Felinger Legacy
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 8 – Von Wanzen und Toten
Mein Blick wanderte von einem paar grüner Augen zu einem paar blauer Augen. Beider Paare Besitzer sahen mich unverwandt an. Ich runzelte die Stirn. Warum hatte ich die Fremden gleich ins Haus gelassen? - Ach ja, weil der eine behauptete ein Freund meines Vaters zu sein. Das war ungewöhnlich genug – Dad hatte keine Freunde. Weder er noch sein Begleiter hatten Allerweltsgesichter, weswegen meine Alarmglocken nicht ansprangen (zumindest nicht über die Maße). Dazu kam, dass Mr. Grüne-Augen zudem noch sagte, er käme aus Moonlight Falls, dem Geburtsort meiner Großmutter Akki. Nun saßen wir zu dritt am Küchentisch. Keiner ließ die anderen aus dem Augen.
„Alsooooo?“, fragte ich schließlich gedehnt, während ich gleichzeitig hoffte, dass Dad bald nach Hause kam. Die Besucher hatten gesagt, dass sie wichtige Informationen für ihn und mich hatten, aber so langsam hatte ich keine Lust mehr auf Dad zu warten.
Die beiden Männer wechselten einen Blick. Der Blonde nickte schließlich, woraufhin der andere begann: „Wir sind uns sicher, dass die Beobachter dieses Haus ausspionieren.“
Ich zuckte zusammen – aus zwei Gründen: Zum einem, weil die Fremden von den Beobachtern wussten, zum anderen weil die Vorstellung in unserem Haus beobachtet zu werden, wie ein Schlag in die Magengrube war. Bevor ich etwas erwidern konnte, hörte ich, wie die Haustür geöffnet wurde.
Mein Vater kam in die Küche. Er runzelte die Stirn, als er mich mit zwei Fremden am Küchentisch sitzen sah.
Der rothaarige Sim grinste ihn breit und fast ein bisschen unverschämt an. „Hey, Gabriel.“
„Kennard?!“
Nun hatte ich auch einen Namen zu dem Fremden – sich vorzustellen hatten die beiden nämlich mal fein unterlassen und ich war zu überrollt von ihrem plötzlichen Auftauchen gewesen, als dass ich danach gefragt hätte.
Kennard, der Name kam mir entfernt bekannt vor. Ich erinnerte mich daran, dass Mom und Dad mal über einen Kennard und seinen Besuch gesprochen hatten, als ich noch ein Kind gewesen war. Irgendetwas war damals vorgefallen, dass Dad ganz schön ans Flunkern brachte. Ich bin nicht sicher, dass Mom es gemerkt hatte, aber mir war klar, dass Dad die Wahrheit umschiffte. Das war merkwürdig genug, Dad log einfach nie! Bevor sie das Thema damals vertiefen konnten, war Oma dazugekommen und hatte meine Nicht-Wahrnehmung beendet. Besagter Besuch hatte vor meiner Geburt stattgefunden, was ich angesichts der Jugend von Kennard ziemlich bemerkenswert fand – er hatte offensichtlich gute Gene. Andererseits kam er aus Moonlight Falls und nachdem, was ich mir aus den belauschten Gesprächen zusammengereimt hatte, gab es dort – sagen wir ungewöhnliche Sims.
Mein Dad erholte sich schnell von seiner Überraschung. „Was tust du hier? Ist was passiert?“
„Kann ein Magier nicht einfach so Moonlight Falls verlassen und alte Freunde besuchen?“
Dads schräger Blick sprach Bände. Kennard grinste und zuckte mit den Schultern.
„Mein … Begleiter -“ Er wies auf den blonden Mann, der weiterhin seelenruhig am Küchentisch saß. „Und ich vermuten, dass die Beobachter euch beobachten.“ Der Blonde kicherte über die Formulierung, was die finstere Miene meines Vaters nur noch finsterer werden ließ.
„Ist es nicht das was Beobachtern tun? Beobachten?“, fragte ich, um die Herren der Schöpfung an meine Anwesenheit zu erinnern.
„Schon.“, gab der Blonde zu. „Aber eigentlich sollten sie nicht in der Lage sein, dieses Haus direkt zu beobachten.“
Ich klappte meinen Mund zu und sah mehr als beunruhigt zu meinem Vater. Der starrte den Blonden eine Weile an, bevor er sich wieder zu Kennard drehte. „Und wer ist das? Ein weiterer Magier?“
„Der?!“ Kennard grinste und sah zu seinem Begleiter. Dieser zuckte mit den Schultern, bevor er verneinte: „Ich bin eigentlich tot, aber das ist jetzt nicht relevant.“
Kennard seufzte und blickte kurz zur Decke. „Du musst wirklich an deinen Gesprächsfertigkeiten arbeiten.“
Der Blonde zuckte die Schultern und erhob sich. „Kann ich jetzt die Wanzen suchen gehen?“
„Wanzen?!“, riefen Dad und ich entsetzt im Chor. Der Blonde sah uns verwirrt an. „Wie sollen die denn sonst beobachten? Das Allsehende Auge dürfen sie hier nicht einsetzen.“
„Ich sag's ja: Deine Kommunikation!“, stöhnte Kennard. „Tot sein ist keine Entschuldigung!“
„Ex-Tot-Sein.“, korrigierte sein Begleiter. „Ich fang dann mal an.“
Mein Büro-Laptop war das letzte Gerät, dass überprüft wurde. Bisher hatten wir noch nichts gefunden. Kennard lehnte an meinen Schreibtisch und las sich halb interessiert die Zutatenliste einer meiner Sirupe durch. Der Blonde nahm das Gerät auseinander und ich begnügte mich damit von einem zum anderen zu gucken. Meine Miene musste ziemlich finster gewesen sein. Irgendwann kommentierte der Blonde. „Zieh nicht so ein Gesicht, das gibt Falten.“
Vor lauter Unverschämtheit blieb mein Mund offen stehen. Kennard fasste sich kopfschüttelnd an die Stirn.
„Aahh.“ Der zufriedene Ausruf des Blonden fiel mit einer schlagartig aufgerissenen Tür zusammen, als Ruth in die Scheune platzte.
Mit weit aufgerissenen Augen sah meine Großcousine wie der Blonde die kleine Wanze aus dem Laptop zog und in meine Hand fallen ließ.
„Was zum...?“, brachte sie hervor. Dann riss sie sich zusammen, sah uns drei der Reihe nach und fragte: „Hat das etwas mit den Beobachtern zu tun?“
Zum wiederholten Male an diesem Tag blieb mir der Mund offen stehen. Die Überraschungen wollten an diesem Tag nicht enden (tatsächlich ahnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht, dass mir die größte Überraschung noch bevor stand...).
„Und du bist?“, fragte Kennard ohne auf Ruths Frage einzugehen.
„Das ist Ruth, Gabriels Cousine.“, erwiderte der Blonde, während er meinen Laptop wieder zusammen schraubte. Diesmal starrten Ruth und ich ihn zusammen an. Kennard nickte nur.
„Woher weißt du das?“ - „Woher weißt du das mit den Beobachtern?!“, fragten Ruth und ich gleichzeitig.
Ruth erholte sich als erste von der Überraschung. Sie nahm meine Hände und drückte sie fest. „Mama hat mir kurz vor ihrem Tod davon erzählt. Sie wollte, dass ich die Familiengeschichte kenne.“ Ruth zuckte mit den Schultern. „Auch wenn das hier ja wohl eher totgeschwiegen wird.“ Dann wies sie auf das kleine elektronische Gerät in meiner Hand. „Und als ich die Wanze gesehen habe, schien es mir, als könne sie nur von ihnen kommen. Es sei denn, du bist ihm Zielkreuz eines Geheimdienstes.“
Ich schüttelte wie wild den Kopf, der mir ohnehin schon schwirrte.
„Nee, es sind schon die Beobachter.“, sagte der Blonde.
Kennard kam um den Schreibtisch herum und griff nach der Wanze. „Ich werde sie zurückverfolgen.“ Er schloss kurz die Augen und die Luft war wie von Elektrizität erfüllt. Dann lief er ohne ein weiteres Wort los.
„He! Warte! Ich bin Polizistin, ich komme mit!“, rief Ruth ihm nach und rannte ihm hinterher.
Ich starrte den beiden nach. Dann sah ich zu dem Blonden, der mich intensiv musterte.
„Du bist also tot.“, sagte ich, weil mir nichts anderes einfiel.
Der Blonde lachte donnernd auf. „Du bist nicht gerade empathisch.“
„Alsooooo?“, fragte ich schließlich gedehnt, während ich gleichzeitig hoffte, dass Dad bald nach Hause kam. Die Besucher hatten gesagt, dass sie wichtige Informationen für ihn und mich hatten, aber so langsam hatte ich keine Lust mehr auf Dad zu warten.
Die beiden Männer wechselten einen Blick. Der Blonde nickte schließlich, woraufhin der andere begann: „Wir sind uns sicher, dass die Beobachter dieses Haus ausspionieren.“
Ich zuckte zusammen – aus zwei Gründen: Zum einem, weil die Fremden von den Beobachtern wussten, zum anderen weil die Vorstellung in unserem Haus beobachtet zu werden, wie ein Schlag in die Magengrube war. Bevor ich etwas erwidern konnte, hörte ich, wie die Haustür geöffnet wurde.
Mein Vater kam in die Küche. Er runzelte die Stirn, als er mich mit zwei Fremden am Küchentisch sitzen sah.
Der rothaarige Sim grinste ihn breit und fast ein bisschen unverschämt an. „Hey, Gabriel.“
„Kennard?!“
Nun hatte ich auch einen Namen zu dem Fremden – sich vorzustellen hatten die beiden nämlich mal fein unterlassen und ich war zu überrollt von ihrem plötzlichen Auftauchen gewesen, als dass ich danach gefragt hätte.
Kennard, der Name kam mir entfernt bekannt vor. Ich erinnerte mich daran, dass Mom und Dad mal über einen Kennard und seinen Besuch gesprochen hatten, als ich noch ein Kind gewesen war. Irgendetwas war damals vorgefallen, dass Dad ganz schön ans Flunkern brachte. Ich bin nicht sicher, dass Mom es gemerkt hatte, aber mir war klar, dass Dad die Wahrheit umschiffte. Das war merkwürdig genug, Dad log einfach nie! Bevor sie das Thema damals vertiefen konnten, war Oma dazugekommen und hatte meine Nicht-Wahrnehmung beendet. Besagter Besuch hatte vor meiner Geburt stattgefunden, was ich angesichts der Jugend von Kennard ziemlich bemerkenswert fand – er hatte offensichtlich gute Gene. Andererseits kam er aus Moonlight Falls und nachdem, was ich mir aus den belauschten Gesprächen zusammengereimt hatte, gab es dort – sagen wir ungewöhnliche Sims.
Mein Dad erholte sich schnell von seiner Überraschung. „Was tust du hier? Ist was passiert?“
„Kann ein Magier nicht einfach so Moonlight Falls verlassen und alte Freunde besuchen?“
Dads schräger Blick sprach Bände. Kennard grinste und zuckte mit den Schultern.
„Mein … Begleiter -“ Er wies auf den blonden Mann, der weiterhin seelenruhig am Küchentisch saß. „Und ich vermuten, dass die Beobachter euch beobachten.“ Der Blonde kicherte über die Formulierung, was die finstere Miene meines Vaters nur noch finsterer werden ließ.
„Ist es nicht das was Beobachtern tun? Beobachten?“, fragte ich, um die Herren der Schöpfung an meine Anwesenheit zu erinnern.
„Schon.“, gab der Blonde zu. „Aber eigentlich sollten sie nicht in der Lage sein, dieses Haus direkt zu beobachten.“
Ich klappte meinen Mund zu und sah mehr als beunruhigt zu meinem Vater. Der starrte den Blonden eine Weile an, bevor er sich wieder zu Kennard drehte. „Und wer ist das? Ein weiterer Magier?“
„Der?!“ Kennard grinste und sah zu seinem Begleiter. Dieser zuckte mit den Schultern, bevor er verneinte: „Ich bin eigentlich tot, aber das ist jetzt nicht relevant.“
Kennard seufzte und blickte kurz zur Decke. „Du musst wirklich an deinen Gesprächsfertigkeiten arbeiten.“
Der Blonde zuckte die Schultern und erhob sich. „Kann ich jetzt die Wanzen suchen gehen?“
„Wanzen?!“, riefen Dad und ich entsetzt im Chor. Der Blonde sah uns verwirrt an. „Wie sollen die denn sonst beobachten? Das Allsehende Auge dürfen sie hier nicht einsetzen.“
„Ich sag's ja: Deine Kommunikation!“, stöhnte Kennard. „Tot sein ist keine Entschuldigung!“
„Ex-Tot-Sein.“, korrigierte sein Begleiter. „Ich fang dann mal an.“
Mein Büro-Laptop war das letzte Gerät, dass überprüft wurde. Bisher hatten wir noch nichts gefunden. Kennard lehnte an meinen Schreibtisch und las sich halb interessiert die Zutatenliste einer meiner Sirupe durch. Der Blonde nahm das Gerät auseinander und ich begnügte mich damit von einem zum anderen zu gucken. Meine Miene musste ziemlich finster gewesen sein. Irgendwann kommentierte der Blonde. „Zieh nicht so ein Gesicht, das gibt Falten.“
Vor lauter Unverschämtheit blieb mein Mund offen stehen. Kennard fasste sich kopfschüttelnd an die Stirn.
„Aahh.“ Der zufriedene Ausruf des Blonden fiel mit einer schlagartig aufgerissenen Tür zusammen, als Ruth in die Scheune platzte.
Mit weit aufgerissenen Augen sah meine Großcousine wie der Blonde die kleine Wanze aus dem Laptop zog und in meine Hand fallen ließ.
„Was zum...?“, brachte sie hervor. Dann riss sie sich zusammen, sah uns drei der Reihe nach und fragte: „Hat das etwas mit den Beobachtern zu tun?“
Zum wiederholten Male an diesem Tag blieb mir der Mund offen stehen. Die Überraschungen wollten an diesem Tag nicht enden (tatsächlich ahnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht, dass mir die größte Überraschung noch bevor stand...).
„Und du bist?“, fragte Kennard ohne auf Ruths Frage einzugehen.
„Das ist Ruth, Gabriels Cousine.“, erwiderte der Blonde, während er meinen Laptop wieder zusammen schraubte. Diesmal starrten Ruth und ich ihn zusammen an. Kennard nickte nur.
„Woher weißt du das?“ - „Woher weißt du das mit den Beobachtern?!“, fragten Ruth und ich gleichzeitig.
Ruth erholte sich als erste von der Überraschung. Sie nahm meine Hände und drückte sie fest. „Mama hat mir kurz vor ihrem Tod davon erzählt. Sie wollte, dass ich die Familiengeschichte kenne.“ Ruth zuckte mit den Schultern. „Auch wenn das hier ja wohl eher totgeschwiegen wird.“ Dann wies sie auf das kleine elektronische Gerät in meiner Hand. „Und als ich die Wanze gesehen habe, schien es mir, als könne sie nur von ihnen kommen. Es sei denn, du bist ihm Zielkreuz eines Geheimdienstes.“
Ich schüttelte wie wild den Kopf, der mir ohnehin schon schwirrte.
„Nee, es sind schon die Beobachter.“, sagte der Blonde.
Kennard kam um den Schreibtisch herum und griff nach der Wanze. „Ich werde sie zurückverfolgen.“ Er schloss kurz die Augen und die Luft war wie von Elektrizität erfüllt. Dann lief er ohne ein weiteres Wort los.
„He! Warte! Ich bin Polizistin, ich komme mit!“, rief Ruth ihm nach und rannte ihm hinterher.
Ich starrte den beiden nach. Dann sah ich zu dem Blonden, der mich intensiv musterte.
„Du bist also tot.“, sagte ich, weil mir nichts anderes einfiel.
Der Blonde lachte donnernd auf. „Du bist nicht gerade empathisch.“
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
Kapitel 9 – Ex-Sensemann
„Du bist nicht gerade empathisch.“ Wie ein lauter Knall hallte der Satz in meinen Ohren nach. Vielleicht war es nur ein Zufall, aber dieser Tag verlief merkwürdig genug. Ich starrte den Blonden an und rief mir alle Gespräche in Erinnerung, die ich jemals mit Jonas geführt hatte.
Ich sah den Blonden an, der wiederum unverwandt mich ansah. Schließlich nickte er langsam.
Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Doch ich schloss ihn wieder. Ich musterte den Blonden – Jonas? - und suchte irgendetwas in seinem Gesicht, das mir bekannt vor kam. Aber ich erkannte nichts vom Sensemann – was ja auch nicht verwunderlich war, denn außer einer dunklen Kapuze hatte ich ja nie etwas gesehen.
„Entschuldige mich.“, brachte ich schließlich hervor, bevor ich mich auf dem Absatz umdrehte und eilig die Scheune verließ.
Sobald ich die Scheune verlassen hatte, machte ich mich nicht wahrnehmbar. Ich schlich ins Haus, holte meine Jacke und ließ das Grundstück hinter mir. Seufzend kickte ich einen Kiesel vor mir her, als ich gedankenverloren den Weg zum Friedhof einschlug. In meinem Kopf fuhren die Gedanken Achterbahn. Konnte der blonde Mann mit dem Hang zu unangemessenen Kommentaren wirklich Jonas sein? Er war doch der Sensemann! Der verschwundene Sensemann, erinnerte ich mich.
Mit einem Räuspern machte sich Jonas auf mich aufmerksam. Er hielt einen respektvollen Abstand zu mir.
„Wie?“, fragte ich schließlich, nachdem wir uns eine Weile angesehen hatten.
Jonas Blick glitt über mich hinweg zu Omas Grabstein. Er grinste kurz. Dann sah er wieder mich an.
„Ich habe mich selbst in den Ruhestand versetzt, als ich Felicia markiert habe.“, begann er. Nun mied er meinen Blick. „Um sie vor dem Zugriff der Beobachter zu schützen, musste ich sie zu meiner Nachfolgerin machen.“
Bevor ich etwas sagen konnte, fuhr er fort: „Ich bin nicht für ihren Tod verantwortlich! Ihr Todestag stand schon vorher fest.“
„Das hast du Oma und Grandpa auch gesagt.“, erinnerte ich mich. Ich ballte die Fäuste. „Du hast gesagt, ich wüsste, wo ich dich finde. So als wärst du immer für mich da.“ Zornig funkelte ich ihn an. „Da wusstest du schon, dass du es nicht sein würdest. Du bist einfach gegangen.“
Jonas senkte den Blick und nickte betroffen. „Ja.“, erwiderte er schlicht.
„Du hättest es mir sagen können.“, sagte ich. „Du hättest mir sagen können, dass Felicia sterben muss. Und dass du verschwindest.“
„Nein.“, antwortete er genauso schlicht wie zuvor. „Das hätte gegen jedes Gesetz der Sensemänner verstoßen.“
Meine Zähne knirschten, so fest presste ich die Kiefer aufeinander. Diese Antwort war nicht, was ich hören wollte. Erst als Jonas mit dem Daumen ein Träne von meiner Wange wischte, wurde mir bewusst, dass ich weinte.
„Deine Hände sind ja eiskalt!“, quietschte ich auf. Jonas und ich fuhren auseinander, als hätte uns ein Schwall Eiswasser getroffen. Ich bemerkte erst jetzt, dass Jonas keine Jacke angezogen hatte. Es war Winter und bitterlich kalt.
„Ich hab vergessen, dass ich mich jetzt gegen Kälte schützen muss.“, gestand Jonas ein. Er klemmte die Hände unter die Achseln.
Ungläubig starrte ich ihn an. „Idiot.“, murmelte ich, bevor ich nach seiner Hand griff und ihn zurück zum Haus zerrte.
Ruth und Kennard waren noch nicht wiedergekommen. Dafür hatte mein Vater meine Mutter und seine Eltern informiert. Wir kamen dazu, als sie in eine aufgeregte Diskussion verwickelt waren. Unser Eintreten brachte das Gespräch zu verstummen. Mein Vater erinnerte sich daran, dass Jonas vorhin nicht richtig vorgestellt worden war und bestand darauf, dass er das nun nachholte.
Nach einem kurzen Seitenblick erklärte ich bemerkenswert entspannt. „Das ist Jonas.“
„Jonas?“, echote Dad und sah seine Mutter an. „Jonas, wie in „Jonas, der Sensemann“?“
„Ex-Sensemann.“, erwiderten Jonas und ich wie aus einem Mund.
Grandma erhob sich und marschierte auf uns zu. Sie fasste Jonas scharf ins Auge. „Das lässt sich nachweisen.“ Sie schnippte mit dem Finger und bedeutete Jonas, ihr zu folgen.
Wenige Minuten später kehrten Grandma Akki und Jonas zurück.
„Es stimmt. Er ist der Sensemann.“
„Ex-Sensemann.“, korrigerten Jonas und ich erneut.
Grandma ließ sich neben Granda nieder. „So wie Jonas damals den Job von Bob übernommen hat, hat Jonas den Job an Felicia weitergegeben.“
„Und wie kann es dann sein, dass er nun wieder lebt? Wenn ich mich recht entsinne ist Bob damals dann … äh richtig gestorben?“, fragte ich.
Akki sah Jonas an, so als erwartete sie, dass er etwas dazu sagte. Jonas musterte seine Fingerspitzen, bis Akki sich hörbar räusperte. Er fuhr zusammen, bevor er begann. „Also … die Einzelheiten sind mir selbst nicht so ganz klar. Ich glaube, Felicia hat etwas damit zu tun – und vielleicht eine weitere Macht?“ Er sah Akki fragend an.
„So wie bei Oma als sie Lethe war?“, hakte ich nach, was mal wieder zu einer Menge irritierter Gesichter führte. Alle starrten mich an.
„In einem von Omas Leben kam sie in einem erwachsenen Körper zu sich, ohne das sie jemals erfahren hat, wie sie daran gelangt ist.“ Ich sah zu Grandma und Jonas, die beide zur Bestätigung nickten.
„Möglich.“, gab Jonas einsilbig zu. „Ich kam in Moonlight Falls zu mir. Kurz bevor ich ...in Ruhestand gegangen war, hatte ich jedoch herausgefunden, dass die Beobachter euren Haushalt infiltriert hatten.“ Er hob beschwichtigend die Hände. „Keine Sorge, ich habe nur eine Wanze gefunden und unschädlich gemacht. Kennard und Ruth verfolgen gerade ein Spur.“
Wieder sprachen alle durcheinander. Ich warf einen schrägen Blick zu Jonas. „Warum manche Nachrichten auch schonend beibringen.“ Jonas hob grinsend die Schultern, so als wolle er sagen: Du hast gut reden.
Ich schaffte es mir Gehör zu verschaffen und den anderen zu erklären, dass Ruth von ihrer Mutter über die Beobachter aufgeklärt worden war. Wir unterhielten uns noch ein Weile, bevor Dad seine Eltern nach Hause brachte und anschließend Mom zur Arbeit fuhr. Ihm war sichtlich unwohl mich mit Jonas allein zurück zu lassen. Ich beruhigte ihn.
„Ist ja nicht so als hätte er noch seine Sense...“
Ich sah den Blonden an, der wiederum unverwandt mich ansah. Schließlich nickte er langsam.
Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Doch ich schloss ihn wieder. Ich musterte den Blonden – Jonas? - und suchte irgendetwas in seinem Gesicht, das mir bekannt vor kam. Aber ich erkannte nichts vom Sensemann – was ja auch nicht verwunderlich war, denn außer einer dunklen Kapuze hatte ich ja nie etwas gesehen.
„Entschuldige mich.“, brachte ich schließlich hervor, bevor ich mich auf dem Absatz umdrehte und eilig die Scheune verließ.
Sobald ich die Scheune verlassen hatte, machte ich mich nicht wahrnehmbar. Ich schlich ins Haus, holte meine Jacke und ließ das Grundstück hinter mir. Seufzend kickte ich einen Kiesel vor mir her, als ich gedankenverloren den Weg zum Friedhof einschlug. In meinem Kopf fuhren die Gedanken Achterbahn. Konnte der blonde Mann mit dem Hang zu unangemessenen Kommentaren wirklich Jonas sein? Er war doch der Sensemann! Der verschwundene Sensemann, erinnerte ich mich.
Mit einem Räuspern machte sich Jonas auf mich aufmerksam. Er hielt einen respektvollen Abstand zu mir.
„Wie?“, fragte ich schließlich, nachdem wir uns eine Weile angesehen hatten.
Jonas Blick glitt über mich hinweg zu Omas Grabstein. Er grinste kurz. Dann sah er wieder mich an.
„Ich habe mich selbst in den Ruhestand versetzt, als ich Felicia markiert habe.“, begann er. Nun mied er meinen Blick. „Um sie vor dem Zugriff der Beobachter zu schützen, musste ich sie zu meiner Nachfolgerin machen.“
Bevor ich etwas sagen konnte, fuhr er fort: „Ich bin nicht für ihren Tod verantwortlich! Ihr Todestag stand schon vorher fest.“
„Das hast du Oma und Grandpa auch gesagt.“, erinnerte ich mich. Ich ballte die Fäuste. „Du hast gesagt, ich wüsste, wo ich dich finde. So als wärst du immer für mich da.“ Zornig funkelte ich ihn an. „Da wusstest du schon, dass du es nicht sein würdest. Du bist einfach gegangen.“
Jonas senkte den Blick und nickte betroffen. „Ja.“, erwiderte er schlicht.
„Du hättest es mir sagen können.“, sagte ich. „Du hättest mir sagen können, dass Felicia sterben muss. Und dass du verschwindest.“
„Nein.“, antwortete er genauso schlicht wie zuvor. „Das hätte gegen jedes Gesetz der Sensemänner verstoßen.“
Meine Zähne knirschten, so fest presste ich die Kiefer aufeinander. Diese Antwort war nicht, was ich hören wollte. Erst als Jonas mit dem Daumen ein Träne von meiner Wange wischte, wurde mir bewusst, dass ich weinte.
„Deine Hände sind ja eiskalt!“, quietschte ich auf. Jonas und ich fuhren auseinander, als hätte uns ein Schwall Eiswasser getroffen. Ich bemerkte erst jetzt, dass Jonas keine Jacke angezogen hatte. Es war Winter und bitterlich kalt.
„Ich hab vergessen, dass ich mich jetzt gegen Kälte schützen muss.“, gestand Jonas ein. Er klemmte die Hände unter die Achseln.
Ungläubig starrte ich ihn an. „Idiot.“, murmelte ich, bevor ich nach seiner Hand griff und ihn zurück zum Haus zerrte.
Ruth und Kennard waren noch nicht wiedergekommen. Dafür hatte mein Vater meine Mutter und seine Eltern informiert. Wir kamen dazu, als sie in eine aufgeregte Diskussion verwickelt waren. Unser Eintreten brachte das Gespräch zu verstummen. Mein Vater erinnerte sich daran, dass Jonas vorhin nicht richtig vorgestellt worden war und bestand darauf, dass er das nun nachholte.
Nach einem kurzen Seitenblick erklärte ich bemerkenswert entspannt. „Das ist Jonas.“
„Jonas?“, echote Dad und sah seine Mutter an. „Jonas, wie in „Jonas, der Sensemann“?“
„Ex-Sensemann.“, erwiderten Jonas und ich wie aus einem Mund.
Grandma erhob sich und marschierte auf uns zu. Sie fasste Jonas scharf ins Auge. „Das lässt sich nachweisen.“ Sie schnippte mit dem Finger und bedeutete Jonas, ihr zu folgen.
Wenige Minuten später kehrten Grandma Akki und Jonas zurück.
„Es stimmt. Er ist der Sensemann.“
„Ex-Sensemann.“, korrigerten Jonas und ich erneut.
Grandma ließ sich neben Granda nieder. „So wie Jonas damals den Job von Bob übernommen hat, hat Jonas den Job an Felicia weitergegeben.“
„Und wie kann es dann sein, dass er nun wieder lebt? Wenn ich mich recht entsinne ist Bob damals dann … äh richtig gestorben?“, fragte ich.
Akki sah Jonas an, so als erwartete sie, dass er etwas dazu sagte. Jonas musterte seine Fingerspitzen, bis Akki sich hörbar räusperte. Er fuhr zusammen, bevor er begann. „Also … die Einzelheiten sind mir selbst nicht so ganz klar. Ich glaube, Felicia hat etwas damit zu tun – und vielleicht eine weitere Macht?“ Er sah Akki fragend an.
„So wie bei Oma als sie Lethe war?“, hakte ich nach, was mal wieder zu einer Menge irritierter Gesichter führte. Alle starrten mich an.
„In einem von Omas Leben kam sie in einem erwachsenen Körper zu sich, ohne das sie jemals erfahren hat, wie sie daran gelangt ist.“ Ich sah zu Grandma und Jonas, die beide zur Bestätigung nickten.
„Möglich.“, gab Jonas einsilbig zu. „Ich kam in Moonlight Falls zu mir. Kurz bevor ich ...in Ruhestand gegangen war, hatte ich jedoch herausgefunden, dass die Beobachter euren Haushalt infiltriert hatten.“ Er hob beschwichtigend die Hände. „Keine Sorge, ich habe nur eine Wanze gefunden und unschädlich gemacht. Kennard und Ruth verfolgen gerade ein Spur.“
Wieder sprachen alle durcheinander. Ich warf einen schrägen Blick zu Jonas. „Warum manche Nachrichten auch schonend beibringen.“ Jonas hob grinsend die Schultern, so als wolle er sagen: Du hast gut reden.
Ich schaffte es mir Gehör zu verschaffen und den anderen zu erklären, dass Ruth von ihrer Mutter über die Beobachter aufgeklärt worden war. Wir unterhielten uns noch ein Weile, bevor Dad seine Eltern nach Hause brachte und anschließend Mom zur Arbeit fuhr. Ihm war sichtlich unwohl mich mit Jonas allein zurück zu lassen. Ich beruhigte ihn.
„Ist ja nicht so als hätte er noch seine Sense...“
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Re: Felinger Legacy
Epilog
Schwer atmend schreckte sie aus dem Albtraum hoch. Ihre Hände krampften sich um die dünne, schweißnasse Bettdecke. Nach einigen tiefen, bewussten Atemzügen, schob sie die feuchte Decke zur Seite und stand auf. Leise streifte sie ihr ebenfalls nasses Nachthemd ab. Auf dem Weg ins Kinderzimmer griff sie nach einem T-Shirt, das sie sich überwarf.
Die Zwillinge schliefen tief und fest. Erleichtert setzte sie sich auf den Boden des Kinderzimmers, um den Kindern beim Schlafen zu zusehen. Dadurch innerlich gestählt, ließ sie noch einmal ihren Albtraum an ihrem inneren Auge vorbeiziehen.
Ruth blinzelte Tränen weg und sah zur Decke. Die Nachwehen von Laces Tod wirkten immer noch. Gabriel hatte einen Nervenzusammenbruch erlitten, als er erfahren hatte, dass der Angriff der Beobachter seiner Tochter, seiner Erbin das Leben gekostet hatte.
Ruth war als einzige mit dem Leben davon gekommen war. Sie erinnerte sich noch gut – Lace war zusammengebrochen, ihr Leben hing am seidenen Faden. Jonas, der schrie – erst unartikuliert, dann um seine Liebste und das ungeborene Kind. Kennard war zunächst aschfahl geworden, dann hatte sich eine entschlossene, grimmige Miene auf seinem Gesicht gezeigt. Mit tonloser Stimme erklärte er den Zauber mit dem er zumindest das Kind retten wollte. Ruth war zu keiner Äußerungen fähig gewesen, hatte nur schockiert auf die beiden Männer geschaut, die sich über Laces leblosen Körper gebeugt an den Händen fassten. Kennard begann einen Spruch in einer uralten Sprache zu singen. Er unterbrach sich nur kurz, um Ruth zu zurufen, in die Krypta des Familienfriedhofs zu fliehen. Fast gegen ihren Willen bewegte sich Ruth auf die Tür zu, warf sich in den Raum und schmiss die Tür hinter sich zu. Von draußen hörte sie lautes Rauschen, wie bei einem heftigen Gewitter. Durch den Schlitz unter der Tür, sah Ruth Lichter aufblitzen. Das Rauschen schwoll an, da Licht wurde so hell, dass selbst die sonst so düstere Krypta hell erleuchtet war. Dann – so plötzlich, dass Ruth es zunächst nicht begriff – endeten Rauschen und Licht. Es dauerte noch ein paar Minuten bevor sie sich soweit gefasst hatte, dass sie die Krypta verlassen konnte.
Der Familienfriedhof lag still im des aufgehenden Mondes. Als Ruth in die Krypta geflohen war, war es noch helllichter Tag gewesen. Es musste mehr Zeit vergangen als Ruth empfunden hatte.
„Ruth.“ Eine körperlose Stimme sprach sie an und Ruth schrak zusammen. Aus dem Nichts verdichtete sich Nebel und der Sensemann tauchte auf.
„Felicia!?“, fragte Ruth unsicher. Jonas und Lace hatten Kennard und ihr erklärt, dass Jonas Laces Freundin als Nachfolgerin bestimmt hatte. Das war kurz nachdem der Magier und sie das Versteck der Beobachter in einer zu einer Disko umgebauten alten Dosenfabrik gefunden hatten. Bevor die vier sich vorgenommen hatten die Beobachter auszuspionieren. Und jedes Wochenende in die Dosenfabrik gingen. Tanzten, Spaß hatten und nebenbei versuchten die Beobachter auszuspionieren. Und dort von ihnen konfrontiert wurden, zum Friedhof flohen, wo sie gestellt wurden …
Das Nicken des Sensemanns – der Sensefrau? - riss Ruth aus ihren Gedanken.
„Kennards Spruch hat funktioniert. Seine und Jonas Lebensessenz haben das Kind gerettet.“ Mit dem Arm wies sie auf den Boden vor Ruth. Dort lagen zwei Säuglinge. „Mit ungeahnten Konsequenzen. Das Mädchen ist die Tochter von Lace und Jonas. Der Junge ist der Sohn von Kennard und Lace. Er entstand als … Nebenwirkungen des Zaubers.“
Ruth konnte nur nicken, bevor sie sich niederkniete und das Mädchen hochnahm. Das Baby war ganz still und blinzelte. Ruth verschob sei Gewicht und nahm das zweite Kind hoch.
„Die Beobachter haben ihre Grenzen überschritten.“ Die Stimme der Sensefrau klang hart. „Sie müssen mit Konsequenzen rechnen. Trotzdem werden wir die Kinder schützen müssen. Wenn die Beobachter sich nicht mehr an die Regeln halten...“
Wieder nickte Ruth stumm. Die Sensefrau begann sich langsam aufzulösen, sprach aber weiter. „Im Haus wirst du Geburtsurkunden finden. Originale, die Lace als Mutter ausweisen. Die musst du geheim halten. Und Fälschungen, die dich als Mutter ausweisen.“ Die Sensefrau verschwand, doch ihre Stimme hörte Ruth noch weiter. „Versteck dich mit den Kindern. Rivervale ist im Moment nicht sicher.“
Im Hier und Jetzt wieder angekommen, sah Ruth zu Asher und Ayah, die immer noch selig in ihren Betten lagen. Gabriel und Nell waren unfähig gewesen, sich um die Kinder zu kümmern. Der eiligst einberufene Familienrat hatte der Sensefrau zu gestimmt und Ruth zu dem Vormund der Kinder erklärt. Noch in der selben Nacht war Ruth, ausgestattet mit den gefälschten Geburtsurkunden und zwei MaxiCosis, aus Rivervale geflohen. Die Originale deponierte sie an einem geheimen Ort. In einem Van war sie die ganze Nacht durchgefahren, hatte nur die nötigsten Pausen gemacht um die Kinder zu versorgen und dann weitergefahren. Tagelang war sie durch das Land gefahren, bis sie eine Stadt gefunden hatte, die ihr brauchbar erschien: Starlight Shores. Hier würde sie Asher und Ayah aufziehen. Irgendwann würde sie ihnen die Wahrheit sagen, vielleicht sogar nach Rivervale zurückkehren. Und den Tod der Eltern der Kinder rächen.
Die Zwillinge schliefen tief und fest. Erleichtert setzte sie sich auf den Boden des Kinderzimmers, um den Kindern beim Schlafen zu zusehen. Dadurch innerlich gestählt, ließ sie noch einmal ihren Albtraum an ihrem inneren Auge vorbeiziehen.
Ruth blinzelte Tränen weg und sah zur Decke. Die Nachwehen von Laces Tod wirkten immer noch. Gabriel hatte einen Nervenzusammenbruch erlitten, als er erfahren hatte, dass der Angriff der Beobachter seiner Tochter, seiner Erbin das Leben gekostet hatte.
Ruth war als einzige mit dem Leben davon gekommen war. Sie erinnerte sich noch gut – Lace war zusammengebrochen, ihr Leben hing am seidenen Faden. Jonas, der schrie – erst unartikuliert, dann um seine Liebste und das ungeborene Kind. Kennard war zunächst aschfahl geworden, dann hatte sich eine entschlossene, grimmige Miene auf seinem Gesicht gezeigt. Mit tonloser Stimme erklärte er den Zauber mit dem er zumindest das Kind retten wollte. Ruth war zu keiner Äußerungen fähig gewesen, hatte nur schockiert auf die beiden Männer geschaut, die sich über Laces leblosen Körper gebeugt an den Händen fassten. Kennard begann einen Spruch in einer uralten Sprache zu singen. Er unterbrach sich nur kurz, um Ruth zu zurufen, in die Krypta des Familienfriedhofs zu fliehen. Fast gegen ihren Willen bewegte sich Ruth auf die Tür zu, warf sich in den Raum und schmiss die Tür hinter sich zu. Von draußen hörte sie lautes Rauschen, wie bei einem heftigen Gewitter. Durch den Schlitz unter der Tür, sah Ruth Lichter aufblitzen. Das Rauschen schwoll an, da Licht wurde so hell, dass selbst die sonst so düstere Krypta hell erleuchtet war. Dann – so plötzlich, dass Ruth es zunächst nicht begriff – endeten Rauschen und Licht. Es dauerte noch ein paar Minuten bevor sie sich soweit gefasst hatte, dass sie die Krypta verlassen konnte.
Der Familienfriedhof lag still im des aufgehenden Mondes. Als Ruth in die Krypta geflohen war, war es noch helllichter Tag gewesen. Es musste mehr Zeit vergangen als Ruth empfunden hatte.
„Ruth.“ Eine körperlose Stimme sprach sie an und Ruth schrak zusammen. Aus dem Nichts verdichtete sich Nebel und der Sensemann tauchte auf.
„Felicia!?“, fragte Ruth unsicher. Jonas und Lace hatten Kennard und ihr erklärt, dass Jonas Laces Freundin als Nachfolgerin bestimmt hatte. Das war kurz nachdem der Magier und sie das Versteck der Beobachter in einer zu einer Disko umgebauten alten Dosenfabrik gefunden hatten. Bevor die vier sich vorgenommen hatten die Beobachter auszuspionieren. Und jedes Wochenende in die Dosenfabrik gingen. Tanzten, Spaß hatten und nebenbei versuchten die Beobachter auszuspionieren. Und dort von ihnen konfrontiert wurden, zum Friedhof flohen, wo sie gestellt wurden …
Das Nicken des Sensemanns – der Sensefrau? - riss Ruth aus ihren Gedanken.
„Kennards Spruch hat funktioniert. Seine und Jonas Lebensessenz haben das Kind gerettet.“ Mit dem Arm wies sie auf den Boden vor Ruth. Dort lagen zwei Säuglinge. „Mit ungeahnten Konsequenzen. Das Mädchen ist die Tochter von Lace und Jonas. Der Junge ist der Sohn von Kennard und Lace. Er entstand als … Nebenwirkungen des Zaubers.“
Ruth konnte nur nicken, bevor sie sich niederkniete und das Mädchen hochnahm. Das Baby war ganz still und blinzelte. Ruth verschob sei Gewicht und nahm das zweite Kind hoch.
„Die Beobachter haben ihre Grenzen überschritten.“ Die Stimme der Sensefrau klang hart. „Sie müssen mit Konsequenzen rechnen. Trotzdem werden wir die Kinder schützen müssen. Wenn die Beobachter sich nicht mehr an die Regeln halten...“
Wieder nickte Ruth stumm. Die Sensefrau begann sich langsam aufzulösen, sprach aber weiter. „Im Haus wirst du Geburtsurkunden finden. Originale, die Lace als Mutter ausweisen. Die musst du geheim halten. Und Fälschungen, die dich als Mutter ausweisen.“ Die Sensefrau verschwand, doch ihre Stimme hörte Ruth noch weiter. „Versteck dich mit den Kindern. Rivervale ist im Moment nicht sicher.“
Im Hier und Jetzt wieder angekommen, sah Ruth zu Asher und Ayah, die immer noch selig in ihren Betten lagen. Gabriel und Nell waren unfähig gewesen, sich um die Kinder zu kümmern. Der eiligst einberufene Familienrat hatte der Sensefrau zu gestimmt und Ruth zu dem Vormund der Kinder erklärt. Noch in der selben Nacht war Ruth, ausgestattet mit den gefälschten Geburtsurkunden und zwei MaxiCosis, aus Rivervale geflohen. Die Originale deponierte sie an einem geheimen Ort. In einem Van war sie die ganze Nacht durchgefahren, hatte nur die nötigsten Pausen gemacht um die Kinder zu versorgen und dann weitergefahren. Tagelang war sie durch das Land gefahren, bis sie eine Stadt gefunden hatte, die ihr brauchbar erschien: Starlight Shores. Hier würde sie Asher und Ayah aufziehen. Irgendwann würde sie ihnen die Wahrheit sagen, vielleicht sogar nach Rivervale zurückkehren. Und den Tod der Eltern der Kinder rächen.
Asher: Der Gesegnete
Ayah: Zeichen Gottes
Ayah: Zeichen Gottes
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Re: Felinger Legacy
Zwischenspiel - Teil 1
Ruth schreckte hoch, weil es zu leise war. Die Albträume waren in den letzten Monaten zurückgegangen, sie wachte kaum mehr davon auf. Schlaftrunken rollte sie sich vom Bett und warf dabei einen Blick auf ihren Wecker. Es war früher Nachmittag. Eigentlich hatte sie gar nicht schlafen wollen – es war noch so viel zu tun! Doch nachdem Asher und Ayah endlich in ihren Bettchen lagen, hatte sie sich kurz auf ihrem Bett ausgeruht. Sie musste lang genug weg genickt sein, dass die leise Musik, ohne die Asher sich weigerte zu schlafen, schon zu Ende war. Zumindest drang kein Laut aus dem Babyphon. Die Abwesenheit der Musik hatte Ruth geweckt.
Rasch schritt sie zum Kinderzimmer und schielte durch die halb offene Tür. Asher schlief. Ayah hatte sich auf ihre Seite gedreht und betrachtete interessiert ihre Hände, die sie in immer neuen Bewegungen wackelnd drehte. Ruth lächelte. Ayah war das einfachere Kind. Mit ihren erdbeerblonden Haaren, die sie von ihrer Großmutter Nell geerbt hatte, und den dunkelgrünen Augen, die auf Ruths Großvater Darrel zurückgingen, war sie ein süßes kleines Ding. Ayah quengelte selten, spielte ruhig mit Asher und auch gern allein. Manchmal war Ruth geneigt sie in bisschen zu übersehen, denn Asher forderte oft genug all ihre Aufmerksamkeit. Ob sie genauso in der Lage war wie Lace, sich unbemerkbar zu machen?
Ruth schlich leise die Treppe nach unten. Die Wäschefront hatte sich leider nicht in luft aufgelöst und die Küche schrie nach einem nassen Lappen und dem Wischmopp. Wie hatten das ihre Großeltern mit sechs Kindern und dem Hof nur geschafft? Seit Ruth über Nacht Mutter von Zwillingen war, hatte sie gefühlt keine ruhige Sekunde mehr. Zum Glück hatte ihre Mutter Katrina Ruth so gut abgesichert, dass sie sich zur Zeit keine Sorgen um ihr Auskommen machen musste. Das war auch gut so, denn zum Schutz der Kinder war Ruth fast untergetaucht. Sie hatte zwar ihren Namen behalten, aber ihre Bankkonten geändert, das Telefon entsorgt und sämtliche Social Media Accounts stillgelegt. In Absprache mit ihrem Onkel David und seiner Frau Akki, sollte Ruth die Kinder so lange wie möglich so weit wie möglich von Rivervale fern halten – und absolute Funkstille einhalten.
Dadurch, dass sie selbst nicht in Rivervale aufgewachsen war, war Ruth sich immer etwas wie eine Außenseiterin vorgekommen. Dazu kam das hohe Alter Katrinas bei ihrer Geburt. Ruth war kaum älter als Lace, die die Tochter ihres Cousins Gabriel war. Erst durch die Freundschaft mit Lace, Kennard und Jonas hatte Ruth sich akzeptiert und aufgenommen gefühlt. Ihre drei – einzigen – Freunde auf einen Schlag zu verlieren – und dann auf diese Art und Weise, hatte Ruth mehr als mitgenommen. Ihre Albträume waren da ein sicheres Zeichen! Aber die Fürsorge für Asher und Ayah ließen ihr mittlerweile kaum Zeit, nicht mal für Albträume. Ruth schmunzelte, als sie an einen Sinnspruch dachte, den sie vor ein paar Tagen beim Einkaufen auf dem Display der Soccer-Mum vor ihr gelesen hatte: „Wie schaffst du es nur, bei dem ganzen Stress nicht zusammenzubrechen? - Keine Zeit!“. Natürlich bestand der Stress der Soccer-Mum wohl eher in der Entscheidung ob die den SUV oder den Hybrid nehmen sollte, wenn sie nach dem Kauf ihres Soya Lattes das Kind vom Training holen würde, während das Au-pair das Abendessen vorbereitete. Kaum hatte Ruth den Spruch auf dem fremden Display gelesen, versuchte Asher aus dem Einkaufswagen heraus nach einem Schokoriegel zu greifen und anschließend einen Tobsuchtsanfall zu bekommen, weil Ruth den Riegel zurücklegte. Es war einer dieser Momente in denen sie versucht war, seiner Laune nachzugeben. Doch da nahm Ayah Ashers Hand und tätschelte sie. Asher – schon ganz rot im Gesicht – schnappte nach Luft und sah seine Schwester an. Die lächelte leicht und zeigte dann auf die ältere Dame hinter ihnen, die den Kindern Grimassen schnitt. Asher sah sie beeindruckt an und versuchte ihre Grimassen nachzumachen.
Ruth schüttelte bei dieser Erinnerung grinsend den Kopf, während sie die Mülltüte zusammenschnürrte und aus dem Haus trug. Es war nur gemietet, samt Einrichtung. Sie lebten mittlerweile seit fast zwei Jahren hier, doch Ruth war sich nicht sicher, ob sie wirklich bleiben sollten. Durch die beiden Kinder kannte sie nur ihre Nachbarn, den Kinderarzt und die Angestellten des Supermarkts. Manchmal traf sie Nannys oder Au-pairs auf dem Spielplatz wieder, die sie schon einmal gesehen hatte. Aber die jungen Frauen, fast noch Mädchen, quatschten die meiste Zeit miteinander oder starrten auf ihre Handys. Dass sie meistens nur ein Kind im Gepäck hatten, ließ ihnen viel mehr Zeit dazu, während Ruth in der Regel hinter Asher herjagte ohne dabei Ayah aus den Augen zu verlieren.
Immerhin hatte Ruth einen Fitnessstudio gefunden, die eine vernünftige Kinderbetreuung anboten. Ihr fiel so sehr die Decke auf den Kopf. Jeden zweiten Tag lud sie die Zwillinge für eine Stunde bei der freundlichen Ersatzoma ab und powerte sich aus: Laufband, Krafttraining. Zwar hatte sie ihren Job als Polizistin abgegeben, aber Ruth brauchte das Gefühl, jederzeit eine Tür eintreten zu können oder einem Verdächtigen hinterher zu sprinten. Manchmal schwamm Ruth auch einfach nur. Den Pool benutzten kaum andere Besucher. Entweder man ging ans Meer oder in den hauseigenen Pool. Starlight Shores war eine Stadt für die Neureichen, die Erfolgreichen. Ruth kannte die Außenbezirke, in denen die weniger erfolgreichen und weniger wohlhabenden Sims wohnte nur vom vorbeifahren. Ihr Haus hatte zwar keinen Pool, aber dafür (zumindest teilweise) Meerblick.
„Hi!“
Es war einer der Vormittage, an denen Ruth sich für den Pool entschieden hatte, ein paar Tage nachdem sie mittags eingeschlafen war. Asher und Ayah waren an diesem Morgen beiden die reinsten Engel und Ruth war entspannt und ausgeglichen wie schon lange nicht mehr.
Ein braunhaariger Mann in ihrem Alter winkte Ruth lächelnd zu.
„Hi.“, erwiderte sie zurückhaltend.
„Ich bin Conrad.“ Er hielt ihr die Hand hin, die Ruth zunächst argwöhnisch musterte. „Ich musste dich einfach ansprechen, weil Debbie mir erzählt hat, dass ich seit ein paar Monaten nicht mehr der einzige bin, der den Pool nutzt.“ Er grinste breit, aber nicht unangenehm.
„Ruth.“, stellte sie sich einsilbig vor. Debbie war die furchtbar neugierige Rezeptionistin des Studios. Bei jeder sich bietender Gelegenheit, versuchte sie irgendetwas aus Ruth herauszufinden. Partnerschaften, Vater der Kinder, mögliche Liebschaften … Sie sparte auch nicht mit Tratsch über andere Besucher, weswegen Ruth sich meistens beeilte ihr eine nichtssagende Antwort zu geben und sich aus dem Staub zu machen.
„Ohje, da ist wohl noch jemand Debbie-geschädigt.“, schloss Conrad aus Ruths Einsilbigkeit. Er zwinkerte ihr verschmitzt zu. „Unglaubliche Tratschtante.“ Er schüttelte den Kopf. „Ich wollte mich dir auch nicht aufdrängen. Aber ich dachte ich sag mal, hallo. Falls du bei Schwimmen deine Ruhe haben willst: Ich komm meistens nur an Mittwochsvormittagen zum schwimmen, sonst geh ich nachmittags.“
Er tippte sich lächelnd an einen imaginären Hut und ging Richtung Poolleiter. Ruth starrte ihm perplex nach. Normalerweise war sie nicht mundfaul, aber die Flucht aus Rivervale – und die Zwillinge – mussten den Teil ihres Hirn, der für soziale Interaktion zuständig war, ziemlich auf Eis gelegt haben.
Rasch schritt sie zum Kinderzimmer und schielte durch die halb offene Tür. Asher schlief. Ayah hatte sich auf ihre Seite gedreht und betrachtete interessiert ihre Hände, die sie in immer neuen Bewegungen wackelnd drehte. Ruth lächelte. Ayah war das einfachere Kind. Mit ihren erdbeerblonden Haaren, die sie von ihrer Großmutter Nell geerbt hatte, und den dunkelgrünen Augen, die auf Ruths Großvater Darrel zurückgingen, war sie ein süßes kleines Ding. Ayah quengelte selten, spielte ruhig mit Asher und auch gern allein. Manchmal war Ruth geneigt sie in bisschen zu übersehen, denn Asher forderte oft genug all ihre Aufmerksamkeit. Ob sie genauso in der Lage war wie Lace, sich unbemerkbar zu machen?
Ruth schlich leise die Treppe nach unten. Die Wäschefront hatte sich leider nicht in luft aufgelöst und die Küche schrie nach einem nassen Lappen und dem Wischmopp. Wie hatten das ihre Großeltern mit sechs Kindern und dem Hof nur geschafft? Seit Ruth über Nacht Mutter von Zwillingen war, hatte sie gefühlt keine ruhige Sekunde mehr. Zum Glück hatte ihre Mutter Katrina Ruth so gut abgesichert, dass sie sich zur Zeit keine Sorgen um ihr Auskommen machen musste. Das war auch gut so, denn zum Schutz der Kinder war Ruth fast untergetaucht. Sie hatte zwar ihren Namen behalten, aber ihre Bankkonten geändert, das Telefon entsorgt und sämtliche Social Media Accounts stillgelegt. In Absprache mit ihrem Onkel David und seiner Frau Akki, sollte Ruth die Kinder so lange wie möglich so weit wie möglich von Rivervale fern halten – und absolute Funkstille einhalten.
Dadurch, dass sie selbst nicht in Rivervale aufgewachsen war, war Ruth sich immer etwas wie eine Außenseiterin vorgekommen. Dazu kam das hohe Alter Katrinas bei ihrer Geburt. Ruth war kaum älter als Lace, die die Tochter ihres Cousins Gabriel war. Erst durch die Freundschaft mit Lace, Kennard und Jonas hatte Ruth sich akzeptiert und aufgenommen gefühlt. Ihre drei – einzigen – Freunde auf einen Schlag zu verlieren – und dann auf diese Art und Weise, hatte Ruth mehr als mitgenommen. Ihre Albträume waren da ein sicheres Zeichen! Aber die Fürsorge für Asher und Ayah ließen ihr mittlerweile kaum Zeit, nicht mal für Albträume. Ruth schmunzelte, als sie an einen Sinnspruch dachte, den sie vor ein paar Tagen beim Einkaufen auf dem Display der Soccer-Mum vor ihr gelesen hatte: „Wie schaffst du es nur, bei dem ganzen Stress nicht zusammenzubrechen? - Keine Zeit!“. Natürlich bestand der Stress der Soccer-Mum wohl eher in der Entscheidung ob die den SUV oder den Hybrid nehmen sollte, wenn sie nach dem Kauf ihres Soya Lattes das Kind vom Training holen würde, während das Au-pair das Abendessen vorbereitete. Kaum hatte Ruth den Spruch auf dem fremden Display gelesen, versuchte Asher aus dem Einkaufswagen heraus nach einem Schokoriegel zu greifen und anschließend einen Tobsuchtsanfall zu bekommen, weil Ruth den Riegel zurücklegte. Es war einer dieser Momente in denen sie versucht war, seiner Laune nachzugeben. Doch da nahm Ayah Ashers Hand und tätschelte sie. Asher – schon ganz rot im Gesicht – schnappte nach Luft und sah seine Schwester an. Die lächelte leicht und zeigte dann auf die ältere Dame hinter ihnen, die den Kindern Grimassen schnitt. Asher sah sie beeindruckt an und versuchte ihre Grimassen nachzumachen.
Ruth schüttelte bei dieser Erinnerung grinsend den Kopf, während sie die Mülltüte zusammenschnürrte und aus dem Haus trug. Es war nur gemietet, samt Einrichtung. Sie lebten mittlerweile seit fast zwei Jahren hier, doch Ruth war sich nicht sicher, ob sie wirklich bleiben sollten. Durch die beiden Kinder kannte sie nur ihre Nachbarn, den Kinderarzt und die Angestellten des Supermarkts. Manchmal traf sie Nannys oder Au-pairs auf dem Spielplatz wieder, die sie schon einmal gesehen hatte. Aber die jungen Frauen, fast noch Mädchen, quatschten die meiste Zeit miteinander oder starrten auf ihre Handys. Dass sie meistens nur ein Kind im Gepäck hatten, ließ ihnen viel mehr Zeit dazu, während Ruth in der Regel hinter Asher herjagte ohne dabei Ayah aus den Augen zu verlieren.
Immerhin hatte Ruth einen Fitnessstudio gefunden, die eine vernünftige Kinderbetreuung anboten. Ihr fiel so sehr die Decke auf den Kopf. Jeden zweiten Tag lud sie die Zwillinge für eine Stunde bei der freundlichen Ersatzoma ab und powerte sich aus: Laufband, Krafttraining. Zwar hatte sie ihren Job als Polizistin abgegeben, aber Ruth brauchte das Gefühl, jederzeit eine Tür eintreten zu können oder einem Verdächtigen hinterher zu sprinten. Manchmal schwamm Ruth auch einfach nur. Den Pool benutzten kaum andere Besucher. Entweder man ging ans Meer oder in den hauseigenen Pool. Starlight Shores war eine Stadt für die Neureichen, die Erfolgreichen. Ruth kannte die Außenbezirke, in denen die weniger erfolgreichen und weniger wohlhabenden Sims wohnte nur vom vorbeifahren. Ihr Haus hatte zwar keinen Pool, aber dafür (zumindest teilweise) Meerblick.
„Hi!“
Es war einer der Vormittage, an denen Ruth sich für den Pool entschieden hatte, ein paar Tage nachdem sie mittags eingeschlafen war. Asher und Ayah waren an diesem Morgen beiden die reinsten Engel und Ruth war entspannt und ausgeglichen wie schon lange nicht mehr.
Ein braunhaariger Mann in ihrem Alter winkte Ruth lächelnd zu.
„Hi.“, erwiderte sie zurückhaltend.
„Ich bin Conrad.“ Er hielt ihr die Hand hin, die Ruth zunächst argwöhnisch musterte. „Ich musste dich einfach ansprechen, weil Debbie mir erzählt hat, dass ich seit ein paar Monaten nicht mehr der einzige bin, der den Pool nutzt.“ Er grinste breit, aber nicht unangenehm.
„Ruth.“, stellte sie sich einsilbig vor. Debbie war die furchtbar neugierige Rezeptionistin des Studios. Bei jeder sich bietender Gelegenheit, versuchte sie irgendetwas aus Ruth herauszufinden. Partnerschaften, Vater der Kinder, mögliche Liebschaften … Sie sparte auch nicht mit Tratsch über andere Besucher, weswegen Ruth sich meistens beeilte ihr eine nichtssagende Antwort zu geben und sich aus dem Staub zu machen.
„Ohje, da ist wohl noch jemand Debbie-geschädigt.“, schloss Conrad aus Ruths Einsilbigkeit. Er zwinkerte ihr verschmitzt zu. „Unglaubliche Tratschtante.“ Er schüttelte den Kopf. „Ich wollte mich dir auch nicht aufdrängen. Aber ich dachte ich sag mal, hallo. Falls du bei Schwimmen deine Ruhe haben willst: Ich komm meistens nur an Mittwochsvormittagen zum schwimmen, sonst geh ich nachmittags.“
Er tippte sich lächelnd an einen imaginären Hut und ging Richtung Poolleiter. Ruth starrte ihm perplex nach. Normalerweise war sie nicht mundfaul, aber die Flucht aus Rivervale – und die Zwillinge – mussten den Teil ihres Hirn, der für soziale Interaktion zuständig war, ziemlich auf Eis gelegt haben.
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Re: Felinger Legacy
Zwischenspiel - Teil 2
Es hatte eine Weile gedauert, aber schließlich hatten die Kinder Conrad akzeptiert. Ruth schmunzelte still vor sich hin, während sie Kuchenteller in die Spülmaschine räumte. Sie hatte selber eine ganze Weile gebraucht, bis sie sich wieder auf Sims im Allgemeinen und Conrad im Speziellen eingelassen hatte. Nach ihrer ersten Begegnung am Pool waren Monate vergangen, bis sie ihre Paranoia abgelegt hatte. Nicht jeder Fremde musste ein Beobachter sein (und richtige Beobachter sahen doch alle gleich aus, Allerweltsgesicher eben – das konnte man von Conrad nicht behaupten). Auch die Gefahr, dass er ein Agent sein könnte, hatte Ruth verdrängt. Zwar lag sie gelegentlich nachts wach, wenn sie einen der selten gewordenen Albträume von Laces letzten Stunden hatte, und grübelte, ob Conrad wirklich nur ein netter Simo war oder doch ein hinterlistiger Agent, doch meistens konnte sie sich selbst damit beruhigen, dass sie keine Erbin der Felingers war – sie hieß ja nicht mal so – und die Zwillinge offiziell ihre Kinder und damit ebenfalls von der Erblinie, die sich mit den Beobachtern rum schlagen musste, ausgeschlossen waren.
Seit anderthalb Jahren – nachdem sie sich zuvor schon fast ein Jahr kannten – ging sie mit Conrad aus. Sie hatte ihn lange von ihrem Haus und den Kindern ferngehalten, obwohl er wusste, dass es die Zwillinge gab. Conrad war im ersten Jahr sehr verständnisvoll gewesen. Erst seit ein paar Monaten hatte er ab und an mal gefragt, ob er Asher und Ayah kennenlernen durfte. Dabei hatte er sich nicht verdächtig verhalten – und wenn man ehrlich war (und nicht paranoid), dann war es nachvollziehbar, dass ihr Freund ihre Kinder kennenlernen wollte. Zumindest wenn es sich um was Ernstes handelte, und Ruth war sich mittlerweile ziemlich sicher, dass das der Fall war.
Ayah war zunächst sehr schüchtern gewesen und hatte sich kaum aus dem Kinderzimmer getraut. Erst der Geruch des Kuchens, den Conrad mitgebracht hatte und viel Zureden ihres Bruders hatten sie davon überzeugt, sich Conrad vorzustellen. Sie war schmerzhaft schüchtern. In der Schule brachte sie kaum ein Wort raus, weswegen Ruth und Ayah schon ein Gespräch mit dem Schulpsychologen hatten. Ruth fand es furchtbar, dass die Kleine zum Seelenklempner geschickt wurde, nur weil sie so scheu war. Mithilfe ihres Bruders und einiger weniger Freunde, gelang es ihr mittlerweile zunehmend aus ihrem Schneckenhaus zu kommen – auch ohne Therapie, die der bekloppte Schulpsychologe vorgeschlagen hatte.
Asher war ganz anders als seine Schwester: Immer vorne mit dabei, geradezu vorlaut und frech (zumindest bei Sims, die ihm keine Grenzen setzten). Er war ein Rabauke, wie er im Buche stand. Wegen ihm war Ruth wesentlich öfter in der Schule – sei es weil ein Junglehrer sich über sein flegelhaftes Verhalten beschwerte, eine Schultoilette auf mysteriöse Art übergelaufen war oder die Frösche aus den Biologieräumen in die Mädchenumkleide gelangt waren. Dabei stand Asher immer zu seinen Taten und hatte durchaus ein Bewusstsein dafür, was richtig und was falsch war.
Asher gelang es auch schnell Freunde zu finden. Er war eigentlich bei fast allen Kindern beliebt, aber sehr sorgsam in der Wahl seines inneren Zirkels, wie Ruth es nannte. Sein ältester und bester Freund war Nigel Martin, den er sich mit Ayah quasi teilte. Die drei waren unzertrennlich, nachdem Nigel eines Nachmittags überraschend vor der Tür stand. Asher war beim Ballett – er war einmal mit Ayah hingegangen, die Ruth zu einem Probekurs angemeldet hatte, in der Hoffnung, sie würde dort Freunde finden und etwas Selbstvertrauen bekommen. Ayah fand Ballett doof, Asher liebte es. Es wunderte Ruth, dass er die Strenge und Disziplin im Ballettunterricht klaglos hinnahm und nicht einmal Unfug versuchte.
Ayah kannte Nigel aus der Schule, aber sie brachte kein Wort heraus, als der damals vor der Tür stand. Doch Nigel – aus einem ähnlichen Holz geschnitzt wie Asher – lud sich einfach selbst ein und verbrachte den ganzen Nachmittag mit Ayah, die gelegentlich sogar ihre Stimme wiederfand und am Abend, als Asher dazustieß fand, dass Nigel kein schlechter Kerl war und man viel Spaß mit ihm haben konnte.
Seitdem war Nigel fast täglich bei ihnen. Ruth kochte aus Prinzip schon die doppelte Portion und es kam ihr gelegentlich so vor als habe sie Drillinge und nicht Zwillinge. Die Kinder konnten jeden mit nach Hause bringen, sie selbst war das vorsichtiger. Auch nachdem Conrad das erste Mal zu Kaffee und Kuchen gekommen war, beschränkte Ruth es auf wenige Male im Monat, dass er bei ihr war.
Sie hatte mittlerweile angefangen in einem privaten Sicherheitsunternehmen zu arbeiten. Aufgrund ihres Aussehens und ihrer Souveränität wurde sie gerne für hochklassige Veranstaltungen gebucht, deren Verastalter zu den stiernackigen Sicherheitsmännern freundliche, aber resolute Sicherheitsfrauen brauchten. Spätestens seit sie im Kampfsporttraining einen der Chefs auf die Matte befördert hatte, brauchte sie auch keine Sorge mehr haben, belächelt zu werden.
Ruth brachte Nigel zur Tür. Er verabschiedete sich mit einem Kuss.
„Danke, dass du mir deine Kinder vorgestellt hast. Sie sind toll.“
Ruth nickte lächelnd. Conrad grinste. Für einen Moment schien er noch mehr – etwas wichtiges sagen zu wollen, doch er gab ihr noch einen zweiten schnellen Kuss und ging pfeifend zu seinem Auto. Ruth atmete erleichtert aus. Zum Glück war das L-Wort nicht gefallen.
