Punchinello - die Geschichte geht weiter

Als nach einigen Tagen die Übelkeit immer noch nicht verschwand, bekam sie den Verdacht, dass sie schwanger sein könnte. Dieser erhärtete sich, als ihr Bauch sie merklich rundete. Ein Schwangerschaftstest bewies es und so ging sie in Mutterschutz. Obwohl sie sich eigentlich schonen sollte, ging sie Florian bei der Gartenarbeit zur Hand.



So war es auch nicht weiter verwunderlich, dass ihr Sohn direkt vor dem Gewächshaus geboren wurde. Sie nannte ihn Robert.

Weil Florian fand, dass Kinder mit Tieren aufwachsen sollten, besorgte er im Tierheim ein kleines Kätzchen mit Namen Dania, das aus der Zucht seiner Mutter stammte. Zunächst blieb die Pflege natürlich an Maggie hängen. Aber wenn Robert erstmal größer wurde, würde er das sicher gerne übernehmen.



Aus dem kleinen Kätzchen wurde bald eine erwachsene Katzendame, der Florian einen Job bei seiner Schauspielagentur besorgte, als für einen Tierfilm gerade ein neuer Komparse gesucht wurde.



Weil die Arbeitszeiten von Roberts Eltern sich nicht überschnitten, konnte Maggie bald wieder ihrer Arbeit als Superspürnase nachgehen.



Viel Zeit konnten Florian und Maggie daher nicht miteinander verbringen und wenn, dann nur Abends im Schlafzimmer.

Familie Riek – Woche 7

„Punchinello. Genau. P-U-N-C-H-I-N-E-L-L-O. An der Brücke 3.“ Das dieses Kaff aber auch keiner kannte! Aber nun endlich schien die Frau am anderen Ende der Leitung zu verstehen, was sie meinte. Dabei wollte sie doch nur ein Hausmädchen bestellen! Als sie auflegte, seufzte Silke erleichtert auf. Hoffentlich kam die Putzhilfe am nächsten Tag auch wirklich!



„Sie sind also die Verlobte von Johannes!“ Mit diesen Worten schüttelte Renate Lotus, die vorbeigekommen war, um sie in der Nachbarschaft zu begrüßen, ihr die Hand.
„Sind Sie mit ihm verwandt?“, fragte Silke vorsichtig.
„Oh, er ist der Sohn des verstorbenen Bruders meines ebenfalls verstorbenen Schwagers.“ Silke sah Renate verwirrt an, woraufhin diese lachte: „Sie werden sich sicher schnell daran gewöhnen, dass hier jeder mit jedem über ein paar Ecken verwandt ist!“ Silke war sich ganz sicher, dass das nicht passieren würde, aber sie sagte lieber nichts. Die Frau kam ihr merkwürdig vor, allein schon wegen der weißen Haut und den blauen Haaren.



„Wo ist Johannes eigentlich?“, wollte Renate wissen.
„Ähm... so genau weiß ich es nicht. Er wollte in die Downtown fahren, und sich mit ein paar Kumpels treffen. Er wird sicher erst spät zurück kommen.“
Was Silke nicht ahnte, war, dass es sich bei so genannten „Kumpels“ eigentlich nur um eine Frau handelte, mit der ihr Verlobter ein Date hatte.



Nach dem Date, ging Johannes noch in eine Karaokebar, um neue Frauen kennenzulernen. Zunächst versuchte er Clarissa Gleam zu umgarnen. Bald musste er allerdings feststellen, dass diese seinem Charme so gar nicht erlag. Sie ließ ihn ziemlich schnell abblitzen und er musste es bei einer anderen probieren.

Am nächsten Morgen saß er ziemlich deprimiert mit seiner Verlobten am Frühstückstisch und fragte sich, warum er gestern in der Karaokebar bei keiner Frau landen konnte. Schließlich schob er es auf seine schrecklichen neuen Klamotten. Er würde unbedingt demnächst neue kaufen müssen.



Immerhin ging die Haushälterin, die Silke bestellt hatte, auf seine Avancen ein. Leider vernachlässigte sie deshalb ihre Arbeit, weshalb Silke gleich am ersten Arbeitstag unzufrieden mit ihr war. Johannes legte daraufhin ein gutes Wort für sie ein, und beschloss die Bekanntschaft mit Katharina (dem Hausmädchen) nach der Arbeitszeit auszudehnen.

