Sims 2 & 3 Familiendynamik-Challenge
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Little Lewiston

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Little Lewiston - Seite 2 Empty Re: Little Lewiston

Beitrag  mixit So Feb 07, 2010 2:00 pm

Familie Perkins

Amanda

Colin Parrish war sechs lange Jahre in einer Mine gefangen, als Kind abgeschoben und verschwiegen, weil er in den Augen der Stadt ein nicht tragbares Problem darstellte. Mit seinem Aussehen stieß er bei den Leuten auf Abneigung und wurde verstoßen und in eine Mine gesperrt, nachdem sein Vater verstarb. Dass er dort verhungern würde war den Leuten bewusst, ja es war sogar erwünscht. Seine Mutter litt ebenfalls an Albinismus, eine seltene Genmutation, wie Sam mir erklärte. Doch die Mutter verstarb bei der Geburt ihres Sohnes und so lernte Colin sie nie kennen. Dass er irgendwann in das Fadenkreuz der Mächtigen in Little gelangen würde war Colin´s Vater klar, doch er beschützte seinen Sohn wie ein Löwe. Max Parrish war der beste Freund meines Vaters gewesen und er vertraute ihm seinen Sohn an. Dad erzählte uns, dass Max ihn auf dem Sterbebett darum gebeten hat auf Colin aufzupassen, falls er selber nicht mehr sein sollte. Dies trat kurz nach jenem Gespräch ein. Der Tod von Parrish Senior sollte aber auch das Ende von Colin sein, denn am nächsten Tag verschwand Colin spurlos. Dad hatte eine Ahnung, wer dahinter stecken könnte und tatsächlich, er folgte einem seiner Verdächtigen und sah mit eigenen Augen, wie Colin in die Mine gebracht und von der Außenwelt abgeschnitten wurde. Hätte er den Jungen sofort wieder befreit, wäre er selber wohl auch den Verantwortlichen zum Opfer gefallen, es wurde täglich nach dem Jungen gesehen, es wurde darauf gewartet, dass er endlich starb. Dad kam ebenfalls fast täglich und brachte dem Jungen Essen, an einem Abend sagte er: „Stell dich tot, Colin, dann kommen sie nicht mehr.“ Und das tat Colin dann. Seitdem blieben die Geier, wie dad sie nennt, weg und dad versorgte Colin regelmäßig mit Essen, Kleidung und Büchern. Leider hörte Colin irgendwann auf zu Sprechen, er war ein gebrochener Mensch, ein gebrochener einsamer Junge, der nichts mehr hatte, als einen alten Mann, der ihn am Leben erhielt.
Diese unglaubliche Geschichte erzählte uns dad an jenem Abend, an dem ich mit ihm den Jungen, mittlerweile eher ein junger Mann, aus seinem Gefängnis befreit hatte. Ich bin immer noch zutiefst erschüttert über die Erkenntnis, dass Menschen zu solch grauenvollen und unmenschlichen Taten in der Lage sind und einem Jungen, der aufgrund einer Erbkrankheit anders aussieht, buchstäblich das Leben rauben. „Man wollte verhindern, dass er Nachkommen zeugt.“ Hatte dad wütend erklärt. Nun ist Colin frei und wir werden schon dafür sorgen, dass ihm nichts passiert, mein Mutterinstinkt ist geweckt worden. Colin redet zwar kein Wort mit uns, aber er versteht uns einwandfrei, da bin ich mir sicher und vielleicht wird er irgendwann so viel Vertrauen zu uns aufgebaut haben und mit uns reden. Heute Morgen habe ich ihn gefragt, ob er gut geschlafen hat, immerhin hat er genickt und die neuen Sachen, die ich ihm aus der Stadt besorgt habe stehen ihm ganz gut.

