell glotzte ungläubig auf den Simo, der vor ihr saß. Seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, war er genauso überrascht wie sie. In den vergangenen Monaten war Nell ja das ein oder andere merkwürdige widerfahren, aber dies toppte alles. Wie wahrscheinlich war es, dass zwei Sims, die sich nur einen Sommer lang in einer völlig anderen Stadt gesehen hatten, fast zwei Jahre später auf einer Ferieninsel meilenweit von beider Heimat wiedertrafen? Perplex kratzte Nell sich am Kopf. Gabriels Gesichtsausdruck wurde wieder so nichtssagend, aber sie in seinen Augen sah sie so etwas wie Misstrauen.
„Was machst du hier?“, brachte er schließlich auf simlisch hervor. Als er bemerkte, wie scharf seine Frage klang, zwang er sich zu einem Lächeln.
Nell lächelte verlegen. „Ich arbeite hier. Und du?“
Gabriel sah in den Himmel, die Miene wieder völlig ausdruckslos. Nell widerstand der Versuchung ihn mit dem Finger anzustoßen, um zu prüfen ob er echt sei. Als er sie wieder ansah, meinte sie immer noch etwas Misstrauen in seinen Augen wahrzunehmen, aber er wirkte gefasster. Warum war er so schockiert? Die Überraschung verstand sie ja – sie war selbst ziemlich erstaunt – aber das Misstrauen gefiel ihr nicht.
Gabriel bemerkte, dass er nicht gerade freundlich war. Aber was war, wenn Nell eine Agentin der Beobachter war? Er war nicht bereit sich noch einmal so aufs Glatteis führen zu lassen. Andererseits gehörte der Sommer mit Nell zu seinen liebsten Erinnerungen. Gabriel unterdrückte ein Stöhnen. Er war so wütend, dass die Beobachter ihm nicht nur sein Vertrauen genommen, sondern auch seine Erinnerungen vergiftet hatten. Am liebsten hätte er vor Zorn laut aufgeschrien und irgendetwas zerstört. Trotz der jahrelangen Übung seine Miene ausdruckslos zu halten, schien sich etwas von seiner Wut auf seinem Gesicht widerzuspiegeln. Nell musterte ihn besorgt. Gabriel war erstaunt wie wenig sie sich verändert hatte. Sie sah noch immer unglaublich jung aus, Anfang zwanzig musste sie jetzt sein. Statt zweier Zöpfe trug sie die erdbeerblonden Haare nachlässig hochgesteckt. Obwohl sie sich so wenig verändert hatte, bemerkte er, dass sie leichte Augenringe hatte und generell etwas mitgenommen aussah.
Ihm fiel auf, dass er ihr eine Antwort schuldig geblieben war. „Abstand gewinnen.“, erwiderte er. Dann wies er zu dem kleinen Kaffeestand. „Kaffee?“ Beobachter hin oder her – er würde seine Kinderstube nicht vergessen. Und ein Teil von ihm wollte wissen, ob ihr Treffen Zufall war oder nicht.
Nell nickte und langte in ihre Tasche. Gabriel schüttelte den Kopf. „Lass mal.“ Damit drehte er sich um und bestellte zwei Kaffee. So konnte er nicht sehen wie Nells Miene von peinlich berührt zu erleichtert und traurig wechselte. Sie nahm die Hand aus der Hosentasche und war froh nicht ihre letzten Münzen für Kaffee ausgeben zu müssen.
Gabriel schob der Barista den Schein hin und verzichtete auf das Wechselgeld. Er beließ seinen Kaffee wie er war, und mischte in Nells Kaffee Sojamilch und Zucker. Nach kurzer Überlegung fügte er ein Tütchen Zucker extra zu. Sie sah so als auch brauchte sie es. Als er sich umdrehte, hatte Nell ihren Gesichtsausdruck unter Kontrolle und lächelte freundlich.
„Mit Sojamilch und Zucker, wenn sich nichts geändert hat?“ Gabriel reichte ihr den Pappbecher.
„Richtig! Trinkst du noch immer schwarz?“
Er nickte. Beide nahmen vorsichtig einen Schluck des heißen Kaffees. Es kam Gabriel komisch vor, dass sie nun hier standen und sich über die Nichtigkeit wie die Kaffeevorlieben unterhielten. Er hatte die Gespräche mit Nell in anderer Erinnerung. Gehaltvoller. Aber natürlich war das bevor er sein Vertrauen verloren hatte und an jeder Ecke einen Beobachter witterte.
„Gehst du noch zu Vorträgen über Übernatürliche?“, fragte Nell schließlich.
Gabriel sah sie über den Kaffeebecher hinweg irritiert an. Tatsächlich hatte er seit einiger Zeit keinen Gedanken daran verschwendet. Humphrey war von der Bühne verschwunden und die meisten anderen Verschwörungstheoretiker wurden vom Rest der Simheit genau so wahrgenommen, wie es Gabriel am liebsten war: als harmlose Verrückte.
„Nein. Es hat seinen Reiz verloren.“, erwiderte er deswegen wahrheitsgetreu. „Studierst du noch? Pädagogik?“
Nell sah zur Seite, bevor sie antwortete: „Nein. Ich hab's nach der Hälfte des ersten Semesters abgebrochen.“
Das Gespräch verebbte und beiden Sims war die Stille unangenehm. So überrascht sie beide zunächst gewesen waren, den anderen zu sehen – und so sehr sie sich darüber gefreut hatten, so unbehaglich erschien ihnen das Treffen jetzt. Gabriel witterte Verrat, Nell war unwohl.
Nachdem sie ihren Kaffee getrunken und die Pappbecher entsorgt hatten, sahen sich Gabriel und Nell noch einmal kurz an und verabschiedeten sich dann. Als Gabriel den Park in Richtung seines einsam gelegenen Ferienhauses verließ, warf er einen Blick über die Schulter. Nell war in die entgegengesetzte Richtung losgezogen. Just in diesem Moment sah auch sie zurück.
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 9 – Eine helfende Hand
Grübelnd marschierte Gabriel nach Hause. Die Erfahrung der letzten Wochen zeigte, dass die Beobachter trickreich waren: Sie hatten Shannon eingeschleust und niemand hatte Verdacht geschöpft. Ganz im Gegenteil, seine Familie hatte sich gefreut. Und niemand wäre auf die Idee gekommen, dass ausgerechnet eine Enkelin von den besten Freundin seiner Großeltern eine Agentin sein konnte. Gabriel schüttelte nachdenklich den Kopf. Jedes Mal wenn er an diesen Punkt gelangte, wurde ihm fast schlecht ob dieser Perfidität. Er fragte sich, warum seine Familie so interessant für die Beobachter war. Kopfschüttelnd erinnerte er sich, was die Antwort seiner Oma wäre: Lies die Aufzeichnungen. Nur blieb das alte Problem der Unlesbarkeit.
Mittlerweile war Gabriel zu Hause angekommen und schloss die Haustür auf. Von den Aufzeichnungen glitten seine Gedanken zurück zu Nell. Hatte er seine Erinnerungen an den Sommer mit der Zeit einfach überhöht? Waren die Gespräche vielleicht gar nicht so toll gewesen, wie er immer dachte? Hatte sich einfach eine glorreiche Patina darüber gelegt? Ihre heutige Begegnung war komisch gewesen. Komisch... Gabriel grinste und erinnerte sich an das erste Treffen im Park damals und ihr anschließendes Gespräch über das Wort „komisch“. Nein, er überhöhte die Erinnerung nicht. Es war damals so schön gewesen, wie er immer dachte. Nun war jetzt eine andere Zeit. Er hatte sich verändert. Durch Shannons Verrat nicht gerade zum Besten … und warum sollte Nell sich nicht auch verändert haben? Gabriel fläzte sich auf die Couch. Wie damals hatten sie keine Kontaktdaten ausgetauscht. Die Insel war nicht so groß, ähnlich wie seine Collegestadt. Warum sollten sie einander nicht wieder begegnen?