Am nächsten Tag hatte Haldor Geburtstag. Bei dem Gedanken, dass sein Sohn nun schon so groß war, wurde Johannes ganz anders und die Tatsache, dass er Vater war sickerte endlich zu ihm durch. Eigentlich, das wusste er, sollte er dem Kleinen ein gutes Vorbild sein. Aber nur eine Frau haben? Das stellte er sich ziemlich langweilig vor.



Immerhin beschloss er, Silke nicht völlig links liegen zu lassen. Immerhin war sie seine Verlobte und die Mutter seines Sohnes. Sie hatte ein Recht auf seine Aufmerksamkeit. Und immerhin hatten er und Silke immer viel Spaß miteinander gehabt, bevor Haldor geboren wurde.



Sein Sohn hatte am nächsten Tag seinen ersten Schultag. Ein wenig bange stieg er in den Bus ein. Drinnen lachten und schwatzten Kinder jeglichen Alters fröhlich aufeinander ein. Einige der Älteren, die schon in die Oberstufe waren, sahen genervt zu. Einige küssten sich sogar! Das war ja eklig! Haldor war sich ganz sicher, dass er das nie tun würde.

Während Haldor in der Schule war und Silke arbeitete, tat Johannes genau das, was sein Sohn so eklig fand. Er knutschte mit einer Frau herum. Dabei handelte es sich um eine ehemalige Kommilitonin, die ihm den Morgen versüßte.



Bald nachdem das Mädchen gegangen war, kam Silke zurück. Sie brachte keine guten Neuigkeiten nach Hause. Sie war degradiert worden. Johannes hatte nicht einmal gewusst, dass man als Verbrecher degradiert werden konnte. Haldor gegenüber versuchte Silke sich selbstverständlich nichts anmerken zu lassen. Aber sie schickte ihn schnell ins Haus, dass er seine Hausaufgaben erledigen konnte.



Johannes hatte seine eigene Art eine Frau zu trösten und lud seine Verlobte ein, sich mit ihm im Whirlpool zu entspannen. Nach einigem Zögern stimmte sie zu. So ein entspannendes Bad konnte ja Wunder wirken.



Am nächsten Morgen stellte Silke fest, dass das Bad nicht ohne Folgen geblieben war. Sie erwachte mit Übelkeit und rannte auf die Toilette, wo sie sich übergab. Sie ging sofort zum Arzt, der ihr ihre Schwangerschaft bestätigte.

Johannes hatte unterdessen seinen ersten Arbeitstag als Trainer. Er trainierte die Basketballmannschaft von SimCity. Weil er so viel Ahnung hatte, wurde er gleich am ersten Tag zum Sportexperten ernannt und musste nun noch weniger arbeiten als zuvor.



Darum kam Johannes auch früher von der Arbeit zurück. Silke, deren Mutterschutz erst am nächsten Tag beginnen würde, war gerade losgefahren, um sich wieder von der Polizei jagen zu lassen. Folglich hatte er sozusagen sturmfrei. Schnell griff er nach dem Telefon und wählte die Nummer einer ehemaligen Kommilitonin, die hoch erfreut seiner Einladung nachkam und sich mit ihm ein paar Stunden im Bett vergnügen würde. (Kann irgendwie doch nicht an der Kleidung gelegen haben...)



In den folgenden Tagen musste Johannes sich sehr mit Damenbesuch zurückhalten, denn schließlich war Silke den ganzen Tag Zuhause. Er wollte das Baby nicht gefährden, in dem Silke herausfand, dass er mehrere Affären hatte und sich aufregte. Denn aus irgendeinem Grund freute er sich auf dieses Baby. Nicht, weil er sich immer schon viele Kinder gewünscht hätte, sondern einfach, weil es von ihm war und er stolz darauf war.



Er verbrachte in diesen Tagen viele Stunden damit, seinen Körper zu stählen. Er wollte schließlich auch als Sportexperte nicht aus der Form geraten. Man sollte sehen, dass er selbst auch noch Sport machte.



Zu seiner Freude bemerkte er irgendwann, dass sein Sohn Haldor seinem Beispiel folgte und auch den Sandsack verprügelte. Als er es sah, fiel ihm ein, dass er seinem Sohn ein Vorbild war. Und gleich dachte er, dass er nicht in allen Bereichen des Lebens das beste Vorbild war. Der Junge sollte irgendwann eine Familie gründen und ein guter Vater werden. Er sollte nicht so viele Liebschaften haben, wie sein Vater. Johannes wusste schließlich, dass sein Verhalten im Grunde verwerflich war. Er wollte sich nur ablenken... Sofort, als er das dachte, riss Johannes sich los. Er wollte nicht daran denken, wovon er sich ablenken wollte.