[img]Little Lewiston - Seite 2 Amanda10[/img]

Am nächsten Morgen, sehr sehr früh am Morgen, wache ich auf, weil ich jemanden rufen höre, verschlafen, wie ich noch bin setze ich mich aufrecht hin und versuche zu verstehen, was da unten vor sich geht.
„Amanda, komm schnell…“ Eine gewisse Aufregung in der Stimme meines Vaters lässt mich wach werden und ich laufe die Treppe runter, mit der Befürchtung etwas Schlimmes sei passiert. „Was ist denn los, ist was passiert?“
„Komm schnell, draußen steht ein Zelt in unserem Garten.“ ruft dad mir zu und rennt bereits aus dem Haus. Ein Zelt? Was zum Teufel redet er denn da? Ich eile ihm hinterher und tatsächlich…in unserem überwucherten Garten steht ein senfgelbes Zelt in der morgendlichen, fast noch nächtlichen Dunkelheit. Was soll das denn? Colin, der notdürftig in der Abstellkammer über dem Waschhäuschen untergebracht ist, kommt die morsche Treppe herunter und schaut verwirrt auf das aufgestellte Gebilde.
„Colin, geh sofort wieder nach oben und bleib dort, wir wissen nicht, wer da drin ist.“ flüstert dad ihm zu und Colin verschwindet wieder lautlos in dem kleinen Zimmer. Dad überlegt einige Minuten, beschließt dann aber abzuwarten, bis sich der ungebetene Gast von selber zeigt und schiebt mich wieder mit ins Haus. Also langsam glaube ich, ich bin hier in einem schlechten Abenteuerfilm gelandet. Seit ich hier wohne passiert ein Spektakel nach dem anderen, das ist ja schlimmer als auf meinen zahlreichen Abenteuerreisen. Mittlerweile ist auch Sam aufgewacht und steht, sich die Augen reibend, in der Küche und gähnt. „Was ist denn draußen los?“
„Wir haben wohl einen weiteren Gast.“ entgegnet dad und seufzt ratlos.

[img]Little Lewiston - Seite 2 Amanda11[/img]
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Beitrag  mixit So Feb 07, 2010 3:17 pm

