Traumwald

Marie besucht Wolfgang und Weide. Die beiden haben ihr kleines Häuschen nur ganz kurz bewohnt, denn Weide hat sich dort schon nach der ersten Nacht sehr unwohl gefühlt. Ihr Elternhaus steht einsam und allein oben in den Bergen, aber dort hat sie sich nie so seltsam beobachtet gefühlt. Überraschender Weise teilt Wolfgang diese Gefühle. "Irgendwer schlich dort rum, da bin ich mir ganz sicher. Ich wollte, ich hätte noch besser zugehört, als Papa Max mich mit in die Berge genommen hat, und mir versuchte die Spurensuche beizubringen. Ich kann diese eigenartigen Fährten einfach keinem Lebewesen zuordnen."



Die beiden hatten Glück im Unglück. Derjenige, der ganz begeistert das Agnes Knautschgesicht Haus gekauft hatte, hielt es dort nicht sehr lange aus. Angeblich hätte der Geist von Agnes ihn dort vertrieben. So war das Haus frei und außerdem noch sehr günstig zu haben.

Weide und Wolfgang müssen auch in anderer Hinsicht ihre Lebenspläne ändern. Genau wie Marie ist Weide schwanger. Inzwischen freut sie sich auch auf den Nachwuchs und Platz haben sie in dem großen Haus ja genug. Vergnügt tauschen die beiden Ratschläge aus, und Marie kann Weide sogar verraten, dass sie einen Jungen bekommen wird.

Bei den Merkwürdigs zu Hause ist es inzwischen etwas friedlicher und ruhiger geworden. Felix ist erwachsen und hat noch nie ein Mädchen geküsst. Diese große Zurückhaltung möchte er aber jetzt gerne ablegen und hat sich dafür eine ebenso zurückhaltende junge Sima gesucht, Edeltraut Grusel.



Nur wenige Tage danach zieht er zu Edeltraut in das kleine Häuschen, das sie gemeinsam mit ihrem Bruder Mortimer bewohnt.

Mortimer ist sehr froh, seine kleine Schwester in guten Händen zu wissen und zieht endlich zu seiner Sima und seiner Tochter. Ob ihre Ehe, die bisher nur eine sehr lockere Verbindung war, diese Nähe überstehen wird, mal sehen. Mortimer Bunch geb. Grusel ist guten Mutes.

Marlene hat inzwischen ihren heimlichen ersten Liebeskummer überwunden, jetzt wo Wolfgang und Weide einen Sohn haben, einen kleinen Wolf, versteht sie gar nicht mehr, warum sie in diesen Spießer so verliebt war. Dieser reizende junge Simo neben ihr sieht jedenfalls nicht so aus, als wenn er sich einen ekligen Bart wachsen lassen würde. So ist das Küssen doch bestimmt viel angenehmer.



Immerhin hat es ewig gedauert, bis ihre Familie endlich kapiert hat, dass sie mit ihrem Freund auch mal allein sein möchte. Alle fünf Minuten kam einer angekötert und wollte irgendetwas ganz dringend erzählen. Warum kümmern die sich nicht um die kleine Ariadne? Sonst sind die doch auch vom Kinderbettchen nicht wegzukriegen.



(Ich musste jedem einzelnen Familienmitglied einen Auftrag geben, weil sie ständig dazwischen gefunkt haben, und bestimmt drei Versuche nötig waren, bis die beiden sich endlich ungestört küssen konnten!)

HAUSHALT URSINE / BUNCH

Christopher Ursine (verwitwet)
Carmen Ursine (Tochter von Claire und ungenannten Vater; sie lebt meist im Ausland)
Aurora Ursine (Tochter von Claire und Christopher)
Ursula Ursine (Tochter von Carmen und Sam Sekemoto)
Ethel Ursine (Tochter von Aurora und Ethan Bunch)
Monika Ursine (Tochter von Aurora und Michael Jungesell)
Ethan Bunch

Christoph hat seine Muskeln spielen lassen, und deutlich gemacht, dass das Haus immer noch ihm gehört und er einladen könne wen er wolle. Und er will nun einmal, dass sein bester Freund Ethan Bunch einzieht. Er ist jetzt Rentner, und kann dringend männliche Unterstützung in diesem simalastigen Haushalt gebrauchen. Unter dem Dach werden zwei Schlafräume und ein Bad untergebracht, und schon ist genug Platz für alle da.

