Springfield

Zugegeben, meine guten Vorsätze mich vorerst von Grüften fernzuhalten, hielten nicht lange an. Schon am nächsten Morgen hörte ich von einem alten Kupferbergwerkstollen auf der Kupferinsel und ehe ich mich versah war ich schon auf dem Weg dahin. Ich redete mir ein, dass ich diese Reise genießen sollte, als wäre es meine letzte, schließlich wusste man nie, wann ich das nächste Mal hierher kam. Ob ich überhaupt noch einmal zurückkehren würde. Ich hatte das dumme Gefühl, dass Amalia mich in nächster Zeit nicht so ohne Weiteres fortlassen würde. Außerdem wollte ich meine Kinder gerne aufwachsen sehen. Bis ich auf der Kupferinsel ankam, hatte ich auf diese Weise mein Gewissen beruhigt und erkundete den Ort. Es lag in der Tat eine Menge Kupfer herum und ich sammelte es alles ein.



Der Eingang zu Mine war auch schnell gefunden und ich stieg vorsichtig die Treppen hinab. Man wusste nie, wann der Eingang zuletzt benutzt worden war, und ob die Stufen noch hielten.



Meine Sorge schien unbegründet zu sein. Abgesehen davon, dass das halbe Bergwerk eingestürzt war, den Trümmerhaufen nach zu urteilen, war alles noch stabil und intakt. Ich machte mich daran, den Schutt zu entfernen, um zu sehen, was darunter begraben lag.



Ich fand sogar eine Schatztruhen, in denen reichlich Kostbarkeiten verborgen lagen. Das führte mich prompt zu der Vermutung, dass die Mine nicht nur dem Abbau der reichhaltigen Kupferreserven gedient hatte, sondern möglicherweise auch als Schmugglerversteck.

Durch eine Geheimtür kam ich in die letzte Kammer der Gruft. Gemeinerweise war der Raum in der Mitte durch einen feuerspeienden Graben getrennt und es schien keinen anderen Weg dorthin zu geben. Eine Weile überlegte ich, dann setzte ich mich gleichmütig auf den Boden, um zu meditieren. In China hatte ich gelernt, mich zu zenportieren. Ich musste nur lange genug meditieren. Für gewöhnlich nutzte ich diese Fähigkeit nicht und außer mir wusste nur Amalia, das ich sie besaß. Es war doch eine recht unheimliche Fähigkeit, wenn man ehrlich war. Aber ich wollte unbedingt wissen, was auf der anderen Seite war, deswegen machte ich an diesem Tag eine Ausnahme. Meine Mühe wurde belohnt, und als ich erfüllt mit innerer Ruhe auf der anderen Seite ankam, ohne dass mir ein Haar versengt wurde, fand ich einige kostbare Schätze. Auf dem Rückweg musste ich mich natürlich wieder zenportieren, aber diesesmal portierte ich mich gleich aus der Gruft.



Mein nächstes Ziel waren die Ruinen von Karnak. In so alten Ruinen gab es schließlich oft genug gut erhaltene unterirdische Räume.



Ich wurde jedoch enttäuscht. Zwar gab es einen unterirdischen Raum, in dem sich auch ein paar unbedeutende Relikte fanden, aber so sehr ich auch suchte – ich fand keine Geheimtür. Es schien tatsächlich nur diesen einen Raum zu geben. Enttäuscht kehrte ich den Ruinen wieder den Rücken. Ich hatte viel Zeit hier verplempert und nun ging bald mein Flieger. Mir blieben nur noch zwei Stunden, bis ich aufbrechen musste, also beschloss ich noch Abu Simbel zu besuchen...nicht, um die Gruft zu erkunden, sondern, um mir ein Bild vor Ort zu machen. Bei meiner nächsten Reise nach Ägypten wann auch immer das sein würde, würde ich zuerst Abu Simbel erkunden. Und so endete die längste Reise meines Lebens.

Ich war kaum Zuhause, da rannte mich Alsta fast über den Haufen. Laut bellend machte sie den Rest der Familie auf meine Heimkehr aufmerksam, während sie begeistert um mich herumsprang. Wirklich eine treue Seele von Hund. Amalia kam kurz darauf aus dem Haus und fiel mir erleichtert um den Hals. Ich drückte sie lange und fest an mich. Ich hatte sie vermisst. So lange würde ich gewiss nicht mehr fernbleiben. Wir lösten uns erst, als Alsta mich mit der Pfote anstupste. Im Maul hielt sie die Zeitung, von der sie ganz offensichtlich der Meinung war, dass ich sie sofort lesen wollte. Ich nahm sie ihr vorsichtig aus dem Maul und bedankte mich grinsend, woraufhin sie fröhlich bellend davonstob.
„Sie ist ganz aus dem Häuschen.“, bemerkte Amalia lächelnd. „Sie hat dich ziemlich vermisst, glaube ich. Sie lag ziemlich viel auf deiner Seite im Bett und wollte gar nicht raus zum Spielen.“
„Armer Hund. Zum Glück muss ich so bald nicht mehr fort.“
„Das sagst du jedes mal. Und dann musste doch immer viel zu bald wieder weg.“, antwortete sie leichthin, aber ich wusste, dass es sie mehr mitnahm. Darum drückte ich sie noch einmal an mich und sagte: „Diesmal werde ich länger Zuhause sein, versprochen.“



„Wie geht es den Mädchen?“, fragte ich dann.
„Gut, dass du frägst. Ich dachte schon, du hättest ihre Existenz vergessen.“, gab meine Frau trocken zurück. „Es geht ihnen gut. Leslie fängt an zu Sprechen und Talina schläft immer noch viel.“
„Keine Probleme?“ Ich hob verwundert die Augenbrauen.
„Es war stressig nebenher noch den Garten zu versorgen, zumal...“ Sie biss sich auf die Lippen.
„Zumal?“, fragte ich neugierig.
„Ich bin schwanger.“, sagte sie kurz und betrat das Haus, um, wie ich gleich darauf feststellte, Leslie daran zu hindern hinter den Fernseher zu krabbeln.