Little Lewiston - Seite 2 Lucky10

Lucky

Um kurz nach sechs, als die Sonne langsam aufgeht, höre ich draußen das reißenden Geräusch eines sich öffnenden Reißverschlusses. Ich springe auf und trete dann aber doch vorsichtig aus der Tür und auf die Stelle zu, an der ich heute Früh eine höchst überraschende Entdeckung gemacht habe. Das Zelt steht immer noch dort, wie könnte es auch anders sein, doch vor dem Zelt steht nun eine junge Frau mit schwarzen Haaren und alten Farmerhosen.
„Sagen Sie mal junge Dame, was machen Sie denn hier in meinem Garten?“ frage ich sie eher neugierig als empört. Die Frau schaut mich unsicher an und lächelt verlegen. „Oh, entschuldigen Sie Sir, aber ich wusste nicht wohin ich gehen soll, ich habe kein Zuhause und ich war schrecklich müde, deshalb habe ich hier mein Zelt aufgeschlagen.“
„Ja aber mein Garten ist doch kein Campingplatz, außerdem hätte in diesem Haus auch ein gefährlicher Mensch wohnen können.“ entgegne ich nun doch ein wenig empört und füge etwas sanfter hinzu: „Na, Sie sind ja ganz schön leichtsinnig, so ganz alleine in dieser abgelegenen Gegend zu zelten. Nun kommen Sie erst einmal herein.“
Ich weiß nicht, warum sich bei mir immer dieses lästige Helfersyndrom aktiviert, wenn ich einem schutzlosen Wesen über den Weg laufe…oder es mir über den Weg läuft und sich in meinem Garten breit macht. Aber die junge Frau tut mir leid und sie scheint obdachlos zu sein.
Amanda fährt erschrocken hoch, als ich die Frau mit ins Haus bringe. „Ja, aber…“
„Sie hat kein Zuhause, Amanda.“ erkläre ich ihr und achte nicht weiter auf ihren leicht verstimmten Gesichtsausdruck.
„Wie heißen Sie überhaupt?“ frage ich stattdessen die junge Frau.
„Motton, Julia Motton.“
Das ist doch schon mal was. Im Laufe des Vormittags erfahre ich noch, dass Julia aus der benachbarten Stadt kommt und dort ihr kleines Häuschen abgebrannt ist, nun hat sie nichts, außer ein altes Zelt und ein paar Münzen in ihrer Tasche. Deshalb gestatte ich ihr, vorerst bei uns zu bleiben, was bei Amanda und Sam, vor allem aber bei Amanda auf wenig Begeisterung stößt.
„Du kannst Colin nicht die ganze Zeit dort oben in diesem Abstellraum sitzen lassen, grandpa!“ meint Sam leise, als wir einen Moment ungestört sind und Amanda fügt sauer hinzu: „Du kannst nicht jeden hier aufnehmen, der dir zufällig über den Weg läuft, du hast selber nicht viel, dad, außerdem kennen wir diese Frau gar nicht.“
„Amanda, es ist doch erst einmal für ein paar Tage, währenddessen werde ich mir was überlegen, versprochen.“
Meine Tochter schüttelt verständnislos den Kopf. „Und was machen wir mit Colin? Sam hat Recht, er kann nicht die ganze Zeit da oben hocken, nur weil irgendeine Frau meint, sie müsste ihr Zelt hier aufschlagen.“
Anscheinend sind die beiden sehr misstrauisch was Julia angeht, aber ich kann sie doch jetzt nicht einfach rausschmeißen. Es ist mein Haus und ich möchte, dass sie vorerst hier bleibt, Schluss und aus! Die nächsten Tage ist Julia eh die meiste Zeit unterwegs und bringt sogar frische Äpfel und Weintrauben mit, die sie irgendwo gepflückt hat. Deshalb muss Colin nicht die ganze Zeit in seinem Zimmer bleiben, damit er nicht von Julia gesehen wird. Aber hier bleiben kann sie wirklich nicht, das wäre zu riskant.
Am Donnerstag gehe ich erneut auf die Suche nach Edelsteinen und werde auch prompt fündig, ein wirklich guter Fund!

[img]Little Lewiston - Seite 2 Lucky_10[/img]

In den letzten Jahren habe ich auch immer wieder äußerst wertvolle Steine gefunden, nicht oft, aber ein paar sind in den letzten zehn Jahren schon zusammengekommen. Die meisten Steine, die ich finde haben zwar einen guten Marktwert, sind aber recht weit verbreitet. Ich als Edelsteinkenner weiß die genauen Stellen, an denen gute Edelsteine zu finden sind. Meine Sammlung ist bestimmt schon einige Tausend Dollar wert, Geld, dass ich gut aufbewahre, für Sam oder vielleicht für meine späteren Ur-Enkel, wer weiß? Wenn es so weit ist, werden sie´s schon herausfinden.
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Beitrag  mixit So Feb 07, 2010 5:15 pm