Endlich hat er wieder Zeit für sein Hobby.



Aurora ist entsetzt. Sie hat Ethan im Verdacht gehabt, kein Interesse mehr an ihr zu haben und die gemeinsame Tochter abzulehnen, und jetzt das. Ethan sieht traurig und ein wenig gekränkt aus, aber sehr entschlossen. Selbst die offensichtliche Tatsache, dass Aurora ihn betrogen hat, immerhin hat sie Monika auf die Welt gebracht, obwohl sie seit der Geburt von Ethel nicht mehr allein mit Ethan war, scheint seine Entschlossenheit nicht ins Wanken zu bringen.

Ethan hat sich mit seiner Mutter beratschlagt. Was die nicht über Kindererziehung und Problemen mit Kindern weiß, ist es auch nicht wert zu wissen. Sie hat sofort den Verdacht geäußert, dass in Wirklichkeit nicht Ethel ihn ablehnt, sondern die vaterlose Ursula.

Das leuchtet Ethan auf der Stelle ein. Er nutzt die Vormittage, in denen Ursula in der Schule ist und Aurora noch schläft, um sich mit seiner Tochter anzufreunden. Sie liebt es sehr, mit ihm gemeinsam Bilderbücher zu betrachten und so braucht es nur wenige Tage, und Ethel läuft ganz selbstverständlich zu ihm, wenn sie ihn sieht. Ethan fällt ein Stein vom Herzen, auch weil er zu seiner Überraschung feststellt, dass die Verantwortung und die Gefühle für kleine Geschwister doch noch etwas anders sind, als ein eigenes Kind zu haben.

Vorsichtig nimmt er die kleine Monika auf den Arm. Ihr leiblicher Vater hat sie noch nie besucht, er hat wirklich kein Interesse an diesem kleinen Mädchen. Sanft schaukelt Ethan sie im Arm, ein Gefühl von Wärme und Liebe steigt in ihm empor. „Hallo meine Kleine, ich bin dein Vater.“ Seit dieser Stunde präsentiert Ethan Monika jedem Besucher, auch seinem alten Freund Quarz, als seine Tochter.

Ursula, die gerade zu einem Teenager geworden ist, beobachtet die Lage genau. Ethan kümmert sich nicht nur rührend um Ethel, er übernimmt sogar die Betreuung von Monika, ohne sich dabei vorzudrängeln. Im Umgang mit Babies ist er wirklich sehr geschickt und routiniert. Keiner sonst kann ein Baby so schnell aus der dreckigen Windel schälen und es in eine saubere verpacken.

Als Ursula, die Mathe nicht sonderlich mag, resigniert auf dem Stift kaut, weil ihr kein Lösungsweg einfällt, setzt sich Ethan einfach zu ihr auf den Boden und erklärt ihr ruhig und ohne großes Trara, wie die Aufgabe zu lösen ist.



Danach ist der Knoten geplatzt und Ursula spricht ihn am nächsten Tag von allein an, als sie wieder Unterstützung gebrauchen kann. Überrascht und ein wenig peinlich berührt stellt sie fest, dass Ethan ein ganz lieber Simo ist, der für seine Freunde sein letztes Hemd geben würde, und für seine Feinde sein vorletztes.

Carmen kommt überraschend auf eine Stippvisite vorbei. Sie hat viele interessante Dinge zu berichten. Christopher und Ethan erzählt sie von kulinarischen Raffinessen und mit Aurora plaudert sie über Simos und Abenteuer. Nur die Kinder ignoriert sie komplett. Weder ihre Tochter noch ihre beiden Nichten sind ihr mehr als einen gelangweilten Blick wert.



Auch wenn Aurora und Christopher das als völlig normal, eben ganz Carmen, akzeptieren, Ethan findet das so unmöglich, dass er Ursula auf der Stelle ihre Leibspeise kocht. Er bereitet extra nur ein Tellergericht zu, weil er nicht die geringste Absicht hat, Carmen mit durchzufüttern, und das will bei einem so freundlichen, sanften Simo schon was heißen.

Ursula registriert sein Verhalten ganz genau und, oh Wunder, bedankt sich hinterher laut und deutlich bei ihm für das leckere Essen. Danach zieht sie sich in ihr Zimmer zurück, malt noch etwas und geht ruhig ins Bett.