Am Sonntag Nachmittag luden sich Johannes' Mutter Annika und seine Schwester Charlotte zum Kaffeetrinken ein. Erfreut begrüßte er die beiden an der Haustür und zog sie gleich ins Haus, denn es war unerträglich kalt geworden.



Silke hatte Plätzchen gebacken, die fröhlich schmausend verputzt wurden. Oma Annika freute sich, endlich ihr Enkelkind kennenzulernen. Darum war sie schließlich hergekommen. Außerdem konnte sie sich so überzeugen, dass es ihrem Sohn und seiner Verlobten gut ging.
„Und wann heiratet ihr beiden endlich?“, fragte sie schließlich direkt heraus. Johannes blieb der Bissen im Hals stecken und musste husten. Haldor sah neugierig aus. Mit Sicherheit war ihm noch nicht aufgefallen, dass seine Eltern unverheiratet waren.
„Oh... ähm...“, machte Johannes. Genau genommen hatten er und Silke noch nie davon geredet, wann sie heiraten würden. Er sah sie so hilflos an, dass sie unwillkürlich grinsen musste.
„Wir haben uns noch auf keinen Termin festgelegt.“, antwortete sie für ihn. „Erstmal muss das Baby hier raus.“ Sie deutete auf die gewaltige Kugel vor sich. Sie stand kurz vor der Entbindung. Johannes hatte die ganze Zeit schon Bammel, dass es losgehen würde, während seine Mutter nach da war. Andererseits wäre sie bestimmt eine große Hilfe. Diese schien mit der Antwort einigermaßen zufrieden zu sein, implizierte sie doch, dass sie in nicht allzu langer Zeit heiraten würde. Bei dem Gedanken daran, bekam Johannes einen Kloß im Hals.

Entgegen aller Befürchtungen von Johannes, kam das Baby nicht während des Besuchs seiner Mutter. Genau genommen hatte es ein ganz ausgezeichnetes Timing. Haldor lag schon schlafend im Bett, als Silke plötzlich vom Sofa sprang und sich mit schmerzverzerrten Gesicht, den Bauch hielt.



Geschockt sprang auch Johannes auf und versuchte Silke und sich zu beruhigen. Etwas Besseres fiel ihm nicht ein.



Als das Baby auf der Welt war, drückte Silke es ihm einfach in den Arm und brachte noch eins zur Welt.
„Zwei?“, fragte er verblüfft.
„Zwillinge.“, antwortete sie erschöpft. „Das hab ich nicht gewusst!“
„Sind es beides Mädchen?“, wollte er wissen, nachdem er bei dem Würmchen auf seinem Arm das Geschlecht geprüft hatte.
Silke nickte müde. „Wir brauchen noch ein Bettchen.“, murmelte sie.
„Ich leihe mir bei einem unserer Nachbarn eins und kaufe morgen ein eigenes.“, schlug er vor. „Und du denkst dir währenddessen Namen aus.“
„Das habe ich schon.“, lächelte sie. „Liane und Eva.“

Familie Cherie – Woche 7

Leo Müller und Susette Cherie zogen nach dem College in ein großes Haus in Punchinello, in dem sie ihre große Kinderschar, die sie hoffentlich haben würde, groß ziehen wollten. Doch bevor sie mit der Babyplanung weitermachten, wollten sie erst einmal heiraten. Ihre Zwillingspärchen, das Susette während dem College zur Welt gebracht hatte, fand es schon komisch genug, dass ihre Eltern nicht verheiratet waren.



„Wann heiratet ihr endlich?“, wollte Baptiste bei ihrer ersten gemeinsamen Mahlzeit in ihrem neuen Haus wissen.
Susette unterdrückte ein Lächeln. „Morgen, Schatz. Heute müssen wir noch einiges vorbereiten. Wir müssen euch beiden zum Beispiel noch etwas Hübsches zum Anziehen kaufen.“
„Aber du brauchst doch auch noch dein Kleid!“, wunderte sich sich Désirée.
„Ich habe meins schon eine Weile. So ein Hochzeitskleid muss man rechtzeitig kaufen.“, erklärte sie. „Aber ich werde mir auch ein paar neue Sachen zulegen müssen. Die alten Sachen passen mir nicht mehr. Was haltet ihr davon, wenn wir alle zusammen nach dem Essen einkaufen fahren?“



Und so machten sie es. Die kleine Familie fuhr nach Blauseidigheide hinaus und kleidete sich neu ein. Die Rechnung ließ Leo und Susette das Herz in die Hose rutschen. Viel war wirklich nicht mehr übrig. Zum Glück fingen sie beide am Mittwoch mit arbeiten an.