Der Rest des Tages verging schnell. Nachdem ich Leslie begrüßt hatte, verwandelte sie sich in eine hinter mir her krabbelnde Klette, die ständig bespaßt werden wollte. Dabei musste ich doch noch mit Amalia ihre neuerliche Schwangerschaft besprechen. Dazu kamen wir erst, als die Mädchen endlich schliefen und wir gemeinsam etwas aßen. Reste aus dem Kühlschrank im Übrigen. Zum Kochen, war meine Frau viel zu müde.
„Wie lange bist du schon schwanger?“, fragte ich nach einer Weile.
„So ziemlich seit du abgeflogen bist.“, gab sie ruhig zurück.
„Kann das dann überhaupt...“ Ich ließ die Frage unvollständig. In mir braute sich ein furchtbarer Verdacht zusammen.
„... von dir sein?“, vollendete sie den Satz. „Ist es das, was du wissen willst?“ Ihre Stimme fuhr ein paar Oktaven höher. „Ich weiß nicht, ob es dir entgangen ist, aber in der Nacht vor deiner Abreise hast du darauf bestanden, noch einmal mit mir zu schlafen.“ Sie klang ziemlich giftig und für einen Moment glaubte ich, ihre Mutter in ihr zu erkennen. Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag. Ich war für sie kaum ein besserer Ehemann, als ihr Vater es je für ihre Mutter war. Und ich hatte mir eingebildet, ich könnte sie glücklich machen!
„Tut mir Leid.“, murmelte ich zerknirscht. „Ich wollte dich nicht schwanger zurücklassen.“
„Zu spät.“, antwortete sie tonlos. „Aber das hast du ja vorher nicht wissen können. Ich geh jetzt schlafen.“ Damit stand sie auf, kippte die Essensreste weg und begab sich ins Schlafzimmer. Ich dagegen blieb noch lange sitzen und starrte trübsinnig Löcher in die Luft. Wann hatte ich angefangen, sie mehr und mehr allein zu lassen?

Als ich am nächsten Morgen erwachte, war eigentlich schon fast Mittag und Amalia schon seit Stunden auf den Beinen. Ich hatte in der vorigen Nacht noch versucht, meinen Kummer im Nektar zu ertränken – ein völlig ergebnisloser Versuch. Demnach war ich erst spät schlafen gegangen und heute morgen nicht mal aufgewacht, als Amalia sich erhoben hatte. Ich war wirklich im Moment ein furchtbarer Ehemann. Aber heute würde ich es besser machen. Ich bekam auch sofort Gelegenheit dazu, denn aus dem Bad kam ein seltsames gurgelndes Geräusch, gefolgt von einem entsetzten „Seth!“-Ruf von Amalia. Ich sprang sofort auf und eilte ins Bad. Aus der Waschmaschine quoll oben Wasser. Ein Fall für meine handwerklichen Fähigkeiten.



Ich versprach Amalia, mich gleich nach dem „Frühstück“ darum zu kümmern. Was ich tatsächlich tat. Irgendwas mit dem Zulauf war nicht in Ordnung. Es dauerte mehrere Stunden, bis ich das Problem gelöst hatte und endlich kein Schaum mehr aus der Maschine floss. Ich war mittlerweile pitschnass und sprang direkt unter die Dusche.



In den folgenden Tagen entspannte sich das Verhältnis zwischen Amalia und mir wieder etwas. Sei es, dass es daran lag, dass ich mir wirklich Mühe gab oder daran, dass ihre Schwangerschaftshormone diesmal weniger heftig zuschlugen – ich war jedenfalls froh. Und wie immer freute ich mich auf unser Ungeborenes. Auch wenn ich nicht so schnell mit dem dritten Kind gerechnet hatte. Wenn man es genau nahm, hatte ich vor unserem ersten Kind mit überhaupt keinem Nachwuchs gerechnet. Aber nun gut. Ich mochte Kinder schließlich. Was lag da näher, als eigene zu bekommen?

„Seth!“, kreischte Amalia gegen Ende der Schwangerschaft mal wieder aus dem Bad. Ich erhob mich seufzend vom Sofa, wo ich es mir gerade bequem gemacht hatte. Sicher war wieder die Waschmaschine, die Dusche oder auch das Klo kaputt gegangen. In letzter Zeit häuften sich der Reparaturen und ich überlegte schon einfach eine neue Einrichtung zu kaufen. Mit meiner Vermutung lag ich komplett daneben. Amalias Fruchtblase war geplatzt und Beatrix wurde mal wieder als Babysitter bestellt, damit wir ins Krankenhaus fahren konnten. Auch wenn ich genauso aufgeregt war, wie bei jeder Geburt, erkannte ich doch langsam eine gewisse Routine. Vielleicht sollten wir doch mal eine Babypause machen.



Die Geburt verlief unkompliziert wie schon die der beiden Mädchen. Nach wenigen Stunden durften wir unseren ersten Sohn in den Armen halten. Wir nannten ihn Fabian.

Als wir zurückkamen, saß Beatrix gemütlich auf unseren Sofa. Unsere Kleinen seien kein einziges mal aufgewacht und ja so entzückende Mädels, meinte sie. Dann beglückwünschte sie uns zu unserem Sohn und erzählte sogleich, dass ihr Lars nun auch schon ein herumkrabbelndes Kleinkind sei, was ich übrigen wusste, denn er war ja nur einen Tag jünger als unsere Leslie.



Dann erzählte sie, dass Sina ihr zweites Kind erwartete.



Und dass Javier bald mehr Zeit bei seiner Arbeitskollegin und Schwägerin Mary verbrachte, als bei seiner Frau Sina. Aus rein geschäftlichen Gründen, versteht sich. Ich fühlte mich sofort daran erinnert, dass ich meine Frau auch sträflich vernachlässigt hatte.

Die Zeit bis zu Sinas Entbindung verging wiederum sehr schnell. Amalia und ich waren mit der Pflege unserer drei Kinder vollauf beschäftigt. Ich gab mir außerdem Mühe, wieder ein besserer Ehemann zu sein. Und so war ich geradezu überrascht, als ich hörte, dass Sinas zweite Tochter Susan auf die Welt gekommen war.



Sina und Javier wohnten ja bekanntermaßen in unserem alten Haus, das direkt gegenüber von unserem jetzigen lag. Darum bekamen wir auch ganz gut mit, was dort so passierte. Zum Beispiel, dass Alsta immer noch Besitzansprüche auf das Grundstück geltend machte und je nach Laune gerne den Postboten dort vertrieb.