HAUSHALT KNAUTSCHGESICHT

Erik Knautschgesicht; verwitwet
Opal Knautschgesicht, Adoptivtochter von Erik und Agnes
Happy Knautschgesicht verheiratet mit Tragic Knautschgesicht geb. Clown
Agneta Knautschgesicht
Belinda Knautschgesicht
Circe Knautschgesicht; Drillinge, Töchter von Happy und Tragic

Die ABCs schlafen zur gleichen Zeit, sind zur gleichen Zeit hungrig, möchten zur gleichen Zeit gekuschelt werden und machen zur gleichen Zeit die Windeln voll. Wie gut, dass Happy nicht arbeitet und Großvater Erik als Klinikleiter viele freie Tage hat, so kommen die AbCs nicht zu kurz.

Auch Opal hat sich über den Familienzuwachs sehr gefreut, aber nicht gefreut hat sie sich über die täglichen Besuche in der Schule. Erik hat schnell gemerkt, dass seine Adoptivtochter viel lieber durch die Gegend geistern möchte, aber er hat ihr immer wieder ins Gewissen geredet, dass eine gute Schulbildung auch für Meisterspione wichtig ist. Wie sollen die sonst erkennen können, ob sie eine wichtige Formel oder nur einen Fehlversuch ausspionieren?



Keiner hat etwas gemerkt. Eines morgends war Opals Bett leer, von ihren Spielsachen fehlte gar nichts aber sie war spurlos verschwunden. Erik hat den ganzen Friedhof abgesucht und die dortigen Geister gebeten, nach Opal Ausschau zu halten, aber bisher hat keiner sie gesehen. Wo mag sie nur geblieben sein?

Das Einzige, was Erik und Happy tröstet, ist die Gewissheit, dass Opal schon etliche Jahrzehnte ein Geist war und entsprechend viel Lebens- oder eher Geistererfahrung hat. Sie wird sich auf jeden Fall zurecht finden, egal wo sie jetzt spioniert. Vielleicht ist das sogar des Rätsels Lösung? Kann es sein, dass Opal sich als Spionin hat anwerben lassen? Ein Kindergeist zu sein ist bestimmt eine sehr gute Tarnung für einen Meisterspion.



Erik hält sehr engen Kontakt zu seinen Freunden. Freundschaften sind, abgesehen von seiner Familie, das, was ihn am meisten interessiert. Er kennt inzwischen fast jeden Simo und jede Sima in Traumwald, und das schließt auch Babies und Kleinkinder mit ein. In welchem Haushalt er auch immer gerade zu Besuch ist, er findet zielstrebig das Kinderzimmer. (Dabei dringt er dank seiner Geisterfähigkeiten auch uneingeladen in Häuser ein. Ich musste ihn schon von so manchem Balkon retten, weil er nicht ins Haus zurück konnte, weil er dort nicht eingeladen war grins)

Einmal wöchentlich gönnt Happy sich den Luxus und engagiert einen Babysitter. Der ist nach 6 Stunden Arbeit mit seinen Nerven am Ende, aber sie hat sich gut erholt. Sie hat sich fest vorgenommen, eine der gebildetsten Simas in Traumwald zu werden und feilt mit Freude und Hingabe an ihren Fähigkeiten. Malen hat sie längst perfektioniert, beim Schreiben steht sie kurz davor dicht gefolgt von Angeln und Kochen.



Diese Leidenschaft fürs Lesen teilt sie mit Tragic. Auch er erwirbt sein Wissen lieber aus Büchern als etwa aus dem Fernsehprogramm. Auf die Mattscheibe zu starren, davon hält er gar nichts. Aber gemütlich auf dem Sofa oder dem Bett neben Happy zu liegen und zu schmökern, gehört zu seinen absoluten Lieblingsbeschäftigungen.

Alle drei Durchsichtigen genießen die Zeit, in der Agneta, Belinda und Circe noch vergleichsweise pflegeleicht sind, weil sie nicht aus ihren Bettchen heraus können. Andererseits sind sie schon sehr gespannt, ob die Kleinen auch durch Wände hindurch können und wenn, in welchem Alter. Sollten sie etwa im Krabbelkindalter schon diese Fähigkeit entwickeln, stehen den Erwachsenen gruselige Zeiten bevor. Wie sollen sie die ABCs dann beaufsichtigen?

Also lieber die Zeit nutzen, Freundschaften pflegen und die Ruhe genießen.