Kaum Zuhause angekommen, lieferten sich Désirée und Baptiste eine Kissenschlacht, wie sie sie oft auf dem College bei den Studenten beobachtet hatten und ließen ihre Eltern mit den Vorbereitungen allein.

Leo stand sichtlich aufgeregt unter dem Hochzeitsbogen. Vor zwei Stunden hatten Susette und Clarissa, die seiner Zukünftigen beim Anziehen half, ihn aus dem Schlafzimmer ausgesperrt, damit er das Kleid nicht vor der Trauung sah. Vor einer Stunde waren die Gäste eingetroffen und er hatte sie allein begrüßt. Schließlich hatten sich alle vor (in seinem Fall unter) dem Hochzeitsbogen eingetroffen und warteten auf Susette. Endlich ertönte die Musik und erwartungsvoll sahen alle zur Hausecke, um die Susette gleich biegen würde. Geführt von Clarissa (die einfach mal die Rolle des Vaters übernahm), tauchte die schönste Braut auf, die Leo jemals gesehen hatte. Das Kleid betonte ihre zierliche Figur und passte hervorragend zu ihrem Teint. Ihre Haare hingen offen über die Schultern und schienen ein wenig zu leuchten. Leo atmete tief ein. Er konnte es kaum noch erwarten sie zu küssen. Die Zeremonie begann und sie tauschten die Ringe.



Endlich durfte er sie seine Frau nennen und endlich durfte er sie küssen. Leo war sich sicher, dass er diesen Moment nie vergessen würde.



Die Hochzeitsgäste applaudierten laut. Ihre Kinder jubelten und rannten glücklich auf sie zu, um ihre Eltern zu umarmen. Den Rest der Feier erlebten sie wie im Rausch und schon stand die Limousine vor der Haustür, die sie in ein Hotelzimmer fahren würde, wo sie ihre Hochzeitsnacht verbringen wollte. Clarissa passte derweil auf die Zwillinge auf.

Am nächsten Mittag war Susette immer noch ziemlich müde vom Tag zuvor. Ihr frisch gebackener Ehemann war früh aufgestanden, weil er seinen ersten Arbeitstag als Gastdozent an der Universität hatte. So lag Susette, als ihre beiden Kinder von der Schule heimkamen immer noch im Bett und schlief selig. Allerdings wurde sie nun von Désirée geweckt, die ihr unbedingt mitteilen musste, dass sie eine 1+ bekommen hatte.



Ächzend erhob sich Susette. Sehr lange konnte es nicht mehr dauern bis Leo von der Arbeit zurück kam. Dann sollte er seine Frau nicht gerade im Bett vorfinden. Susette beschloss erstmal etwas für ihre Fitness zu tun und schwang sich auf dem Heimtrainer.



Davon wurde ihr allerdings schlecht. 'Man sollte vielleicht doch nicht mit leerem Magen trainieren...“, dachte Susette und ging in die Küche, um das Abendbrot vorzubereiten. Während sie damit noch beschäftigt war, kam Leo heim und wurde gleich von seinen Kindern bestürmt, doch mit ihnen zu spielen. Er steckte kurz den Kopf in die Küche hinein, um sie zu begrüßen und wurde gleich von den Zwillingen fortgezerrt. Als sie schließlich aßen, wurde Susette so schlecht, dass sie sich übergeben musste. Nachdem sie eine halbe Stunde über der Kloschüssel gehangen hatte, fragte sie sich, ob die Übelkeit vielleicht auf eine erneute Schwangerschaft zurückzuführen war.



Vorerst hatte sie jedoch – Baby hin oder her – vor, zu arbeiten. Als Leiterin des Sondereinsatzkommandos konnte sie schließlich nicht gleich am ersten Arbeitstag fehlen.



Bald jedoch war klar, dass sie wirklich wieder schwanger war. Natürlich freuten sich Leo und sie riesig darauf. Allerdings war sie von der Schwangerschaft ziemlich geschafft und musste sich meistens ausruhen.