Sam

Also diese Julia finde ich irgendwie merkwürdig…ich glaube, ich mag sie nicht! Gestern Abend meinte sie, sie wäre eine begeisterte Edelsteinsammlerin und hätte gehört, dass grandpa sich damit sehr gut auskennen würde. „Mag sein.“ habe ich ihr kurz geantwortet, weil ich komischerweise ein schlechtes Gefühl hatte bei ihr und absolut nicht das Bedürfnis verspürte ein Gespräch mit ihr anzufangen. Normalerweise reagiere ich nicht gleich so unfreundlich, aber bei ihr kam das ganz automatisch, weshalb ich mich schnell verabschiedete und mich auf den Weg zur Arbeit machte. Ich habe glücklicherweise eine Stelle im Wissenschafts-Institut von Little bekommen und es ist super dort. Es ist so interessant und lehrreich und mit den Leuten kann man super über Evolution und die Welt diskutieren, absolut mein Ding! Grandpa fand das auch gut, er hat früher selber dort gearbeitet.
Heute habe ich aber frei und zum Glück ist Julia mal wieder unterwegs, wer weiß, was die so macht gerade?! Dafür sitzt aber Colin am Küchentisch und blickt mit seinen ungewöhnlichen roten Augen stumm umher. Er redet zwar nicht viel – na ja, eigentlich gar nicht, aber er ist schon in Ordnung, glaube ich. Ich kann Menschen gut einschätzen und mich eigentlich immer auf meinen ersten Eindruck verlassen, deshalb finde ich es gut, dass er hier ist, auch wenn ich keine tiefgründigen Gespräche mit ihm führen kann, aber ich habe ein gutes Gefühl bei ihm. „Wir haben gestern eine neue Substanz hergestellt,“ erzähle ich ihm, keine Ahnung wieso, aber ich tu´s, „einer von uns sollte dieses Gemisch trinken und ich habe mich dazu bereit erklärt, weißt du was dann passiert ist?“ Colin schüttelt den Kopf. „Mir ging´s auf einmal total gut, ich habe mich so stark gefühlt, wie nie, das war irre…“ ich seufze, „aber frag mich nicht, warum ich dir das erzähle…ach so, es wäre schön, wenn meine Mutter nichts davon erfährt, ich glaube sie wäre nicht so begeistert, wenn sie wüsste, dass ich mich als Versuchskaninchen opfere.“
„Ich sag ihr nichts, versprochen.“
Ich schaue ihn total verdutzt an, zumindest muss es für ihn so ausgesehen haben. Hat er gerade mit mir geredet? Vielleicht hat diese Substanz auch einfach halluzinäre Nebenwirkungen (sagt man das so? Keine Ahnung, ist auch egal).
„Du hast doch gerade mit mir geredet oder?“
„Ja, habe ich.“
Sehr gut, also habe ich keine Halluzinationen, da bin ich aber erleichtert.
„Also vertraust mir?“ frage ich ihn vorsichtig. Colin lächelt schüchtern und schaut auf seine blasse Hand. „Ich glaube, du bist ganz in Ordnung.“
Ich lächle erleichtert.
„Du auch, Colin.“