HAUSHALT BIRKENHAIN

Rose Birkenhain und Quarz Birkenhain
(Weide Birkenhain lebt mit Wolfgang Kennedy zusammen)
Topas Birkenhain
Alabaster Birkenhain
Feuerdorn Birkenhain
Meteor Birkenhain
Flammendes Käthchen Birkenhain

Quarz betrachtet seine Herzsammlung. Ein rosa Diamant liegt dort als Symbol für seine geliebte Rose, ein Quarz für ihn selbst, ein Topas für seinen ältesten Sohn und ein Alabasterherz für seine mittlere Tochter.



Seine größte Freude aber ist der Regenbogenstein, der mit seinen glitzernden Facetten und funkelndem Farbspiel symbolisch für all seine Kinder steht. In diesen Stein hat er drei Tage und drei Nächte mit seinem Herzen die Schönheit, Erfahrung und Liebe seines ganzen Lebens gesungen und mit seinen Händen sanft die Form herausgeschliffen, so gelang ihm das Kunstwerk, die Lieder all seiner Kinder, auch derer, die kein Steinlied in sich tragen, in diesem Stein zum Klingen zu bringen.

Wer ihm dabei geholfen hat? Er weiß es bis heute nicht. Er kann die Lieder von Weide, Feuerdorn und Käthchen nicht hören, nur sein Herz kann fühlen, dass auch ihre Melodie in diesem Stein schwingt.

Feuer und Wasser stehen in Roses Augen, als sie den Stein sieht. Die sanfte, kraftvolle Farbe ihrer wärmenden Glutaugen und die glitzernden Tränen darüber, welch ein eigenartiges, kostbares Geschenk die Liebe einer Schmetterlingstänzerin doch ist.



In den nächsten Tagen sitzt seine lebhafte Rose oft still, und lauscht in sich hinein. Dann ist sie plötzlich fort, um wenige Stunden später mit dem größten Schatz ihres Volkes, einem Regenbogenschmetterling zurückzukehren. Der bekommt seinen Platz neben den Herzen und sie bewachen und bewahren einander.

Ein paar Tage später findet er in einer kleinen Schachtel eine weitere Kostbarkeit, die ihm sein mittlerer Sohn Feuerdorn ganz nebenbei, bevor er zur Schule aufbrach, in die Hand gelegt hat. "Den habe ich gestern abend, als du Steine gesucht hast, für dich gefunden." Und schwupps, weg war er, mit verlegen gerötetem Gesicht.

Stumm schaut Quarz auf den Regenbogenkäfer, dessen Panzer prächtig funkelt. Der Stein, der Schmetterling und der Käfer. Das gleiche Farbspiel auf völlig unterschiedlichen "Materialien": transparentes, kristallenes Funkeln - samtiges, zerbrechlich leuchtendes Farbspiel – dunkel und schillernd zugleich, matt und im nächsten Augenblick kraftvoll glänzend. Wer kann behaupten, eines sei schöner als das andere? Nur weil er mit Steinen aufgewachsen ist und ihr Lied hören kann, aber dem Tanz der Schmetterlinge nicht folgen kann oder die Wege und Besonderheiten der Käfer nie beachtet hat?



Quarz schämt sich. Er liebt seine Kinder. Alle. Aber denen, die sein Erbe in sich tragen, hat er sich stets viel verbundener gefühlt. Feuerdorn und Flammendes Käthchen sind die Kinder, die ihm völlig fremd sind. Trotzdem. Auch für sie konnte er ein Lied in den Regenbogenstein singen ...

Weide, er wird seine älteste Tochter Weide besuchen und mit ihr sprechen. Sie ist zwar auch keine Steinlauscherin, aber sie hat ein sehr feines Gespür für Klänge aller Art.