Wenn die Babypflege es gerade zuließ ordnete ich meine Sammlung. Es war eine ziemlich anstrengende Arbeit, all die Schätze zu sortieren und ich kam nur sehr langsam voran. Zuerst kümmerte ich mich um die Edelsteine.


(alle sammelbaren Edelsteine aus RA, um die Spezialdinger muss ich mich noch kümmern und die Erze hab ich noch nicht komplett)

Außerdem hatte ich letztens einen besonders seltenen Edelstein gefunden, dem wir einen besonderen Schliff verpasst hatten. Ich hatte ihn Amalia geschenkt, aber wir der Sicherheit wegen deponierten wir ihn beim Rest der Sammlung. Ich hatte nämlich für meine Schätze ein Alarmsystem installiert.

Als nächstes stand der Geburtstag von Sophia und Victor an. Wie immer bei George, wurde groß gefeiert, was sich allein schon aus der Größe des Haushalts ergab.



Mayas Zwillinge wurden nun schon Teenager. Wie die Zeit verging! Als wir hier nach Springfield gekommen waren, waren die beiden noch Kleinkinder. Die beiden waren ziemlich gut aussehend. Jedoch, als ich einmal abends mit George einen Nektar genoss, erzählte er mir von seinen Sorgen, dass die beiden Schäden davon getragen hatten, weil sie so früh Vater und Mutter verloren hatten und dann zwangsläufig, weil George arbeiten musste, ohne rechte Fürsorge und hauptsächlich beim Babysitter aufwuchsen. Sophia sei ein wenig verrückt und Victor sei auch ein wenig seltsam, aber noch könne er es medizinisch nicht einordnen, meinte George.

Ich konnte mir gut vorstellen, dass es einem mitunter über den Kopf wuchs sechs Kinder im Haus zu haben, von denen fünf Teenager waren. So richtig ernst nahm ich Georges Befürchtungen nicht. Im zweiten großen Haushalt unserer „Stadt“, bei Beatrix, war zumindest auch immer viel los, wie ich gleich am nächsten Tag erfuhr. Beatrix hatte nämlich außer den Kindern in ihrem Haus, auch noch ihre schon ausgezogenen Kinder, die trotzdem immer wieder ihrer Hilfe bedurften. Nun ja, ehrlich gesagt, war ich mir nicht sicher, ob sie die Hilfe wirklich brauchten, oder ob Beatrix, mittlerweile ergraut, nur einfach helfen wollte.



Aus ihrer zuverlässigen Klatschquelle erfuhr ich, dass Sina schon wieder schwanger war...



...und, dass Javier in der Jugend für zukünftige Wähler warb.



Und, dass Patrick in Rente gegangen sei und sich nun den lieben langen Tag mit Lars beschäftige. Beatrix befürchtete, dass Lars ein bisschen verwöhnt wurde und ich versicherte ihr grinsend, dass sowieso jeder Nachzügler ein bisschen verwöhnt sei.

Bald darauf jammerte Beatrix mir vor, dass ihre Kinder so schnell groß wurden. Ich konnte sie gut verstehen. Ihre drei Mädchen waren schließlich alle schon ausgezogen und zwei davon verheiratet. Florian stand kurz vor seinem Schulabschluss und Niclas war seit neustem mit Eliana Mumbay zusammen. Die war ein wenig älter als er und Beatrix war total gegen diese Beziehung. Ob es nun daran lag, dass sie nicht wollte, dass ihre Kinder erwachsen wurden oder an einer persönlichen Abneigung Eliana gegenüber, war nicht so recht aus ihr heraus zu bekommen.



Die große Geburtstagsparty von Florian und seiner Cousine Marci, die zufällig am selben Tag Geburtstag hatte, fand kurz nach deren Abschlussprüfung statt. Ich war auch eingeladen, aber weil ich Amalia noch damit half, die Kinder ins Bett zu kriegen, kam ich leider zu spät und konnte nur noch gratulieren. Die Party schien aber ein voller Erfolg gewesen zu sein.



Florian nahm lächelnd meine Glückwünsche entgegen und erzählte mir dann, dass er als Detektiv tätig werden wollte. Was er in unserem beschaulichen Dorf für kriminelle Machenschaften aufdecken wollte, war mir schleierhaft. Meiner Meinung nach ging hier jeder einer ehrlichen Arbeit nach.



Marci dagegen hegte wenig überraschend den Wunsch Profisportlerin zu werden.



Als die Party noch voll im Gange war, setzten bei Sina plötzlich die Wehen ein. Für ein paar Minuten verwandelten sich die Partygäste in einen Haufen aufgeregt herumhüpfender Hühner, bis Beatrix sich wieder fasste und ihre Tochter ins Krankenhaus fuhr, wo sich ein paar Stunden später ein Mädchen namens Valencia zur Welt brachte.

Nach Florians und Marcis Abschluss, zog Florian sehr bald zu seiner Freundin Abigail Dogan in das kleine Haus, das sie von ihrer Stiefziehmutter Ami übernommen hatte. Kurz danach begann er seine Arbeiten als Ermittler aufzunehmen.



Lustigerweise war es ausgerechnet auch Abigail, die ihm seinen ersten Fall übertrug. Hannes Mallory hatte sich angeblich in ihren Computer gehackt, um sich eine Beförderung zu erschleichen und er sollte das ganze prüfen. Dazu blockierte er zu Beatrix Ärger einen ganzen Nachmittag ihren Laptop.


(Das verrückte an der Sache ist, dass Abigail keinen Computer besitzt. Außerdem arbeitet Hannes auch im Lebensmittelgeschäft und nicht wie sie im Theater. Was also das Theater mit dem Lebensmittelgeschäft zu tun hat, das wäre ein Fall, den Florian übernehmen sollte)

Marci blieb unterdessen bei ihrer Tante wohnen. Bei der war schließlich genug Platz und wahrscheinlich hatte Marci auch keine Lust alleine in irgendein Haus zu ziehen.



Dann hatte Beatrix wieder Grund zum jammern. Samuel ging neuerdings mit Sophia Dogan. Zumindest hatte er sie zum Schulball ausgeführt und seitdem waren sie offiziell ein Paar. Ihre Verrücktheit schien ihn nicht zu stören, im Gegenteil: Wann immer man den beiden über den Weg lief, redeten sie gerade über Verschwörungstheorien.