Am nächsten Tag, nachdem er sein vormittägliches Arbeitspensum erledigt hatte, spazierte Gabriel zurück in den Park. Schon von weitem hörte er Gitarrenklänge. Er war erstaunt, Nell mit einer Gitarre in der Nähe des Brunnens zu sehen. Vor ihr stand der geöffnete Gitarrenkoffer, in dem ein paar Münzen lagen. Nells Augen waren geschlossen und wieder fiel Gabriel auf, dass sie mitgenommen aussah. Da sie ihn nicht zu bemerken schien, positionierte Gabriel sich so, dass er in Ruhe ihrem Spiel lauschen konnte, ohne von anderen Sims belästigt zu werden. Dank seines Onkels Ian und seiner Tante Kitty – beide erfolgreiche Studiomusiker – war er halbwegs musikalisch gebildet, auch wenn er selbst keinen Spaß an Instrumenten hatte. Doch er konnte beurteilen, ob jemand gut oder schlecht spielte. Nell spielte gut. Nicht so brillant wie sein Onkel oder seine Tante, aber gut. Hin und wieder wanderte eine Münze in ihren Gitarrenkoffer. Gabriel wechselte seine Postion in den Schatten. Ihm fiel auf, dass in Nells Nähe noch ein abgerissen aussehender Rucksack stand, den er damals einmal an ihr gesehen hatte. Im Schatten stehend wunderte Gabriel sich, was sie hier genau tat. Bald kreisten seine Gedanken wieder darum, ob sie eine Agentin der Beobachter sein könnte. Er rief sich die Nell von damals in Erinnerung. Sie war so jung und unschuldig. Ungebeten stieg Shannons Gesicht vor seinem inneren Auge auf. Er hätte es ihr auch nie zugetraut, oder? Andererseits hatten Shannon schon immer gewusst, wie sich am besten positionierte. Sie war nicht wirklich berechnend, aber auch nicht vollkommen uneigennützig.
Gabriel ließ seinen Blick im Park schweifen. Konnte er eine solche Aussage auch über Nell treffen? Kannte er sie gut genug um einschätzen zu können, ob sie anfällig für Angebote der Beobachter war? Wehmütig wurde ihm bewusst, wie weit er von zuhause weg war. Er hatte niemanden hier, dem er vertraute. Es war seine Entscheidung Riverview vorerst den Rücken zu kehren, aber mit einem Mal fühlte er sich ziemlich einsam. Der Skeptiker in ihm schrie, dass die Beobachter dies auf jeden Fall ausnutzen würden. Er schob diese Angst beiseite und näherte sich Nell. Er würde einfach auf der Hut bleiben.
Ganz wie in dem Sommer vor zwei Jahren trafen sich Gabriel und Nell fast täglich. Wieder tauschten sie keine Nummern aus und wieder schienen ihre Treffen zufällig zu sein. Sie unterhielten sich über alles mögliche, mieden aber bestimmte Themen. Sie fragten einander nicht, was sie jeweils so lange auf Isla Paradiso machten oder womit sie ihren Lebensunterhalt verdienten. Gabriel war sich ziemlich sicher, dass Nell sich mit dem Gitarre spielen etwas dazu verdiente. Er bestand darauf jedes Mal den Kaffee zu bezahlen und gelegentlich besorgte er vor ihren Treffen etwas Gebäck. Ihm fiel auf, dass Nell nach wie vor nicht besonders fit aussah. Mit den Tagen stellte sich etwas mehr Vertrautheit ein und Gabriel schob die Gedanken an Beobachter immer weiter von sich. Stattdessen sorgte er sich um Nell.
Eines Nachmittags brach sie – etwas grün um die Nase – überstürzt auf. Gabriel, mit zwei Kaffeebechern in der Hand, sah ihr verwundert nach. Er hörte einige Einheimische tuscheln. Die Hauptsaison war mittlerweile vorbei und er und Nell waren einige der wenigen Fremden, die noch auf der Insel weilten. Er hatte seinen zweiwöchigen Mietvertrag, der bald ausgelaufen wäre, gerade erst verlängert und war überrascht über die Höhe des Preisnachlasses gewesen. Gabriel nippte am Kaffee und erwischte Nells Becher. Er verzog das Gesicht – Sojamilch und Zucker waren einfach nichts für ihn. Er überlegte kurz und folgte dann, beide Becher weiterhin in der Hand, Nell. Er verhielt sich unauffällig und war ziemlich sicher, dass Nell ihn nicht bemerkte. Sie eilte vom Park weg, Richtung Strand. Als sie außer Sicht anderer Sims war, huschte sie ins Gebüsch und übergab sich. Gabriel hielt sich im Hintergrund. Er schluckte trocken und entsorgte die Kaffeebecher im nächsten Mülleimer, den er passierte, als er Nell weiter Richtung Strand folgte.
Nell suchte eine kleine abgelegene Bucht auf. Sie ging zum Wasser und spülte sich den Mund aus, bevor sie aus dem Gebüsch ihren Rucksack und den Gitarrenkoffer angelte. Inzwischen hatte die Dämmerung eingesetzt. Gabriel konnte sich gut verstecken und konnte beobachten, wie Nell eine Decke aus dem Rucksack holte und auf dem Boden ausbreitete. Auf einmal traf ihn die Erkenntnis wie ein Schlag. Nell hatte keine Wohnung hier auf der Insel, sondern campierte am Strand. Das erklärte ihren immer leicht abgerissenen Zustand. Er fragte sich, ob Straßenmusik im Moment ihre einzige Einnahmequelle war. Eine kleine skeptische Stimme meldete sich in Gabriels Unterbewusstsein, als er sich wie von selbst in Marsch setzte und auf Nell zu ging. Wäre es nicht eine gute Deckung für eine Agentin der Beobachter? Sein Mitleid zu erregen? Gabriel biss die Zähne aufeinander. Nell hatte vermieden von ihrer Situation zu sprechen. Und selbst wenn sie eine Agentin wäre – einen anderen Sim leiden zu lassen, lag nicht in Gabriels Natur.
Nell hatte die Arme um die Knie geschlungen und sah aufs Meer. Sie fühlte sich elend. Neben dem körperlichen Unwohlsein, war ihr einfach zum heulen zu Mute. Sie hätte auf ihre Mutter hören sollen. Einfach zu Ende studieren, irgendeinen Job annehmen und nicht auf gut Glück hinaus in die Welt ziehen. Seit dem Isla Paradiso-Desaster sprach ihre Mutter gar nicht mehr mit ihr … Als neben ihr Schritte im Sand knirschten, zuckte sie erschrocken zusammen. Sie war so in Gedanken vertieft, dass sie gar nicht mitbekommen hatte, dass sie in der kleinen Bucht, die ihr Rückzugsort – und sozusagen ihr Heim – geworden war, nicht allein war. Nell überkam Angst, aber sie war zu erschöpft, um aufzuspringen und Fersengeld zu geben. Als sie hoch sah, erblickte sie jedoch Gabriel, der seine Hand ausstreckte. Er trug seine ausdruckslose Maske, aber sie spürte, dass er ihr ein Hilfsangebot machen wollte. Sie war so fertig mit den Nerven und der Welt, dass Nell das bisschen Stolz, das sie bisher davon abgehalten hatte von ihrer Situation zu sprechen, herunterschluckte und seine Hand ergriff.