Leo nahm ihr verständnisvoll jegliche Arbeit ab und spielte stundenlang mit den Zwillingen. Susette sah ihnen heimlich eine Weile zu und fragte sich, wem das Spiel eigentlich mehr Spaß machte. Dem Vater oder seinen Kindern? Leo liebte Spielen schließlich.



Die Familie führte ein wirklich beschauliches und entspanntes Leben. Baptiste und Désirée waren meistens brave Kinder, die gut in der Schule waren und viele Freunde hatten, die sie nachmittags besuchten.



Susette hatte darum genügend Zeit, um sich diverse Polizeihandbücher durchzulesen, damit sie nach der Schwangerschaft so schnell wie möglich befördert wurde.

Und Leo kletterte auf der Karriereleiter stetig empor und brachte regelmäßig zusätzliches Geld nach Hause.



Und um das Familienglück zum komplettieren, hatten sie sich auch noch einen Hund namens Donald zugelegt, der aus irgendeiner Zucht in Punchinello stammte...



...Und außerdem schneller heranwuchs als Susettes Schwangerschaft beendet war.

Es war in einer stürmischen Herbstnacht. Die Zwillinge schliefen schon und Leo und seine Frau hatten es sich auf dem Sofa bequem gemacht, als Susette plötzlich zusammen zuckte und aufstand.
„Was ist?“, fragte Leo und blickte überrascht von dem Buch auf, das er gelesen hatte.
„Wehen.“, presste Susette hervor und hielt sich den schmerzenden Unterleib. Sie versuchte sich daran zu erinnern, wie ihre letzte Geburt verlaufen war. Von den Schreien angelockt kamen ihre beiden Ältesten angelaufen.



„Schon wieder Zwillinge?“, fragte Leo eine halbe Stunde später entgeistert. „Hast du irgendein Zwillingsgen?“
„Ehrlich gesagt habe ich mich noch nie mit meinem genetischen Code befasst.“, gab Susette trocken zurück. „Freust du dich denn gar nicht über deine Kinder?“, fragte sie, als Leo immer noch verblüfft auf das zweite Baby starrte, das sie eben zur Welt gebracht hatte.
„Natürlich freue ich mich, Schatz.“ Endlich lächelte er. „Wenn ich richtig sehe, haben wir zwei neue Männer im Haus. Wie wollen wir sie denn nennen?“
„Was hältst du von Gustave und René?“
„Gustave und René. Wieder französisch?“ Er schmunzelte. „Irgendwann musst du mir mal mehr über deine französischen Vorfahren erzählen.“, meinte er.
Susettes Lächeln verschwand kurz. „Da gibt es nicht zu erzählen.“, murmelte sie und drückte den Kleinen in ihrem Arm an sich. „Nicht wahr, mein kleiner René?“

„Was deine Mutter wohl vor mir verbirgt...“, sagte Leo am nächsten Morgen zu Gustave, als er diesem die Flasche gab. Er glaubte ehrlich gesagt nicht, dass Susette ein dunkles Geheimnis mit sicher herum trug. Andererseits stellte sich dann die Frage, warum sie es ihm nicht einfach sagen konnte. Bisher hatte er immer geglaubt, dass es keine Geheimnisse zwischen ihnen gab. Aber nun war er sich nicht mehr so sicher. Sicher, Susette und Clarissa hatten auf dem College häufig die Köpfe zusammengesteckt, aber er war immer davon ausgegangen, dass sie irgendwelche Frauenthemen besprachen, wie Frauen es nun mal oft taten.



Trotzdem vertraute er darauf, dass Susette es ihm schon irgendwann sagen würde, wenn er ihr nur Zeit gab. Er war sich sicher, dass er durch ständiges Fragen und Druck bei ihr nichts erreichte. Also beschloss er die Sache vorerst auf sich beruhen zu lassen und sie still und heimlich zu beobachten. Ihrem Eheleben sollte die Sache jedenfalls nicht schaden.