Little Lewiston - Seite 2 Sam10

Grandpa und mum erzähle ich nichts von meiner kleinen Unterhaltung mit Colin, ich glaube, wenn er so weit ist, wird er auch mit den beiden reden. Man soll niemanden zu etwas drängen. Am Nachmittag, als Colin wieder in der Abstellkammer ist (das hört sich echt komisch an, merke ich gerade!), kommt Julia zurück von ihrer…Tour oder was auch immer sie macht, und teilt uns mit, dass sie einen Platz gefunden hat auf dem sie zukünftig ihr Zelt aufschlagen will. Irgendwie habe ich aber das Gefühl, als hoffe sie darauf, dass wir sie davon abhalten. Und es könnte auch funktionieren, denn Grandpa findet ihre Idee nicht sehr gut, wenn man nach seinem Gesichtsurteil gehen würde, aber ehe er etwas sagen kann funke ich dazwischen. „Mensch, das ist doch eine tolle Idee, ist auch wirklich ein bisschen klein hier im Garten und so, na dann wünsch ich dir viel Glück, Julia.“
„Aber falls du nicht doch hier…“ setzt grandpa an.
„Ach grandpa, nun setz sie nicht so unter Druck, wenn sie gehen möchte, dann lass sie.“ werfe ich ein und lächle Julia an. Sie lächelt auch, aber irgendwie ist da noch was anderes in ihren Augen – ist sie verärgert? Ja, genau das ist es, sie lächelt, aber ihre Augen drücken Verärgerung aus. Mir ist das jedoch egal, Hauptsache sie geht.
Und das tut sie dann auch. Grandpa sagt zwar, sie könne uns jederzeit besuchen kommen, aber wenigstens kann Colin sich jetzt wieder ungehindert in unserem Haus bewegen.
Freitag Abend zeige ich Colin grandpas alte Angelrute, die er mal als Kind gebaut hat und noch immer in einem Schrank aufbewahrt. Zusammen gehen wir nach draußen zum Teich und probieren sie aus. Aber irgendwie wollen die Fische nicht anbeißen oder es sind gar keine Fische mehr im Wasser. Wie auch immer, ein wenig enttäuscht bin ich schon, doch Colin macht die ganze Sache nichts aus.
Statt Fische zu angeln sitzen wir im Dunkeln auf dem Rasen und Colin beginnt mir aus seiner Kindheit zu erzählen. Er erzählt mir, dass sein Vater ein toller Mann gewesen war, das glaube ich ihm auch voll und ganz, schließlich war er grandpas bester Freund gewesen. Dann erzählt mir Colin von den Anfeindungen denen er sich aussetzen musste, weil er an einer seltenen Genkrankheit leidet. Er tut mir ganz aufrichtig leid, aber ich bewundere ihn auch für seine Stärke, denn die muss er haben, sonst hätte er die letzten Jahre nicht durchstehen können. Als wir wieder ins Haus zurückgehen wollen überkommt mich ein seltsames Gefühl, ich spüre ein Kribbeln in meinem Bauch und dann passiert es einfach. Ich küsse Colin auf den Mund, ganz kurz, aber lange genug, um festzustellen, dass es sich toll anfühlt.

Little Lewiston - Seite 2 Sam_110
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Beitrag  mixit Di Feb 09, 2010 3:45 pm

Colin

Ich trete hastig einen Schritt zurück. Sam schaut mich erst überrascht, dann traurig an. Darauf war ich nicht vorbereitet gewesen, absolut nicht. Sam ist super, eine wirkliche tolle Frau, aber ich glaube ich bin noch nicht dazu im Stande mit irgendeiner Frau eine innigere Beziehung einzugehen. Ich bin gerade erst aus meinem Gefängnis befreit worden, ich muss mich an die Welt außerhalb der steinernen Mauern erst noch gewöhnen, bevor ich ein normales Leben auf ihr beginnen kann. „Ich bin müde.“ sage ich, noch ganz überfordert mit dieser Situation und gehe zurück in mein kleines Zimmer. Es tut mir leid, wenn ich Sam verletzt haben sollte, weil sie das überhaupt nicht verdient hat verletzt zu werden, aber was soll ich machen? Ich bin noch nicht so weit. Die folgende Nacht wird eine unruhige Nacht, ich träume von vielen Dingen, von der Vergangenheit, der Gegenwart und ich träume sogar von der Zukunft, aber ausgeschlafen bin ich am nächsten Morgen nicht. Ich habe Kopfschmerzen, Gedanken kreisen wirr in meinem Kopf herum und ich habe Mühe sie zu ordnen. Draußen wird es allmählich hell, das heißt, ich muss vorsichtig sein, damit ich nicht von Fremden gesehen werde, aber wie lange soll ich dieses Versteckspiel spielen? Das wäre auf die Dauer nicht besser als die Mine, bis auf den spärlichen Kontakt mit den Perkins´, ein Gefängnis könnte dies auch werden. Natürlich macht sich Lucky Sorgen um mich, ich werde ihm ewig dafür dankbar sein, dass er mich am Leben erhielt, aber ich muss irgendwann anfangen ein richtiges Leben zu führen ohne mich zu verstecken. Vielleicht sollte ich in eine andere Stadt ziehen, das wäre wahrscheinlich das Beste und vor allem das Sicherste für mich und mein Leben. Abhauen, bevor irgendeiner von den Geiern, wie Lucky sie nennt, meine Existenz mitbekommt.
Ich habe mich gerade angezogen, da klopft es an der Tür. „Ich bin´s,...darf ich rein kommen?“
„Klar.“
„Guten Morgen, Colin.“ Sam schaut sich unsicher im Raum um und eine ganze Weile, ich schätze mindestens eine Minute, stehen wir schweigend voreinander und vermeiden es uns ins Gesicht zu schauen. Aber dann ergreift Sam doch das Wort und wirkt dabei äußerst nervös.
„Gestern Abend, Colin…also das tut mir leid, ich war…ich hatte…man es war doch schön oder nicht?" fragt sie mich, schaut dann aber doch wieder nach unten auf den Holzboden. „Aber wenn es für dich zu schnell geht, wenn ich dich überrumpelt habe, dann tut es mir wirklich leid.“ fügt sie leiser hinzu und seufzt schwer.