Mittlerweile war Gabriel zu Hause angekommen und schloss die Haustür auf. Von den Aufzeichnungen glitten seine Gedanken zurück zu Nell. Hatte er seine Erinnerungen an den Sommer mit der Zeit einfach überhöht? Waren die Gespräche vielleicht gar nicht so toll gewesen, wie er immer dachte? Hatte sich einfach eine glorreiche Patina darüber gelegt? Ihre heutige Begegnung war komisch gewesen. Komisch... Gabriel grinste und erinnerte sich an das erste Treffen im Park damals und ihr anschließendes Gespräch über das Wort „komisch“. Nein, er überhöhte die Erinnerung nicht. Es war damals so schön gewesen, wie er immer dachte. Nun war jetzt eine andere Zeit. Er hatte sich verändert. Durch Shannons Verrat nicht gerade zum Besten … und warum sollte Nell sich nicht auch verändert haben? Gabriel fläzte sich auf die Couch. Wie damals hatten sie keine Kontaktdaten ausgetauscht. Die Insel war nicht so groß, ähnlich wie seine Collegestadt. Warum sollten sie einander nicht wieder begegnen?
Am nächsten Tag, nachdem er sein vormittägliches Arbeitspensum erledigt hatte, spazierte Gabriel zurück in den Park. Schon von weitem hörte er Gitarrenklänge. Er war erstaunt, Nell mit einer Gitarre in der Nähe des Brunnens zu sehen. Vor ihr stand der geöffnete Gitarrenkoffer, in dem ein paar Münzen lagen. Nells Augen waren geschlossen und wieder fiel Gabriel auf, dass sie mitgenommen aussah. Da sie ihn nicht zu bemerken schien, positionierte Gabriel sich so, dass er in Ruhe ihrem Spiel lauschen konnte, ohne von anderen Sims belästigt zu werden. Dank seines Onkels Ian und seiner Tante Kitty – beide erfolgreiche Studiomusiker – war er halbwegs musikalisch gebildet, auch wenn er selbst keinen Spaß an Instrumenten hatte. Doch er konnte beurteilen, ob jemand gut oder schlecht spielte. Nell spielte gut. Nicht so brillant wie sein Onkel oder seine Tante, aber gut. Hin und wieder wanderte eine Münze in ihren Gitarrenkoffer. Gabriel wechselte seine Postion in den Schatten. Ihm fiel auf, dass in Nells Nähe noch ein abgerissen aussehender Rucksack stand, den er damals einmal an ihr gesehen hatte. Im Schatten stehend wunderte Gabriel sich, was sie hier genau tat. Bald kreisten seine Gedanken wieder darum, ob sie eine Agentin der Beobachter sein könnte. Er rief sich die Nell von damals in Erinnerung. Sie war so jung und unschuldig. Ungebeten stieg Shannons Gesicht vor seinem inneren Auge auf. Er hätte es ihr auch nie zugetraut, oder? Andererseits hatten Shannon schon immer gewusst, wie sich am besten positionierte. Sie war nicht wirklich berechnend, aber auch nicht vollkommen uneigennützig.
Gabriel ließ seinen Blick im Park schweifen. Konnte er eine solche Aussage auch über Nell treffen? Kannte er sie gut genug um einschätzen zu können, ob sie anfällig für Angebote der Beobachter war? Wehmütig wurde ihm bewusst, wie weit er von zuhause weg war. Er hatte niemanden hier, dem er vertraute. Es war seine Entscheidung Riverview vorerst den Rücken zu kehren, aber mit einem Mal fühlte er sich ziemlich einsam. Der Skeptiker in ihm schrie, dass die Beobachter dies auf jeden Fall ausnutzen würden. Er schob diese Angst beiseite und näherte sich Nell. Er würde einfach auf der Hut bleiben.
Ganz wie in dem Sommer vor zwei Jahren trafen sich Gabriel und Nell fast täglich. Wieder tauschten sie keine Nummern aus und wieder schienen ihre Treffen zufällig zu sein. Sie unterhielten sich über alles mögliche, mieden aber bestimmte Themen. Sie fragten einander nicht, was sie jeweils so lange auf Isla Paradiso machten oder womit sie ihren Lebensunterhalt verdienten. Gabriel war sich ziemlich sicher, dass Nell sich mit dem Gitarre spielen etwas dazu verdiente. Er bestand darauf jedes Mal den Kaffee zu bezahlen und gelegentlich besorgte er vor ihren Treffen etwas Gebäck. Ihm fiel auf, dass Nell nach wie vor nicht besonders fit aussah. Mit den Tagen stellte sich etwas mehr Vertrautheit ein und Gabriel schob die Gedanken an Beobachter immer weiter von sich. Stattdessen sorgte er sich um Nell.
Eines Nachmittags brach sie – etwas grün um die Nase – überstürzt auf. Gabriel, mit zwei Kaffeebechern in der Hand, sah ihr verwundert nach. Er hörte einige Einheimische tuscheln. Die Hauptsaison war mittlerweile vorbei und er und Nell waren einige der wenigen Fremden, die noch auf der Insel weilten. Er hatte seinen zweiwöchigen Mietvertrag, der bald ausgelaufen wäre, gerade erst verlängert und war überrascht über die Höhe des Preisnachlasses gewesen. Gabriel nippte am Kaffee und erwischte Nells Becher. Er verzog das Gesicht – Sojamilch und Zucker waren einfach nichts für ihn. Er überlegte kurz und folgte dann, beide Becher weiterhin in der Hand, Nell. Er verhielt sich unauffällig und war ziemlich sicher, dass Nell ihn nicht bemerkte. Sie eilte vom Park weg, Richtung Strand. Als sie außer Sicht anderer Sims war, huschte sie ins Gebüsch und übergab sich. Gabriel hielt sich im Hintergrund. Er schluckte trocken und entsorgte die Kaffeebecher im nächsten Mülleimer, den er passierte, als er Nell weiter Richtung Strand folgte.
Nell suchte eine kleine abgelegene Bucht auf. Sie ging zum Wasser und spülte sich den Mund aus, bevor sie aus dem Gebüsch ihren Rucksack und den Gitarrenkoffer angelte. Inzwischen hatte die Dämmerung eingesetzt. Gabriel konnte sich gut verstecken und konnte beobachten, wie Nell eine Decke aus dem Rucksack holte und auf dem Boden ausbreitete. Auf einmal traf ihn die Erkenntnis wie ein Schlag. Nell hatte keine Wohnung hier auf der Insel, sondern campierte am Strand. Das erklärte ihren immer leicht abgerissenen Zustand. Er fragte sich, ob Straßenmusik im Moment ihre einzige Einnahmequelle war. Eine kleine skeptische Stimme meldete sich in Gabriels Unterbewusstsein, als er sich wie von selbst in Marsch setzte und auf Nell zu ging. Wäre es nicht eine gute Deckung für eine Agentin der Beobachter? Sein Mitleid zu erregen? Gabriel biss die Zähne aufeinander. Nell hatte vermieden von ihrer Situation zu sprechen. Und selbst wenn sie eine Agentin wäre – einen anderen Sim leiden zu lassen, lag nicht in Gabriels Natur.