Seit anderthalb Jahren – nachdem sie sich zuvor schon fast ein Jahr kannten – ging sie mit Conrad aus. Sie hatte ihn lange von ihrem Haus und den Kindern ferngehalten, obwohl er wusste, dass es die Zwillinge gab. Conrad war im ersten Jahr sehr verständnisvoll gewesen. Erst seit ein paar Monaten hatte er ab und an mal gefragt, ob er Asher und Ayah kennenlernen durfte. Dabei hatte er sich nicht verdächtig verhalten – und wenn man ehrlich war (und nicht paranoid), dann war es nachvollziehbar, dass ihr Freund ihre Kinder kennenlernen wollte. Zumindest wenn es sich um was Ernstes handelte, und Ruth war sich mittlerweile ziemlich sicher, dass das der Fall war.
Ayah war zunächst sehr schüchtern gewesen und hatte sich kaum aus dem Kinderzimmer getraut. Erst der Geruch des Kuchens, den Conrad mitgebracht hatte und viel Zureden ihres Bruders hatten sie davon überzeugt, sich Conrad vorzustellen. Sie war schmerzhaft schüchtern. In der Schule brachte sie kaum ein Wort raus, weswegen Ruth und Ayah schon ein Gespräch mit dem Schulpsychologen hatten. Ruth fand es furchtbar, dass die Kleine zum Seelenklempner geschickt wurde, nur weil sie so scheu war. Mithilfe ihres Bruders und einiger weniger Freunde, gelang es ihr mittlerweile zunehmend aus ihrem Schneckenhaus zu kommen – auch ohne Therapie, die der bekloppte Schulpsychologe vorgeschlagen hatte.
Asher war ganz anders als seine Schwester: Immer vorne mit dabei, geradezu vorlaut und frech (zumindest bei Sims, die ihm keine Grenzen setzten). Er war ein Rabauke, wie er im Buche stand. Wegen ihm war Ruth wesentlich öfter in der Schule – sei es weil ein Junglehrer sich über sein flegelhaftes Verhalten beschwerte, eine Schultoilette auf mysteriöse Art übergelaufen war oder die Frösche aus den Biologieräumen in die Mädchenumkleide gelangt waren. Dabei stand Asher immer zu seinen Taten und hatte durchaus ein Bewusstsein dafür, was richtig und was falsch war.
Asher gelang es auch schnell Freunde zu finden. Er war eigentlich bei fast allen Kindern beliebt, aber sehr sorgsam in der Wahl seines inneren Zirkels, wie Ruth es nannte. Sein ältester und bester Freund war Nigel Martin, den er sich mit Ayah quasi teilte. Die drei waren unzertrennlich, nachdem Nigel eines Nachmittags überraschend vor der Tür stand. Asher war beim Ballett – er war einmal mit Ayah hingegangen, die Ruth zu einem Probekurs angemeldet hatte, in der Hoffnung, sie würde dort Freunde finden und etwas Selbstvertrauen bekommen. Ayah fand Ballett doof, Asher liebte es. Es wunderte Ruth, dass er die Strenge und Disziplin im Ballettunterricht klaglos hinnahm und nicht einmal Unfug versuchte.
Ayah kannte Nigel aus der Schule, aber sie brachte kein Wort heraus, als der damals vor der Tür stand. Doch Nigel – aus einem ähnlichen Holz geschnitzt wie Asher – lud sich einfach selbst ein und verbrachte den ganzen Nachmittag mit Ayah, die gelegentlich sogar ihre Stimme wiederfand und am Abend, als Asher dazustieß fand, dass Nigel kein schlechter Kerl war und man viel Spaß mit ihm haben konnte.
Seitdem war Nigel fast täglich bei ihnen. Ruth kochte aus Prinzip schon die doppelte Portion und es kam ihr gelegentlich so vor als habe sie Drillinge und nicht Zwillinge. Die Kinder konnten jeden mit nach Hause bringen, sie selbst war das vorsichtiger. Auch nachdem Conrad das erste Mal zu Kaffee und Kuchen gekommen war, beschränkte Ruth es auf wenige Male im Monat, dass er bei ihr war.
Sie hatte mittlerweile angefangen in einem privaten Sicherheitsunternehmen zu arbeiten. Aufgrund ihres Aussehens und ihrer Souveränität wurde sie gerne für hochklassige Veranstaltungen gebucht, deren Verastalter zu den stiernackigen Sicherheitsmännern freundliche, aber resolute Sicherheitsfrauen brauchten. Spätestens seit sie im Kampfsporttraining einen der Chefs auf die Matte befördert hatte, brauchte sie auch keine Sorge mehr haben, belächelt zu werden.
Ruth brachte Nigel zur Tür. Er verabschiedete sich mit einem Kuss.
„Danke, dass du mir deine Kinder vorgestellt hast. Sie sind toll.“
Ruth nickte lächelnd. Conrad grinste. Für einen Moment schien er noch mehr – etwas wichtiges sagen zu wollen, doch er gab ihr noch einen zweiten schnellen Kuss und ging pfeifend zu seinem Auto. Ruth atmete erleichtert aus. Zum Glück war das L-Wort nicht gefallen.
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Re: Felinger Legacy
ACHTUNG: Der erste Teil des Eintrags ist inspiriert von diesem Song. Klicken und dabei hören, wenn ihr mögt
Zwischenspiel Teil 3
Wann fing es an schief zu laufen, wunderte sich Ruth. Lag es am zunehmenden Alter? Immerhin war sie fast vierzig. Daran, dass sie beruflich erfolgreicher war? Sie war mittlerweile für die Kundenakquise zuständig. Die Zwillinge, die langsam in die Pubertät kamen? Oder vielleicht ihre beständige Weigerung, mit Conrad zusammen zu ziehen? Oder daran, dass sie nach all den Jahren nie das L-Wort sagte, weil es so falsch in ihren Ohren geklungen hätte.
„Noch einer!“, rief sie dem Barkeeper zu und tippte an ihr Glas. Eigentlich trank sie selten. Eigentlich ging sie nicht mehr in Clubs. Eigentlich … Ruth warf einen Blick auf ihr Smartphone. Keine neuen Nachrichten. In einem Anflug von Masochismus rief sie Conrads letzte Nachricht auf. „Es ist aus.“, las sie laut vor und seufzte tief.
„Fang bloß nicht an, mir auch noch die Ohren voll zuheulen.“, stöhnte der Barkeeper, der ihr nachschenkte.
„Ich dachte Barkeeper sind dafür da.“, erwiderte sie schnippisch.
Der Barkeeper zuckte mit den Schultern. „He, du da.“ Er rief einen rothaarigen Mann zu sich. „Hier, die Dame ist in der gleichen Situation wie du, sauft zusammen ein bisschen, heult ein bisschen, aber lasst mich meinen Job machen!“ Der letzte Satz klang fast weinerlich.
Ruth starrte ihn entgeistert an. Der Herbeigerufene guckte ebenfalls perplex, stellte sich dann aber rasch vor.
„Ich bin Luke.“
„Ruth.“
„Und was tust du hier so?“
„Ich könnte dich das gleiche fragen.“
Sie sahen sich kurz an und grinsten dann. Ruth wedelte mit ihrem Handy. „Schluss gemacht über den Messenger.“
„Mit dem Assistenten im Bett erwischt.“, erwiderte Luke. „Noch eine Runde?“
Ruth exte den Kurzen. Sie schlug das Schnapsglas fest auf, so dass der Barkeeper einen gequälten Blick zu ihnen warf. Luke hielt zwei Finger hoch.
Kurze Zeit später amüsierten sich die beiden köstlich. Ein Kurzer nach dem anderen hatte sie fast vergessen lassen, weswegen sie überhaupt gekommen waren. Erst als sie sich gegenseitig die Fehler ihrer Verflossenen vor Augen hielten, wurden sie fast nüchtern.
„Ich hab eine Idee!“ Luke grinste wie ein Junge. Er zog sein Smartphone aus der Tasche. „Payback Picture!“
Ruth brauchte einen Moment, bis sie verstand, was er meinte und grinste dann genauso breit. Sie sprang von ihrem Stuhl (nicht ganz so elegant wie gewollt, aber was wollte man unter Alkoholeinfluss schon erwarten?). Kichernd wie Teenager zogen sie sich in den hinteren Teil der Bar zurück. Sie probierten ein paar Posen aus, bis sie sich einigen konnten.
Die Arme umeinander gelegt, die Gesichter einander zugewandt, schielten sie zur Kameralinse. Luke drückte ein paar Mal ab, mit dem Ergebnis waren sie jedoch unzufrieden. Also probierten sie es noch einmal. Ruth drückte schließlich kurz entschlossen ihre Lippen auf Lukes, als er den Auslöser betätigte. Das wird ein perfektes Bild, dachte Ruth, doch dann dachte sei lange Zeit gar nichts mehr, denn sie und Luke waren viel zu sehr damit beschäftigt, aus dem Payback Picture eine Payback Nacht werden zu lassen …
Einige Wochen später hatte Ruth ganz andere Sorgen …
Ayah und Asher hatten sich erstaunlich schnell damit abgefunden, dass Conrad nun nicht mehr kommen würde. Ruth fragte sich, ob sie ihren Ex nur ihr zuliebe ertragen hatten. Ayah was das definitiv zuzutrauen, aber das Asher sich jahrelang freundlich und ohne einen Streich gegen Conrad durchzuführen verhalten hatte, erschien ihr unglaublich. Luke und sie waren sich einig, dass es ein One Night Stand war und bleiben sollte, zumal Luke nicht mehr lange in der Stadt bleiben würde. Dass Ruth schnell herausfand wo er untergekommen war, verdankte sie ihren guten Connections in der Sicherheitsbranche. Ein neuerlicher Kontakt war leider nötig geworden, nachdem sie am Morgen einen Arzttermin mit unerwarteten Nachrichten hatte.
Sie klopfte an die Zimmertür des winzigen Einraumapartments. Von drinnen klang Lukes Stimme, „Es ist offen.“ Ruth atmete tief ein, öffnete die Tür und sagte leise: „Hallo Luke.“
Er saß vor einem wackeligen Tisch auf einem Campingstuhl, vor sich einen großen Monitor. Mehr als überrascht fuhr Luke herum und starrte Ruth an.
„Ruth … Oh.“
Wenigstens hat er meinen Namen behalten, dachte Ruth.
Luke sprang auf. Mit dem linken Fuß schob er etwas Schmutzwäsche unter sein ungemachtes Bett. Da es neben dem Campingstuhl das einzige Möbel im Raum war, auf dem man sitzen konnte, bat er Ruth dort Platz zu nehmen.
„Das ist eine ...äh...ziemliche Überraschung.“, stotterte er.
„Oh, die Überraschung wird noch größer.“, murmelte Ruth.
Er sah sie verwirrt von der Seite an. Ruth biss sich kurz auf die Unterlippe bevor sie ihren Mut zusammennahm und ihrem One Night Stand erklärte, dass sie schwanger war.
„Du hast überhaupt keine Verpflichtungen, sollte ich das Kind behalten. Ich wollte es dir nur wenigstens sagen.“
Luke stand schweigend auf. Er tigerte durch den winzigen Raum, bevor er sich wieder neben Ruth auf das Bett fallen ließ. „Wenn du das Kind behälst, dann werde ich selbstverständlich Unterhalt zahlen.“, sagte er zu ihrer Überraschung. „Und … wenn das für dich ok ist! … auch Teil haben an seinem oder ihrem Leben.“
Ruth stiegen Tränen in die Augen. Ob das diese blöden Hormone waren, über die Lace damals so geteufelt hatte? Bei dem Gedanken an Lace verwandelten sich die Tränen in wahre Sturzbäche. Luke glotzte zunächst etwas hilflos, dann zauberte er von irgendwoher ein Taschentuch und legte den Arm um Ruth. „Alles wird gut.“, sagte er schlicht. In diesem Moment war Ruth klar, dass sie das Kind behalten würde.
Nach dem anfänglichen Schock gewöhnte sich Ruth schnell an den Gedanken ein Baby zu bekommen. Insgeheim war sie sehr dankbar, dass es nicht Conrads Kind war und diese Beziehung Geschichte war. Mit Luke schrieb sie gelegentlich Nachrichten und zum nächsten Vorsorgetermin wollte er mit zum Arzt kommen. Asher und Ayah hatten sehr unterschiedlich auf die Nachricht, ein Geschwisterchen zu bekommen, reagiert. Ayah freute sich und plante schon, wie sie Ruths Zimmer umgestalten konnte, damit eine Babyausstattung hinein passte. Sie schleppte Ratgeberliteratur an und schaute sich Unmengen von Youtube Videos zu Geburten, Babynahrung, Stricken, Häkeln, Nähen für Babys und sonstigem Unfug an. Zum ersten Mal war Ruth sehr froh, dass Ayah so schüchtern war – nicht dass der frischgebackene Teenager noch auf die Idee kam ihrer Mutter nachzueifern!
Asher hingegen fand es scheußlich. Er maulte tagelang rum und war richtig giftig zu Ruth. Schließlich nahm sie ihn zu einem ernsten Gespräch zur Seite. Mit der Sprache rückte er nicht wirklich raus, aber Ruth bekam eine Idee davon, was mit ihm los war: Er war eifersüchtig und vielleicht auch ein bisschen ängstlich, seine Mutter und Schwester mit dem zukünftigen Mitbewohner teilen zu müssen. Das rührte Ruth so sehr, dass sie vor Asher in Tränen ausbrach.
Wenn sie daran dachte, schämte sich Ruth ein wenig. Asher hatte sich vorbildlich verhalten und sie wurde nicht müde ihn dafür zu loben, wie er sie getröstet hatte und zu betonen, wie sehr sie ihn und Ayah liebe. Es schien als versöhne das ihren Sohn.
Ruth schüttelte den Kopf und wurde langsamer. Der Arzt hatte ihr empfohlen weiterhin Sport zu treiben, aber ganz vorsichtig und angemessen. Ohne regelmäßiges Training würde sie verrückt werden. Das Haus kam in Sicht. Sollten sie vielleicht umziehen? Es wäre sicher nicht das schlechteste ein oder zwei Räume mehr zu haben, wenn das Baby da war. Ruth ging zum Briefkasten und öffnete ihn. Er war leer. Doch da fiel ihr Blick auf den Boden. Ein schneeweißer Briefumschlag lag dort, auf dem lediglich ihr Name stand. Irritiert hob Ruth ihn auf und öffnete ihn.
Darin war ein ordentlich ausgeschnittener Zeitungsartikel. „Feuer zerstört Hof.“ titelte er. Ruth musste nur die ersten Zeilen lesen, um mit einem erstickten Schrei zusammen zu sinken. Der Artikel fiel ihr aus der Hand. Ruth kauerte sich zusammen und alle Ängste, an die sie seit Jahren nicht mehr richtig gedacht hatte, drangen mit einem Mal auf sie ein. Entschlossen drängte sie die Erinnerungen weg. Ruth atmete einige Mal tief ein und aus. Sie sah zu dem Stück Papier, das neben ihr auf dem Boden lag. Erst jetzt sah sie, dass unter dem gedruckten Text in manierlicher, sauberer Schrift etwas stand. Ruth erkannte die Handschrift sofort, obwohl sie sie nur ein paar Mal gelesen hatte. „Kommt nach Hause.“
„Noch einer!“, rief sie dem Barkeeper zu und tippte an ihr Glas. Eigentlich trank sie selten. Eigentlich ging sie nicht mehr in Clubs. Eigentlich … Ruth warf einen Blick auf ihr Smartphone. Keine neuen Nachrichten. In einem Anflug von Masochismus rief sie Conrads letzte Nachricht auf. „Es ist aus.“, las sie laut vor und seufzte tief.
„Fang bloß nicht an, mir auch noch die Ohren voll zuheulen.“, stöhnte der Barkeeper, der ihr nachschenkte.
„Ich dachte Barkeeper sind dafür da.“, erwiderte sie schnippisch.
Der Barkeeper zuckte mit den Schultern. „He, du da.“ Er rief einen rothaarigen Mann zu sich. „Hier, die Dame ist in der gleichen Situation wie du, sauft zusammen ein bisschen, heult ein bisschen, aber lasst mich meinen Job machen!“ Der letzte Satz klang fast weinerlich.
Ruth starrte ihn entgeistert an. Der Herbeigerufene guckte ebenfalls perplex, stellte sich dann aber rasch vor.
„Ich bin Luke.“
„Ruth.“
„Und was tust du hier so?“
„Ich könnte dich das gleiche fragen.“
Sie sahen sich kurz an und grinsten dann. Ruth wedelte mit ihrem Handy. „Schluss gemacht über den Messenger.“
„Mit dem Assistenten im Bett erwischt.“, erwiderte Luke. „Noch eine Runde?“
Ruth exte den Kurzen. Sie schlug das Schnapsglas fest auf, so dass der Barkeeper einen gequälten Blick zu ihnen warf. Luke hielt zwei Finger hoch.
Kurze Zeit später amüsierten sich die beiden köstlich. Ein Kurzer nach dem anderen hatte sie fast vergessen lassen, weswegen sie überhaupt gekommen waren. Erst als sie sich gegenseitig die Fehler ihrer Verflossenen vor Augen hielten, wurden sie fast nüchtern.
„Ich hab eine Idee!“ Luke grinste wie ein Junge. Er zog sein Smartphone aus der Tasche. „Payback Picture!“
Ruth brauchte einen Moment, bis sie verstand, was er meinte und grinste dann genauso breit. Sie sprang von ihrem Stuhl (nicht ganz so elegant wie gewollt, aber was wollte man unter Alkoholeinfluss schon erwarten?). Kichernd wie Teenager zogen sie sich in den hinteren Teil der Bar zurück. Sie probierten ein paar Posen aus, bis sie sich einigen konnten.
Die Arme umeinander gelegt, die Gesichter einander zugewandt, schielten sie zur Kameralinse. Luke drückte ein paar Mal ab, mit dem Ergebnis waren sie jedoch unzufrieden. Also probierten sie es noch einmal. Ruth drückte schließlich kurz entschlossen ihre Lippen auf Lukes, als er den Auslöser betätigte. Das wird ein perfektes Bild, dachte Ruth, doch dann dachte sei lange Zeit gar nichts mehr, denn sie und Luke waren viel zu sehr damit beschäftigt, aus dem Payback Picture eine Payback Nacht werden zu lassen …
Einige Wochen später hatte Ruth ganz andere Sorgen …
Ayah und Asher hatten sich erstaunlich schnell damit abgefunden, dass Conrad nun nicht mehr kommen würde. Ruth fragte sich, ob sie ihren Ex nur ihr zuliebe ertragen hatten. Ayah was das definitiv zuzutrauen, aber das Asher sich jahrelang freundlich und ohne einen Streich gegen Conrad durchzuführen verhalten hatte, erschien ihr unglaublich. Luke und sie waren sich einig, dass es ein One Night Stand war und bleiben sollte, zumal Luke nicht mehr lange in der Stadt bleiben würde. Dass Ruth schnell herausfand wo er untergekommen war, verdankte sie ihren guten Connections in der Sicherheitsbranche. Ein neuerlicher Kontakt war leider nötig geworden, nachdem sie am Morgen einen Arzttermin mit unerwarteten Nachrichten hatte.
Sie klopfte an die Zimmertür des winzigen Einraumapartments. Von drinnen klang Lukes Stimme, „Es ist offen.“ Ruth atmete tief ein, öffnete die Tür und sagte leise: „Hallo Luke.“
Er saß vor einem wackeligen Tisch auf einem Campingstuhl, vor sich einen großen Monitor. Mehr als überrascht fuhr Luke herum und starrte Ruth an.
„Ruth … Oh.“
Wenigstens hat er meinen Namen behalten, dachte Ruth.
Luke sprang auf. Mit dem linken Fuß schob er etwas Schmutzwäsche unter sein ungemachtes Bett. Da es neben dem Campingstuhl das einzige Möbel im Raum war, auf dem man sitzen konnte, bat er Ruth dort Platz zu nehmen.
„Das ist eine ...äh...ziemliche Überraschung.“, stotterte er.
„Oh, die Überraschung wird noch größer.“, murmelte Ruth.
Er sah sie verwirrt von der Seite an. Ruth biss sich kurz auf die Unterlippe bevor sie ihren Mut zusammennahm und ihrem One Night Stand erklärte, dass sie schwanger war.
„Du hast überhaupt keine Verpflichtungen, sollte ich das Kind behalten. Ich wollte es dir nur wenigstens sagen.“
Luke stand schweigend auf. Er tigerte durch den winzigen Raum, bevor er sich wieder neben Ruth auf das Bett fallen ließ. „Wenn du das Kind behälst, dann werde ich selbstverständlich Unterhalt zahlen.“, sagte er zu ihrer Überraschung. „Und … wenn das für dich ok ist! … auch Teil haben an seinem oder ihrem Leben.“
Ruth stiegen Tränen in die Augen. Ob das diese blöden Hormone waren, über die Lace damals so geteufelt hatte? Bei dem Gedanken an Lace verwandelten sich die Tränen in wahre Sturzbäche. Luke glotzte zunächst etwas hilflos, dann zauberte er von irgendwoher ein Taschentuch und legte den Arm um Ruth. „Alles wird gut.“, sagte er schlicht. In diesem Moment war Ruth klar, dass sie das Kind behalten würde.
Nach dem anfänglichen Schock gewöhnte sich Ruth schnell an den Gedanken ein Baby zu bekommen. Insgeheim war sie sehr dankbar, dass es nicht Conrads Kind war und diese Beziehung Geschichte war. Mit Luke schrieb sie gelegentlich Nachrichten und zum nächsten Vorsorgetermin wollte er mit zum Arzt kommen. Asher und Ayah hatten sehr unterschiedlich auf die Nachricht, ein Geschwisterchen zu bekommen, reagiert. Ayah freute sich und plante schon, wie sie Ruths Zimmer umgestalten konnte, damit eine Babyausstattung hinein passte. Sie schleppte Ratgeberliteratur an und schaute sich Unmengen von Youtube Videos zu Geburten, Babynahrung, Stricken, Häkeln, Nähen für Babys und sonstigem Unfug an. Zum ersten Mal war Ruth sehr froh, dass Ayah so schüchtern war – nicht dass der frischgebackene Teenager noch auf die Idee kam ihrer Mutter nachzueifern!
Asher hingegen fand es scheußlich. Er maulte tagelang rum und war richtig giftig zu Ruth. Schließlich nahm sie ihn zu einem ernsten Gespräch zur Seite. Mit der Sprache rückte er nicht wirklich raus, aber Ruth bekam eine Idee davon, was mit ihm los war: Er war eifersüchtig und vielleicht auch ein bisschen ängstlich, seine Mutter und Schwester mit dem zukünftigen Mitbewohner teilen zu müssen. Das rührte Ruth so sehr, dass sie vor Asher in Tränen ausbrach.
Wenn sie daran dachte, schämte sich Ruth ein wenig. Asher hatte sich vorbildlich verhalten und sie wurde nicht müde ihn dafür zu loben, wie er sie getröstet hatte und zu betonen, wie sehr sie ihn und Ayah liebe. Es schien als versöhne das ihren Sohn.
Ruth schüttelte den Kopf und wurde langsamer. Der Arzt hatte ihr empfohlen weiterhin Sport zu treiben, aber ganz vorsichtig und angemessen. Ohne regelmäßiges Training würde sie verrückt werden. Das Haus kam in Sicht. Sollten sie vielleicht umziehen? Es wäre sicher nicht das schlechteste ein oder zwei Räume mehr zu haben, wenn das Baby da war. Ruth ging zum Briefkasten und öffnete ihn. Er war leer. Doch da fiel ihr Blick auf den Boden. Ein schneeweißer Briefumschlag lag dort, auf dem lediglich ihr Name stand. Irritiert hob Ruth ihn auf und öffnete ihn.
Darin war ein ordentlich ausgeschnittener Zeitungsartikel. „Feuer zerstört Hof.“ titelte er. Ruth musste nur die ersten Zeilen lesen, um mit einem erstickten Schrei zusammen zu sinken. Der Artikel fiel ihr aus der Hand. Ruth kauerte sich zusammen und alle Ängste, an die sie seit Jahren nicht mehr richtig gedacht hatte, drangen mit einem Mal auf sie ein. Entschlossen drängte sie die Erinnerungen weg. Ruth atmete einige Mal tief ein und aus. Sie sah zu dem Stück Papier, das neben ihr auf dem Boden lag. Erst jetzt sah sie, dass unter dem gedruckten Text in manierlicher, sauberer Schrift etwas stand. Ruth erkannte die Handschrift sofort, obwohl sie sie nur ein paar Mal gelesen hatte. „Kommt nach Hause.“
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
Generation V
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Re: Felinger Legacy
Prolog
Während Ruth den Van – einen anderen als vor über dreizehn Jahren – durch die dunkle Nacht lenkte, ließ sich den überhasteten Aufbruch mit den Zwillingen durch den Kopf gehen. Nachdem sie den Zeitungsausschnitt mit der handgeschriebenen Nachricht gefunden hatte, schien für einen winzigen Moment die Zeit still zu stehen – nur im kurz darauf im Modus fast forward abzulaufen.
Die Zwillinge waren heimgekommen, Ruth stellte ihnen das Abendessen auf den Tisch und überfiel sie dann mit der Nachricht, dass sie alle noch am selben Abend Starlight Shores verlassen würden. Mit Thanksgiving stand ein langes Wochenende vor der Tür, so dass weder Ruth noch die Zwillinge zur Arbeit bzw. Schule mussten.
Die Pläne der Kinder waren natürlich andere: Asher wollte mit Nigel zum Bowlen, Ayah hatte damit begonnen das Kinderbett zusammen zu bauen und wollte daran weiterarbeiten. Noch bevor ihr Gemaule allzu große Dimensionen annahm, sprach Ruth ein Machtwort. „Wir fahren in einer halben Stunde los. Ich habe schon Sachen für euch gepackt, guckt noch mal in eurem Zimmer nach, ob ich etwas wichtiges vergessen habe.“
Verdutzt sahen sich die Zwillinge an. Der Tonfall ihrer Mutter und dieser seltsame, mehr als spontane Trip kamen ihnen merkwürdig vor. Ruth beteiligte die Kinder normalerweise an Entscheidungen über Ausflüge und spontan war sie bei so etwas nie – eher paranoid vorausschauend und planen. „Besser Vorsicht als Nachsicht!“ war ihr Leitspruch.
Auf dem Weg in ihr Zimmer tauschten die Kinder wieder einen Blick. „Könnte es an der Schwangerschaft liegen?“, fragte Asher seine Schwester, die sich zu einer Koryphäe gemausert hatte (zumindest in Ashers Sicht).
Ayah legte den Kopf schief, während sie in ihren Nachttisch öffnete und ziellos darin herumkramte. „Vielleicht. Ich denke aber, dass mehr dahinter steckt. Sie hat uns nicht verraten, wo wir hin fahren.“
„Pff.“, machte Asher und schüttete seine Schultasche auf dem Bett aus. Hefte, Bücher, lose Stifte, ein Ladekabel, eine Packung Kaugummis, jede Menge Müll und Tübchen Haargel fielen wild durcheinander. Das Kabel und das Haargel landeten direkt wieder in der Tasche – neben After Shave (was er eigentlich noch nicht brauchte, aber es roch so gut!), einem Kalender und seinem Notenheft. „Ob ich das Keyboard mitnehmen kann?“
Ayah warf ihm einen schrägen Blick zu. An so was konnte auch nur Asher denken! Irgendetwas lag hier ganz gewaltig im Argen und er dachte an sein Keyboard!
Sie nahm ihre Werkzeugtasche, einen Verbandskasten, das Ladekabel und Taschentücher, die sie in ihren Rucksack steckte. Rucksäcke waren so viel schonender für den Rücken – Asher sah das einfach nicht ein. Natürlich waren Rucksäcke auch wesentlich uncooler – zumindest an ihrer Schule.
„Man, ich hab mich wirklich auf den Abend mit Nigel gefreut.“ Asher klang jetzt ein bisschen quengelig. Gleich würde irgendetwas an der Wand landen. Er war einfach ein Hitzkopf.
Ruth rief ihnen von unten zu, sie sollen sich beeilen. Ein unartikuliertes, zorniges Geräusch löste sich von Ashers Lippen. Ayah ging zu ihm und tätschelte seine Schulter. „Dann geht ihr an einem anderen Tag. Vorfreude ist...“
Asher unterbrach sie mit einem Schnauben, nahm aber seine Tasche und folgte seiner Schwester.
Sie übernachteten in einem Motel mit freiem W-Lan, was die Teenager zumindest etwas versöhnte.
Ruth haderte lange, wann und wie sie mit ihnen über ihre Herkunft sprechen sollte. Hier im Motel wollte sie es nicht riskieren – wenn Asher durchdrehte und davon lief, waren sie hier im Nirgendwo wer weiß was ausgesetzt.
Anderseits würde ihn vielleicht sein Keyboard, dass im Kofferraum verbarrikadiert war, davon abhalten. Schmunzelnd drehte sie sich zur Seite und legte ihre Hände auf den Unterleib. Wenigstens mit diesem Kind würde sie keine Ich-bin-nicht-deine-Mutter-Gespräche führen müssen...
„So, wo fahren wir eigentlich hin?“, fragte Asher am nächsten Morgen, kaum dass sie auf den Highway abgebogen waren.
Jetzt ist es soweit, dachte Ruth. Sie schaltetet den Tempomat ein und stählte sich innerlich.
„Wir fahren nach Riverview. Da kommt unsere Familie her und ihr seid dort geboren worden.“
Die Aufmerksamkeit der Zwillinge war ihr gewiss. Sie hatte ihnen kaum etwas über ihre Herkunft erzählt, alle Nachfragen abgetan und Gesprächen ausgewichen. Die Kinder wussten nichts von der Felinger-Familie (nach den gefälschten Geburtsurkunden war ihr Nachname Ruths Nachname Dingstill) geheimen Aufzeichnungen, von Beobachtern – oder wer wirklich ihre Eltern waren.
Ruth begann mit Kira und Darell – ohne die Wiedergeburtsgeschichte, die Beobachter und das ganze drumherum. Sie schnitt kurz das Leben ihrer eigenen Mutter an - „Wie bitte? Deine Mutter ist Kat Felinger? Die Charakterdarstellering?!“, wanderte dann aber schnell zu David, Gabriel – und schließlich Lace.
„Lace war nach Gabriel die nächste Erbin des Hauses. Ein paar Jahre jünger als ich.“ Ruth hielt kurz inne. „Das immer ein Erbe ausgewählt wurde, wenn es mehr als ein Kind gab, hat einen besonderen Grund. Es gibt … Feinde der Familie. Der Erbe nimmt als einziger die Last auf sich, sich mit diesen Feinden auseinanderzusetzen.“
Im Rückspiegel sah Ruth wie die Zwillinge Blicke tauschten. Asher zuckte mit den Achseln. Auf seinem Gesicht zeichnete sich Langeweile und Desinteresse ab – dafür hatte er Nigel absagen müssen? Ayahs Gesicht war eine undurchsichtige Maske. Ruth fühlte sich sofort an ihren Cousin Gabriel erinnert. Bisher hatte Ayah so etwas nie gezeigt.
„Lace ist vor etwas mehr als dreizehn Jahren gestorben.“, fuhr Ruth vor.
„Das heißt es gibt keinen Erben.“, schloss Asher plötzlich. Offensichtlich hörte er besser zu als sein Gesichtsausdruck es vermuten ließ. „Heißt das du musst einspringen? Und deswegen fahren wir in einer Nacht-und-Nebel-Aktion durchs Land?“
„Lace hatte Kinder.“, erwiderte Ruth so ruhig es ihr möglich war. „Nach ihrem Tod erschien es uns angeraten die Kinder vor den Feinden zu verstecken.“
Ayah machte ein leises „Oh.“, so als würde sie schon verstehen, worauf Ruth hinauswollte.
„Ihr seid nicht meine … nicht meine leiblichen Kinder.“, brachte Ruth schließlich heraus. „Lace ist eure Mutter.“
„Was?!“, brüllte Asher los. Seine Schwester nahm nur die Hand vor den Mund. Ruth fuhr den Wagen auf den Haltestreifen und drehte sich zu den Kindern um. „Ich liebe euch beide, als wäret ihr meine leiblichen Kinder. Ich bin die erste, die euch auf dieser Welt in Empfang genommen habe und ich habe geschworen, euch zu beschützen und mich um euch zu kümmern. Aber es ist an der Zeit, dass ihr die Wahrheit erfahrt.“
„Damit du uns abschieben kannst! Jetzt wo du dein echtes Kind kriegst!“, wütete Asher und wollte die Tür aufreißen. Doch Ruth hatte die Kindersicherung am frühen Morgen wieder eingelegt. Sie drehte sich nach vorne und fuhr auf den Highway zurück. Innerlich brach ihr Herz wieder und wieder. Sie war froh, dass der Beifahrersitz frei geblieben war, so dass niemand ihre Tränen sah.
Asher schmollte und tobte einige Minuten vor sich hin und beschimpfte die Welt im Allgemeinen und sein Leben im Speziellen. Als der Fenster herunterkurbelte und drohte den Wagen auf diesem Weg zu verlassen, schrie Ruth ihn an, woraufhin er sie zurück anschrie und bald das ein oder andere Wort fiel, dass beide später bereuen würden.
„Schluss jetzt!“, fuhr schließlich Ayahs Stimme dazwischen. Weder Ruth noch Asher konnten sich daran erinnern, dass Ayah jemals laut geworden wäre.
„Ihr benehmt euch unmöglich. Mom, konzentrier' dich aufs Fahren. Asher, hör Musik und reagier' dich ab.“
Ihr Bruder holte Luft um pampig etwas zu erwidern, doch sie reichte ihm still seine Kopfhörer. Dann setzte sie ihre eigenen Kopfhörer ab, drehte ihr Gesicht zum Fenster und schloss die Augen.
Die drei Insassen des Wagens wechselten stundenlang kein Wort. Auch nicht als sie an einem Drive-In etwas aßen. Oder als sie tankten und Toilettenpausen machten.
„Ruth, es tut mir leid. Ich hätte diese Wörter nicht sagen sollen.“
Überraschenderweise war es Asher, der das Schweigen brach. Dass er ihren Vornamen statt „Mom“ benutzte, war für Ruth zwar ein Stich ins Herz, aber sie froh, dass er überhaupt mit ihr sprach.
„Ich muss mich auch entschuldigen, Asher.“ Sie lächelte ihn durch den Rückspiegel an. Dann sah sie zu Ayah, die erleichtert wirkte. „Es tut mir vor allem leid, dass ich euch so mit der Wahrheit überfallen habe. Ich wollte es euch noch lange nicht erzählen, und einen besseren Zeitpunkt abwarten und...“ Ruth brach ab, weil sie merkte, wie ihr die Stimme wegbrach. Ayah legte ihr von hinten die Hand auf die Schulter. Ruth drückte sie dankbar. „Es musste jetzt sein. Als ich mit euch Riverview verlassen habe, hat euer Großvater Gabriel die Erbenstelle übernommen. Er ist vor kurzem gestorben.“
„Und jetzt müssen wir ran?“
Ruth nickte auf Ashers Nachfrage. Sie konnte die Zwillinge jetzt nicht mehr in Watte packen.
„Was ist mit unserem Vater?“, fragte Ayah plötzlich.
Ruth knirschte mit den Zähnen. Diese Frage war schwierig zu beantworten. „Er ist tot, zusammen mit La- … mit eurer Mutter umgebracht worden.“
„Kommen daher deine Albträume?“
Wieder nickte Ruth und fuhr dann fort. „Ich muss ein bisschen ausholen und euch über einige Dinge informieren, die in unserer Welt vorgehen, von denen die meisten Sims nichts ahnen. Vieles wird euch unglaublich vorkommen.“
„Pff, nach fast vierzehn Jahren zu erfahren, dass du nicht unsere Mutter bist und es irgendwelche ominösen Feinde gibt, die unsere Eltern gekillt haben, ist nicht unglaublich?“, erwiderte Asher.
„Oh Asher, du hast keine Ahnung...“ Damit begann Ruth die Geschichte der Felinger-Familie noch einmal zu erzählen.
Die Zwillinge waren heimgekommen, Ruth stellte ihnen das Abendessen auf den Tisch und überfiel sie dann mit der Nachricht, dass sie alle noch am selben Abend Starlight Shores verlassen würden. Mit Thanksgiving stand ein langes Wochenende vor der Tür, so dass weder Ruth noch die Zwillinge zur Arbeit bzw. Schule mussten.
Die Pläne der Kinder waren natürlich andere: Asher wollte mit Nigel zum Bowlen, Ayah hatte damit begonnen das Kinderbett zusammen zu bauen und wollte daran weiterarbeiten. Noch bevor ihr Gemaule allzu große Dimensionen annahm, sprach Ruth ein Machtwort. „Wir fahren in einer halben Stunde los. Ich habe schon Sachen für euch gepackt, guckt noch mal in eurem Zimmer nach, ob ich etwas wichtiges vergessen habe.“
Verdutzt sahen sich die Zwillinge an. Der Tonfall ihrer Mutter und dieser seltsame, mehr als spontane Trip kamen ihnen merkwürdig vor. Ruth beteiligte die Kinder normalerweise an Entscheidungen über Ausflüge und spontan war sie bei so etwas nie – eher paranoid vorausschauend und planen. „Besser Vorsicht als Nachsicht!“ war ihr Leitspruch.
Auf dem Weg in ihr Zimmer tauschten die Kinder wieder einen Blick. „Könnte es an der Schwangerschaft liegen?“, fragte Asher seine Schwester, die sich zu einer Koryphäe gemausert hatte (zumindest in Ashers Sicht).
Ayah legte den Kopf schief, während sie in ihren Nachttisch öffnete und ziellos darin herumkramte. „Vielleicht. Ich denke aber, dass mehr dahinter steckt. Sie hat uns nicht verraten, wo wir hin fahren.“
„Pff.“, machte Asher und schüttete seine Schultasche auf dem Bett aus. Hefte, Bücher, lose Stifte, ein Ladekabel, eine Packung Kaugummis, jede Menge Müll und Tübchen Haargel fielen wild durcheinander. Das Kabel und das Haargel landeten direkt wieder in der Tasche – neben After Shave (was er eigentlich noch nicht brauchte, aber es roch so gut!), einem Kalender und seinem Notenheft. „Ob ich das Keyboard mitnehmen kann?“
Ayah warf ihm einen schrägen Blick zu. An so was konnte auch nur Asher denken! Irgendetwas lag hier ganz gewaltig im Argen und er dachte an sein Keyboard!
Sie nahm ihre Werkzeugtasche, einen Verbandskasten, das Ladekabel und Taschentücher, die sie in ihren Rucksack steckte. Rucksäcke waren so viel schonender für den Rücken – Asher sah das einfach nicht ein. Natürlich waren Rucksäcke auch wesentlich uncooler – zumindest an ihrer Schule.
„Man, ich hab mich wirklich auf den Abend mit Nigel gefreut.“ Asher klang jetzt ein bisschen quengelig. Gleich würde irgendetwas an der Wand landen. Er war einfach ein Hitzkopf.
Ruth rief ihnen von unten zu, sie sollen sich beeilen. Ein unartikuliertes, zorniges Geräusch löste sich von Ashers Lippen. Ayah ging zu ihm und tätschelte seine Schulter. „Dann geht ihr an einem anderen Tag. Vorfreude ist...“
Asher unterbrach sie mit einem Schnauben, nahm aber seine Tasche und folgte seiner Schwester.
Sie übernachteten in einem Motel mit freiem W-Lan, was die Teenager zumindest etwas versöhnte.
Ruth haderte lange, wann und wie sie mit ihnen über ihre Herkunft sprechen sollte. Hier im Motel wollte sie es nicht riskieren – wenn Asher durchdrehte und davon lief, waren sie hier im Nirgendwo wer weiß was ausgesetzt.
Anderseits würde ihn vielleicht sein Keyboard, dass im Kofferraum verbarrikadiert war, davon abhalten. Schmunzelnd drehte sie sich zur Seite und legte ihre Hände auf den Unterleib. Wenigstens mit diesem Kind würde sie keine Ich-bin-nicht-deine-Mutter-Gespräche führen müssen...
„So, wo fahren wir eigentlich hin?“, fragte Asher am nächsten Morgen, kaum dass sie auf den Highway abgebogen waren.
Jetzt ist es soweit, dachte Ruth. Sie schaltetet den Tempomat ein und stählte sich innerlich.
„Wir fahren nach Riverview. Da kommt unsere Familie her und ihr seid dort geboren worden.“
Die Aufmerksamkeit der Zwillinge war ihr gewiss. Sie hatte ihnen kaum etwas über ihre Herkunft erzählt, alle Nachfragen abgetan und Gesprächen ausgewichen. Die Kinder wussten nichts von der Felinger-Familie (nach den gefälschten Geburtsurkunden war ihr Nachname Ruths Nachname Dingstill) geheimen Aufzeichnungen, von Beobachtern – oder wer wirklich ihre Eltern waren.
Ruth begann mit Kira und Darell – ohne die Wiedergeburtsgeschichte, die Beobachter und das ganze drumherum. Sie schnitt kurz das Leben ihrer eigenen Mutter an - „Wie bitte? Deine Mutter ist Kat Felinger? Die Charakterdarstellering?!“, wanderte dann aber schnell zu David, Gabriel – und schließlich Lace.
„Lace war nach Gabriel die nächste Erbin des Hauses. Ein paar Jahre jünger als ich.“ Ruth hielt kurz inne. „Das immer ein Erbe ausgewählt wurde, wenn es mehr als ein Kind gab, hat einen besonderen Grund. Es gibt … Feinde der Familie. Der Erbe nimmt als einziger die Last auf sich, sich mit diesen Feinden auseinanderzusetzen.“
Im Rückspiegel sah Ruth wie die Zwillinge Blicke tauschten. Asher zuckte mit den Achseln. Auf seinem Gesicht zeichnete sich Langeweile und Desinteresse ab – dafür hatte er Nigel absagen müssen? Ayahs Gesicht war eine undurchsichtige Maske. Ruth fühlte sich sofort an ihren Cousin Gabriel erinnert. Bisher hatte Ayah so etwas nie gezeigt.
„Lace ist vor etwas mehr als dreizehn Jahren gestorben.“, fuhr Ruth vor.
„Das heißt es gibt keinen Erben.“, schloss Asher plötzlich. Offensichtlich hörte er besser zu als sein Gesichtsausdruck es vermuten ließ. „Heißt das du musst einspringen? Und deswegen fahren wir in einer Nacht-und-Nebel-Aktion durchs Land?“
„Lace hatte Kinder.“, erwiderte Ruth so ruhig es ihr möglich war. „Nach ihrem Tod erschien es uns angeraten die Kinder vor den Feinden zu verstecken.“
Ayah machte ein leises „Oh.“, so als würde sie schon verstehen, worauf Ruth hinauswollte.
„Ihr seid nicht meine … nicht meine leiblichen Kinder.“, brachte Ruth schließlich heraus. „Lace ist eure Mutter.“
„Was?!“, brüllte Asher los. Seine Schwester nahm nur die Hand vor den Mund. Ruth fuhr den Wagen auf den Haltestreifen und drehte sich zu den Kindern um. „Ich liebe euch beide, als wäret ihr meine leiblichen Kinder. Ich bin die erste, die euch auf dieser Welt in Empfang genommen habe und ich habe geschworen, euch zu beschützen und mich um euch zu kümmern. Aber es ist an der Zeit, dass ihr die Wahrheit erfahrt.“
„Damit du uns abschieben kannst! Jetzt wo du dein echtes Kind kriegst!“, wütete Asher und wollte die Tür aufreißen. Doch Ruth hatte die Kindersicherung am frühen Morgen wieder eingelegt. Sie drehte sich nach vorne und fuhr auf den Highway zurück. Innerlich brach ihr Herz wieder und wieder. Sie war froh, dass der Beifahrersitz frei geblieben war, so dass niemand ihre Tränen sah.
Asher schmollte und tobte einige Minuten vor sich hin und beschimpfte die Welt im Allgemeinen und sein Leben im Speziellen. Als der Fenster herunterkurbelte und drohte den Wagen auf diesem Weg zu verlassen, schrie Ruth ihn an, woraufhin er sie zurück anschrie und bald das ein oder andere Wort fiel, dass beide später bereuen würden.
„Schluss jetzt!“, fuhr schließlich Ayahs Stimme dazwischen. Weder Ruth noch Asher konnten sich daran erinnern, dass Ayah jemals laut geworden wäre.
„Ihr benehmt euch unmöglich. Mom, konzentrier' dich aufs Fahren. Asher, hör Musik und reagier' dich ab.“
Ihr Bruder holte Luft um pampig etwas zu erwidern, doch sie reichte ihm still seine Kopfhörer. Dann setzte sie ihre eigenen Kopfhörer ab, drehte ihr Gesicht zum Fenster und schloss die Augen.
Die drei Insassen des Wagens wechselten stundenlang kein Wort. Auch nicht als sie an einem Drive-In etwas aßen. Oder als sie tankten und Toilettenpausen machten.
„Ruth, es tut mir leid. Ich hätte diese Wörter nicht sagen sollen.“
Überraschenderweise war es Asher, der das Schweigen brach. Dass er ihren Vornamen statt „Mom“ benutzte, war für Ruth zwar ein Stich ins Herz, aber sie froh, dass er überhaupt mit ihr sprach.
„Ich muss mich auch entschuldigen, Asher.“ Sie lächelte ihn durch den Rückspiegel an. Dann sah sie zu Ayah, die erleichtert wirkte. „Es tut mir vor allem leid, dass ich euch so mit der Wahrheit überfallen habe. Ich wollte es euch noch lange nicht erzählen, und einen besseren Zeitpunkt abwarten und...“ Ruth brach ab, weil sie merkte, wie ihr die Stimme wegbrach. Ayah legte ihr von hinten die Hand auf die Schulter. Ruth drückte sie dankbar. „Es musste jetzt sein. Als ich mit euch Riverview verlassen habe, hat euer Großvater Gabriel die Erbenstelle übernommen. Er ist vor kurzem gestorben.“
„Und jetzt müssen wir ran?“
Ruth nickte auf Ashers Nachfrage. Sie konnte die Zwillinge jetzt nicht mehr in Watte packen.
„Was ist mit unserem Vater?“, fragte Ayah plötzlich.
Ruth knirschte mit den Zähnen. Diese Frage war schwierig zu beantworten. „Er ist tot, zusammen mit La- … mit eurer Mutter umgebracht worden.“
„Kommen daher deine Albträume?“
Wieder nickte Ruth und fuhr dann fort. „Ich muss ein bisschen ausholen und euch über einige Dinge informieren, die in unserer Welt vorgehen, von denen die meisten Sims nichts ahnen. Vieles wird euch unglaublich vorkommen.“
„Pff, nach fast vierzehn Jahren zu erfahren, dass du nicht unsere Mutter bist und es irgendwelche ominösen Feinde gibt, die unsere Eltern gekillt haben, ist nicht unglaublich?“, erwiderte Asher.
„Oh Asher, du hast keine Ahnung...“ Damit begann Ruth die Geschichte der Felinger-Familie noch einmal zu erzählen.
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
Home coming
Als sie zwei Tage später in Riverview ankamen, hatten die Kinder und Ruth viele Stunden über die Felingers und die Beobachter gesprochen. Ayah war wesentlich neugieriger, Asher wollte lieber zurück, aber die vielen Geheimnisse und das Übernatürliche faszinierten ihn trotzdem. Die Umstände ihrer Geburt rührten Ayah und Ruth gemeinsam zu Tränen. Asher schien etwas beleidigt zu sein, weil er nicht das Kind von Lace und ihrem Freund Jonas war, sondern nur so eine Art Nebenprodukt. Doch Ruth erklärte ihm, dass Kennard sehr viel für Lace empfunden hatte und er durch Kennards magisches Eingreifen auch ein Kind der Liebe war. Das rief bei Asher zwar nur Schnauben hervor, aber es reduzierte seine schlechte Laune.
„Das ist Privatbesitz! Verschwindet!“
Eine raue und aggressive Stimme riss Ruth und die Zwillinge aus der Betrachtung der Ruine, die einst das Felinger-Haus gewesen war.
Ayah zuckte förmlich zusammen und versuchte sich so klein wie möglich zu machen. Asher, dessen konstant schlechte Laune ihn zu einem grummelnden Haufen Hormone gemacht hatten, war zu überrascht, um zu reagieren. Einzig Ruth schien gefasst. Mit der Souveränität, die sie als private Sicherheitskraft so gefragt gemacht hatte, drehte sie sich langsam um.
Eine Frau in ihrem Alter stand dort. Die blonden Haaren zeigten erste graue Strähnen, sie waren kurz geschnitten. Tiefe Linien der Bitterkeit hatten sich auf dem Gesicht, besonders an der nasolabialen Falte eingegraben. Sie sah alles andere als freundlich aus. Nicht einmal die dunkelgrünen Augen, die Ruth so gut kannte, strahlten das kleinste bisschen Freundlichkeit aus.
„Hallo Sadie.“, begrüßte Ruth die Frau schließlich.
Die Miene der mit Sadie angesprochenen veränderte sich nicht. „Verschwindet.“, wiederholte sie barsch.
„Sadie, ich bin's: Ruth.“ Sie nahm Ayah an die Hand und warf Asher einen warnenden Blick zu. „Das sind Asher und Ayah. Sie si-...“
Doch Sadie unterbrach sie grob. „Interessiert mich nicht. Dein Teil der Familie hat hier nicht zu suchen. Das Grundstück gehört mir und ich will, dass ihr verschwindet!“
Ruth ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, aber sie merkte wie eine Mischung aus Zorn und Sorge in ihr hochstiegen. Wie musste es erst den Kindern gehen?
„Das Grundstück gehört dir genauso wenig.“, mischte sich auf einmal eine neue Stimme ein. Eine alte, winzige Frau kam aus dem Zelt, dass neben der Scheune aufgebaut war. Trotz des spindeldürren Körpers strahlte sie eine ruhige Autorität aus. Mit sicherem Schritt kam sie auf Ruth und die Kinder zu, wo sie Ruths Schulter kurz drückte und einen kurzen, aber interessierten Blick über die Zwillinge gleiten ließ, bevor sie Sadie mit strenger Miene ansah. „Dein Vater und Großvater würden sich im Grab umdrehen, wenn sie wüssten, wie du deine Nichte und deinen Neffen begrüßt.“ Die merkwürdig gelben Augen der Alten funkelten. „Denen das Grundstück rechtmäßig zusteht.“
Sadie verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe keine Nichte und keinen Neffen neben Eves Kindern.“
„Und genau da liegst du falsch, wie ich dir und deinem Anwalt seit Wochen mitzuteilen versuche.“ Die ältere Frau ahmte Sadies Geste nach, wirkte dabei aber selbstsicher und nicht schmollend, wie Sadie. Dann wies sie mit einem Nicken auf die beiden Teenager. „Die … Zwillinge sind Laces Kinder.“
Sadies Miene verhärtete sich noch mehr. Sie schob das Kinn vor und man konnte förmlich das Mahlen ihrer Kiefer hören. „Das werden wir ja sehen! Ich glaube dir nicht. Du hörst von meinem Anwalt.“ Ohne Ruth oder die Zwillinge eines weiteren Blickes zu würdigen, rauschte sie davon.
„Wie immer...“, murmelte die andere und seufzte. Dann wandte sie sich zu den anderen. „Es ist gut, dass du meine Nachricht bekommen hast, Ruth. Meine Güte, du siehst Kira immer ähnlicher!“ Sie lächelte die Kinder so freundlich an, dass es die Härte, die sie eben noch gezeigt hatte, vergessen ließ und stellte sich vor: „Willkommen in Riverview. Ich bin Akki, eure Urgroßmutter.“
Akki führte eine eine schweigsame Ruth und die verunsicherten Teenager zu einem kleinen Lagerplatz neben der Scheune.
„Setzt euch. Ich fürchte es nicht die Heimkehr, die ihr euch gewünscht habt, aber ich freue mich, dass ihr da seid.“
„Unsere Heimat ist Starlight Shores.“ Asher hatte seine Stimme wiedergefunden und klang mehr als unzufrieden. „Die Tussi eben hat ja wohl klar gemacht, dass wir hier nicht erwünscht sind Mo- … äh Ruth. Können wir nicht wieder nach Hause?“
Ruth warf ihm einen scharfen Blick zu und wollte etwas sagen, doch Akki kam ihr zuvor: „Tja, ich fürchte so leicht ist das nicht, junger Mann.“ Sie setzte sich auf einen Klappstuhl. „Sadies Verhalten ist zwar unmöglich, aber sie ist nichtsdestotrotz deine Tante, deswegen würde ich es begrüßen, wenn du dich etwas … manierlicher ausdrücken würdest.“
Asher schob die Unterlippe schmollend vor. Er ließ sich ebenfalls auf einen Stuhl fallen. Akki wendete sich Ruth zu. „Wie viel wissen die beiden?“
Obwohl ihr die lange Fahrt in den Knochen steckte und sie eigentlich keine Lust hatte schon wieder zu sitzen, setzte sich Ruth, nachdem sich auch Ayah gesetzt hatte. „Sie wissen von den Beobachtern, dem Erbensystem und vom Tod ihrer Eltern.“
Akki nickte und legte nachdenklich die Hand an das Kinn. „Und das … Gabriel tot ist.“
Ruth nickte. Asher ließ seinen Blick unbegeistert über das Grundstück gleiten. Am liebsten hätte Ruth im auf der Stelle eine Standpauke über sein Benehmen gehalten. Sie hatte ihn doch besser erzogen, oder?
„Es tut mir sehr leid, dass du deinen Sohn verloren hast.“, piepste es unerwartet von Ayahs Seite. Alle drei (selbst Asher) sahen das Mädchen verwundert an. Ruth hatte zwar die Familienverhältnisse im Auto so gut wie möglich erläutert, aber nicht damit gerechnet, dass sich eines der Kinder irgendetwas davon merken würde.
Akkis Blick wurde traurig und Ruth meinte sogar Tränen in ihren Augen zu sehen. Sie berührte ihre Großenkelin kurz an der Hand. „Danke Ayah.“ Sie blinzelte einmal und fuhr dann fort.
„Das Feuer ist schon Monate her. Die Polizei hat zunächst angenommen, Gabriel hätte es selber gelegt ...“
„Warum denn das?“, unterbrach Ruth sie aufgeregt.
„Gabriel war nach Laces Tod nicht mehr derselbe.“, sagte Akki sachlich. Sie richtete sich kerzengerade auf ihrem Stuhl auf. Ruth überlegte wie alt sie eigentlich war. Onkel David wäre dieses Jahr 93 geworden (aus Akkis Kommentar gegenüber Sadie schloss sie, dass er gestorben war). War Akki älter oder jünger als er? Ruth fiel auf, dass sie über ihre Tante nicht viel wusste. Ihre Gedanken wurden von Akkis dunkler Stimme unterbrochen. „Er litt zuvor schon an gelegentlicher Paranoia, aber … nach der Attacke wurde es wirklich schlimm.“ Die alte Frau schob entschieden die Sorgen von sich, dass der Geisteszustand ihres Sohnes etwas mit ihrem Verhalten in seiner Kindheit zu tun hatte. Es schmerzte sie noch immer, dass sie ihn weggeben hatte. Als Mensch hatte er in Moonlight Falls einfach nichts zu suchen gehabt. Wenigstens war David damals ein toller Vater gewesen.
„Das hatte ich befürchtet.“ Ruth nickte ihrer Tante zu. „Nachdem ich ihn das erste Mal auf der Beerdigung von Oma und Grandpa gesehen hab, ist es von Jahr zu Jahr schlimmer geworden. Sein Kind auf diese Art zu verlieren muss es extrem verstärkt haben.“
„Du machst dir ja keine Vorstellung!“ Mit einem Blick auf die Teenager fuhr sie fort. „Aber das tut jetzt nichts zur Sache. Tote soll man ruhen lassen. … Oh, wollt ihr etwas trinken?“
Die anderen verneinten, so dass Akki weitersprach: „Die Brandermittler konnten schließlich die Ursache des Brandes ausmachen: Ein Kurzschluss im Obergeschoss. Seit Darrels Tod hat sich ja keiner mehr um die Elektrik gekümmert und dass er sie überholt hat, ist ewig her. Gabriel hatte im Obergeschoss ziemlich viel Zeugs mit der Zeit angesammelt, vor allem Holz und Papier. Das brannte wie Zunder.“ Sie erinnerte sich noch sehr lebhaft an die Nacht. Nach Davids Tod war sie zu Gabriel und Nell gezogen und hatte einen nie endenden Kampf gegen das Chaos und die Paranoia geführt. Sie hatte dafür gesorgt, dass Nell sich Auszeiten nahm und Eve und die Kinder besuchte. Sie hatte versucht Sadie mit der Familie zu versöhnen. Vielleicht hätte sie sich mehr anstrengen müssen?
„Wir konnten alle rechtzeitig aus dem Haus fliehen. Gabriel teufelte die ganze Zeit, es wären die Beobachter gewesen, aber nach Kennards Vorsichtsmaßnahmen, konnte das eigentlich nicht möglich sein. Als die Feuerwehr und die Polizei auftauchten, sah er in ihnen allen Beobachter. Er regte sich so sehr auf, dass er einen Herzinfarkt erlitt.“ Akki hatte ihre objektive Stimme wiedergefunden und schilderte die letzten Minuten ihres Sohnes. „Nell ist danach zu Eve gezogen. Sie hat es hier nicht mehr ausgehalten. Als Eves Mann vor ein paar Wochen eine Arbeitsstelle auf Isla Paradiso angenommen hat, ist Nell mitgegangen.“
„Und was ist Sadies Problem?“ Ruth wünschte sich, sie hätte doch etwas zu trinken angenommen. Und etwas zu essen. Sie bekam langsam Hunger.
„Kann ich doch was zu trinken haben?“ Asher schien es genauso zu gehen. Nach Ruths strengem Blick hängte er ein „Bitte“ an.
Akki erhob sich. Für ihr hohes Alter schien sie wenig eingeschränkt. Sie verschwand kurz in Scheune und kam mit ein paar Wasserflaschen und einer Tüte Cracker wieder.
„Die Scheune ist der reinste Horror.“, erklärte Akki, nachdem sich alle mit Wasser und Crackern versorgt hatten. „Gabriel konnte Laces Sachen nicht mehr ansehen, deswegen hat er zunächst alle Fenster zu ihrer Manufaktur ausgebaut. Dann hat er ihre Sachen verkauft, verschenkt oder zerstört. Die Scheune wurde in ihren ursprünglichen Zustand – so wie Darrel sie damals erworben hat – zurück versetzt und als Lagerraum benutzt. Alles was nach dem Feuer zu retten war, habe ich da untergebracht – ohne daran zu denken, dass ich einen Platz zum Schlafen brauche. Deswegen das Zelt.“ Sie nahm einen weiteren Schluck aus ihrer Wasserflasche. „Aber du hattest dich nach Sadie erkundigt.“ Sie wendete sich an Asher und Ayah. „Sadie ist die zweitältere Schwester eurer Mutter. Als Kind und Teenie war sie ein frecher Wirbelwind, der viele Streiche gespielt hat.“
„An wen erinnert mich das nur?“, murmelte Ruth lächelnd. Asher versuchte erfolglos ein Grinsen zu unterdrücken, auch wenn es ihm überhaupt nicht gefiel, mit dieser komischen Sima verglichen zu werden.
„Aber Laces Tod hat nicht nur Gabriel verändert. Sadie und Eve wissen nichts von den Beobachtern. Das war eine Entscheidung Gabriels, die ich zwar nachvollziehen kann, aber nie gutgeheißen habe. Die beiden Mädchen konnten so unbeirrt aufwachsen, da die Beobachter sie in Ruhe lassen müssten, nachdem Lace als Erbin benannt worden war, aber es hat Lace isoliert. Bis Jonas und Kennard aufgetaucht sind – und du, Ruth, offenbart hast, dass du von den Beobachtern weißt – konnte sie mit niemanden als uns Alten Sorgen teilen. Und da war sie nie wirklich der Typ für.“
Akki sah Ayah an, dass sie gerne nachgefragt hätte, was für ein Typ ihre Mutter denn gewesen war, aber das musste warten.
„Den Tod von Lace haben wir damals verschleiern müssen. Auch um euch Kinder zu schützen. Zunächst haben wir eine Hintergrundgeschichte aufgebaut, nach der Lace, Jonas, Kennard und Ruth nach Simropa reisen. Dort seid ihr Kinder der Geschichte nach geboren worden und eure Eltern bei einem Verkehrsunfall gestorben. Eure Geburt haben wir allerdings bis vor ein paar Monaten dem Rest der Familie verheimlicht.“
„Sadie hat sich mit der Zeit sehr zu ihrem Nachteil verändert. Sie ist habgierig und egoistisch geworden. Ich kann den Finger nicht drauflegen, vielleicht hat es mit Laces Tod zu tun, vielleicht mit ihrem Partner. Tatsächlich hat sie noch zu Gabriels Lebzeiten versucht, ihn wegen seiner Paranoia entmündigen zu lassen, damit sie an das Haus kommt. Nach seinem Tod hat sie natürlich sofort Ansprüche gestellt. Das Haus gehörte ab ihrem achtzehnten Geburtstag Lace. Hätte sie keine Kinder gehabt, wäre es an Gabriel gefallen und somit nach seinem Tod an Sadie und Eve. Eve hat aber schon vor langer Zeit sämtliche Ansprüche für sich und ihre Kinder abgelegt. Ich glaube sie wollte Sadies Verhalten ausgleichen.“
„Und deswegen wolltest du uns hier haben? Damit das Haus nicht an diese Tu … äh an Sadie geht?“ Asher fand, dass es an der Zeit war Klartext zu reden. „Großartig. Nur damit so eine Ruine nicht in die Hände der ... äh Tante da fällt, werden wir aus unserem Haus gerissen?“ Er sprang auf und sah wütend zwischen Ruth und Akki hin und her. „Ich kann nicht glauben, dass du uns das antust! Und wahrscheinlich haust du jetzt sofort auch wieder ab und lässt uns bei der Alten da. Wahrscheinlich waren wir dir immer nur eine Last und du wolltest uns nie!“ Seine Stimme war immer lauter und lauter geworden, sie kippte gelegentlich, da sein Stimmbruch noch nicht abgeschlossen war.
Akki sah ihn kühl an. Ruth zählte in Gedanken bis zehn und dann noch einmal bis zwanzig. „Bist du fertig?“, fragte sie dann betont sachlich.
Mit geballten Fäusten sah Asher sie zornig an. Er fühlte sich verraten und verkauft. Sein Vertrauen war erschüttert. Erst zu erfahren, dass seine Mutter nicht seine Mutter war, der überstürzte Aufbruch aus Starlight Shores und dann diese unglaubliche Familiengeschichte? Er kam sich vor wie in einem richtig schlechten Traum. Und niemand schien Rücksicht auf ihn und seine Gefühle zu nehmen! Er wurde rum kommandiert und rum geschubst wie ein kleines Kind, dabei war mit fast vierzehn so gut wie erwachsen!
„Ersten ist „die Alte da“, deine Urgroßmutter und ich erwarte, dass du sie mit dem Respekt behandelst, der ihr zu steht.“ Mit einer entschlossenen Geste unterbrach Ruth den Versuch Ashers, etwas zu sagen. „Zweitens bin ich sehr getroffen davon, dass du das Gefühl hast, ich hätte dich und Ayah nie gewollt.“ Blöde Hormone, dachte Ruth, als ihr Tränen in die Augen stiegen. Es kostete sie viel Kontrolle, ihre Stimme halbwegs fest klingen zu lassen. „Ich liebe euch, als wäret ihr meine leiblichen Kinder. Ihr seid meine Kinder, auch wenn ich euch nicht geboren habe. Ich würde alles für euch aufgeben.“
„Und sie hat viel für euch aufgegeben.“, mischte sich Akki mit scharfer Stimme ein. Sie sah Asher mehr als tadelnd an. „Ich kann verstehen, dass es dir den Boden unter den Füßen weggerissen hat, Asher. Ich kann verstehen, dass du zornig bist. Aber ich habe das Gefühl, dass du auch zornig sein willst, weil du dich ungerecht behandelt fühlst. Ja, das Leben ist scheiße und ja, die Beobachtersache suckt. Aber du kannst es nicht ändern, also schluck's runter und stell dich deinem Leben.“
Drei mehr als sprachlose und perplexe Sims sahen die Alte an. Die Kinder hatten eine so alte Person nie so reden gehört und Ruth war schier erstaunt wie direkt sich ihre Tante äußerte. Das war sie nicht von ihr gewohnt.