Völlig überraschend für uns brachte dann auch noch Alsta Junge zur Welt. Kurz bevor sie zu alt dafür war. Mittlerweile war sie schon eine alte Hundedame. Von ihren Jungen konnten wir aber nur eins behalten. Snoopy, ein männliches Hündchen mit weißen Ohren.


(auf diesem Bild im Hintergrund: Snoopy, hatte keine Gelegenheit die kleinen zu fotografieren, bevor sie erwachsen wurden)

(die alte Alsta)

Als Talina älter wurde und ihre Haare wuchsen, stellten wir fest, dass sie blond war.
„Wie kommt es, dass sie blond ist?“, fragte ich langsam, als es mir zum ersten Mal auffiel.
„Was weiß denn ich, meine Eltern waren nicht blond.“, gab Amalia achselzuckend zurück. Ich sah sie schweigend an. Meine Eltern waren auch nicht blond gewesen. Also konnte das nur heißen... Ich spürte eine unbezähmbare Wut in mir aufsteigen und ich scannte in Gedanken sämtliche blonden Männer in der Nachbarschaft, die dafür in Frage kamen. Amalia deutete meinen Blick richtig und rief gereizt: „Fängst du schon wieder damit an? Ich habe dich nicht betrogen, Seth, und es ist wirklich verletzend, dass du mir das andauernd unterstellen willst, wo du doch derjenige bist, der sich ständig auf Reisen begibt und mich tagelang im Ungewissen lässt!“ Sie hob Talina vom Boden auf und verließ den Raum, um sie ins Bett zu bringen. Ich fing sie ab, als sie das Kinderzimmer wieder verließ.
„Du musst doch zugeben, dass es ziemlich seltsam ist, dass sie blond ist, denn meine Eltern waren auch nicht blond. Da frägt man sich als Mann eben, ob man der Vater sein kann.“
„Und unterstellst mir so mir nichts, dir nichts, dass ich untreu wäre!“, schrie sie böse. „Weißt du was? So, wie du dich verhältst, würde es dir gerade recht geschehen, wenn ich dich betrügen würde! Du kannst heute Nacht auf dem Sofa schlafen!“ Und damit knallte sie mir die Schlafzimmertür vor der Nase zu.

Ich nahm mir vor, mit George als Freund und Arzt darüber zu sprechen. Amalia hatte ja Recht. Sie einfach der Untreue zu beschuldigen, war nicht die richtige Art. Als ich ihn besuchte, machte mir Olivia auf, die mittlerweile ganz schön gewachsen war und nun der fünfte Teenager im Haus.



George nötigte mich sofort, mit ihm Schach zu spielen. Währenddessen erzählte ich ihm traurig von meinem Streit mit Amalia.
„Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sie dich betrügen würde, Seth.“, meinte George, nachdem ich geendet hatte. „Ich kenne sie schon seit sie ein kleines Mädchen war und das passt einfach nicht zur ihr. Außerdem liebt sich dich von ganzem Herzen, selbst ein Blinder könnte das sehen.“
„Ich hätte das auch nie für möglich gehalten, wenn nicht gerade Talinas Haarfarbe so blond wäre.“, seufzte ich.
„Überleg doch mal, wer in der Nachbarschaft blond ist und wer dafür in Frage käme. Patrick? Wohl kaum. Er ist Beatrix absolut treu und ihre Söhne sind noch zu jung, um Talinas Vater zu sein. Bleiben nur noch die Mallory-Brüder. Und deren Haarfarbe ist bei Weitem nicht so hell, wie Talinas. Außerdem sieht die Kleine dir ziemlich ähnlich.“, gab George zu bedenken. „Ist dir nie aufgefallen, dass sie deine Augen hat?“ Ich schüttelte den Kopf. „Stell dich mal mit ihr vor einen Spiegel.“, riet er mir.
„Aber warum ist sie blond?“, wollte ich wissen.
George zuckte die Schultern. „Es ist genetisch gesehen nicht unmöglich, dass Merkmale ein oder zwei Generationen überspringen. Manchmal heben sie sich auch gegeneinander auf oder vermischen sich zu ganz anderen Haarfarben. Es ist zugegebenermaßen selten, aber kommt vor.“
„Mein Großvater hatte blonde Haare.“, fiel mir plötzlich ein.
„Na also. Das wird es sein.“ Er lächelte erleichtert. „Schach, übrigens.“
„War ja zu erwarten.“, seufzte ich.
George grinste. „Ich muss gleich in die Klinik. Wir sind also gerade noch rechtzeitig fertig geworden. Viel Glück bei der Versöhnung. Wird sicher nicht einfach.“
Ich schnitt eine Grimasse. „Das hab ich mir jetzt selbst eingebrockt. Und ich hab keinen blassen Schimmer, wie ich das wieder gut machen soll. Aber noch eine Nacht auf der Couch will ich nicht erleben.“
„In einem haben die Simas Recht: Mit Reden lassen sich eine Menge Probleme aus der Welt schaffen.“ Er schlug mir freundschaftlich auf die Schulter. „So, und jetzt muss ich dich rausschmeißen. Lass mich wissen, wie es ausgegangen ist.“



Amalia hörte sich meine Entschuldigung ruhig an und verzieh mir. Vielleicht stimmte sie Leslies nahender Geburtstag auch milde oder sie wollte ihren großen Tag nicht mit Streit zwischen den Eltern überschatten lassen. Ich kehrte erleichtert ins Ehebett zurück und wir waren an Leslies Geburtstag alle bester Laune. Unsere Erstgeborene kam jetzt schon in die Schule. Beatrix hatte ganz Recht: Sie wurden furchtbar schnell groß.



Unser Sohn Fabian feierte wenige Tage nach Leslie seinen ersten Geburtstag. Bei ihm gab es keine unangenehmen Überraschungen mit der Haarfarbe. Sie waren so braun wie meine und Leslies.