Nell hatte die Arme um die Knie geschlungen und sah aufs Meer. Sie fühlte sich elend. Neben dem körperlichen Unwohlsein, war ihr einfach zum heulen zu Mute. Sie hätte auf ihre Mutter hören sollen. Einfach zu Ende studieren, irgendeinen Job annehmen und nicht auf gut Glück hinaus in die Welt ziehen. Seit dem Isla Paradiso-Desaster sprach ihre Mutter gar nicht mehr mit ihr … Als neben ihr Schritte im Sand knirschten, zuckte sie erschrocken zusammen. Sie war so in Gedanken vertieft, dass sie gar nicht mitbekommen hatte, dass sie in der kleinen Bucht, die ihr Rückzugsort – und sozusagen ihr Heim – geworden war, nicht allein war. Nell überkam Angst, aber sie war zu erschöpft, um aufzuspringen und Fersengeld zu geben. Als sie hoch sah, erblickte sie jedoch Gabriel, der seine Hand ausstreckte. Er trug seine ausdruckslose Maske, aber sie spürte, dass er ihr ein Hilfsangebot machen wollte. Sie war so fertig mit den Nerven und der Welt, dass Nell das bisschen Stolz, das sie bisher davon abgehalten hatte von ihrer Situation zu sprechen, herunterschluckte und seine Hand ergriff.
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 10 – Beobachter
Während Gabriel zum gefühlt zehnten Mal die Zubereitungsanleitung auf den Fertig-Mac-n-Cheese las, sah er nervös zu Nell, die sich erschöpft auf seiner Couch zusammengerollt hatte. Ein Teil von ihm warnte davor, sie in sein Haus zu lassen. War er wirklich so paranoid, dass er die junge Frau fürchtete? Gabriel schob den Gedanken in den hintersten Winkel seines Hirns und begann entschlossen mit der Zubereitung der Nudeln. Nell sah so aus, als habe sie nicht besonders viel oder gut in den letzten Wochen gegessen. Gut, ein Fertiggericht war da vielleicht nicht die beste Idee, aber es war neben Frühstücksflocken und Chips das einzige was er im Haus hatte. Er dachte an seine Oma und an das abschätzige Gesicht, dass sie machen würde, wenn sie sehen könnte, dass er Fertignudeln kochte. Wieder überkam ihm Heimweh.
Etwas später – Nell hatte dankbar eine Schüssel Nudeln herunter geschlungen – saß er neben ihr auf der Couch und überlegte, wie das Gespräch auf Nells Situation bringen sollte. Sie schien ebenso tief in Gedanken versunken. Während er darüber nachdachte, ob er ihr trauen konnte, ging ihm mit einem Mal auf, dass sie sich die gleiche Frage stellen würde: Konnte sie Gabriel trauen? Auf einer fremden Insel, einem mehr oder weniger fremden Mann nach Hause begleiten, konnte für eine junge Frau schließlich auch nicht ganz ungefährlich sein. Vorsichtig rückte er ein Stück von ihr ab, damit sie sich nicht bedrängt fühlte. Währenddessen war Nell wohl zu dem Entschluss gekommen, ihm etwas über ihre Lage mitzuteilen.
„Ich bin total pleite.“, erklärte sie und sah beschämt zu Boden. „Ich bin vor einem dreiviertel Jahr hergekommen, hab als Animateurin in einem der Ferienclubs gearbeitet.“ Ihr Blick wurde leer. „Ich habe jemanden kennengelernt, der mir das Blaue vom Himmel herunter versprach. Wir wollten gemeinsam eine Surfschule eröffnen. Eines Tages war er weg und mit ihm mein ganzes Geld.“
„Oh.“ Gabriel hätte sich am liebsten ob dieses wenig geistreichen Kommentars selbst geohrfeigt. Manchmal war es einfach besser gar nichts zu sagen. Doch Nell schien ihn gar nicht bemerkt zu haben.
„Ich hab nicht mal genug Geld, um nach Hause zu fliegen.“
Obwohl Gabriel seit Shannon so viel misstrauischer geworden war, berührte Nells Geschichte ihn. Er hatte Mitleid mit ihr und bot ihr deswegen spontan an, ihr Geld für den Flug zu leihen. Selbst wenn er das Geld nie wiedersehen würde, es kam ihm einfach wie das richtige vor.
Nell errötete. „Danke, Gabriel. Das ist wirklich nett von dir. Allerdings habe ich im Moment glaube ich ein anderes Problem.“
Etwa eine Stunde später wunderte sich Gabriel in der Drogerie, wie er in die Situation geraten war, auf Isla Paradiso einen Schwangerschaftstest zu kaufen. Der Apotheker bedachte ihn nur mit einem freundlichen Nicken und war viel zu professionell etwas zu sagen. Gabriel nahm die Papiertüte entgegen und verließ den Laden. Er sah zum Himmel und schüttelte den Kopf. Die Zweifel nagten nach wie vor an ihm. Er seufzte und setzte sich in Bewegung. Kaum an der Straßenkreuzung angekommen, kam ihm eine Frau entgegen, die im Vorbeigehen anrempelte. Er entschuldigte sich auf spanisch und war verwundert, als die Frau auf simlisch antwortete.
„Kein Problem. Das kann ja mal passieren.“ Sie lächelte und Gabriel stellte fest, dass sie ein Allerweltsgesicht hatte. In seinem Hinterkopf gingen die Alarmglocken leise los.
„Genau wie das mal passieren kann.“ Die Frau deutete auf die Papiertüte. „Wirklich schlimm, was deiner kleinen Freundin passiert ist. Vielleicht können wir dir helfen?“
Gabriel spürte Zorn in sich hochsteigen. Für einen Augenblick erinnerte er darin seinem Großvater Darrel. Die Beobachterin war beeindruckt von der Intensität seiner Wut und verspürte sogar ein kleines bisschen Angst. Doch dann wurde Gabriels Gesicht absolut ausdruckslos. Ruckartig drehte er sich um und ließ die Frau mit dem Allerweltsgesicht einfach stehen.
Am nächsten Morgen fand sich Gabriel neben Nell auf der Couch wieder. Er hatte eine schlaflose Nacht hinter sich. Zum ersten Mal hatten ihn die Beobachter direkt angesprochen und ein Angebot gemacht. Er erinnerte sich, dass seinem Vater auch solche Angebote unterbreitet worden waren. So absurd es schien – ihm war dieser direkte Kontakt lieber als das hinterhältige Spiel von Shannon. Trotzdem hatte der Skeptiker ihn im gemutmaßt, dass es ein abgekartertes Spiel war, um seinen Verdacht von Nell zu lenken. Wäre das nicht mindestens genauso perfide wie Shannons Verrat?