Im alten Knautschgesicht Haus angekommen, ist seine Überraschung erst einmal groß. Er hat einen Enkel! Er ist Großvater! Weide legt ihm mit sanftem Lächeln Wolf Birkenhain in die Arme. Quarz staunt. Schwarze Augenbrauen also schware Haare, so wie Alabaster oder auch Wolfgangs Mutter Eryn, nicht ein einziges weißes Härchen, wie es bei den Eltern wohl zu erwarten gewesen wäre. Überrascht und irritiert schaut er Weide an: "Hast du eine Ahnung, wo die schwarzen Haare herkommen? Ich meine die von Alabaster, Wolf hat ja eine schwarzhaarige Großmutter, aber weder Weide noch ich haben Schwarzhaarige in der Familie." Hmm, was sagt er da bloß für einen Blödsinn? Nicht das Weide noch denkt, er denkt er wäre nicht Alabasters Vater ... er schaut seine Älteste total unglücklich an. Dann platzen alle Gedanken und Grübelein aus ihm heraus, dass er seinen Nichtsteinlauscherkindern kein guter Vater gewesen ist, weil er sie nicht verstehen kann, dass Feuerdorn anscheinend mehr versteht als er selbst, dabei ist er doch der Ältere, der Vater ....

Wolf auf seinem Arm stößt einen seltsamen Schrei aus. Verblüfft verstummt Quarz und schaut seinen Enkel an. Eine kluge, wache Seele schaut aus Kinderaugen zurück. Ein langer Seufzer entfährt Quarz, dann kuschelt er sanft mit dem Baby und legt es ins Bettchen.



Draußen im kleinen Garten sagt Weide zu ihm: "Vater, in jedem Lebewesen egal of zwei, vier oder unendlich viele Beine, in jeder Pflanze, im Wasser, im Feuer, in den Steinen, in der Luft, in allem schwingt ein Lied. Das zu erkennen, haben wir von Mutter und dir gelernt. Du und deine Art, ihr könnt den Gesang der Steine und den Gesang Euresgleichen hören, Mutters Seele und die der andern Schmetterlingstänzer "hören" die Schmetterlinge. Mir stehen die Bäume nahe, ich kann sie nicht in dem Sinne hören, aber auf kaum zu beschreibende Art spüren. " Sanft lächelnd streift ihr Blick den Hausbaum.

"In Wolf klingt ein Lied. Es ist mir unendlich fremd. Es ist nicht wie deines oder Mutters oder meines. In Wolfgang schwingt das gleiche Lied, aber fast unhörbar, selbst für ihn kaum wahrnehmbar. Trotzdem hat er seinen Sohn sofort erkannt. Er hat unserem Sohn seinen Namen gegeben. Die Wölfe sind schon vor Jahrhunderten ausgestorben, sie tauchen nur noch in Mythen und Legenden auf, aber ihr Lied lebt weiter. In deinem Enkel. Das Lied des Wolfes ist mir unendlich fremd, aber es berührt meine Seele und ich liebe meinen Sohn, so wie du deine Kinder liebst. Alle."

Viele Stunden braucht Quarz, um zu seinem Heim in den Bergen zu gelangen. Er denkt nicht. Er genießt einfach jeden Schritt. Die Luft, die seine Lungen füllt, der frische Wind, der sanft über die Haut streicht oder auch frech an seinen grauen Haaren zupft, die Geräusche der Nachtlebewesen, der Duft der Gräser und Kräuter, überlagert vom harzigen Geruch der Tannen, das kühle Funkeln der Sterne, der vibrierende Klang einiger Edelsteine, die, durch einen kleinen Felsrutsch befreit, im Mondschein baden.

Am steinernen Fluß steht Rose und erwartet ihn. Fest und sanft zugleich ergreift sie seine Hand und führt ihn zurück ins Haus. Worte sind nicht notwendig.



Am nächsten Morgen geht Quarz in die Stadt. Er kauft sich Notenhefte und meldet sich in der Musikschule an. Er hat schon öfter auf der Gitarre geklimpert und Rose damit eine große Freude gemacht. Musik kann verbinden, und die Töne der Gitarre kann jeder vernehmen. Wenn er und seine Gitarre erst eins sind, kann er Feuerdorn und Käthchen das Lieder der Steine und das Lied seiner Seele spielen und sie werden es hören.

Der Musiklehrer kann nur mühsam sein Unglauben hinter einem freundlichen Lächeln verbergen. Quarz große, kräftige Pranken hält er für viel zu derbe und fragt ihn, ob er nicht lieber die Trommel lernen wolle, aber Quarz nimmt einfach seine Gitarre in die Hände und spielt das sanfte, leise Schlaflied, mit dem er Weide und allen folgenden Kindern das Tor zu den Träumen geöffnet hat. Der Lehrer schaut verträumt, räuspert sich und meint: " Nun, das sollte kein Problem sein, es braucht nur noch ein paar Feinheiten und ich wage zu behaupten, dass sie bald vor Publikum spielen können." Das hatte Quarz zwar eigentlich nicht vor, aber warum nicht, so kann er wenigstens ein wenig Geld verdienen und den Lehrer bezahlen. Vielleicht bleibt sogar noch etwas für den Sparstrumpf übrig.