Nach Fabians Geburtstag suchte ich erneut George auf, um ihm von meinem Gespräch mit Amalia zu erzählen. Als ich ankam, herrschte gerade Trubel in seinem Haus. Eliana hatte Niclas zu Besuch und flirtete heftig mit ihm im Flur, wobei sie jedermann im Weg standen. Victor hatte ebenfalls einen Freund eingeladen und redete in einer anderen Ecke mit ihm. Ami war arbeiten. Olivia und Jill machten kichernd in der Küche Hausaufgaben. Sophia raste an mir vorbei, wie ich erfuhr auf dem Weg zu einem Date mit Samuel. George versuchte Herr der Lage zu werden.
„Ach Seth, gut, dass du vorbeikommst. Kannst du mir einen Gefallen tun?“
„Klar.“, antwortete ich überrumpelt. Bei uns Zuhause lief es schon chaotisch ab, aber das hier übertraf alles, was ich bisher kennengelernt hatte. Da wusste ich ja, was mir blühte, wenn meine drei Kinder Teenager waren. Andererseits waren es nur drei und keine fünf.
„Kannst du das hier bitte schnell ins Rathaus bringen. Es ist gleich Dienstschluss und ich komme hier gerade nicht weg.“ Er machte eine komische Geste über das Chaos und reichte mir eine Mappe. „Mary kann das bearbeiten.“
„Gut, ich beeile mich.“
Ich wollte mich schon abwenden, als George mir noch hinterherrief: „Mit Amalia ist alles in Ordnung?“
„Alles in Butter.“, antwortete ich und machte mich auf den Weg ins Rathaus.



Obwohl ich mich wirklich beeilte, kam ich erst kurz nach Dienstschluss an. Dienstschluss hörte sich so ernst an, bedachte man, dass dort drin nur zwei Sims arbeiteten: Javier und Mary. Dafür war es ein riesiges Gebäude. Wir hatten ja nicht einmal einen Bürgermeister. Wir waren verwaltungstechnisch dem Nachbarbezirk zugeordnet, bis unser Dorf groß genug war, dass wir einen eigenen Bürgermeister brauchten. Ich hoffte, dass Javier oder Mary noch da waren, also beeilte ich mich ins Gebäude zu kommen. Es dauerte eine Weile, bis ich Marys Zimmer fand. Als ich am Richtzimmer vorbeikam (ein völlig überflüssiger Raum in New Springfield) hörte ich aus eben diesem Zimmer merkwürdige Geräusche. Ich wollte sicher nicht lauschen, aber aus irgendwelchen Gründen hielt ich sofort in meinem Lauf inne. Die Stimmen kamen mir bekannt vor und die Geräusche waren mehr als eindeutig. Darin vergnügte sich gerade ein Paar. Ich machte, dass ich weiter kam. Marys Zimmertür war nur angelehnt, was wohl hieß, das sie noch da war. Ich klopfte an. Keine Reaktion. Ich spähte vorsichtig ins Büro. Niemand da. Ich probierte es auch noch bei Javier. Fehlanzeige. Eine Weile wartete ich und beschloss dann unverrichteter Dinge zu George zurückzukehren. Als ich am Richtzimmer vorbeikam, traten niemand Geringeres als die gesuchten Personen heraus. Javier und Mary.



Javier und Mary. Ich musste mich verhört haben, als ich eben am Richtzimmer vorbeigekommen war. Andererseits...nein, so konnte man sich gar nicht verhören. Es war eindeutig, was die beiden darin getan hatten, obwohl Javier mit Marys Schwester Sina verheiratet war. Ich schaffte es irgendwie, mir nichts von meinem Wissen anmerken zu lassen, bevor sie mich zum Stillschweigen überreden konnten, gab Mary die Mappe von George und verabschiedete mich hastig.

Ich war den ganzen Abend über verwirrt. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Sollte ich Sina gleich davon erzählen, oder jemanden vorher in Mitwissenschaft ziehen? Vielleicht war es Sina auch nicht recht, wenn gleich alle es wussten. Und wenn ich die falsche Person erwischte, dann wusste es bald wirklich jeder. Als Beatrix mir dann erzählte, dass Mary von einem unbekannten Simo schwanger war, hielt ich ein spöttisches Auflachen nur mühsam zurück. Mir war nur allzu klar, wer der Vater war. Marys Kind würde nicht nur Cousin oder Cousine von Sinas Kindern sein, sondern auch das Halbgeschwisterchen.



Ich war immer noch unschlüssig, als Mary mit Zwillingen niederkam. Jamie und Adriana. Schon bald würde man wohl den Vater erkennen, es sei denn Mary war mit unwahrscheinlichem Glück gesegnet. Schließlich erzählte ich der Person, der ich am meisten vertraute, davon: Amalia. Sie hörte sich die Geschichte geschockt an, bedachte mich mit einem seltsamen Blick und meinte nur, ich solle bloß nicht wieder mit falschen Anschuldigungen kommen. Was mich auf den Boden der Tatsachen brachte, nämlich, dass die Krise mit Amalia noch nicht überwunden hatte. Aber ihre Antwort beruhigte immerhin mein Gewissen. Vielleicht sollte ich mit meinen Anschuldigungen tatsächlich warten, bis es Beweise gab.

Wenige Tage später – ich machte gerade einen Spaziergang mit Talina und Alsta – wurde ich Augenzeuge, wie Hannes Mallory seiner Schwägerin Lucy einen Strauß Rosen schenkte. Diese schien darüber recht erfreut. Ich war mir nicht sicher, was ich davon halten sollte.



Mein Ziel war der örtliche Park, wo ich Elena mir ihrem kleinen Sohn Lonnie traf. Ich hatte sie lange nicht gesehen und so war ich überrascht zu sehen, dass Lonnie auch schon ein Kleinkind war. Wenn man es sich genau überlegte, war es eigentlich kein Wunder, denn er war älter als Talina.



Talina entwickelte sich zu meiner Überraschung zu einem ziemlichen Papakind. Wann immer ich das Haus verließ, um einen der Hunde auszuführen, um einen der Teiche aufzusuchen oder um aus irgendeinem anderen Grund durch Stadt oder Natur zu streifen, wollte sie mit und ich konnte es ihr nicht abschlagen. Zumal Amalia meinte, dass die Kleine unerträglich wurde, wenn ich nicht da war. Blieb nur zu hoffen, dass ich das irgendwann legte. Ich sah schon eine Flut von Beschwerdebriefen von Lehrern auf mich zukommen, weil meine Tochter wegen meiner Abwesenheit auf stur stellte. Und überhaupt: Wie sollte ich jemals wieder verreisen, wenn Talina ihrer Mutter währenddessen das Leben schwer machte?