[img]Little Lewiston - Seite 2 Screen39[/img]

Sie ist echt schön, fällt mir gerade auf, ihre blauen Augen sind strahlend schön, nicht so erschreckend, wie meine Roten. „Laserauge“ haben mich die Kinder früher genannt und sind schreiend vor mir weggelaufen, weil ich sie angeblich mit meinen roten "Laseraugen" umbringen würde. Freunde hatte ich nie gehabt, für den Begriff „Freunde“ hatte ich keine Verwendung, weil ich die Bedeutung nicht kannte. Später zählte ich Lucky zu meinem Freund, ich dachte, er sei es Wert als Freund bezeichnet zu werden und er war es auch wert. Nun steht eine hübsche, liebenswürdige Frau vor mir und mein Herz sagt mir, auch sie ist es wert als meine Freundin bezeichnet zu werden. Nur mein Kopf kann das nicht.
„Gib mir Zeit, Sam.“ entgegne ich ihr daher ruhig und sie nimmt es hin und verlässt mein kleines, bescheidenes Zimmer wieder, was mir die Ruhe und die Zeit gibt über alles nachzudenken.
Am Abend, die Zeit, in der ich auch außerhalb des Grundstücks nach draußen gehen kann, gehe ich nach unten ins Haus, aber Sam ist nicht dort, auch in der oberen Etage finde ich sie nicht, also gehe ich wieder runter und frage Amanda. „Amanda, wo ist Sam?“
Genau wie Sam am Mittwoch, als ich das erste Mal mit ihr gesprochen hatte, schaut mich auch ihre Mutter an, perplex und überrascht. „Amanda, wo ist Sam?“ frage ich nochmals mit etwas mehr Nachdruck und siehe da – es hilft. „Äh…runter zum Fluss.“
„Danke.“ Als ich mich umdrehe und das Haus verlasse spüre ich immer noch den überraschten Blick von Amanda in meinem Rücken, als ob sie noch nie einen Menschen sprechen gehört hätte. Der Fluss fließt nur wenige Meter hinter dem Haus entlang und so finde ich Sam auch problemlos dort auf. Ich verharre kurz, doch dann gehe ich weiter auf sie zu und bleibe nur wenige Zentimeter hinter ihr stehen. „Ich habe nachgedacht.“
Erschrocken dreht sie sich zu mir um, ist aber erleichtert, als sie bloß mich entdeckt, ich hätte schließlich auch irgendein Psychopath sein können oder so, man weiß ja nie. Ich konzentriere mich aber wieder auf das, was ich ihr sagen wollte und kratze mich etwas unbeholfen am Hinterkopf. Wie kann ich es ihr am besten sagen? Vielleicht sollte ich nicht mehr so viel grübeln sondern einfach den Mund aufmachen.
„Also es ist so, ich…ich denke es ist das Beste, wenn ich von hier weg gehe, damit meine ich in eine andere Stadt zu ziehen oder so. Und bevor du versuchst es mir auszureden – das wirst du nicht schaffen, denn mein Entschluss steht fest.“ Ihr entsetztes Gesicht gibt mir beinahe den Rest, in diesem Moment realisiere ich, dass ich sie mehr mag, als ich eigentlich wollte und mehr, als ich mir eingestehen wollte, aber das ist jetzt nicht mehr relevant. „Hör mal, Sam, du weißt doch genauso gut wie ich, dass die mich hier fertig machen, wenn ich hier bleibe. Die Alternative wäre – ich sitze weiterhin in dem kleinen Abstellraum und führe ein Nachtleben. Wünschst du dir das für mich, Sam? Ich tu´s jedenfalls nicht, ich kann mich doch nicht ewig verstecken und ich hoffe du siehst ein, dass ich Recht habe.“
Sam sieht es ein. Sie weiß, das ich die Wahrheit ausgesprochen habe, auch wenn es ihr weh tut…und mir auch, aber es ist besser so. Tränen laufen ihr über´s Gesicht, aber sie bleibt stumm. Ich nehme sie fest in meine Arme und streiche ihr über die Haare, vielleicht vergeht auch dieser Schmerz irgendwann.