Nell hing ebenfalls ihren Gedanken nach. Sie hatte auch nicht viel besser geschlafen als Gabriel, aber er hatte ihr sein Bett überlassen und so war sie seit Wochen endlich in den Genuss einer Matratze gekommen. Sie hatte ganz vergessen wie himmlisch sich das anfühlte. Leider verblasste das gemütliche Gefühl mehr und mehr, als sich ihre momentane Situation wieder in den Vordergrund ihres Hirns drängte. Sie war obdachlos, pleite und schwanger. Ihre Mutter wollte nichts mehr von ihr wissen und sie befand sich in einem fremden Land. Isla Paradiso war zwar Teil vom Simerika und dank ihres Vaters hatte sie schon vor einem Jahr eine Greencard erhalten, aber es war einfach nicht ihr zu Hause. Sie fühlte sich heimatlos. Dazu kam, dass Gabriel – das einzige freundliche Gesicht, das sie seit langem gesehen hatte – sich so merkwürdig benahm. Er schaute sich quasi dauernd über die Schulter, schien extrem misstrauisch geworden zu sein.
Gabriel sprang plötzlich auf. Hieß es nicht, Angriff sei die beste Verteidigung? Er verschwand im Schlafzimmer und holte die Aufzeichnungen aus seinem Versteck. Vorsichtig holte er den Zettel, auf dem er damals das Geheimnis seiner Mutter enthüllt hatte hervor. Er schrieb einen Satz auf einen extra Zettel und versteckte dann alles wieder. Als er wieder in den Wohnraum kam, sah Nell ihn verwirrt an. Er reichte ihr einen kleinen Zettel. In akribischer Handschrift standen dort ein paar simlische Wörter. Gabriel sah sie erwartungsvoll an und so las Nell sie laut vor: „Als Akki uns gestand, dass sie selbst eine Beobachterin war, waren wir wie vom Blitz getroffen.“ Sie las den Satz noch einmal still nach und wunderte sich, was Gabriel mit diesem Satz wollte. Dann kam ihr eine kleine Episode in den Sinn.
„Heißt das, Du hast diese Leute damals zu mir geschickt?“
Gabriel starrte Nell an, die mit dem Zettel in der Hand auf seiner Couch saß und ziemlich verwirrt wirkte. „Ich? Zu dir geschickt?“, stammelte er. Es verschlug ihm ja selten die Sprache, aber nun war er wirklich baff. Zum ersten Mal seit Shannons Verrat schwieg auch der Skeptiker in ihm.
„Ja. Als ich damals aus Simerika zurückgeflogen bin, sprachen mich am Flughafen in Amsterdam zwei Sims an, die anboten, mir deine Telefonnummer zu geben. Alles was ich tun müsste, wäre dich dann zu beobachten. „Unsere Beobachterin sein“, so drückte es einer von ihnen aus.“
Nell war von Gabriels Gesicht überrascht. Er sah aus, als habe ihn der Blitz getroffen. Sie hatte zum ersten Mal das Gefühl, einen wirklich ehrlichen Gesichtsausdruck von ihm zu sehen. Sein wahres Gesicht sozusagen. Nell war perplex.
„Und?“, hakte er dann mit heiserer Stimme nach, unfähig sein Gesicht unter Kontrolle zu halten.
„Ich fand's creepy und hab sie stehen gelassen.“, meinte sie leicht empört. „Das komische ist: ich kann mich beim besten Willen nicht an ihre Gesichter erinnern. Und normalerweise vergesse ich nie ein Gesicht!“
Gabriel stand noch immer wie vom Donner gerührt vor der Couch. Er räusperte sich, und machte Anstalten etwas zu sagen, doch er merkte, dass seine Stimme ihn im Stich lassen würde. Er murmelte eine Entschuldigung und verschwand im Bad. Rasch drehte er die Dusche auf und sprang darunter, sobald er sich entkleidet hatte. Unter dem kühlen Nass, bemerkte er kaum, dass ihm Tränen der Erleichterung über das Gesicht rannen.
Etwas später – Nell hatte dankbar eine Schüssel Nudeln herunter geschlungen – saß er neben ihr auf der Couch und überlegte, wie das Gespräch auf Nells Situation bringen sollte. Sie schien ebenso tief in Gedanken versunken. Während er darüber nachdachte, ob er ihr trauen konnte, ging ihm mit einem Mal auf, dass sie sich die gleiche Frage stellen würde: Konnte sie Gabriel trauen? Auf einer fremden Insel, einem mehr oder weniger fremden Mann nach Hause begleiten, konnte für eine junge Frau schließlich auch nicht ganz ungefährlich sein. Vorsichtig rückte er ein Stück von ihr ab, damit sie sich nicht bedrängt fühlte. Währenddessen war Nell wohl zu dem Entschluss gekommen, ihm etwas über ihre Lage mitzuteilen.
„Ich bin total pleite.“, erklärte sie und sah beschämt zu Boden. „Ich bin vor einem dreiviertel Jahr hergekommen, hab als Animateurin in einem der Ferienclubs gearbeitet.“ Ihr Blick wurde leer. „Ich habe jemanden kennengelernt, der mir das Blaue vom Himmel herunter versprach. Wir wollten gemeinsam eine Surfschule eröffnen. Eines Tages war er weg und mit ihm mein ganzes Geld.“
„Oh.“ Gabriel hätte sich am liebsten ob dieses wenig geistreichen Kommentars selbst geohrfeigt. Manchmal war es einfach besser gar nichts zu sagen. Doch Nell schien ihn gar nicht bemerkt zu haben.
„Ich hab nicht mal genug Geld, um nach Hause zu fliegen.“
Obwohl Gabriel seit Shannon so viel misstrauischer geworden war, berührte Nells Geschichte ihn. Er hatte Mitleid mit ihr und bot ihr deswegen spontan an, ihr Geld für den Flug zu leihen. Selbst wenn er das Geld nie wiedersehen würde, es kam ihm einfach wie das richtige vor.
Nell errötete. „Danke, Gabriel. Das ist wirklich nett von dir. Allerdings habe ich im Moment glaube ich ein anderes Problem.“
Etwa eine Stunde später wunderte sich Gabriel in der Drogerie, wie er in die Situation geraten war, auf Isla Paradiso einen Schwangerschaftstest zu kaufen. Der Apotheker bedachte ihn nur mit einem freundlichen Nicken und war viel zu professionell etwas zu sagen. Gabriel nahm die Papiertüte entgegen und verließ den Laden. Er sah zum Himmel und schüttelte den Kopf. Die Zweifel nagten nach wie vor an ihm. Er seufzte und setzte sich in Bewegung. Kaum an der Straßenkreuzung angekommen, kam ihm eine Frau entgegen, die im Vorbeigehen anrempelte. Er entschuldigte sich auf spanisch und war verwundert, als die Frau auf simlisch antwortete.
„Kein Problem. Das kann ja mal passieren.“ Sie lächelte und Gabriel stellte fest, dass sie ein Allerweltsgesicht hatte. In seinem Hinterkopf gingen die Alarmglocken leise los.
„Genau wie das mal passieren kann.“ Die Frau deutete auf die Papiertüte. „Wirklich schlimm, was deiner kleinen Freundin passiert ist. Vielleicht können wir dir helfen?“
Gabriel spürte Zorn in sich hochsteigen. Für einen Augenblick erinnerte er darin seinem Großvater Darrel. Die Beobachterin war beeindruckt von der Intensität seiner Wut und verspürte sogar ein kleines bisschen Angst. Doch dann wurde Gabriels Gesicht absolut ausdruckslos. Ruckartig drehte er sich um und ließ die Frau mit dem Allerweltsgesicht einfach stehen.