„Liebe Güte.“ Akki erhob sich abermals und streckte sich, so dass man ihre Gelenke knacken hörte. „Asher, Ayah, ich wünschte euer Leben hätte anders begonnen. Ich wünschte, ihr hättet eure Mutter und eure Väter kennengelernt und hättet hier im Kreis der ganzen Familie aufwachsen können.“ Ihr Blick wurde milder. „Leider hat das Leben es für euch anders vorgesehen. Ich hoffe – nein ich weiß – dass Ruth euch das wichtigste im Leben aber mitgegeben hat: Liebe und eine Familie. Dafür solltet ihr dankbar sein, egal wie ... bescheiden alles andere ist und sein wird.“
„Das sind wir auch!“ Ayah entschied, dass es Zeit war, sich in das Gespräch einzumischen. Sie sah ihren Bruder herausfordernd an. „Für mich ist Ruth nach wie vor meine Mutter. Und was diese ganze Familiensache angeht: Wir finden schon eine Lösung!“
Das brachte Ruths Tränen nun doch zum Überlaufen. Akki reichte ihr ein Taschentuch und sah sie interessiert an. „Bist du schwanger, Kind?“
Ruth nickte und Akki tätschelte ihr die Schulter. Ayah ging ebenfalls zu ihr und nahm sie in den Arm.
Asher fühlte sich ausgeschlossen und weiterhin missverstanden. Gleichzeitig war ihm zum Heulen zumute, weil es klar war, dass er mit seinem Verhalten für Ruths Tränen gesorgt hatte.
„Asher?“ Umrahmt von Ayah und Akki, sah Ruth mir feuchten Augen zu ihrem Ziehsohn. „Komm her.“
Hin- und hergerissen zögerte er einen Moment, doch dann stürzte er sich auf Ruth und krallte sich förmlich an ihr fest. Er schämte sich zutiefst, aber er musste auch weinen. Er liebte Ruth und aber gleichzeitig war er so wütend. Es war einfach alles zu viel für ihn.
„Das ist Privatbesitz! Verschwindet!“
Eine raue und aggressive Stimme riss Ruth und die Zwillinge aus der Betrachtung der Ruine, die einst das Felinger-Haus gewesen war.
Ayah zuckte förmlich zusammen und versuchte sich so klein wie möglich zu machen. Asher, dessen konstant schlechte Laune ihn zu einem grummelnden Haufen Hormone gemacht hatten, war zu überrascht, um zu reagieren. Einzig Ruth schien gefasst. Mit der Souveränität, die sie als private Sicherheitskraft so gefragt gemacht hatte, drehte sie sich langsam um.
Eine Frau in ihrem Alter stand dort. Die blonden Haaren zeigten erste graue Strähnen, sie waren kurz geschnitten. Tiefe Linien der Bitterkeit hatten sich auf dem Gesicht, besonders an der nasolabialen Falte eingegraben. Sie sah alles andere als freundlich aus. Nicht einmal die dunkelgrünen Augen, die Ruth so gut kannte, strahlten das kleinste bisschen Freundlichkeit aus.
„Hallo Sadie.“, begrüßte Ruth die Frau schließlich.
Die Miene der mit Sadie angesprochenen veränderte sich nicht. „Verschwindet.“, wiederholte sie barsch.
„Sadie, ich bin's: Ruth.“ Sie nahm Ayah an die Hand und warf Asher einen warnenden Blick zu. „Das sind Asher und Ayah. Sie si-...“
Doch Sadie unterbrach sie grob. „Interessiert mich nicht. Dein Teil der Familie hat hier nicht zu suchen. Das Grundstück gehört mir und ich will, dass ihr verschwindet!“
Ruth ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, aber sie merkte wie eine Mischung aus Zorn und Sorge in ihr hochstiegen. Wie musste es erst den Kindern gehen?
„Das Grundstück gehört dir genauso wenig.“, mischte sich auf einmal eine neue Stimme ein. Eine alte, winzige Frau kam aus dem Zelt, dass neben der Scheune aufgebaut war. Trotz des spindeldürren Körpers strahlte sie eine ruhige Autorität aus. Mit sicherem Schritt kam sie auf Ruth und die Kinder zu, wo sie Ruths Schulter kurz drückte und einen kurzen, aber interessierten Blick über die Zwillinge gleiten ließ, bevor sie Sadie mit strenger Miene ansah. „Dein Vater und Großvater würden sich im Grab umdrehen, wenn sie wüssten, wie du deine Nichte und deinen Neffen begrüßt.“ Die merkwürdig gelben Augen der Alten funkelten. „Denen das Grundstück rechtmäßig zusteht.“
Sadie verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe keine Nichte und keinen Neffen neben Eves Kindern.“
„Und genau da liegst du falsch, wie ich dir und deinem Anwalt seit Wochen mitzuteilen versuche.“ Die ältere Frau ahmte Sadies Geste nach, wirkte dabei aber selbstsicher und nicht schmollend, wie Sadie. Dann wies sie mit einem Nicken auf die beiden Teenager. „Die … Zwillinge sind Laces Kinder.“
Sadies Miene verhärtete sich noch mehr. Sie schob das Kinn vor und man konnte förmlich das Mahlen ihrer Kiefer hören. „Das werden wir ja sehen! Ich glaube dir nicht. Du hörst von meinem Anwalt.“ Ohne Ruth oder die Zwillinge eines weiteren Blickes zu würdigen, rauschte sie davon.
„Wie immer...“, murmelte die andere und seufzte. Dann wandte sie sich zu den anderen. „Es ist gut, dass du meine Nachricht bekommen hast, Ruth. Meine Güte, du siehst Kira immer ähnlicher!“ Sie lächelte die Kinder so freundlich an, dass es die Härte, die sie eben noch gezeigt hatte, vergessen ließ und stellte sich vor: „Willkommen in Riverview. Ich bin Akki, eure Urgroßmutter.“
Akki führte eine eine schweigsame Ruth und die verunsicherten Teenager zu einem kleinen Lagerplatz neben der Scheune.
„Setzt euch. Ich fürchte es nicht die Heimkehr, die ihr euch gewünscht habt, aber ich freue mich, dass ihr da seid.“
„Unsere Heimat ist Starlight Shores.“ Asher hatte seine Stimme wiedergefunden und klang mehr als unzufrieden. „Die Tussi eben hat ja wohl klar gemacht, dass wir hier nicht erwünscht sind Mo- … äh Ruth. Können wir nicht wieder nach Hause?“
Ruth warf ihm einen scharfen Blick zu und wollte etwas sagen, doch Akki kam ihr zuvor: „Tja, ich fürchte so leicht ist das nicht, junger Mann.“ Sie setzte sich auf einen Klappstuhl. „Sadies Verhalten ist zwar unmöglich, aber sie ist nichtsdestotrotz deine Tante, deswegen würde ich es begrüßen, wenn du dich etwas … manierlicher ausdrücken würdest.“
Asher schob die Unterlippe schmollend vor. Er ließ sich ebenfalls auf einen Stuhl fallen. Akki wendete sich Ruth zu. „Wie viel wissen die beiden?“
Obwohl ihr die lange Fahrt in den Knochen steckte und sie eigentlich keine Lust hatte schon wieder zu sitzen, setzte sich Ruth, nachdem sich auch Ayah gesetzt hatte. „Sie wissen von den Beobachtern, dem Erbensystem und vom Tod ihrer Eltern.“
Akki nickte und legte nachdenklich die Hand an das Kinn. „Und das … Gabriel tot ist.“
Ruth nickte. Asher ließ seinen Blick unbegeistert über das Grundstück gleiten. Am liebsten hätte Ruth im auf der Stelle eine Standpauke über sein Benehmen gehalten. Sie hatte ihn doch besser erzogen, oder?
„Es tut mir sehr leid, dass du deinen Sohn verloren hast.“, piepste es unerwartet von Ayahs Seite. Alle drei (selbst Asher) sahen das Mädchen verwundert an. Ruth hatte zwar die Familienverhältnisse im Auto so gut wie möglich erläutert, aber nicht damit gerechnet, dass sich eines der Kinder irgendetwas davon merken würde.
Akkis Blick wurde traurig und Ruth meinte sogar Tränen in ihren Augen zu sehen. Sie berührte ihre Großenkelin kurz an der Hand. „Danke Ayah.“ Sie blinzelte einmal und fuhr dann fort.
„Das Feuer ist schon Monate her. Die Polizei hat zunächst angenommen, Gabriel hätte es selber gelegt ...“
„Warum denn das?“, unterbrach Ruth sie aufgeregt.
„Gabriel war nach Laces Tod nicht mehr derselbe.“, sagte Akki sachlich. Sie richtete sich kerzengerade auf ihrem Stuhl auf. Ruth überlegte wie alt sie eigentlich war. Onkel David wäre dieses Jahr 93 geworden (aus Akkis Kommentar gegenüber Sadie schloss sie, dass er gestorben war). War Akki älter oder jünger als er? Ruth fiel auf, dass sie über ihre Tante nicht viel wusste. Ihre Gedanken wurden von Akkis dunkler Stimme unterbrochen. „Er litt zuvor schon an gelegentlicher Paranoia, aber … nach der Attacke wurde es wirklich schlimm.“ Die alte Frau schob entschieden die Sorgen von sich, dass der Geisteszustand ihres Sohnes etwas mit ihrem Verhalten in seiner Kindheit zu tun hatte. Es schmerzte sie noch immer, dass sie ihn weggeben hatte. Als Mensch hatte er in Moonlight Falls einfach nichts zu suchen gehabt. Wenigstens war David damals ein toller Vater gewesen.
„Das hatte ich befürchtet.“ Ruth nickte ihrer Tante zu. „Nachdem ich ihn das erste Mal auf der Beerdigung von Oma und Grandpa gesehen hab, ist es von Jahr zu Jahr schlimmer geworden. Sein Kind auf diese Art zu verlieren muss es extrem verstärkt haben.“
„Du machst dir ja keine Vorstellung!“ Mit einem Blick auf die Teenager fuhr sie fort. „Aber das tut jetzt nichts zur Sache. Tote soll man ruhen lassen. … Oh, wollt ihr etwas trinken?“
Die anderen verneinten, so dass Akki weitersprach: „Die Brandermittler konnten schließlich die Ursache des Brandes ausmachen: Ein Kurzschluss im Obergeschoss. Seit Darrels Tod hat sich ja keiner mehr um die Elektrik gekümmert und dass er sie überholt hat, ist ewig her. Gabriel hatte im Obergeschoss ziemlich viel Zeugs mit der Zeit angesammelt, vor allem Holz und Papier. Das brannte wie Zunder.“ Sie erinnerte sich noch sehr lebhaft an die Nacht. Nach Davids Tod war sie zu Gabriel und Nell gezogen und hatte einen nie endenden Kampf gegen das Chaos und die Paranoia geführt. Sie hatte dafür gesorgt, dass Nell sich Auszeiten nahm und Eve und die Kinder besuchte. Sie hatte versucht Sadie mit der Familie zu versöhnen. Vielleicht hätte sie sich mehr anstrengen müssen?
„Wir konnten alle rechtzeitig aus dem Haus fliehen. Gabriel teufelte die ganze Zeit, es wären die Beobachter gewesen, aber nach Kennards Vorsichtsmaßnahmen, konnte das eigentlich nicht möglich sein. Als die Feuerwehr und die Polizei auftauchten, sah er in ihnen allen Beobachter. Er regte sich so sehr auf, dass er einen Herzinfarkt erlitt.“ Akki hatte ihre objektive Stimme wiedergefunden und schilderte die letzten Minuten ihres Sohnes. „Nell ist danach zu Eve gezogen. Sie hat es hier nicht mehr ausgehalten. Als Eves Mann vor ein paar Wochen eine Arbeitsstelle auf Isla Paradiso angenommen hat, ist Nell mitgegangen.“
„Und was ist Sadies Problem?“ Ruth wünschte sich, sie hätte doch etwas zu trinken angenommen. Und etwas zu essen. Sie bekam langsam Hunger.
„Kann ich doch was zu trinken haben?“ Asher schien es genauso zu gehen. Nach Ruths strengem Blick hängte er ein „Bitte“ an.
Akki erhob sich. Für ihr hohes Alter schien sie wenig eingeschränkt. Sie verschwand kurz in Scheune und kam mit ein paar Wasserflaschen und einer Tüte Cracker wieder.
„Die Scheune ist der reinste Horror.“, erklärte Akki, nachdem sich alle mit Wasser und Crackern versorgt hatten. „Gabriel konnte Laces Sachen nicht mehr ansehen, deswegen hat er zunächst alle Fenster zu ihrer Manufaktur ausgebaut. Dann hat er ihre Sachen verkauft, verschenkt oder zerstört. Die Scheune wurde in ihren ursprünglichen Zustand – so wie Darrel sie damals erworben hat – zurück versetzt und als Lagerraum benutzt. Alles was nach dem Feuer zu retten war, habe ich da untergebracht – ohne daran zu denken, dass ich einen Platz zum Schlafen brauche. Deswegen das Zelt.“ Sie nahm einen weiteren Schluck aus ihrer Wasserflasche. „Aber du hattest dich nach Sadie erkundigt.“ Sie wendete sich an Asher und Ayah. „Sadie ist die zweitältere Schwester eurer Mutter. Als Kind und Teenie war sie ein frecher Wirbelwind, der viele Streiche gespielt hat.“
„An wen erinnert mich das nur?“, murmelte Ruth lächelnd. Asher versuchte erfolglos ein Grinsen zu unterdrücken, auch wenn es ihm überhaupt nicht gefiel, mit dieser komischen Sima verglichen zu werden.
„Aber Laces Tod hat nicht nur Gabriel verändert. Sadie und Eve wissen nichts von den Beobachtern. Das war eine Entscheidung Gabriels, die ich zwar nachvollziehen kann, aber nie gutgeheißen habe. Die beiden Mädchen konnten so unbeirrt aufwachsen, da die Beobachter sie in Ruhe lassen müssten, nachdem Lace als Erbin benannt worden war, aber es hat Lace isoliert. Bis Jonas und Kennard aufgetaucht sind – und du, Ruth, offenbart hast, dass du von den Beobachtern weißt – konnte sie mit niemanden als uns Alten Sorgen teilen. Und da war sie nie wirklich der Typ für.“
Akki sah Ayah an, dass sie gerne nachgefragt hätte, was für ein Typ ihre Mutter denn gewesen war, aber das musste warten.
„Den Tod von Lace haben wir damals verschleiern müssen. Auch um euch Kinder zu schützen. Zunächst haben wir eine Hintergrundgeschichte aufgebaut, nach der Lace, Jonas, Kennard und Ruth nach Simropa reisen. Dort seid ihr Kinder der Geschichte nach geboren worden und eure Eltern bei einem Verkehrsunfall gestorben. Eure Geburt haben wir allerdings bis vor ein paar Monaten dem Rest der Familie verheimlicht.“
„Sadie hat sich mit der Zeit sehr zu ihrem Nachteil verändert. Sie ist habgierig und egoistisch geworden. Ich kann den Finger nicht drauflegen, vielleicht hat es mit Laces Tod zu tun, vielleicht mit ihrem Partner. Tatsächlich hat sie noch zu Gabriels Lebzeiten versucht, ihn wegen seiner Paranoia entmündigen zu lassen, damit sie an das Haus kommt. Nach seinem Tod hat sie natürlich sofort Ansprüche gestellt. Das Haus gehörte ab ihrem achtzehnten Geburtstag Lace. Hätte sie keine Kinder gehabt, wäre es an Gabriel gefallen und somit nach seinem Tod an Sadie und Eve. Eve hat aber schon vor langer Zeit sämtliche Ansprüche für sich und ihre Kinder abgelegt. Ich glaube sie wollte Sadies Verhalten ausgleichen.“
„Und deswegen wolltest du uns hier haben? Damit das Haus nicht an diese Tu … äh an Sadie geht?“ Asher fand, dass es an der Zeit war Klartext zu reden. „Großartig. Nur damit so eine Ruine nicht in die Hände der ... äh Tante da fällt, werden wir aus unserem Haus gerissen?“ Er sprang auf und sah wütend zwischen Ruth und Akki hin und her. „Ich kann nicht glauben, dass du uns das antust! Und wahrscheinlich haust du jetzt sofort auch wieder ab und lässt uns bei der Alten da. Wahrscheinlich waren wir dir immer nur eine Last und du wolltest uns nie!“ Seine Stimme war immer lauter und lauter geworden, sie kippte gelegentlich, da sein Stimmbruch noch nicht abgeschlossen war.
Akki sah ihn kühl an. Ruth zählte in Gedanken bis zehn und dann noch einmal bis zwanzig. „Bist du fertig?“, fragte sie dann betont sachlich.
Mit geballten Fäusten sah Asher sie zornig an. Er fühlte sich verraten und verkauft. Sein Vertrauen war erschüttert. Erst zu erfahren, dass seine Mutter nicht seine Mutter war, der überstürzte Aufbruch aus Starlight Shores und dann diese unglaubliche Familiengeschichte? Er kam sich vor wie in einem richtig schlechten Traum. Und niemand schien Rücksicht auf ihn und seine Gefühle zu nehmen! Er wurde rum kommandiert und rum geschubst wie ein kleines Kind, dabei war mit fast vierzehn so gut wie erwachsen!
„Ersten ist „die Alte da“, deine Urgroßmutter und ich erwarte, dass du sie mit dem Respekt behandelst, der ihr zu steht.“ Mit einer entschlossenen Geste unterbrach Ruth den Versuch Ashers, etwas zu sagen. „Zweitens bin ich sehr getroffen davon, dass du das Gefühl hast, ich hätte dich und Ayah nie gewollt.“ Blöde Hormone, dachte Ruth, als ihr Tränen in die Augen stiegen. Es kostete sie viel Kontrolle, ihre Stimme halbwegs fest klingen zu lassen. „Ich liebe euch, als wäret ihr meine leiblichen Kinder. Ihr seid meine Kinder, auch wenn ich euch nicht geboren habe. Ich würde alles für euch aufgeben.“
„Und sie hat viel für euch aufgegeben.“, mischte sich Akki mit scharfer Stimme ein. Sie sah Asher mehr als tadelnd an. „Ich kann verstehen, dass es dir den Boden unter den Füßen weggerissen hat, Asher. Ich kann verstehen, dass du zornig bist. Aber ich habe das Gefühl, dass du auch zornig sein willst, weil du dich ungerecht behandelt fühlst. Ja, das Leben ist scheiße und ja, die Beobachtersache suckt. Aber du kannst es nicht ändern, also schluck's runter und stell dich deinem Leben.“
Drei mehr als sprachlose und perplexe Sims sahen die Alte an. Die Kinder hatten eine so alte Person nie so reden gehört und Ruth war schier erstaunt wie direkt sich ihre Tante äußerte. Das war sie nicht von ihr gewohnt.
„Liebe Güte.“ Akki erhob sich abermals und streckte sich, so dass man ihre Gelenke knacken hörte. „Asher, Ayah, ich wünschte euer Leben hätte anders begonnen. Ich wünschte, ihr hättet eure Mutter und eure Väter kennengelernt und hättet hier im Kreis der ganzen Familie aufwachsen können.“ Ihr Blick wurde milder. „Leider hat das Leben es für euch anders vorgesehen. Ich hoffe – nein ich weiß – dass Ruth euch das wichtigste im Leben aber mitgegeben hat: Liebe und eine Familie. Dafür solltet ihr dankbar sein, egal wie ... bescheiden alles andere ist und sein wird.“
„Das sind wir auch!“ Ayah entschied, dass es Zeit war, sich in das Gespräch einzumischen. Sie sah ihren Bruder herausfordernd an. „Für mich ist Ruth nach wie vor meine Mutter. Und was diese ganze Familiensache angeht: Wir finden schon eine Lösung!“
Das brachte Ruths Tränen nun doch zum Überlaufen. Akki reichte ihr ein Taschentuch und sah sie interessiert an. „Bist du schwanger, Kind?“
Ruth nickte und Akki tätschelte ihr die Schulter. Ayah ging ebenfalls zu ihr und nahm sie in den Arm.
Asher fühlte sich ausgeschlossen und weiterhin missverstanden. Gleichzeitig war ihm zum Heulen zumute, weil es klar war, dass er mit seinem Verhalten für Ruths Tränen gesorgt hatte.
„Asher?“ Umrahmt von Ayah und Akki, sah Ruth mir feuchten Augen zu ihrem Ziehsohn. „Komm her.“
Hin- und hergerissen zögerte er einen Moment, doch dann stürzte er sich auf Ruth und krallte sich förmlich an ihr fest. Er schämte sich zutiefst, aber er musste auch weinen. Er liebte Ruth und aber gleichzeitig war er so wütend. Es war einfach alles zu viel für ihn.
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
Kostumparties und Räumaktionen
Nachdem sich alle etwas beruhigt, sich gegenseitig in den Arm genommen hatten, entschuldigte Asher sich. Ruth drückte ihn ein weiteres Mal und entschuldigte sich abermals bei den Kindern, ihnen die Wahrheit vorenthalten zu haben. Asher war emotional noch immer sehr aufgewühlt, aber Ayah schien erstaunlich wenig durcheinander. Dafür, dass sie in Gegenwart fremder Sims kaum ein Wort herausbekam, war sie erstaunlich gefestigt in ihrem Selbstbewusstsein. Vielleicht würde eine so ruhige Kleinstadt ihr gut tun?
Akki brachte die drei zum Familienfriedhof, der seit Ruths letzten Besuch wesentlich mehr Grabsteine und Gedenksteine aufwies. Schlagartig wurde ihr bewusst, dass Akki die einzige aus der Generation ihrer Mutter war, die noch lebte. Alle Kinder von Oma Kira und Grandpa Darrel, ihre Partner und die IFs waren gestorben. Aus ihrer eigenen Generation – der Enkelgeneration – waren die meisten schon im Ruhestand, nur sie und die Zwillinge Tara und Rosalyn noch nicht ergraut. Ruth sah auf ihre … Ziehkinder. Immerhin waren sie auch schon Teenager.
Für Lace, Kennard und Jonas hatte man einen verbundenen Gedenkstein in Auftrag gegeben. Die Kinder sahen ihn interessiert an, doch Ruth vermutete, dass die Bedeutung des Steines sich erst langsam setzten würde. Sie warf einen Blick zu ihrer Tante. Als Teenager und junge Erwachsene hatte sie wenig mit Akki zu tun gehabt. Onkel David war ihr Lieblingsonkel gewesen. Mit dem Zwilling ihrer Mutter, Derek, hatte sie nie viel anfangen können, er war so ernst und trocken. Damian der älteste war so scheußlich zerstreut – schon bevor er alt und senil wurde. Tante Kara hatte sie immer als sehr zickig empfunden, auch wenn ihre Zwillingstöchter Rosalyn und Tara sympathisch waren. Aber David ruhte so sehr in sich selbst und war immer freundlich zu ihr. Selbst wenn Ruth sich selbst unmöglich benommen hatte. Aber mit seiner Frau Akki war Ruth nie richtig warm geworden. Umso mehr überraschte es sie, dass Akki sie so herzlich aufgenommen hatte. Sie erschien wesentlich präsenter als von dreizehn Jahren. Fast wie eine Matriarchin.
Akki stand neben Davids Grab und strich über den kalten Stein. Noch immer stiegen ihr die Tränen in die Augen, wenn sie an den Verlust dachte. Sie hatte David versprechen müssen, dass sie, sollte er vor ihr gehen, tapfer bleiben würde. Sich nicht aufgeben und die Stellung halten würde. Die Stellung halten – das klang wie etwas, das Kira sagen würde. Akki wischte sich schnell eine Träne aus dem Augenwinkel und sah zu dem Grab ihrer Schwiegereltern. „Ich werde immer die Stellung halten für eure … für unsere Familie!“, versprach sie flüsternd.
Ayah fuhr mit dem Zeigefinger die Linien auf dem Gedenkstein nach. Der Name Lace stand in der Mitte. Filigrane Ranken einer Fantasiepflanze spannen sich von ihren Buchstaben zu den Namen Jonas und Kennard. So ganz hatte Ayah noch nicht begriffen, wie das mit den zwei Vätern funktioniert hatte. Es war … magisch? Trotz allem, was sie in den letzten Tagen erfahren hatte, kam es ihr so unglaublich, so mystisch, so traumhaft vor. Oder albtraumhaft. Sie warf einen Blick auf ihren Bruder. Er stand neben ihr und versuchte nicht zu interessiert den Gedenkstein zu mustern. Ayah lächelte ihm zu, bis er zu ihr sah und ebenfalls schwach lächelte. Vielleicht waren sie keine echten Zwillinge, aber sie waren immer für einander da. Asher nickte still, als würde er ihre Gedanken lesen. Dann zog er sich langsam zurück. Ayah sah noch mal zu dem Stein, bevor sie sich erhob. Was waren ihre Mutter und ihre Väter wohl für Menschen gewesen?
In ruhiger, fast feierlicher Stimmung kehrten die vier Sims zurück zum Grundstück. Die Reisenden machten sich frisch – zum Glück gab es ein funktionierendes Badezimmer in der Scheune! Innen herrschte (vom Badezimmer und einer kleinen Waschküche abgesehen) wirklich das reinste Chaos.
Akki warf währenddessen ein paar Hotdogs auf den Grill. Sie hatte es nie über ein Basics bei Kochen hinausgeschafft, da weder sie noch David besondere Gourmets waren und ohnehin meist auf dem Hof aßen oder sich außerhalb etwas holten. Trotzdem gelangen ihr die Hotdogs und Ruth und die Kinder langten herzhaft zu.
„Erinner' mich bitte noch mal, was das hier soll?“ Die Theaterschminke juckte und das Kostüm aus Synthetikfaser war trotz der herbstlichen Temperaturen viel zu heiß.
Akki lachte ihr dunkles Lachen und Ruth fragte sich, ob sie eine kleine sadistische Ader hatte. Die Ältere hatte sich als Kampfpilotin verkleidet und schwitzte bestimmt nur halb so viel. „Tut mir wirklich leid, Ruth.“
Die Jüngere unterdrückte das Bedürfnis die Augen zu verdrehen. Akki grinste sie respektvoll an und fuhr dann fort: „Unser Anwalt und Notar, Dwight Carpenter-Newbie, gibt eine Kostümparty. Tut er jedes Jahr um diese Zeit. Er hat die notariellen Verfügungen erstellt, die das Haus erst von David an Gabriel und dann von Gabriel an Lace übergeben haben. Er weiß von den Kindern. Und da sein Terminplan aus allen Nähten platzt, fand er, es sei am einfachsten, wenn wir kurz vorbeikommen.“
„Kostümiert.“, grummelte Ruth.
„Kostümiert, natürlich.“ Akki lachte wieder. „Ich mag Kostümparties.“ Sie grinste. „Lass uns reingehen.“
Nach den üblichen Begrüßungen, ein paar Snacks und Smalltalk, brachte Dwight Akki und Ruth zusammen mit seinem Partner Anson Broke-Dean ins Wohnzimmer, wo sie sich kurz besprachen. Nach Ansicht der Anwälte hatten die Kinder eine gute Chance das Haus ohne Problem überschrieben zu bekommen – natürlich erst wenn sie volljährig waren.
Solange musste ein Vormund die Verantwortung tragen. Als Dwight Akki fragend ansah, wies diese zu Ruth. „Wer weiß wie lange ich noch lebe! Und dann fängt der ganze Mist von vorne an.“
Dwight nickte. „Gut. Sadie wird versuchen anzuzweifeln, dass die Kinder von Lace sind. Zum Glück hat Lace immer fleißig Blut gespendet, so dass wir ihr DNA-Profil ermitteln können ohne sie zu exhumieren und den ganzen Papierkram mit Simropa regeln müssen. Von den Zwillingen werden wir aber Blutproben nehmen müssen.“
Bei dem Wort exhumieren wurde Ruth ganz anders. Zum einen fand sie es unglaublich pietätlos – zum anderen würde man in dem vermeintlichen Grab in Simropa keine Leichen finden. Die Körper von Lace, Jonas und Kennard waren schließlich einfach verschwunden.
„Wie hoch ist die Möglichkeit, dass Sadie sich durchsetzt?“, fragte Ruth nach.
„Mit dem Haus? Ziemlich gering, wenn bewiesen ist, dass es Laces Kinder sind. Alle Dokumente, Urkunden und notariellen Verfügungen sind da sehr eindeutig und wasserdicht.“, erwiderte Anson. „Allerdings...“ Er sah den älteren Anwalt kurz fragend an. Dwight nickte. „Allerdings könnte sie versuchen, die Vormundschaft über die Kinder zu erhalten und damit das Haus doch noch in ihren Besitz zu bringen.“
Ruth wurde schlecht und sie musste sich kurz setzen. Akkis Augen wurden ganz schmall und man konnte fast ein Knurren von ihr hören.
„Seht ihr, Sadie ist ihre Tante, Ruth nur eine indirekte Cousine. Natürlich hat Ruth sich von Geburt an um sie gekümmert, aber Sadie könnte das Verwandtschaftsverhältnis geltend machen. Es sei denn es läge auch da ein Dokument vor, dass anderes behauptet. Dann würden sich Sadies Chancen verringern.“, erläuterte Anson weiter.
Akkis finsterer Gesichtsausdruck erhellte sich. Sie klatschte in die Hände. „Oh, da gibt es tatsächlich etwas!“
„Gibt es?“ Ruth war mindestens so perplex wie die beiden Männer. Akki grinste nur.
„Dwight, ich bringe es morgen vorbei, zusammen mit den Geburtsurkunden von Asher und Ayah.“ Damit war für Akki die Sache erledigt. Man besprach noch ein paar Kleinigkeiten bezüglich des möglichen Prozesses, sollten sich Sadie und ihr Anwalt nicht auf die Vorschläge einlassen, bevor sich die vier wieder unter die anderen Partygäste mischten.
„Es gibt ein Dokument?“, fragte Ruth auf dem Nachhauseweg.
Akki lachte leise. Wie konnte ein so spindeldürrer, kleiner Sim nur eine so tiefe Stimme haben? „Es wird morgen früh eins geben.“ Sie nahm Ruth bei der Hand und drückte sie. „Nach dem Angriff der Beobachter habe ich so ziemlich alles an Schutzmaßnahmen ergriffen, an das ich denken konnte. Und ich habe alle in Frage kommenden Verbündeten zusammengezogen.“ Mit der Hand wies sie zum Friedhof. „Die Senseleute konnte ich nicht auf unsere Seite ziehen, sie sind zur Neutralität verpflichtet.“
„Immerhin.“
„Hm.“, machte Akki. „Sie sind immer eine unbekannte Variable. Nach Jonas Trick mit Felicia und ihrer Einmischung nach Laces Tod bin ich mir nicht sicher, dass sie sich beim nächsten Mal wieder auf unsere Seite stellen oder nicht. Mit Jonas haben wir da einen wirklich guten Verbündeten verloren. Er kannte alle Tricks und Schlupflöcher.“
„Vielleicht argumentierst so besser nicht gegenüber den Kindern.“, erinnerte Ruth sie sanft.
„Um Simmers willen, natürlich nicht!“ Akki tippte sich ans Kinn. „Bleibt noch meine Familie in Moonlight Falls, auch wenn ihr Handlungsspielraum begrenzt ist und ich nicht sicher sein kann, dass sie nach meinem Tod weiterhin helfen werden. Und andere.“
„Das ist heute das zweite Mal, dass du von deinem Tod sprichst.“
Akki sah sie überrascht an. „Wirklich? Oh.“ Sie zuckte mit den Schultern. „In meinem Alter muss ich damit rechnen. Aber ich hab nicht vor allzu bald von der Bildfläche zu verschwinden.“
Mittlerweile waren sie zurück an das Grundstück gekommen, wo sie von zwei breit grinsenden Teenagern begrüßt wurden.
„Euer Grinsen lässt mich nichts Gutes ahnen.“, scherzte Ruth, denn sie sah Stolz und Zufriedenheit in den Gesichtern ihrer Kinder.
„Ach, wir haben nur so ein bisschen aufgeräumt.“, erwiderte Asher super lässig. Hinter ihm verdrehte Ayah die Augen. Ruth zwinkerte ihr zu. Wessen Idee Aufräumen war, war Ruth klar: Ayah war schon als kleines Kind sehr ordentlich gewesen. Der Anblick des Scheuneninneren hatte sie schockiert.
Noch am ersten Abend hatte sie angefangen sich einen Weg durch das Chaos zu bahnen. Als sie eine alte Staffelei und ein paar Leinwände entdeckt hatte, war sie zumindest für den nächsten Morgen ablenkt. Was für Asher das Keyboard war, war für Ayah die Malerei. „Definitiv Darrels Gene.“, murmelte Akki dazu nur.
Erwartungsvoll führten die Teenager Ruth und Akki in die Scheune. Die beiden Simas vermochten ihren Augen kaum zu trauen!“
„Das habt ihr in so kurzer Zeit geschafft?!“, rief Ruth entgeistert aus. „Warum hat das Aufräumen zu Hause denn immer so lange gedauert?“
„Da gab es nie so viel zum Aufräumen.“, erwiderte Ayah ruhig. „Also mehr Zeit zum Trödeln.“
„Wenn Ayah erstmal loslegt, ist sie nicht zu stoppen.“, Asher sah stolz zu seiner Schwester. „Auch wenn sie ganz schön kommandieren kann.“ Er nahm Ruth bei der Hand und führe sie hinter den Paravent. „Und weil du nachts so frierst, haben wir die Schlafsäcke aus dem Zelt in die Scheune geholt.“
Ruth traten mal wieder die Tränen in die Augen und sie drückte die Kinder fest an sich. Akki lehnte sich gegen die Wand und grinste zufrieden.
Akki brachte die drei zum Familienfriedhof, der seit Ruths letzten Besuch wesentlich mehr Grabsteine und Gedenksteine aufwies. Schlagartig wurde ihr bewusst, dass Akki die einzige aus der Generation ihrer Mutter war, die noch lebte. Alle Kinder von Oma Kira und Grandpa Darrel, ihre Partner und die IFs waren gestorben. Aus ihrer eigenen Generation – der Enkelgeneration – waren die meisten schon im Ruhestand, nur sie und die Zwillinge Tara und Rosalyn noch nicht ergraut. Ruth sah auf ihre … Ziehkinder. Immerhin waren sie auch schon Teenager.
Für Lace, Kennard und Jonas hatte man einen verbundenen Gedenkstein in Auftrag gegeben. Die Kinder sahen ihn interessiert an, doch Ruth vermutete, dass die Bedeutung des Steines sich erst langsam setzten würde. Sie warf einen Blick zu ihrer Tante. Als Teenager und junge Erwachsene hatte sie wenig mit Akki zu tun gehabt. Onkel David war ihr Lieblingsonkel gewesen. Mit dem Zwilling ihrer Mutter, Derek, hatte sie nie viel anfangen können, er war so ernst und trocken. Damian der älteste war so scheußlich zerstreut – schon bevor er alt und senil wurde. Tante Kara hatte sie immer als sehr zickig empfunden, auch wenn ihre Zwillingstöchter Rosalyn und Tara sympathisch waren. Aber David ruhte so sehr in sich selbst und war immer freundlich zu ihr. Selbst wenn Ruth sich selbst unmöglich benommen hatte. Aber mit seiner Frau Akki war Ruth nie richtig warm geworden. Umso mehr überraschte es sie, dass Akki sie so herzlich aufgenommen hatte. Sie erschien wesentlich präsenter als von dreizehn Jahren. Fast wie eine Matriarchin.
Akki stand neben Davids Grab und strich über den kalten Stein. Noch immer stiegen ihr die Tränen in die Augen, wenn sie an den Verlust dachte. Sie hatte David versprechen müssen, dass sie, sollte er vor ihr gehen, tapfer bleiben würde. Sich nicht aufgeben und die Stellung halten würde. Die Stellung halten – das klang wie etwas, das Kira sagen würde. Akki wischte sich schnell eine Träne aus dem Augenwinkel und sah zu dem Grab ihrer Schwiegereltern. „Ich werde immer die Stellung halten für eure … für unsere Familie!“, versprach sie flüsternd.
Ayah fuhr mit dem Zeigefinger die Linien auf dem Gedenkstein nach. Der Name Lace stand in der Mitte. Filigrane Ranken einer Fantasiepflanze spannen sich von ihren Buchstaben zu den Namen Jonas und Kennard. So ganz hatte Ayah noch nicht begriffen, wie das mit den zwei Vätern funktioniert hatte. Es war … magisch? Trotz allem, was sie in den letzten Tagen erfahren hatte, kam es ihr so unglaublich, so mystisch, so traumhaft vor. Oder albtraumhaft. Sie warf einen Blick auf ihren Bruder. Er stand neben ihr und versuchte nicht zu interessiert den Gedenkstein zu mustern. Ayah lächelte ihm zu, bis er zu ihr sah und ebenfalls schwach lächelte. Vielleicht waren sie keine echten Zwillinge, aber sie waren immer für einander da. Asher nickte still, als würde er ihre Gedanken lesen. Dann zog er sich langsam zurück. Ayah sah noch mal zu dem Stein, bevor sie sich erhob. Was waren ihre Mutter und ihre Väter wohl für Menschen gewesen?
In ruhiger, fast feierlicher Stimmung kehrten die vier Sims zurück zum Grundstück. Die Reisenden machten sich frisch – zum Glück gab es ein funktionierendes Badezimmer in der Scheune! Innen herrschte (vom Badezimmer und einer kleinen Waschküche abgesehen) wirklich das reinste Chaos.
Akki warf währenddessen ein paar Hotdogs auf den Grill. Sie hatte es nie über ein Basics bei Kochen hinausgeschafft, da weder sie noch David besondere Gourmets waren und ohnehin meist auf dem Hof aßen oder sich außerhalb etwas holten. Trotzdem gelangen ihr die Hotdogs und Ruth und die Kinder langten herzhaft zu.
„Erinner' mich bitte noch mal, was das hier soll?“ Die Theaterschminke juckte und das Kostüm aus Synthetikfaser war trotz der herbstlichen Temperaturen viel zu heiß.
Akki lachte ihr dunkles Lachen und Ruth fragte sich, ob sie eine kleine sadistische Ader hatte. Die Ältere hatte sich als Kampfpilotin verkleidet und schwitzte bestimmt nur halb so viel. „Tut mir wirklich leid, Ruth.“
Die Jüngere unterdrückte das Bedürfnis die Augen zu verdrehen. Akki grinste sie respektvoll an und fuhr dann fort: „Unser Anwalt und Notar, Dwight Carpenter-Newbie, gibt eine Kostümparty. Tut er jedes Jahr um diese Zeit. Er hat die notariellen Verfügungen erstellt, die das Haus erst von David an Gabriel und dann von Gabriel an Lace übergeben haben. Er weiß von den Kindern. Und da sein Terminplan aus allen Nähten platzt, fand er, es sei am einfachsten, wenn wir kurz vorbeikommen.“
„Kostümiert.“, grummelte Ruth.
„Kostümiert, natürlich.“ Akki lachte wieder. „Ich mag Kostümparties.“ Sie grinste. „Lass uns reingehen.“
Nach den üblichen Begrüßungen, ein paar Snacks und Smalltalk, brachte Dwight Akki und Ruth zusammen mit seinem Partner Anson Broke-Dean ins Wohnzimmer, wo sie sich kurz besprachen. Nach Ansicht der Anwälte hatten die Kinder eine gute Chance das Haus ohne Problem überschrieben zu bekommen – natürlich erst wenn sie volljährig waren.
Solange musste ein Vormund die Verantwortung tragen. Als Dwight Akki fragend ansah, wies diese zu Ruth. „Wer weiß wie lange ich noch lebe! Und dann fängt der ganze Mist von vorne an.“
Dwight nickte. „Gut. Sadie wird versuchen anzuzweifeln, dass die Kinder von Lace sind. Zum Glück hat Lace immer fleißig Blut gespendet, so dass wir ihr DNA-Profil ermitteln können ohne sie zu exhumieren und den ganzen Papierkram mit Simropa regeln müssen. Von den Zwillingen werden wir aber Blutproben nehmen müssen.“
Bei dem Wort exhumieren wurde Ruth ganz anders. Zum einen fand sie es unglaublich pietätlos – zum anderen würde man in dem vermeintlichen Grab in Simropa keine Leichen finden. Die Körper von Lace, Jonas und Kennard waren schließlich einfach verschwunden.
„Wie hoch ist die Möglichkeit, dass Sadie sich durchsetzt?“, fragte Ruth nach.
„Mit dem Haus? Ziemlich gering, wenn bewiesen ist, dass es Laces Kinder sind. Alle Dokumente, Urkunden und notariellen Verfügungen sind da sehr eindeutig und wasserdicht.“, erwiderte Anson. „Allerdings...“ Er sah den älteren Anwalt kurz fragend an. Dwight nickte. „Allerdings könnte sie versuchen, die Vormundschaft über die Kinder zu erhalten und damit das Haus doch noch in ihren Besitz zu bringen.“
Ruth wurde schlecht und sie musste sich kurz setzen. Akkis Augen wurden ganz schmall und man konnte fast ein Knurren von ihr hören.
„Seht ihr, Sadie ist ihre Tante, Ruth nur eine indirekte Cousine. Natürlich hat Ruth sich von Geburt an um sie gekümmert, aber Sadie könnte das Verwandtschaftsverhältnis geltend machen. Es sei denn es läge auch da ein Dokument vor, dass anderes behauptet. Dann würden sich Sadies Chancen verringern.“, erläuterte Anson weiter.
Akkis finsterer Gesichtsausdruck erhellte sich. Sie klatschte in die Hände. „Oh, da gibt es tatsächlich etwas!“
„Gibt es?“ Ruth war mindestens so perplex wie die beiden Männer. Akki grinste nur.
„Dwight, ich bringe es morgen vorbei, zusammen mit den Geburtsurkunden von Asher und Ayah.“ Damit war für Akki die Sache erledigt. Man besprach noch ein paar Kleinigkeiten bezüglich des möglichen Prozesses, sollten sich Sadie und ihr Anwalt nicht auf die Vorschläge einlassen, bevor sich die vier wieder unter die anderen Partygäste mischten.
„Es gibt ein Dokument?“, fragte Ruth auf dem Nachhauseweg.
Akki lachte leise. Wie konnte ein so spindeldürrer, kleiner Sim nur eine so tiefe Stimme haben? „Es wird morgen früh eins geben.“ Sie nahm Ruth bei der Hand und drückte sie. „Nach dem Angriff der Beobachter habe ich so ziemlich alles an Schutzmaßnahmen ergriffen, an das ich denken konnte. Und ich habe alle in Frage kommenden Verbündeten zusammengezogen.“ Mit der Hand wies sie zum Friedhof. „Die Senseleute konnte ich nicht auf unsere Seite ziehen, sie sind zur Neutralität verpflichtet.“
„Immerhin.“
„Hm.“, machte Akki. „Sie sind immer eine unbekannte Variable. Nach Jonas Trick mit Felicia und ihrer Einmischung nach Laces Tod bin ich mir nicht sicher, dass sie sich beim nächsten Mal wieder auf unsere Seite stellen oder nicht. Mit Jonas haben wir da einen wirklich guten Verbündeten verloren. Er kannte alle Tricks und Schlupflöcher.“
„Vielleicht argumentierst so besser nicht gegenüber den Kindern.“, erinnerte Ruth sie sanft.
„Um Simmers willen, natürlich nicht!“ Akki tippte sich ans Kinn. „Bleibt noch meine Familie in Moonlight Falls, auch wenn ihr Handlungsspielraum begrenzt ist und ich nicht sicher sein kann, dass sie nach meinem Tod weiterhin helfen werden. Und andere.“
„Das ist heute das zweite Mal, dass du von deinem Tod sprichst.“
Akki sah sie überrascht an. „Wirklich? Oh.“ Sie zuckte mit den Schultern. „In meinem Alter muss ich damit rechnen. Aber ich hab nicht vor allzu bald von der Bildfläche zu verschwinden.“
Mittlerweile waren sie zurück an das Grundstück gekommen, wo sie von zwei breit grinsenden Teenagern begrüßt wurden.
„Euer Grinsen lässt mich nichts Gutes ahnen.“, scherzte Ruth, denn sie sah Stolz und Zufriedenheit in den Gesichtern ihrer Kinder.
„Ach, wir haben nur so ein bisschen aufgeräumt.“, erwiderte Asher super lässig. Hinter ihm verdrehte Ayah die Augen. Ruth zwinkerte ihr zu. Wessen Idee Aufräumen war, war Ruth klar: Ayah war schon als kleines Kind sehr ordentlich gewesen. Der Anblick des Scheuneninneren hatte sie schockiert.
Noch am ersten Abend hatte sie angefangen sich einen Weg durch das Chaos zu bahnen. Als sie eine alte Staffelei und ein paar Leinwände entdeckt hatte, war sie zumindest für den nächsten Morgen ablenkt. Was für Asher das Keyboard war, war für Ayah die Malerei. „Definitiv Darrels Gene.“, murmelte Akki dazu nur.
Erwartungsvoll führten die Teenager Ruth und Akki in die Scheune. Die beiden Simas vermochten ihren Augen kaum zu trauen!“
„Das habt ihr in so kurzer Zeit geschafft?!“, rief Ruth entgeistert aus. „Warum hat das Aufräumen zu Hause denn immer so lange gedauert?“
„Da gab es nie so viel zum Aufräumen.“, erwiderte Ayah ruhig. „Also mehr Zeit zum Trödeln.“
„Wenn Ayah erstmal loslegt, ist sie nicht zu stoppen.“, Asher sah stolz zu seiner Schwester. „Auch wenn sie ganz schön kommandieren kann.“ Er nahm Ruth bei der Hand und führe sie hinter den Paravent. „Und weil du nachts so frierst, haben wir die Schlafsäcke aus dem Zelt in die Scheune geholt.“
Ruth traten mal wieder die Tränen in die Augen und sie drückte die Kinder fest an sich. Akki lehnte sich gegen die Wand und grinste zufrieden.
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
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Irgendwie hatte Asher immer noch gehofft, dass der Aufenthalt in Riverview von kurzer Dauer sein würde. Zwar hatte es etwas abenteuerliches in einem Zelt zu Schlafen und diese alte Scheune aufzuräumen war wirklich spannend (wenn auch zum Teil widerlich – Spinnen!) gewesen. Es war auch ganz nett Akki kennenzulernen, auch wenn er aus seiner vermeintlichen Urgroßmutter nicht so richtig klug wurde. Was die Sache mit seinen Eltern betraf – Asher zog vor NICHT daran zu denken. Er verdrängte es einfach. Sie waren halt tot, aber Ruth war da und obwohl sie jetzt schwanger war, schien sie ihn nicht weniger zu lieben. Also betrachtete er das als kleinen Urlaub, ein Familienausflug sozusagen.
Diese Sicht der Dinge wurde Sonntagabend zerstört, als Ruth den Kindern mitteilte, dass sie dauerhaft bleiben würden und sie morgen ihre Schule in Starlight Shores davon in Kenntnis setzten und die Zwillinge an der Riverview High School anmelden würde. Sogar Ayah war damit unglücklich. Sie hatte sich gerade erst an ihre alte High School gewöhnt und nun sollte sie schon wieder an eine fremde Schule? Mit lauter … Fremden? Ruth versuchte die Wogen zu glätten, indem sie eine Woche extra Ferien spendierte. Der Schule würde sie das schon beibringen. Sie selbst kündigte ihren Job.
Da der Status des Grundstückes bis zur endgültigen Entscheidung unklar war, durften Akki, Ruth und die Zwillinge zwar dort wohnen, aber keine baulichen Maßnahmen durchführen. Das bedeutete, dass weder die Ruine des Haus abgerissen, noch etwas neues aufgebaut werden konnte. Das Haus, in dem Akki und David gewohnt hatten, sowie der Getreidespeicher waren an die weitläufige Verwandtschaft abgegeben worden, so dass nur die Scheune blieb. Der Wechsel vom Zelt in die Scheune tat allen gut, besonders da der Winter mit schnellen Schritten auf Riverview zu eilte.
Mitten im Schuljahr als Neue auf die Schule zu kommen, war für beide Kinder schwer. Doch wie gewohnt fand Asher schnell Anschluss, während Ayah sich schwer tat. Sie huschte zwischen den Klassenräumen hin und her und raste sobald wie möglich aus dem Gebäude. Natürlich suchte sie sich keine AG, sondern vergrub sich zu Hause, wo sie Akki und Ruth beim Aufräumen half. Sie und Asher hatten alles, was sie nicht zuordnen konnten, zunächst in den Keller geschleppt, so sie es nun sortierten. Dabei fiel Ruth und Ayah das erste Mal eine merkwürdige Tür auf.
„Ach das?“ Akki grinste. „Die Tür habe ich von … Freunden bekommen. Sie lässt nur mich und die Sims durch, deren Handabdruck, Retinascan und DNA-Profil von mir autorisiert wurden.“
„Das ist ganz schön Hightech.“ So etwas war Ruth während ihrer ganzen Karriere in der Sicherheitsbranche nicht untergekommen und sie hatte es mit hochprofiligen Kunden zu tun gehabt. Die Tür und ihre Sicherheitsmerkmale schrien mindesten nach Militär, wenn nicht sogar nach Geheimdienst.
„Nicht schlecht oder?“ Akki ging zur Tür, sah durch eine kleine Linse und legte ihre Hand auf eine Platte. Eine winzige Nadel kam aus der Platte und piekste sie in den Mittelfinger. Für den Bruchteil einer Sekunde erschien eine stilisierte Sanduhr als projiziertes Hologram vor der Tür, dann schob sie sich mit einem hydraulischen Geräusch auf. Akki winkte die beiden anderen herein. In einer Ecke stand ein hölzerner Bücherstand, vor dem ein ominös aussehender Kessel auf einem Dreifuß stand. Es wirkte sehr mittelalterlich – nur der Hochleistungsrechner, der daneben aufgebaut war, brach das Bild. In der anderen Ecke stand ein medizinisches aussehendes Gerät.
„Mein Alchemietisch.“, sagte Akki, als würde das alles erklären. Sie wies zum PC. „Damit kann ich unsere Verbündeten erreichen. Sicher! Und damit … kann ich Beobachter zweifelsfrei identifizieren.“
Ruth und Ayah sahen sich verwundert an und starrten auf die drei Geräte. Akki wirkte in dem Neonlicht des Raumes – vor allem in Kombination mit der Einrichtung – unheimlich. Doch als sie lachte verflog der Eindruck. „Ganz schön mysteriös oder? Aber letztendlich alles halb so wild.“
Ruth wies auf das letztgenannte Gerät. „Wenn du Beobachter damit identifizieren willst, musst du sie dann nicht herbringen? Ist das nicht … Entführung?!“
Akki zog die Augenbrauen hoch. „Ernsthaft, Ruth?“
„Ich mein ja nur...“
Akki lachte abermals. Ruth verglich ihr Lachen und auch ihre Stimme mit dunklem, zähen Honig. Bei dem Gedanken knurrte ihr der Magen. „Ach Ruth, ich hoffe ich muss es nie testen. Ist auch mehr ein Überbleibsel aus meiner Zeit als Forscherin in Moonlight Falls. Wichtiger sind der Alchemietisch und der Computer.“
„Was äh...braust denn du da?“ Ayah sah sich mit großen Augen um.
„Vor allem was gegen meine Arthrose.“, knurrte ihre Urgroßmutter. „Hausmittelchen gegen alles mögliche, aber besonders Schutzelixiere und so was.“
„Und der PC?“ Ruth wurde etwas stinkig, weil ihr Hunger zunahm.
„Damit halte ich Kontakt zu … zu...“ Sie grummelte ein Schimpfwort so leise und guttural, dass die anderen es kaum verstanden. „Maulsperre.“
Ruth nickte wissend, Ayah verstand nur Bahnhof. Akki klopfte ihr auf die Schulter. „Keine Sorge, Kind. Mit der Zeit wirst du alles verstehen.“
In diesem Moment hörten sie Asher seine Heimkehr – und seinen Hunger – lauthals kundtun. Die drei Simas kicherten. Ruth und Ayah eilten nach oben, während Akki die Tür hinter sich verschloss.
„Du solltest es wenigstens versuchen.“ Asher schob seine Nudeln auf dem Teller hin und her. Im Obergeschoss der Scheune hatten sie immerhin einen alten Herd wieder anschließen können. Den Kühlschrank hatten er, Ayah und Akki, die für ihr Alter und ihre Statur erstaunlich kräftig war, nach oben geschleppt, während sie Ruth nur erlaubt hatten, einzelne Teile (wie zwei Flaschen Milch oder einem Eierkarton und einer Packung Käse) nach oben zu tragen. Ruth zeigte ihnen einen Vogel, aber als die anderen nicht hinsahen, wischte sie sich Tränchen weg.
„Nein.“ Ayahs Erwiderung war kurz und knapp. „Ich trete nicht der Kunst AG bei. Oder der Koch AG. Oder sonst irgendeiner AG, bei der ich mit anderen Schülern interagieren muss!“ Sie schob den Teller von sich, der Appetit war ihr vergangen.
„Aber ...“
„Asher, kein aber.“ Ayah nahm die Reste ihres Essens und stellte sie in den Kühlschrank. „Außerdem hab ich hier genug zu tun. Ich will noch die Bettrahmen streichen, das Babybett muss ich auch neu zusammensetzen.“
Asher starrte auf seinen Teller und seufzte. Er wünschte wirklich Nigel wäre bei ihm. Natürlich hatte er schon ein paar Bekanntschaften geschlossen, aber er vermisste Nigel jeden Tag. Er war sich sicher, dass Ayah genauso ging, nur dass er sich auch neuen Sims öffnete, während sie hier einen auf Hausmütterchen machte und so tat als sei Akki (sie Grandma oder so zu nennen kam ihm nicht so recht über die Lippen) zu alt und hinfällig und Mom zu schwanger und hilflos (die Ruth-Sache war vorbei). Gut, die beiden waren wirklich viel bei diesem Anwalt und bei Gericht, denn natürlich hatte sich die olle Sadie nicht auf eine andere Lösung eingelassen. Aber Akki wirkte selten wie eine alte Frau, auch wenn sie so aussah und Ruth sah man ihre Schwangerschaft noch gar nicht an. Apropos Schwangerschaft.... „Äh, Ayah, was mir noch einfällt...“, rief er seiner Schwester hinterher.
„Interessiert mich nicht!“, brüllte sie zurück. Wow, sie war echt sauer, dass er so darauf beharrte, sich dem Schulleben mehr zu öffnen.
„Dann kümmer' ich mich halt allein drum.“
Diese Sicht der Dinge wurde Sonntagabend zerstört, als Ruth den Kindern mitteilte, dass sie dauerhaft bleiben würden und sie morgen ihre Schule in Starlight Shores davon in Kenntnis setzten und die Zwillinge an der Riverview High School anmelden würde. Sogar Ayah war damit unglücklich. Sie hatte sich gerade erst an ihre alte High School gewöhnt und nun sollte sie schon wieder an eine fremde Schule? Mit lauter … Fremden? Ruth versuchte die Wogen zu glätten, indem sie eine Woche extra Ferien spendierte. Der Schule würde sie das schon beibringen. Sie selbst kündigte ihren Job.
Da der Status des Grundstückes bis zur endgültigen Entscheidung unklar war, durften Akki, Ruth und die Zwillinge zwar dort wohnen, aber keine baulichen Maßnahmen durchführen. Das bedeutete, dass weder die Ruine des Haus abgerissen, noch etwas neues aufgebaut werden konnte. Das Haus, in dem Akki und David gewohnt hatten, sowie der Getreidespeicher waren an die weitläufige Verwandtschaft abgegeben worden, so dass nur die Scheune blieb. Der Wechsel vom Zelt in die Scheune tat allen gut, besonders da der Winter mit schnellen Schritten auf Riverview zu eilte.
Mitten im Schuljahr als Neue auf die Schule zu kommen, war für beide Kinder schwer. Doch wie gewohnt fand Asher schnell Anschluss, während Ayah sich schwer tat. Sie huschte zwischen den Klassenräumen hin und her und raste sobald wie möglich aus dem Gebäude. Natürlich suchte sie sich keine AG, sondern vergrub sich zu Hause, wo sie Akki und Ruth beim Aufräumen half. Sie und Asher hatten alles, was sie nicht zuordnen konnten, zunächst in den Keller geschleppt, so sie es nun sortierten. Dabei fiel Ruth und Ayah das erste Mal eine merkwürdige Tür auf.
„Ach das?“ Akki grinste. „Die Tür habe ich von … Freunden bekommen. Sie lässt nur mich und die Sims durch, deren Handabdruck, Retinascan und DNA-Profil von mir autorisiert wurden.“
„Das ist ganz schön Hightech.“ So etwas war Ruth während ihrer ganzen Karriere in der Sicherheitsbranche nicht untergekommen und sie hatte es mit hochprofiligen Kunden zu tun gehabt. Die Tür und ihre Sicherheitsmerkmale schrien mindesten nach Militär, wenn nicht sogar nach Geheimdienst.
„Nicht schlecht oder?“ Akki ging zur Tür, sah durch eine kleine Linse und legte ihre Hand auf eine Platte. Eine winzige Nadel kam aus der Platte und piekste sie in den Mittelfinger. Für den Bruchteil einer Sekunde erschien eine stilisierte Sanduhr als projiziertes Hologram vor der Tür, dann schob sie sich mit einem hydraulischen Geräusch auf. Akki winkte die beiden anderen herein. In einer Ecke stand ein hölzerner Bücherstand, vor dem ein ominös aussehender Kessel auf einem Dreifuß stand. Es wirkte sehr mittelalterlich – nur der Hochleistungsrechner, der daneben aufgebaut war, brach das Bild. In der anderen Ecke stand ein medizinisches aussehendes Gerät.
„Mein Alchemietisch.“, sagte Akki, als würde das alles erklären. Sie wies zum PC. „Damit kann ich unsere Verbündeten erreichen. Sicher! Und damit … kann ich Beobachter zweifelsfrei identifizieren.“
Ruth und Ayah sahen sich verwundert an und starrten auf die drei Geräte. Akki wirkte in dem Neonlicht des Raumes – vor allem in Kombination mit der Einrichtung – unheimlich. Doch als sie lachte verflog der Eindruck. „Ganz schön mysteriös oder? Aber letztendlich alles halb so wild.“
Ruth wies auf das letztgenannte Gerät. „Wenn du Beobachter damit identifizieren willst, musst du sie dann nicht herbringen? Ist das nicht … Entführung?!“
Akki zog die Augenbrauen hoch. „Ernsthaft, Ruth?“
„Ich mein ja nur...“
Akki lachte abermals. Ruth verglich ihr Lachen und auch ihre Stimme mit dunklem, zähen Honig. Bei dem Gedanken knurrte ihr der Magen. „Ach Ruth, ich hoffe ich muss es nie testen. Ist auch mehr ein Überbleibsel aus meiner Zeit als Forscherin in Moonlight Falls. Wichtiger sind der Alchemietisch und der Computer.“
„Was äh...braust denn du da?“ Ayah sah sich mit großen Augen um.
„Vor allem was gegen meine Arthrose.“, knurrte ihre Urgroßmutter. „Hausmittelchen gegen alles mögliche, aber besonders Schutzelixiere und so was.“
„Und der PC?“ Ruth wurde etwas stinkig, weil ihr Hunger zunahm.
„Damit halte ich Kontakt zu … zu...“ Sie grummelte ein Schimpfwort so leise und guttural, dass die anderen es kaum verstanden. „Maulsperre.“
Ruth nickte wissend, Ayah verstand nur Bahnhof. Akki klopfte ihr auf die Schulter. „Keine Sorge, Kind. Mit der Zeit wirst du alles verstehen.“
In diesem Moment hörten sie Asher seine Heimkehr – und seinen Hunger – lauthals kundtun. Die drei Simas kicherten. Ruth und Ayah eilten nach oben, während Akki die Tür hinter sich verschloss.
„Du solltest es wenigstens versuchen.“ Asher schob seine Nudeln auf dem Teller hin und her. Im Obergeschoss der Scheune hatten sie immerhin einen alten Herd wieder anschließen können. Den Kühlschrank hatten er, Ayah und Akki, die für ihr Alter und ihre Statur erstaunlich kräftig war, nach oben geschleppt, während sie Ruth nur erlaubt hatten, einzelne Teile (wie zwei Flaschen Milch oder einem Eierkarton und einer Packung Käse) nach oben zu tragen. Ruth zeigte ihnen einen Vogel, aber als die anderen nicht hinsahen, wischte sie sich Tränchen weg.
„Nein.“ Ayahs Erwiderung war kurz und knapp. „Ich trete nicht der Kunst AG bei. Oder der Koch AG. Oder sonst irgendeiner AG, bei der ich mit anderen Schülern interagieren muss!“ Sie schob den Teller von sich, der Appetit war ihr vergangen.
„Aber ...“
„Asher, kein aber.“ Ayah nahm die Reste ihres Essens und stellte sie in den Kühlschrank. „Außerdem hab ich hier genug zu tun. Ich will noch die Bettrahmen streichen, das Babybett muss ich auch neu zusammensetzen.“
Asher starrte auf seinen Teller und seufzte. Er wünschte wirklich Nigel wäre bei ihm. Natürlich hatte er schon ein paar Bekanntschaften geschlossen, aber er vermisste Nigel jeden Tag. Er war sich sicher, dass Ayah genauso ging, nur dass er sich auch neuen Sims öffnete, während sie hier einen auf Hausmütterchen machte und so tat als sei Akki (sie Grandma oder so zu nennen kam ihm nicht so recht über die Lippen) zu alt und hinfällig und Mom zu schwanger und hilflos (die Ruth-Sache war vorbei). Gut, die beiden waren wirklich viel bei diesem Anwalt und bei Gericht, denn natürlich hatte sich die olle Sadie nicht auf eine andere Lösung eingelassen. Aber Akki wirkte selten wie eine alte Frau, auch wenn sie so aussah und Ruth sah man ihre Schwangerschaft noch gar nicht an. Apropos Schwangerschaft.... „Äh, Ayah, was mir noch einfällt...“, rief er seiner Schwester hinterher.
„Interessiert mich nicht!“, brüllte sie zurück. Wow, sie war echt sauer, dass er so darauf beharrte, sich dem Schulleben mehr zu öffnen.
„Dann kümmer' ich mich halt allein drum.“
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
Unerwarteter Besuch
Die Kinder liebten den Schnee. Besonders Ayah konnte gar nicht genug davon kriegen. In Starlight Shores hatte es nie geschneit, die Temperaturen sanken selten unter 15 Grad Celsius und drei Tage Regen am Stück glichen schon einem Weltuntergang. In Riverview gab es jede Jahreszeit mit ihren Extremen. Ruth hatte den Herbst mit seinen Regentagen und dem Nebel früher sehr gemocht, als das Haus noch stand und man sich vor den Kamin kuscheln konnte. Die Scheune und die Schlafsäcke waren kein Ersatz, auch wenn die Scheune immerhin dicht war. Den Winter mit seiner klaren Luft, den eisigen Temperaturen und dem vielen Schnee fand sie nicht weniger kalt, aber zu sehen wie viel Spaß die Teenager am Schnee hatten war schon eine Freunde.
„Du kannst jetzt nach unten kommen!“, rief Asher und unterbrach damit Ruths Gedankengang. Lächelnd beeilte Ruth sich die Treppe hinunter zu steigen. Ayah und Asher grinsten wie Honigkuchenpferde und auch Akki wirkte sehr zufrieden.
„Tadaaa!“ Ayah zeigte auf die Ecke in der vor kurzem noch vier Schlafsäcke gelegen hatten. Dort standen nun zwei Stockbetten. Unterm dem linken war ein Babybett aufgebaut.
„Yep, sie heult schon wieder.“, verkündete Asher wenig mitfühlend. Ruth boxte ihn liebevoll in die Seite und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.
„Bäh, Mom, dafür bin ich echt zu alt!“
Ruth grinste und nahm Ayah in die Arme. „Ich weiß du hast dich am meisten ins Zeug gelegt. Danke mein Schatz.“
Ayah lächelte bescheiden. „Dir und Akki taten eure Rücken so weh und so ist doch viel wohnlicher.“ Dann starrte sie für einen Moment ihre Fußspitzen an. Ruth merkte, dass sie noch etwas sagen wollte, doch Ayah schien sich nicht zu trauen. Hilfesuchend sah sich das Mädchen nach seinem Bruder um. Der grinste breit und räusperte sich.
„Ich war so frei, ein bisschen Hilfe zu suchen. Jemand, der auch Anteil an einigen Dingen haben sollte.“, verkündete er und öffnete die Scheunentür. Er winkte jemandem.
Ruth starrte Luke sprachlos an. Mit ihm hatte sie absolut nicht gerechnet. Tatsächlich hatte sie ihn vergessen. Schlagartig fiel ihr ein, dass sie im Herbst nur kurz den gemeinsamen Termin abgesagt hatte und danach einfach keine Zeit hatte, sich mit ihm auseinanderzusetzen. Luke lächelte vorsichtig. Ayah machte sich winzig, obwohl sie schon mit ihm zusammen an den Möbeln geschraubt hatte. Er war seit dem Vortag in Riverview und hatte ihn seinem Auto geschlafen (Standheizung sei Dank!). Am ersten Abend hatte er einen wärmenden Trunk von Akki erhalten. Da musste reichlich Alkohol drin gewesen sein, denn Luke war erst am nächsten Morgen mit einem besonders dicken Schädel aufgewacht.
„Asher war so freundlich mir zu erklären, warum du dich von heute auf morgen nicht mehr gemeldet hast.“, erklärte Luke seine Anwesenheit. Die Kinder und Akki waren hoch gegangen. Lukes Ton klang schärfer als beabsichtigt.