Little Lewiston - Seite 2 Screen40
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Beitrag  mixit So Feb 14, 2010 9:57 am

Familie Jones

Sophie

Ob er das irgendwann bereut? Ich meine, er ist immer noch ihr Sohn und ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass sie ihn hassen, nur weil er nicht den Weg eingeschlagen hat, den sie sich für ihn gewünscht haben. Dass er seinen Familiennamen abgelegt und meinen Nachnamen angenommen hat wird seine Eltern bestimmt verletzen, schließlich hat er diesen Schritt gewagt, um sich von ihnen zu lösen, aber so einfach kann man sich nicht von seiner eigenen Familie trennen, sie steckt in einem drin. Nur weil Ben jetzt Jones heißt, muss das ja nicht bedeuten, dass er sich nicht doch irgendwann wieder mit seinen Eltern versöhnt, besonders jetzt, wo sie Großeltern geworden sind und Ben zudem auch noch Bruder. Die beiden Kleinsten würden unter den Familienstreitigkeiten mehr leiden als wir Erwachsenen. Ich möchte, dass Cody beide Großeltern kennt und nicht nur die eine Hälfte, deshalb werde ich meine Überredungskünste bei Ben noch mal zum Einsatz bringen, schließlich besitze ich die Waffen einer Frau, es sollte also keine allzu schwere Aufgabe für mich sein.
Gerade schreit mein kleiner Fratz, Zeit für die nachmittägliche Milch. Was die Essenszeiten angeht, da ist Cody nicht besonders nachsichtig und geduldig schon gar nicht. Doch kaum hat er ausgetrunken, ist er wieder glücklich und zufrieden, lächelt mich an und streckt mir seine kleinen Ärmchen entgegen.
„Na komm her zu Mama…“ und schon hab ich ihn auf dem Arm und spüre die angenehme Wärme, die von ihm ausgeht. Er ist ein kleiner Schatz, so aufgeweckt und lebendig, man muss ihn einfach lieb haben. Meine Eltern sind hin und weg von ihrem ersten Enkelkind und lassen sich ohne weiteres von ihm um den Finger wickeln.
„Mensch, der kleine Wurm sieht aus, wie du.“ hatte meine Mutter erst gestern gesagt, als Cody zum Kleinkind herangewachsen war und sie hat Recht. Cody besitzt die gleichen caramelfarbenen Haare und die gleichen dunkelgrünen Augen wie ich – quasi eine kleine, männliche Kopie von mir.