Am nächsten Morgen fand sich Gabriel neben Nell auf der Couch wieder. Er hatte eine schlaflose Nacht hinter sich. Zum ersten Mal hatten ihn die Beobachter direkt angesprochen und ein Angebot gemacht. Er erinnerte sich, dass seinem Vater auch solche Angebote unterbreitet worden waren. So absurd es schien – ihm war dieser direkte Kontakt lieber als das hinterhältige Spiel von Shannon. Trotzdem hatte der Skeptiker ihn im gemutmaßt, dass es ein abgekartertes Spiel war, um seinen Verdacht von Nell zu lenken. Wäre das nicht mindestens genauso perfide wie Shannons Verrat?
Nell hing ebenfalls ihren Gedanken nach. Sie hatte auch nicht viel besser geschlafen als Gabriel, aber er hatte ihr sein Bett überlassen und so war sie seit Wochen endlich in den Genuss einer Matratze gekommen. Sie hatte ganz vergessen wie himmlisch sich das anfühlte. Leider verblasste das gemütliche Gefühl mehr und mehr, als sich ihre momentane Situation wieder in den Vordergrund ihres Hirns drängte. Sie war obdachlos, pleite und schwanger. Ihre Mutter wollte nichts mehr von ihr wissen und sie befand sich in einem fremden Land. Isla Paradiso war zwar Teil vom Simerika und dank ihres Vaters hatte sie schon vor einem Jahr eine Greencard erhalten, aber es war einfach nicht ihr zu Hause. Sie fühlte sich heimatlos. Dazu kam, dass Gabriel – das einzige freundliche Gesicht, das sie seit langem gesehen hatte – sich so merkwürdig benahm. Er schaute sich quasi dauernd über die Schulter, schien extrem misstrauisch geworden zu sein.
Gabriel sprang plötzlich auf. Hieß es nicht, Angriff sei die beste Verteidigung? Er verschwand im Schlafzimmer und holte die Aufzeichnungen aus seinem Versteck. Vorsichtig holte er den Zettel, auf dem er damals das Geheimnis seiner Mutter enthüllt hatte hervor. Er schrieb einen Satz auf einen extra Zettel und versteckte dann alles wieder. Als er wieder in den Wohnraum kam, sah Nell ihn verwirrt an. Er reichte ihr einen kleinen Zettel. In akribischer Handschrift standen dort ein paar simlische Wörter. Gabriel sah sie erwartungsvoll an und so las Nell sie laut vor: „Als Akki uns gestand, dass sie selbst eine Beobachterin war, waren wir wie vom Blitz getroffen.“ Sie las den Satz noch einmal still nach und wunderte sich, was Gabriel mit diesem Satz wollte. Dann kam ihr eine kleine Episode in den Sinn.
„Heißt das, Du hast diese Leute damals zu mir geschickt?“
Gabriel starrte Nell an, die mit dem Zettel in der Hand auf seiner Couch saß und ziemlich verwirrt wirkte. „Ich? Zu dir geschickt?“, stammelte er. Es verschlug ihm ja selten die Sprache, aber nun war er wirklich baff. Zum ersten Mal seit Shannons Verrat schwieg auch der Skeptiker in ihm.
„Ja. Als ich damals aus Simerika zurückgeflogen bin, sprachen mich am Flughafen in Amsterdam zwei Sims an, die anboten, mir deine Telefonnummer zu geben. Alles was ich tun müsste, wäre dich dann zu beobachten. „Unsere Beobachterin sein“, so drückte es einer von ihnen aus.“
Nell war von Gabriels Gesicht überrascht. Er sah aus, als habe ihn der Blitz getroffen. Sie hatte zum ersten Mal das Gefühl, einen wirklich ehrlichen Gesichtsausdruck von ihm zu sehen. Sein wahres Gesicht sozusagen. Nell war perplex.
„Und?“, hakte er dann mit heiserer Stimme nach, unfähig sein Gesicht unter Kontrolle zu halten.
„Ich fand's creepy und hab sie stehen gelassen.“, meinte sie leicht empört. „Das komische ist: ich kann mich beim besten Willen nicht an ihre Gesichter erinnern. Und normalerweise vergesse ich nie ein Gesicht!“
Gabriel stand noch immer wie vom Donner gerührt vor der Couch. Er räusperte sich, und machte Anstalten etwas zu sagen, doch er merkte, dass seine Stimme ihn im Stich lassen würde. Er murmelte eine Entschuldigung und verschwand im Bad. Rasch drehte er die Dusche auf und sprang darunter, sobald er sich entkleidet hatte. Unter dem kühlen Nass, bemerkte er kaum, dass ihm Tränen der Erleichterung über das Gesicht rannen.
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 11 – Vertrauen hergestellt
Nell zupfte an ihrer Gitarre herum. Sie hörte die Dusche schon eine ganze Weile rauschen. Ungebeten erinnerte sie sich an die Warnungen ihrer Mutter vor psychopathischen Axtmördern. Sie hatte schon vor zwei Jahren entschieden, dass Gabriel kein psychopathischer Axtmörder war. Auch wenn die Begegnung am Flughafen Schiphol, die sie schon fast verdrängt hatte, unheimlich gewesen war. Hatte Gabriel etwas damit zu tun? Vielleicht musste sie die Axtmörder-Sache revidieren?
„Pff.“, machte sie. „Als hätte ich nicht genug andere Sorgen im Moment.“ Sie spielte mit dem Gedanken, das Haus zu verlassen, während Gabriel noch im Badezimmer war. Doch wozu sollte das gut sein? Sie konnte die Insel nicht verlassen.
Das Rauschen der Dusche verstummte und etwas später kam Gabriel angezogen, aber mit nassem Zopf zurück in den Wohnraum. „Entschuldige.“, sagte er.
Nell winkte ab. Sie war sich sicher, dass er mit dem ganzen Wasser seine Maske abgespült hatte, denn sein Lächeln war offen. Die Angespanntheit, die sie in den letzten Wochen bei ihm gespürt hatte, schien zumindest in den Hintergrund getreten zu sein.
„Du bist komisch.“, sagte Nell leise.
Gabriel lachte. „Das höre ich öfter.“ Er seufzte und begann: „Du musst denken, ich hätte eine Schraube locker.“ Er zeigte auf den Zettel, den Nell neben sich gelegt hatte. „Ich war nur so unendlich erleichtert, dass du nichts mit den Beobachtern zu tun hast.“
„Okayyyyy.“, entgegnete Nell gedehnt. „Demnach hast nicht du sie zu mir geschickt?“
Er schüttelte vehement den Kopf. „Um Simmers willen. Ich will nichts mit ihnen zu tun haben. Vor allem nicht nachdem ...“ Gabriel brach ab und presste die Zähne kurz aufeinander. „Vielleicht sollte ich dir erklären, was es mit den Beobachtern auf sich hat.“ Unter der Dusche war Gabriel das Gespräch mit Darrel und Kira eingefallen. Dass er auf sein Herz hören sollte. Vielleicht war es überstürzt und vielleicht lag es an den Erlebnissen mit Shannon, aber Gabriel hatte einfach das Gefühl, dass es das richtige war, mit Nell zu sprechen. „Du bist der einzige Freund, den ich habe. Und ich vertraue dir.“, schob Gabriel ein.
Nell erinnerte sich an das letzte Gespräch, in dem sie einander Freund genannt hatten und nachdem sie so verwirrt im Flugzeug gesessen hatte. Sie schob das Gefühl weg. Was immer jetzt kam, es schien Gabriel wichtig zu sein. Und es ging ihr ähnlich: Gegenwärtig war er der einzige Sim, dem sie vertraute. Auch wenn die letzten Stunden sehr merkwürdig gewesen waren. Aber sie hatte ihn ohne Maske gesehen...