„Es tut mir wirklich leid Luke. Als ich vom Tod meines Cousins hörte, musste ich sofort kommen.“ Ruth fragte sich, was die Kinder Luke erzählt hatten: Die altbekannte Paranoia stieg in ihr auf. Dann erinnerte sie sich an Akkis Gesicht, das ihr beruhigend zugenickt hatte, als sie mit den Kindern das Erdgeschoss verlassen hatte. Akki wäre doch nicht so ruhig, wenn von Luke eine Gefahr ausgehen würde oder?
Luke seufzte und rieb sich das Gesicht. „Ach Ruth, ich wollte dich nicht anpampen. Ich habe mir nur Sorgen gemacht, weil du so plötzlich von der Bildfläche verschwunden bist.“ Er sah zögerlich auf ihren Bauch, der langsam eine erste Wölbung zeigte. „Und ob du es dir vielleicht doch anders überlegt hast.“
Schützend legte Ruth ihre Hände um ihren Unterleib. „Natürlich nicht!“
Luke grinste über die Antwort breit. „Gut! Ich kann es kaum erwarten Daddy zu sein.“ Er drückte kurz ihre Hand. „Auch wenn ich nicht immer da sein kann.“
Ruth erinnerte sich, dass er ihr erzählt hatte, für ein Architekturbüro zu arbeiten und Baustellen zu leiten. Deswegen reiste er viel.
„Die Kids sind toll. Ich finde es großartig, dass du sie aufgenommen hast.“
„Ähm, Luke versteh mich nicht falsch, aber was genau haben dir Akki und die Zwillinge erzählt?“
Er sah sie verwundert von der Seite an. Vielleicht war die Überraschung doch ein bisschen viel gewesen. „Dass du die Kids nachdem Tod ihrer Eltern aufgenommen hast und mit ihnen nach Starlight Shores gezogen bist. Und als dein Cousin gestorben ist, bist du wegen der Nachlassangelegenheit mit ihnen wieder hergekommen.“ Er lächelte. „Ayah ist eine wirklich tolle Handwerkerin. Ich glaube, sie hätte mich gar nicht gebraucht, aber Asher bestand darauf, dass ich komme und helfe.“ Als er Ruths Lächeln sah, grinste er noch breiter. Die Tränen in ihren Augen allerdings … Asher hatte ihn ja vorgewarnt, aber so schlimm hatte er er sich nicht vorgestellt. „Deine Tante macht übrigens höllische Drinks! Einen zum aufwärmen hat sie mir gestern gegeben, der hat mich total aus den Socken gehauen. Und normalerweise bin ich nicht so empfindlich.“
„So, tut sie das?“ Ruth dachte an den Alchemiekessel und das komische medizinische Gerät. Mit Akki musste sie dringend ein Wörtchen reden!
Luke hatte ein paar Tage frei und verbrachte viel Zeit mit Ausbesserungsarbeiten. Ayah gewöhnte sich schnell an ihn und bald kommandierte sie ihn genauso herum wie ihren Bruder. Mit Ruth besuchte er den Gynäkologen und als sie das Ultraschallbild von dem, was einmal ihr Baby werden würde, zum ersten mal sahen, hatten beide Tränen in den Augen. Mit Asher unterhielt er sich über Sport und Musik. Akki schien sich die ganze Zeit königlich über ihn zu amüsieren. Getränke nahm er von ihr allerdings keine mehr an.
Kurz vor Weihnachten musste Luke jedoch wieder arbeiten und verließ Riverview. Er würde erst im neuen Jahr zurückkehren. Mittlerweile hatte das Gericht entschieden, dass die Kinder das Haus erben würden. Es ging nur noch darum, ob Sadie eine Entschädigungszahlung erhalten sollte und wer das Sorgerecht für die Kinder erhielt. Nachdem Dwight offenlegen konnten, dass sowohl Eve als auch Sadie zu ihrem achtzehnten Geburtstag eine hohe Geldsumme, die ein Drittel des Gegenwertes des Hauses und des Grundstückes mehr als abdeckte, erhalten hatten, war die Entschädigung vom Tisch. Zwei Tage für Heiligabend wurden die Kinder vorgeladen und musste sich dazu äußern bei wem sie leben wollten. Ayah schaffte es so gerade ein „Bei meiner Mom, also Ruth und Akki.“, hervorzubringen, während Asher den Richter bestimmt eine halbe Stunde bequatschte wie toll Ruth war und was für eine scheußliche Tus- … äh Person Sadie war. Er schilderte mehr als ausführlich seine erste (und einzige) Begegnung mit ihr. Nach der Anhörung reichte Dwight noch ein Dokument ein, dass Lace angeblich schon lange vor der Schwangerschaft erstellt hatte. Darin stand zunächst, dass sollte Lace Kinder haben und ihr etwas zu stoßen, dass sie ihre Eltern oder Felicia Kelly Joy-Dean mit der Vormundschaft vertraute. Das war nach Felicas Tod geändert worden, stattdessen standen dort nur noch Ruth Dingstill, Jonas Stahl und Kennard Halford. Da die Männer beide tot waren (und der Name des Vaters in den Geburtsurkunden auch geheim blieb), blieb nur Ruth. Das Dokument war in Bridgeport aktualisiert worden. Ruth fragte sich wie Akki an eine derartig gute Fälschung erhalten hatte. Hatte ihre Familie aus Moonlight Falls ihre Hände im Spiel? Oder die Freunde mit dem Hightech-Spielzeug? Akki hob jedes mal nur die Schultern und verwies auf die Maulsperre.
Da die Entscheidung vor Weihnachten nicht getroffen wurde, war es ein eher nüchternes Fest. Ein paar Verwandte schneiten herein und wünschten ein frohes Fest. Die meisten verstanden Sadie nicht und schnitten sie. Dass Ruth die Kinder so lange „unter Verschluss gehalten“ hatte, fand allerdings auch nicht viel Zuspruch, zumal Ruth immer schon eine Außenseiterin gewesen war. Akki wurde respektiert, auch wenn ein paar der älteren Nichten und Neffen sich daran erinnerten, dass sie ihren Sohn als Kleinkind einfach bei seinem Vater abgeliefert hatte und erst Jahre später zurückgekehrt war. Kurzum: Mehr als ein paar Nettigkeiten wurden selten ausgetauscht. Der enge Zusammenhalt der Felingers schien mit jeder neuen Generation abzunehmen. Es schmerzte Akki, die daran dachte, wie sehr Darrel und Kira im Kreis ihrer Lieben aufgegangen waren. Aber das Fehlen der beiden war vielleicht auch mit der Grund für den mangelnden Zusammenhalt. Es gab keine wirklichen Oberhäupter mehr. Weder David noch Gabriel oder Lace hatten jemals diesen Anspruch. Dazu kam, dass bis auf Ruth, Akki und Zwillinge keiner der Felingers mehr von den Beobachtern wusste. Wenn Akki dies bewusst wurde, vermisste sie David und Izzy besonders schmerzlich.
Zwischen den Jahren kam Dwight eines Morgens breit grinsend vorbei. Er wedelte mit einem offiziell aussehenden Dokument und wirkte mehr als zufrieden mit sich.
„Ein verspätetes Weihnachtsgeschenk, meine Lieben.“ Er überreichte das Dokument Akki. „Schwarz auf weiß steht hier, dass das Grundstück Asher und Ayah zu gleichen Teilen gehört. Ruth und Akki, ihr seid ihre gleichberechtigten Vormünder und Verwalter des Grundstücks bis die beiden volljährig sind. Wir haben es geschafft!“
Dwight drückte die beiden Frauen und verließ fröhlich pfeifend das Grundstück. Ohne zu ihr zu sehen, reichte Akki Ruth ein Taschentuch und überflog den Inhalt. Sie lächelte zufrieden.
Asher und Ayah hatten Dwights Nachricht mitbekommen. Asher grinste breit. Ayah seufzte. „Heißt das, dass ich endlich damit anfangen die Ruinen abzureißen?“
„Du kannst jetzt nach unten kommen!“, rief Asher und unterbrach damit Ruths Gedankengang. Lächelnd beeilte Ruth sich die Treppe hinunter zu steigen. Ayah und Asher grinsten wie Honigkuchenpferde und auch Akki wirkte sehr zufrieden.
„Tadaaa!“ Ayah zeigte auf die Ecke in der vor kurzem noch vier Schlafsäcke gelegen hatten. Dort standen nun zwei Stockbetten. Unterm dem linken war ein Babybett aufgebaut.
„Yep, sie heult schon wieder.“, verkündete Asher wenig mitfühlend. Ruth boxte ihn liebevoll in die Seite und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.
„Bäh, Mom, dafür bin ich echt zu alt!“
Ruth grinste und nahm Ayah in die Arme. „Ich weiß du hast dich am meisten ins Zeug gelegt. Danke mein Schatz.“
Ayah lächelte bescheiden. „Dir und Akki taten eure Rücken so weh und so ist doch viel wohnlicher.“ Dann starrte sie für einen Moment ihre Fußspitzen an. Ruth merkte, dass sie noch etwas sagen wollte, doch Ayah schien sich nicht zu trauen. Hilfesuchend sah sich das Mädchen nach seinem Bruder um. Der grinste breit und räusperte sich.
„Ich war so frei, ein bisschen Hilfe zu suchen. Jemand, der auch Anteil an einigen Dingen haben sollte.“, verkündete er und öffnete die Scheunentür. Er winkte jemandem.
Ruth starrte Luke sprachlos an. Mit ihm hatte sie absolut nicht gerechnet. Tatsächlich hatte sie ihn vergessen. Schlagartig fiel ihr ein, dass sie im Herbst nur kurz den gemeinsamen Termin abgesagt hatte und danach einfach keine Zeit hatte, sich mit ihm auseinanderzusetzen. Luke lächelte vorsichtig. Ayah machte sich winzig, obwohl sie schon mit ihm zusammen an den Möbeln geschraubt hatte. Er war seit dem Vortag in Riverview und hatte ihn seinem Auto geschlafen (Standheizung sei Dank!). Am ersten Abend hatte er einen wärmenden Trunk von Akki erhalten. Da musste reichlich Alkohol drin gewesen sein, denn Luke war erst am nächsten Morgen mit einem besonders dicken Schädel aufgewacht.
„Asher war so freundlich mir zu erklären, warum du dich von heute auf morgen nicht mehr gemeldet hast.“, erklärte Luke seine Anwesenheit. Die Kinder und Akki waren hoch gegangen. Lukes Ton klang schärfer als beabsichtigt.
„Es tut mir wirklich leid Luke. Als ich vom Tod meines Cousins hörte, musste ich sofort kommen.“ Ruth fragte sich, was die Kinder Luke erzählt hatten: Die altbekannte Paranoia stieg in ihr auf. Dann erinnerte sie sich an Akkis Gesicht, das ihr beruhigend zugenickt hatte, als sie mit den Kindern das Erdgeschoss verlassen hatte. Akki wäre doch nicht so ruhig, wenn von Luke eine Gefahr ausgehen würde oder?
Luke seufzte und rieb sich das Gesicht. „Ach Ruth, ich wollte dich nicht anpampen. Ich habe mir nur Sorgen gemacht, weil du so plötzlich von der Bildfläche verschwunden bist.“ Er sah zögerlich auf ihren Bauch, der langsam eine erste Wölbung zeigte. „Und ob du es dir vielleicht doch anders überlegt hast.“
Schützend legte Ruth ihre Hände um ihren Unterleib. „Natürlich nicht!“
Luke grinste über die Antwort breit. „Gut! Ich kann es kaum erwarten Daddy zu sein.“ Er drückte kurz ihre Hand. „Auch wenn ich nicht immer da sein kann.“
Ruth erinnerte sich, dass er ihr erzählt hatte, für ein Architekturbüro zu arbeiten und Baustellen zu leiten. Deswegen reiste er viel.
„Die Kids sind toll. Ich finde es großartig, dass du sie aufgenommen hast.“
„Ähm, Luke versteh mich nicht falsch, aber was genau haben dir Akki und die Zwillinge erzählt?“
Er sah sie verwundert von der Seite an. Vielleicht war die Überraschung doch ein bisschen viel gewesen. „Dass du die Kids nachdem Tod ihrer Eltern aufgenommen hast und mit ihnen nach Starlight Shores gezogen bist. Und als dein Cousin gestorben ist, bist du wegen der Nachlassangelegenheit mit ihnen wieder hergekommen.“ Er lächelte. „Ayah ist eine wirklich tolle Handwerkerin. Ich glaube, sie hätte mich gar nicht gebraucht, aber Asher bestand darauf, dass ich komme und helfe.“ Als er Ruths Lächeln sah, grinste er noch breiter. Die Tränen in ihren Augen allerdings … Asher hatte ihn ja vorgewarnt, aber so schlimm hatte er er sich nicht vorgestellt. „Deine Tante macht übrigens höllische Drinks! Einen zum aufwärmen hat sie mir gestern gegeben, der hat mich total aus den Socken gehauen. Und normalerweise bin ich nicht so empfindlich.“
„So, tut sie das?“ Ruth dachte an den Alchemiekessel und das komische medizinische Gerät. Mit Akki musste sie dringend ein Wörtchen reden!
Luke hatte ein paar Tage frei und verbrachte viel Zeit mit Ausbesserungsarbeiten. Ayah gewöhnte sich schnell an ihn und bald kommandierte sie ihn genauso herum wie ihren Bruder. Mit Ruth besuchte er den Gynäkologen und als sie das Ultraschallbild von dem, was einmal ihr Baby werden würde, zum ersten mal sahen, hatten beide Tränen in den Augen. Mit Asher unterhielt er sich über Sport und Musik. Akki schien sich die ganze Zeit königlich über ihn zu amüsieren. Getränke nahm er von ihr allerdings keine mehr an.
Kurz vor Weihnachten musste Luke jedoch wieder arbeiten und verließ Riverview. Er würde erst im neuen Jahr zurückkehren. Mittlerweile hatte das Gericht entschieden, dass die Kinder das Haus erben würden. Es ging nur noch darum, ob Sadie eine Entschädigungszahlung erhalten sollte und wer das Sorgerecht für die Kinder erhielt. Nachdem Dwight offenlegen konnten, dass sowohl Eve als auch Sadie zu ihrem achtzehnten Geburtstag eine hohe Geldsumme, die ein Drittel des Gegenwertes des Hauses und des Grundstückes mehr als abdeckte, erhalten hatten, war die Entschädigung vom Tisch. Zwei Tage für Heiligabend wurden die Kinder vorgeladen und musste sich dazu äußern bei wem sie leben wollten. Ayah schaffte es so gerade ein „Bei meiner Mom, also Ruth und Akki.“, hervorzubringen, während Asher den Richter bestimmt eine halbe Stunde bequatschte wie toll Ruth war und was für eine scheußliche Tus- … äh Person Sadie war. Er schilderte mehr als ausführlich seine erste (und einzige) Begegnung mit ihr. Nach der Anhörung reichte Dwight noch ein Dokument ein, dass Lace angeblich schon lange vor der Schwangerschaft erstellt hatte. Darin stand zunächst, dass sollte Lace Kinder haben und ihr etwas zu stoßen, dass sie ihre Eltern oder Felicia Kelly Joy-Dean mit der Vormundschaft vertraute. Das war nach Felicas Tod geändert worden, stattdessen standen dort nur noch Ruth Dingstill, Jonas Stahl und Kennard Halford. Da die Männer beide tot waren (und der Name des Vaters in den Geburtsurkunden auch geheim blieb), blieb nur Ruth. Das Dokument war in Bridgeport aktualisiert worden. Ruth fragte sich wie Akki an eine derartig gute Fälschung erhalten hatte. Hatte ihre Familie aus Moonlight Falls ihre Hände im Spiel? Oder die Freunde mit dem Hightech-Spielzeug? Akki hob jedes mal nur die Schultern und verwies auf die Maulsperre.
Da die Entscheidung vor Weihnachten nicht getroffen wurde, war es ein eher nüchternes Fest. Ein paar Verwandte schneiten herein und wünschten ein frohes Fest. Die meisten verstanden Sadie nicht und schnitten sie. Dass Ruth die Kinder so lange „unter Verschluss gehalten“ hatte, fand allerdings auch nicht viel Zuspruch, zumal Ruth immer schon eine Außenseiterin gewesen war. Akki wurde respektiert, auch wenn ein paar der älteren Nichten und Neffen sich daran erinnerten, dass sie ihren Sohn als Kleinkind einfach bei seinem Vater abgeliefert hatte und erst Jahre später zurückgekehrt war. Kurzum: Mehr als ein paar Nettigkeiten wurden selten ausgetauscht. Der enge Zusammenhalt der Felingers schien mit jeder neuen Generation abzunehmen. Es schmerzte Akki, die daran dachte, wie sehr Darrel und Kira im Kreis ihrer Lieben aufgegangen waren. Aber das Fehlen der beiden war vielleicht auch mit der Grund für den mangelnden Zusammenhalt. Es gab keine wirklichen Oberhäupter mehr. Weder David noch Gabriel oder Lace hatten jemals diesen Anspruch. Dazu kam, dass bis auf Ruth, Akki und Zwillinge keiner der Felingers mehr von den Beobachtern wusste. Wenn Akki dies bewusst wurde, vermisste sie David und Izzy besonders schmerzlich.
Zwischen den Jahren kam Dwight eines Morgens breit grinsend vorbei. Er wedelte mit einem offiziell aussehenden Dokument und wirkte mehr als zufrieden mit sich.
„Ein verspätetes Weihnachtsgeschenk, meine Lieben.“ Er überreichte das Dokument Akki. „Schwarz auf weiß steht hier, dass das Grundstück Asher und Ayah zu gleichen Teilen gehört. Ruth und Akki, ihr seid ihre gleichberechtigten Vormünder und Verwalter des Grundstücks bis die beiden volljährig sind. Wir haben es geschafft!“
Dwight drückte die beiden Frauen und verließ fröhlich pfeifend das Grundstück. Ohne zu ihr zu sehen, reichte Akki Ruth ein Taschentuch und überflog den Inhalt. Sie lächelte zufrieden.
Asher und Ayah hatten Dwights Nachricht mitbekommen. Asher grinste breit. Ayah seufzte. „Heißt das, dass ich endlich damit anfangen die Ruinen abzureißen?“
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
T
„Ich dachte, jetzt, wo das Baby da ist, wäre Ayah eher bereit, einem Club beizutreten. Wo zuhause so viel los ist.“ Asher kickte einen Kiesel weg und starrte dem Steinchen hinterher. Dann wendete er sich Anissa in der Hoffnung zu, dass sie ihm zustimmte. Doch seine neue beste Freundin (eigentlich zweitbeste Freundin, denn er sprach weiterhin jeden Tag mit Nigel über Skype) schüttelte den Kopf.
„Erstens hat das Baby.“ Sie unterstrich ihr Missfallen über Ashers Gebrauch des Wortes mit gestikulierten Gänsefüßchen. „Einen Namen. Zweitens: Lass Deine Schwester doch machen, was sie will.“
„Pfffff.“ Asher schob die Hände in die Tasche seiner hautengen Hose und zog einen Schmollmund. „Wie sieht das denn aus? Sie immer so gerade eben vorm Lehrer in den Raum und ist die erste, die wieder draußen ist. Und in den Pausen verkrümelt sie sich wer-weiß-wohin.“
„Ich glaube, du bist besorgter um DEINEN Ruf als um Ayahs.“, gab Anissa zu bedenken. Sie musste ein Grinsen unterdrücken. Manchmal war Asher einfach zu leicht zu durchschauen.
Ertappt sah Asher zu Boden. „Vielleicht. Ein ganz kleines bisschen?“
Anissa nickte nur. Schule konnte in höllischer Ort sein. Als Neue hatten die Zwillinge es auch nach ein Monaten nicht leicht. Durch sein musikalisches Talent und weil er ziemlich cool war (meistens), hatte Asher schnell Anschluss gewonnen. Zwar blieb ihm der Zugang zu der High Society der Schule – den richtig erfolgreichen Teamsportlern und Cheerleadern – verwehrt, aber hatte einen ganz guten Stand. Ayah hingegen … - Anissa unterdrückte ein Seufzen. Aus der Schwester ihres Kumpels wurde sie nicht schlau. Sie hatte versucht sich mit ihr anzufreunden, aber Ayah brachte selten mehr als ein Nicken oder ein Kopfschütteln zu stande. Immerhin konnte sie Anissa in die Augen sehen und sogar lächelnd. Aber als Beau – der beliebteste Schüler und Traum schlafloser Nächte von vielen Mädchen – sie ein paar Tage nach dem Jahreswechsel angesprochen hatte (und es war wirklich nur ein Gruß, kein Flirt!), war Ayah noch stiller als sonst geworden. Sie hatte ihre Füße angestarrt und war dann einfach weggegangen. Bea war ziemlich perplex gewesen, dass sie ihn einfach hatte stehen lassen. Unnötig zu sagen, dass Ayah deswegen ausgelacht worden war. Sie war nunmehr das Ziel von Spott und Hohn, auch wenn die Ausmaße noch überschaubar blieben und Ayah das ganze entweder nicht wahrnahm oder erstaunlich gleichmütig wegsteckte. Asher war hin- und hergerissen: Sollte er seine Schwester verteidigen oder sich mit den Coolen verbrüdern? In Starlight Shores stand das nie zu Debatte, weil er dort Nigel und die anderen hinter sich wusste. Mit Anissa und ein paar anderen hatte er zwar mittlerweile eine tolle Clique zusammen, aber so richtig angekommen fühlte er sich noch nicht. Zudem schien Ayah das ganze überhaupt nichts auszumachen. Tatsächlich schien sie es gar nicht wahrzunehmen.
Wenn Asher mitbekam, dass seine Schwester gehänselt wurde, sorgte er meist für ein anderes Ereignis, dass alle ablenkte: Überlaufende Toiletten, entflohene Tiere aus dem Biotrakt, Gummispinnen und -schlangen … Es wirkte immer wie der reinste Zufall. Asher hatte schon immer ein Händchen für Streiche gehabt, aber in Riverview wurden sein Antizipation- und Organisationstalent enorm geschult. Und da sag noch mal einer, man lernt in der Schule nichts …
„Sozialisier' deine Schwester doch mit T.“, schlug Anissa vor und riss Asher aus seinen Gedanken.
„Mit T?!“ Ashers Tonfall sprach Bände. „Klar, wir verbrüdern meine super schüchterne Schwester mit dem Pariah der Schule. Tolle Idee, Ani.“
Gleichgültig zuckte Anissa mit den Schultern. „Ich mein ja nur. Vielleicht brauchen beide ja einen Freund.“ Sie stieß Asher den Ellbogen in die Seite: „Außerdem müsstest du dich dann nicht dauern um Ayahs Sozialleben sorgen.“
„Ayah ist meine Schwester. Mein Zwilling!“, erwiderte Asher, als ob das alles erklären würde.
Erneutes Schulterzucken. „Dann hör auf, dich dauernd bei mir zu beschweren.“
Wie der Zufall es wollte, traf Asher T ein paar Tage später im Fitnessstudio, für das Schüler einen ermäßigten Preis bekamen.
„Du bist also Asher.“
Er hatte T gar nicht gesehen und war überrascht plötzlich angesprochen zu werden. Zum Glück war er nicht zusammengezuckt!
„Ähm … ja. Hi T.“
„Wie ich sehe, eilt mir mein Ruf voraus.“
Ts Ruf war … tja, eigentlich hatte sie keinen Ruf, den man mit wenigen Worten beschreiben konnte. Verschroben, check. Einzelgängerisch, check. Freak? Vielleicht. Aber all das fasste es nicht und ließ außer acht, dass T mindesten ein ganzes Schuljahr blau gemacht hatte, trotzdem ohne Probleme wieder in den Schulalltag einstieg und nie deswegen zum Direktor oder zum Schulpsychologen musste (zumindest hatte das niemand mitbekommen). Oder das T kein richtiger Name war ...
Normalerweise nicht auf den Mund gefallen, schwieg Asher dieses Mal. Stattdessen musterte der sein Gegenüber gründlich, während er sich alles durch den Kopf gehen ließ, was Anissa über T gesagt hatte.
„Du hast richtig tolle Haare! Was benutzt du für ein Shampoo?“, platzte es schließlich aus ihm heraus, nachdem er das dichte, glänzende, kastanienbraune Haar betrachtet hatte. Im nächsten Moment wünschte er sich in ein sehr, sehr tiefes Loch.
T sah ihn verwirrt an und fasste sich an den Kopf. Dann machte sie ein breites Grinsen bemerkbar. „Ich nehm ein festes Shampoo aus dem Bioladen.“
Asher und T verbrachten den Nachmittag gemeinsam im Fitnessstudio. T war ein paar Jahre älter aber durch ihr … fehlendes Engagement in Schule (sie tat das Nötigste um nicht ohne Abschluss entlassen zu werden), hatte sie ein paar Kurse mit Asher und Ayah zusammen. Der Junge stellte einige Gemeinsamkeiten fest. Vielleicht war Anissas Vorschlag ja doch nicht so dumm? Wenn er mit T klar kam, dann Ayah bestimmt auch. Und vielleicht brauchte Ayah wirklich einen Freund neben ihm? Also lud er T nach dem Sport ein, bei ihnen zu Abend zu essen.
„Nur als Vorwarnung: Zoe, unsere kleine Schwester, schreit ziemlich viel.“ Zu Zoe hatte Asher ein gespaltenes Verhältnis. Sie war erst ein paar Wochen alt und etwas zu früh geboren worden. Das tat ihrer Stimme allerdings keinen Abbruch. Alle im Haus gluckten um das Baby herum, machten „Aahs!“ und „Oohs!“. Die Gespräche im Haus bezogen sich auch meist auf das Baby: Zoe dies, Zoes das. Sie war ja wirklich ganz niedlich. Aber man konnte absolut nicht mit ihr anfangen! Entweder schlief sie oder schrie oder wurde gefüttert oder gewindelt. Langweilig! Und Keyboard üben durfte Asher nur, wenn Zoe nicht schlief. Oder sie gefüttert wurde – dann war sie nämlich abgelenkt und trank nicht. Und wenn Zoe schrie, konnte Asher sich nicht konzentrieren.
„Wir wohnen zur Zeit noch in der Scheune.“, erklärte Asher T, als sie nach oben gingen. „Der Boden war so ewig gefroren, dass nach dem Abriss nicht mit dem Gießen den Fundaments angefangen werden konnte. Aber Luke und Ayah haben coole Pläne.“ Er sah T interessiert an, denn sie schwieg, seit sie die Scheune betreten hatten. Sah T etwa traurig aus?
„Ich hab mich schon gefragt, wo du steckst, Asher. Ich dachte, ich soll dir bei Mathe helfen.“
Beim hereinkommen hatte Asher seine Urgroßmutter gar nicht bemerkt. Ihr Bett stand in einer Ecke des oberen Scheunengeschoßes hinter einem der vielen Paravents. Dort hatte sie entspannt und ein Buch gelesen.
„Ups. Sorry Akki.“ Er zog T am Ärmel neben sich. „Da ist T-...“
„Thelma!“, vervollständigte Akki den Namen überrascht.
„Granma!“ T – Thelma? - riss sich von Asher los und fiel der alten Sima um den Hals. Asher starrte die beiden Simas verwirrt an. Die alte Dame löste sich von der Teenagerin und legte ihr den Arm um die Schultern. „Asher, dass du ausgerechnet Thelma mitbringst ...“ Sie lächelte, aber in ihren Augen zeigte sich eine seltsame Mischung aus Neugier und Sorge.
„Äh … ja. Du weißt doch Zufall.“, überspielte Asher seine Verwirrung. „Nur – wer ist T denn jetzt? Und warum sagt sie Granma zu dir?“
Die beiden Simas sahen sich kurz an.
„Einen Moment, Asher.“, bat T. Sie atmete tief ein und aus. „Ich bin deine Cousine. Meine Mutter hat euch ganz schön Probleme gemacht. Das tut mir echt leid.“
„Deine Mutter...?“
„Man, Asher, du stehst mal wieder total auf dem Schlauch.“ Unbemerkt von den den dreien war Ayah dazugekommen. „T steht für Thelma. Thelma Felinger Jones. Sie ist Sadies Tochter. Das wüsstest du, wenn du dir den Stammbaum mal angeschaut hat, den Akki uns mit den Au-..den sie uns gezeigt hat.“ Ayah nickte ihrer Urgroßmutter und Cousine zu.
Asher ließ seinen Blick zwischen den drei Simas hin und her wandern. Ayah, die ahnte, dass er gleich einen seinen berühmten Anfälle bekommen würde, nahm ihn bei der Hand.
„Das ist richtig.“, bestätigte Akki. Sie warf den Zwillingen einen warnenden Blick zu. Sie hatte begonnen ihnen die Aufzeichnungen von Kira und Darrel zu zeigen: Das war aber nichts, was man in der Öffentlichkeit – auch innerhalb der weitläufigen Familie – thematisieren sollte.
Asher wollte seine Fäuste ballen, doch Ayah hielt seine rechte fest. Also ballte er nur die Linke.
„Ich hätte mich wahrscheinlich direkt so vorstellen sollen. Sorry!“, beeilte sich Thelma zu sagen. „Ich hab kein besonders gutes Verhältnis zu meiner Mutter. Und was sie abgezogen hat mit dem Haus und so ...“ Nun war es das Mädchen, dass sie Hände zu Fäusten ballte.
Akki sah ihre drei Urenkel ernst an. „Asher, Ayah. Auch wenn Thelma Sadies Tochter ist, möchte ich, dass ihr sie normal behandelt. Sie kann wirklich nichts für Sadies Verhalten.“
Asher wollte etwas sagen, doch Thelma unterbrach ihn abermals, indem die darum bat nicht Thelma, sondern T genannt zu werden. Dann sah sie ihre Cousine und ihren Cousin an. „Meine Mutter ist … komisch. Das Jahr, das ich angeblich blau gemacht hab? Da war ich in einem Erziehungsheim, weil meine Mutter meinte, ich wäre unerziehbar. Sie wollte, dass ich bestimmte Dinge über Gramps – also unseren Großvater Gabriel – sage. Da hab ich nicht mitgemacht. Das Heim hat mich als quasi geläutert entlassen. Seitdem wohne ich wieder mit meinen Eltern zusammen. Aber mehr als das ist es nicht.“ T sah zu Akki. „Und ich wusste nicht, ob ich einfach herkommen kann, jetzt wo ihr alle da seid.“
Akki nahm das Mädchen noch einmal in den Arm. Zum wiederholten Male fragte sie sich, was mit Sadie passiert war, dass sich aus dem frechen, charmanten Mädchen eine solche Hexe entwickelt hatte. Hatten die Beobachter ihre Finger im Spiel? Wenn dann nur über Thel-... Ts Vater. Denn alle Nicht-Erben der Felingers waren vom Einfluss geschützt. Wenn aber Garth Jones unter den Einfluss der Beobachter gefallen war, konnte er Sadie natürlich bearbeitet haben. Oder es war das „normale“ Leben?
„Na, beruhigt, Asher?“ Ayahs Stimme riss die alte Sima aus ihren Gedanken. „Ich habe T beobachtet und sie scheint nicht so eine He- … äh unsympathische Person wie ihre Mutter zu sein.“ Sie sah entschuldigend zu ihrer Cousine.
„Sag's ruhig laut.“, entgegnete T. „Hexe. Und das ist noch das netteste Wort, dass mit in Bezug auf sie einfällt.“
Alle drei Simas sahen nun Asher erwartungsvoll an. Der zählte im Kopf langsam bis zehn – den Tipp hatte Ruth ihm gegeben – und versuchte dann zu lächeln. Es sah zwar etwas kläglich aus, aber die drei anderen lächelten zurück. „Ich find's zwar nicht toll, dass du nicht von Anfang an Klartext geredet hast, aber … du bist schon ganz ok.“ Er musterte kurz seine Fußspitzen, während Ayah ein Stoßgebet zum Himmel schickte. Sollte ihr Bruder seinen Jähzorn tatsächlich mal im Griff haben? Es geschahen noch Zeichen und Wunder.
„Erstens hat das Baby.“ Sie unterstrich ihr Missfallen über Ashers Gebrauch des Wortes mit gestikulierten Gänsefüßchen. „Einen Namen. Zweitens: Lass Deine Schwester doch machen, was sie will.“
„Pfffff.“ Asher schob die Hände in die Tasche seiner hautengen Hose und zog einen Schmollmund. „Wie sieht das denn aus? Sie immer so gerade eben vorm Lehrer in den Raum und ist die erste, die wieder draußen ist. Und in den Pausen verkrümelt sie sich wer-weiß-wohin.“
„Ich glaube, du bist besorgter um DEINEN Ruf als um Ayahs.“, gab Anissa zu bedenken. Sie musste ein Grinsen unterdrücken. Manchmal war Asher einfach zu leicht zu durchschauen.
Ertappt sah Asher zu Boden. „Vielleicht. Ein ganz kleines bisschen?“
Anissa nickte nur. Schule konnte in höllischer Ort sein. Als Neue hatten die Zwillinge es auch nach ein Monaten nicht leicht. Durch sein musikalisches Talent und weil er ziemlich cool war (meistens), hatte Asher schnell Anschluss gewonnen. Zwar blieb ihm der Zugang zu der High Society der Schule – den richtig erfolgreichen Teamsportlern und Cheerleadern – verwehrt, aber hatte einen ganz guten Stand. Ayah hingegen … - Anissa unterdrückte ein Seufzen. Aus der Schwester ihres Kumpels wurde sie nicht schlau. Sie hatte versucht sich mit ihr anzufreunden, aber Ayah brachte selten mehr als ein Nicken oder ein Kopfschütteln zu stande. Immerhin konnte sie Anissa in die Augen sehen und sogar lächelnd. Aber als Beau – der beliebteste Schüler und Traum schlafloser Nächte von vielen Mädchen – sie ein paar Tage nach dem Jahreswechsel angesprochen hatte (und es war wirklich nur ein Gruß, kein Flirt!), war Ayah noch stiller als sonst geworden. Sie hatte ihre Füße angestarrt und war dann einfach weggegangen. Bea war ziemlich perplex gewesen, dass sie ihn einfach hatte stehen lassen. Unnötig zu sagen, dass Ayah deswegen ausgelacht worden war. Sie war nunmehr das Ziel von Spott und Hohn, auch wenn die Ausmaße noch überschaubar blieben und Ayah das ganze entweder nicht wahrnahm oder erstaunlich gleichmütig wegsteckte. Asher war hin- und hergerissen: Sollte er seine Schwester verteidigen oder sich mit den Coolen verbrüdern? In Starlight Shores stand das nie zu Debatte, weil er dort Nigel und die anderen hinter sich wusste. Mit Anissa und ein paar anderen hatte er zwar mittlerweile eine tolle Clique zusammen, aber so richtig angekommen fühlte er sich noch nicht. Zudem schien Ayah das ganze überhaupt nichts auszumachen. Tatsächlich schien sie es gar nicht wahrzunehmen.
Wenn Asher mitbekam, dass seine Schwester gehänselt wurde, sorgte er meist für ein anderes Ereignis, dass alle ablenkte: Überlaufende Toiletten, entflohene Tiere aus dem Biotrakt, Gummispinnen und -schlangen … Es wirkte immer wie der reinste Zufall. Asher hatte schon immer ein Händchen für Streiche gehabt, aber in Riverview wurden sein Antizipation- und Organisationstalent enorm geschult. Und da sag noch mal einer, man lernt in der Schule nichts …
„Sozialisier' deine Schwester doch mit T.“, schlug Anissa vor und riss Asher aus seinen Gedanken.
„Mit T?!“ Ashers Tonfall sprach Bände. „Klar, wir verbrüdern meine super schüchterne Schwester mit dem Pariah der Schule. Tolle Idee, Ani.“
Gleichgültig zuckte Anissa mit den Schultern. „Ich mein ja nur. Vielleicht brauchen beide ja einen Freund.“ Sie stieß Asher den Ellbogen in die Seite: „Außerdem müsstest du dich dann nicht dauern um Ayahs Sozialleben sorgen.“
„Ayah ist meine Schwester. Mein Zwilling!“, erwiderte Asher, als ob das alles erklären würde.
Erneutes Schulterzucken. „Dann hör auf, dich dauernd bei mir zu beschweren.“
Wie der Zufall es wollte, traf Asher T ein paar Tage später im Fitnessstudio, für das Schüler einen ermäßigten Preis bekamen.
„Du bist also Asher.“
Er hatte T gar nicht gesehen und war überrascht plötzlich angesprochen zu werden. Zum Glück war er nicht zusammengezuckt!
„Ähm … ja. Hi T.“
„Wie ich sehe, eilt mir mein Ruf voraus.“
Ts Ruf war … tja, eigentlich hatte sie keinen Ruf, den man mit wenigen Worten beschreiben konnte. Verschroben, check. Einzelgängerisch, check. Freak? Vielleicht. Aber all das fasste es nicht und ließ außer acht, dass T mindesten ein ganzes Schuljahr blau gemacht hatte, trotzdem ohne Probleme wieder in den Schulalltag einstieg und nie deswegen zum Direktor oder zum Schulpsychologen musste (zumindest hatte das niemand mitbekommen). Oder das T kein richtiger Name war ...
Normalerweise nicht auf den Mund gefallen, schwieg Asher dieses Mal. Stattdessen musterte der sein Gegenüber gründlich, während er sich alles durch den Kopf gehen ließ, was Anissa über T gesagt hatte.
„Du hast richtig tolle Haare! Was benutzt du für ein Shampoo?“, platzte es schließlich aus ihm heraus, nachdem er das dichte, glänzende, kastanienbraune Haar betrachtet hatte. Im nächsten Moment wünschte er sich in ein sehr, sehr tiefes Loch.
T sah ihn verwirrt an und fasste sich an den Kopf. Dann machte sie ein breites Grinsen bemerkbar. „Ich nehm ein festes Shampoo aus dem Bioladen.“
Asher und T verbrachten den Nachmittag gemeinsam im Fitnessstudio. T war ein paar Jahre älter aber durch ihr … fehlendes Engagement in Schule (sie tat das Nötigste um nicht ohne Abschluss entlassen zu werden), hatte sie ein paar Kurse mit Asher und Ayah zusammen. Der Junge stellte einige Gemeinsamkeiten fest. Vielleicht war Anissas Vorschlag ja doch nicht so dumm? Wenn er mit T klar kam, dann Ayah bestimmt auch. Und vielleicht brauchte Ayah wirklich einen Freund neben ihm? Also lud er T nach dem Sport ein, bei ihnen zu Abend zu essen.
„Nur als Vorwarnung: Zoe, unsere kleine Schwester, schreit ziemlich viel.“ Zu Zoe hatte Asher ein gespaltenes Verhältnis. Sie war erst ein paar Wochen alt und etwas zu früh geboren worden. Das tat ihrer Stimme allerdings keinen Abbruch. Alle im Haus gluckten um das Baby herum, machten „Aahs!“ und „Oohs!“. Die Gespräche im Haus bezogen sich auch meist auf das Baby: Zoe dies, Zoes das. Sie war ja wirklich ganz niedlich. Aber man konnte absolut nicht mit ihr anfangen! Entweder schlief sie oder schrie oder wurde gefüttert oder gewindelt. Langweilig! Und Keyboard üben durfte Asher nur, wenn Zoe nicht schlief. Oder sie gefüttert wurde – dann war sie nämlich abgelenkt und trank nicht. Und wenn Zoe schrie, konnte Asher sich nicht konzentrieren.
„Wir wohnen zur Zeit noch in der Scheune.“, erklärte Asher T, als sie nach oben gingen. „Der Boden war so ewig gefroren, dass nach dem Abriss nicht mit dem Gießen den Fundaments angefangen werden konnte. Aber Luke und Ayah haben coole Pläne.“ Er sah T interessiert an, denn sie schwieg, seit sie die Scheune betreten hatten. Sah T etwa traurig aus?
„Ich hab mich schon gefragt, wo du steckst, Asher. Ich dachte, ich soll dir bei Mathe helfen.“
Beim hereinkommen hatte Asher seine Urgroßmutter gar nicht bemerkt. Ihr Bett stand in einer Ecke des oberen Scheunengeschoßes hinter einem der vielen Paravents. Dort hatte sie entspannt und ein Buch gelesen.
„Ups. Sorry Akki.“ Er zog T am Ärmel neben sich. „Da ist T-...“
„Thelma!“, vervollständigte Akki den Namen überrascht.
„Granma!“ T – Thelma? - riss sich von Asher los und fiel der alten Sima um den Hals. Asher starrte die beiden Simas verwirrt an. Die alte Dame löste sich von der Teenagerin und legte ihr den Arm um die Schultern. „Asher, dass du ausgerechnet Thelma mitbringst ...“ Sie lächelte, aber in ihren Augen zeigte sich eine seltsame Mischung aus Neugier und Sorge.
„Äh … ja. Du weißt doch Zufall.“, überspielte Asher seine Verwirrung. „Nur – wer ist T denn jetzt? Und warum sagt sie Granma zu dir?“
Die beiden Simas sahen sich kurz an.
„Einen Moment, Asher.“, bat T. Sie atmete tief ein und aus. „Ich bin deine Cousine. Meine Mutter hat euch ganz schön Probleme gemacht. Das tut mir echt leid.“
„Deine Mutter...?“
„Man, Asher, du stehst mal wieder total auf dem Schlauch.“ Unbemerkt von den den dreien war Ayah dazugekommen. „T steht für Thelma. Thelma Felinger Jones. Sie ist Sadies Tochter. Das wüsstest du, wenn du dir den Stammbaum mal angeschaut hat, den Akki uns mit den Au-..den sie uns gezeigt hat.“ Ayah nickte ihrer Urgroßmutter und Cousine zu.
Asher ließ seinen Blick zwischen den drei Simas hin und her wandern. Ayah, die ahnte, dass er gleich einen seinen berühmten Anfälle bekommen würde, nahm ihn bei der Hand.
„Das ist richtig.“, bestätigte Akki. Sie warf den Zwillingen einen warnenden Blick zu. Sie hatte begonnen ihnen die Aufzeichnungen von Kira und Darrel zu zeigen: Das war aber nichts, was man in der Öffentlichkeit – auch innerhalb der weitläufigen Familie – thematisieren sollte.
Asher wollte seine Fäuste ballen, doch Ayah hielt seine rechte fest. Also ballte er nur die Linke.
„Ich hätte mich wahrscheinlich direkt so vorstellen sollen. Sorry!“, beeilte sich Thelma zu sagen. „Ich hab kein besonders gutes Verhältnis zu meiner Mutter. Und was sie abgezogen hat mit dem Haus und so ...“ Nun war es das Mädchen, dass sie Hände zu Fäusten ballte.
Akki sah ihre drei Urenkel ernst an. „Asher, Ayah. Auch wenn Thelma Sadies Tochter ist, möchte ich, dass ihr sie normal behandelt. Sie kann wirklich nichts für Sadies Verhalten.“
Asher wollte etwas sagen, doch Thelma unterbrach ihn abermals, indem die darum bat nicht Thelma, sondern T genannt zu werden. Dann sah sie ihre Cousine und ihren Cousin an. „Meine Mutter ist … komisch. Das Jahr, das ich angeblich blau gemacht hab? Da war ich in einem Erziehungsheim, weil meine Mutter meinte, ich wäre unerziehbar. Sie wollte, dass ich bestimmte Dinge über Gramps – also unseren Großvater Gabriel – sage. Da hab ich nicht mitgemacht. Das Heim hat mich als quasi geläutert entlassen. Seitdem wohne ich wieder mit meinen Eltern zusammen. Aber mehr als das ist es nicht.“ T sah zu Akki. „Und ich wusste nicht, ob ich einfach herkommen kann, jetzt wo ihr alle da seid.“
Akki nahm das Mädchen noch einmal in den Arm. Zum wiederholten Male fragte sie sich, was mit Sadie passiert war, dass sich aus dem frechen, charmanten Mädchen eine solche Hexe entwickelt hatte. Hatten die Beobachter ihre Finger im Spiel? Wenn dann nur über Thel-... Ts Vater. Denn alle Nicht-Erben der Felingers waren vom Einfluss geschützt. Wenn aber Garth Jones unter den Einfluss der Beobachter gefallen war, konnte er Sadie natürlich bearbeitet haben. Oder es war das „normale“ Leben?
„Na, beruhigt, Asher?“ Ayahs Stimme riss die alte Sima aus ihren Gedanken. „Ich habe T beobachtet und sie scheint nicht so eine He- … äh unsympathische Person wie ihre Mutter zu sein.“ Sie sah entschuldigend zu ihrer Cousine.
„Sag's ruhig laut.“, entgegnete T. „Hexe. Und das ist noch das netteste Wort, dass mit in Bezug auf sie einfällt.“
Alle drei Simas sahen nun Asher erwartungsvoll an. Der zählte im Kopf langsam bis zehn – den Tipp hatte Ruth ihm gegeben – und versuchte dann zu lächeln. Es sah zwar etwas kläglich aus, aber die drei anderen lächelten zurück. „Ich find's zwar nicht toll, dass du nicht von Anfang an Klartext geredet hast, aber … du bist schon ganz ok.“ Er musterte kurz seine Fußspitzen, während Ayah ein Stoßgebet zum Himmel schickte. Sollte ihr Bruder seinen Jähzorn tatsächlich mal im Griff haben? Es geschahen noch Zeichen und Wunder.
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Re: Felinger Legacy
Home Sweet Home
Es dauerte fast ein ganzes Jahr, bis das neue Haus stand und eingerichtet war. Durch Lukes Verbindungen hatten sie viele Preisnachlässe erhalten und zuverlässige Arbeiter gefunden. Trotzdem bestand besonders Ayah darauf, möglichst viel selbst zu machen. Luke unterstützte sie in jeder freien Minute, die er in Riverview verbrachte. Asher versuchte sich die Arbeit so gut wie möglich vom Hals zu halten, aber seine Mutter sorgte dafür, dass er seiner Schwester half. T war ein regelmäßiger Gast. Sie und Ayah hatten einen direkten Draht zueinander und es machte dem Mädchen nichts aus, nach der Schule Tapeten zu kleben oder die Farbrolle zu schwingen. T war um jede Minute froh, die sie nicht zuhause verbringen musste. Sadie sprach seit der Niederlage (Sadies Worte) nicht mehr mit T (auch wenn vorher schon nicht viel gesprochen worden war). Ts Vater, Garth, zog sich mehr und mehr zurück und machte ohne Ende Überstunden. Das Haus war eine leere Hülle und T fühlte sich noch unwohler als zuvor.
Eingang
Küche 1
Küche 2
Bei den Zwillingen und ihrer Patchworkfamilie hingegen empfand sich T als willkommen. Man wurde so selbstverständlich und freundlich behandelt. An den Wochenenden schlief sie fast immer dort und manchmal auch unter der Woche. Ihre Eltern schienen ihr Fehlen nie zu bemerken.
Wohnzimmer 1
Wohnzimmer 2
WZ3 linke Tür: Ashers Raum, mittlere Tür: Ayahs Raum, rechte Tür: Zoes Raum
In der Schule verbrachten Ayah und T die meiste Zeit miteinander. Ts Noten besserten sich merklich, weil sie durch Ayah viel mehr Zeit mit den Hausaufgaben und Lernen verbrachte. T war nicht dumm, nur faul. Spott zogen sich die Mädchen kaum mehr zu. Durch den Schuljahreswechsel und die üblichen Fluktuationen hatte sich die Schülerschaft verändert. Die Zwillinge waren nicht mehr die Neuen, T stellte sich als gar nicht so strange heraus, ein Cheerleader wurde schwanger, der Streber vom Dienst mit Gras erwischt … Kurzum, es gab wichtigeres an der Schule als ein schüchternes Mädchen.
Ashers Raum
Ayahs Raum
Anissa wurde nicht müde zu betonen, dass es ihre Idee war, T mit Ayah bekannt zu machen. Sie und Asher blieben unzertrennlich, auch wenn Asher sich wirklich einen Freund an die Schule wünschte. Am liebsten hätte er Nigel bei sich. Auch nach über einem Jahr blieben sie die besten Freunde – auch wenn sie sich nur digital sahen und sprachen.
Ruths Raum
Zoe war ein quirliges Kleinkind. Seit sie sich die Welt langsam erschloss, war ihr Geschrei wesentlich weniger geworden. Und Ashers Keyboardspiel fand sie großartig! Sie schlief so gut dabei ein und beruhigte sich in jeder Situation, dass Ruth ein paar Stücke aufnahm und auf ihrem Handy speicherte, um sie jederzeit verfügbar zu haben.
Zoes Raum
Ruth wäre gern wieder arbeiten gegangen, aber sie traute sich nicht so recht Zoe mit Akki allein zu lassen. Akki war schließlich uralt – auch wenn man es ihr selten anmerkte. Dazu konnte sie die Geschichte mit Luke und dem Trank nicht so richtig vergessen. Wer weiß auf welche Ideen Akki so kam? Also blieb sie zuhause. Was vom Erbe der Zwillinge nicht in den Hausbau geflossen war, hatten Akki und sie sicher angelegt. Akki erhielt eine Rente, die die meisten täglichen Kosten abdeckte. Zusammen mit dem Unterhalt den Luke zahlte und einem kleinen monatlichen Betrag, denn Ruth aus ihrem eigenen Erbe entnahm, kamen sie gut über die Runden. Die Zwillinge wussten, dass große Sprünge nicht drin waren, aber nachdem sie schon ihre Zimmer und das Haus nach Wunsch gestaltet hatten, bedurften sie keinerlei großer Anschaffungen.
Akkis Raum
Luke schaute so oft es ging bei den Felingers vorbei. Am Ende des ersten Frühlings im neuen Haus, offenbarte er Ruth, dass er sich auf einen Job beim Bauamt der Stadt Riverview beworben hatte, damit er näher bei Zoe sein konnte. Ruth war davon sehr angetan …
Eingang
Küche 1
Küche 2
Bei den Zwillingen und ihrer Patchworkfamilie hingegen empfand sich T als willkommen. Man wurde so selbstverständlich und freundlich behandelt. An den Wochenenden schlief sie fast immer dort und manchmal auch unter der Woche. Ihre Eltern schienen ihr Fehlen nie zu bemerken.
Wohnzimmer 1
Wohnzimmer 2
WZ3 linke Tür: Ashers Raum, mittlere Tür: Ayahs Raum, rechte Tür: Zoes Raum
In der Schule verbrachten Ayah und T die meiste Zeit miteinander. Ts Noten besserten sich merklich, weil sie durch Ayah viel mehr Zeit mit den Hausaufgaben und Lernen verbrachte. T war nicht dumm, nur faul. Spott zogen sich die Mädchen kaum mehr zu. Durch den Schuljahreswechsel und die üblichen Fluktuationen hatte sich die Schülerschaft verändert. Die Zwillinge waren nicht mehr die Neuen, T stellte sich als gar nicht so strange heraus, ein Cheerleader wurde schwanger, der Streber vom Dienst mit Gras erwischt … Kurzum, es gab wichtigeres an der Schule als ein schüchternes Mädchen.
Ashers Raum
Ayahs Raum
Anissa wurde nicht müde zu betonen, dass es ihre Idee war, T mit Ayah bekannt zu machen. Sie und Asher blieben unzertrennlich, auch wenn Asher sich wirklich einen Freund an die Schule wünschte. Am liebsten hätte er Nigel bei sich. Auch nach über einem Jahr blieben sie die besten Freunde – auch wenn sie sich nur digital sahen und sprachen.
Ruths Raum
Zoe war ein quirliges Kleinkind. Seit sie sich die Welt langsam erschloss, war ihr Geschrei wesentlich weniger geworden. Und Ashers Keyboardspiel fand sie großartig! Sie schlief so gut dabei ein und beruhigte sich in jeder Situation, dass Ruth ein paar Stücke aufnahm und auf ihrem Handy speicherte, um sie jederzeit verfügbar zu haben.
Zoes Raum
Ruth wäre gern wieder arbeiten gegangen, aber sie traute sich nicht so recht Zoe mit Akki allein zu lassen. Akki war schließlich uralt – auch wenn man es ihr selten anmerkte. Dazu konnte sie die Geschichte mit Luke und dem Trank nicht so richtig vergessen. Wer weiß auf welche Ideen Akki so kam? Also blieb sie zuhause. Was vom Erbe der Zwillinge nicht in den Hausbau geflossen war, hatten Akki und sie sicher angelegt. Akki erhielt eine Rente, die die meisten täglichen Kosten abdeckte. Zusammen mit dem Unterhalt den Luke zahlte und einem kleinen monatlichen Betrag, denn Ruth aus ihrem eigenen Erbe entnahm, kamen sie gut über die Runden. Die Zwillinge wussten, dass große Sprünge nicht drin waren, aber nachdem sie schon ihre Zimmer und das Haus nach Wunsch gestaltet hatten, bedurften sie keinerlei großer Anschaffungen.
Akkis Raum
Luke schaute so oft es ging bei den Felingers vorbei. Am Ende des ersten Frühlings im neuen Haus, offenbarte er Ruth, dass er sich auf einen Job beim Bauamt der Stadt Riverview beworben hatte, damit er näher bei Zoe sein konnte. Ruth war davon sehr angetan …
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Re: Felinger Legacy
Thunderstruck
„Wer ist der Junge, mit dem Ayah Schach spielt?“, fragte Luke Akki flüsternd, während er so tat als nippe er an seinem Tee. Den hatte Akki gekocht und Luke war sehr vorsichtig mit allem was Akki ihm anbot.
Akki grinste ihn an. Sie nahm einen Schluck, bevor sie die filigrane Teetasse vorsichtig absetzte. „Das ist Adam Carpenter-Newbie. Der Sohn von unserem Anwalt. Ich wusste bis heute nicht einmal, dass die beiden sich kennen. Anscheinend sollen sie zusammen ein Geschichtsreferat vorbereiten.“
„Aha.“ Luke stellte seine Tasse weniger vorsichtig ab, so dass er einiges an Tee vergoss. Er beeilte sich einen Lappen zu holen und wischte den Tisch sauber. Akki schien es unglaublich amüsant zu finden. Sie bemerkte sehr wohl, dass Luke nicht gerne Getränke oder Essen von ihr annahm. Da er mittlerweile in Riverview arbeitete und in der Scheune ein kleines Zimmer für ihn eingerichtet worden war, wurde es zunehmend schwieriger für ihm dem auszuweichen. Verstohlen warf Akki einen Blick zu Ayah und Adam. Wie alle Mitglieder der Familie Carpenter-Newbie hatte Akki den Jungen schon getestet (für eine Familie von Anwälten und Ärzten waren sie erstaunlich leichtgläubig und unvorsichtig). Trotzdem wunderte sie sich, dass Adam aufgetaucht war. Ayah schien auch nicht glücklich über die Schulaufgabe zu sein.
„Wer ist der Typ?“ Adam sah etwas nervös zu dem rothaarigen Mann, der ihm düstere Blick zu warf.
Ayah beugte sich nur tiefer über das Schachbrett.
„Ich hab dich was gefragt.“ Adam rollte die Augen. Sein Dad mochte die Felingers sehr gern, aber mit dem Mädel stimmte irgendwas nicht. Ihr Bruder war ziemlich nett. Asher und er hatten vor ein paar Wochen zusammen ein Probetraining bei der Basketballmannschaft gehabt und sich unterhalten. Asher hatte es in die Mannschaft geschafft, Adam nicht. Das trug Adam ihm nicht nach, er hatte es nur seiner Mutter zu Liebe versucht, die mit seinem Lieblingssport Ringen nicht glücklich war. Da Basketball gestorben war, konnte Adam beim Ringen bleiben.
„Das ist Luke.“, brachte Ayah schließlich hervor. Sie hob kurz den Blick und sah zu Zoes Vater. Er war wie ein Onkel für Ayah und Asher. Und Asher war mehr als glücklich nicht mehr der einzige Mann im Haus zu sein. Ayahs Blick wanderte zurück zum Schachbrett und schließlich sogar zu Adam. „Zoes Vater.“
Ein zorniger Schrei ließ alle im Haus zusammenzucken. Mit wütendem Blick und zornigen Augen stapfte Asher aus seinem Zimmer. „Das ist so ungerecht!“
Akki und Luke wechselten einen Blick. Ruth war noch nicht zuhause. Nachdem Luke eingezogen war und er seine Arbeitszeiten flexibel handhaben konnte, hatte sie sich getraut ihren alten Job bei der Polizei wieder anzunehmen. Ayah sprang vom Schachbrett auf und rannte zu Asher.
„Was ist ungerecht?“
Draußen knallte ein plötzliches Gewitter los – passend zu Ashers Stimmung.
„Nigels Vater hat ihm verboten im Sommer zu uns zu kommen. Weil er Mathe wiederholen muss. Wir hatten doch schon alle geplant.“
„Oh.“ Ayah machte ein betroffenes Gesicht. Sie hatte sich auch sehr gefreut Nigel wiederzusehen. Schnell drückte sie Ashers Schulter.
Der schimpfte leise vor sich hin und verzog sich wieder in sein Zimmer nachdem er seinem Unmut Luft gemacht hatte. Ayah sah kurz zu Adam. „Wir besprechen den Rest morgen.“ Dann eilte sie ihrem Bruder nach.
Adam sah den Zwillingen irritiert nach. „Bin ich gerade rausgeworfen worden?“, fragte er dann die Erwachsenen.
Akki lachte. „Ich fürchte schon, Adam. Du kannst gern noch bleiben und mit uns essen, aber die Zwillinge siehst du heute nicht mehr.“
„Äh... danke Mrs. Felinger. Ich glaube ich geh besser.“
Luke meinte ein gemurmeltes „Komischer Haufen“ zu vernehmen, als der Junge an ihm vorbeiging. Er grinste. Genau das dachte er auch manchmal.
Das Gewitter hielt den ganzen Abend und die Nacht über an. Asher und Ayah brüteten mit einer Menge Süßigkeiten und Knabberzeug in Ashers Zimmer über die unbefriedigende Situation, während die Erwachsenen gemeinsam aßen, Zoe versorgten und ihren üblichen Geschäften nachgingen. Am nächsten Morgen hatte sich Ashers Laune zwar minimal verbessert, aber das Gewitter hielt weiterhin an.
„Unnormales Wetter.“, mumelte Luke beim Frühstück. Akki sah ihn nachdenklich an, bevor sie das Wetter musterte. „Ich geh' den Keller aufräumen!“, verkündete die alte Frau dann.
Dern Keller aufräumen war das Felinger-Synonym für: Ich geh in meinen Geheimen Cyber/Hexe/verrückter-Wissenschaftler-Raum und plane meine Weltherrschaft. Oder was auch immer sie da machte.
„Und ich muss auch los.“ Ruth gab Zoe einen Kuss auf den Schopf blonder Haare. „Nimmst du Zoe mit ins Büro heute?“
„Na klar.“ Luke strahlte das Kleinkind an. Seine Chefin hatte nichts dagegen, wenn er Zoe ab und an mitnahm. Ganz im Gegenteil: An diesen Tagen brachte sie ihre eigene Tochter mit und überließ es Luke sich um die Mädchen zu kümmern und trotzdem das neuste Projekt innerhalb der Deadline fertigzustellen... Chef müsste man sein!
Ruth verabschiedete sich von den Zwillingen. Kurz darauf machte sich auch Luke mit Zoe auf den Weg. Als er zur Haustür ging, ließ er die Teenager wissen, dass er den Schulbus schon sehe. Der wendete zwar erst am Ende der Straße, bevor er am Felinger-Haus hielt, aber es schadete nie Asher und Ayah rechtzeitig Bescheid zu sagen.
„Ich fühl mich heute nicht so gut.“, ließ Ayah ihren Bruder wissen als sie sich ihre Jacken anzogen. „Ich glaub, ich muss noch mal wohin.“
„Könnte an dem Liter Eis liegen, denn wir gestern Nacht zwischen den Nachos und den Marshmellows gefuttert haben. Oder an dem Energydrink so früh am Morgen.“, erwiderte Asher mitfühlend. Ihm hatte die nächtliche Fressorgie nicht geschadet. „Geh zum Klo, ich geh zum Bus. Wenn du in sieben Minuten nicht nachkommst, sag ich dem Fahrer, dass du krank bist und du machst einfach mal blau.“ Er war sich ziemlich sicher, dass Ayah genau das nicht tun würde. Sie würde schnell zur Toilette gehen, eventuell ein Magenmittel nehmen und schneller am Bus sein, als er gucken konnte.
Doch tatsächlich kam Ayah nach sieben Minuten nicht zum Bus. Asher fuhr mit seinem Plan fort, während es draußen blitzte und krachte. Als der Bus an der Schule ankam, erhielt er eine Textnachricht von seiner Schwester, die aus kotzenden, grünen Smileys und einem Blitz bestand. Letzteres war bestimmt ein Tippfehler.
„BIST DU SCHWANGER????“ schrieb er seiner Schwester panisch, als er aus dem Bus stolperte. Der Cheerleader-Skandal war ihm bei Ayahs Nachricht durch den Kopf geschossen. Das Wetter schien sich endlich zu beruhigen.
Ayahs Antwort kam postwendend. „NATÜRLICH NICHT!!! DEPP!!! Ich bin genauso jungfräulich wie du. Mir ist der Energydrink hochgekommen und auf dem Weg zum Bus hat mich der Blitz getroffen. Ich mach heute blau, mir reicht's!“
„Puh.“, sagte Asher zu sich selbst. Warum sollte Ayah nicht auch mal einen schlechten Tag haben. Warum sie allerdings so übertrieb? Vom Blitz getroffen? Das war normalerweise nicht ihre Art.
Als Akki ein paar Stunden später aus ihrem Keller kam, flitzte Ayah wie ein Ziehaufmännchen durch Haus und Garten.
„Warum bist du nicht in der Schule, Fräulein?“ Das „Fräulein“ hatte sich Akki von Kira abgeguckt.
Als Ayah ihr erzählte, dass sie vom Blitz getroffen worden war und nun das Gefühl hatte übermäßige Energie abbauen zu müssen, untersuchte Akki ihre Urenkelin als erstes. Dann rief sie in der Schule an und bestätigte, dass Ayah mit einer Magenverstimmung zu Hause geblieben war.
„Meinst du ich sterbe daran?“
„An dem bisschen Elektrizität?“, untertrieb Akki. „Sei kein Weichei. Das kribbelt nur ein bisschen. Morgen merkst du da nichts mehr von.“ Vor allem nicht, da Akki sicher war herausgefunden zu haben, was dieses heftige Gewitter ausgelöst hatte. Es passte zu so vielen anderen Zufällen …
„Gut.“ Ayah hüpfte wie ein Gummiball auf und an. „Dann ruf ich jetzt Adam an, damit wir das Referat weiter planen können.“
„Dir ist schon klar, dass du dann mit ihm … reden musst?“ Akki war nicht ganz bei der Sache, deswegen äußerte sie sich so direkt.
„Ach, Akki.“ Sie als Granma oder Granny zu bezeichnen kam für die Zwillinge im Gegensatz zu T und Zoe nicht in Frage. „Ich.kann.reden.auch.mit.anderen.Wenn.ich.will.“
„Simmer, Kind, der Blitz hat dich wohl zum Schnellsprecher gemacht? Tu uns allen einen Gefallen und sprich etwas langsamer!“ Akki fühlte noch einmal den Puls des Mädchens. Er war nicht ungewöhnlich schnell.
„Ok.Ok.Ok. Ich geh telefonieren.“
„Und ich in den Keller.“ Akki legte die Stirn in Falten.
Akki und Ayah behielten den Blitzeinschlag vorerst für sich. Ayah fürchtete doch Ärger wegen des Schwänzens zu bekommen. Akki steckte ihren Kopf tief in ihre mysteriösen Bücher und tätigte den ein oder anderen Anruf.
Asher beruhigte sich etwas und plante seinen Sommer mit Anissa und den anderen aus seiner Clique. Da er ins Basketballteam aufgenommen worden war (seine Sprungkraft hatte er dem Balletttraining zu verdanken), kannte er inzwischen auch einige Jungs besser.
Ayah stürzte sich in das Referat mit Adam. Sie arbeiteten für zwei Wochen täglich miteinander und freundeten sich langsam an. Nicht so sehr, als das sie in der Schule miteinander sprachen, aber sie trafen sich gelegentlich und schrieben sich Nachrichten. Ansonsten blieb Ayah weiterhin für sich, zumal T nach dem Sommer endlich ihren Abschluss machte.
Mit T verließ auch Anissa die Schule. Asher hatte sich mit seinen Teamkollegen angefreundet und war damit in der Nahrungskette ein Stück weiter aufgestiegen.Auch wenn Nigel in diesem Sommer nicht kommen durfte, die beiden Jungs sprachen täglich über Skype und schrieben sich noch häufiger Nachrichten.