Auf einem meiner Spaziergänge durch die Stadt mit Talina, traf ich Lucy, die mir freudestrahlend berichtete, dass sie und Bastian ein Kind erwarteten. Ich hoffte für die beiden nur, dass es tatsächlich Bastians Kind war, aber diese Befürchtungen behielt ich für mich. Auch wenn Lucy Marys Zwillingsschwester war, musste das nicht heißen, dass sie auch vom falschen Mann ein Kind bekam.



Lucy war nicht die Einzige, die schwanger war. Auch bei George und Ami kündigte sich Nachwuchs an. Zwar war Ami noch sehr jung, aber George wollte vermutlich nicht schon ein alter Greis sein, wenn seine Kinder mit Ami erwachsen wurden.



Und bald würde das Haus bei ihm schließlich deutlich leerer werden. Noch sah man seine fünf Teenager oft zusammen Hausaufgaben machen, aber schon bald würden sie einer nach dem anderen ausziehen.

Amis Schwangerschaft hielt sie nicht von ihren Experimenten im Chemielabor ab. Sie hatte sich auf dem Grundstück extra ein richtiges Labor eingerichtet. Jetzt musste sie ihre Experimente nicht mehr unter freiem Himmel durchführen.



Lucy und ihre Cousine Ami kamen fast gleichzeitig nieder. Erst bekam Lucy ihren Sohn Barry und wenige Stunden später hielt Ami ihren Sohn Shane in den Armen.



Barry war nicht der einzige Familienzuwachs im Hause Mallory. Hannes hatte nämlich ein kleines Kätzchen namens Minnie adoptiert. Er plante eine Katzenzucht zu eröffnen – sehr zum Missfallen seines Bruders, mit dem er sich seit geraumer Zeit schon nicht mehr so gut verstand.

Und schon stand bei George der nächste Geburtstag an. Jill wurde erwachsen. Es wurde wie üblich eine große Party mit vielen Gästen.



Jill zog noch am selben Abend aus. Zusammen mit ihrem langjährigen Freund Jamey Witt zog sie in das alte Haus von Sina und Javier. Doch vorher spielte sie noch ein letztes Mal mit ihrer Cousine Eliana und ihrer Halbschwester Sophia Konsole. Ich konnte diesen Spielen nicht viel abgewinnen. Vielleicht lag es daran, dass mein reales Leben abenteuerlich genug war, dass ich nicht auch noch virtuell Schätze jagen musste.



In diesen Tagen begegnete mir Florian, der mir erzählte, dass er mit seiner Karriere als Ermittler gut vorankäme. Zwar seien die Aufträge meistens eher klein und wirkliche Verbrecher dürfe er bisher nicht jagen, aber jeder fange eben klein an. Ich hörte mir das mit hochgezogener Augenbraue an. Wie ich aus sicherer Quelle wusste, hatte meine Tochter ihn gerade darum gebeten, herauszufinden, wer ihre Zahnbürste benutzt habe. In diesem Zusammenhang konnte man wohl kaum davon reden, dass seine Karriere steil bergauf ging, wenn er so etwas ernst nahm. Zumal außer ihr selbst, niemand Leslies Zahnbürste benutzte.



Nachdem Florian genau das bewiesen hatte, gab Amalia ihm aus Jux gleich den nächsten Auftrag, nämlich, wer ihren Gartenzwerg umgekickt habe. Unser Ermittler stürzte sich mit Begeisterung auf die Aufgabe und erklärte nach wenigen Tagen, es müsse eines der Wildpferde, die hier herumrannten, gewesen sein. Der Einzige, der von der von Florian tatsächlich als Ermittler profitierte, war Javier, der seinen Geldbeutel verloren hatte und nun seine heimliche Alimente an Mary nicht mehr bezahlen konnte. Zu unser aller Überraschung fand Florian heraus, dass Hannes ihn bei sich hatte. Angeblich gefunden und fest vorgenommen, ihn bei der Polizei abzuliefern.

Wenn Florian unterwegs war, um einer heißen Spur nachzugehen, fand man Abigail oft auf dem Stadtplatz Gitarre spielend vor. Sie verdiente sich damit den ein oder anderen Simoleon hinzu. Auch ich ließ Talina manchmal ein paar Münzen in die Gitarrentasche schmeißen.



Eines nachts bekamen Abigail und Florian einen ungebetenen Gast. Ein Einbrecher schlich sich in ihr kleines Häuschen und (dummerweise) direkt in ihr Schlafzimmer. Florian hatte schneller die Polizei alarmiert, als der Einbrecher kehrt machen konnte. Er kam auch nicht mehr weit. Kurz hinter dem Haus wurde er von der Polizei geschnappt und abgeführt.



Abigail machte daraufhin in ihrem Haus kein Auge mehr zu und bestand darauf, dass sie in einen Neubau umzogen, der eigentlich noch viel zu teuer für die beiden war.



Bald nach dem Umzug stellte sich bei den beiden das Familienglück ein. Abigail wurde schwanger. Beatrix freute sich natürlich riesig über ihr neues Enkelkind. Florian fühlte sich eigentlich noch zu jung, um Vater zu werden, aber nachdem ich ihm grinsend sagte, dass man sich dazu nie alt genug fühlte, schien es ihm besser zu gehen und er fing an sich auf sein Kind zu freuen.

Seine Freude war jedoch nur von kurzer Dauer. Eines späten Abends klingelte es an der Haustür und Florian stand draußen. Er wirkte verstört und ich vermutete schon, dass Abigail oder dem Baby etwas zugestoßen sei. Aber die Geschichte, die er zu erzählen hatte, war eine völlig andere.



Er hatte den Auftrag bekommen, Beweismaterial gegen Hannes Mallory zu sammeln. Von wem, wollte er nicht sagen, also hakte ich nicht weiter nach. Florian hatte also zuerst den Müll und die Post der Mallorys durchsucht und tatsächlich etwas Belastendes gefunden. Allerdings belastete es nicht nur Hannes, sondern auch Abigail. Er hatte Grund zu der Annahme, dass das Kind, das Abigail erwartete, nicht von ihm selbst, sondern von Hannes war.



Als sich sein Verdacht erhärtete stellte er seine Freundin zur Rede und sie gestand, dass sie in der Tat eine Äffäre mit Hannes hatte und nicht wisse, von wem das Kind sei.