Es war Samstagmorgen. Leo konnte endlich mal wieder ausschlafen und das Beste daran war: Susette auch. Im Halbschlaf tastete er nach seine schönen Frau, die eigentlich neben ihm liegen sollte. Aber ihr Bett war leer. Leo öffnete seine Augen, um nachzusehen, ob sie wirklich schon aufgestanden war. Er lauschte, ob er Geräusche aus der Küche hörte, aber alles war ruhig. Er beschloss sich, auf die Suche nach ihr zu gehen. Er fand sie schließlich im Bad, wo sie über Kloschüssel hing und einen ziemlich elenden Eindruck machte.
„Was ist denn los? Ist dir nicht gut?“, fragte er besorgt.
„Ganz und gar nicht.“, würgte sie und erbrach sich erneut in die Kloschüssel. Dann atmete sie tief durch und stand auf. „Ich glaub, wir bekommen noch ein Baby.“, sagte sie. „Oder auch zwei, bei unserem Zwillingsglück.“

Während des vormittags bat Désirée ihre Mutter, ihr Schach beizubringen. Natürlich schlug Susette ihr den Wunsch nicht ab und erklärte ihr in aller Ruhe die Regeln. Leider neigte ihre Tochter zum Schummeln, weswegen sich die beiden in die Haare bekamen und schnell mit dem Spielen aufhörten.



„Findest du nicht, dass du ein wenig hart zu Désirée warst? Sie auf ihr Zimmer zu schicken, nur weil sie dich beschummelt hat? So schlimm ist das doch nicht!“, redete Leo auf seine Frau ein, während er das Mittagsessen vorbereitete und Susette Gustave die Flasche gab.
Susette zuckte die Schultern. „Sie muss früh lernen, dass man nicht schummelt.“, antwortete sie hart.
„Aber sie gleich mit Freiheitsentzug zu bestrafen, nur weil du beleidigt bist...“
„Es geht nicht um mich!“, gab Susette ungewohnt hitzig zurück und drückte Gustave ungewollt die Flasche tiefer in den Mund. Das fand der Kleine gar nicht gut und fing an zu plärren. Mit finsterer Miene legte sie die Flasche beiseite und beruhigte ihren Sohn. Aber so gut wollte ihr das nicht gelingen. Sie war ja selbst zu unruhig.
„Um was geht es dann?“, wollte Leo wissen und legte den Kochlöffel beiseite.
„Schummeln ist Betrugsversuch. Sie soll gar nicht erst damit anfangen, sich durch Betrug einen Vorteil zu verschaffen! Das muss sie eben lernen!“
„Aber sie ist noch ein Kind, Susette. Sie geht noch in die Grundschule. Hast du als Kind nie geschummelt?“
„Ich habe in ihrem Alter nicht gespielt.“, antwortete sie ausweichend. „Trotzdem werde ich ihre Strafe nicht mildern. Wenn ich das täte, glaubt sie, ich würde ihr alles durchgehen lassen.“
Leo seufzte und rührte wieder in der Schüssel herum. Susette mochte recht haben, dass sie Strafen durchzog und dass man nicht betrügen sollte, aber trotzdem war Désirée noch ein kleines Kind, das man nicht so bestrafen musste. Er nahm sich vor, noch vor dem Essen mit seiner Tochter zu reden.



Sein Gespräch mit Désirée zeigte Wirkung, Sie sah immerhin ein, dass sie sich bei ihrer Mutter entschuldigen musste und besser nicht mehr in ihrer Gegenwart schummelte. Sie wurde wieder aus ihrem Zimmer gelassen uns spielte bis spät in die Nacht mit dem Hund draußen Stöckchen holen.



Susette war übrigens tatsächlich wieder schwanger. Sie rechnete diesmal fest mit Zwillingen.



Und Gustave (rechts) und René (links) wurden schon zu Kleinkindern... so schnell verging die Zeit!