Eine andere Veränderung in diesem Sommer betraf Luke und Ruth. Aus Wir-sind-Freunde-die-zufällig-ein-Kind-zusammen-haben wurde langsam aber stetig Wir-sind-ein-Paar-mit-Kind. Ruth war zwar besorgt, da sie einige Jahre älter war als Luke, aber er war dafür all das was sie an Conrad vermisst hatte und was sie in ihrem Leben brauchte.
Akki grinste ihn an. Sie nahm einen Schluck, bevor sie die filigrane Teetasse vorsichtig absetzte. „Das ist Adam Carpenter-Newbie. Der Sohn von unserem Anwalt. Ich wusste bis heute nicht einmal, dass die beiden sich kennen. Anscheinend sollen sie zusammen ein Geschichtsreferat vorbereiten.“
„Aha.“ Luke stellte seine Tasse weniger vorsichtig ab, so dass er einiges an Tee vergoss. Er beeilte sich einen Lappen zu holen und wischte den Tisch sauber. Akki schien es unglaublich amüsant zu finden. Sie bemerkte sehr wohl, dass Luke nicht gerne Getränke oder Essen von ihr annahm. Da er mittlerweile in Riverview arbeitete und in der Scheune ein kleines Zimmer für ihn eingerichtet worden war, wurde es zunehmend schwieriger für ihm dem auszuweichen. Verstohlen warf Akki einen Blick zu Ayah und Adam. Wie alle Mitglieder der Familie Carpenter-Newbie hatte Akki den Jungen schon getestet (für eine Familie von Anwälten und Ärzten waren sie erstaunlich leichtgläubig und unvorsichtig). Trotzdem wunderte sie sich, dass Adam aufgetaucht war. Ayah schien auch nicht glücklich über die Schulaufgabe zu sein.
„Wer ist der Typ?“ Adam sah etwas nervös zu dem rothaarigen Mann, der ihm düstere Blick zu warf.
Ayah beugte sich nur tiefer über das Schachbrett.
„Ich hab dich was gefragt.“ Adam rollte die Augen. Sein Dad mochte die Felingers sehr gern, aber mit dem Mädel stimmte irgendwas nicht. Ihr Bruder war ziemlich nett. Asher und er hatten vor ein paar Wochen zusammen ein Probetraining bei der Basketballmannschaft gehabt und sich unterhalten. Asher hatte es in die Mannschaft geschafft, Adam nicht. Das trug Adam ihm nicht nach, er hatte es nur seiner Mutter zu Liebe versucht, die mit seinem Lieblingssport Ringen nicht glücklich war. Da Basketball gestorben war, konnte Adam beim Ringen bleiben.
„Das ist Luke.“, brachte Ayah schließlich hervor. Sie hob kurz den Blick und sah zu Zoes Vater. Er war wie ein Onkel für Ayah und Asher. Und Asher war mehr als glücklich nicht mehr der einzige Mann im Haus zu sein. Ayahs Blick wanderte zurück zum Schachbrett und schließlich sogar zu Adam. „Zoes Vater.“
Ein zorniger Schrei ließ alle im Haus zusammenzucken. Mit wütendem Blick und zornigen Augen stapfte Asher aus seinem Zimmer. „Das ist so ungerecht!“
Akki und Luke wechselten einen Blick. Ruth war noch nicht zuhause. Nachdem Luke eingezogen war und er seine Arbeitszeiten flexibel handhaben konnte, hatte sie sich getraut ihren alten Job bei der Polizei wieder anzunehmen. Ayah sprang vom Schachbrett auf und rannte zu Asher.
„Was ist ungerecht?“
Draußen knallte ein plötzliches Gewitter los – passend zu Ashers Stimmung.
„Nigels Vater hat ihm verboten im Sommer zu uns zu kommen. Weil er Mathe wiederholen muss. Wir hatten doch schon alle geplant.“
„Oh.“ Ayah machte ein betroffenes Gesicht. Sie hatte sich auch sehr gefreut Nigel wiederzusehen. Schnell drückte sie Ashers Schulter.
Der schimpfte leise vor sich hin und verzog sich wieder in sein Zimmer nachdem er seinem Unmut Luft gemacht hatte. Ayah sah kurz zu Adam. „Wir besprechen den Rest morgen.“ Dann eilte sie ihrem Bruder nach.
Adam sah den Zwillingen irritiert nach. „Bin ich gerade rausgeworfen worden?“, fragte er dann die Erwachsenen.
Akki lachte. „Ich fürchte schon, Adam. Du kannst gern noch bleiben und mit uns essen, aber die Zwillinge siehst du heute nicht mehr.“
„Äh... danke Mrs. Felinger. Ich glaube ich geh besser.“
Luke meinte ein gemurmeltes „Komischer Haufen“ zu vernehmen, als der Junge an ihm vorbeiging. Er grinste. Genau das dachte er auch manchmal.
Das Gewitter hielt den ganzen Abend und die Nacht über an. Asher und Ayah brüteten mit einer Menge Süßigkeiten und Knabberzeug in Ashers Zimmer über die unbefriedigende Situation, während die Erwachsenen gemeinsam aßen, Zoe versorgten und ihren üblichen Geschäften nachgingen. Am nächsten Morgen hatte sich Ashers Laune zwar minimal verbessert, aber das Gewitter hielt weiterhin an.
„Unnormales Wetter.“, mumelte Luke beim Frühstück. Akki sah ihn nachdenklich an, bevor sie das Wetter musterte. „Ich geh' den Keller aufräumen!“, verkündete die alte Frau dann.
Dern Keller aufräumen war das Felinger-Synonym für: Ich geh in meinen Geheimen Cyber/Hexe/verrückter-Wissenschaftler-Raum und plane meine Weltherrschaft. Oder was auch immer sie da machte.
„Und ich muss auch los.“ Ruth gab Zoe einen Kuss auf den Schopf blonder Haare. „Nimmst du Zoe mit ins Büro heute?“
„Na klar.“ Luke strahlte das Kleinkind an. Seine Chefin hatte nichts dagegen, wenn er Zoe ab und an mitnahm. Ganz im Gegenteil: An diesen Tagen brachte sie ihre eigene Tochter mit und überließ es Luke sich um die Mädchen zu kümmern und trotzdem das neuste Projekt innerhalb der Deadline fertigzustellen... Chef müsste man sein!
Ruth verabschiedete sich von den Zwillingen. Kurz darauf machte sich auch Luke mit Zoe auf den Weg. Als er zur Haustür ging, ließ er die Teenager wissen, dass er den Schulbus schon sehe. Der wendete zwar erst am Ende der Straße, bevor er am Felinger-Haus hielt, aber es schadete nie Asher und Ayah rechtzeitig Bescheid zu sagen.
„Ich fühl mich heute nicht so gut.“, ließ Ayah ihren Bruder wissen als sie sich ihre Jacken anzogen. „Ich glaub, ich muss noch mal wohin.“
„Könnte an dem Liter Eis liegen, denn wir gestern Nacht zwischen den Nachos und den Marshmellows gefuttert haben. Oder an dem Energydrink so früh am Morgen.“, erwiderte Asher mitfühlend. Ihm hatte die nächtliche Fressorgie nicht geschadet. „Geh zum Klo, ich geh zum Bus. Wenn du in sieben Minuten nicht nachkommst, sag ich dem Fahrer, dass du krank bist und du machst einfach mal blau.“ Er war sich ziemlich sicher, dass Ayah genau das nicht tun würde. Sie würde schnell zur Toilette gehen, eventuell ein Magenmittel nehmen und schneller am Bus sein, als er gucken konnte.
Doch tatsächlich kam Ayah nach sieben Minuten nicht zum Bus. Asher fuhr mit seinem Plan fort, während es draußen blitzte und krachte. Als der Bus an der Schule ankam, erhielt er eine Textnachricht von seiner Schwester, die aus kotzenden, grünen Smileys und einem Blitz bestand. Letzteres war bestimmt ein Tippfehler.
„BIST DU SCHWANGER????“ schrieb er seiner Schwester panisch, als er aus dem Bus stolperte. Der Cheerleader-Skandal war ihm bei Ayahs Nachricht durch den Kopf geschossen. Das Wetter schien sich endlich zu beruhigen.
Ayahs Antwort kam postwendend. „NATÜRLICH NICHT!!! DEPP!!! Ich bin genauso jungfräulich wie du. Mir ist der Energydrink hochgekommen und auf dem Weg zum Bus hat mich der Blitz getroffen. Ich mach heute blau, mir reicht's!“
„Puh.“, sagte Asher zu sich selbst. Warum sollte Ayah nicht auch mal einen schlechten Tag haben. Warum sie allerdings so übertrieb? Vom Blitz getroffen? Das war normalerweise nicht ihre Art.
Als Akki ein paar Stunden später aus ihrem Keller kam, flitzte Ayah wie ein Ziehaufmännchen durch Haus und Garten.
„Warum bist du nicht in der Schule, Fräulein?“ Das „Fräulein“ hatte sich Akki von Kira abgeguckt.
Als Ayah ihr erzählte, dass sie vom Blitz getroffen worden war und nun das Gefühl hatte übermäßige Energie abbauen zu müssen, untersuchte Akki ihre Urenkelin als erstes. Dann rief sie in der Schule an und bestätigte, dass Ayah mit einer Magenverstimmung zu Hause geblieben war.
„Meinst du ich sterbe daran?“
„An dem bisschen Elektrizität?“, untertrieb Akki. „Sei kein Weichei. Das kribbelt nur ein bisschen. Morgen merkst du da nichts mehr von.“ Vor allem nicht, da Akki sicher war herausgefunden zu haben, was dieses heftige Gewitter ausgelöst hatte. Es passte zu so vielen anderen Zufällen …
„Gut.“ Ayah hüpfte wie ein Gummiball auf und an. „Dann ruf ich jetzt Adam an, damit wir das Referat weiter planen können.“
„Dir ist schon klar, dass du dann mit ihm … reden musst?“ Akki war nicht ganz bei der Sache, deswegen äußerte sie sich so direkt.
„Ach, Akki.“ Sie als Granma oder Granny zu bezeichnen kam für die Zwillinge im Gegensatz zu T und Zoe nicht in Frage. „Ich.kann.reden.auch.mit.anderen.Wenn.ich.will.“
„Simmer, Kind, der Blitz hat dich wohl zum Schnellsprecher gemacht? Tu uns allen einen Gefallen und sprich etwas langsamer!“ Akki fühlte noch einmal den Puls des Mädchens. Er war nicht ungewöhnlich schnell.
„Ok.Ok.Ok. Ich geh telefonieren.“
„Und ich in den Keller.“ Akki legte die Stirn in Falten.
Akki und Ayah behielten den Blitzeinschlag vorerst für sich. Ayah fürchtete doch Ärger wegen des Schwänzens zu bekommen. Akki steckte ihren Kopf tief in ihre mysteriösen Bücher und tätigte den ein oder anderen Anruf.
Asher beruhigte sich etwas und plante seinen Sommer mit Anissa und den anderen aus seiner Clique. Da er ins Basketballteam aufgenommen worden war (seine Sprungkraft hatte er dem Balletttraining zu verdanken), kannte er inzwischen auch einige Jungs besser.
Ayah stürzte sich in das Referat mit Adam. Sie arbeiteten für zwei Wochen täglich miteinander und freundeten sich langsam an. Nicht so sehr, als das sie in der Schule miteinander sprachen, aber sie trafen sich gelegentlich und schrieben sich Nachrichten. Ansonsten blieb Ayah weiterhin für sich, zumal T nach dem Sommer endlich ihren Abschluss machte.
Mit T verließ auch Anissa die Schule. Asher hatte sich mit seinen Teamkollegen angefreundet und war damit in der Nahrungskette ein Stück weiter aufgestiegen.Auch wenn Nigel in diesem Sommer nicht kommen durfte, die beiden Jungs sprachen täglich über Skype und schrieben sich noch häufiger Nachrichten.
Eine andere Veränderung in diesem Sommer betraf Luke und Ruth. Aus Wir-sind-Freunde-die-zufällig-ein-Kind-zusammen-haben wurde langsam aber stetig Wir-sind-ein-Paar-mit-Kind. Ruth war zwar besorgt, da sie einige Jahre älter war als Luke, aber er war dafür all das was sie an Conrad vermisst hatte und was sie in ihrem Leben brauchte.
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
Summer of Love
Das Jahr verging wie im Flug und ehe sich die Felingers versahen, stand der sechzehnte Geburtstag der Zwillinge vor der Tür. In diesem Sommer klappte es auch endlich mit Nigels Besuch. Besonders Akki hatte sich stark dafür eingesetzt, dass der Junge zu Besuch kommen konnte. Ohnehin schien sie seit einiger Zeit sehr darauf bedacht den Zwillingen eine Freude zu machen. Sie übernahm oft genug ihre Pflichten, so dass sie ihren Hobbies nachgehen konnten, drückte beide Augen zu, wenn sie ihre Hausaufgaben nicht machten oder später als erlaubt nach Hause kamen. Zum Glück nutzten die Teenager ihren Langmut nicht aus.
Nigel kam zwei Wochen vor dem Geburtstag. Asher war total aufgedreht und zerrte seinen Freund förmlich durch das ganze Haus.
„Und das ist Luke. Moms Freund und Zoes Vater.“
Nigel begrüßte die Erwachsenen. „Hi Ms. D. Danke, dass ich kommen durfte!“
„Ich würde dich ja richtig begrüßen, Nigel, aber ich muss Luke zeigen wer hier der Konsolen-Champion ist.“ Mit der zwischen den Zähnen eingeklemmten Zunge und starr auf den Bildschirm ausgerichteten Blick, sah Ruth schon ein bisschen unheimlich aus. Nigel grinste und unterdrückte ein Lachen, als Asher sich verstohlen an die Stirn tippte.
Mittlerweile kam Zoe ins Wohnzimmer getappt. Als sie den fremden Simo erblickte, klammerte sie sich zunächst an Ashers Bein. Der hob sie hoch. „Und das ist Zoe.“
„Hi Zoe.“, sagte Nigel brav und schnitt der Kleinen Grimassen, was sie sofort grinsen ließ. Die beiden Jungs alberten eine Weile mit dem Kleinkind herum, bevor Asher sie in ihren Laufstall verfrachtete.
„Ich bin so froh, dass du da bist,“, sagte Asher. „Der Goatie steht dir übrigens.“
Nigel strahlte seinen Freund an und strich über das Bärtchen. Es hatte wirklich einige Zeit gedauert, bis endlich genug Haare gesprossen waren. Deswegen war er ziemlich stolz auf den schmalen Streifen Bart. Ashers Kompliment schmeichelte ihm.
Ein Piepton riss die beiden wenig später aus der Unterhaltung. Asher sah auf sein Handy. „MOM!“, brüllte er dann. „ADAM KOMMT NACHHER VORBEI UM SEINE CD ABZUHOLEN. ICH HAB GESAGT, ER KANN EINFACH REINKOMMEN!“
„SCHREI' NICHT SO ASHER, ICH BIN NICHT TAUB!“, hallte Ruths Antwort durch das Haus.
„Puh, wenn ich zuhause so brüllen würde, bekäm ich richtig Ärger.“
Asher zuckte mit den Schultern. „Manchmal kann Mom auch giftig werden, wenn ich so schrei'. Aber wenn sie so abgelenkt ist wie gerade – also entweder versucht Luke auf der Konsole abzuziehen oder ihn auszuziehen – dann verhält sie sich selbst nicht besser.“
Nigel kicherte. „Und wer ist dieser Adam?“
„Ein Mitschüler. Wir sind schon so was wie Freunde, aber irgendwie auch nicht richtig. Man kommt so miteinander klar.“ Asher sah kurz auf seine Fußspitzen. „Kein Vergleich mit dir.“ Dann drehte er sich rasch um und sagte über seine Schulter. „Ich such schon mal die CD raus. Ayah müsste mittlerweile auch wieder da sein. Sag ihr hallo.“
Nigel fand Ayah im Wohnzimmer. Wie immer mit Nigel konnte sie ein Gespräch ohne ihre üblichen Startschwierigkeiten beginnen.
„Ich würd' gern was mit dir besprechen.“, flüsterte Nigel schließlich, nachdem sie sich gegenseitig auf den neusten Stand gebracht hatten. Er warf einen Blick über die Schulter. „Wegen Ash.“
Ayah machte große Augen. Nigel war der Einzige, der ihrem Bruder jemals einen Spitznamen verpasst hatte und ihn auch benutzte. Er und Nigel waren in Starlight Shores unzertrennlich gewesen. Und wie Asher sich gefreut hatte, als es in diesem Jahr endlich klappte mit dem Besuch.
Bevor Nigel etwas sagen konnte, zog Ayah ihn schnell in eine Umarmung. „Brich' ihm nur nicht sein Herz.“, flüsterte sie. Nigel sah sie zunächst sehr perplex an, dann strahlte er wie ein Honigkuchenpferd.
„Äh...Ayah.“
Unbemerkt von beiden war Adam dazu gekommen. Er sah irritiert von einem zum anderen, dann machte er so plötzlich einen Schritt auf Ayah zu und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen, dass weder Ayah noch Nigel reagieren konnten.
Ayah war wie paralysiert. Bisher hatte sie sich noch nicht wirklich Gedanken um Jungs, Küsse und solche Sachen gemacht. Das war ja auch wirklich schwierig, wenn man keinen geraden Satz herausbrachte, sobald man nicht seinen Vertrauten um sich hatte. Mit Adam konnte sie seit dem Referat zwar reden, aber sie waren ganz sicher nicht auf dieser Ebene! Auch wenn sich seine Lippen auf ihren irgendwie richtig anfühlten. Er schmeckte leicht nach den Ingwerbonbons, die er so gerne aß.
„Wow, das nenn ich forsch.“, applaudierte Nigel begeistert und beendete damit Ayahs Starre.
Sie löste sich von Adam und sah ihn fragend an. Doch der musterte seine Fußspitzen. Natürlich kam in diesem Moment Asher zurück. Bevor irgendjemand etwas sagen konnte, wies Ayah mit dem Arm auf ihr Zimmer und bedeutete Adam ihr zu folgen.
Mit der CD in der Hand starrte Asher ihnen nach. „Was war das? Das war irgendwie...peinlich?“
Nigel grinste und klopfte ihm auf die Schulter. Seine Hand ließ er einen Moment länger liegen als nötig. „Du hast ja keine Ahnung, Ash. Gibt's in diesem Kaff eigentlich ein Diner oder so? Ich lad' dich auf einen Burger ein.“
„Was war das?“ - „Wer ist das?“ Kaum hatte die Zimmertür sich geschlossen, sprachen Ayah und Adam durcheinander. Ayah klappte ihren Mund zu und sah Adam erwartungsvoll an. Sie sah nicht ein, ihm Rede und Antwort stehen zu müssen. Schließlich hatte er sie geküsst.
Adam atmete ein paar Mal tief durch. „A-a-also...“, stotterte er los, bevor er sich zusammenriss und einen vernünftigen Satz formulieren konnte. „Ich mag dich wirklich gern Ayah. SEHR gern. Als ich gesehen hab, wie der Typ dich umarmt hat, da … hm, da ist wohl eine Kurzschlusshandlung passiert.“ Er fuhr damit fort seine Fußspitzen zu mustern. Vielleicht auch Ayahs Teppichboden.
„Mich zu küssen ist also eine Kurzschlusshandlung gewesen.“, fasste Ayah sehr kühl zusammen.
„Was? Nein!“, beeilte sich Adam zu sagen. Wer hätte gedacht, dass Ayah so zickig sein konnte? „Ich hab dich geküsst, weil... weil ich dich mag und … äh.“
Sie verschränkte die Arme und sah ihn erwartungsvoll an. „Ich warte.“
„Du machst es mir wirklich nicht einfach.“, klagte Adam, aber er lächelte sie dabei an. Er könnte stundenlang in ihre tiefgrünen Augen gucken. Aber so fest wie sie seinen Blick gerade erwiderte, immer noch auf eine Erklärung wartend, konnte sie einem fast Angst machen. „Du gehst mir seit unserem gemeinsamen Referat nicht mehr aus dem Kopf. Du bist toll und … ich mag dich mehr als nur als Freundin.“ Jetzt war die Katze aus dem Sack.
Ayah sah ihn mit großen Augen an. Seit dem Referat hatten sich sich einige Mal getroffen und sich viele Nachrichten geschrieben. Meistens hatten sie herum geulkt, manchmal aber auch sensible Themen besprochen. Adam war der jüngste von drei Brüdern und hatte immer das Gefühl nicht gut genug für seinen Anwaltsvater und seine Ärztinnenmutter sein – besonders da seine Brüder bereits studierten und immer nur die besten Noten nach Hause brachten. Seine Eltern beklagte sich angesichts seines Notenspiegels, der im Zweierbereich stagnierte – stets über seinen mangelnden Ehrgeiz. Auch sportlich war er nicht ehrgeizig. Er rang, weil es ihm Spaß machte und er seinen Trainer und die anderen Ringer mochte.
Das alles wusste Ayah, so wie er von ihr wusste, dass sie sich Sorgen um Asher, wegen seines Hitzkopfes und der Streiche machte und dass sie sich wünschte ihre biologischen Eltern gekannt zu haben. Über Gefühle für einander hatten sie allerdings nie gesprochen.
„Unser Referat ist über ein Jahr her.“, sagte sie deswegen verwirrt.
Verlegen nickte Adam. „Ich weiß. Aber all die Zeit, in der wie uns geschrieben haben … irgendwie hab ich mich in dich verliebt.“ Wenn zuvor die Katze aus dem Sack war, war es nun der Löwe.
„Oh.“ Nun war es an Ayah ihre Fußspitzen zu mustern. „Ich weiß wirklich nicht was ich sagen soll, Adam.“
Der Junge ließ die Schultern hängen. „Es tut mir leid, wenn ich dir zu nahe getreten bin. Ich hätte dich nicht so überfallen sollen, vor allem mit dem Kuss. Und … es ist ok, wenn du nicht dasselbe für mich empfindest.“
Er machte Anstalten zu gehen, doch Ayah zupfte ihn am T-Shirt. Sie sah ihn von unten mit ihren großen, dunkelgrünen Augen an. Adam meinte, sein Herz müsste schmelzen.
„Ich mochte den Kuss wirklich sehr. Auch wenn er vielleicht ein bisschen ...überfallartig passiert ist.“ Sie presste verlegen ihre Lippen zusammen, bevor sie genug Mut gesammelt hatte, um zu sagen: „Vielleicht nimmst du dir beim nächsten Mal mehr Zeit?“
„Glaubst du ich muss Adam verprügeln?“
Nigel hatte Asher erst nach dem Burger von dem überraschenden Kuss erzählt – in sicherer Entfernung zu Adam und Ayah. Hitzkopf, der er war, hätte Asher es fertiggebracht, Adam ansonsten tatsächlich zusammenzuschlagen. Doch jetzt hatte er einen guten Burger gegessen, sich Pommes mit Nigel geteilt und in Erinnerungen geschwelgt. Der Nachmittag war einfach wunderbar gewesen. Mittlerweile hatte die Dämmerung eingesetzt und so machten sie sich auf den Weg nach Hause.
Als die Sterne am Himmel aufzogen, sah Nigel beeindruckt nach oben.
„Krass wie gut man die Sterne hier sieht, ne?“ Asher ahnte, was ihm durch den Kopf ging. „Ich könnte stundenlang nach oben schauen.“
Die beiden Jungen setzten sich hinter dem Haus auf den Rasen. Asher legte den Kopf in den Nacken und sah nach oben. Nach ein paar Minuten bemerkte er, dass Nigel gar nicht den Himmel, sondern ihn ansah.
„Was ist?“
„Nichts. Ich bin nur wirklich sehr glücklich, bei dir zu sein.“
Sie sahen sich an und lächelten. Dann rückten sie näher aneinander und sahen doch noch in den Himmel.
In den nächsten zwei Wochen unternahmen die Zwillinge erstaunlich wenig mit einander, dafür ums so mehr mit jeweils Adam und Nigel. Ruth bekam regelrechte Panikanfälle wegen der Teenager, die auf Amors Pfaden wandelten. Sie frischte insbesondere Ayahs Aufklärungswissen gleich mehrfach auf – gerne in Adams Beisein. Die Jugendlichen wären am liebsten in ganz tiefen Löchern verschwunden. Akki, die ihre Urenkel ermutigte sich mit den beiden anderen zu treffen und vor allem unabhängig voneinander etwas zu unternehmen, vergatterte Ruth schließlich damit zum Schweigen, dass jemand, der von einem One-Night-Stand schwanger geworden war (mit vierzig) sich geschlossen halten sollte. Zum Glück bekam dieses Gespräch niemand mit...
Die zwei Wochen Unbeschwertheit endeten mit der Geburtstagsparty der Zwillinge. Ruth und Akki hatte ein paar Freunde und Verwandte eingeladen und als besonderen Gast Nell einfliegen lassen, die die Zwillinge noch nicht kannte. Die ältere Sima freute sich sehr diese beiden Enkelkinder kennenzulernen, auch wenn es sie an den Verlust ihrer Tochter – und final ihres Mannes – erinnerte.
„Adam, gut, dass ich dich mal solo erwische!“
Asher zerrte seinen Schulkamerad in eine etwas stillere Ecke des Wohnzimmers. Dem schwante nichts Gutes...
„In einer Woche fängt die Schule wieder an.“, begann Asher.
„Ja, und?“
Asher rollte mit den Augen und sagte dann sachlich: „Wenn du Ayah vorher als Sommerflirt abservierst und irgendeine Scheiße über sie erzählst, bring ich dich um.“
Erstaunt und ein bisschen verletzt ob dieser Anschuldigung, starrte Adam ihn an. „Wie kommst du denn auf so einen Unsinn?“
Als Asher nicht antwortete, sondern nur die Augenbrauen vielsagend hochzog, schüttelte Adam verwundert den Kopf. „Wirklich Asher, du solltest mich besser kennen. Weder habe ich einen Ruf darin die Mädels reihenweise abzuschleppen, noch gehöre ich zu den Sportlern, die sich mir ihren Eroberungen brüsten und Gerüchte in die Welt setzen. Auße-...“
Doch Asher unterbrach ihn gefährlich leise sprechend: „So, Ayah ist also eine Eroberung für dich?“
„Simmer, lass mich doch mal ausreden und fahr den großer-Bruder-Modus runter.“ Adam verschränkte die Arme vor der Brust und maß Asher mit einem Blick von Kopf bis Fuß. „Ich mag Ayah wirklich sehr, sehr gern. Sie ist keine Eroberung für mich. Tatsächlich habe ich sie heute gefragt, ob sie offiziell meine Freundin sein möchte. Ich bin nicht nur verliebt in sie.“ Bei dem Gedanken daran musste Adam unwillkürlich lächeln. Sein Herz machte einen kleinen Freudensprung. „Ich würde ihr nie wehtun.“
Asher grimassierte verlegen. „Wenn man dich so ansieht, wird einem ja schlecht. Scheußlich verliebt...“
Das rief ein Lachen bei Adam hervor. „Das sagt der richtige. Wenn du dich selbst sehen könntest, wenn du Nigel anschaust … Oder wenn du die Blicke sehen würdest, die er dir zuwirft.“ Vielsagend machte Adam einen Kussmund.
Asher boxte ihn in die Seite, nur um sich dann die Faust zu reiben. Ringen schien wirklich gut für die Rumpfmuskulatur zu sein. Adam setzte ein versöhnliches Gesicht auf. „Sind wird klar?“
Asher nickte und schob seine Hand in die Hosentasche. Hoffentlich tat er Ayah wirklich nie weh. Sich mit Adam anzulegen, konnte nur nach hinten losgehen...
Das Gespräch ging Asher dennoch nicht so schnell aus dem Kopf an diesem Abend. Adam schien ehrlich etwas für Ayah zu empfinden, wenn er sie schon fragte, ob sie seine Freundin sein wollte. So ganz offiziell und so. Er beobachte seine Schwester, die fast immer an Adams Seite anzutreffen war und mit ihm Händchen hielt. Dann zuckte er mit den Schultern und suchte den Raum nach Nigel ab. Wie immer wenn er ihn sah, kribbelte sein Magen und sein Puls beschleunigte sich. Nigel wurde seines Blickes gewahr und lächelte ihn an. Er sah so gut aus...
Kurzentschlossen bahnte sich Asher seinen Weg an den anderen vorbei und bat Nigel mit nach draußen zu kommen.
„Was gibt’s Ash?“
Asher sah Nigel lange an und versuchte sich jedes Detail im Gesicht des Freundes einzuprägen. Nicht das es nötig wäre – er kannte dieses Gesicht schließlich fast so gut wie sein eigenes.
„Ich hab nachgedacht.“, begann Asher dann. Zum Glück war er nicht so schüchtern wie Ayah und hatte in den letzten drei Minuten ausreichend Zeit gehabt, sich seine Worte zurecht zu legen. Er sah Nigels erwartungsvolles Gesicht an. „Ich weiß, dass du morgen schon wieder abreisen musst und wir uns frühstens im Winter wiedersehen können. Aber … ich dachte ...“ Das war ja doch schwieriger als gedacht. Adam schien sich wesentlich sicherer in seinen Gefühlen ausdrücken zu können als er. Innerlich zollte er ihm Respekt. „Ich dachte, auch wenn es dann eine Fernbeziehung sein wird … wollen wir das nicht offiziell machen?“
Als Antwort zog Nigel sein Smartphone aus der Tasche, drückte für etwa zwanzig Sekunden darauf herum und drehte es dann zu Asher. Auf Simbook stand bei Nigels Daten nun „Vergeben“. Er steckte das Smartphone weg und grinste Asher wie ein Honigkuchenpferd an. Es war fast sein Signaturgesicht und Asher würde am liebsten nie einen anderen Ausdruck auf Nigels Gesicht sehen. Es ließ seinen Magen kribbeln und sein Herz hüpfen. Er strahlte zurück. Daraufhin wurde Nigels Grinsen noch breiter. Er nahm Ashers Hand und gab ihm einen raschen Kuss, bevor er ihm ins Ohr flüsterte: „Wenn du nicht gefragt hättest, hätte ich gefragt. Aber ich bin froh, dass du es genauso siehst.“
Nigel kam zwei Wochen vor dem Geburtstag. Asher war total aufgedreht und zerrte seinen Freund förmlich durch das ganze Haus.
„Und das ist Luke. Moms Freund und Zoes Vater.“
Nigel begrüßte die Erwachsenen. „Hi Ms. D. Danke, dass ich kommen durfte!“
„Ich würde dich ja richtig begrüßen, Nigel, aber ich muss Luke zeigen wer hier der Konsolen-Champion ist.“ Mit der zwischen den Zähnen eingeklemmten Zunge und starr auf den Bildschirm ausgerichteten Blick, sah Ruth schon ein bisschen unheimlich aus. Nigel grinste und unterdrückte ein Lachen, als Asher sich verstohlen an die Stirn tippte.
Mittlerweile kam Zoe ins Wohnzimmer getappt. Als sie den fremden Simo erblickte, klammerte sie sich zunächst an Ashers Bein. Der hob sie hoch. „Und das ist Zoe.“
„Hi Zoe.“, sagte Nigel brav und schnitt der Kleinen Grimassen, was sie sofort grinsen ließ. Die beiden Jungs alberten eine Weile mit dem Kleinkind herum, bevor Asher sie in ihren Laufstall verfrachtete.
„Ich bin so froh, dass du da bist,“, sagte Asher. „Der Goatie steht dir übrigens.“
Nigel strahlte seinen Freund an und strich über das Bärtchen. Es hatte wirklich einige Zeit gedauert, bis endlich genug Haare gesprossen waren. Deswegen war er ziemlich stolz auf den schmalen Streifen Bart. Ashers Kompliment schmeichelte ihm.
Ein Piepton riss die beiden wenig später aus der Unterhaltung. Asher sah auf sein Handy. „MOM!“, brüllte er dann. „ADAM KOMMT NACHHER VORBEI UM SEINE CD ABZUHOLEN. ICH HAB GESAGT, ER KANN EINFACH REINKOMMEN!“
„SCHREI' NICHT SO ASHER, ICH BIN NICHT TAUB!“, hallte Ruths Antwort durch das Haus.
„Puh, wenn ich zuhause so brüllen würde, bekäm ich richtig Ärger.“
Asher zuckte mit den Schultern. „Manchmal kann Mom auch giftig werden, wenn ich so schrei'. Aber wenn sie so abgelenkt ist wie gerade – also entweder versucht Luke auf der Konsole abzuziehen oder ihn auszuziehen – dann verhält sie sich selbst nicht besser.“
Nigel kicherte. „Und wer ist dieser Adam?“
„Ein Mitschüler. Wir sind schon so was wie Freunde, aber irgendwie auch nicht richtig. Man kommt so miteinander klar.“ Asher sah kurz auf seine Fußspitzen. „Kein Vergleich mit dir.“ Dann drehte er sich rasch um und sagte über seine Schulter. „Ich such schon mal die CD raus. Ayah müsste mittlerweile auch wieder da sein. Sag ihr hallo.“
Nigel fand Ayah im Wohnzimmer. Wie immer mit Nigel konnte sie ein Gespräch ohne ihre üblichen Startschwierigkeiten beginnen.
„Ich würd' gern was mit dir besprechen.“, flüsterte Nigel schließlich, nachdem sie sich gegenseitig auf den neusten Stand gebracht hatten. Er warf einen Blick über die Schulter. „Wegen Ash.“
Ayah machte große Augen. Nigel war der Einzige, der ihrem Bruder jemals einen Spitznamen verpasst hatte und ihn auch benutzte. Er und Nigel waren in Starlight Shores unzertrennlich gewesen. Und wie Asher sich gefreut hatte, als es in diesem Jahr endlich klappte mit dem Besuch.
Bevor Nigel etwas sagen konnte, zog Ayah ihn schnell in eine Umarmung. „Brich' ihm nur nicht sein Herz.“, flüsterte sie. Nigel sah sie zunächst sehr perplex an, dann strahlte er wie ein Honigkuchenpferd.
„Äh...Ayah.“
Unbemerkt von beiden war Adam dazu gekommen. Er sah irritiert von einem zum anderen, dann machte er so plötzlich einen Schritt auf Ayah zu und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen, dass weder Ayah noch Nigel reagieren konnten.
Ayah war wie paralysiert. Bisher hatte sie sich noch nicht wirklich Gedanken um Jungs, Küsse und solche Sachen gemacht. Das war ja auch wirklich schwierig, wenn man keinen geraden Satz herausbrachte, sobald man nicht seinen Vertrauten um sich hatte. Mit Adam konnte sie seit dem Referat zwar reden, aber sie waren ganz sicher nicht auf dieser Ebene! Auch wenn sich seine Lippen auf ihren irgendwie richtig anfühlten. Er schmeckte leicht nach den Ingwerbonbons, die er so gerne aß.
„Wow, das nenn ich forsch.“, applaudierte Nigel begeistert und beendete damit Ayahs Starre.
Sie löste sich von Adam und sah ihn fragend an. Doch der musterte seine Fußspitzen. Natürlich kam in diesem Moment Asher zurück. Bevor irgendjemand etwas sagen konnte, wies Ayah mit dem Arm auf ihr Zimmer und bedeutete Adam ihr zu folgen.
Mit der CD in der Hand starrte Asher ihnen nach. „Was war das? Das war irgendwie...peinlich?“
Nigel grinste und klopfte ihm auf die Schulter. Seine Hand ließ er einen Moment länger liegen als nötig. „Du hast ja keine Ahnung, Ash. Gibt's in diesem Kaff eigentlich ein Diner oder so? Ich lad' dich auf einen Burger ein.“
„Was war das?“ - „Wer ist das?“ Kaum hatte die Zimmertür sich geschlossen, sprachen Ayah und Adam durcheinander. Ayah klappte ihren Mund zu und sah Adam erwartungsvoll an. Sie sah nicht ein, ihm Rede und Antwort stehen zu müssen. Schließlich hatte er sie geküsst.
Adam atmete ein paar Mal tief durch. „A-a-also...“, stotterte er los, bevor er sich zusammenriss und einen vernünftigen Satz formulieren konnte. „Ich mag dich wirklich gern Ayah. SEHR gern. Als ich gesehen hab, wie der Typ dich umarmt hat, da … hm, da ist wohl eine Kurzschlusshandlung passiert.“ Er fuhr damit fort seine Fußspitzen zu mustern. Vielleicht auch Ayahs Teppichboden.
„Mich zu küssen ist also eine Kurzschlusshandlung gewesen.“, fasste Ayah sehr kühl zusammen.
„Was? Nein!“, beeilte sich Adam zu sagen. Wer hätte gedacht, dass Ayah so zickig sein konnte? „Ich hab dich geküsst, weil... weil ich dich mag und … äh.“
Sie verschränkte die Arme und sah ihn erwartungsvoll an. „Ich warte.“
„Du machst es mir wirklich nicht einfach.“, klagte Adam, aber er lächelte sie dabei an. Er könnte stundenlang in ihre tiefgrünen Augen gucken. Aber so fest wie sie seinen Blick gerade erwiderte, immer noch auf eine Erklärung wartend, konnte sie einem fast Angst machen. „Du gehst mir seit unserem gemeinsamen Referat nicht mehr aus dem Kopf. Du bist toll und … ich mag dich mehr als nur als Freundin.“ Jetzt war die Katze aus dem Sack.
Ayah sah ihn mit großen Augen an. Seit dem Referat hatten sich sich einige Mal getroffen und sich viele Nachrichten geschrieben. Meistens hatten sie herum geulkt, manchmal aber auch sensible Themen besprochen. Adam war der jüngste von drei Brüdern und hatte immer das Gefühl nicht gut genug für seinen Anwaltsvater und seine Ärztinnenmutter sein – besonders da seine Brüder bereits studierten und immer nur die besten Noten nach Hause brachten. Seine Eltern beklagte sich angesichts seines Notenspiegels, der im Zweierbereich stagnierte – stets über seinen mangelnden Ehrgeiz. Auch sportlich war er nicht ehrgeizig. Er rang, weil es ihm Spaß machte und er seinen Trainer und die anderen Ringer mochte.
Das alles wusste Ayah, so wie er von ihr wusste, dass sie sich Sorgen um Asher, wegen seines Hitzkopfes und der Streiche machte und dass sie sich wünschte ihre biologischen Eltern gekannt zu haben. Über Gefühle für einander hatten sie allerdings nie gesprochen.
„Unser Referat ist über ein Jahr her.“, sagte sie deswegen verwirrt.
Verlegen nickte Adam. „Ich weiß. Aber all die Zeit, in der wie uns geschrieben haben … irgendwie hab ich mich in dich verliebt.“ Wenn zuvor die Katze aus dem Sack war, war es nun der Löwe.
„Oh.“ Nun war es an Ayah ihre Fußspitzen zu mustern. „Ich weiß wirklich nicht was ich sagen soll, Adam.“
Der Junge ließ die Schultern hängen. „Es tut mir leid, wenn ich dir zu nahe getreten bin. Ich hätte dich nicht so überfallen sollen, vor allem mit dem Kuss. Und … es ist ok, wenn du nicht dasselbe für mich empfindest.“
Er machte Anstalten zu gehen, doch Ayah zupfte ihn am T-Shirt. Sie sah ihn von unten mit ihren großen, dunkelgrünen Augen an. Adam meinte, sein Herz müsste schmelzen.
„Ich mochte den Kuss wirklich sehr. Auch wenn er vielleicht ein bisschen ...überfallartig passiert ist.“ Sie presste verlegen ihre Lippen zusammen, bevor sie genug Mut gesammelt hatte, um zu sagen: „Vielleicht nimmst du dir beim nächsten Mal mehr Zeit?“
„Glaubst du ich muss Adam verprügeln?“
Nigel hatte Asher erst nach dem Burger von dem überraschenden Kuss erzählt – in sicherer Entfernung zu Adam und Ayah. Hitzkopf, der er war, hätte Asher es fertiggebracht, Adam ansonsten tatsächlich zusammenzuschlagen. Doch jetzt hatte er einen guten Burger gegessen, sich Pommes mit Nigel geteilt und in Erinnerungen geschwelgt. Der Nachmittag war einfach wunderbar gewesen. Mittlerweile hatte die Dämmerung eingesetzt und so machten sie sich auf den Weg nach Hause.
Als die Sterne am Himmel aufzogen, sah Nigel beeindruckt nach oben.
„Krass wie gut man die Sterne hier sieht, ne?“ Asher ahnte, was ihm durch den Kopf ging. „Ich könnte stundenlang nach oben schauen.“
Die beiden Jungen setzten sich hinter dem Haus auf den Rasen. Asher legte den Kopf in den Nacken und sah nach oben. Nach ein paar Minuten bemerkte er, dass Nigel gar nicht den Himmel, sondern ihn ansah.
„Was ist?“
„Nichts. Ich bin nur wirklich sehr glücklich, bei dir zu sein.“
Sie sahen sich an und lächelten. Dann rückten sie näher aneinander und sahen doch noch in den Himmel.
In den nächsten zwei Wochen unternahmen die Zwillinge erstaunlich wenig mit einander, dafür ums so mehr mit jeweils Adam und Nigel. Ruth bekam regelrechte Panikanfälle wegen der Teenager, die auf Amors Pfaden wandelten. Sie frischte insbesondere Ayahs Aufklärungswissen gleich mehrfach auf – gerne in Adams Beisein. Die Jugendlichen wären am liebsten in ganz tiefen Löchern verschwunden. Akki, die ihre Urenkel ermutigte sich mit den beiden anderen zu treffen und vor allem unabhängig voneinander etwas zu unternehmen, vergatterte Ruth schließlich damit zum Schweigen, dass jemand, der von einem One-Night-Stand schwanger geworden war (mit vierzig) sich geschlossen halten sollte. Zum Glück bekam dieses Gespräch niemand mit...
Die zwei Wochen Unbeschwertheit endeten mit der Geburtstagsparty der Zwillinge. Ruth und Akki hatte ein paar Freunde und Verwandte eingeladen und als besonderen Gast Nell einfliegen lassen, die die Zwillinge noch nicht kannte. Die ältere Sima freute sich sehr diese beiden Enkelkinder kennenzulernen, auch wenn es sie an den Verlust ihrer Tochter – und final ihres Mannes – erinnerte.
„Adam, gut, dass ich dich mal solo erwische!“
Asher zerrte seinen Schulkamerad in eine etwas stillere Ecke des Wohnzimmers. Dem schwante nichts Gutes...
„In einer Woche fängt die Schule wieder an.“, begann Asher.
„Ja, und?“
Asher rollte mit den Augen und sagte dann sachlich: „Wenn du Ayah vorher als Sommerflirt abservierst und irgendeine Scheiße über sie erzählst, bring ich dich um.“
Erstaunt und ein bisschen verletzt ob dieser Anschuldigung, starrte Adam ihn an. „Wie kommst du denn auf so einen Unsinn?“
Als Asher nicht antwortete, sondern nur die Augenbrauen vielsagend hochzog, schüttelte Adam verwundert den Kopf. „Wirklich Asher, du solltest mich besser kennen. Weder habe ich einen Ruf darin die Mädels reihenweise abzuschleppen, noch gehöre ich zu den Sportlern, die sich mir ihren Eroberungen brüsten und Gerüchte in die Welt setzen. Auße-...“
Doch Asher unterbrach ihn gefährlich leise sprechend: „So, Ayah ist also eine Eroberung für dich?“
„Simmer, lass mich doch mal ausreden und fahr den großer-Bruder-Modus runter.“ Adam verschränkte die Arme vor der Brust und maß Asher mit einem Blick von Kopf bis Fuß. „Ich mag Ayah wirklich sehr, sehr gern. Sie ist keine Eroberung für mich. Tatsächlich habe ich sie heute gefragt, ob sie offiziell meine Freundin sein möchte. Ich bin nicht nur verliebt in sie.“ Bei dem Gedanken daran musste Adam unwillkürlich lächeln. Sein Herz machte einen kleinen Freudensprung. „Ich würde ihr nie wehtun.“
Asher grimassierte verlegen. „Wenn man dich so ansieht, wird einem ja schlecht. Scheußlich verliebt...“
Das rief ein Lachen bei Adam hervor. „Das sagt der richtige. Wenn du dich selbst sehen könntest, wenn du Nigel anschaust … Oder wenn du die Blicke sehen würdest, die er dir zuwirft.“ Vielsagend machte Adam einen Kussmund.
Asher boxte ihn in die Seite, nur um sich dann die Faust zu reiben. Ringen schien wirklich gut für die Rumpfmuskulatur zu sein. Adam setzte ein versöhnliches Gesicht auf. „Sind wird klar?“
Asher nickte und schob seine Hand in die Hosentasche. Hoffentlich tat er Ayah wirklich nie weh. Sich mit Adam anzulegen, konnte nur nach hinten losgehen...
Das Gespräch ging Asher dennoch nicht so schnell aus dem Kopf an diesem Abend. Adam schien ehrlich etwas für Ayah zu empfinden, wenn er sie schon fragte, ob sie seine Freundin sein wollte. So ganz offiziell und so. Er beobachte seine Schwester, die fast immer an Adams Seite anzutreffen war und mit ihm Händchen hielt. Dann zuckte er mit den Schultern und suchte den Raum nach Nigel ab. Wie immer wenn er ihn sah, kribbelte sein Magen und sein Puls beschleunigte sich. Nigel wurde seines Blickes gewahr und lächelte ihn an. Er sah so gut aus...
Kurzentschlossen bahnte sich Asher seinen Weg an den anderen vorbei und bat Nigel mit nach draußen zu kommen.
„Was gibt’s Ash?“
Asher sah Nigel lange an und versuchte sich jedes Detail im Gesicht des Freundes einzuprägen. Nicht das es nötig wäre – er kannte dieses Gesicht schließlich fast so gut wie sein eigenes.
„Ich hab nachgedacht.“, begann Asher dann. Zum Glück war er nicht so schüchtern wie Ayah und hatte in den letzten drei Minuten ausreichend Zeit gehabt, sich seine Worte zurecht zu legen. Er sah Nigels erwartungsvolles Gesicht an. „Ich weiß, dass du morgen schon wieder abreisen musst und wir uns frühstens im Winter wiedersehen können. Aber … ich dachte ...“ Das war ja doch schwieriger als gedacht. Adam schien sich wesentlich sicherer in seinen Gefühlen ausdrücken zu können als er. Innerlich zollte er ihm Respekt. „Ich dachte, auch wenn es dann eine Fernbeziehung sein wird … wollen wir das nicht offiziell machen?“
Als Antwort zog Nigel sein Smartphone aus der Tasche, drückte für etwa zwanzig Sekunden darauf herum und drehte es dann zu Asher. Auf Simbook stand bei Nigels Daten nun „Vergeben“. Er steckte das Smartphone weg und grinste Asher wie ein Honigkuchenpferd an. Es war fast sein Signaturgesicht und Asher würde am liebsten nie einen anderen Ausdruck auf Nigels Gesicht sehen. Es ließ seinen Magen kribbeln und sein Herz hüpfen. Er strahlte zurück. Daraufhin wurde Nigels Grinsen noch breiter. Er nahm Ashers Hand und gab ihm einen raschen Kuss, bevor er ihm ins Ohr flüsterte: „Wenn du nicht gefragt hättest, hätte ich gefragt. Aber ich bin froh, dass du es genauso siehst.“
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
Abschiede
Am nächsten Morgen dauerte es bei allen Sims im Hause Felinger etwas länger bis sie in die Pötte kamen. Nur Luke und Nigel brachen sehr früh auf, denn Nigels Zug ging sehr früh. Er und Asher hatten sich unmittelbar nach dem Aufstehen voneinander verabschiedet – keine leichte Angelegenheit für die beiden. Nachdem Luke und Nigel aufgebrochen waren, schlurfte Asher noch im Schlafanzug mit deprimierter Miene durchs Haus. Er traf Akki in der Küche, die ihm Frühstück machte und sich mit ihm auf die Terrasse setzte. Während er aß, beobachtete seine Urgroßmutter ihn sehr intensiv.
„Was ist?“, fragte Asher schließlich zwischen zwei Happen.
Akki seufzte abgrundtief. „Es gibt etwas, dass ich dir sagen muss.“
„Jaaaa?“
Seine Urgroßmutter faltete die Hände und nahm sie wieder auseinander, bevor sie begann mit dem Saum ihres Oberteils zu spielen. Geduldig wartete Asher ab, auch wenn er ein bisschen fürchtete, die würde sich darüber aufregen, dass er schwul war. Wow, dachte er, jetzt habe ich es zum ersten Mal selbst gedacht! Dass er Mädchen nicht so interessant fand wie zum Beispiel die Jungs aus seiner Mannschaft, war ihm schon sehr, sehr lange klar. Und dass er Nigel anders mochte als andere Freunde auch. Was für ein Glück, dass Nigel genauso empfand!
„Es geht um deinen Vater.“
Nun war Asher mehr als hellhörig. Nachdem Akki und Ruth Ayah und ihn über die wichtigsten Dinge hinsichtlich auf ihre Mutter und ihre Väter informiert und ihnen die Aufzeichnungen gegeben hatten, hielt sich die alte Dame in Bezug auf Lace, Jonas und Kennard.
„Kennard kam, wie ich auch ursprünglich, aus Moonlight Falls. Wie du weißt ist es ein geheimer Ort. Die Sims dort sind nicht wie … hier. Oder anderswo.“
„Ich erinnere mich was von dünner Werwolf gelesen zu haben. Und die Sache mit meiner Zeugung ...“ Hilflos hob Asher die Arme – verstehen tat er das nämlich nicht.
„Ich glaube Kiras genaue Worte waren dürrer Werwolf.“, lachte Akki. „Und deine Zeugung … Kennard war ein Magier. Früher hätte man vielleicht Hexer gesagt. Mit seiner Magie – eine Art Talent, vergleichbar mit Genie oder einem Künstler, konnte er Ayah retten und dich … äh zeugen.“
Asher verstand das immer noch nicht so ganz, bedeutete Akki aber fortzufahren. „Lace ist zwar ein normaler Sim gewesen, aber bei allen … Mischkindern … – Simmer, das klingt furchtbar, aber ich kann es gerade nicht anders ausdrücken – gibt es eine Chance, dass sie den okkulten Status erben. Gabriel wurde nicht als Wolf geboren, deswegen musste er Moonlight Falls verlassen. Bei Wölfen, Vampiren und Feen (und noch ein paar anderen, aber ich will dich nicht unnötig verwirren), gibt es nur entweder oder. Bei Magiern sieht es etwas anders aus.“
Trotz Akkis Hinweis, ihn nicht verwirren zu wollen, war genau das eingetreten. Asher verstand nur Bahnhof. Er starrte seine Urgroßmutter mit offenem Mund an.
„Magierkinder, deren anderer Elternteil ein normaler Sims ist, zeigen ihre Kräfte nicht von Geburt an, wie es bei den anderen der Fall wäre. Sie entwickeln die Kräfte langsam mit der Pubertät, oft ohne, dass sie es selbst merken.“
Asher konnte nur ein wimmerndes Geräusch machen. Die Richtung gefiel ihm gar nicht.
„Manchmal gehen Dinge spontan in Flammen auf oder verschwinden. Manche ziehen Horden von Katzen an. Bei anderen passieren ein Haufen glücklicher Zufälle oder sie haben eine Art sechsten Sinn, eine Art Weitsicht.“
„Neinneinnein.“, murmelte Asher leise, doch Akki fuhr unbarmherzig fort. „Oder es geschehen merkwürdige Wetterphänomene. Wie zum Beispiel heftige Gewitter nachdem sich ein Halbmagier aufgeregt hat.“
„NEIN!“
Asher wollte hochspringen, doch irgendetwas an Akkis Blick sagte ihm, er solle besser bleiben wo er war.
„Du entwickelst solche Kräfte, Asher.“
Trocken schluckte der Junge. Das Frühstück lag ihm wie ein Stein im Magen. In seinen Ohren hörte er sein Blut pochen. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Es gab keine Magie. Es gab keine Wölfe, Vampire und weiß-der-Simmer-was-noch. Und doch meldete sich eine kleine Stimme in seinem Hinterkopf, die ihn all die gelungenen Streiche erinnerte, bei denen er so eine Vorahnung hatte. An das heftige Gewitter im Jahr davor, nachdem er erfahren hatte, dass Nigel nicht kommen durfte. Mal ganz von den Aufzeichungen, den Beobachtern und der ganzen Chose abgesehen...
Akki beobachtete den Jungen genau. Sie konnte anhand seines Gesichtsausdruckes lesen, dass sich die Erkenntnis langsam in ihm setzte.
„Okay.“, sagte Asher schließlich. „Okay. Das ist … okay.“
Akki streichelte ihm mitfühlend über den Arm.
„Was heißt das jetzt?“, konnte er nach einigen Minuten fragen.
Dieses Mal brauchte Akki einen Moment, bevor sie erklärte: „Das heißt, dass du … dass du nach Moonlight Falls gehen solltest, um deine Kräfte in den Griff zu kriegen.“
Asher blieb der Mund offen stehen. „Alternative?“, krächzte er.
„Keine wirkliche. Wenn du deine Kräfte nicht beherrschen lernst, beherrschen sie irgendwann dich. Mit unabsehbaren Konsequenzen.“
Asher dachte an das Gewitter. Mit den Vorahnungen war ja noch zu leben, aber wenn er mit seinen Stimmungen das Wetter beeinflussen konnte? Und er war ja nicht gerade phlegmatisch, sondern eher … hitzköpfig. Er blickte zum Himmel. Der war eben noch strahlend blau, doch nun schoben sich ein paar Wolken vor die Sonne. Fragend sah er zu Akki, die daraufhin ebenfalls zum Himmel sah und mit einem Mal ein sehr besorgtes Gesicht machte.
„Was ist mit Ayah? Und Mom? Und … und Zoe und dir und Luke?“ Und was war mit Nigel? Der Schule? Asher schwirrte der Kopf.
Akki sprang auf und huschte in die Küche. Sie kam mit einem Glas wieder in das sie etwas aus einem Fläschchen goss. „Hier, trink.“
Asher sah die braune Flüssigkeit skeptisch an. „Ist das irgend so ein alchemistisches Gebräu?“ Er dachte an Luke, den Alchemietisch und Akkis komische Maschine.
Die alte Sima lachte schallend, ihre tiefe Stimme ließ fast sein Ohr brummen. „Nein. Whiskey.“
„Oh.“ Interessiert schnupperte Asher an dem Glas. Ein torfiger, alkoholischer Geruch stieg im in die Nase. Ungewohnt, aber gar nicht mal so unangenehm. Er hatte noch nie Alkohol getrunken (Ruth war da sehr klar), und nun lockte es ihn schon. Und wenn es entspannen half … Er nippte an dem Whiskey und war vom scharfen Gefühl in seiner Kehle überrascht. Akki nickte ihm aufmunternd zu und er exte das Gläschen. Wie Feuer brannte es die Speiseröhre herunter und in seinem Magen. Doch dann wurde es zu einer angenehmen Wärme. Und selbst wenn es nicht beruhigend wirken sollte – es hatte Asher kurz abgelenkt, so dass seine unmittelbare Aufregung etwas abgeflaut war.
„Sag's nur nicht Ruth.“ Akki zwinkerte ihm verschwörerisch zu und räumte die Indizien weg.
Asher nickte. Sein Kopf war irgendwie leichter geworden. Als Akki sich wieder zu ihm setzte, fragte er mit schwerer Zunge: „Ich muss also nach Moonlight Falls?“
„Es wäre das beste. Ich habe keinerlei Erfahrung mit Magie, auch wenn Kennard und ich zusammen aufgewachsen sind. Ich könnte dir nicht helfen, deine Kräfte zu kontrollieren. In Moonlight Falls habe ich – haben wir – Verwandte und Freunde.“ Sie unterbrach sich kurz und musterte ihren Urenkel. „Du könntest danach auch zurückkommen. Als Magier ist das kein Problem – weder leuchten deine Augen, noch musst du Blut trinken oder hast Flügelchen. Oder eine blaue Haut, Flossen....“
„Waaah, warte, dass wird mir zu viel.“
Akki tippte sich verlegen ans Kinn. „Entschuldige. Ich bin etwas vom roten Faden abgewichen.“
„Flossen?“ Asher legte seine Hände um die Stuhllehnen um sich festzuhalten. Waren Flossen jetzt wirklich relevant? Nein, entschied er und fragte: „Kann ich mit Ayah sprechen?“
„Selbstverständlich.“ Akki war erleichtert, dass Asher keinen seiner berüchtigten Anfälle bekam. Ein Blick zum Himmel verriet ihr, dass sie Wolken sich auflösten. Sie lächelte.
Wenig später hockten Asher und Ayah in seinem Zimmer.
„Puh, du müffelst irgendwie. Hast du getrunken?“
„Akki hat mir einen Whiskey gegeben.“, antwortete Asher nicht ohne Stolz.
Ayahs Blick sprach Bände und so beeilte er sich zu erklären: „Tja, wie es ausschie-... aussieht, bin ich wie mein Vater ein Magier.“
„Oh.“
Ja, oh, dachte Asher, bevor er sich konzentrierte und Ayah erzählte, was Akki ihm mitgeteilt hatte.
Nachdem er fertig war, sah ihn seine Schwester sehr lange, sehr kritisch an, bevor sie aufsprang und ihm umarmte. Zu Ashers Überraschung bemerkte er, dass ihre Schultern verdächtig zuckten.
„Heulst du?“
„Natürlich, du Depp!“, schluchzte Ayah. „Wie kann man nur so dumm sein?“ Sie ließ von Asher ab und rieb sich mit den Fäusten die Augen. „Ich heul', weil du gehen musst. Für wer weiß wie lange. Wir waren doch noch nie getrennt!“
Asher machte ein bedröppeltes Gesicht. Daran hatte er nur ganz kurz gedacht. „Ich werde ja auf jeden Fall wiederkommen! Und so lange ist es bestimmt nicht!“ Er nahm seine Schwester in den Arm und drückte sie fest an sich, wobei er auf die Unterlippe biss, damit er nicht selber heulen musste.
„Und du hast ja Adam.“, versuchte er schließlich seine Schwester zu trösten.
Sie schnaubte unter ihren Tränen. „Das ist doch nicht dasselbe!“
„Ja, aber du magst ihn doch?!“
Ayah fuhr sich durch das Gesicht und ließ sich auf den Hocker fallen. Sie sah Asher an. Er konnte hinter ihrer Stirn quasi die Gedanken arbeiten sehen.
„Er hat mir gestern erzählt, dass er dich gefragt hat, ob du seine Freundin sein willst.“
Ayah nickte langsam und betrachtete ihre Fingernägel.
„Fühlst du dich unwohl? Bedrängt er dich?“ Asher war schon halb aufgesprungen und spürte wie ihm der Zorn durch den Kopf rauschte – Whiskey hin oder her. Dann erinnerte er sich an Akkis Worte und das Gewitter … Langsam zählte er bis zehn und setzte sich auf seinen Sitzsack.
„Nein, überhaupt nicht.“, antwortete seine Schwester ruhig. „Adam ist ein echter Gentleman. Er ist süß und sehr aufmerksam. Ich bin tatsächlich gern mit ihm zusammen.“
„Aber...?“
„Aber...“, seufzte Ayah. Sie lag mit sich selbst im Clinche. Ja, Adam war wirklich liebenswert. Er brachte sie zum Lachen, hörte ihr geduldig zu und kümmerte sich toll um sie. Aber so richtig von den Füßen riss sie das Ganze nicht – da konnten die Küsse noch so toll sein (und das waren sie). „Ich glaube, er empfindet mehr für mich, als ich für ihn. Ich weiß nicht, ob ich mir selbst – und ihm – in die Tasche lüge. Er ist so … voll und ganz in mich verliebt – und ich bin es nicht.“
Asher sah seine Schwester überrascht an. Davon merkte man nicht viel, sie lächelte übers ganze Gesicht, wenn sie mit Adam zusammen war. Sollte sie eine so gute Schauspielerin sein?
„Den Eindruck hat man nicht so wirklich.“, sagte er deswegen vorsichtig.
„Es ist nicht so, als sei ich gar nicht verliebt. Nur nicht so doll wie er.“
Asher wunderte sich, ob es Qualitätsunterschiede im Verliebtsein gab. Das ganze war schließlich auch einigermaßen neu für ihn, auch wenn er schon ewig in Nigel verliebt war. Er versuchte nachzuempfinden, wie es sich wohl anfühlte weniger stark verliebt zu sein – oder stärker. Es gelang ihm nicht so richtig. Vielleicht hatte Ayah ja auch falsche Vorstellungen?
„Das mag sein.“, erwiderte Ayah und Asher merkte verlegen, dass er den letzten Gedanken laut ausgesprochen hatte. „Ich habe keine Vergleichsmöglichkeiten. Du weißt ich bin kein großer Fan von romantischen Filmen oder Büchern, deswegen glaube ich keine unrealistische Vorstellung entwickelt zu haben. Und als direkte Vorbilder hab ich ja irgendwie nur Mom und Luke und das ist wieder was ganz anderes.“ Ayah seufzte. „Und du und Nigel ihr grinst immer wie die Honigkuchenpferde, sobald ihr an den anderen denkt, über ihn redet oder ihn seht. Man merkt euch richtig an, dass ihr verliebt seid. Und Adam merkt man das auch an. Und ich weiß nicht, ob ich das richtige oder stark genug empfinde.“ Hilflos hob sie die Hände.
„Also ich finde schon, dass du sehr glücklich und ...äh hingerissen wirkst, wenn du mit Adam zusammen bist.“ Langsam verflog das leichte Gefühl in seinem Kopf. „Aber ich will dir nichts einreden, du musst das schon selbst erfühlen.“
„Großartiger Rat, Bruderherz.“, äzte Ayah.
Asher überging ihren Tonfall und griff nach ihrer Hand. „Fühlst du dich mit der Situation wohl?“
Erneut seufzte Ayah. Sie legte den Kopf schief und schien nachzudenken. „Ich glaube schon. Ich bin etwas unsicher, über meine eigenen Gefühle, aber ich mag es mit Adam zusammen zu sein.“
„Das ist doch gut. Du schaust einfach erst mal, wie sich alles entwickelt. Solange du dich wohl fühlst, ist alles ok. Und wenn nicht – dann machst du einfach Schluss.“
Ayah lachte leise. „Genau das hat Adam auch gesagt.“
Asher glotzte sie perplex an. „Heißt das, du hast ihm deine Zweifel genauso geschildert?!“
„Natürlich.“
Asher lehnte sich entgeistert zurück. „Wow. Du musst Adam wirklich vertrauen, wenn du so offen mit ihm über deine Zweifel sprichst. Und er hat so locker reagiert? Wow.“
Ayah nickte, als sei es das Selbstverständlichste der Welt. „Welchen Sinn macht eine Beziehung denn, wenn man nicht ehrlich ist. Ich erwarte von Adam ja auch nichts anderes.“
Langsam nickte Asher. Er kam allerdings nicht umhin sich zu fragen, ob er auch so ehrlich mit Nigel – und mit sich selbst! - sein könnte. Die rosarote Brille, die er in den letzten Wochen getragen hatte, schien mit einem Mal abgenommen. Doch bevor er sich weitere Gedanken um den Status seiner Verliebtheit oder Nigel machen konnte, riss Ayah ihn aus den Gedanken.
„Aber wir sind von der Moonlight Falls Sache abgewichen.“ Sie machte einen sehr resoluten Eindruck. Zwar waren ihre Augen noch leicht gerötet, aber Ayah wirkte tatendurstig. „Du musst gehen, auch wenn ich nicht glücklich bin, dich ziehen zu lassen.“
„Ich muss?!“
„Natürlich! Ich habe keine Lust noch mal vom Blitz getroffen zu werden, nur weil du einen deiner Wutanfälle bekommst.“
„Ich dachte das sei ein Scherz gewesen!“
Ayahs Blick sagte so viel wie: Seit wann mach' ich solche Scherze? Etwas leiser fuhr sie fort: „Außerdem kannst du so etwas über deinen Vater erfahren.“
Dieser Gedanke war Asher noch gar nicht gekommen. Er grübelte einen Moment. Er hatte sich oft gefragt, was sein Vater für ein Typ gewesen war. Ruth hatte gesagt, dass er auch viel für seine Mutter empfunden hatte. Aber warum war die dann mit Jonas, Ayahs Vater, zusammen gewesen? Und hatte Akki vorhin nicht erwähnt, sie sei mit Kennard zusammen aufgewachsen? Akki war doch bestimmt über hundert – und dann stand Kennard auf seine Mutter? Creepy! Andererseits war Kennard bereit gewesen, sein Leben für Ayahs – und irgendwie auch Ashers – Leben zu opfern (und das von Jonas' gleich mit, aber das nannte man wohl Kollateralschaden). Ashers Blick wanderte zu Ayah, die ins Nirgendwo starrte. Sie würde nie die Chance haben mehr über ihren Vater zu erfahren. Denn so viel wussten sie: Jonas war ein wiedergeborenen Sim, der nach Beendigung seines Dienstes als Sensemann mit einem Mal als junger Erwachsener zu existieren begonnen hatte. Keine Heimatstadt, keine Familie, nichts. Asher griff nach der Hand seiner Schwester. „Ich hab dich lieb.“, sagte er etwas ungelenk.