WOCHE 12

FAMILIE MERKWÜRDIG

Marie Merkwürdig und Otto Merkwürdig
Merlin Merkwürdig
Marlene Merkwürdig Merlin u. Marlene sind Zwillinge (unecht)
Ariadne Merkwürdig

Marie kann sich drehen und wenden wie sie will, sie mag dieses Haus nicht. Auch die vielen Bäume, der große Gemüsegarten und die großzügigen Räume können sie nicht überzeugen. Bei jedem Spiel im Stadion ist die Nacht taghell erleuchtet und Marie kann Vorhänge oder gar Rollos nicht ausstehen. Aber was soll sie sonst machen? So kann sim doch nicht schlafen!



Wenn Otto die Familie so einfach umsiedeln kann, dann steht ihr das gleiche Recht zu. Die Konten sind gut gefüllt, sie wissen schon gar nicht mehr wohin mit dem Geld und so träumt und plant Marie in aller Ruhe ein gemütliches, altmodisches Häuschen mit einem verwunschenen Garten.

(Die größte Freude für naturliebe Sims ist es nun mal, draußen zu schlafen. Nur damit ihr euch nicht über das Bett auf dem Balkon wundert *grins*)

Als Haus und Garten auf dem Papier fertig sind, hat sie ein Deja vue. So ein ähnliches Haus kennt sie. Sie hat darin gelebt mit ......... mit einem Sohn, der so aussieht, wie sie es sich in ihren Träumen nicht ausmalen könnte und dann ..... dort im Spiegel, das Gesicht etwas anders geformt, eine Brille auf der Nase aber die Augen sind ihre. Auch die grüne Haut mit dem vertrauten, schönen Muster, die Blätter auf dem Kopf, das ist sie.

Eine Sekunde später rinnt die Erinnerung wieder davon. Was war das eben? Komisch war es, komisch merkwürdig. Wieder taucht ein Gedanke auf: merkwürdig bedeutet nicht seltsam; merkwürdig bedeutet würdig zu merken. Du musst es dir merken!

Tief in sich versunken erinnert sie sich, dass sie beim Tod von Agnes Knautschgesicht auch ein merkwürdiges Gefühl hatte. Sie war die einzige, die Augenzeuge dieser Geistwerdung war. Was hat Agnes dem Tod nur gesagt? Marie ist sich sicher, dass es sehr, sehr wichtig war. Warum war Agnes nur so verzweifelt? Sie hatte doch eigentlich ein tolles Leben .... eigentlich. War es wirklich so toll? Doch, die letzten Jahre hat Agnes glücklich und zufrieden gelebt. Es war, als ..... moment, sie hat so etwas wie " Bitte, nur einen einzigen Augenblick, es bedarf nur noch eines Tastendrucks ...."



Marie schüttelt sich. Was ist nur los mit ihr? Es ist fast, als könnte sie den Baum dort hinten im Garten flüstern hören, diese alte Weide, die so tief wurzelt. Genüßlich saugt sie das köstliche Wasser mit ihren Wurzeln auf, lässt es durch dickere Wurzeln zum Stamm rinnen, dort treffen viele Ströme zusammen, fließen hoch hinauf, um sich oben im Astwerk feiner und feiner zu verteilen und dem Laub eine Stimme zu verleihen.

Marie ist erfüllt vom Klang der Weidenstimme. Sie kann wieder die Stimmen der Pflanzen hören. Tränen der Freude und der Trauer laufen über ihre Wangen, aber die Freude überwiegt. Sie kann sich den Pflanzen nicht mehr mitteilen, dazu ist sie zu sehr Sim und zu wenig Pflanze, aber sie ist wieder fähig zu hören.

Langsam öffnet sie die Augen wieder. Nein, sie wird nicht umziehen. Dieser Baum ist ein Freund, ein Helfer und sie wird ihn nicht einfach so aufgeben. Ihr ist jetzt klar, dass ein Garten, in dem sie sich wohlfühlen kann, nicht klein sein muss, sondern gemütlich, urwüchsig und verwunschen.