Familie Gleam – Woche 7

Clarissa beobachtete ihren Verlobten genau. Sie wusste, dass ihm dieses Gespräch, das er letztens mit seiner Familie hatte, sehr nahe ging. Den Inhalt hatte er ihr in allen Einzelheiten dargelegt, nachdem er ihr das Versprechen abgenommen hatte, die Informationen an niemanden zu verkaufen. Ehrlich gesagt war der Inhalt so unglaublich, dass Clarissa auch nicht auf die Idee gekommen wäre, davon ihrem ehemaligen Chef zu erzählen. Eine Zeitreise! Es sprach gegen alles, was ihr Verstand für richtig hielt. Natürlich hatte sie schon lange die Vermutung gehegt, dass es einen Zusammenhang gab, zwischen den merkwürdigen Ereignisse an diesem Ort und seiner Vergangenheit. Aber nie hätte sie in Erwägung gezogen, dass die drei Lotus-Geschwister diese Verbindung waren.
„Du denkst schon wieder über diese Zeitreise nach, stimmt's?“ Mit diesen Worten holte Carsten sie aus ihren Gedanken heraus. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie aufgehört hatte zu beobachten und nun selbst beobachtet wurde.
„Ja, es geht mir nicht mehr aus dem Kopf.“ Sie lächelte entschuldigend. „Ich habe mich jahrelang mit diesen Rätseln auseinander gesetzt, und plötzlich präsentiert sich mir eine solche Lösung.“
„Genau genommen ist gar nichts gelöst.“, berichtigte er.
„Was?“ Einen Moment lang sah sie ihn irritiert an.
„Wir wissen jetzt, dass meine Mutter und ihre Geschwister glauben, aus der Vergangenheit kommen. Aber selbst wenn man ihnen Glauben schenkt, weiß man nicht genau, wie das von statten ging. Auch diese Klimaanomalie, die Spukvorfälle und all diese anderen kleinen Merkwürdigkeiten, bleiben völlig unaufgeklärt. Und dann wäre da noch das hier!“ Damit griff er auf den Stuhl neben sich und förderte die neueste Zeitung zutage.
Clarissa las die Schlagzeile laut vor: „Jugendlicher spurlos verschwunden. Polizei steht vor einem Rätsel.“
Sie griff nach der Zeitung. „Was hat das mit uns zu tun?“
„Lies selbst.“ Carsten stand ruckartig auf und räumte das Geschirr ab. Dann klingelte es. „Ich gehe an die Tür.“, sagte er. Kurz darauf hörte Clarissa fremde Stimmen an der Tür. Sie wandte sich wieder der Zeitung zu.




Clarissa sah betroffen auf. Draußen hörte sie Carsten mit dem Besuch reden. Ein Blick aus dem Fenster verriet ihr, dass wohl einige Nachbarn vorbeigekommen sein mussten. Carsten diskutierte gerade mit ernster Miene mit einem rothaarigen Mann und sie vermutete, dass es sich um den Vermissten handelte. Tristan Thorndale. Sie speicherte den Namen in ihrem Gedächtnis ab und nahm sich vor, eigene Nachforschungen anzustellen. Schließlich hatte sie Übung.



Abgesehen von der Geschichte des verschwundenen Jungen, führten Clarissa und Carsten ein höchst harmonisches Leben zu zweit. Obwohl sie in einigen Tagen heiraten würden, gerieten sie kein bisschen in Hektik. Die Vorbereitungen für die Feier waren weit fortgeschritten und so konnten sie es sich leisten, das Leben zu genießen. „Das Leben genießen“ hießen bei den beiden vor allem zwei Dinge: Lernen...



… Und miteinander zu schlafen. Beides auf dem Sofa.

Nebenbei sei erwähnt, dass beide einen Job als Wissenschaftler gefunden hatten, in dem sie beide gleichermaßen schnell befördert wurden. Carsten erreichte sogar vor der Hochzeit noch sein Lebensziel „Verrückter Wissenschaftler“ zu werden. Da ihm nun der Ansporn bei der Arbeit fehlte und er etwas ganz neues lernen wollte, suchte er sich schnell einen neuen Job als Tänzer mit dem Ziel „Weltklasseballettänzer“ zu werden.



Die Hochzeit wurde traumhaft und war selbstverständlich ein Muster an Planung.



Und als die Gäste gegangen waren, vergnügten sich die Beiden noch ein bisschen im Bett.

Da war es wenig verwunderlich, dass Clarissa schwanger wurde. Bevor sie in Mutterschutz ging, erreichte sie noch ihr Lebensziel, Verrückte Wissenschaftlerin zu werden. Ab nun wollte sie sich als Zauberkünstlerin versuchen.



Die Schwangerschaft verlief ohne Zwischenfälle und bald konnten Carsten und Clarissa ihren Sohn Christian begrüßen.



Während der Schwangerschaft hatten sie den halberwachsenen Welpen Fan adoptiert, der bald nach der Geburt von Christian zu einem großen Hund heranwuchs. Clarissa und Carsten verschafften ihm einen Job und brachten ihm abwechselnd Sprechen bei.