„Depp.“, erwiderte sie. „Ich dich auch.“
Am Abend setzten sich Akki, Ruth und die Zwillinge in Akkis geheimen Keller zusammen. Asher hatte entschieden, dass er nach Moonlight Falls gehen würde. Akki musste Ruth im Laufe des Tages bereits informiert haben, denn sie schien nicht weiter überrascht. Still nahm sie ihren Sohn in die Arme, nach dem er seine Entscheidung verkündet hatte.
Akki nickte nur. „Mein Bruder wird dich aufnehmen. Wundere dich nicht, dass er so viel jünger als ich aussieht, obwohl wir zwei von Vierlingen sind. Seine Wolfsgene lassen ihn langsamer altern.“
„Werd' ich dann etwa auch langsamer altern?“
„Das wird sich zeigen. Bei Magiern mit einem menschlichen Elternteil haben wir zu wenig Daten um sichere Aussagen zu treffen. Du wirst vermutlich länger als der durchschnittliche Mann deiner Generation leben. Ich hab den Durchschnitt auch schon überschritten, obwohl ich gar keine okkulten Kräfte mehr habe.“, erwiderte Akki.
„Vielleicht bist du auch einfach nur zäh.“, wagte Ruth grinsend einzuwerfen.
Akki zwinkerte überrascht, lachte dann aber leise. „Vielleicht. Muss ja nicht immer gleich alles übernatürlich sein.“
„Wann soll es los gehen?“
„Ich bringe Asher am Ende der Woche dorthin.“ Sie sah zu ihrem Urenkel. „So hast du genug Zeit, deine Sachen zu packen und dich von deinen Freunden zu verabschieden.“
„Coverstory?“, hakte Ruth geschäftig nach. Das Gefühl an den Tag der Geburt der Zwillinge erinnert zu werden, schob sie energisch weg.
„Internat für musikalisch begabte Schüler.“ Akki sah Asher vielsagend an. „Da wolltest du doch schon immer hin!“
„Ganz genau.“, erwiderte Asher überzeugend.
„Du bekommst von meinem Bruder ein neues Smartphone mit Internetzugang, so dass du uns – und auch Nigel – anrufen oder schreiben kannst. Du wirst aber keine Bilder versenden oder empfangen können. Über Moonlight Falls darf nichts nach außen dringen!“
Asher nickte gehorsam. Langsam wurde ihm ein bisschen mulmig zumute.
„Mein Bruder wird dich mögen. Er ist sehr loyal und hatte immer ein Herz für Gabriel. Und Kennard war sein bester Freund.“
„Oh toll, dann wird er ja überhaupt keine großen Erwartungen an mich haben.“
Verdutzt sah Akki ihn an – so hatte sie das noch nicht gesehen.
„Kannst du überhaupt Auto fahren?“, warf Ayah nachdenklich ein – mehr um ihren Bruder abzulenken und zu verhindern, dass Akki noch mehr Aufmunterndes von sich gab.
„Wer sagt, dass wir ein Auto benutzen?“
„Was ist?“, fragte Asher schließlich zwischen zwei Happen.
Akki seufzte abgrundtief. „Es gibt etwas, dass ich dir sagen muss.“
„Jaaaa?“
Seine Urgroßmutter faltete die Hände und nahm sie wieder auseinander, bevor sie begann mit dem Saum ihres Oberteils zu spielen. Geduldig wartete Asher ab, auch wenn er ein bisschen fürchtete, die würde sich darüber aufregen, dass er schwul war. Wow, dachte er, jetzt habe ich es zum ersten Mal selbst gedacht! Dass er Mädchen nicht so interessant fand wie zum Beispiel die Jungs aus seiner Mannschaft, war ihm schon sehr, sehr lange klar. Und dass er Nigel anders mochte als andere Freunde auch. Was für ein Glück, dass Nigel genauso empfand!
„Es geht um deinen Vater.“
Nun war Asher mehr als hellhörig. Nachdem Akki und Ruth Ayah und ihn über die wichtigsten Dinge hinsichtlich auf ihre Mutter und ihre Väter informiert und ihnen die Aufzeichnungen gegeben hatten, hielt sich die alte Dame in Bezug auf Lace, Jonas und Kennard.
„Kennard kam, wie ich auch ursprünglich, aus Moonlight Falls. Wie du weißt ist es ein geheimer Ort. Die Sims dort sind nicht wie … hier. Oder anderswo.“
„Ich erinnere mich was von dünner Werwolf gelesen zu haben. Und die Sache mit meiner Zeugung ...“ Hilflos hob Asher die Arme – verstehen tat er das nämlich nicht.
„Ich glaube Kiras genaue Worte waren dürrer Werwolf.“, lachte Akki. „Und deine Zeugung … Kennard war ein Magier. Früher hätte man vielleicht Hexer gesagt. Mit seiner Magie – eine Art Talent, vergleichbar mit Genie oder einem Künstler, konnte er Ayah retten und dich … äh zeugen.“
Asher verstand das immer noch nicht so ganz, bedeutete Akki aber fortzufahren. „Lace ist zwar ein normaler Sim gewesen, aber bei allen … Mischkindern … – Simmer, das klingt furchtbar, aber ich kann es gerade nicht anders ausdrücken – gibt es eine Chance, dass sie den okkulten Status erben. Gabriel wurde nicht als Wolf geboren, deswegen musste er Moonlight Falls verlassen. Bei Wölfen, Vampiren und Feen (und noch ein paar anderen, aber ich will dich nicht unnötig verwirren), gibt es nur entweder oder. Bei Magiern sieht es etwas anders aus.“
Trotz Akkis Hinweis, ihn nicht verwirren zu wollen, war genau das eingetreten. Asher verstand nur Bahnhof. Er starrte seine Urgroßmutter mit offenem Mund an.
„Magierkinder, deren anderer Elternteil ein normaler Sims ist, zeigen ihre Kräfte nicht von Geburt an, wie es bei den anderen der Fall wäre. Sie entwickeln die Kräfte langsam mit der Pubertät, oft ohne, dass sie es selbst merken.“
Asher konnte nur ein wimmerndes Geräusch machen. Die Richtung gefiel ihm gar nicht.
„Manchmal gehen Dinge spontan in Flammen auf oder verschwinden. Manche ziehen Horden von Katzen an. Bei anderen passieren ein Haufen glücklicher Zufälle oder sie haben eine Art sechsten Sinn, eine Art Weitsicht.“
„Neinneinnein.“, murmelte Asher leise, doch Akki fuhr unbarmherzig fort. „Oder es geschehen merkwürdige Wetterphänomene. Wie zum Beispiel heftige Gewitter nachdem sich ein Halbmagier aufgeregt hat.“
„NEIN!“
Asher wollte hochspringen, doch irgendetwas an Akkis Blick sagte ihm, er solle besser bleiben wo er war.
„Du entwickelst solche Kräfte, Asher.“
Trocken schluckte der Junge. Das Frühstück lag ihm wie ein Stein im Magen. In seinen Ohren hörte er sein Blut pochen. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Es gab keine Magie. Es gab keine Wölfe, Vampire und weiß-der-Simmer-was-noch. Und doch meldete sich eine kleine Stimme in seinem Hinterkopf, die ihn all die gelungenen Streiche erinnerte, bei denen er so eine Vorahnung hatte. An das heftige Gewitter im Jahr davor, nachdem er erfahren hatte, dass Nigel nicht kommen durfte. Mal ganz von den Aufzeichungen, den Beobachtern und der ganzen Chose abgesehen...
Akki beobachtete den Jungen genau. Sie konnte anhand seines Gesichtsausdruckes lesen, dass sich die Erkenntnis langsam in ihm setzte.
„Okay.“, sagte Asher schließlich. „Okay. Das ist … okay.“
Akki streichelte ihm mitfühlend über den Arm.
„Was heißt das jetzt?“, konnte er nach einigen Minuten fragen.
Dieses Mal brauchte Akki einen Moment, bevor sie erklärte: „Das heißt, dass du … dass du nach Moonlight Falls gehen solltest, um deine Kräfte in den Griff zu kriegen.“
Asher blieb der Mund offen stehen. „Alternative?“, krächzte er.
„Keine wirkliche. Wenn du deine Kräfte nicht beherrschen lernst, beherrschen sie irgendwann dich. Mit unabsehbaren Konsequenzen.“
Asher dachte an das Gewitter. Mit den Vorahnungen war ja noch zu leben, aber wenn er mit seinen Stimmungen das Wetter beeinflussen konnte? Und er war ja nicht gerade phlegmatisch, sondern eher … hitzköpfig. Er blickte zum Himmel. Der war eben noch strahlend blau, doch nun schoben sich ein paar Wolken vor die Sonne. Fragend sah er zu Akki, die daraufhin ebenfalls zum Himmel sah und mit einem Mal ein sehr besorgtes Gesicht machte.
„Was ist mit Ayah? Und Mom? Und … und Zoe und dir und Luke?“ Und was war mit Nigel? Der Schule? Asher schwirrte der Kopf.
Akki sprang auf und huschte in die Küche. Sie kam mit einem Glas wieder in das sie etwas aus einem Fläschchen goss. „Hier, trink.“
Asher sah die braune Flüssigkeit skeptisch an. „Ist das irgend so ein alchemistisches Gebräu?“ Er dachte an Luke, den Alchemietisch und Akkis komische Maschine.
Die alte Sima lachte schallend, ihre tiefe Stimme ließ fast sein Ohr brummen. „Nein. Whiskey.“
„Oh.“ Interessiert schnupperte Asher an dem Glas. Ein torfiger, alkoholischer Geruch stieg im in die Nase. Ungewohnt, aber gar nicht mal so unangenehm. Er hatte noch nie Alkohol getrunken (Ruth war da sehr klar), und nun lockte es ihn schon. Und wenn es entspannen half … Er nippte an dem Whiskey und war vom scharfen Gefühl in seiner Kehle überrascht. Akki nickte ihm aufmunternd zu und er exte das Gläschen. Wie Feuer brannte es die Speiseröhre herunter und in seinem Magen. Doch dann wurde es zu einer angenehmen Wärme. Und selbst wenn es nicht beruhigend wirken sollte – es hatte Asher kurz abgelenkt, so dass seine unmittelbare Aufregung etwas abgeflaut war.
„Sag's nur nicht Ruth.“ Akki zwinkerte ihm verschwörerisch zu und räumte die Indizien weg.
Asher nickte. Sein Kopf war irgendwie leichter geworden. Als Akki sich wieder zu ihm setzte, fragte er mit schwerer Zunge: „Ich muss also nach Moonlight Falls?“
„Es wäre das beste. Ich habe keinerlei Erfahrung mit Magie, auch wenn Kennard und ich zusammen aufgewachsen sind. Ich könnte dir nicht helfen, deine Kräfte zu kontrollieren. In Moonlight Falls habe ich – haben wir – Verwandte und Freunde.“ Sie unterbrach sich kurz und musterte ihren Urenkel. „Du könntest danach auch zurückkommen. Als Magier ist das kein Problem – weder leuchten deine Augen, noch musst du Blut trinken oder hast Flügelchen. Oder eine blaue Haut, Flossen....“
„Waaah, warte, dass wird mir zu viel.“
Akki tippte sich verlegen ans Kinn. „Entschuldige. Ich bin etwas vom roten Faden abgewichen.“
„Flossen?“ Asher legte seine Hände um die Stuhllehnen um sich festzuhalten. Waren Flossen jetzt wirklich relevant? Nein, entschied er und fragte: „Kann ich mit Ayah sprechen?“
„Selbstverständlich.“ Akki war erleichtert, dass Asher keinen seiner berüchtigten Anfälle bekam. Ein Blick zum Himmel verriet ihr, dass sie Wolken sich auflösten. Sie lächelte.
Wenig später hockten Asher und Ayah in seinem Zimmer.
„Puh, du müffelst irgendwie. Hast du getrunken?“
„Akki hat mir einen Whiskey gegeben.“, antwortete Asher nicht ohne Stolz.
Ayahs Blick sprach Bände und so beeilte er sich zu erklären: „Tja, wie es ausschie-... aussieht, bin ich wie mein Vater ein Magier.“
„Oh.“
Ja, oh, dachte Asher, bevor er sich konzentrierte und Ayah erzählte, was Akki ihm mitgeteilt hatte.
Nachdem er fertig war, sah ihn seine Schwester sehr lange, sehr kritisch an, bevor sie aufsprang und ihm umarmte. Zu Ashers Überraschung bemerkte er, dass ihre Schultern verdächtig zuckten.
„Heulst du?“
„Natürlich, du Depp!“, schluchzte Ayah. „Wie kann man nur so dumm sein?“ Sie ließ von Asher ab und rieb sich mit den Fäusten die Augen. „Ich heul', weil du gehen musst. Für wer weiß wie lange. Wir waren doch noch nie getrennt!“
Asher machte ein bedröppeltes Gesicht. Daran hatte er nur ganz kurz gedacht. „Ich werde ja auf jeden Fall wiederkommen! Und so lange ist es bestimmt nicht!“ Er nahm seine Schwester in den Arm und drückte sie fest an sich, wobei er auf die Unterlippe biss, damit er nicht selber heulen musste.
„Und du hast ja Adam.“, versuchte er schließlich seine Schwester zu trösten.
Sie schnaubte unter ihren Tränen. „Das ist doch nicht dasselbe!“
„Ja, aber du magst ihn doch?!“
Ayah fuhr sich durch das Gesicht und ließ sich auf den Hocker fallen. Sie sah Asher an. Er konnte hinter ihrer Stirn quasi die Gedanken arbeiten sehen.
„Er hat mir gestern erzählt, dass er dich gefragt hat, ob du seine Freundin sein willst.“
Ayah nickte langsam und betrachtete ihre Fingernägel.
„Fühlst du dich unwohl? Bedrängt er dich?“ Asher war schon halb aufgesprungen und spürte wie ihm der Zorn durch den Kopf rauschte – Whiskey hin oder her. Dann erinnerte er sich an Akkis Worte und das Gewitter … Langsam zählte er bis zehn und setzte sich auf seinen Sitzsack.
„Nein, überhaupt nicht.“, antwortete seine Schwester ruhig. „Adam ist ein echter Gentleman. Er ist süß und sehr aufmerksam. Ich bin tatsächlich gern mit ihm zusammen.“
„Aber...?“
„Aber...“, seufzte Ayah. Sie lag mit sich selbst im Clinche. Ja, Adam war wirklich liebenswert. Er brachte sie zum Lachen, hörte ihr geduldig zu und kümmerte sich toll um sie. Aber so richtig von den Füßen riss sie das Ganze nicht – da konnten die Küsse noch so toll sein (und das waren sie). „Ich glaube, er empfindet mehr für mich, als ich für ihn. Ich weiß nicht, ob ich mir selbst – und ihm – in die Tasche lüge. Er ist so … voll und ganz in mich verliebt – und ich bin es nicht.“
Asher sah seine Schwester überrascht an. Davon merkte man nicht viel, sie lächelte übers ganze Gesicht, wenn sie mit Adam zusammen war. Sollte sie eine so gute Schauspielerin sein?
„Den Eindruck hat man nicht so wirklich.“, sagte er deswegen vorsichtig.
„Es ist nicht so, als sei ich gar nicht verliebt. Nur nicht so doll wie er.“
Asher wunderte sich, ob es Qualitätsunterschiede im Verliebtsein gab. Das ganze war schließlich auch einigermaßen neu für ihn, auch wenn er schon ewig in Nigel verliebt war. Er versuchte nachzuempfinden, wie es sich wohl anfühlte weniger stark verliebt zu sein – oder stärker. Es gelang ihm nicht so richtig. Vielleicht hatte Ayah ja auch falsche Vorstellungen?
„Das mag sein.“, erwiderte Ayah und Asher merkte verlegen, dass er den letzten Gedanken laut ausgesprochen hatte. „Ich habe keine Vergleichsmöglichkeiten. Du weißt ich bin kein großer Fan von romantischen Filmen oder Büchern, deswegen glaube ich keine unrealistische Vorstellung entwickelt zu haben. Und als direkte Vorbilder hab ich ja irgendwie nur Mom und Luke und das ist wieder was ganz anderes.“ Ayah seufzte. „Und du und Nigel ihr grinst immer wie die Honigkuchenpferde, sobald ihr an den anderen denkt, über ihn redet oder ihn seht. Man merkt euch richtig an, dass ihr verliebt seid. Und Adam merkt man das auch an. Und ich weiß nicht, ob ich das richtige oder stark genug empfinde.“ Hilflos hob sie die Hände.
„Also ich finde schon, dass du sehr glücklich und ...äh hingerissen wirkst, wenn du mit Adam zusammen bist.“ Langsam verflog das leichte Gefühl in seinem Kopf. „Aber ich will dir nichts einreden, du musst das schon selbst erfühlen.“
„Großartiger Rat, Bruderherz.“, äzte Ayah.
Asher überging ihren Tonfall und griff nach ihrer Hand. „Fühlst du dich mit der Situation wohl?“
Erneut seufzte Ayah. Sie legte den Kopf schief und schien nachzudenken. „Ich glaube schon. Ich bin etwas unsicher, über meine eigenen Gefühle, aber ich mag es mit Adam zusammen zu sein.“
„Das ist doch gut. Du schaust einfach erst mal, wie sich alles entwickelt. Solange du dich wohl fühlst, ist alles ok. Und wenn nicht – dann machst du einfach Schluss.“
Ayah lachte leise. „Genau das hat Adam auch gesagt.“
Asher glotzte sie perplex an. „Heißt das, du hast ihm deine Zweifel genauso geschildert?!“
„Natürlich.“
Asher lehnte sich entgeistert zurück. „Wow. Du musst Adam wirklich vertrauen, wenn du so offen mit ihm über deine Zweifel sprichst. Und er hat so locker reagiert? Wow.“
Ayah nickte, als sei es das Selbstverständlichste der Welt. „Welchen Sinn macht eine Beziehung denn, wenn man nicht ehrlich ist. Ich erwarte von Adam ja auch nichts anderes.“
Langsam nickte Asher. Er kam allerdings nicht umhin sich zu fragen, ob er auch so ehrlich mit Nigel – und mit sich selbst! - sein könnte. Die rosarote Brille, die er in den letzten Wochen getragen hatte, schien mit einem Mal abgenommen. Doch bevor er sich weitere Gedanken um den Status seiner Verliebtheit oder Nigel machen konnte, riss Ayah ihn aus den Gedanken.
„Aber wir sind von der Moonlight Falls Sache abgewichen.“ Sie machte einen sehr resoluten Eindruck. Zwar waren ihre Augen noch leicht gerötet, aber Ayah wirkte tatendurstig. „Du musst gehen, auch wenn ich nicht glücklich bin, dich ziehen zu lassen.“
„Ich muss?!“
„Natürlich! Ich habe keine Lust noch mal vom Blitz getroffen zu werden, nur weil du einen deiner Wutanfälle bekommst.“
„Ich dachte das sei ein Scherz gewesen!“
Ayahs Blick sagte so viel wie: Seit wann mach' ich solche Scherze? Etwas leiser fuhr sie fort: „Außerdem kannst du so etwas über deinen Vater erfahren.“
Dieser Gedanke war Asher noch gar nicht gekommen. Er grübelte einen Moment. Er hatte sich oft gefragt, was sein Vater für ein Typ gewesen war. Ruth hatte gesagt, dass er auch viel für seine Mutter empfunden hatte. Aber warum war die dann mit Jonas, Ayahs Vater, zusammen gewesen? Und hatte Akki vorhin nicht erwähnt, sie sei mit Kennard zusammen aufgewachsen? Akki war doch bestimmt über hundert – und dann stand Kennard auf seine Mutter? Creepy! Andererseits war Kennard bereit gewesen, sein Leben für Ayahs – und irgendwie auch Ashers – Leben zu opfern (und das von Jonas' gleich mit, aber das nannte man wohl Kollateralschaden). Ashers Blick wanderte zu Ayah, die ins Nirgendwo starrte. Sie würde nie die Chance haben mehr über ihren Vater zu erfahren. Denn so viel wussten sie: Jonas war ein wiedergeborenen Sim, der nach Beendigung seines Dienstes als Sensemann mit einem Mal als junger Erwachsener zu existieren begonnen hatte. Keine Heimatstadt, keine Familie, nichts. Asher griff nach der Hand seiner Schwester. „Ich hab dich lieb.“, sagte er etwas ungelenk.
„Depp.“, erwiderte sie. „Ich dich auch.“
Am Abend setzten sich Akki, Ruth und die Zwillinge in Akkis geheimen Keller zusammen. Asher hatte entschieden, dass er nach Moonlight Falls gehen würde. Akki musste Ruth im Laufe des Tages bereits informiert haben, denn sie schien nicht weiter überrascht. Still nahm sie ihren Sohn in die Arme, nach dem er seine Entscheidung verkündet hatte.
Akki nickte nur. „Mein Bruder wird dich aufnehmen. Wundere dich nicht, dass er so viel jünger als ich aussieht, obwohl wir zwei von Vierlingen sind. Seine Wolfsgene lassen ihn langsamer altern.“
„Werd' ich dann etwa auch langsamer altern?“
„Das wird sich zeigen. Bei Magiern mit einem menschlichen Elternteil haben wir zu wenig Daten um sichere Aussagen zu treffen. Du wirst vermutlich länger als der durchschnittliche Mann deiner Generation leben. Ich hab den Durchschnitt auch schon überschritten, obwohl ich gar keine okkulten Kräfte mehr habe.“, erwiderte Akki.
„Vielleicht bist du auch einfach nur zäh.“, wagte Ruth grinsend einzuwerfen.
Akki zwinkerte überrascht, lachte dann aber leise. „Vielleicht. Muss ja nicht immer gleich alles übernatürlich sein.“
„Wann soll es los gehen?“
„Ich bringe Asher am Ende der Woche dorthin.“ Sie sah zu ihrem Urenkel. „So hast du genug Zeit, deine Sachen zu packen und dich von deinen Freunden zu verabschieden.“
„Coverstory?“, hakte Ruth geschäftig nach. Das Gefühl an den Tag der Geburt der Zwillinge erinnert zu werden, schob sie energisch weg.
„Internat für musikalisch begabte Schüler.“ Akki sah Asher vielsagend an. „Da wolltest du doch schon immer hin!“
„Ganz genau.“, erwiderte Asher überzeugend.
„Du bekommst von meinem Bruder ein neues Smartphone mit Internetzugang, so dass du uns – und auch Nigel – anrufen oder schreiben kannst. Du wirst aber keine Bilder versenden oder empfangen können. Über Moonlight Falls darf nichts nach außen dringen!“
Asher nickte gehorsam. Langsam wurde ihm ein bisschen mulmig zumute.
„Mein Bruder wird dich mögen. Er ist sehr loyal und hatte immer ein Herz für Gabriel. Und Kennard war sein bester Freund.“
„Oh toll, dann wird er ja überhaupt keine großen Erwartungen an mich haben.“
Verdutzt sah Akki ihn an – so hatte sie das noch nicht gesehen.
„Kannst du überhaupt Auto fahren?“, warf Ayah nachdenklich ein – mehr um ihren Bruder abzulenken und zu verhindern, dass Akki noch mehr Aufmunterndes von sich gab.
„Wer sagt, dass wir ein Auto benutzen?“
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Re: Felinger Legacy
Abschlüsse
„Ayah! Adam ist da.“ Akki zwinkerte dem jungen Mann zu. Der nestelte nervös an seiner Anzugjacke. „Sieht chic aus.“
Verlegen bedankte sich Adam bei der alten Sima, die sich mal wieder königlich zu amüsieren schien. Als Ayah um die Ecke kam, stockte ihm der Atem. Sie sah wunderschön aus. Natürlich fand er sie immer schön, aber heute sah sie besonders gut aus. Ayah kicherte, als sie ihn mit offenem Mund im Flur stehen sah.
„Viel Spaß euch beiden.“, wünschte Akki und drückte im Vorbeigehen Ayahs Schulter. Ein Abschiedsball war ihr nicht vergönnt gewesen und als junge Sima hatte sie es sich so manches Mal gewünscht es zu erleben. Aber es hatte keine Tradition in Moonlight Falls und wem hätte sie schon hingehen sollen? Sie war damals damit beschäftigt David bei der Entwicklung des Trankes für die IFs zu helfen. Und kurz danach fing schon die Pest an … Akki beeilte sich schnell an etwas anderes zu denken. „Um elf bist du wieder zu Hause, Fräulein. Verstanden Adam?!“
„Natürlich Mrs. Felinger.“
„Du siehst toll aus.“, sagte Adam schließlich, nachdem Akki endlich verschwunden war. Er nahm seine Freundin bei den Händen und sah ihr tief in die Augen. Er versuchte jedes kleinste Detail an ihr zu bemerken und sich einzuprägen. Was er an diesem Abend vor hatte … er wusste nicht wie es enden würde. Was Ayah dazu sagen würde. Und doch würde er nicht anders können.
„Alles in Ordnung? Sitzt die Fliege zu eng?“
Er musste ein reichlich blödes Gesicht gemacht haben, dass Ayah sich so besorgt erkundigte.
„Alles bestens.“ Adam zwang sich zu lächeln. Er bot Ayah seinen Arm. „Meine Mutter hat mir ihr Auto geliehen, so dass wir nicht mit meinem schrottreifen Truck fahren müssen.“
Ayah lachte. Manchmal klang ihre Stimme fast so dunkel wie die ihrer Urgroßmutter. Wie dunkler Honig. „Als würde mich so was kümmern.“
Punkt elf Uhr stand Ayah wieder im Flur.
„Hey mein Schatz. Wie war es?“, erkundigte sich Ruth aufgeregt. Sie hatte dem Abschlussball fast mehr entgegengefiebert als Ayah.
„Großartig.“, sagte Ayah lahm. „Ich bin müde.“
Ruth wollte etwas sagen, doch die Art wie Ayah sich umdrehte und sich hielt, sagte ihr, dass Ayah auf keinen Fall mit ihr sprechen wollte.
In ihrem Zimmer angekommen, ließ sich Ayah auf ihren Stuhl fallen. Sie streifte die Schuhe von den Füßen und stützte nachdenklich den Kopf auf die Hand. Dann sprang sie auf und rannte ins Bad, wo sie ihr Gesicht genau betrachtete.
„Du siehst toll aus.“, hatte Adam gesagt. Er hatte den ganzen Abend nicht den Blick von ihr lösen können.
Ayah wusste, dass sie keine klassische Schönheit war. Dazu sah sie ihrem Vater zu ähnlich. Ihre erdbeerblonden Haare und die dunkelgrünen Augen waren ganz reizvoll, aber das war ihrer Meinung nach schon alles.
Es konnte trotzdem nicht an ihrem Aussehen liegen. Es sei den Adam hatte zwei Jahre lang hartnäckig gelogen, wenn er ihr Komplimente über ihr Aussehen gemacht hatte.
Was war es dann? Ihr Schüchternheit? Die hatte sie ihm gegenüber ja wohl abgelegt. Sie hatte sogar an Schulveranstaltungen mit ihm teilgenommen. Es hatte ihr Spaß gemacht. Und jetzt?
Ayah vernahm ein leises Klopfen. Sie streckte den Kopf aus dem Badezimmer in ihren Raum und lauschte. Es kam von der Fensterscheibe. Langsam ging sie zum Fenster. Draußen stand – einem Häufchen Elend gleich – Adam. Ohne zu überlegen öffnete Ayah das Fenster und ließ in rein. Vielleicht hatte er es sich ja anders überlegt.
„Ayah … es tut mir so leid.“ Adams Stimme klang heiser. „Ich liebe dich.“
Zack. So einfach war das für ihn. Und es war wahrscheinlich sogar wahr. Sie hatte zumindest nie Grund gehabt daran zu zweifeln.
„Du hast eine komische Art das zu zeigen.“, erwiderte Ayah leise.
Adam hob die Hand und strich ihr über das Gesicht. „Gerade weil ich dich liebe, muss ich mit dir Schluss machen.“
Ayah schloss die Augen und genoss das Gefühl seiner Hand auf ihrer Wange. „Das sagtest du schon. Ich versteh es nicht.“
Adam ließ seine Hand auf ihrer Wange liegen. Es kostete ihn jedes Quäntchen an Selbstbeherrschung sie nicht in die Arme zu schließen und zu küssen. „Ich werde in einer Woche ins Bootcamp der Marines gehen. Ich habe mich für mehrere Jahre verpflichtet. Das kann und will ich dir nicht zumuten.“
„Ist das nicht eher meine Entscheidung?“
„Erinnerst du dich an unser Gespräch an deinem sechzehnten Geburtstag?“
Ayah nickte. Wie könnte sie dieses Gespräch vergessen? Das war das erste Mal gewesen, dass Adam gesagt hatte, dass er sie liebte. Er hatte sie gebeten offiziell seine Freundin zu sein. Sie erinnerte sich auch an ihre Unsicherheiten. Die waren nach zwei Jahren noch genauso da …
„Du bist dir unsicher, ob du mich liebst.“, fasste Adam es schlicht zusammen. Es war beeindruckend wie sachlich er diesen Umstand formulieren konnte, obwohl es für ihn, der ja so anders empfand, sicherlich herzzerbrechend sein musste.
„Ich will, dass du die Chance hast, deine Gefühle zu ordnen. Ich will nicht, dass du dir um mich Sorgen machst, während ich im Bootcamp oder im Einsatz bin. Ich will, dass du frei bist.“
Ayah erwiderte nichts, aber sie drückte ihre Wange in seine Hand. Als er einen Träne über seinen Handrücken laufen spürte, brach es ihm das Herz.
„Wenn ich wiederkomme … und du bist noch da und willst mich ...“, stammelte er, brachte seinen Satz aber nicht zu Ende.
Ayah nahm den Kopf aus seiner Hand und sah ihm mit tränenumflorten Blick an. Sie nickte schnell. Adam musste den Blick abwenden. Ayah machte einen Schritt auf ihn zu und gab ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. Wieder schmeckte sie die Ingwerbonbons und die Erinnerung an ihren ersten Kuss kam ihr in den Sinn, was ihr noch mehr Tränen in die Augen trieb. Nur ganz kurz erwiderte Adam den Kuss, dann löste er sich von Ayah. Er sah sie mit einem dicken Kloß im Hals an. Er wollte etwas sagen, konnte es aber nicht. Ohne ein weiteres Wort verschwand er aus dem Fenster.
In dieser Nacht konnte Ayah nicht schlafen. Sie wälzte sich im Bett hin und her, bevor sie gegen vier Uhr aufgab und leise begann zu putzen. Sauber machen empfand sie normalerweise als wohltuend meditativ. Da sie an diesem sehr frühen morgen aber alle paar Minuten auf ihr Smartphone sah, kam nicht das übliche entspannende Gefühl auf. Das Benachrichtigungslicht des Smartphones blieb dunkel. Adam schrieb ihr nicht.
Bei einem Kaffee ließ Ayah die letzten zwei Jahre Revue passieren. Seit Asher nach Moonlight Falls gezogen war, war es im Haus ruhiger geworden, auch wenn Zoe manchmal Anstalten machte, Ashers Lautstärke nachzuahmen. Sie konnte am anderen Ende des Grundstücks sein und trotzdem auf sich aufmerksam machen. Nach den Sommerferien würde sie in die erste Klasse kommen, deswegen versuchten Ruth und Luke zur Zeit ihr das Gebrüll abzutrainieren.
Akki hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Ayah in die Geheimnisse der Alchemie einzuweihen. Ayah fand das Stöbern in Akkis dickem Rezeptbuch sehr spannend und das Brauen von Tränken machte ihr zunehmend Spaß. Auch den Umgang mit der merkwürdigen Maschine lernte Ayah kennen. Ruth musste als Versuchskaninchen herhalten. Die drei Simas waren sich einig, dass außer ihnen und Asher zunächst keiner über die Beobachter informiert werden sollte. Immerhin hielten die sich seit Laces Tod stickum. Akki schwor zwar Stein und Bein, dass sie früher oder später wieder aus ihren Löchern kriechen würden, doch zur Zeit herrschte Ruhe. Darin war Akki sich mit ihren mysteriösen Freunden und ihrer Familie in Moonlight Falls einig.
Nell war vor ein paar Monaten überraschend gestorben. Ayah wunderte sich immer noch, wie gut ihre Urgroßmutter den Tod der Schwiegertochter verpackt hatte. Die beiden Frauen schienen sich trotz der Entfernung immer sehr zugetan. Aber wenn man seine Schwiegereltern, den Ehemann, den eigenen Sohn und eine Enkelin überlebt, härtete das vielleicht ab? Vielleicht war abstumpfen der bessere Ausdruck.
Nells älteste Tochter Eve, ihr Ehemann Hunter und die Kinder waren kurz nach Nells Tod zurück nach Riverview gezogen, denn Hunters Lehrauftrag auf Isla Paradiso war geendet. Mit ihren erwachsenen Cousins Seth und Elias und der etwas älteren Cousine Selena hatte Ayah nicht viel am Hut. Auch Tami, die anderthalb Jahre jünger war, lag nicht mit ihr auf einer Wellenlänge und das Nesthäkchen Lesley war in Zoes Alter. T und Adam waren Ayahs einzige Freunde geblieben.
(Zoe)
Adam. Ayah seufzte tief. Ihre Augen ziepten. Seit er sie gefragt hatte, ob sie seine Freundin sein wollte, hatte sich in Ayahs Augen alles gut entwickelt. Sie verbrachte wirklich gerne Zeit mit ihm und fühlte sich in seiner Gegenwart immer gut. Adam war nie aufdringlich und schien immer genau zu wissen, wann sie Ruhe brauchte. Die Beziehung entwickelte sich langsam, Stück für Stück. Er bedrängte sie niemals, auch wenn es für die anderen Jugendlichen an manchen Wochenenden keine anderen Themens als Knutschen oder Sex gab. Oh, sie knutschten ziemlich viel, keine Frage. Beim dem Gedanken dran schmeckte Ayah förmlich Ingwer auf ihrer Zunge. Sie küsste Adam so gern. Sie wäre auch ebreit gewesen, weiterzugehen, weil sie neugierig war, aber Adam hatte sie immer zurückgehalten. Er wollte nicht mit ihr schlafen, nur weil das alle machten. Er wollte vor allem nicht, dass sie etwas taten, was Ayah später bereuen würde. Ja, Adam passte immer auf sie auf. Dabei wünschte sie sich manchmal heimlich, dass er so forsch wäre, wie beim ersten Kuss...
Eine salzige Träne tropfte in den Kaffee. Sollte sie Adam etwa doch lieben? Ayah stellte die Tasse ab und nahm sich ein Stück Kücchenrolle, um die Tränen zu trocknen.
„Was ist los?“ Luke war unbemerkt in die Küche getreten.
„Nichts.“, antwortete Ayah schärfer als beabsichtigt.
Der Simo sah sie fragend. Kurz überlegte er, ob er etwas sagen sollte, doch er entschied sich dagegen, wohl wissend, dass Ayah nur dann sprechen würde, wenn sie dazu bereit war. Schweigend nahm sich Luke einen Kaffee, nippte daran und begann dann das Frühstück zuzubereiten. Ayah starrte eine Weile ins Nirgendwo, bevor sie sich langsam erhob und ihm mechanisch zuarbeitete.
Die Eröffnung, dass Adam zu den Marines wollte, hatte Ayah vollkommen unvorbereitet getroffen. Sie wusste, dass Adams Eltern eine Jura- oder Medizinstudium für ihren Jüngsten vorsahen. Adam war davon alles andere als begeistert gewesen. Er hatte es satt, zu versuchen die Fußstapfen seiner Eltern oder Brüder zu füllen. Dabei wäre er bestimmt ein guter Arzt, dachte Ayah, einfühlsam wie Adam nun mal war. Er war einfach … perfekt.
Klirrend stellte Ayah das Geschirr auf den Küchentisch.
„Adam hat Schluss gemacht.“, verkündete sie.
Überrascht hielt Luke inne und sah sie über seine Schulter hinweg an. „Was?“
„Adam hat Schluss gemacht.“, wiederholte Ayah tonlos.
„Warum?“, fragte der ältere Simo. Er legte den Schneebesen, mit dem er den Pfannkuchenteig verrührt hatte, weg und nahm Ayah rasch in die Arme. An seiner Schulter begann das Mädchen zu schluchzen.
„I-i-ich verstehe es nicht.“
Beruhigend strich Luke ihr über den Rücken und wartete darauf, dass sie weitersprach.
„Er geht zu den Marines.“, fuhr Ayah nach wenigen Minuten fort. Sie hatte sich etwas gefasst und löste sich aus der Umarmung ihres Stiefvater. „Er will nicht, dass ich dadurch behindert werde. Und dass ich Zeit habe, mich auf mich zu konzentrieren.“ Sie griff nach der Küchenrolle und riss ein weiteres Tuch ab. Nachdem sie sich geschnäuzt hatte, wiederholte sie: „Ich verstehe es nicht.“
Innerlich stimmte Luke ihr zu. Er verstand Adam auch nicht. Er war ein freundlicher, höflicher und aufmerksamer junger Mann. Er tat Ayah gut. Manchmal hatte Luke bei sich gedacht, dass er Zoe später (hoffentlich erst in vielen, vielen, vielen Jahren) einen Freund wie ihn fände. Warum machte er so plötzlich mit Ayah Schluß? Und dann auch noch beim Abschlussball...
Aber die Erklärung, die Ayah wiedergegeben hatte, konnte Luke verstehen, wenn Adam wirklich zu den Marines ginge und später im Ausland eingesetzt würde. Sein Vater war bei der Army gewesen und seine Kindheit und Jugend hatte Luke auf wechselnden Stützpuntken im In- und Ausland verbracht. Wenn sein Vater im Einsatz gewesen war, hatte Lukes Mutter die Nächte damit verbacht vor einer einzelnen Kerze zu sitzen und zu hoffen, dass ihr Mann lebend und gesund nach Hause kam. Die Frau eines Soldaten zu sein, brachte eine Menge Schattenseiten mit sich. Es hatte Lukes Mutter mit den Jahren zu einer harten Frau gemacht. Luke konnte nachvollziehen, dass Adam dieses Leben Ayah nicht zumuten wollte, zumal sie noch so jung und unentschieden war. Denn was sie nach dem Sommer mit sich und ihrem Leben anfangen sollte, war Ayah nicht klar.
„Mein Dad war bei der Army.“, brach Luke das Schweigen. Ayah sah ihn fragend an, und so furh Luke fort und erzählte ihr von seiner Kindheit und den Sorgen seiner Mutter. Währenddessen fuhr er fort das Frühstück zuzubereiten. Ayah setzte sich mit der Küchenrolle in der Hand auf die Anrichte neben ihm und verbrauchte mehr als ein Tuch.
„Oh, macht ihr gerade Geschichtsstunde?“ Ruth kam mit unverschämt gute Laune in die Küche.
Luke und Ayah wechselten einen Blick. Ayah setzte ein gezwungenes Lächeln auf und sagte: „Sowas in der Art.“ Sie glitt von der Theke und drückte kurz Lukes Schulter. „Ich hol' noch etwas Schlaf nach. Bis später.“
Damit verschwand sie in ihrem Zimmer. Es gab eine Menge über das sie nachdenken wollte.
Verlegen bedankte sich Adam bei der alten Sima, die sich mal wieder königlich zu amüsieren schien. Als Ayah um die Ecke kam, stockte ihm der Atem. Sie sah wunderschön aus. Natürlich fand er sie immer schön, aber heute sah sie besonders gut aus. Ayah kicherte, als sie ihn mit offenem Mund im Flur stehen sah.
„Viel Spaß euch beiden.“, wünschte Akki und drückte im Vorbeigehen Ayahs Schulter. Ein Abschiedsball war ihr nicht vergönnt gewesen und als junge Sima hatte sie es sich so manches Mal gewünscht es zu erleben. Aber es hatte keine Tradition in Moonlight Falls und wem hätte sie schon hingehen sollen? Sie war damals damit beschäftigt David bei der Entwicklung des Trankes für die IFs zu helfen. Und kurz danach fing schon die Pest an … Akki beeilte sich schnell an etwas anderes zu denken. „Um elf bist du wieder zu Hause, Fräulein. Verstanden Adam?!“
„Natürlich Mrs. Felinger.“
„Du siehst toll aus.“, sagte Adam schließlich, nachdem Akki endlich verschwunden war. Er nahm seine Freundin bei den Händen und sah ihr tief in die Augen. Er versuchte jedes kleinste Detail an ihr zu bemerken und sich einzuprägen. Was er an diesem Abend vor hatte … er wusste nicht wie es enden würde. Was Ayah dazu sagen würde. Und doch würde er nicht anders können.
„Alles in Ordnung? Sitzt die Fliege zu eng?“
Er musste ein reichlich blödes Gesicht gemacht haben, dass Ayah sich so besorgt erkundigte.
„Alles bestens.“ Adam zwang sich zu lächeln. Er bot Ayah seinen Arm. „Meine Mutter hat mir ihr Auto geliehen, so dass wir nicht mit meinem schrottreifen Truck fahren müssen.“
Ayah lachte. Manchmal klang ihre Stimme fast so dunkel wie die ihrer Urgroßmutter. Wie dunkler Honig. „Als würde mich so was kümmern.“
Punkt elf Uhr stand Ayah wieder im Flur.
„Hey mein Schatz. Wie war es?“, erkundigte sich Ruth aufgeregt. Sie hatte dem Abschlussball fast mehr entgegengefiebert als Ayah.
„Großartig.“, sagte Ayah lahm. „Ich bin müde.“
Ruth wollte etwas sagen, doch die Art wie Ayah sich umdrehte und sich hielt, sagte ihr, dass Ayah auf keinen Fall mit ihr sprechen wollte.
In ihrem Zimmer angekommen, ließ sich Ayah auf ihren Stuhl fallen. Sie streifte die Schuhe von den Füßen und stützte nachdenklich den Kopf auf die Hand. Dann sprang sie auf und rannte ins Bad, wo sie ihr Gesicht genau betrachtete.
„Du siehst toll aus.“, hatte Adam gesagt. Er hatte den ganzen Abend nicht den Blick von ihr lösen können.
Ayah wusste, dass sie keine klassische Schönheit war. Dazu sah sie ihrem Vater zu ähnlich. Ihre erdbeerblonden Haare und die dunkelgrünen Augen waren ganz reizvoll, aber das war ihrer Meinung nach schon alles.
Es konnte trotzdem nicht an ihrem Aussehen liegen. Es sei den Adam hatte zwei Jahre lang hartnäckig gelogen, wenn er ihr Komplimente über ihr Aussehen gemacht hatte.
Was war es dann? Ihr Schüchternheit? Die hatte sie ihm gegenüber ja wohl abgelegt. Sie hatte sogar an Schulveranstaltungen mit ihm teilgenommen. Es hatte ihr Spaß gemacht. Und jetzt?
Ayah vernahm ein leises Klopfen. Sie streckte den Kopf aus dem Badezimmer in ihren Raum und lauschte. Es kam von der Fensterscheibe. Langsam ging sie zum Fenster. Draußen stand – einem Häufchen Elend gleich – Adam. Ohne zu überlegen öffnete Ayah das Fenster und ließ in rein. Vielleicht hatte er es sich ja anders überlegt.
„Ayah … es tut mir so leid.“ Adams Stimme klang heiser. „Ich liebe dich.“
Zack. So einfach war das für ihn. Und es war wahrscheinlich sogar wahr. Sie hatte zumindest nie Grund gehabt daran zu zweifeln.
„Du hast eine komische Art das zu zeigen.“, erwiderte Ayah leise.
Adam hob die Hand und strich ihr über das Gesicht. „Gerade weil ich dich liebe, muss ich mit dir Schluss machen.“
Ayah schloss die Augen und genoss das Gefühl seiner Hand auf ihrer Wange. „Das sagtest du schon. Ich versteh es nicht.“
Adam ließ seine Hand auf ihrer Wange liegen. Es kostete ihn jedes Quäntchen an Selbstbeherrschung sie nicht in die Arme zu schließen und zu küssen. „Ich werde in einer Woche ins Bootcamp der Marines gehen. Ich habe mich für mehrere Jahre verpflichtet. Das kann und will ich dir nicht zumuten.“
„Ist das nicht eher meine Entscheidung?“
„Erinnerst du dich an unser Gespräch an deinem sechzehnten Geburtstag?“
Ayah nickte. Wie könnte sie dieses Gespräch vergessen? Das war das erste Mal gewesen, dass Adam gesagt hatte, dass er sie liebte. Er hatte sie gebeten offiziell seine Freundin zu sein. Sie erinnerte sich auch an ihre Unsicherheiten. Die waren nach zwei Jahren noch genauso da …
„Du bist dir unsicher, ob du mich liebst.“, fasste Adam es schlicht zusammen. Es war beeindruckend wie sachlich er diesen Umstand formulieren konnte, obwohl es für ihn, der ja so anders empfand, sicherlich herzzerbrechend sein musste.
„Ich will, dass du die Chance hast, deine Gefühle zu ordnen. Ich will nicht, dass du dir um mich Sorgen machst, während ich im Bootcamp oder im Einsatz bin. Ich will, dass du frei bist.“
Ayah erwiderte nichts, aber sie drückte ihre Wange in seine Hand. Als er einen Träne über seinen Handrücken laufen spürte, brach es ihm das Herz.
„Wenn ich wiederkomme … und du bist noch da und willst mich ...“, stammelte er, brachte seinen Satz aber nicht zu Ende.
Ayah nahm den Kopf aus seiner Hand und sah ihm mit tränenumflorten Blick an. Sie nickte schnell. Adam musste den Blick abwenden. Ayah machte einen Schritt auf ihn zu und gab ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. Wieder schmeckte sie die Ingwerbonbons und die Erinnerung an ihren ersten Kuss kam ihr in den Sinn, was ihr noch mehr Tränen in die Augen trieb. Nur ganz kurz erwiderte Adam den Kuss, dann löste er sich von Ayah. Er sah sie mit einem dicken Kloß im Hals an. Er wollte etwas sagen, konnte es aber nicht. Ohne ein weiteres Wort verschwand er aus dem Fenster.
In dieser Nacht konnte Ayah nicht schlafen. Sie wälzte sich im Bett hin und her, bevor sie gegen vier Uhr aufgab und leise begann zu putzen. Sauber machen empfand sie normalerweise als wohltuend meditativ. Da sie an diesem sehr frühen morgen aber alle paar Minuten auf ihr Smartphone sah, kam nicht das übliche entspannende Gefühl auf. Das Benachrichtigungslicht des Smartphones blieb dunkel. Adam schrieb ihr nicht.
Bei einem Kaffee ließ Ayah die letzten zwei Jahre Revue passieren. Seit Asher nach Moonlight Falls gezogen war, war es im Haus ruhiger geworden, auch wenn Zoe manchmal Anstalten machte, Ashers Lautstärke nachzuahmen. Sie konnte am anderen Ende des Grundstücks sein und trotzdem auf sich aufmerksam machen. Nach den Sommerferien würde sie in die erste Klasse kommen, deswegen versuchten Ruth und Luke zur Zeit ihr das Gebrüll abzutrainieren.
Akki hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Ayah in die Geheimnisse der Alchemie einzuweihen. Ayah fand das Stöbern in Akkis dickem Rezeptbuch sehr spannend und das Brauen von Tränken machte ihr zunehmend Spaß. Auch den Umgang mit der merkwürdigen Maschine lernte Ayah kennen. Ruth musste als Versuchskaninchen herhalten. Die drei Simas waren sich einig, dass außer ihnen und Asher zunächst keiner über die Beobachter informiert werden sollte. Immerhin hielten die sich seit Laces Tod stickum. Akki schwor zwar Stein und Bein, dass sie früher oder später wieder aus ihren Löchern kriechen würden, doch zur Zeit herrschte Ruhe. Darin war Akki sich mit ihren mysteriösen Freunden und ihrer Familie in Moonlight Falls einig.
Nell war vor ein paar Monaten überraschend gestorben. Ayah wunderte sich immer noch, wie gut ihre Urgroßmutter den Tod der Schwiegertochter verpackt hatte. Die beiden Frauen schienen sich trotz der Entfernung immer sehr zugetan. Aber wenn man seine Schwiegereltern, den Ehemann, den eigenen Sohn und eine Enkelin überlebt, härtete das vielleicht ab? Vielleicht war abstumpfen der bessere Ausdruck.
Nells älteste Tochter Eve, ihr Ehemann Hunter und die Kinder waren kurz nach Nells Tod zurück nach Riverview gezogen, denn Hunters Lehrauftrag auf Isla Paradiso war geendet. Mit ihren erwachsenen Cousins Seth und Elias und der etwas älteren Cousine Selena hatte Ayah nicht viel am Hut. Auch Tami, die anderthalb Jahre jünger war, lag nicht mit ihr auf einer Wellenlänge und das Nesthäkchen Lesley war in Zoes Alter. T und Adam waren Ayahs einzige Freunde geblieben.
(Zoe)
Adam. Ayah seufzte tief. Ihre Augen ziepten. Seit er sie gefragt hatte, ob sie seine Freundin sein wollte, hatte sich in Ayahs Augen alles gut entwickelt. Sie verbrachte wirklich gerne Zeit mit ihm und fühlte sich in seiner Gegenwart immer gut. Adam war nie aufdringlich und schien immer genau zu wissen, wann sie Ruhe brauchte. Die Beziehung entwickelte sich langsam, Stück für Stück. Er bedrängte sie niemals, auch wenn es für die anderen Jugendlichen an manchen Wochenenden keine anderen Themens als Knutschen oder Sex gab. Oh, sie knutschten ziemlich viel, keine Frage. Beim dem Gedanken dran schmeckte Ayah förmlich Ingwer auf ihrer Zunge. Sie küsste Adam so gern. Sie wäre auch ebreit gewesen, weiterzugehen, weil sie neugierig war, aber Adam hatte sie immer zurückgehalten. Er wollte nicht mit ihr schlafen, nur weil das alle machten. Er wollte vor allem nicht, dass sie etwas taten, was Ayah später bereuen würde. Ja, Adam passte immer auf sie auf. Dabei wünschte sie sich manchmal heimlich, dass er so forsch wäre, wie beim ersten Kuss...
Eine salzige Träne tropfte in den Kaffee. Sollte sie Adam etwa doch lieben? Ayah stellte die Tasse ab und nahm sich ein Stück Kücchenrolle, um die Tränen zu trocknen.
„Was ist los?“ Luke war unbemerkt in die Küche getreten.
„Nichts.“, antwortete Ayah schärfer als beabsichtigt.
Der Simo sah sie fragend. Kurz überlegte er, ob er etwas sagen sollte, doch er entschied sich dagegen, wohl wissend, dass Ayah nur dann sprechen würde, wenn sie dazu bereit war. Schweigend nahm sich Luke einen Kaffee, nippte daran und begann dann das Frühstück zuzubereiten. Ayah starrte eine Weile ins Nirgendwo, bevor sie sich langsam erhob und ihm mechanisch zuarbeitete.
Die Eröffnung, dass Adam zu den Marines wollte, hatte Ayah vollkommen unvorbereitet getroffen. Sie wusste, dass Adams Eltern eine Jura- oder Medizinstudium für ihren Jüngsten vorsahen. Adam war davon alles andere als begeistert gewesen. Er hatte es satt, zu versuchen die Fußstapfen seiner Eltern oder Brüder zu füllen. Dabei wäre er bestimmt ein guter Arzt, dachte Ayah, einfühlsam wie Adam nun mal war. Er war einfach … perfekt.
Klirrend stellte Ayah das Geschirr auf den Küchentisch.
„Adam hat Schluss gemacht.“, verkündete sie.
Überrascht hielt Luke inne und sah sie über seine Schulter hinweg an. „Was?“
„Adam hat Schluss gemacht.“, wiederholte Ayah tonlos.
„Warum?“, fragte der ältere Simo. Er legte den Schneebesen, mit dem er den Pfannkuchenteig verrührt hatte, weg und nahm Ayah rasch in die Arme. An seiner Schulter begann das Mädchen zu schluchzen.
„I-i-ich verstehe es nicht.“
Beruhigend strich Luke ihr über den Rücken und wartete darauf, dass sie weitersprach.
„Er geht zu den Marines.“, fuhr Ayah nach wenigen Minuten fort. Sie hatte sich etwas gefasst und löste sich aus der Umarmung ihres Stiefvater. „Er will nicht, dass ich dadurch behindert werde. Und dass ich Zeit habe, mich auf mich zu konzentrieren.“ Sie griff nach der Küchenrolle und riss ein weiteres Tuch ab. Nachdem sie sich geschnäuzt hatte, wiederholte sie: „Ich verstehe es nicht.“
Innerlich stimmte Luke ihr zu. Er verstand Adam auch nicht. Er war ein freundlicher, höflicher und aufmerksamer junger Mann. Er tat Ayah gut. Manchmal hatte Luke bei sich gedacht, dass er Zoe später (hoffentlich erst in vielen, vielen, vielen Jahren) einen Freund wie ihn fände. Warum machte er so plötzlich mit Ayah Schluß? Und dann auch noch beim Abschlussball...
Aber die Erklärung, die Ayah wiedergegeben hatte, konnte Luke verstehen, wenn Adam wirklich zu den Marines ginge und später im Ausland eingesetzt würde. Sein Vater war bei der Army gewesen und seine Kindheit und Jugend hatte Luke auf wechselnden Stützpuntken im In- und Ausland verbracht. Wenn sein Vater im Einsatz gewesen war, hatte Lukes Mutter die Nächte damit verbacht vor einer einzelnen Kerze zu sitzen und zu hoffen, dass ihr Mann lebend und gesund nach Hause kam. Die Frau eines Soldaten zu sein, brachte eine Menge Schattenseiten mit sich. Es hatte Lukes Mutter mit den Jahren zu einer harten Frau gemacht. Luke konnte nachvollziehen, dass Adam dieses Leben Ayah nicht zumuten wollte, zumal sie noch so jung und unentschieden war. Denn was sie nach dem Sommer mit sich und ihrem Leben anfangen sollte, war Ayah nicht klar.
„Mein Dad war bei der Army.“, brach Luke das Schweigen. Ayah sah ihn fragend an, und so furh Luke fort und erzählte ihr von seiner Kindheit und den Sorgen seiner Mutter. Währenddessen fuhr er fort das Frühstück zuzubereiten. Ayah setzte sich mit der Küchenrolle in der Hand auf die Anrichte neben ihm und verbrauchte mehr als ein Tuch.
„Oh, macht ihr gerade Geschichtsstunde?“ Ruth kam mit unverschämt gute Laune in die Küche.
Luke und Ayah wechselten einen Blick. Ayah setzte ein gezwungenes Lächeln auf und sagte: „Sowas in der Art.“ Sie glitt von der Theke und drückte kurz Lukes Schulter. „Ich hol' noch etwas Schlaf nach. Bis später.“
Damit verschwand sie in ihrem Zimmer. Es gab eine Menge über das sie nachdenken wollte.
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
Moving on
Der Sommer rauschte an Ayah vorbei, ohne dass sich mehr Klarheit über ihre Gefühle eingestellt hätte. Nachdem die Blätter sich verfärbten und Ayah ihren zweiten Geburtstag ohne ihren Zwilling feierte, stellte sich eine gewisse Akzeptanz bei ihr ein. Sie war verlassen worden und sie war einsam. Zwar sprach sie fast täglich mit Asher am Telefon, doch ihr Bruder schien abgelenkt. Er sprach selten darüber, was er in Moonlight Falls lernte. Seit einigen Monaten sprach er auch nicht mehr von Nigel. Ayah selbst hatte seit Erwigkeiten nicht mehr mit Nigel telefoniert. Sie wusste, dass der junge Mann darunter litt, Asher nicht sehen zu können. Als die Jungen beschlossen hatten, eine Fernbeziehgung zu versuchen, war nicht klar gewesen, dass Asher absolut isoliert sein würde. Nigel hatte sich eines Abends – kurz nachdem Adam Schluss gemacht hatte – mehr als unzufrieden und wütend darüber ausgelassen, wie sehr es ihn ankotzte, Asher nicht sehen zu können und immer nur zu telefonieren. Am schlimmsten war, dass Nigel nicht einmal wusste WO Asher sich aufhielt.
Diese Belastung war zu groß für die junge Liebe, das wusste Ayah. Sie hatte Nigel gegenüber nicht von Adam gesprochen, sondern sich nur seinen Frust angehört. Allerdings hatte sich Nigel danach nicht mehr gemeldet. Ihrem Bruder hatte Ayah zögerlich erzählt, dass Adam Schluss gemacht hatte. Sie befürchtete einen seiner Wutanfall. Doch überraschenderweise war es nicht dazu gekommen. Asher hatte sich schweigend Ayahs Klagen angehört und sie anschließend so gut er es vermochte getröstet. Er hatte angeboten, mit Adam zu sprechen, doch das lehnte Ayah ab. Danach hatten die Zwillinge nie mehr über Adam – oder Nigel – gesprochen.
Im Herbst begann Ayah im Supermarkt zu jobben. Sie wusste noch immer nicht, was sie mit ihrem Leben anfangen sollte. Ruth und Luke machten sich deswegen große Sorgen, vor allem weil Ayah so sichtbar unter der Trennung litt. Doch Akki beruhigte die anderen und wiegelte ab. Die alte Frau wusste, dass Ayah ihren Weg gehen würde, auch wenn es seine Zeit brauchen würde.
Der Winter marschierte mit massivem Schneefall und eisigen Temperaturen in Riverview ein. Seit sie hergezogen waren, kannte Ayah es nicht anders. Sie mochte den Schnee, doch manches Mal, wenn man das Haus kaum verlassen konnte, weil der Schnee so hoch lag und die Dachsparren bedenklich unter der Last der Schneemassen knarzten, versuchte sie sich zu erinnern, wie die Winter in Starlight Shores gewesen waren.
Die kühlen Temperaturen machten das Backen von winterlichem Gebäck auf jeden Fall wesentlich angenehmer. Ayah hatte seit ein paar Monaten ihre Leidenschaften fürs Backen entdeckt. Sie hatte auch den vernachlässigten Obst- und Gemüsegarten so weit es ging auf Vordermann gebracht. Ihre Ururgroßeltern mussten sehr ausgeprägte grüne Daumen gehabt haben, dass die Obstbäume nach all den Jahren noch Früchte trugen.
„Das riecht verdammt lecker!“
Überrascht zuckte Ayah zusammen. Sie war so in Gedanken, dass sie die Haustür nicht gehört hatte.
„Asher!“ Sie drehte sich auf der Stelle um und rannte auf ihren Zwilling zu, um sich ihm in die Arme zu werden. „Wo kommst du denn auf einmal her?! Warum hast du nicht angerufen? Weiß Mom, dass du hier bist?“
„Immer mit der Ruhe, Ayah!“, lachte Asher. Er schob sie ein Stück von sich, um sie genau zu betrachten. Sie hatte sich wenig verändert, nur die letzten kindlichen Zügen waren kaum mehr zu erkennen.
„Du siehst so … erwachsen aus.“, sagte Ayah schließlich, nachdem auch sie ihren Bruder gemustert hatte. Sie strich mit der Hand kurz über seinen Dreitagebart. Dann zog sie schnüffelnd die Luft ein.
„Mist!“ Sie wirbelte herum, griff nach einem Geschirrtuch und zog schnell das Backblech aus dem Ofen. „Heißheißheiß.“ Scheppernd landete das Blech mit der Kuchebform darauf auf der Anrichte, während Ayah zum Wasserhand stürzen wollte, um ihre verbrannte Hand zu kühlen. Doch Asher hielt sie auf, nahm ihre Hand und blies kurz darüber. Er murmelte ein paar Worte in einer Sprache, die Ayah nicht verstand. Aber sein Atem war kühler als das Wasser gewesen wäre und das stechende Brennen ließ augenblicklich nach.
Lausbubenhaft grinste ihr Bruder sie an. „Kein Heilspruch, aber sollte die Hand ausreichend kühlend.“, sagte er leichthin, so als habe er ihr ein Kühlpad auf die Hand gelegt und nicht Magie gewirkt.
Ayah beeilte sich den Mund zu zuklappen. Sie grinste schief. „Ich hätte ja mehr Glitzer erwartet.“
Asher hob die Schultern. „Das ist mehr so Sache der Feen. Die haben's mit Glitzer und Lichtlein hier, Lichtlein da ...“ Er schüttelte den Kopf während er ganz klar in Erinnerungen schwelgte. „Geht's mit der Hand? Wir sollten trotzdem noch Salbe drauf machen.“
„Passt schon.“, sagte Ayah. „Im Kühlschrank ist Brandgel.“ Ungewöhnlicherweise hatte sie das Bedürfnis auch etwas anzugeben. „Das habe ich erst gestern zusammengerührt. Akki sagt, ich bin ein alchemistisches Naturtalent.“
Asher ging zum Kühlschrank und öffnete ihn. In der Tür standen neben einer Flasche Milch verschiedene Tiegelchen und Fläschchen mit den unterschiedlichsten Inhalten. Alle waren säuberlichst von Ayah beschriftet. Er ignorierte die meisten und nahm das Fläschchen mit dert Aufschrift Brandgel heraus.
„Danke.“ Ayah tupfte sich etwas auf die Hand und stellte das Fläschchen dann zurück. „Der Kuchen ist zum Glück nicht angebrannt. Willst du probieren?“
„Ich dachte schon, ich muss verhungern!“ Asher fasste sich dramatisch an den Bauch.
„Mom, Luke und Zoe sind auf dem Winterfestival, Akki ist im Keller. Sie wollte auf keinen Fall gestört werden, deswegen hat sie Pech und du bekommst den ersten Kuchen.“ Ayah servierte ihrem Bruder ein Stück dampfenden Kuchen. „Ich glaube sie kommuniziert mit ihren mysteriösen Freunden.“ Sie setzte sich neben ihren Bruder und begutachtete kritisch ihren Kuchen. Nachdem sie die optische Inspektion beendet hatte, nahm sie Stückchen auf die Gabel und probierte vorsichtig. Ayah grinste zufrieden.
„Der schmeckt sehr gut, Schwersterherz.“, schaffte Asher hervorzubringen, während er sich wie ein Verhungernder über das Stück hermachte. Ruckzuck war es verputzt und Ayah sorgte für Nachschub.
„Haben sie dir in Moonlight Falls nichts zu essen gegeben?“
„Doch schon und es gibt auch ein Diner und so ein Etepetete-Restaurant, aber ...“ Ashers Blick wurde entnervt. „Onkel Will kann absolut nicht kochen. Seine Söhne auch nicht und ehrlich gesagt hab ichs selten übers Herz gebracht Golda kochen zu lassen – also blieben nur Will oder ich … es gab nicht viel Leckeres.“
„Onkel Will? Golda?“
Ayah starrte Asher fragend an. Der beeilte sich seinen Kuchen aufzuessen und versuchte seiner Schwester dann zu erklären, was er in den letzten Jahren in Moonlight Falls getrieben hatte.
„Akki hat mich zu einem Treffpunkt irgendwo im Nirgendwo gebracht, wo Onkel Will gewartet hat. Das ist ihr Bruder – einer ihrer Brüder um genau zu sein, aber die anderen sind schon tot. Will besteht darauf von mir mit Onkel Will angesprochen zu werden. Er hat mich sehr herzlich willkommen geheißen.“ Bei der Erinnerung wurde Asher immer noch schwarz vor Augen – Wills Umarmungen konnten einem die Luft abdrücken. „Will hat mich dann durch ein Portal nach Moonlight Falls gebracht. Nachdem was Akki uns erzählt hatte, dachte ich die Leute wären gegen mich, weil ich ein Außenseiter und dann auch nur ein Halbmagier bin, aber da habe ich mich ziemlich getäuscht. Die meisten sind sehr nett und auch sehr neugierig. Ich hab schnell Anschluss gefunden.“
„Tust du doch immer.“, warf Ayah ohne Neid ein.
„Schon, aber in einer ganz fremden Kultur ist das schon was anderes. Was allerdings geholfen hat, ist dass Akki quasi als Heilige verehrt wird. … Guck nicht so. Es gab vor einiger Zeit – da war unser Großvater noch nicht geboren, was dir einen Hinweis geben sollte, wie alt Akki wirklich ist! - eine Pest in Moonlight Falls. Akki hat schließlich ein Heilmittel gefunden und damit alle übernatürlichen Sims vorm Aussterben bewahrt. Dummerweise hat sie dabei sich selbst so verändert, dass sie kein Wolf mehr ist und deswegen wurde sie ausgestoßen.“
„Und dann verehren sie sie jetzt? Komische Art Verehrung zu zeigen.“
„Japp, absolut. Es ist wohl so, dass sie die Gesellschaft in Moonlight Falls mit all ihren Strukturen und Traditionen nur sehr langsam ändert. So richtig, richtig langsam. Das liegt daran, dass sie alle so alt werden. Wills Söhne zum Beispiel, Aelfric und Ethelbert, sind ungefähr zur gleichen Zeit geboren worden wie unser Großvater Gabriel. Sie sehen aber aus, als wären sie erst dreißig. Und Golda, seine Tochter, ist mehr wie ein Teenager obwohl sie in unseren Jahren gerechnet schon so um die vierzig sein müsste.“
„Oh mein Gott – so lange Teenager sein müssen?“
Die Rückkehr von Ruth, Luke und Zoe unterbrach das Gespräch. Während Asher den Rest der Familie, Akki stieß bald auch dazu, im Wohnzimmer mit der bereinigten Version seiner Schulzeit im Internat unterhielt, räumte Ayah die Küche auf und begann das Abendessen zuzubereiten. Asher sah nicht nur erwachsen aus, er wirkte es auch. Sie hatte seine Ruhe am Telefon dem Umstand, dass sie eben nurb telefonierten, zugeschrieben, doch es schien ihr – so weit sie das nach ihrem kurzen Gespräch beurteilen konnte – als sei er wesentlich weniger hitzköpfig als zuvor.