Seitdem schlief Florian auf der Couch und mied Abigail. Er war verzweifelt und er wusste nicht, was er tun sollte. Er begriff ja nicht einmal, wie Abigail ihm das antun konnte. Noch weniger wusste er, wie er nun mit ihr umgehen sollte. Er wollte sie nicht verlieren, aber wie er mit dem Wissen um ihre Affäre weiterleben sollte, konnte er sich nicht vorstellen. Sollte er ein Kind aufziehen, das möglicherweise nicht von ihm war?

Noch bevor man viel von Abigails Babybauch sah, wurde erneut bei den beiden eingebrochen. Es war wieder derselbe Dieb und wieder versuchte er sich erfolglos ins Schlafzimmer zu schleichen. Da Florian nicht im Schlafzimmer, sondern unten auf der Couch schlief, stellte die Polizei den Dieb diesmal sogar direkt neben Abigails Bett. Dass ein Einbrecher zweimal bei denselben Leuten einbrach und dann noch im Schlafzimmer, war mehr als seltsam. Da stimmte jeder Florian zu und er stürzte sich förmlich in die Ermittlungen dazu und ging den zuständigen Polizisten damit furchtbar auf die Nerven. Ich vermutete, dass er etwas weniger versessen auf den Fall gewesen wäre, wenn es nicht so eine wunderbare Möglichkeit gewesen wäre, Tag und Nacht im Polizeirevier oder auf Erkundungen zuzubringen.



So bekam er auch nur zufällig mit, dass Abigail ihren ganz eigenen Verdacht bei der Sache hatte. Sie lud Hannes zu sich ein, um ihm erstens mitzuteilen, dass er wahrscheinlich Vater wurde und zweitens, um nachzuhaken, ob er bei den Einbrüchen seine Finger im Spiel hatte. Florian gab hinterher mir gegenüber zu, dass es ihn gewissermaßen gefreut habe, wie wenig sie ihrem Seitensprung vertraute und dass sie ihm zutraute, zwei Einbrüche in ihr Schlafzimmer angestiftet zu haben. Hannes' Reaktion war selbstverständlich wenig erfreut und er ging Abigail ziemlich heftig an.



Florian, der das ganze heimlich beobachtete, in dem er sich hinter der Treppe versteckte, tat daraufhin drei Dinge. Erstens, quasi als Sofortmaßnahme, verprügelte er Hannes ordentlich dafür, dass er seine schwangere Noch-Freundin so mies behandelte und drohte ihm mit einer polizeilichen Verfügung, die er mit Leichtigkeit erwirken konnte, sollte Hannes sich noch einmal seinem Grundstück nähern oder Verbrecher gegen sie aufhetzen. Zweitens beschloss er nun seinerseits Hannes sehr genau im Auge zu behalten und Abigails Verdacht nachzugehen.



Und drittens sprach er mit Abigail selbst. Zuerst befragte er sie zu ihrem Verdacht und worauf sie ihn stützte. Dann redete er mit ihr über seine Gefühle zu der gesamten Situation. Sie kamen in gegenseitigem Einvernehmen zu dem Schluss, sich zu trennen, aber dennoch zusammen in ihrem Haus zu wohnen. Florian wollte Abigail nicht schutzlos lassen und hatte außerdem keine Lust zurück zu seinen Eltern zu ziehen. Und Abigail war froh über seinen Schutz und seine Fürsorge.

Beatrix, die ausnahmsweise von der Sache später gehört hatte als ich, kam bald darauf zu Besuch, um sich gehörig über Abigail zu beschweren und wie sie es denn wagen konnte, ihren armen Sohn zu betrügen und dann noch dabei schwanger zu werden. Ich machte mir in Gedanken die Notiz, dass ich Florian darauf hinweisen wollte, dass er vielleicht auch seine eigene Mutter von seiner Exfreundin fernhalten sollte und lenkte das Gespräch, weil ich von dem Thema allmählich genug hatte, auf das erste Thema, das mir einfiel: Marys Zwillinge, Adriana und Jamie, die vor kurzem zu zwei schwarzhaarigen Kleinkindern geworden waren und den Vater kaum verleugnen konnten. Die Themenwahl war, wie ich selbst zugeben muss, nicht sehr glücklich, denn daraufhin jammerte Beatrix lang und breit vor sich hin, dass Mary ihr einfach nicht sagen wollte, von wem die beiden Kleinen waren. Schließlich müsse sie es doch langsam herausgefunden haben. Ich kam nicht umhin, zu bemerken, dass Beatrix im Alter immer mürrischer und jammernder wurde.



Nur mit Mühe verkniff ich mir die Bemerkung, dass sie doch selber Augen im Kopf habe, und sich daher überlegen könne, von wem die Zwillinge wohl waren. Ich wollte nicht derjenige sein, der Marys Geheimnis verriet. Allerdings fragte ich mich wirklich, wie lange es noch dauern würde, bis jemand entdeckte, wie ähnlich Valencia ihren Cousin-Halbgeschwistern sah.



Einen Tag nach Beatrix Besuch hatte Talina Geburtstag. Meine zweite Tochter kam nun zur Schule. Und George hatte völlig Recht: Sie sah mir wirklich sehr ähnlich. Man konnte es jeden Tag deutlicher sehen. Außerdem hatte sie genauso wie ich die Neigung, in der Nachbarschaft herumzustreifen. Vielleicht war es auch mehr eine Gewohnheit. Schließlich hatte ich sie als sie noch ein Kleinkind war, meistens mitgenommen.



Außerdem war auch Snoopy jetzt ein ausgewachsener Hund.