Gabriel räusperte sich noch einmal. „Es gibt eine Gruppe von … Sims, die sich selbst Beobachter nennt. Aus Gründen, die ich nicht nachvollziehen kann, haben sie ein merkwürdiges Interesse an meiner Familie und mir.“
„Deiner Reaktion nach ist das Interesse eher ungewollt.“, merkte Nell leise an, als Gabriel eine Pause machte. Er warf ihr einen schrägen Blick zu und nickte.
„Ich glaube, sie wollen uns manipulieren.“
„Zu welchem Zweck?“
Gabriel setzte sich neben sie und zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Meine Großeltern und auch meine Mutter haben wohl Erfahrung mit ihnen. Von … äh früher.“ Er wirkte verdutzt. „Wow … das ist also die Maulsperre.“ Er schien nach Worten zu suchen. Dann schnaubte er entnervt.
„Es klingt ein bisschen nach Verschwörungstheorie.“, wagte Nell einzuwerfen.
Gabriel sah sie überrascht an. Er lachte leise. „Ja, da hast du wohl recht.“ Er stand auf, verschwand kurz im Schlafzimmer und kam etwas später mit einem dünnen Heftchen wieder. Er reichte es Nell, die es interessiert aufschlug. Die ersten Zeilen waren absolut unverständlich. Sie konnte nicht einmal ausmachen, wo ein Wort aufhörte und das nächste begann. Interessiert blätterte sie das Heft durch. An zwei Stellen waren Zettel eingeschoben, die Übersetzungen beinhalteten. Eine der Stellen erkannte sie wieder, der Satz, den sie vorgelesen hatte, stammte daraus. In der zweiten Stelle war von mehreren Leben die Rede.
„Wer hat das geschrieben? Bis auf diese zwei Sachen ist es unleserlich.“, traute Nell sich schließlich zu fragen.
Gabriel hatte sie erwartungsvoll angesehen. Er nahm ihr das Heft vorsichtig wieder ab und ließ es in der Kängurutasche seines Sweaters verschwinden. „Meine Großeltern. Konntest du den Teil mit den mehreren Leben lesen?“ Er wirkte selbst etwas überrascht und musste lachen. „Du konntest es wohl lesen, denn zuvor konnte ich es nicht aussprechen.“
Nell begann sich zu fragen, ob Gabriel vielleicht doch ein Psychopath war. Aber sein ehrlicher Gesichtsausdruck ließ sie vermuten, dass er das wirklich alles glaubte. Das mochte ja auch gut möglich sein, aber nur weil jemand das glaubte, musste es nicht der Wahrheit entsprechen. Nell seufzte. Das war alles viel zu verwirrend. Wenn es jedoch nur Gabriels Hirngespinst war, wie konnten die beiden Sims in Schiphol dann auf Gabriel ansprechen? Es sei denn, er hatte sie doch geschickt … Sie schnaubte, ähnlich wie Gabriel es kurz zuvor getan hatte.
„Es ist schwierig das alle nachzuvollziehen.“, gab Gabriel zu. „ich weiß nicht, ob ich es glauben würde, wenn ich es von dir hören würde.“ Er sah zur Zimmerdecke. „Als ich gestern zur Drogerie gegangen bin, hab ich einen Beobachter getroffen. Das Gesicht habe ich schon vergessen. Mein Vater sagte mir, dass sei immer so.“
Es deckte sich zumindest mit Nell eigener Erfahrung.
„Sie hat versucht mich zu manipulieren.“
„Und?“
Gabriel zuckte mit den Schultern. „Ich habe sie ignoriert und bin nach Hause gegangen.“
Nell zog die Beine auf die Couch. „Glaubst du an diese Wiedergeburt?“
Gabriel zögerte seine Antwort etwas hinaus. Er hatte sich schon lange mit der Frage beschäftigt. Ein abschließendes Urteil hatte er nicht gefällt. „Ich finde es beruhigend zu wissen, dass die Essenz eines Sims nie ganz verlischt.“, sagte er langsam. „Was die vermeintlichen Wiedergeburten mit Erinnerungen meiner Großeltern angeht … ich weiß es einfach nicht. Wenn man die beiden zusammen erlebt, dann glaubt man ihnen sofort, dass sie sich schon ewig kennen. Länger als ein Leben. Aber …“
„Wer ist diese Akki? Die angeblich ein Werwolf ist.“
Gabriel zuckte zusammen. Er war so überschwänglich, dass er sein Vertrauen zu Nell wiederentdeckt hatte, dass er vergessen hatte, dass in den Übersetzungen stand, dass es seine Mutter war, die seinen Eltern vom Ende der Wiedergeburten erzählt hatte. Und dass sie als „dürrer Werwolf“ aufgetaucht war. Auch wenn die Bezeichnung nicht ganz stimmte.
„Akki ist meine Mutter.“
„Du hast gesagt, du glaubst nicht an Werwölfe.“, hakte Nell nach. Dann fiel ihr etwas anderes ein. „Oh mein Simmer, da stand auch, dass Akki eine Beobachterin gewesen ist!“ Nell war entsetzt. Zum einen von sich selbst, dass sie all das zu glauben begann, zum anderen davon wie verworren das alles war.
„Andere Familien haben andere Leichen im Keller.“, warf Gabriel belustigt ein. Er hoffte sie würde nicht zu sehr auf der Werwolfsache rum reiten.
„Aber warum ihr? Warum du?“
„Heißt das, dass du mir glaubst?“
Nell überlegte einen Moment, bevor sie – ein bisschen zu ihrer eigenen Überraschung – antwortete: „Ja, ich glaube dir. Es ist zwar wirklich, wirklich komisch, aber...“ Sie lächelte Gabriel an. „Dass du komisch bist, habe ich ja schon festgestellt und es ändert nichts daran, dass ich dir vertraue.“
„Das ist schon komisch.“, alberte Gabriel.
„Komisch ist, dass ich voll Lust auf diese fiesen Nudeln von gestern Abend hätte.“, sagte Nell und deutete auf ihren Magen. „Und vielleicht höre ich mit vollem Magen noch mal die linguistischen Ausführungen zu dem Wort „komisch“ von dir.“
„Pff.“, machte sie. „Als hätte ich nicht genug andere Sorgen im Moment.“ Sie spielte mit dem Gedanken, das Haus zu verlassen, während Gabriel noch im Badezimmer war. Doch wozu sollte das gut sein? Sie konnte die Insel nicht verlassen.
Das Rauschen der Dusche verstummte und etwas später kam Gabriel angezogen, aber mit nassem Zopf zurück in den Wohnraum. „Entschuldige.“, sagte er.
Nell winkte ab. Sie war sich sicher, dass er mit dem ganzen Wasser seine Maske abgespült hatte, denn sein Lächeln war offen. Die Angespanntheit, die sie in den letzten Wochen bei ihm gespürt hatte, schien zumindest in den Hintergrund getreten zu sein.
„Du bist komisch.“, sagte Nell leise.