College – Jahr 1
Haushalt I (Britta Lotus, Leonid Lotus, Martina Doll, Cordula Müller, Veronica Moore, Daniel Müller, Xaver Star, Laetus Star)


(v.l.n.r. hinten: Britta Lotus, Leonid Lotus, Martina Doll, Cordula Müller, vorne: Veronica Moore, Daniel Müller)

(Laetus Star (links), Xaver Star (rechts))

Cordula ließ sich auf dem freien Platz neben Martina am Tisch in der Mensa nieder. Gegenüber saßen Britta und zwei fremde Männer. Es war der erste Morgen von Cordulas Unileben und sie hatte vor ihn zu genießen. Gestern Nachmittag hatte sie sich für Literatur eingeschrieben. Delizia, die in einem anderen Wohnheim lebte studierte dasselbe. In ihrem eigenen Wohnheim studierte leider keiner das gleiche Fach. Schade eigentlich. Martina studierte BWL (was auch sonst, wo sie schließlich zehn Geschäfte eröffnen wollte), Britta und Leonid Psychologie und Daniel und Veronica Schauspiel. Was die beiden unbekannten Studenten am Tisch studierten, wusste Cordula natürlich nicht. Sie hörte dem angeregten Gespräch ihrer Tischnachbarn zu. Martina und ihr Gegenüber, der Laetus Star hieß, schienen sich blendend zu verstehen und waren bereits zum Flirten übergegangen. Sie hörte aber heraus, dass er wohl auch Psychologie studierte. Britta unterhielt sich über Laetus' Kopf hinweg mit dessen Bruder Xaver. Der studierte Geschichte. Irgendetwas an den beiden Brüdern war komisch, aber Cordula kam einfach nicht daraus, was es war.



Die drei anderen Studenten aus Punchinello saßen nicht in der Mensa. Leonid stemmte Gewichte.



Veronica und Daniel flirteten heftig miteinander.

Nach dem Essen setzten sich Martina und Britta ans Schachbrett und taten so, als würden sie spielen. Tatsächlich unterhielten sie sich, wie Cordula sehr wohl hörte, über ihre neuen interessanten Bekanntschaften. Britta hatte außerdem zu erzählen, dass Gordon Buchholz, mit dem sie als Teenagerin etwas gehabt hatte, anscheinend auch gerade hier studierte. Allerdings lebte auch er in einem anderen Wohnheim.



Ein paar Tage später saß Cordula mal wieder allein auf dem Sofa. Sie hatten sich alle mittlerweile mehr als gut eingelebt und scheinbar schien Amor gerade eine Extraladung Pfeile auf die Studenten geschossen. Auf alle, außer Cordula. Jedenfalls sah man allerorts turtelnde Pärchen. Es war nicht zum Aushalten.



Schwer zu sagen, wann es angefangen hatte, wirklich schlimm zu werden. Mal abgesehen von dem ersten Morgen am Frühstückstisch hatten sich alle noch zurückgehalten. Am zweiten Tag hatte Britta versucht mit Gordon ein Date klarzumachen, aber er sagte ziemlich ruppig ab. Daraufhin hatte Britta sich ziemlich niedergeschlagen vom Telefon abgewandt.



Und war prompt Xaver in die Arme gelaufen, der gerade von seiner Vorlesung zurückkam. Britta, enttäuscht von Gordon oder vielleicht auch befreit von der Last zwischen zwei Männern wählen zu müssen, ging auf seine Anmache ein und bald flirteten sie ungehemmt.

In der Küche taten Martina und Laetus dasselbe.



Zu diesem Zeitpunkt waren Veronica und Daniel längst beim ersten Kuss angekommen.



Xaver und Britta ließen sich nicht lumpen und waren ebenfalls bald dabei heftig rumzuschmusen.



Dicht gefolgt von Laetus und Martina.

Es war auch bald ein offenes Geheimnis, das Daniel und Veronica mittlerweile das Bett miteinander teilten und dabei jede Menge Spaß hatten.



Cordula verbrachte viele Abende einsam auf der Couch, während die anderen ihre lauschigen Plätze aufsuchten, um ihre traute Zweisamkeit zu genießen. Leonid war der einzige außer Cordula, der scheinbar noch niemanden gefunden hatte. Meistens saß er in seinem Zimmer und lernte. Eines Abends jedoch gesellte er sich überraschend zu Cordula und sah mit ihr fern.



Eins kam zum andern und plötzlich hatten sie (wahrscheinlich angeregt von all den Pärchen um sich herum) ein One-Night-Stand auf der Couch.