Ayah und Asher hatten an diesem Tag keine Chance mehr ihr Gespräch in Ruhe fortsetzen zu können. Obwohl er zum großen Teil auf magischen Wegen gereist war, war Asher ziemlich kaputt und verschwand schnell im Bett. Er schlief auch wesentlich länger als Ayah.
„Guten Morgen.“ Ayah konnte noch so früh aufstehen, ihre Urgroßmutter war immer schon wach. Manchmal fragte sie sich, ob Akki jemals schlief.
„Guten Morgen, Kind. Tee?“
Eigentlich war Ayah mehr ein Kaffeetrinker, aber Akki machte guten Tee. Er schien immer genau das zu tun, was er sollte: Er regte an, wenn man unkonzentriert war, beruhigte aufgeregte Nerven (und Mägen) und machte angenehm entspannt wenn man nicht schlafen konnte. Und das alles, ohne das man Akki vorher davon berichtet hatte.
„Hat Asher dir erzählt, dass du quasi eine Heilige bist?“, fragte Ayah nach ein paar Schlucken. Der Tee tat gut. Sie war zwar früh wach gewesen, aber in ihrem Kopf hingen noch ein paar schläftige Spinnweben, die das Denken schwer machten.
Akki schnaubte abfällig. „Ich weiß. Will versucht schon seit Jahren mich zur Rückkehr zu bewegen. Mein Exil haben sie gleich mit aufgehoben.“ Akki klang erstaunlich bitter.
Ayah sah sie fragend an, doch ihre Urgroßmutter winkte ab. „Vergossene Milch. Meine Familie und meine Heimat ist jetzt hier.“ Sie ließ unausgesprochen, dass von dieser Familie nicht mehr so furchtbar viel übrig geblieben war.
„Wie es aussieht versucht Moonlight Falls seit ein paar Jahren sich mehr und mehr zu öffnen.“, fuhr Akki so unvermittelt fort, dass Ayah beinahe ihren Tee verschüttete. „Als die Pest herrschte, habe ich den Rat angebettelt, Wissenschaftler wie David nach Moonlight Falls kommen zu lassen, damit er helfen konnte, aber das ist jedes Mal abgeschmettert worden, egal wie viele starben. Immerhin durfte ich ihm schließlich Proben schicken, die er analysieren konnte. Dass ich ein Wolf war, wussten er uns seine Eltern ohnehin schon länger.“
„Wäre es nicht gefährlich sich zu öffnen? Nach alldem was ich aus den übersetzten Aufzeichnungen oder deinen Erzählungen weiß, hat Moonlight Falls immer die Sorge gehabt, der Rest der Simheit würde es vernichten wollen. Und sie würden den Beobachtern mehr Spielraum in ihrer Heimat geben.“
„Das ist schon richtig.“; stimmte Akki zu, die sich innerlich darüber freute wie gut Ayah ihr zu hörte. Die junge Frau war klüger als sie es selbst wusste. „Aber die Pest hat die Einwohnerzahl extrem reduziert. Nimm als Beispiel meine Familie: Wir waren Vierlinge und nur William und ich haben überlebt. Wills Frau ist gestorben, ebenso wie eins ihrer Zwillingsmädchen. Kennard, Ashers Vater, hat seine gesammte Familie verloren. Es gibt nicht eine Familie in Moonlight Falls die nicht wenigstens zwei bis drei Mitglieder verloren hat.“ Akki sah so grimmig drein, dass es Ayah unheimlich war. „Deswegen haben sie schon vor ein paar Jahren sämtliche Exile beendet und denjenigen, die nicht von Geburt an Vampir oder Wolf waren – also so genannte Werwölfe, erlaubt in Moonlight Falls zu siedeln. Die Vampire und Wölfe konnte sich so etwas erholen, aber für die anderen sieht es nach wie vor schlecht aus.“ Akki wies mit der Hand Richtung Ashers Zimmer: „Dass diesseitige Sims mit jenseitigen Kinder bekommen konnten, wusste man schon lange. Meistens waren die Kinder, so wie Gabriel, diesseitig. Asher hingegen ist es nicht und das gibt dem Rat Hoffnung.“
„Tatsächlich ist der Rat nicht nur scharf auf meine tollen Gene.“ Asher trat unbemerkt zu den beiden Frauen. Er nahm Ayahs Tasse, schenkte sich Tee nach und schlürfte ihn geräuschvoll aus. „Aber es spielte schon eine Rolle mich so lange in Moonlight Falls zu lassen.“ Auf Ayahs Blick hin erklärte ihr Bruder: „Der Rat wollte zum einen verhindern, dass ein unqualifizierter Magier die Welt unsicher macht. Dann wollten sie wissen, wie ausgeprägt meine magischen Kräfte sind. Sie waren überrascht, dass ich nicht weniger schwach als mein Vater bin, obwohl ich nur ein Halbmagier bin.“ Asher klang ziemlich zufrieden mit sich selbst. „Und letztlich ging es darum, wie jemand, der ohne Wissen von Moonlight Falls und jenseitigen Sims aufgewachsen ist, sich in Moonlight Falls zurecht findet – und wie die Bewohner es aufnehmen.“
„Da ist ein Halbmagier ja genau das richtige.“ Ayah verschränkte die Arme.
Asher nickte gedankenverloren und musterte seine Urgroßmutter. Die sah ihn ausdruckslos an. „Ayah, lass uns in mein Zimmer gehen. Wir haben etwas zu besprechen.“ Er drückte Akkis Schulter. „Ist das okay?“
Akki nickte orakelhaft.
„Das wirkt jetzt sehr mysteriös.“, sagte Ayah, nachdem ihr Bruder sie ihn sein Zimmer geführt hatte.
„Tja ...“ Asher hob grinsend die Arme. „Man tut was man kann.“
Ayah seufzte tief, bevor sie fragte: „Was für einen Anschlag hast du also auf mich vor?“
Das Grinsen verging Asher. Es hätte ihn sehr gewundert, wenn Ayah vollkommen arglos gewesen wäre.
„Wie du gerade selbst erkannt hast, war einen Halbmagier auf Moonlight Falls los zulassen nur die erste Phase.“ Ungewöhnlicherweise verstummte Asher, denn ihm fehlten die Worte.
„Ich bin dabei.“, sagte Ayah kurzerhand, nachdem sie Ashers Gesicht eine Weile studiert hatte. „Wenn es darum geht einen ganz normalen Sim nach Moonlight Falls zu bringen, bin ich dabei.“
„Weißt du, Akki sagt immer, dass du klüger bist, als es den Anschein hat. Ich komme langsam zu dem Schluss, dass sie recht hat.“ Kaum hatte er zu ende gesprochen, fiel ihm auf, wie abfällig und missverständlich das klang. Er machte Anstalten sich zu entschuldigen, doch Ayah winkte ab.
„Ich verstehe, was du meinst.“ Ayah grinste. „Und ich schätze es ist noch mehr dran.“
Erleichtert nickte Asher. „Dadurch, dass sogenannte „wilde“ Vampire und Werwölfe aufgenommen worden sind – und es zur Zeit von Großvater Gabriel wohl einen Zwischenfall gegeben hat – ist Onkel Will – das solltest du dir übrigens direkt mal angewöhnen – der Meinung, dass man ein Büro oder ein Institut gründen sollte, dass mit interkulturellen Begegnungen – positiv und negativ – umgehen soll.“ Er musterte Ayah, die ihn erwartungsvoll ansah. „Ich bin bereits Mitglied und ich habe vorgeschlagen, dass wir dich rekrutieren. Du weißt bereits, dass es jenseitige Sims gibt, musst also nicht mehr an den Gedanken gewöhnt werden. Du beherrscht Alchemie und kennst dich mit Akkis komischer Maschine aus.“
„Warum werde ich das Gefühl nicht los, dass du weitaus häufiger mit Akki gesprochen hast, als sie und du haben durchblicken lassen?“
Asher zuckte mit den Schultern. „Die Beobachter sind auch für Moonlight Falls eine Gefahr. Akki hat die Baupläne für ihre Maschine schon dorthin geschickt, aber es muss jemand vor Ort sein, der mit ihr arbeiten und andere schulen kann.“
Langsam nickte Ayah. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass Akki sie gezielt auf diese Aufgabe vorbereiten wollte.
Asher schien noch nicht davon überzeugt zu sein, dass seine Schwester einverstanden sei. „Vielleicht tut es dir ja auch gut mal aus Riverview wegzukommen? Nach allem was … äh.“
Ayah schüttelte den Kopf. Diese Richtung sollte ihr Gespräch nicht nehmen. „Wie ich schon sagte, ich bin dabei.“ Sie warf ihrem Zwilling einen bestimmenden Blick zu. „Wann geht’s los?“
Diese Belastung war zu groß für die junge Liebe, das wusste Ayah. Sie hatte Nigel gegenüber nicht von Adam gesprochen, sondern sich nur seinen Frust angehört. Allerdings hatte sich Nigel danach nicht mehr gemeldet. Ihrem Bruder hatte Ayah zögerlich erzählt, dass Adam Schluss gemacht hatte. Sie befürchtete einen seiner Wutanfall. Doch überraschenderweise war es nicht dazu gekommen. Asher hatte sich schweigend Ayahs Klagen angehört und sie anschließend so gut er es vermochte getröstet. Er hatte angeboten, mit Adam zu sprechen, doch das lehnte Ayah ab. Danach hatten die Zwillinge nie mehr über Adam – oder Nigel – gesprochen.
Im Herbst begann Ayah im Supermarkt zu jobben. Sie wusste noch immer nicht, was sie mit ihrem Leben anfangen sollte. Ruth und Luke machten sich deswegen große Sorgen, vor allem weil Ayah so sichtbar unter der Trennung litt. Doch Akki beruhigte die anderen und wiegelte ab. Die alte Frau wusste, dass Ayah ihren Weg gehen würde, auch wenn es seine Zeit brauchen würde.
Der Winter marschierte mit massivem Schneefall und eisigen Temperaturen in Riverview ein. Seit sie hergezogen waren, kannte Ayah es nicht anders. Sie mochte den Schnee, doch manches Mal, wenn man das Haus kaum verlassen konnte, weil der Schnee so hoch lag und die Dachsparren bedenklich unter der Last der Schneemassen knarzten, versuchte sie sich zu erinnern, wie die Winter in Starlight Shores gewesen waren.
Die kühlen Temperaturen machten das Backen von winterlichem Gebäck auf jeden Fall wesentlich angenehmer. Ayah hatte seit ein paar Monaten ihre Leidenschaften fürs Backen entdeckt. Sie hatte auch den vernachlässigten Obst- und Gemüsegarten so weit es ging auf Vordermann gebracht. Ihre Ururgroßeltern mussten sehr ausgeprägte grüne Daumen gehabt haben, dass die Obstbäume nach all den Jahren noch Früchte trugen.
„Das riecht verdammt lecker!“
Überrascht zuckte Ayah zusammen. Sie war so in Gedanken, dass sie die Haustür nicht gehört hatte.
„Asher!“ Sie drehte sich auf der Stelle um und rannte auf ihren Zwilling zu, um sich ihm in die Arme zu werden. „Wo kommst du denn auf einmal her?! Warum hast du nicht angerufen? Weiß Mom, dass du hier bist?“
„Immer mit der Ruhe, Ayah!“, lachte Asher. Er schob sie ein Stück von sich, um sie genau zu betrachten. Sie hatte sich wenig verändert, nur die letzten kindlichen Zügen waren kaum mehr zu erkennen.
„Du siehst so … erwachsen aus.“, sagte Ayah schließlich, nachdem auch sie ihren Bruder gemustert hatte. Sie strich mit der Hand kurz über seinen Dreitagebart. Dann zog sie schnüffelnd die Luft ein.
„Mist!“ Sie wirbelte herum, griff nach einem Geschirrtuch und zog schnell das Backblech aus dem Ofen. „Heißheißheiß.“ Scheppernd landete das Blech mit der Kuchebform darauf auf der Anrichte, während Ayah zum Wasserhand stürzen wollte, um ihre verbrannte Hand zu kühlen. Doch Asher hielt sie auf, nahm ihre Hand und blies kurz darüber. Er murmelte ein paar Worte in einer Sprache, die Ayah nicht verstand. Aber sein Atem war kühler als das Wasser gewesen wäre und das stechende Brennen ließ augenblicklich nach.
Lausbubenhaft grinste ihr Bruder sie an. „Kein Heilspruch, aber sollte die Hand ausreichend kühlend.“, sagte er leichthin, so als habe er ihr ein Kühlpad auf die Hand gelegt und nicht Magie gewirkt.
Ayah beeilte sich den Mund zu zuklappen. Sie grinste schief. „Ich hätte ja mehr Glitzer erwartet.“
Asher hob die Schultern. „Das ist mehr so Sache der Feen. Die haben's mit Glitzer und Lichtlein hier, Lichtlein da ...“ Er schüttelte den Kopf während er ganz klar in Erinnerungen schwelgte. „Geht's mit der Hand? Wir sollten trotzdem noch Salbe drauf machen.“
„Passt schon.“, sagte Ayah. „Im Kühlschrank ist Brandgel.“ Ungewöhnlicherweise hatte sie das Bedürfnis auch etwas anzugeben. „Das habe ich erst gestern zusammengerührt. Akki sagt, ich bin ein alchemistisches Naturtalent.“
Asher ging zum Kühlschrank und öffnete ihn. In der Tür standen neben einer Flasche Milch verschiedene Tiegelchen und Fläschchen mit den unterschiedlichsten Inhalten. Alle waren säuberlichst von Ayah beschriftet. Er ignorierte die meisten und nahm das Fläschchen mit dert Aufschrift Brandgel heraus.
„Danke.“ Ayah tupfte sich etwas auf die Hand und stellte das Fläschchen dann zurück. „Der Kuchen ist zum Glück nicht angebrannt. Willst du probieren?“
„Ich dachte schon, ich muss verhungern!“ Asher fasste sich dramatisch an den Bauch.
„Mom, Luke und Zoe sind auf dem Winterfestival, Akki ist im Keller. Sie wollte auf keinen Fall gestört werden, deswegen hat sie Pech und du bekommst den ersten Kuchen.“ Ayah servierte ihrem Bruder ein Stück dampfenden Kuchen. „Ich glaube sie kommuniziert mit ihren mysteriösen Freunden.“ Sie setzte sich neben ihren Bruder und begutachtete kritisch ihren Kuchen. Nachdem sie die optische Inspektion beendet hatte, nahm sie Stückchen auf die Gabel und probierte vorsichtig. Ayah grinste zufrieden.
„Der schmeckt sehr gut, Schwersterherz.“, schaffte Asher hervorzubringen, während er sich wie ein Verhungernder über das Stück hermachte. Ruckzuck war es verputzt und Ayah sorgte für Nachschub.
„Haben sie dir in Moonlight Falls nichts zu essen gegeben?“
„Doch schon und es gibt auch ein Diner und so ein Etepetete-Restaurant, aber ...“ Ashers Blick wurde entnervt. „Onkel Will kann absolut nicht kochen. Seine Söhne auch nicht und ehrlich gesagt hab ichs selten übers Herz gebracht Golda kochen zu lassen – also blieben nur Will oder ich … es gab nicht viel Leckeres.“
„Onkel Will? Golda?“
Ayah starrte Asher fragend an. Der beeilte sich seinen Kuchen aufzuessen und versuchte seiner Schwester dann zu erklären, was er in den letzten Jahren in Moonlight Falls getrieben hatte.
„Akki hat mich zu einem Treffpunkt irgendwo im Nirgendwo gebracht, wo Onkel Will gewartet hat. Das ist ihr Bruder – einer ihrer Brüder um genau zu sein, aber die anderen sind schon tot. Will besteht darauf von mir mit Onkel Will angesprochen zu werden. Er hat mich sehr herzlich willkommen geheißen.“ Bei der Erinnerung wurde Asher immer noch schwarz vor Augen – Wills Umarmungen konnten einem die Luft abdrücken. „Will hat mich dann durch ein Portal nach Moonlight Falls gebracht. Nachdem was Akki uns erzählt hatte, dachte ich die Leute wären gegen mich, weil ich ein Außenseiter und dann auch nur ein Halbmagier bin, aber da habe ich mich ziemlich getäuscht. Die meisten sind sehr nett und auch sehr neugierig. Ich hab schnell Anschluss gefunden.“
„Tust du doch immer.“, warf Ayah ohne Neid ein.
„Schon, aber in einer ganz fremden Kultur ist das schon was anderes. Was allerdings geholfen hat, ist dass Akki quasi als Heilige verehrt wird. … Guck nicht so. Es gab vor einiger Zeit – da war unser Großvater noch nicht geboren, was dir einen Hinweis geben sollte, wie alt Akki wirklich ist! - eine Pest in Moonlight Falls. Akki hat schließlich ein Heilmittel gefunden und damit alle übernatürlichen Sims vorm Aussterben bewahrt. Dummerweise hat sie dabei sich selbst so verändert, dass sie kein Wolf mehr ist und deswegen wurde sie ausgestoßen.“
„Und dann verehren sie sie jetzt? Komische Art Verehrung zu zeigen.“
„Japp, absolut. Es ist wohl so, dass sie die Gesellschaft in Moonlight Falls mit all ihren Strukturen und Traditionen nur sehr langsam ändert. So richtig, richtig langsam. Das liegt daran, dass sie alle so alt werden. Wills Söhne zum Beispiel, Aelfric und Ethelbert, sind ungefähr zur gleichen Zeit geboren worden wie unser Großvater Gabriel. Sie sehen aber aus, als wären sie erst dreißig. Und Golda, seine Tochter, ist mehr wie ein Teenager obwohl sie in unseren Jahren gerechnet schon so um die vierzig sein müsste.“
„Oh mein Gott – so lange Teenager sein müssen?“
Die Rückkehr von Ruth, Luke und Zoe unterbrach das Gespräch. Während Asher den Rest der Familie, Akki stieß bald auch dazu, im Wohnzimmer mit der bereinigten Version seiner Schulzeit im Internat unterhielt, räumte Ayah die Küche auf und begann das Abendessen zuzubereiten. Asher sah nicht nur erwachsen aus, er wirkte es auch. Sie hatte seine Ruhe am Telefon dem Umstand, dass sie eben nurb telefonierten, zugeschrieben, doch es schien ihr – so weit sie das nach ihrem kurzen Gespräch beurteilen konnte – als sei er wesentlich weniger hitzköpfig als zuvor.
Ayah und Asher hatten an diesem Tag keine Chance mehr ihr Gespräch in Ruhe fortsetzen zu können. Obwohl er zum großen Teil auf magischen Wegen gereist war, war Asher ziemlich kaputt und verschwand schnell im Bett. Er schlief auch wesentlich länger als Ayah.
„Guten Morgen.“ Ayah konnte noch so früh aufstehen, ihre Urgroßmutter war immer schon wach. Manchmal fragte sie sich, ob Akki jemals schlief.
„Guten Morgen, Kind. Tee?“
Eigentlich war Ayah mehr ein Kaffeetrinker, aber Akki machte guten Tee. Er schien immer genau das zu tun, was er sollte: Er regte an, wenn man unkonzentriert war, beruhigte aufgeregte Nerven (und Mägen) und machte angenehm entspannt wenn man nicht schlafen konnte. Und das alles, ohne das man Akki vorher davon berichtet hatte.
„Hat Asher dir erzählt, dass du quasi eine Heilige bist?“, fragte Ayah nach ein paar Schlucken. Der Tee tat gut. Sie war zwar früh wach gewesen, aber in ihrem Kopf hingen noch ein paar schläftige Spinnweben, die das Denken schwer machten.
Akki schnaubte abfällig. „Ich weiß. Will versucht schon seit Jahren mich zur Rückkehr zu bewegen. Mein Exil haben sie gleich mit aufgehoben.“ Akki klang erstaunlich bitter.
Ayah sah sie fragend an, doch ihre Urgroßmutter winkte ab. „Vergossene Milch. Meine Familie und meine Heimat ist jetzt hier.“ Sie ließ unausgesprochen, dass von dieser Familie nicht mehr so furchtbar viel übrig geblieben war.
„Wie es aussieht versucht Moonlight Falls seit ein paar Jahren sich mehr und mehr zu öffnen.“, fuhr Akki so unvermittelt fort, dass Ayah beinahe ihren Tee verschüttete. „Als die Pest herrschte, habe ich den Rat angebettelt, Wissenschaftler wie David nach Moonlight Falls kommen zu lassen, damit er helfen konnte, aber das ist jedes Mal abgeschmettert worden, egal wie viele starben. Immerhin durfte ich ihm schließlich Proben schicken, die er analysieren konnte. Dass ich ein Wolf war, wussten er uns seine Eltern ohnehin schon länger.“
„Wäre es nicht gefährlich sich zu öffnen? Nach alldem was ich aus den übersetzten Aufzeichnungen oder deinen Erzählungen weiß, hat Moonlight Falls immer die Sorge gehabt, der Rest der Simheit würde es vernichten wollen. Und sie würden den Beobachtern mehr Spielraum in ihrer Heimat geben.“
„Das ist schon richtig.“; stimmte Akki zu, die sich innerlich darüber freute wie gut Ayah ihr zu hörte. Die junge Frau war klüger als sie es selbst wusste. „Aber die Pest hat die Einwohnerzahl extrem reduziert. Nimm als Beispiel meine Familie: Wir waren Vierlinge und nur William und ich haben überlebt. Wills Frau ist gestorben, ebenso wie eins ihrer Zwillingsmädchen. Kennard, Ashers Vater, hat seine gesammte Familie verloren. Es gibt nicht eine Familie in Moonlight Falls die nicht wenigstens zwei bis drei Mitglieder verloren hat.“ Akki sah so grimmig drein, dass es Ayah unheimlich war. „Deswegen haben sie schon vor ein paar Jahren sämtliche Exile beendet und denjenigen, die nicht von Geburt an Vampir oder Wolf waren – also so genannte Werwölfe, erlaubt in Moonlight Falls zu siedeln. Die Vampire und Wölfe konnte sich so etwas erholen, aber für die anderen sieht es nach wie vor schlecht aus.“ Akki wies mit der Hand Richtung Ashers Zimmer: „Dass diesseitige Sims mit jenseitigen Kinder bekommen konnten, wusste man schon lange. Meistens waren die Kinder, so wie Gabriel, diesseitig. Asher hingegen ist es nicht und das gibt dem Rat Hoffnung.“
„Tatsächlich ist der Rat nicht nur scharf auf meine tollen Gene.“ Asher trat unbemerkt zu den beiden Frauen. Er nahm Ayahs Tasse, schenkte sich Tee nach und schlürfte ihn geräuschvoll aus. „Aber es spielte schon eine Rolle mich so lange in Moonlight Falls zu lassen.“ Auf Ayahs Blick hin erklärte ihr Bruder: „Der Rat wollte zum einen verhindern, dass ein unqualifizierter Magier die Welt unsicher macht. Dann wollten sie wissen, wie ausgeprägt meine magischen Kräfte sind. Sie waren überrascht, dass ich nicht weniger schwach als mein Vater bin, obwohl ich nur ein Halbmagier bin.“ Asher klang ziemlich zufrieden mit sich selbst. „Und letztlich ging es darum, wie jemand, der ohne Wissen von Moonlight Falls und jenseitigen Sims aufgewachsen ist, sich in Moonlight Falls zurecht findet – und wie die Bewohner es aufnehmen.“
„Da ist ein Halbmagier ja genau das richtige.“ Ayah verschränkte die Arme.
Asher nickte gedankenverloren und musterte seine Urgroßmutter. Die sah ihn ausdruckslos an. „Ayah, lass uns in mein Zimmer gehen. Wir haben etwas zu besprechen.“ Er drückte Akkis Schulter. „Ist das okay?“
Akki nickte orakelhaft.
„Das wirkt jetzt sehr mysteriös.“, sagte Ayah, nachdem ihr Bruder sie ihn sein Zimmer geführt hatte.
„Tja ...“ Asher hob grinsend die Arme. „Man tut was man kann.“
Ayah seufzte tief, bevor sie fragte: „Was für einen Anschlag hast du also auf mich vor?“
Das Grinsen verging Asher. Es hätte ihn sehr gewundert, wenn Ayah vollkommen arglos gewesen wäre.
„Wie du gerade selbst erkannt hast, war einen Halbmagier auf Moonlight Falls los zulassen nur die erste Phase.“ Ungewöhnlicherweise verstummte Asher, denn ihm fehlten die Worte.
„Ich bin dabei.“, sagte Ayah kurzerhand, nachdem sie Ashers Gesicht eine Weile studiert hatte. „Wenn es darum geht einen ganz normalen Sim nach Moonlight Falls zu bringen, bin ich dabei.“
„Weißt du, Akki sagt immer, dass du klüger bist, als es den Anschein hat. Ich komme langsam zu dem Schluss, dass sie recht hat.“ Kaum hatte er zu ende gesprochen, fiel ihm auf, wie abfällig und missverständlich das klang. Er machte Anstalten sich zu entschuldigen, doch Ayah winkte ab.
„Ich verstehe, was du meinst.“ Ayah grinste. „Und ich schätze es ist noch mehr dran.“
Erleichtert nickte Asher. „Dadurch, dass sogenannte „wilde“ Vampire und Werwölfe aufgenommen worden sind – und es zur Zeit von Großvater Gabriel wohl einen Zwischenfall gegeben hat – ist Onkel Will – das solltest du dir übrigens direkt mal angewöhnen – der Meinung, dass man ein Büro oder ein Institut gründen sollte, dass mit interkulturellen Begegnungen – positiv und negativ – umgehen soll.“ Er musterte Ayah, die ihn erwartungsvoll ansah. „Ich bin bereits Mitglied und ich habe vorgeschlagen, dass wir dich rekrutieren. Du weißt bereits, dass es jenseitige Sims gibt, musst also nicht mehr an den Gedanken gewöhnt werden. Du beherrscht Alchemie und kennst dich mit Akkis komischer Maschine aus.“
„Warum werde ich das Gefühl nicht los, dass du weitaus häufiger mit Akki gesprochen hast, als sie und du haben durchblicken lassen?“
Asher zuckte mit den Schultern. „Die Beobachter sind auch für Moonlight Falls eine Gefahr. Akki hat die Baupläne für ihre Maschine schon dorthin geschickt, aber es muss jemand vor Ort sein, der mit ihr arbeiten und andere schulen kann.“
Langsam nickte Ayah. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass Akki sie gezielt auf diese Aufgabe vorbereiten wollte.
Asher schien noch nicht davon überzeugt zu sein, dass seine Schwester einverstanden sei. „Vielleicht tut es dir ja auch gut mal aus Riverview wegzukommen? Nach allem was … äh.“
Ayah schüttelte den Kopf. Diese Richtung sollte ihr Gespräch nicht nehmen. „Wie ich schon sagte, ich bin dabei.“ Sie warf ihrem Zwilling einen bestimmenden Blick zu. „Wann geht’s los?“
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
Tempus fugit
"Hör auf auf meinen Hintern zu starren.“
Ayah konnte seinen Blick mehr als fühlen und innerlich musste sie grinsend. Ihr Finger fuhr durch das dicke Alchemiebuch, das sie mit großer Sorgfalt in den letzten fünf Jahren angelegt hatte. Akkis Rezepte waren darin aufgegangen und alles, was Ayah in Moonlight Falls gelernt hatte.
„Ich starr' nicht auf deinen Hintern.“, erwiderte Jamie so würdevoll es ihm möglich war.
Ayah warf ihm einen schrägen Blick über die Schulter zu. „Klar, so wie du heute morgen nicht deine Hand auf meinem Hintern hattest.“
Ertappt wie ein kleines Kind mit der Hand in der Keksdose, sah Jamie sie an. „Da hast du dich nicht beschwert.“
Entschieden klappte Ayah das Buch zu. „Da hab ich auch noch nicht gearbeitet.“ Sie ging zu Jamie und setzte sich auf seinen Schoß. Seine Hand rutschte wie von allein an den zuvor angesprochenen Ort. Ayah schob sie halbherzig weg. Sie bereute es nicht, dass Jamie und sie entschieden hatten Freunde mit gewissen Vorzügen zu sein. Sie vertraute ihm, auch wenn sie ihn nicht liebte. Ihre Neugier auf Sex, die Adam damals nicht hatte befriedigen wollen, hatte sie mehr als interessiert in dieses Unterfangen gestürzt.
Jamie seufzte. Er kraulte ihren unteren Rücken. „Wenn die Menschen kommen, werden wir nicht mehr so viel Zeit – und Platz haben.“
„Ich bin auch ein Mensch.“, erinnerte sie ihn sanft.
„Ja, aber die Tochter vom Sensemann.“
Innerlich fluchte Ayah über ihren Urgroßonkel Will. Der hatte vor fünf Jahren, als sie mit Asher nach Moonlight Falls gekommen war, nichts Besseres zu tun gehabt, als allen mitzuteilen, dass Ayahs Vater Jonas ein Sensemann war. Dass er zum Zeitpunkt ihrer Zeugung nur ein normaler Sim war, wurde Ayah zwar nicht müde zu betonen, doch meistens hörten die Bewohner nur Sensemann und waren hin und hergerissen zwischen morbider Neugier und Furcht. Manchmal glaubte Ayah, dass das genau Will Impetus gewesen war. Mit dem Sensemann als Vater war sie eben kein ganz normaler, diesseitiger Mensch.
Jamie, der genau wusste, wie sehr die Sensemann-Vater-Sache Ayah nervte grinste und stahl sich einen raschen Kuss. „Mein süßer kleiner Sensefratz.“
„Ich kann dir gerne was fieses unter deinen nächsten Plasmasaft mischen.“
Jamie lachte und scheuchte sie von seinem Schoß. „Nein, danke.“ Er warf ein Blick in eins der Regale in Ayahs winzigem Alchemieraum. „Hast du die Akten der mensch- … der neuen Mitarbeiter gar nicht gelesen?“
„Pff, ich wüsste nicht wann.“ Ayah sortierte ein paar Flaschen und Tiegel um und schob den dicken Manila-Ordner, den Aelfric, ihr Cousin soundsovielten Grades sowie ihr direkter Vorgesetzter, gestern vorbeigebracht hatte, in eine andere Ecke des Regals. Tam, als Aufklärer hatte den Ordner natürlich als erstes zwischen gehabt – Jamie hatte so lange Tams Tochter Tai bespaßt, bevor sie Kind gegen Ordner tauschten. Demetria, die vierte Übernatürliche im Team hatte den Ordner vermutlich mit Aelfrics Hilfe zusammengestellt. Ayah versuchte sich immer noch daran zu gewöhnen, dass Demetria das gemeinsame Haus verlassen hatte, um mit Aelfric zusammenzuleben.
„Hat Asher es gelesen?“, fragte sie. Ihr Bruder war unglaublich nachlässig mit dem Papierkram. Aelfric war weniger sentimental als sein Vater, Will, und hatte keine Probleme auch seinen Verwandten die Hölle heiß zu machen, wenn Berichte nicht zur rechten Zeit abgegeben wurden. Ayah war versucht zu glauben, dass Ashers Nachlässigkeit Absicht war, ein kleiner Überrest seiner rebellischen Jugend. Denn eigentlich war er, seitdem er in Moonlight Falls war, ein Ausbund an Disziplin. Hinter IHM musste Ayah selten her räumen. Jamie versuchte auch seinen Part am Haushalt zu erledigen und mit Demetria war die größte Chaotin entschwunden, auch wenn Tam versuchte in ihre Fußstapfen zu treten. Aber ein Kleinkind im Haus sorgte natürlich immer für etwas mehr Unordnung, auch wenn Tai wesentlich einfacher zu versorgen war als es Zoe damals war.
„Natürlich nicht. Aus Prinzip nicht.“, erwiderte Jamie grinsend. Auf den ersten Blick wirkte Jamie selbst unzuverlässig und etwas fehl am Platz in einer Organisation, die von Aelfric für Moonlight Falls Verhältnisse strikt geführt wurde. Er hatte eine entspannte und lässige Art, die eher zu einem Barkeeper oder einem Surfer gepasst hätten, als zu … Ayah seufzte abermals, genaue Bezeichnungen gab es in der Organisation noch nicht. Einen Namen hatten sie, ja, aber das war auch schon alles. In den letzten fünf Jahren hatten Aelfric, Will und Asher das Team aus Moonlight Falls zusammengestellt, die fünf Mitglieder – Asher, Ayah, Jamie, Tam und Demetria – in ein Haus gesteckt und dann darüber gebrütet, was sie eigentlich anstellen sollten. Ayah hatte die Zeit genutzt sich noch tiefer in Alchemie einzuarbeiten und alles über Moonlight Falls, seine Bewohner und sonstiges Übernatürliches zu lernen. Demetria hatte ihre Zeit damit verbracht über Aelfric zu schwärmen und alles an diesseitiger, aktueller Literatur über Übernatürliches zu durchforsten. Vor einigen Jahrzehnten gab es eine Häufung von negativen Essays von einem gewissen Dr. Humphrey, der aber plötzlich von der Bildfläche verschwunden war. Immer wenn der Name fiel, sah Onkel Will sehr unglücklich aus. Aus jüngerer Vergangenheit gab es positivere Berichte, zumindest über Feen, Meerleute und vielleicht noch Dschinns. Werwölfe und Vampire kamen naturgemäß nie gut weg, aber es waren zumindest nicht die üblichen Schauermärchen wie noch vor einigen Jahrhunderten.
Tam und Jamie hatten trainiert, verschiedene Situationen wie Spionage, Angriff, Überfall oder sonstige paramilitärische Dinge, mit denen Ayah sich so gut wie nicht beschäftigte. Da Tam ein Geist war, war er prädestiniert für Aufklärungs- und Spionageaufträge. Es hatte eine Weile gedauert, bis Ayah verstanden hatte, dass ein Geistsim nicht ein Geist im Sinne von Ich-bin-gestorben-aber-mein-Geist-kehrt-zurück war. Tam war einfach ein Wesen aus Ektoplasma. Er war genauso empfangen und geboren worden wie Ayah und Asher (okay, vielleicht nur wie Ayah) und würde irgendwann genauso sterben. Wie bei allen übernatürlichen Sims war seine Lebenserwartung sehr viel höher als bei diesseitigen Sims. Tam hatte – so man geübt genug war, das bei einem Ektoplasmatiker, so der Eigenname der Geistsims, zu erkennen – den Erscheinungstyps eines Mittzwanzigers, also so wie Asher und Ayah. Er war kurz vor der Pest geboren und hatte damals beide Eltern verloren. Demnach war er eher um die achtzig. Das galt auch für Demetria, die während der Pest geboren worden war. Sie war selbst als Baby erkrankt, hatte aber dank Akkis Heilmittel überlebt.
Aelfric und Will hatten sich bemüht junge, aber trotzdem kompetente Sims für ihr Projekt auszuwählen. Viele der Alten waren geistig zu wenig flexibel sich an die neue Situation zu gewöhnen. Moonlight Falls hatte sich vor einem guten Jahr der Simheit vorgestellt, indem es einen Beauftragten zur UN geschickt hatte. Die Aufregung war nicht so groß wie es alle erwartet hatten, was daran liegen mochte, dass zur gleichen Zeit Berichte über Aliens und ihre Besuche auf der Erde bestätigt wurden. Tai war das beste Beispiel dafür.
Es war jetzt drei Jahre her, dass Tam nach einem Meeting bei Will länger als die anderen getrödelt hatte. Die Zwillinge, Jamie und Demetria waren schon einige hundert Meter vom Haus entfernt gewesen, als sie Tams überraschten Schrei gehört hatten. Sie sahen gerade noch, wie der Ektoplasmatiker in ein kleines Raumschiff gezogen worden war. Mit offenen Mündern starrten sie in den Himmel.
Nur wenige Stunden später war Tam wieder abgesetzt worden. Er weigerte sich hartnäckig über seine Erfahrung zu sprechen, auch als sich Wochen später abzeichnete, dass sich sein Körper veränderte. Asher erinnerte sich dunkel irgendetwas in den Aufzeichungen von Kira und Darrel gelesen zu haben. Die Zwillinge setzten sich regelmäßig zusammen und ab und an konnten sie wieder ein Bröckchen mehr entziffern. Aliens kamen definitiv darin vor, also telefonierten sie mit Akki, die bestätigte, dass Aliens gerne Sims – besonders männliche – befruchteten. Es lag dann an Ayah, Tam auseinanderzusetzen, dass er möglicherweise in anderen Umständen war. Er war zunächst ungläubig, dann schockiert und fiel schließlich in eine Art Schockstarre. Mit Akkis telefonischer Hilfe untersuchte Ayah Tam von Kopf bis Fuß und lernte dabei viel über den Vorgang der Reproduktion auf Alienart. Das lag vor allem an Tams Durchsichtigkeit. Ektoplasmatiker konnten sich komplett durchsichtig machen, die Dichte ihres Körpers verändern und so auch durch Gegenstände und Wände gehen. Und er konnte Teile seines Inneren sichtbar machen, was Ayah sehr half zu verstehen, wie die Schwangerschaft entstanden war und wie sie verlief.
Überraschenderweise war Tai nicht grün, so wie Ayah und Asher es nach der Lektüre der Aufzeichnungen und Akkis Erinnerungen, erwartet hatten. Weltweit waren einige grüne Babys von Simos zur Welt gebracht worden – und ebenso viele normalfarbene Babys, deren Väter behaupteten von Aliens entführt worden zu sein. Daraufhin gab Akki preis, dass es zwei Fraktionen unter den Aliens gab. Sie war zwar hilfreich in Bezug auf Tams Schwangerschaft und die Entbindung von Tai, aber ansonsten war sie in Bezug auf Aliens eher zugeknöpft.
„Woran denkst du gerade?“, riss Jamie Ayah aus ihren Gedanken. Sie fingerte noch an dem Manila-Ordner herum, denn sie gerade im Regal verschoben hatte.
Ayah schüttelte den Kopf, um zu zeigen, dass es nichts besonderes war. Jamie zog die Nase kraus. Im Gegensatz zu Tam und Demetria war er wesentlich älter als die anderen. Er war ein anderer Exilant, der nach der Amnesie, die auch Akki erlaubt hätte zurückzukehren, erneut in Moonlight Falls ansässig war. Er war älter als Akki und Will, kannte die beiden aber von früher. Er hatte Moonlight Falls verlassen, bevor die Pest ernsthaft aufgetreten war, aber obwohl sie eine intime Beziehung führten, wusste Ayah nicht, warum er ins Exil gegangen war. Er wollte nicht darüber sprechen und Ayah hatte großes Verständnis dafür. Er ließ ihr auch ihre Geheimnisse.
„Falls es dich beruhigt, keine der menschlichen Damen ist besonders reizvoll für mich.“
Nun war es an Ayah die Nase kraus zu ziehen. Sie ließ eine Augenbraue in die Höhe wandern. „Du bildest dir zu viel ein.“
Jamie lachte und zuckte mit den Schultern. „Hey, ich bin ein unwiderstehlicher, heißer Vampir. Die Simas stehen auf mich, besonders diesseitige.“
„Einbildung.“, erwiderte Ayah abermals. „Und davon abgesehen, sind wir nur Freunde mit gewissen Vorzügen.“ Sie gab ihm einen sehr intensiven Kuss, der ihn stöhnend zurück ließ. „Und das heißt, wenn endlich die Sima kommt, die es mit dir aushält um die Ecke kommt, lassen wir die Vorzüge ganz schnell weg, so ist unser Deal.“
„Oder dein Mr. Right.“
Ayah küsste Jamie abermals und dachte: Der Zug ist leider abgefahren.
Ayah konnte seinen Blick mehr als fühlen und innerlich musste sie grinsend. Ihr Finger fuhr durch das dicke Alchemiebuch, das sie mit großer Sorgfalt in den letzten fünf Jahren angelegt hatte. Akkis Rezepte waren darin aufgegangen und alles, was Ayah in Moonlight Falls gelernt hatte.
„Ich starr' nicht auf deinen Hintern.“, erwiderte Jamie so würdevoll es ihm möglich war.
Ayah warf ihm einen schrägen Blick über die Schulter zu. „Klar, so wie du heute morgen nicht deine Hand auf meinem Hintern hattest.“
Ertappt wie ein kleines Kind mit der Hand in der Keksdose, sah Jamie sie an. „Da hast du dich nicht beschwert.“
Entschieden klappte Ayah das Buch zu. „Da hab ich auch noch nicht gearbeitet.“ Sie ging zu Jamie und setzte sich auf seinen Schoß. Seine Hand rutschte wie von allein an den zuvor angesprochenen Ort. Ayah schob sie halbherzig weg. Sie bereute es nicht, dass Jamie und sie entschieden hatten Freunde mit gewissen Vorzügen zu sein. Sie vertraute ihm, auch wenn sie ihn nicht liebte. Ihre Neugier auf Sex, die Adam damals nicht hatte befriedigen wollen, hatte sie mehr als interessiert in dieses Unterfangen gestürzt.
Jamie seufzte. Er kraulte ihren unteren Rücken. „Wenn die Menschen kommen, werden wir nicht mehr so viel Zeit – und Platz haben.“
„Ich bin auch ein Mensch.“, erinnerte sie ihn sanft.
„Ja, aber die Tochter vom Sensemann.“
Innerlich fluchte Ayah über ihren Urgroßonkel Will. Der hatte vor fünf Jahren, als sie mit Asher nach Moonlight Falls gekommen war, nichts Besseres zu tun gehabt, als allen mitzuteilen, dass Ayahs Vater Jonas ein Sensemann war. Dass er zum Zeitpunkt ihrer Zeugung nur ein normaler Sim war, wurde Ayah zwar nicht müde zu betonen, doch meistens hörten die Bewohner nur Sensemann und waren hin und hergerissen zwischen morbider Neugier und Furcht. Manchmal glaubte Ayah, dass das genau Will Impetus gewesen war. Mit dem Sensemann als Vater war sie eben kein ganz normaler, diesseitiger Mensch.
Jamie, der genau wusste, wie sehr die Sensemann-Vater-Sache Ayah nervte grinste und stahl sich einen raschen Kuss. „Mein süßer kleiner Sensefratz.“
„Ich kann dir gerne was fieses unter deinen nächsten Plasmasaft mischen.“
Jamie lachte und scheuchte sie von seinem Schoß. „Nein, danke.“ Er warf ein Blick in eins der Regale in Ayahs winzigem Alchemieraum. „Hast du die Akten der mensch- … der neuen Mitarbeiter gar nicht gelesen?“
„Pff, ich wüsste nicht wann.“ Ayah sortierte ein paar Flaschen und Tiegel um und schob den dicken Manila-Ordner, den Aelfric, ihr Cousin soundsovielten Grades sowie ihr direkter Vorgesetzter, gestern vorbeigebracht hatte, in eine andere Ecke des Regals. Tam, als Aufklärer hatte den Ordner natürlich als erstes zwischen gehabt – Jamie hatte so lange Tams Tochter Tai bespaßt, bevor sie Kind gegen Ordner tauschten. Demetria, die vierte Übernatürliche im Team hatte den Ordner vermutlich mit Aelfrics Hilfe zusammengestellt. Ayah versuchte sich immer noch daran zu gewöhnen, dass Demetria das gemeinsame Haus verlassen hatte, um mit Aelfric zusammenzuleben.
„Hat Asher es gelesen?“, fragte sie. Ihr Bruder war unglaublich nachlässig mit dem Papierkram. Aelfric war weniger sentimental als sein Vater, Will, und hatte keine Probleme auch seinen Verwandten die Hölle heiß zu machen, wenn Berichte nicht zur rechten Zeit abgegeben wurden. Ayah war versucht zu glauben, dass Ashers Nachlässigkeit Absicht war, ein kleiner Überrest seiner rebellischen Jugend. Denn eigentlich war er, seitdem er in Moonlight Falls war, ein Ausbund an Disziplin. Hinter IHM musste Ayah selten her räumen. Jamie versuchte auch seinen Part am Haushalt zu erledigen und mit Demetria war die größte Chaotin entschwunden, auch wenn Tam versuchte in ihre Fußstapfen zu treten. Aber ein Kleinkind im Haus sorgte natürlich immer für etwas mehr Unordnung, auch wenn Tai wesentlich einfacher zu versorgen war als es Zoe damals war.
„Natürlich nicht. Aus Prinzip nicht.“, erwiderte Jamie grinsend. Auf den ersten Blick wirkte Jamie selbst unzuverlässig und etwas fehl am Platz in einer Organisation, die von Aelfric für Moonlight Falls Verhältnisse strikt geführt wurde. Er hatte eine entspannte und lässige Art, die eher zu einem Barkeeper oder einem Surfer gepasst hätten, als zu … Ayah seufzte abermals, genaue Bezeichnungen gab es in der Organisation noch nicht. Einen Namen hatten sie, ja, aber das war auch schon alles. In den letzten fünf Jahren hatten Aelfric, Will und Asher das Team aus Moonlight Falls zusammengestellt, die fünf Mitglieder – Asher, Ayah, Jamie, Tam und Demetria – in ein Haus gesteckt und dann darüber gebrütet, was sie eigentlich anstellen sollten. Ayah hatte die Zeit genutzt sich noch tiefer in Alchemie einzuarbeiten und alles über Moonlight Falls, seine Bewohner und sonstiges Übernatürliches zu lernen. Demetria hatte ihre Zeit damit verbracht über Aelfric zu schwärmen und alles an diesseitiger, aktueller Literatur über Übernatürliches zu durchforsten. Vor einigen Jahrzehnten gab es eine Häufung von negativen Essays von einem gewissen Dr. Humphrey, der aber plötzlich von der Bildfläche verschwunden war. Immer wenn der Name fiel, sah Onkel Will sehr unglücklich aus. Aus jüngerer Vergangenheit gab es positivere Berichte, zumindest über Feen, Meerleute und vielleicht noch Dschinns. Werwölfe und Vampire kamen naturgemäß nie gut weg, aber es waren zumindest nicht die üblichen Schauermärchen wie noch vor einigen Jahrhunderten.
Tam und Jamie hatten trainiert, verschiedene Situationen wie Spionage, Angriff, Überfall oder sonstige paramilitärische Dinge, mit denen Ayah sich so gut wie nicht beschäftigte. Da Tam ein Geist war, war er prädestiniert für Aufklärungs- und Spionageaufträge. Es hatte eine Weile gedauert, bis Ayah verstanden hatte, dass ein Geistsim nicht ein Geist im Sinne von Ich-bin-gestorben-aber-mein-Geist-kehrt-zurück war. Tam war einfach ein Wesen aus Ektoplasma. Er war genauso empfangen und geboren worden wie Ayah und Asher (okay, vielleicht nur wie Ayah) und würde irgendwann genauso sterben. Wie bei allen übernatürlichen Sims war seine Lebenserwartung sehr viel höher als bei diesseitigen Sims. Tam hatte – so man geübt genug war, das bei einem Ektoplasmatiker, so der Eigenname der Geistsims, zu erkennen – den Erscheinungstyps eines Mittzwanzigers, also so wie Asher und Ayah. Er war kurz vor der Pest geboren und hatte damals beide Eltern verloren. Demnach war er eher um die achtzig. Das galt auch für Demetria, die während der Pest geboren worden war. Sie war selbst als Baby erkrankt, hatte aber dank Akkis Heilmittel überlebt.
Aelfric und Will hatten sich bemüht junge, aber trotzdem kompetente Sims für ihr Projekt auszuwählen. Viele der Alten waren geistig zu wenig flexibel sich an die neue Situation zu gewöhnen. Moonlight Falls hatte sich vor einem guten Jahr der Simheit vorgestellt, indem es einen Beauftragten zur UN geschickt hatte. Die Aufregung war nicht so groß wie es alle erwartet hatten, was daran liegen mochte, dass zur gleichen Zeit Berichte über Aliens und ihre Besuche auf der Erde bestätigt wurden. Tai war das beste Beispiel dafür.
Es war jetzt drei Jahre her, dass Tam nach einem Meeting bei Will länger als die anderen getrödelt hatte. Die Zwillinge, Jamie und Demetria waren schon einige hundert Meter vom Haus entfernt gewesen, als sie Tams überraschten Schrei gehört hatten. Sie sahen gerade noch, wie der Ektoplasmatiker in ein kleines Raumschiff gezogen worden war. Mit offenen Mündern starrten sie in den Himmel.
Nur wenige Stunden später war Tam wieder abgesetzt worden. Er weigerte sich hartnäckig über seine Erfahrung zu sprechen, auch als sich Wochen später abzeichnete, dass sich sein Körper veränderte. Asher erinnerte sich dunkel irgendetwas in den Aufzeichungen von Kira und Darrel gelesen zu haben. Die Zwillinge setzten sich regelmäßig zusammen und ab und an konnten sie wieder ein Bröckchen mehr entziffern. Aliens kamen definitiv darin vor, also telefonierten sie mit Akki, die bestätigte, dass Aliens gerne Sims – besonders männliche – befruchteten. Es lag dann an Ayah, Tam auseinanderzusetzen, dass er möglicherweise in anderen Umständen war. Er war zunächst ungläubig, dann schockiert und fiel schließlich in eine Art Schockstarre. Mit Akkis telefonischer Hilfe untersuchte Ayah Tam von Kopf bis Fuß und lernte dabei viel über den Vorgang der Reproduktion auf Alienart. Das lag vor allem an Tams Durchsichtigkeit. Ektoplasmatiker konnten sich komplett durchsichtig machen, die Dichte ihres Körpers verändern und so auch durch Gegenstände und Wände gehen. Und er konnte Teile seines Inneren sichtbar machen, was Ayah sehr half zu verstehen, wie die Schwangerschaft entstanden war und wie sie verlief.
Überraschenderweise war Tai nicht grün, so wie Ayah und Asher es nach der Lektüre der Aufzeichnungen und Akkis Erinnerungen, erwartet hatten. Weltweit waren einige grüne Babys von Simos zur Welt gebracht worden – und ebenso viele normalfarbene Babys, deren Väter behaupteten von Aliens entführt worden zu sein. Daraufhin gab Akki preis, dass es zwei Fraktionen unter den Aliens gab. Sie war zwar hilfreich in Bezug auf Tams Schwangerschaft und die Entbindung von Tai, aber ansonsten war sie in Bezug auf Aliens eher zugeknöpft.
„Woran denkst du gerade?“, riss Jamie Ayah aus ihren Gedanken. Sie fingerte noch an dem Manila-Ordner herum, denn sie gerade im Regal verschoben hatte.
Ayah schüttelte den Kopf, um zu zeigen, dass es nichts besonderes war. Jamie zog die Nase kraus. Im Gegensatz zu Tam und Demetria war er wesentlich älter als die anderen. Er war ein anderer Exilant, der nach der Amnesie, die auch Akki erlaubt hätte zurückzukehren, erneut in Moonlight Falls ansässig war. Er war älter als Akki und Will, kannte die beiden aber von früher. Er hatte Moonlight Falls verlassen, bevor die Pest ernsthaft aufgetreten war, aber obwohl sie eine intime Beziehung führten, wusste Ayah nicht, warum er ins Exil gegangen war. Er wollte nicht darüber sprechen und Ayah hatte großes Verständnis dafür. Er ließ ihr auch ihre Geheimnisse.
„Falls es dich beruhigt, keine der menschlichen Damen ist besonders reizvoll für mich.“
Nun war es an Ayah die Nase kraus zu ziehen. Sie ließ eine Augenbraue in die Höhe wandern. „Du bildest dir zu viel ein.“
Jamie lachte und zuckte mit den Schultern. „Hey, ich bin ein unwiderstehlicher, heißer Vampir. Die Simas stehen auf mich, besonders diesseitige.“
„Einbildung.“, erwiderte Ayah abermals. „Und davon abgesehen, sind wir nur Freunde mit gewissen Vorzügen.“ Sie gab ihm einen sehr intensiven Kuss, der ihn stöhnend zurück ließ. „Und das heißt, wenn endlich die Sima kommt, die es mit dir aushält um die Ecke kommt, lassen wir die Vorzüge ganz schnell weg, so ist unser Deal.“
„Oder dein Mr. Right.“
Ayah küsste Jamie abermals und dachte: Der Zug ist leider abgefahren.
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Re: Felinger Legacy
Willkommen in Moonlight Falls
Ayahs und Jamies Knutsch-Session wurde von der Türklingel unterbrochen. Jamie stieß frustriert die Luft aus, als Ayah wie von der Tarantel gestochen von seinem Schoß sprang. Sie lachte als sie sein Gesicht sah. Vielsagend blickte sie auf seinen Schoß. „Ein paar Minuten solltest du noch warten und Asher oder Tam das Begrüßungskommando überlassen.“
Das hob Jamies Laune nicht wirklich. Er zog einen Schmollmund und verschränkte die Arme. Ayah begann ihre Alchemiezutaten zu begutachten.
„Das heißt wohl, dass du erst mal uns an die Front schickst.“, schloss Jamie nach wenigen Minuten. Er erhob sich und strich sein Hemd glatt. Ayah warf ihm einen schrägen Blick zu. Zwar hatte sie ihre Schüchternheit inzwischen wesentlich besser im Griff, aber sich gleich den neuen Mitarbeitern und Mitbewohnern zu zeigen, dafür reichte ihr Mut dann doch nicht.
Stimmen drangen aus dem offenen Wohnbereich. Jamie konnte sie wegen seiner Vampirsinne trotz der Schallisolierung des Alchemieraums hören- „Asher hat die Neuen schon eingelassen. Ich spring ihm mal zur Seite.“
„Mhm.“, machte Ayah nur. Beim Verlassen des Raums gab Jamie Ayah noch einen raschen Klaps auf den Hintern. Sie grinste in das Glas mit getrocknetem Ingwer.
Asher zwang sich nicht erleichtert auszuatmen, als Jamie allein aus dem Alchemiraum kam. Er lächelte den beiden Sims, die auf der Couch sahen, freundlich zu.
„Ah, da kommt Jamie. Jamie, das sind Dawn und Ravi.“
Jamie winkte den beiden freundlich zu und sah sich unauffällig um. „Willkommen in Moonlight Falls. Ich hoffe ihr hattet eine angenehme Reise?“
„Die Reise mit der Untergrundbahn war auf jeden Fall … etwas anderes.“, antwortete Ravi.
„Ja, Moonlight Falls nimmt es mit der Sicherheit wirklich sehr ernst.“, fügte Dawn hinzu. Ihr Gesichtsausdruck und Tonfall deuteten daraufhin, dass sie die Sicherheitsmaßnahmen für übertrieben hielt.
Weder Asher noch Jamie gingen darauf ein, doch Ravi warf ihr einen irritierten Blick zu. Jamie versuchte sich die Dossiers über die beiden Sims ins Gedächtnis zu rufen, aber Asher strahlte eine so große Nervosität aus, dass er seinen Freund kurz mit dem Fuß anstieß. Asher riss sich zusammen und sagte: „Meredith Lee, die mit Aelfric die Leitung übernehmen wird, war auch gerade hier, aber On- … äh William hat Aelfric und Ms. Lee direkt zu sich bestellt. Der dritte im Bunde begleitet Ms. Lee als Fahrer.“
In diesem Moment schwebte Tam durch die Decke. „Oje, es tut mir fürchterlich Leid, dass ich mich derartig verspäte!“ Der Ektoplamatiker deutete eine Verbeugung gegenüber Dawn und Ravi an. Die beiden mussten gut gebrieft worden sein – Ravis Augen wurden nur einen winzigen Moment größer, Dawn zuckte kaum merklich zusammen.
„Meine Tochter zahnt und ist deswegen … ungehalten.“
Asher und Jamie kicherten. Niemand würde ein Kleinkind als ungehalten bezeichnen – außer Tam. Asher stand jedoch auf, um Tam seinen Platz anzubieten. „Ich kann Ayah fragen, ob sie was für Tai hat.“ Er entschuldigte sich bei Dawn und Ravi und eilte ins Alchemiezimmer.
„Hast du so sehr Sehnsucht nach... .“
Asher unterbrach sie schnaubend: „Sorry, hier ist nicht dein Booty Call.“
„Oh.“
Asher ließ sich auf den Sessel fallen und sah seine Schwester an. Sein Blick fiel auf den ungeöffneten Manila-Ordner. „Hast du da rein geguckt?“
„Hm?“ Ayah sah sich um. „Nee. Du?“
„Nee.“ Asher seufzte. „Aber ich wünschte wir hätten beide rein geguckt.“
Ayah stellte den Tiegel, den sie in der Hand hielt zurück und begann eine Formel auf ihrem Whiteboard auszuwischen. „Warum.“
„Also, es sind drei Sims, die bei uns wohnen werden: Zwei Analysten, Ravi und Dawn. Ravi hat vergleichende Religionswissenschaft und Sprachen studiert, Dawn Psychologie.“
„Das macht Sinn, wenn wir Verhalten und Gerüchte in der menschlichen Welt untersuchen wollen.“, meinte Ayah. „Ich erinnere mich, dass Aelfric beim letzten Meeting genau neben Analysten auch jemanden haben wollte, der Tam und Jamie bei direkteren Vorgehen helfen soll.“
„Ja, einen Feldagenten. Vorzugsweise mit Erfahrungen entweder bei den Ordnungskräften oder dem Militär.“ Asher betrachtete seine Fingernägel. „Ms. Lee, die Chefin der drei, hat sich wirklich viel Mühe bei der Auswahl gegeben und einen jungen Soldaten gefunden, der eigentlich bei den Green Berets war und von da aus an den Secret Service ausgeliehen wurde, weil er zufällig einem Politiker das Leben gerettet hat.“
„Klingt nach einem geeigneten Kandidaten.“
„Ja, also … schon, irgendwie, aber.“
Sein Stottern erreichte, dass Ayah sich umdrehte und ihren Bruder fragend ansah.
„Er und Ms. Lee sind noch bei Aelfric.“, brachte Asher in einem ganzen Satz heraus, auch wenn er vermied, was er eigentlich sagen wollte.
„Asher.“
Asher wand sich unter dem aufmerksamen Blick aus den grünen Augen seiner Schwester. „Simmer, ich wünschte wirklich wir hätten die Akten gelesen.“, stieß Asher noch einmal aus. „Der Soldat ist Adam.“
Das hob Jamies Laune nicht wirklich. Er zog einen Schmollmund und verschränkte die Arme. Ayah begann ihre Alchemiezutaten zu begutachten.
„Das heißt wohl, dass du erst mal uns an die Front schickst.“, schloss Jamie nach wenigen Minuten. Er erhob sich und strich sein Hemd glatt. Ayah warf ihm einen schrägen Blick zu. Zwar hatte sie ihre Schüchternheit inzwischen wesentlich besser im Griff, aber sich gleich den neuen Mitarbeitern und Mitbewohnern zu zeigen, dafür reichte ihr Mut dann doch nicht.
Stimmen drangen aus dem offenen Wohnbereich. Jamie konnte sie wegen seiner Vampirsinne trotz der Schallisolierung des Alchemieraums hören- „Asher hat die Neuen schon eingelassen. Ich spring ihm mal zur Seite.“
„Mhm.“, machte Ayah nur. Beim Verlassen des Raums gab Jamie Ayah noch einen raschen Klaps auf den Hintern. Sie grinste in das Glas mit getrocknetem Ingwer.
Asher zwang sich nicht erleichtert auszuatmen, als Jamie allein aus dem Alchemiraum kam. Er lächelte den beiden Sims, die auf der Couch sahen, freundlich zu.
„Ah, da kommt Jamie. Jamie, das sind Dawn und Ravi.“
Jamie winkte den beiden freundlich zu und sah sich unauffällig um. „Willkommen in Moonlight Falls. Ich hoffe ihr hattet eine angenehme Reise?“
„Die Reise mit der Untergrundbahn war auf jeden Fall … etwas anderes.“, antwortete Ravi.
„Ja, Moonlight Falls nimmt es mit der Sicherheit wirklich sehr ernst.“, fügte Dawn hinzu. Ihr Gesichtsausdruck und Tonfall deuteten daraufhin, dass sie die Sicherheitsmaßnahmen für übertrieben hielt.
Weder Asher noch Jamie gingen darauf ein, doch Ravi warf ihr einen irritierten Blick zu. Jamie versuchte sich die Dossiers über die beiden Sims ins Gedächtnis zu rufen, aber Asher strahlte eine so große Nervosität aus, dass er seinen Freund kurz mit dem Fuß anstieß. Asher riss sich zusammen und sagte: „Meredith Lee, die mit Aelfric die Leitung übernehmen wird, war auch gerade hier, aber On- … äh William hat Aelfric und Ms. Lee direkt zu sich bestellt. Der dritte im Bunde begleitet Ms. Lee als Fahrer.“
In diesem Moment schwebte Tam durch die Decke. „Oje, es tut mir fürchterlich Leid, dass ich mich derartig verspäte!“ Der Ektoplamatiker deutete eine Verbeugung gegenüber Dawn und Ravi an. Die beiden mussten gut gebrieft worden sein – Ravis Augen wurden nur einen winzigen Moment größer, Dawn zuckte kaum merklich zusammen.
„Meine Tochter zahnt und ist deswegen … ungehalten.“
Asher und Jamie kicherten. Niemand würde ein Kleinkind als ungehalten bezeichnen – außer Tam. Asher stand jedoch auf, um Tam seinen Platz anzubieten. „Ich kann Ayah fragen, ob sie was für Tai hat.“ Er entschuldigte sich bei Dawn und Ravi und eilte ins Alchemiezimmer.
„Hast du so sehr Sehnsucht nach... .“
Asher unterbrach sie schnaubend: „Sorry, hier ist nicht dein Booty Call.“
„Oh.“
Asher ließ sich auf den Sessel fallen und sah seine Schwester an. Sein Blick fiel auf den ungeöffneten Manila-Ordner. „Hast du da rein geguckt?“
„Hm?“ Ayah sah sich um. „Nee. Du?“
„Nee.“ Asher seufzte. „Aber ich wünschte wir hätten beide rein geguckt.“
Ayah stellte den Tiegel, den sie in der Hand hielt zurück und begann eine Formel auf ihrem Whiteboard auszuwischen. „Warum.“
„Also, es sind drei Sims, die bei uns wohnen werden: Zwei Analysten, Ravi und Dawn. Ravi hat vergleichende Religionswissenschaft und Sprachen studiert, Dawn Psychologie.“
„Das macht Sinn, wenn wir Verhalten und Gerüchte in der menschlichen Welt untersuchen wollen.“, meinte Ayah. „Ich erinnere mich, dass Aelfric beim letzten Meeting genau neben Analysten auch jemanden haben wollte, der Tam und Jamie bei direkteren Vorgehen helfen soll.“
„Ja, einen Feldagenten. Vorzugsweise mit Erfahrungen entweder bei den Ordnungskräften oder dem Militär.“ Asher betrachtete seine Fingernägel. „Ms. Lee, die Chefin der drei, hat sich wirklich viel Mühe bei der Auswahl gegeben und einen jungen Soldaten gefunden, der eigentlich bei den Green Berets war und von da aus an den Secret Service ausgeliehen wurde, weil er zufällig einem Politiker das Leben gerettet hat.“
„Klingt nach einem geeigneten Kandidaten.“
„Ja, also … schon, irgendwie, aber.“
Sein Stottern erreichte, dass Ayah sich umdrehte und ihren Bruder fragend ansah.
„Er und Ms. Lee sind noch bei Aelfric.“, brachte Asher in einem ganzen Satz heraus, auch wenn er vermied, was er eigentlich sagen wollte.
„Asher.“
Asher wand sich unter dem aufmerksamen Blick aus den grünen Augen seiner Schwester. „Simmer, ich wünschte wirklich wir hätten die Akten gelesen.“, stieß Asher noch einmal aus. „Der Soldat ist Adam.“
Akki- Familiensim
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Re: Felinger Legacy
Auf einem gutem Weg
Zu sagen das erste Teamtreffen war merkwürdig, wäre untertrieben. Ayah, die ihren Panikanfall ausgelöst durch Ashers Neuigkeit, dass Adam Mitglied des Teams sein würde, mit einem tiefen Schluck aus der Baldrianschnapsflasche halbwegs in den Griff bekommen hatte, saß für ihre Verhältnisse entspannt an dem großen Tisch und war damit beschäftigt Adams Blick auszuweichen. Asher wünschte sich an einen Ort ganz weit weg, während er versuchte Ravis Worten, der das Treffen leitete, Sinn zu entnehmen. Tam schwebte alle paar Minuten nach oben, weil Tai mopperte. Jamie war das merkwürdige Verhalten der Zwillinge aufgefallen und er warf besorgte Blicke zu Ayah, die nun damit beschäftigt war, Adams UND Jamies Blicken auszuweichen. Nur Dawn schien erstaunlich umempfindlich für die merkwürdige Stimmung zu sein. Sie musterte unverhohlen die jenseitigen Sims.