„Kaiser!“, rief ich vergnügt aus. Wir aßen gerade gemeinsam zu Abend und wie immer artete es in einem Wettrennen zwischen meinen Töchtern und mir aus, wer zu erst fertig war. Amalia fand es unappetitlich, wie wir das Essen herunterschlangen, aber wir hatten unseren Spaß.
„Och Menno, immer gewinnt Papa.“, maulte Leslie, die ich knapp geschlagen hatte.
„Er hat auch die größte Klappe.“, sagte Amalia mit einem fiesen Grinsen auf dem Gesicht.
„Vielleicht schmeckt es mir einfach auch nur so gut.“, gab ich zurück. Und küsste sie auf die Wange. „Du kochst immer so gut.“
„Warum kochst du nie, Papa?“, wollte Talina wissen.
„Weil deine Mama das viel besser kann als ich. Müsste ich Kochen gäbe es jeden Tag nur Carbonara.“ Ich tätschelte meinen vollen Bauch. Ich sah, dass die Teller meiner Töchter leer waren und zeigte nacheinander auf und Leslie und Talina. „Bauer, Bettler. Und jetzt ab ins Bett mit euch! Morgen ist Schule.“
„Oh, bitte, bitte, dürfen wir noch etwas aufbleiben?“, bettelten die beiden sofort, aber davon wollte ich nichts hören. Ich wollte heute Abend endlich mal wieder meine Zeit mit Amalia genießen. „Keine Widerrede. Zähne putzen, Schlafanzug an und dann Marsch ins Bett. Es ist schon dunkel.“
Maulend begaben sich meine Töchter in den ersten Stock, wo ihre Zimmer lagen. Wahrscheinlich würden sie sich extra viel Zeit mit allem lassen.
„Wollen wir nachher noch zum Strand hinuntergehen?“, wandte ich mich an meine Frau.
Sie zögerte. Man konnte ihr ansehen, dass sie wohl Lust hatte, aber mit sich haderte. „Wir können die drei doch nicht allein lassen.“, sagte sie schließlich.
„Ach was, die Mädchen sind doch schon so groß und Fabian schläft doch mittlerweile auch durch.“
„Und was, wenn er es ausgerechnet heute Nacht nicht tut? Oder wenn die Mädchen Angst bekommen?“
„Wir haben zwei große Hunde, Schatz. Wenn sie wirklich Angst bekommen sollten, werden sie wie üblich mit den Hunden kuscheln und das Problem ist erledigt. Bitte Amalia, nur zwei Stunden.“
Sie atmete tief durch. „Na gut. Zwei Stunden. Hoffentlich passiert ihnen nichts.“
„Danke.“ Ich küsste sie. „Ich sag den Mädchen gute Nacht.“



An Fabians Geburtstag hing Amalia überwiegend über der Kloschüssel. Sie war wieder schwanger. Sie schaffte es geradesoeben dabei zu sein, als ich für Fabian die Kerzen auf dem Kuchen ausblies, aber als sie ein Stück davon probieren wollte, stürzte sie sofort wieder ins Bad.
„Was hat Mama denn? Ist sie krank?“, fragte Talina verwundert.
„Nein, ihr ist nur etwas unwohl.“, antwortete ich ausweichend. Wir wollten es den Kindern aber erst sagen, wenn man den Bauch schon sah.



Bald darauf feierte auch ich Geburtstag. Fast die ganze Nachbarschaft kam vorbei, um mich zu beglückwünschen. Was es daran zu beglückwünschen gab, dass ich nicht mehr jung war, konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Ich hatte lange verdrängt, dass auch ich irgendwann älter wurde. Sicher, mit 40 Jahren kann man nicht gerade von hohem Alter sprechen, aber so jung und kräftig wie vor knapp 20 Jahren, als ich nach Springfield's Stone gezogen war, war ich eben auch nicht mehr. Wahrscheinlich war ich bald auch zu alt, um in Grüften nach Abenteuern zu suchen. Ich musste unbedingt bald mal wieder verreisen. Aber zuerst musste Amalia noch ihr Kind zur Welt bringen.



Während der Schwangerschaft wollte ich Amalia nicht alleine lassen. Ich hatte mit ihr besprochen, dass ich, sobald sich nach der Geburt alles wieder normalisiert hatte, nach China reisen würde. Aber bis dahin waren es noch einige Monate, in denen ein Ereignis das nächste jagte. Abigail brachte eine Tochter namens Muriel zur Welt. Eliana Mumbay schloss die Schule ab, als ihr Halbbruder Shane gerade ein Kleinkind war. Und Hannes zahlte die Alimente an Abigail nicht. Keine weltbewegenden Ereignisse, aber die steigende Häufigkeit bewies mir, dass unser Ort wuchs und wuchs. Amalia bekam schließlich Wehen, als ich gerade dabei war, das Gemüse zu verkaufen. Ich schloss das Geschäft hastig ab und eilte ins Krankenhaus. Einige Stunden später hielten wir zwei Babys im Arm. Amalia hatte Zwillingen das Leben geschenkt. Es waren ein Junge und ein Mädchen, die wir Tyler und Anabel nannten.

„Alles bereit?“, fragte Amalia. Sie lehnte müde an der Küchenzeile, eine Tasse Kaffee in der Hand. Die letzten Wochen hatten uns beide in Atem gehalten. Zwillinge waren so anstrengend. Ich schob meine Reise immer und immer wieder auf, doch schließlich hatte mit meine Frau von sich aus vorgeschlagen, dass ich besser jetzt aufbrach, bevor ich es nie tat. Sehr glücklich war sie damit freilich nicht. Ehrlich gesagt graute ihr vor den Tagen, in denen sie sich ganz alleine um fünf Kinder kümmern musste. Um die Sache zu erleichtern hatte ich mit Beatrix, Sina, Elena und George Arrangements getroffen, dass unsere drei Ältesten nach der Schule zu ihnen gehen konnte, um dort mit ihren Freunden zu spielen und Amalia etwas zu entlasten. Die Hauptlast waren sicher die Zwillinge, aber es war sicher entspannender, wenn nicht auch noch drei ausgelassene Schulkinder um meine Frau herumturnten, während sie unsere Jüngsten versorgte.
„Bist du sicher, dass ich dich jetzt allein lassen kann? Du siehts müde aus.“, sagte ich statt einer Antwort.
Sie machte eine lässige Handbewegung. „Ich bin nur ein bisschen müde. Aber da die Zwillinge schlafen, werde ich mich auch gleich aufs Ohr hauen, sobald du weg bist. Also sieh zu, dass du davon kommst.“ Sie lächelte müde und kam auf mich zu, um mir einen Abschiedskuss zu geben. In diesem Moment gab die Spülmaschine ein beängstigendes Geräusch von sich und das Wasser lief aus.



Sie zog eine Grimasse. „Das hat gerade noch gefehlt.“, murmelte sie. „Als ob ich Zeit hätte, den Abwasch von Hand zu erledigen.“
ich seufzte. „Keine Sorge, Schatz. Ich repariere das noch eben, bevor ich gehe und du legst dich schlafen.“
„Aber dein Flugzeug...“
„Ich habe noch reichlich Zeit und noch nie ein Flugzeug verpasst. Ich schaff das schon. Leg dich ruhig hin. Du brauchst deinen Schlaf.“