Gabriel lachte. „Das höre ich öfter.“ Er seufzte und begann: „Du musst denken, ich hätte eine Schraube locker.“ Er zeigte auf den Zettel, den Nell neben sich gelegt hatte. „Ich war nur so unendlich erleichtert, dass du nichts mit den Beobachtern zu tun hast.“
„Okayyyyy.“, entgegnete Nell gedehnt. „Demnach hast nicht du sie zu mir geschickt?“
Er schüttelte vehement den Kopf. „Um Simmers willen. Ich will nichts mit ihnen zu tun haben. Vor allem nicht nachdem ...“ Gabriel brach ab und presste die Zähne kurz aufeinander. „Vielleicht sollte ich dir erklären, was es mit den Beobachtern auf sich hat.“ Unter der Dusche war Gabriel das Gespräch mit Darrel und Kira eingefallen. Dass er auf sein Herz hören sollte. Vielleicht war es überstürzt und vielleicht lag es an den Erlebnissen mit Shannon, aber Gabriel hatte einfach das Gefühl, dass es das richtige war, mit Nell zu sprechen. „Du bist der einzige Freund, den ich habe. Und ich vertraue dir.“, schob Gabriel ein.
Nell erinnerte sich an das letzte Gespräch, in dem sie einander Freund genannt hatten und nachdem sie so verwirrt im Flugzeug gesessen hatte. Sie schob das Gefühl weg. Was immer jetzt kam, es schien Gabriel wichtig zu sein. Und es ging ihr ähnlich: Gegenwärtig war er der einzige Sim, dem sie vertraute. Auch wenn die letzten Stunden sehr merkwürdig gewesen waren. Aber sie hatte ihn ohne Maske gesehen...
Gabriel räusperte sich noch einmal. „Es gibt eine Gruppe von … Sims, die sich selbst Beobachter nennt. Aus Gründen, die ich nicht nachvollziehen kann, haben sie ein merkwürdiges Interesse an meiner Familie und mir.“
„Deiner Reaktion nach ist das Interesse eher ungewollt.“, merkte Nell leise an, als Gabriel eine Pause machte. Er warf ihr einen schrägen Blick zu und nickte.
„Ich glaube, sie wollen uns manipulieren.“
„Zu welchem Zweck?“
Gabriel setzte sich neben sie und zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Meine Großeltern und auch meine Mutter haben wohl Erfahrung mit ihnen. Von … äh früher.“ Er wirkte verdutzt. „Wow … das ist also die Maulsperre.“ Er schien nach Worten zu suchen. Dann schnaubte er entnervt.
„Es klingt ein bisschen nach Verschwörungstheorie.“, wagte Nell einzuwerfen.
Gabriel sah sie überrascht an. Er lachte leise. „Ja, da hast du wohl recht.“ Er stand auf, verschwand kurz im Schlafzimmer und kam etwas später mit einem dünnen Heftchen wieder. Er reichte es Nell, die es interessiert aufschlug. Die ersten Zeilen waren absolut unverständlich. Sie konnte nicht einmal ausmachen, wo ein Wort aufhörte und das nächste begann. Interessiert blätterte sie das Heft durch. An zwei Stellen waren Zettel eingeschoben, die Übersetzungen beinhalteten. Eine der Stellen erkannte sie wieder, der Satz, den sie vorgelesen hatte, stammte daraus. In der zweiten Stelle war von mehreren Leben die Rede.
„Wer hat das geschrieben? Bis auf diese zwei Sachen ist es unleserlich.“, traute Nell sich schließlich zu fragen.
Gabriel hatte sie erwartungsvoll angesehen. Er nahm ihr das Heft vorsichtig wieder ab und ließ es in der Kängurutasche seines Sweaters verschwinden. „Meine Großeltern. Konntest du den Teil mit den mehreren Leben lesen?“ Er wirkte selbst etwas überrascht und musste lachen. „Du konntest es wohl lesen, denn zuvor konnte ich es nicht aussprechen.“
Nell begann sich zu fragen, ob Gabriel vielleicht doch ein Psychopath war. Aber sein ehrlicher Gesichtsausdruck ließ sie vermuten, dass er das wirklich alles glaubte. Das mochte ja auch gut möglich sein, aber nur weil jemand das glaubte, musste es nicht der Wahrheit entsprechen. Nell seufzte. Das war alles viel zu verwirrend. Wenn es jedoch nur Gabriels Hirngespinst war, wie konnten die beiden Sims in Schiphol dann auf Gabriel ansprechen? Es sei denn, er hatte sie doch geschickt … Sie schnaubte, ähnlich wie Gabriel es kurz zuvor getan hatte.
„Es ist schwierig das alle nachzuvollziehen.“, gab Gabriel zu. „ich weiß nicht, ob ich es glauben würde, wenn ich es von dir hören würde.“ Er sah zur Zimmerdecke. „Als ich gestern zur Drogerie gegangen bin, hab ich einen Beobachter getroffen. Das Gesicht habe ich schon vergessen. Mein Vater sagte mir, dass sei immer so.“
Es deckte sich zumindest mit Nell eigener Erfahrung.
„Sie hat versucht mich zu manipulieren.“
„Und?“
Gabriel zuckte mit den Schultern. „Ich habe sie ignoriert und bin nach Hause gegangen.“
Nell zog die Beine auf die Couch. „Glaubst du an diese Wiedergeburt?“
Gabriel zögerte seine Antwort etwas hinaus. Er hatte sich schon lange mit der Frage beschäftigt. Ein abschließendes Urteil hatte er nicht gefällt. „Ich finde es beruhigend zu wissen, dass die Essenz eines Sims nie ganz verlischt.“, sagte er langsam. „Was die vermeintlichen Wiedergeburten mit Erinnerungen meiner Großeltern angeht … ich weiß es einfach nicht. Wenn man die beiden zusammen erlebt, dann glaubt man ihnen sofort, dass sie sich schon ewig kennen. Länger als ein Leben. Aber …“
„Wer ist diese Akki? Die angeblich ein Werwolf ist.“
Gabriel zuckte zusammen. Er war so überschwänglich, dass er sein Vertrauen zu Nell wiederentdeckt hatte, dass er vergessen hatte, dass in den Übersetzungen stand, dass es seine Mutter war, die seinen Eltern vom Ende der Wiedergeburten erzählt hatte. Und dass sie als „dürrer Werwolf“ aufgetaucht war. Auch wenn die Bezeichnung nicht ganz stimmte.
„Akki ist meine Mutter.“
„Du hast gesagt, du glaubst nicht an Werwölfe.“, hakte Nell nach. Dann fiel ihr etwas anderes ein. „Oh mein Simmer, da stand auch, dass Akki eine Beobachterin gewesen ist!“ Nell war entsetzt. Zum einen von sich selbst, dass sie all das zu glauben begann, zum anderen davon wie verworren das alles war.
„Andere Familien haben andere Leichen im Keller.“, warf Gabriel belustigt ein. Er hoffte sie würde nicht zu sehr auf der Werwolfsache rum reiten.
„Aber warum ihr? Warum du?“
„Heißt das, dass du mir glaubst?“
Nell überlegte einen Moment, bevor sie – ein bisschen zu ihrer eigenen Überraschung – antwortete: „Ja, ich glaube dir. Es ist zwar wirklich, wirklich komisch, aber...“ Sie lächelte Gabriel an. „Dass du komisch bist, habe ich ja schon festgestellt und es ändert nichts daran, dass ich dir vertraue.“
„Das ist schon komisch.“, alberte Gabriel.
„Komisch ist, dass ich voll Lust auf diese fiesen Nudeln von gestern Abend hätte.“, sagte Nell und deutete auf ihren Magen. „Und vielleicht höre ich mit vollem Magen noch mal die linguistischen Ausführungen zu dem Wort „komisch“ von dir.“
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