„... So und das mündet in der Entscheidung, dass wir alle erst mal zwei Wochen miteinander leben, trainieren und arbeiten sollen, bevor Ms. Lee und Mr. Varg uns auf Missionen schicken.“, schloss Ravi. Er sah zu den anderen und dachte sich, dass er vielleicht besser griechische Tragödie hätte studieren sollen. Er wusste nicht, was genau vor sich ging, aber etwas lag in der Luft. Er widerstand dem Drang sich die Stirn zu wischen. Er hatte sich Ms. Lee angeschlossen, weil er er hoffte sich einen wissenschaftlichen Namen in dem neuen, unerschlossenen (von diesseitiger Seite ausgesehen) Forschungsgebiet Übernatur zu machen. Ms. Lee stellte seinen neuen Arbeitsplatz spannend, ungewöhnlich und gut entlohnt dar. Mit Dawn hatte er sich seit dem Transport in der Untergrundbahn näher bekannt gemacht. Sie widersprach allem, was er von studierten Psychologen zu wissen glaubte. Er hielt sie für ein Übernatürlichen-Groupie. Oder sie war eine gute Schauspielerin. Er konnte sie kaum einschätzen, aber so ganz geheuer war sie ihm nicht (andererseits waren im die meisten Frauen nicht ganz geheuer, was er aber niemals gegenüber irgendjemandem äußern würde, erst recht nicht gegenüber Dawn, die vermutlich (zu recht) einen Mutterkomplex diagnostizieren würde). Adam schien nur auf den ersten Blick ein einfacher Sergeant zu sein. Im Gespräch offenbarte sich jedoch ein hellwacher, schlagfertiger Geist.
Ravi warf einen raschen Blick auf den Rest der Gruppe. Jamie, der Vampir, machte einen sehr umgänglichen Eindruck. Von dem Geist Tam – Ektoplasmatiker, korrigierte Ravi sich in Gedanken – konnte er sich noch kein rechtes Bild machen, er verschwand alle Nase lang durch die Decke (was wirklich etwas beunruhigend war). Asher war ein Magier – das ließ ihn erst mal wie einen normalen Sim erscheinen. Blieb noch die junge Frau, die Asher als seine Schwester Ayah vorgestellt hatte. Ihr okkulter Status blieb offen. Im Gegensatz zu ihren übernatürlichen Entsprechungen, waren Ravi, Dawn und Adam nur kurz in der Untergrundbahn gebrieft worden – ohne Namen nur über Status und Spezialisierung. Moonlight Falls war paranoid was die Sicherheit ihrer Mitbürger anging.
„Es ist egal, dass du „nur“ als Analystin angestellt bist.“ Tam widerstand dem Drang sich die Haare zu raufen. Er wusste, dass Jamie, der hinter ihm Gewichte stemmte, sich ein Grinsen verkneifen musste. „Die Vorgaben von Ms. Lee und Mr. Varg sind eindeutig: Jeder von uns muss auf der Spitze seiner körperlichen Leistungsfähigkeit und in der Lage sich selbst zu verteidigen können.“
„Gebt mir ein Schrotflinte und alles ist bestens.“, erwiderte Dawn sturköpfig. „Mein Vater hat mir beigebracht mich damit zu verteidigen.“
Tam sackte einige Zentimeter in den Boden ein, als seine Selbstbeherrschung für einen Moment schwankte und er vergaß solide zu bleiben. „Es steht aber in den Vorgaben ...“, quetschte er hervor, als er sich wieder gefasst hatte.
„Pff.“ Dawn warf ihren Zopf über ihre Schulter. Sie sah interessiert zu Jamie. Der bemerkte ihren Blick und nickte zu Tam.
„Tam hat recht, Dawn. Ravi und Ayah wurden heute morgen schon von Adam trainiert.“
„Wurden sie?“ Dawns Augen wurden schmal, doch dann lächelte sie. „Also gut, ich geh mich umziehen.“
Kaum war sie aus dem Trainingsraum verschwunden, atmete Tam erleichtert auf, bevor er zu Jamie sagte: „Danke, Jamie.“
Der Vampir grinste, auch wenn ihm nicht danach war.
Ayah hatte ihm noch am Abend der Ankunft der menschlichen Mitglieder erzählt, dass Adam ihr High School Freund war. Jamie ahnte, dass mehr dahinter steckte, doch er drang nicht auf Ayah ein. Sie wollte ihr Arrangement behalten, wenn er damit einverstanden war. Jamie hatte zunächst genickt, aber inzwischen war er sich ob der ganzen Situation unsicher. Adam und Ayah gingen sich nach Möglichkeit aus dem Weg, waren dabei aber sehr freundschaftlich miteinander. Dawn hingegen schien ein Auge auf Adam geworfen zu haben, nachdem Asher sie hatte abblitzen lassen. Obwohl sie mit Ayah vordergründig gut auskam, sah sie die einzige andere Sima im Haus als Konkurrenz an (umso mehr als dass Adam und Ayah offen damit umginge ein Paar gewesen zu sein). Wenn man also Dawn manipulieren wollte, ging der Weg über die Erwähnung von Adam und Ayah.
„Die ganze Situation muss sehr merkwürdig für dich sein.“ Ravi wischte den Boden des Bads, während Adam versuchte der tropfenden Brause in der Dusche Herr zu werden. Am Morgen hatten Ravi und Ayah unter Adams Aufsicht trainiert und dabei hatte Ravi verstanden, warum am ersten Adam so eine komische Stimmung zwischen den beiden geherrscht hatte.
Adam zuckte mit den Schultern, bevor er antwortete. „War es zunächst auch. Aber die High School ist lange her und man entwickelt sich weiter. Trotzdem hätte ich nicht erwartet, Ayah und Asher hier zu treffen. Und das Asher ein Magier ist, hätte ich nie gedacht.“
Ravi merkte sehr wohl, dass Adam ablenkte, aber er respektierte es. „Woran merkt man denn auch, dass ein Magier ein Magier ist? Ektoplamatiker – keine Frage. Vampire? Sieht man sofort, genau wie bei Feen. Wölfe können sich noch am ehesten tarnen.“ Ravi rieb sich nachdenklich das Kinn. „Ich sollte wirklich nicht so neugierig sein, aber ich wundere mich, ob Ayah auch übernatürlich ist?“
Adam ließ die Wasserpumpenzange sinken und begutachtete die Brause. Sie schien dicht. „Ich habe nicht die geringste Ahnung.“, erwiderte Adam und wunderte sich, ob er Ayah jemals wirklich gekannt hatte.
Asher saß auf einem der Balkone und genoss die Stille. Er hätte nicht gedacht, dass er jemals so sehr Ruhe vermissen würde. Mit sieben anderen Sims in einem Haus zu leben war manches Mal eine Herausforderung. Er zog sein Tablet heraus. Auf seiner super sicheren Chat-App, die nur im lokalen Netzwerk Moonlight Falls funktionierte, hatte ihn Demetria angeschrieben und sich erkundigt, wie es nach einer Woche lief.
Asher zögerte einen Moment zu antworten. Wie es lief? Ayah tat so, als seien sie und Adam nie mehr als ein Flirt gewesen, Jamie schien zu merken, dass er mehr als Freundschaft Plus wollte, Tam war zu sehr mit seiner Rolle als Vater beschäftigt, Dawn schien besessen davon Adam ins Bett zu bekommen, Adam versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass er Ayah vermisste und gleichzeitig Dawns Avancen zu ignorieren und Ravi und er hatten alle Hände voll zu tun, so zu tun, als ob ein Team aus ihnen entstehen könnte. Er seufzte tief und tippte dann: „Wir sind auf einem guten Weg.“
„... So und das mündet in der Entscheidung, dass wir alle erst mal zwei Wochen miteinander leben, trainieren und arbeiten sollen, bevor Ms. Lee und Mr. Varg uns auf Missionen schicken.“, schloss Ravi. Er sah zu den anderen und dachte sich, dass er vielleicht besser griechische Tragödie hätte studieren sollen. Er wusste nicht, was genau vor sich ging, aber etwas lag in der Luft. Er widerstand dem Drang sich die Stirn zu wischen. Er hatte sich Ms. Lee angeschlossen, weil er er hoffte sich einen wissenschaftlichen Namen in dem neuen, unerschlossenen (von diesseitiger Seite ausgesehen) Forschungsgebiet Übernatur zu machen. Ms. Lee stellte seinen neuen Arbeitsplatz spannend, ungewöhnlich und gut entlohnt dar. Mit Dawn hatte er sich seit dem Transport in der Untergrundbahn näher bekannt gemacht. Sie widersprach allem, was er von studierten Psychologen zu wissen glaubte. Er hielt sie für ein Übernatürlichen-Groupie. Oder sie war eine gute Schauspielerin. Er konnte sie kaum einschätzen, aber so ganz geheuer war sie ihm nicht (andererseits waren im die meisten Frauen nicht ganz geheuer, was er aber niemals gegenüber irgendjemandem äußern würde, erst recht nicht gegenüber Dawn, die vermutlich (zu recht) einen Mutterkomplex diagnostizieren würde). Adam schien nur auf den ersten Blick ein einfacher Sergeant zu sein. Im Gespräch offenbarte sich jedoch ein hellwacher, schlagfertiger Geist.
Ravi warf einen raschen Blick auf den Rest der Gruppe. Jamie, der Vampir, machte einen sehr umgänglichen Eindruck. Von dem Geist Tam – Ektoplasmatiker, korrigierte Ravi sich in Gedanken – konnte er sich noch kein rechtes Bild machen, er verschwand alle Nase lang durch die Decke (was wirklich etwas beunruhigend war). Asher war ein Magier – das ließ ihn erst mal wie einen normalen Sim erscheinen. Blieb noch die junge Frau, die Asher als seine Schwester Ayah vorgestellt hatte. Ihr okkulter Status blieb offen. Im Gegensatz zu ihren übernatürlichen Entsprechungen, waren Ravi, Dawn und Adam nur kurz in der Untergrundbahn gebrieft worden – ohne Namen nur über Status und Spezialisierung. Moonlight Falls war paranoid was die Sicherheit ihrer Mitbürger anging.
„Es ist egal, dass du „nur“ als Analystin angestellt bist.“ Tam widerstand dem Drang sich die Haare zu raufen. Er wusste, dass Jamie, der hinter ihm Gewichte stemmte, sich ein Grinsen verkneifen musste. „Die Vorgaben von Ms. Lee und Mr. Varg sind eindeutig: Jeder von uns muss auf der Spitze seiner körperlichen Leistungsfähigkeit und in der Lage sich selbst zu verteidigen können.“
„Gebt mir ein Schrotflinte und alles ist bestens.“, erwiderte Dawn sturköpfig. „Mein Vater hat mir beigebracht mich damit zu verteidigen.“
Tam sackte einige Zentimeter in den Boden ein, als seine Selbstbeherrschung für einen Moment schwankte und er vergaß solide zu bleiben. „Es steht aber in den Vorgaben ...“, quetschte er hervor, als er sich wieder gefasst hatte.
„Pff.“ Dawn warf ihren Zopf über ihre Schulter. Sie sah interessiert zu Jamie. Der bemerkte ihren Blick und nickte zu Tam.
„Tam hat recht, Dawn. Ravi und Ayah wurden heute morgen schon von Adam trainiert.“
„Wurden sie?“ Dawns Augen wurden schmal, doch dann lächelte sie. „Also gut, ich geh mich umziehen.“
Kaum war sie aus dem Trainingsraum verschwunden, atmete Tam erleichtert auf, bevor er zu Jamie sagte: „Danke, Jamie.“
Der Vampir grinste, auch wenn ihm nicht danach war.
Ayah hatte ihm noch am Abend der Ankunft der menschlichen Mitglieder erzählt, dass Adam ihr High School Freund war. Jamie ahnte, dass mehr dahinter steckte, doch er drang nicht auf Ayah ein. Sie wollte ihr Arrangement behalten, wenn er damit einverstanden war. Jamie hatte zunächst genickt, aber inzwischen war er sich ob der ganzen Situation unsicher. Adam und Ayah gingen sich nach Möglichkeit aus dem Weg, waren dabei aber sehr freundschaftlich miteinander. Dawn hingegen schien ein Auge auf Adam geworfen zu haben, nachdem Asher sie hatte abblitzen lassen. Obwohl sie mit Ayah vordergründig gut auskam, sah sie die einzige andere Sima im Haus als Konkurrenz an (umso mehr als dass Adam und Ayah offen damit umginge ein Paar gewesen zu sein). Wenn man also Dawn manipulieren wollte, ging der Weg über die Erwähnung von Adam und Ayah.
„Die ganze Situation muss sehr merkwürdig für dich sein.“ Ravi wischte den Boden des Bads, während Adam versuchte der tropfenden Brause in der Dusche Herr zu werden. Am Morgen hatten Ravi und Ayah unter Adams Aufsicht trainiert und dabei hatte Ravi verstanden, warum am ersten Adam so eine komische Stimmung zwischen den beiden geherrscht hatte.
Adam zuckte mit den Schultern, bevor er antwortete. „War es zunächst auch. Aber die High School ist lange her und man entwickelt sich weiter. Trotzdem hätte ich nicht erwartet, Ayah und Asher hier zu treffen. Und das Asher ein Magier ist, hätte ich nie gedacht.“
Ravi merkte sehr wohl, dass Adam ablenkte, aber er respektierte es. „Woran merkt man denn auch, dass ein Magier ein Magier ist? Ektoplamatiker – keine Frage. Vampire? Sieht man sofort, genau wie bei Feen. Wölfe können sich noch am ehesten tarnen.“ Ravi rieb sich nachdenklich das Kinn. „Ich sollte wirklich nicht so neugierig sein, aber ich wundere mich, ob Ayah auch übernatürlich ist?“
Adam ließ die Wasserpumpenzange sinken und begutachtete die Brause. Sie schien dicht. „Ich habe nicht die geringste Ahnung.“, erwiderte Adam und wunderte sich, ob er Ayah jemals wirklich gekannt hatte.
Asher saß auf einem der Balkone und genoss die Stille. Er hätte nicht gedacht, dass er jemals so sehr Ruhe vermissen würde. Mit sieben anderen Sims in einem Haus zu leben war manches Mal eine Herausforderung. Er zog sein Tablet heraus. Auf seiner super sicheren Chat-App, die nur im lokalen Netzwerk Moonlight Falls funktionierte, hatte ihn Demetria angeschrieben und sich erkundigt, wie es nach einer Woche lief.
Asher zögerte einen Moment zu antworten. Wie es lief? Ayah tat so, als seien sie und Adam nie mehr als ein Flirt gewesen, Jamie schien zu merken, dass er mehr als Freundschaft Plus wollte, Tam war zu sehr mit seiner Rolle als Vater beschäftigt, Dawn schien besessen davon Adam ins Bett zu bekommen, Adam versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass er Ayah vermisste und gleichzeitig Dawns Avancen zu ignorieren und Ravi und er hatten alle Hände voll zu tun, so zu tun, als ob ein Team aus ihnen entstehen könnte. Er seufzte tief und tippte dann: „Wir sind auf einem guten Weg.“
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Re: Felinger Legacy
Whack-an-Asher
„Ist es ok, wenn ich dir Gesellschaft leiste?“
Ayah öffnete ein Auge und nickte Adam dann über den dampfenden Whirlpool zu. Sie schloss das Auge wieder und hörte, wie Adam sich ins Wasser gleiten ließ.
„Seit ich angekommen bin, hatten wir noch nicht wirklich Zeit zu reden.“, begann Adam nach einigen Minuten das Gespräch.
Ayahs Augen blieben geschlossen, aber sie nickte. „Mhm.“ Sie fürchtete dieses Gespräch seit sie realisiert hatte, dass es wirklich Adam war, der das Team verstärken würde.
„Erinnerst du dich an unser Gespräch vor fünf Jahren?“
Wieder nickte Ayah nur, aber sie zwang sich, die Augen zu öffnen und Adam anzusehen. Er trug sein Haar nun kurz, ließ dafür aber einen Bart stehen. Um seine Augen zeigten sich erste Lachfältchen. Sein Gesicht, Nacken und die Unterarme wiesen eine tiefe Bräunung auf, ein Zeichen, dass er viel in Uniform unterwegs gewesen war. Selbst jetzt baumelten seine Erkennungsmarken um seinen Hals.
Er ist immer noch attraktiv, dachte Ayah und fühlte einen Stich in ihrem Herzen.
„Fünf Jahre sind eine lange Zeit.“, sagte sie dann und war überrascht wie fest ihre Stimme klang.
„Vor ein paar Jahren war ich zu Hause und hab deine Mutter und Großmutter besucht. Sie sagte mir du würdest Verwandte besuchen.“
Wieder nickte Ayah.
„Ich habe dich sehr vermisst.“ Adam wollte fortfahren, doch Ayah unterbrach ihn.
„Adam, ich schlaf seit einiger Zeit mit Jamie. Wir waren noch sehr jung, und ich nehme an, du hast inzwischen auch andere Erfahrungen gemacht.“
Adam hatte geahnt, dass etwas zwischen dem Vampir und Ayah lief, aber er fühlte sich trotzdem, als hätte man ihn in den Magen getreten. Trotzdem sagte er mit fester Stimme: „Du hast recht, fünf Jahre sind eine lange Zeit. Ich hatte einige Dates und manches Mal dachte ich, es wäre etwas ernsteres. Wie sich herausstellte ist mein Beruf jedoch ein ziemlicher Beziehungskiller.“
„Das tut mir leid.“
Adam zuckte die Schultern. Er ließ sich etwas tiefer ins Wasser gleiten. Ayah schloss wieder die Augen, so dass er sie in Ruhe betrachten konnte. Ayah war wesentlich reifer als damals und sie hatte sich verändert. So offen zu sagen, dass sie mit Jamie schlief, hätte sie sich früher nicht getraut. Er wunderte sich, ob ihre Wortwahl beabsichtigt war. Miteinander schlafen war doch etwas anderes als ein Paar zu sein oder? Adam seufzte und sah zum Himmel. Er war verwirrt.
„Es ist nicht mehr so einfach wie früher, nicht wahr.“, sagte Ayah leise.
Adam neigte den Kopf und sah zu ihr. Er erinnerte sich an ihren Blick, als er vor fünf Jahren mit ihr Schluss gemacht hatte. Die gleiche Verletzlichkeit lag jetzt wieder in ihrem Gesicht und Adam hatte das Gefühl als bräche sein Herz noch einmal.
„Nein, das ist es nicht.“, stimmte er ihr schließlich zu und zwang sich zu einem Lächeln. Ayah schaffte es zu erwidern, auch wenn es kläglich aussah. Adam fragte sich, ob sein Lächeln genauso erbärmlich wirkte.
Asher zerrte Ayah hinter sich auf das Herbstfest. Die zwei Wochen Kennenlernzeit waren fast um und Asher brauchte dringend eine Auszeit vom Haus. Ayah wäre nie von selbst auf die Idee gekommen, das Haus zu verlassen, also hatte er sie gezwungen. Die Stimmung hatte sich in den letzten Tagen nicht wirklich verbessert.
„So … was ist los?“, fragte er seine Schwester, nachdem sie mit einem Kaffee in der Hand eine Runde über das Gelände geschlendert waren.
Ayah warf ihren Pappbecher in einen Mülleimer und sah ihn schräg an. „Nichts?“, versuchte sie als Antwort.
„Natürlich nichts.“ Asher verdrehte die Augen. „Es ist also nichts, dass dein Exfreund mit uns zusammen wohnt und arbeitet, während du und Jamie den Kaninchen hinterm Haus versucht Konkurrenz zu machen. Wer von unseren Mitbewohnern noch nicht mitbekommen hat, dass ihr miteinander schlaft, ist blind und taub.“
Ayah schaffte ein Schulterzucken. „Und wenn schon. Wen interessiert's? Wie du schon sagtest, Adam ist mein Ex-Freund.“
Asher öffnete den Mund um etwas zu erwidern, doch besann sich dann eines besseren. Seine Schwester hatte ihm so eben mehr als klar gemacht, dass sie nicht darüber sprechen wollte. Vielleicht lag es an ihm, dass er unbedingt wollte, dass Ayah und Adam irgendwie miteinander auskamen? Oder vielleicht wieder zusammen kamen? Asher mochte Jamie, keine Frage. Aber es war keine Liebe im Spiel, zumindest wurden Ayah und Jamie nicht müde das zu betonen. Aber was wusste Asher schon von Liebe? Seine einzige ernstzunehmende Beziehung hatte er erfolgreich gegen die Wand gefahren, nachdem er sich entschieden hatte nach Moonlight Falls zu gehen.
Als hätte sie seine Gedanken gelesen, legte Ayah ihm eine Hand auf die Schulter. Sie lächelte ihn aufmunternd an.
„Ayah, ich mach mir nur Sorgen um dich.“, erklärte er seiner Schwester, nachdem er ihre Hand in seine genommen hatte.
„Ich weiß.“ Sie seufzte und ließ den Blick über das Festgelände schweifen.
„Liebst du Jamie?“
Ayah antwortete nicht. Sie deutete zum Whack-A-Gnome und die Geschwister setzten sich in Bewegung. Als Ayah den Hammer in die Hand nahm, erwiderte sie: „Ich bin gern mit Jamie zusammen. Er bringt mich zum Lachen und ich habe wirklich gerne Sex mit ihm. Ich vermisse den Sex, wenn er nicht da ist, nicht so sehr ihn.“
Ein kleiner Teil von Asher wünschte sich, seine Schwester wäre nicht ganz so ehrlich – das war definitiv TMI für ihn.
„Warum...?“, begann Asher, doch Ayah fuhr fort: „Asher, ich bin ziemlich sicher, dass du auf der Sex-Seite wesentlich unerfahrener bist als ich. Deswegen kannst du möglicherweise nicht nachvollziehen, das mir Sex wichtig ist.“
„Wichtiger als Liebe?“, schaffte Asher zu sagen, als Ayah nach den Gnomen schlug.
Der nächste Schlag ging daneben. Ayah reichte den Hammer an ihren Bruder. Der hätte es kaum für möglich gehalten, doch seine Schwester sah ihn wütend an. Ayah ließ ihn mit dem Hammer in der Hand stehen und marschierte davon. Asher sah ihr hinterher, dann auf den Hammer und schließlich auf die Gnome. Er schlug sich den Hammer gegen den Kopf.
Ayah öffnete ein Auge und nickte Adam dann über den dampfenden Whirlpool zu. Sie schloss das Auge wieder und hörte, wie Adam sich ins Wasser gleiten ließ.
„Seit ich angekommen bin, hatten wir noch nicht wirklich Zeit zu reden.“, begann Adam nach einigen Minuten das Gespräch.
Ayahs Augen blieben geschlossen, aber sie nickte. „Mhm.“ Sie fürchtete dieses Gespräch seit sie realisiert hatte, dass es wirklich Adam war, der das Team verstärken würde.
„Erinnerst du dich an unser Gespräch vor fünf Jahren?“
Wieder nickte Ayah nur, aber sie zwang sich, die Augen zu öffnen und Adam anzusehen. Er trug sein Haar nun kurz, ließ dafür aber einen Bart stehen. Um seine Augen zeigten sich erste Lachfältchen. Sein Gesicht, Nacken und die Unterarme wiesen eine tiefe Bräunung auf, ein Zeichen, dass er viel in Uniform unterwegs gewesen war. Selbst jetzt baumelten seine Erkennungsmarken um seinen Hals.
Er ist immer noch attraktiv, dachte Ayah und fühlte einen Stich in ihrem Herzen.
„Fünf Jahre sind eine lange Zeit.“, sagte sie dann und war überrascht wie fest ihre Stimme klang.
„Vor ein paar Jahren war ich zu Hause und hab deine Mutter und Großmutter besucht. Sie sagte mir du würdest Verwandte besuchen.“
Wieder nickte Ayah.
„Ich habe dich sehr vermisst.“ Adam wollte fortfahren, doch Ayah unterbrach ihn.
„Adam, ich schlaf seit einiger Zeit mit Jamie. Wir waren noch sehr jung, und ich nehme an, du hast inzwischen auch andere Erfahrungen gemacht.“
Adam hatte geahnt, dass etwas zwischen dem Vampir und Ayah lief, aber er fühlte sich trotzdem, als hätte man ihn in den Magen getreten. Trotzdem sagte er mit fester Stimme: „Du hast recht, fünf Jahre sind eine lange Zeit. Ich hatte einige Dates und manches Mal dachte ich, es wäre etwas ernsteres. Wie sich herausstellte ist mein Beruf jedoch ein ziemlicher Beziehungskiller.“
„Das tut mir leid.“
Adam zuckte die Schultern. Er ließ sich etwas tiefer ins Wasser gleiten. Ayah schloss wieder die Augen, so dass er sie in Ruhe betrachten konnte. Ayah war wesentlich reifer als damals und sie hatte sich verändert. So offen zu sagen, dass sie mit Jamie schlief, hätte sie sich früher nicht getraut. Er wunderte sich, ob ihre Wortwahl beabsichtigt war. Miteinander schlafen war doch etwas anderes als ein Paar zu sein oder? Adam seufzte und sah zum Himmel. Er war verwirrt.
„Es ist nicht mehr so einfach wie früher, nicht wahr.“, sagte Ayah leise.
Adam neigte den Kopf und sah zu ihr. Er erinnerte sich an ihren Blick, als er vor fünf Jahren mit ihr Schluss gemacht hatte. Die gleiche Verletzlichkeit lag jetzt wieder in ihrem Gesicht und Adam hatte das Gefühl als bräche sein Herz noch einmal.
„Nein, das ist es nicht.“, stimmte er ihr schließlich zu und zwang sich zu einem Lächeln. Ayah schaffte es zu erwidern, auch wenn es kläglich aussah. Adam fragte sich, ob sein Lächeln genauso erbärmlich wirkte.
Asher zerrte Ayah hinter sich auf das Herbstfest. Die zwei Wochen Kennenlernzeit waren fast um und Asher brauchte dringend eine Auszeit vom Haus. Ayah wäre nie von selbst auf die Idee gekommen, das Haus zu verlassen, also hatte er sie gezwungen. Die Stimmung hatte sich in den letzten Tagen nicht wirklich verbessert.
„So … was ist los?“, fragte er seine Schwester, nachdem sie mit einem Kaffee in der Hand eine Runde über das Gelände geschlendert waren.
Ayah warf ihren Pappbecher in einen Mülleimer und sah ihn schräg an. „Nichts?“, versuchte sie als Antwort.
„Natürlich nichts.“ Asher verdrehte die Augen. „Es ist also nichts, dass dein Exfreund mit uns zusammen wohnt und arbeitet, während du und Jamie den Kaninchen hinterm Haus versucht Konkurrenz zu machen. Wer von unseren Mitbewohnern noch nicht mitbekommen hat, dass ihr miteinander schlaft, ist blind und taub.“
Ayah schaffte ein Schulterzucken. „Und wenn schon. Wen interessiert's? Wie du schon sagtest, Adam ist mein Ex-Freund.“
Asher öffnete den Mund um etwas zu erwidern, doch besann sich dann eines besseren. Seine Schwester hatte ihm so eben mehr als klar gemacht, dass sie nicht darüber sprechen wollte. Vielleicht lag es an ihm, dass er unbedingt wollte, dass Ayah und Adam irgendwie miteinander auskamen? Oder vielleicht wieder zusammen kamen? Asher mochte Jamie, keine Frage. Aber es war keine Liebe im Spiel, zumindest wurden Ayah und Jamie nicht müde das zu betonen. Aber was wusste Asher schon von Liebe? Seine einzige ernstzunehmende Beziehung hatte er erfolgreich gegen die Wand gefahren, nachdem er sich entschieden hatte nach Moonlight Falls zu gehen.
Als hätte sie seine Gedanken gelesen, legte Ayah ihm eine Hand auf die Schulter. Sie lächelte ihn aufmunternd an.
„Ayah, ich mach mir nur Sorgen um dich.“, erklärte er seiner Schwester, nachdem er ihre Hand in seine genommen hatte.
„Ich weiß.“ Sie seufzte und ließ den Blick über das Festgelände schweifen.
„Liebst du Jamie?“
Ayah antwortete nicht. Sie deutete zum Whack-A-Gnome und die Geschwister setzten sich in Bewegung. Als Ayah den Hammer in die Hand nahm, erwiderte sie: „Ich bin gern mit Jamie zusammen. Er bringt mich zum Lachen und ich habe wirklich gerne Sex mit ihm. Ich vermisse den Sex, wenn er nicht da ist, nicht so sehr ihn.“
Ein kleiner Teil von Asher wünschte sich, seine Schwester wäre nicht ganz so ehrlich – das war definitiv TMI für ihn.
„Warum...?“, begann Asher, doch Ayah fuhr fort: „Asher, ich bin ziemlich sicher, dass du auf der Sex-Seite wesentlich unerfahrener bist als ich. Deswegen kannst du möglicherweise nicht nachvollziehen, das mir Sex wichtig ist.“
„Wichtiger als Liebe?“, schaffte Asher zu sagen, als Ayah nach den Gnomen schlug.
Der nächste Schlag ging daneben. Ayah reichte den Hammer an ihren Bruder. Der hätte es kaum für möglich gehalten, doch seine Schwester sah ihn wütend an. Ayah ließ ihn mit dem Hammer in der Hand stehen und marschierte davon. Asher sah ihr hinterher, dann auf den Hammer und schließlich auf die Gnome. Er schlug sich den Hammer gegen den Kopf.
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Re: Felinger Legacy
Es geht los
Zum wiederholten Mal fragte sich Aelfric, ob die Idee seines Vaters eine gemischte Untersuchungs- und Einsatzgruppe zu bilden wirklich so gut gewesen war. Oder die Entscheidung des Rates, dass Moonlight Falls sich der übrigen Welt offenbarte, was ja überhaupt erst zu dieser Gruppe geführt hatte.
Aelfric sah zwischen den menschlichen und okkulten Sims hin und her. Er roch Aufregung, Angst und noch ein paar andere Regungen. Am stärksten roch er das Bedauern von Jamie, der neben ihm stand.
„Wir haben mit den gesammelten Daten aus den Gesprächen und Einschätzungsbögen eure Zusammenarbeit in den letzten Wochen evaluiert.“, begann Aelfric schließlich. „Ms. Lee und ich haben dem Rat und der entsprechenden Abteilung der UNO mitteilen können, dass wir euch als einsatzbereit einschätzen.“
Wie er es erwartet hatte, setzte Gemurmel ein. Alefric widerstand dem Bedürfnis sich am Kopf zu kratzen. Er hätte sich nach der Arbeit als Chef der Sicherheitskräfte in Moonlight Falls umziehen sollen. Die Mütze nervte ihn.
„Doch bevor wir die ersten Missionsziele besprechen, muss ich bedauerlicherweise etwas anderes verkünden.“ Aelfric warf einen kurzen Seitenblick zu Jamie, der regungslos zu ihm sah. Aelfric unterdrückte ein Seufzen und sah kurz zu seiner Cousine Ayah, die genauso starr zu ihm blickte wie der Vampir. „Jamie wird aus familiären Gründen das Team verlassen. Ich bedauere seinen Abschied und wünsche ihm alles gute für die Zukunft.“
Beinahe wäre es Aelfric nicht gelungen, einen neutralen Gesichtsausdruck beizubehalten. Familiäre Gründe – pah. Jamie würde zwar auf sein Familienanwesen zurückkehren, aber der Rest seiner Familie war darüber nicht glücklich. Jamie floh und das war zumindest Aelfric und wahrscheinlich auch Ayah klar.
Während die anderen erneut in Gemurmel ausbrachen und anschließend auf Jamie einredeten und ihn schließlich verabschiedeten, blieb Ayah mit in den Schoß gelegten Händen sitzen. Jamie hatte ihr am Morgen bereits mitgeteilt, dass er das Team verlassen würde. Er hatte außerdem ihr Arrangement beendet. Sie unterdrückte die Erinnerung daran und vor allem an das was Jamie noch gesagt hatte …
„Bist du ok?“ Adam hatte sich zu ihr herüber geneigt. Ayah beeilte sich ein Lächeln zu fälschen und nickte.
„Ja. Jamie hat heute morgen schon alles mit mir besprochen.“
Adam nickte und warf ihr einen kurzen, besorgten Blick zu, bevor er Asher Platz machte, der sich zwischen die beiden fallen ließ. Der Magier nahm kurz die Hand seiner Schwester und drückte sie. Ayah lächelte erneut unverbindlich und richtete dann ihre Aufmerksamkeit auf ihren Cousin Aelfric. Der hatte Jamie zur Tür begleitet und entlassen.
„Ms. Lee hat mithilfe von Ravis, Dawns und Ayahs Auswertungen drei lohnende Ziele identifiziert.“, fuhr Aelfric fort. „Ihr werdet drei Teams bilden und die entsprechenden Orte aufsuchen.“
Er sah zu Tam. „Tam, es wird für dich die größte Herausforderung darstellen, Moonlight Falls zu verlassen, weil du noch nie draußen warst. Aber du und Dawn habt die besten Voraussetzung die Mission auf Isla Paradiso zu erfüllen.“
Dem Ektoplasmatiker blieb der Mund offenstehen, während Dawn missbilligend zu ihrer Vorgesetzten blickte. Bevor sie protestieren konnte, erhob sich Meredtih Lee und reichte ihr und Tam je einen Manila-Ordner. „Dawn, Tam eure Aufgabe ist es Kontakt zu einer Enklave Meerleute herzustellen und außerdem Gerüchten nachzugehen, dass auf Isla Paradiso bisher unbekannte Ektoplasmatiker leben. Ihr seid besonders qualifiziert, weil ihr beide einen Taucherschein habt. Zudem muss eine Menge Fingerspitzengefühl bei den Meerleuten an den Tag gelegt werden.“
Tam schluckte trocken. „Was ist mit Tai?“
„Demetria hat sich bereit erklärt so lange auf deine Tochter aufzupassen.“, antwortete Aelfric mit einem gequälten Lächeln. Die Aussicht seine Partnerin mit dem quirligen Kleinkind für eine unabsehbare Zeit teilen zu müssen, lag ihm im Magen. Im Gegensatz zu seinem Vater und dem Rest der Familie stand er Kindern kritisch gegenüber. Dass Demetria kein Wolf war und es nicht vorhersehbar war, ob Kinder aus ihrer Verbindung Wölfe oder Feen sein würden, machte ihm Gedanken über Familienplanung nicht leichter. Ein Halbalien-Ektoplasmatiker-Kind zu versorgen würde eine Herausforderung sein, zu mal nicht klar war, welche Fähigkeiten die kleine Tai besaß.
Tam konnte nur nicken, während Dawn einen düsteren Gesichtsausdruck zur Schau trug.
Meredith ignorierte beide Agenten und reichte weitere Ordner an Asher und Ravi.
„Ihr reist nach China um magische Gegenstände sicherzustellen. Wir haben aus verschiedenen Quellen Hinweise erhalten, dass dort in einer alten Gruft Schutztalismane lagern, die der okkulten Gemeinschaft zustehen und die in den falschen Händen großen Schaden anrichten können. Asher, dein Wissen über Magie und Talismane sollten hier ebenso hilfreich sein, wie Ravis Sprachkenntnisse.“
Asher nickte breit grinsend. Das war ganz nach seinem Geschmack. Mit Ravi kam er gut aus und der Philologe würde sich mit einem männlichen Partner viel wohler fühlen als mit einer der Simas. Er zwinkerte Ravi zu, der bereits den Ordner geöffnet hatte und sich die darin liegenden Informationen durchlas. Dann erkannte Asher, dass es ausgerechnet Adam und Ayah als Team übrig ließ – wenn nicht Meredith und Aelfric an den Missionen teilnehmen wollten. Der Knoten in seinem Magen ließ sich nur dadurch lösen, dass Asher seine Schwester an Adams Seite in Sicherheit wusste.
Meredith reichte die letzten Hefter weiter. „Die letzte Mission bedarf besonders deines Einsatzes, Ayah. Wir wurden von jemandem gebeten einigen Geistererscheinungen in Starlight Falls nachzugehen.“ Die ältere Sima sah Ayah ernst an. „Soweit ich weiß bist du dort aufgewachsen.“
Während Ayah nickte, fügte Aelfric hinzu. „Zudem wurden wir von den ehemaligen … Arbeitskollegen deines Vaters um diesen Gefallen gebeten.“
Tam und Asher zogen gleichzeitig die Luft ein, während die menschlichen Sims fragend zu Ayah sahen. Sie wussten nicht, wer Ayahs Vater war. Doch bevor sie ihre Fragen artikulieren konnten, fuhr Aelfric fort: „Adam, dir obliegt es, Ayah bei der Mission zu helfen und sie zu beschützen.“
Der Soldat nickte nur folgsam. Er und Ayah mieden den Blick des anderen. Asher fragte sich, ob Aelfric klar war, was er den beiden jungen Sims aufbürdete. Kannte er ihre gemeinsame Vergangenheit überhaupt? Der Magier kam zu dem Schluss, dass sowohl der Wolf als auch die Sima von der Highschoolliebe seiner Schwester wussten, es aber zugunsten der Mission zur Seite schoben. Rein logisch betrachtet machte es Sinn Ayah auf diese Mission zu schicken, wenn die Bitte wirklich von den Senseleuten kam. Wie die beiden Anführer erklärt hatten, machte die Aufteilung der anderen Sims auch sehr viel Sinn. Es blieb also nur Adam als Begleitung übrig.
„Morgen früh finden die abschließenden Briefings statt.“ Meredith erhob sich abermals und nahm ihren Mantel. „Dann erfahrt ihr auch, wann es für jedes Team los geht. Nutzt den Abend euch die Informationen anzueignen und Fragen zu notieren.“ Sie schlüpfte in den Mantel und nickte allen Sims zu. „Ich wünsche euch und uns viel Erfolg. Von diesen ersten Missionen hängt viel ab, aber ich bin sicher ihr werdet sie zufriedenstellend abschließen.“
Aelfric schloss sich seinem diesseitigen Gegenpart an und verlor noch einige Worte darüber, wie dankbar ihnen die Gemeinschaft der okkulten und nichtokkulten Sims für ihren Dienst war.
Kaum hatten die beiden Sims das Haus verlassen, brachen die Agenten in Gemurmel aus.
„Warum soll ausgerechnet ICH nach Isla Paradiso? Ich könnte genauso gut nach Starlight Shores. Dort habe ich mal während der Semesterferien gearbeitet.“, fragte Dawn. „Es ist großartig dort!“
„Wir fahren nicht in die Ferien.“, erinnerte sie Ravi. „Und wenn Ayah nun mal den besonderen Spezifikationen dort am ehesten gerecht wird...“ Er zeigte seine Handflächen, um zu untermauern, dass Dawn nichts daran ändern konnte. Die Pschologin zog einen Schmollmund und sah zu Ayah.
„Klingt ja geheimnisvoll. Wer ist denn dein Vater?“
Ayah sah von ihrem Manila-Ordner hoch, um der Blondine einen Blick zuzuwerfen. „Mein Vater ist tot.“ Mehr sagte sie dazu nichts.
Dawn zog die Augenbrauen hoch, bevor sie sich an Tam wandte: „Musst du dir eigentlich Gedanken um Sonnenschutz machen?“
Ihre unbedachte Frage ließ Ravi aufstöhnen. Manchmal wunderte er sich, ob Dawn wirklich qualifiziert für das Team war. Er sah zu Asher. „Sprichst du ein bisschen chinesisch.“
„Nö.“, erwiderte der junge Sim fröhlich. „Dafür bist du ja da.“
Großartig, dachte Ravi. Einfach großartig.
Aelfric sah zwischen den menschlichen und okkulten Sims hin und her. Er roch Aufregung, Angst und noch ein paar andere Regungen. Am stärksten roch er das Bedauern von Jamie, der neben ihm stand.
„Wir haben mit den gesammelten Daten aus den Gesprächen und Einschätzungsbögen eure Zusammenarbeit in den letzten Wochen evaluiert.“, begann Aelfric schließlich. „Ms. Lee und ich haben dem Rat und der entsprechenden Abteilung der UNO mitteilen können, dass wir euch als einsatzbereit einschätzen.“
Wie er es erwartet hatte, setzte Gemurmel ein. Alefric widerstand dem Bedürfnis sich am Kopf zu kratzen. Er hätte sich nach der Arbeit als Chef der Sicherheitskräfte in Moonlight Falls umziehen sollen. Die Mütze nervte ihn.
„Doch bevor wir die ersten Missionsziele besprechen, muss ich bedauerlicherweise etwas anderes verkünden.“ Aelfric warf einen kurzen Seitenblick zu Jamie, der regungslos zu ihm sah. Aelfric unterdrückte ein Seufzen und sah kurz zu seiner Cousine Ayah, die genauso starr zu ihm blickte wie der Vampir. „Jamie wird aus familiären Gründen das Team verlassen. Ich bedauere seinen Abschied und wünsche ihm alles gute für die Zukunft.“
Beinahe wäre es Aelfric nicht gelungen, einen neutralen Gesichtsausdruck beizubehalten. Familiäre Gründe – pah. Jamie würde zwar auf sein Familienanwesen zurückkehren, aber der Rest seiner Familie war darüber nicht glücklich. Jamie floh und das war zumindest Aelfric und wahrscheinlich auch Ayah klar.
Während die anderen erneut in Gemurmel ausbrachen und anschließend auf Jamie einredeten und ihn schließlich verabschiedeten, blieb Ayah mit in den Schoß gelegten Händen sitzen. Jamie hatte ihr am Morgen bereits mitgeteilt, dass er das Team verlassen würde. Er hatte außerdem ihr Arrangement beendet. Sie unterdrückte die Erinnerung daran und vor allem an das was Jamie noch gesagt hatte …
„Bist du ok?“ Adam hatte sich zu ihr herüber geneigt. Ayah beeilte sich ein Lächeln zu fälschen und nickte.
„Ja. Jamie hat heute morgen schon alles mit mir besprochen.“
Adam nickte und warf ihr einen kurzen, besorgten Blick zu, bevor er Asher Platz machte, der sich zwischen die beiden fallen ließ. Der Magier nahm kurz die Hand seiner Schwester und drückte sie. Ayah lächelte erneut unverbindlich und richtete dann ihre Aufmerksamkeit auf ihren Cousin Aelfric. Der hatte Jamie zur Tür begleitet und entlassen.
„Ms. Lee hat mithilfe von Ravis, Dawns und Ayahs Auswertungen drei lohnende Ziele identifiziert.“, fuhr Aelfric fort. „Ihr werdet drei Teams bilden und die entsprechenden Orte aufsuchen.“
Er sah zu Tam. „Tam, es wird für dich die größte Herausforderung darstellen, Moonlight Falls zu verlassen, weil du noch nie draußen warst. Aber du und Dawn habt die besten Voraussetzung die Mission auf Isla Paradiso zu erfüllen.“
Dem Ektoplasmatiker blieb der Mund offenstehen, während Dawn missbilligend zu ihrer Vorgesetzten blickte. Bevor sie protestieren konnte, erhob sich Meredtih Lee und reichte ihr und Tam je einen Manila-Ordner. „Dawn, Tam eure Aufgabe ist es Kontakt zu einer Enklave Meerleute herzustellen und außerdem Gerüchten nachzugehen, dass auf Isla Paradiso bisher unbekannte Ektoplasmatiker leben. Ihr seid besonders qualifiziert, weil ihr beide einen Taucherschein habt. Zudem muss eine Menge Fingerspitzengefühl bei den Meerleuten an den Tag gelegt werden.“
Tam schluckte trocken. „Was ist mit Tai?“
„Demetria hat sich bereit erklärt so lange auf deine Tochter aufzupassen.“, antwortete Aelfric mit einem gequälten Lächeln. Die Aussicht seine Partnerin mit dem quirligen Kleinkind für eine unabsehbare Zeit teilen zu müssen, lag ihm im Magen. Im Gegensatz zu seinem Vater und dem Rest der Familie stand er Kindern kritisch gegenüber. Dass Demetria kein Wolf war und es nicht vorhersehbar war, ob Kinder aus ihrer Verbindung Wölfe oder Feen sein würden, machte ihm Gedanken über Familienplanung nicht leichter. Ein Halbalien-Ektoplasmatiker-Kind zu versorgen würde eine Herausforderung sein, zu mal nicht klar war, welche Fähigkeiten die kleine Tai besaß.
Tam konnte nur nicken, während Dawn einen düsteren Gesichtsausdruck zur Schau trug.
Meredith ignorierte beide Agenten und reichte weitere Ordner an Asher und Ravi.
„Ihr reist nach China um magische Gegenstände sicherzustellen. Wir haben aus verschiedenen Quellen Hinweise erhalten, dass dort in einer alten Gruft Schutztalismane lagern, die der okkulten Gemeinschaft zustehen und die in den falschen Händen großen Schaden anrichten können. Asher, dein Wissen über Magie und Talismane sollten hier ebenso hilfreich sein, wie Ravis Sprachkenntnisse.“
Asher nickte breit grinsend. Das war ganz nach seinem Geschmack. Mit Ravi kam er gut aus und der Philologe würde sich mit einem männlichen Partner viel wohler fühlen als mit einer der Simas. Er zwinkerte Ravi zu, der bereits den Ordner geöffnet hatte und sich die darin liegenden Informationen durchlas. Dann erkannte Asher, dass es ausgerechnet Adam und Ayah als Team übrig ließ – wenn nicht Meredith und Aelfric an den Missionen teilnehmen wollten. Der Knoten in seinem Magen ließ sich nur dadurch lösen, dass Asher seine Schwester an Adams Seite in Sicherheit wusste.
Meredith reichte die letzten Hefter weiter. „Die letzte Mission bedarf besonders deines Einsatzes, Ayah. Wir wurden von jemandem gebeten einigen Geistererscheinungen in Starlight Falls nachzugehen.“ Die ältere Sima sah Ayah ernst an. „Soweit ich weiß bist du dort aufgewachsen.“
Während Ayah nickte, fügte Aelfric hinzu. „Zudem wurden wir von den ehemaligen … Arbeitskollegen deines Vaters um diesen Gefallen gebeten.“
Tam und Asher zogen gleichzeitig die Luft ein, während die menschlichen Sims fragend zu Ayah sahen. Sie wussten nicht, wer Ayahs Vater war. Doch bevor sie ihre Fragen artikulieren konnten, fuhr Aelfric fort: „Adam, dir obliegt es, Ayah bei der Mission zu helfen und sie zu beschützen.“
Der Soldat nickte nur folgsam. Er und Ayah mieden den Blick des anderen. Asher fragte sich, ob Aelfric klar war, was er den beiden jungen Sims aufbürdete. Kannte er ihre gemeinsame Vergangenheit überhaupt? Der Magier kam zu dem Schluss, dass sowohl der Wolf als auch die Sima von der Highschoolliebe seiner Schwester wussten, es aber zugunsten der Mission zur Seite schoben. Rein logisch betrachtet machte es Sinn Ayah auf diese Mission zu schicken, wenn die Bitte wirklich von den Senseleuten kam. Wie die beiden Anführer erklärt hatten, machte die Aufteilung der anderen Sims auch sehr viel Sinn. Es blieb also nur Adam als Begleitung übrig.
„Morgen früh finden die abschließenden Briefings statt.“ Meredith erhob sich abermals und nahm ihren Mantel. „Dann erfahrt ihr auch, wann es für jedes Team los geht. Nutzt den Abend euch die Informationen anzueignen und Fragen zu notieren.“ Sie schlüpfte in den Mantel und nickte allen Sims zu. „Ich wünsche euch und uns viel Erfolg. Von diesen ersten Missionen hängt viel ab, aber ich bin sicher ihr werdet sie zufriedenstellend abschließen.“
Aelfric schloss sich seinem diesseitigen Gegenpart an und verlor noch einige Worte darüber, wie dankbar ihnen die Gemeinschaft der okkulten und nichtokkulten Sims für ihren Dienst war.
Kaum hatten die beiden Sims das Haus verlassen, brachen die Agenten in Gemurmel aus.
„Warum soll ausgerechnet ICH nach Isla Paradiso? Ich könnte genauso gut nach Starlight Shores. Dort habe ich mal während der Semesterferien gearbeitet.“, fragte Dawn. „Es ist großartig dort!“
„Wir fahren nicht in die Ferien.“, erinnerte sie Ravi. „Und wenn Ayah nun mal den besonderen Spezifikationen dort am ehesten gerecht wird...“ Er zeigte seine Handflächen, um zu untermauern, dass Dawn nichts daran ändern konnte. Die Pschologin zog einen Schmollmund und sah zu Ayah.
„Klingt ja geheimnisvoll. Wer ist denn dein Vater?“
Ayah sah von ihrem Manila-Ordner hoch, um der Blondine einen Blick zuzuwerfen. „Mein Vater ist tot.“ Mehr sagte sie dazu nichts.
Dawn zog die Augenbrauen hoch, bevor sie sich an Tam wandte: „Musst du dir eigentlich Gedanken um Sonnenschutz machen?“
Ihre unbedachte Frage ließ Ravi aufstöhnen. Manchmal wunderte er sich, ob Dawn wirklich qualifiziert für das Team war. Er sah zu Asher. „Sprichst du ein bisschen chinesisch.“
„Nö.“, erwiderte der junge Sim fröhlich. „Dafür bist du ja da.“
Großartig, dachte Ravi. Einfach großartig.
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Re: Felinger Legacy
Mission 1 – Teil 1
China
„Von Aufzügen haben die auch noch nichts gehört.“, sagte Asher, als er die schie endlose Treppe zu ihrer Unterkunft ansah. Dann grinste er. „Geht's dir besser?“
Ravi sah immer noch grün um die Nase aus. Asher schob die Übelkeit seines Partners auf den Flug, denn gegessen hatte er noch nichts.
„Es geht schon.“, antwortete Ravi tapfer, aber das Rumoren in seinem Magen strafte ihn der Lüge.
„Lass uns den Kontaktmann aufsuchen, den uns Ms. Lee genannt hat.“
Asher nickte und winkte eine Rikscha heran.
Ravi sah immer noch grün um die Nase aus. Asher schob die Übelkeit seines Partners auf den Flug, denn gegessen hatte er noch nichts.
„Es geht schon.“, antwortete Ravi tapfer, aber das Rumoren in seinem Magen strafte ihn der Lüge.
„Lass uns den Kontaktmann aufsuchen, den uns Ms. Lee genannt hat.“
Asher nickte und winkte eine Rikscha heran.
Während ein nach wie vor nicht fit aussehender Ravi mit dem chinesischen Kontaktmann parlierte, betrachtete Asher seine Umgebung. Nach dem ewigen Zwielicht in Moonlight Falls war der strahlende Sonnenschein und die klare Luft eine willkommene Abwechslung. Schließlich verbeugten sich Ravi und der Chinese, bevor letzterer die beiden Simos verließ. Ravi stand der Schweiß auf der Oberlippe, obwohl es nicht sonderlich heiß war. Dann riss er die Hand zum Mund, murmelte eine Entschuldigung und stürzte hinter einen Busch.
Wenig später hatte Asher Ravi zu ihrer Unterkunft gebracht. Aus der Reiseapotheke, die ihnen Ayah zusammengestellt hatte, suchte er Mittel gegen Magen-Darm-Infekte heraus und reichte sie Ravi mit einer Flasche Wasser.
„Ich hab unten eine Apotheke gesehen.“
Ravi winkte ab. „Eine chinesische. Ich will nichts Unangemessenes sagen, aber westliche Medizin ist mir gerade lieber.“ Als er Ayahs selbstgebraute Medizin sah, wünschte er sich „echte“, chemische Medikamente.
Asher grinste nur, als Ravi todesverachtend ein zähflüssiges Gebräu auf einen Löffel schüttete und rasch herunterschluckte. Seine Gesichtsfarbe wurde dadurch nicht wirklich besser.
„Was hältst du davon, wenn ich mich schon mal auf die Socken mache. Wir halten Kontakt.“ Er hielt das Headset hoch, mit denen Adam alle Teams ausgestattet hatte. „Damit kannst du mir helfen und musst gleichzeitig nicht das Klo verlassen.“
Ravi würgte trocken und nickte, bevor er erwiderte: „Mein Magendarmtrakt begrüßt das sehr. Aber du spricht kein Wort chinesisch ….“
„Ich hab unten eine Apotheke gesehen.“
Ravi winkte ab. „Eine chinesische. Ich will nichts Unangemessenes sagen, aber westliche Medizin ist mir gerade lieber.“ Als er Ayahs selbstgebraute Medizin sah, wünschte er sich „echte“, chemische Medikamente.
Asher grinste nur, als Ravi todesverachtend ein zähflüssiges Gebräu auf einen Löffel schüttete und rasch herunterschluckte. Seine Gesichtsfarbe wurde dadurch nicht wirklich besser.
„Was hältst du davon, wenn ich mich schon mal auf die Socken mache. Wir halten Kontakt.“ Er hielt das Headset hoch, mit denen Adam alle Teams ausgestattet hatte. „Damit kannst du mir helfen und musst gleichzeitig nicht das Klo verlassen.“
Ravi würgte trocken und nickte, bevor er erwiderte: „Mein Magendarmtrakt begrüßt das sehr. Aber du spricht kein Wort chinesisch ….“
Asher zuckte die Schultern und verstaute seinen Zauberstab in der Gesäßtasche. „Ich hab Hände und Füße und dich im Ohr.“
Ravi zwang seine Magensäure mit purer Willenskraft zurück in die Speiseröhre. „Wenn du meinst...“
„Hey, wir wollen die erste Mission doch nicht gleich den Bach runtergehen lassen.“
Ravi zwang seine Magensäure mit purer Willenskraft zurück in die Speiseröhre. „Wenn du meinst...“
„Hey, wir wollen die erste Mission doch nicht gleich den Bach runtergehen lassen.“
Isla Paradiso
„In Ordnung. Danke, Demi!“ Tam steckte sein Handy in die Tasche. „Tai hat die erste Nacht ohne mich gut überstanden.“, ließ er Dawn wissen.
Die junge Sima nickte uninteressiert. Dann deutete sie auf die Tauchausrüstung, die sie während des Telefonats abgeholt hatte. „Alles da. Von mir aus können wir loslegen.“
Tam schob den Gedanken an seine Tochter zur Seite. „Gut. Bevor wir ans tatsächliche Tauchen gehen, schlage ich vor, dass wir die Gegend schnorchelnd erkunden.“
Widerwillig musste Dawn zugeben, dass es Sinn machte, erst ein Gefühl für die Umgebung zu bekommen. Wenn sie schon nicht mehr als Gerüchte über die Meerleute und die Ektoplamatiker hatten, konnten sie wenigstens das Meer besser einschätzen lernen.
Nachdem sie am eine gute Stunde geschnorchelt waren, entspannten sich die beiden Sims am Strand. Dawn stellte ein Radio auf und suchte den Inselsender raus. Lokale Radiosender hatten den Vorteil, ein Gefühl für die Bewohner und die Insel vermitteln zu können. Die übrigen Strandgäste sahen zwar ab und an neugierig bis ängstlich zu Tam, der sich in eine Akte über Meerleute vertieft hatte, aber er erregte weniger Aufsehen als die beiden Agenten es angenommen hatte. Während Dawn dem Radiomoderator zuhörte, verstand sie langsam warum: Isla Paradiso war sehr offen für Sims jeglicher Couleur. Egal welche Herkunft, Sexualität, Religion – oder okkulten Status – man hatte, die Insulaner begrüßten jeden mit Herzlichkeit. Gerüchte über Meerleute und Ektoplasmatiker wurden auch im Radio angesprochen, aber mehr mit einer freundlichen Neugier als mit Aufregung. Widerwillig musste Dawn eingestehen, dass Tam und sie wirklich das beste Team für diese Insel waren.
Die junge Sima nickte uninteressiert. Dann deutete sie auf die Tauchausrüstung, die sie während des Telefonats abgeholt hatte. „Alles da. Von mir aus können wir loslegen.“
Tam schob den Gedanken an seine Tochter zur Seite. „Gut. Bevor wir ans tatsächliche Tauchen gehen, schlage ich vor, dass wir die Gegend schnorchelnd erkunden.“
Widerwillig musste Dawn zugeben, dass es Sinn machte, erst ein Gefühl für die Umgebung zu bekommen. Wenn sie schon nicht mehr als Gerüchte über die Meerleute und die Ektoplamatiker hatten, konnten sie wenigstens das Meer besser einschätzen lernen.
Nachdem sie am eine gute Stunde geschnorchelt waren, entspannten sich die beiden Sims am Strand. Dawn stellte ein Radio auf und suchte den Inselsender raus. Lokale Radiosender hatten den Vorteil, ein Gefühl für die Bewohner und die Insel vermitteln zu können. Die übrigen Strandgäste sahen zwar ab und an neugierig bis ängstlich zu Tam, der sich in eine Akte über Meerleute vertieft hatte, aber er erregte weniger Aufsehen als die beiden Agenten es angenommen hatte. Während Dawn dem Radiomoderator zuhörte, verstand sie langsam warum: Isla Paradiso war sehr offen für Sims jeglicher Couleur. Egal welche Herkunft, Sexualität, Religion – oder okkulten Status – man hatte, die Insulaner begrüßten jeden mit Herzlichkeit. Gerüchte über Meerleute und Ektoplasmatiker wurden auch im Radio angesprochen, aber mehr mit einer freundlichen Neugier als mit Aufregung. Widerwillig musste Dawn eingestehen, dass Tam und sie wirklich das beste Team für diese Insel waren.
Starlight Shores
Irritiert sah Ayah auf die Kaffeemaschine, die am Abend vorher garantiert noch nicht in der Küche gewesen war. Eine kleine Comiczeichnung von einem Sim mit einer Kaffeetasse hing darüber an der Wand. Ayah sah von der Maschine zur Zeichnung und zurück bevor sie schließlich zu Adam sah, der Dehnübungen vor dem altersschwachen Fernseher machte. Der Simo bemerkte ihren Blick und grinste.
„Hab ich heute morgen auf meiner Joggingrunde gekauft. Dein Blick als wir gestern Abend angekommen sind und keine Kaffeemaschine vorhanden war, war einfach zu viel.“ Er beugte sich über die Anrichte und stellte die Maschine an.
„Danke.“, brachte Ayah schließlich hervor. Seine Erklärung war einfacher als ihre Überlegungen (hatten etwa die vermeintlichen Geister – oder noch schlimmer: die Senseleute – die Maschine heimlich aufgestellt?) und rührte sie gleichzeitig. Ayah nahm zwei Tassen aus dem Schrank. Adam beendete seine Übungen und nahm dann eine der Tassen. Sie nickten einander zu und tranken einvernehmlich den Kaffee.
„Hab ich heute morgen auf meiner Joggingrunde gekauft. Dein Blick als wir gestern Abend angekommen sind und keine Kaffeemaschine vorhanden war, war einfach zu viel.“ Er beugte sich über die Anrichte und stellte die Maschine an.
„Danke.“, brachte Ayah schließlich hervor. Seine Erklärung war einfacher als ihre Überlegungen (hatten etwa die vermeintlichen Geister – oder noch schlimmer: die Senseleute – die Maschine heimlich aufgestellt?) und rührte sie gleichzeitig. Ayah nahm zwei Tassen aus dem Schrank. Adam beendete seine Übungen und nahm dann eine der Tassen. Sie nickten einander zu und tranken einvernehmlich den Kaffee.
Adam war immer noch verwirrt. Seit er mit Ayah im Whirlpool gesprochen hatte und dann am Abend vor ihrem Aufbruch, wusste er nicht mehr, was er für die empfand. Nachdem sich die größte Aufregung nach Aeldrics und Merediths Verkündung gelegt hatte, hatte Ayah sich aus dem Wohnzimmer geschlichen. Adam hatte ihr eine gute Stunde Zeit gelassen und sich eingearbeitet, bevor er sie suchen gegangen war. Er fand sie auf einem Balkon, wo sie mit dem Teleskop betrachtete.
Sie musste vermutet haben, dass er es war, denn sie sagte ohne vom Teleskop aufzusehen. „Ich hoffe, es ist für dich kein Problem, mit mir zusammenzuarbeiten.“
„Nein. Kommst du damit klar?“
Ayah wendete sich von dem Teleskop ab und sah ihn seltsam an. „Ja.“ Es klang fast etwas überrascht. „Ich vertraue dir.“ Sie schob die Hände in die Taschen ihrer Jacke. „Wir waren immer ein gutes Team.“
Adam nickte, auch wenn er sich fragte, ob es immer noch der Fall war.
Sie musste vermutet haben, dass er es war, denn sie sagte ohne vom Teleskop aufzusehen. „Ich hoffe, es ist für dich kein Problem, mit mir zusammenzuarbeiten.“
„Nein. Kommst du damit klar?“
Ayah wendete sich von dem Teleskop ab und sah ihn seltsam an. „Ja.“ Es klang fast etwas überrascht. „Ich vertraue dir.“ Sie schob die Hände in die Taschen ihrer Jacke. „Wir waren immer ein gutes Team.“
Adam nickte, auch wenn er sich fragte, ob es immer noch der Fall war.
„Als Jamie und ich unser Arrangement abgesprochen haben, dachte ich, es wäre kein Problem, wenn es einer von uns irgendwann auflöst.“, erzählte sie unvermittelt. „Scheint so als habe ich mich selbst angelogen.“ Sie sah zum Himmel und seufzte. „Jamies Gründe das Team zu verlassen haben vor allem damit zu tun. Ich habe festgestellt, dass das Konzept nie ganz funktionieren kann.“
Gegen seinen Willen machte Adam einen Schritt auf sie zu und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Dankbar griff sie kurz danach. Als Adam fragte: „Liebst du Jamie?“, drückte Ayah die Hand kurz, bevor sie den Kopf schüttelte.
„Nein, das ist es nicht. Auf meiner Seite hatte sich nichts geändert. Ich mag ihn und ich mochte den Sex mit ihm, aber Liebe war es nicht.“ Sie sah ihn schräg an und öffnete erneut den Mund, doch dann biss sie sich auf die Lippen.
Adam drehte sie zu sich um und drückte ihre Schultern sanft. „Es ist in Ordnung traurig zu sein.“
Gegen seinen Willen machte Adam einen Schritt auf sie zu und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Dankbar griff sie kurz danach. Als Adam fragte: „Liebst du Jamie?“, drückte Ayah die Hand kurz, bevor sie den Kopf schüttelte.
„Nein, das ist es nicht. Auf meiner Seite hatte sich nichts geändert. Ich mag ihn und ich mochte den Sex mit ihm, aber Liebe war es nicht.“ Sie sah ihn schräg an und öffnete erneut den Mund, doch dann biss sie sich auf die Lippen.
Adam drehte sie zu sich um und drückte ihre Schultern sanft. „Es ist in Ordnung traurig zu sein.“
Ayah lachte leise. „Es ist wohl mehr verletzter Stolz als Trauer.“ Sie lächelte ihn an und ihre grünen Augen ließen Adams Magen Achterbahn fahren.
„Genug davon.“, unterbrach Ayah die Loopings. „Lass uns über unsere Mission sprechen.“
Langsam nickte Adam. Er nahm seine Hände von ihren Schultern und verschränkte sie locker hinter seinem Rücken.
Ayah holte tief Luft. „Ich vertraue dir und deswegen vertraue ich dir an, wer mein Vater war und warum mich das für diese Mission prädestiniert.“
Adam verschluckte sich bei dem Gedanken daran, wer Ayahs Vater war, beinahe an dem Kaffee. Ayah, die ihren eigenen Gedanken nach hing, bemerkte davon nichts. Sie hatte sich die Morgenzeitung herangezogen und starrte auf den Lokalteil ohne ihn wirklich zu lesen. Dann fokussierte sich plötzlich ihr Blick und sie sah ihn an. „Wir haben heute viel vor. Lass uns anfangen.
„Genug davon.“, unterbrach Ayah die Loopings. „Lass uns über unsere Mission sprechen.“
Langsam nickte Adam. Er nahm seine Hände von ihren Schultern und verschränkte sie locker hinter seinem Rücken.
Ayah holte tief Luft. „Ich vertraue dir und deswegen vertraue ich dir an, wer mein Vater war und warum mich das für diese Mission prädestiniert.“
Adam verschluckte sich bei dem Gedanken daran, wer Ayahs Vater war, beinahe an dem Kaffee. Ayah, die ihren eigenen Gedanken nach hing, bemerkte davon nichts. Sie hatte sich die Morgenzeitung herangezogen und starrte auf den Lokalteil ohne ihn wirklich zu lesen. Dann fokussierte sich plötzlich ihr Blick und sie sah ihn an. „Wir haben heute viel vor. Lass uns anfangen.
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