[img]Little Lewiston - Seite 2 Screen41[/img]

Ben ist total vernarrt in ihn, ich glaube, er würde sich sogar auf den Kopf stellen und Volkslieder singen, wenn Cody das glücklich machen würde, aber zum Glück ist Cody ein recht unkompliziertes Kind, wenn man mal von seinem ungeduldigen Geschreie absieht, das täglich zur Essenzeit eintritt.
Was wir aber jetzt schon erkennen können ist eine gewisse musikalische Ader, die ganz eindeutig von Ben stammen muss, denn ich kann nicht mal einen winzigen geraden Ton herausbekommen. Cody klimpert am liebsten auf seinem bunten Xylophon, dass Ben und ich ihm gestern zum Geburtstag geschenkt haben und es hört sich von Minute zu Minute besser an, so weit man das bei einem Kleinkind schon beurteilen kann.
Ich bin gespannt, ob er irgendwann auch gewisse Wesenszüge von mir entwickelt, wo er doch schon genau wie ich aussieht.
Der rockige Gitarrensound, der seit ungefähr zwei Stunden vor unserem Haus ertönt verklingt abrupt. „Schatz, ich fahre zur Arbeit.“ ruft Ben mir von draußen zu und ich höre Autotüren zuschlagen. Weg ist er. Ben ist ein echt guter Spieler und wenn er mal wieder draußen probt, höre ich gerne zu, Cody ebenso. Sobald er seinen Vater spielen hört, seit gestern bereits vier Mal, lässt er alles stehen und liegen, hebt sein Köpfchen ruckartig nach oben, lauscht einige Sekunden und brabbelt dann ganz überrascht: „Da, lala.“ Beim ersten Mal musste ich laut loslachen und das musste sogar die laute E-Gitarre übertönt haben, denn sonst hätte Ben nicht von draußen besorgt gefragt: „Alles in Ordnung, Sophie?“
Ich übe gerade das Laufen mit Cody, als mein Handy klingelt.
„Spiel ein bisschen, Cody-Maus.“
Am anderen Ende ist Sam und klingt nicht sonderlich glücklich. „Hey Sophie, wie geht´s euch Dreien denn so?“ fragt sie höflich, kann aber einen gewissen Unterton nicht verbergen. „Uns geht´s super, Ben kommt auf der Arbeit gut voran und hat Spaß, ja und Cody hat gestern seinen ersten Geburtstag gefeiert,“ entgegne ich ihr und füge wahrheitsgemäß hinzu: „Schade, dass du nicht da warst!“
„Ich…na ja, ich habe viel zu tun, ich bin gerade an einem wichtigen wissenschaftlichen Projekt beteiligt und das erfordert eine Menge Zeit, tut mir leid, aber du kannst...nein du musst den Kleinen Racker fest von mir drücken, ja?“
„Natürlich, das mache ich.“
Das mit der Arbeit mag vielleicht stimmen, aber sooo viel, dass sie sich momentan total abkapselt, kann es nicht zu tun geben.
„Du kannst mit mir über alles reden, Sam…“
„Gut, wenn ich mal was auf dem Herzen haben sollte, weiß ich jetzt, an wen ich mich wenden muss.“ kam es etwas zu fröhlich zurück, nun gut, ich will sie ja nicht zu etwas drängen, vielleicht rückt sie irgendwann von selber mit der Sprache raus.
„Magst du vorbeikommen, also mit Cody und Ben?“ fragt sie mich plötzlich.
„Klar, ich komme nachher mal vorbei, Ben muss allerdings bis spät am Abend arbeiten, also kommen nur Cody und ich.“
„Super, ich freue mich.“ zumindest das klang wirklich fröhlich.
Eine Stunde später fahre ich mit Cody in den hintersten, abgelegensten Teil des Dorfes und werde von einer unglücklich dreinblickenden Sam begrüßt. „Schön, dass ihr da seid.“ sagt sie und kuschelt erst ausgiebig mit Cody, bevor sie mich in den Arm nimmt.
„Sag mal, es ist aber nicht alles in Ordnung oder?“
Sam seufzt und blickt an mir vorbei. „Das ist alles sehr kompliziert und ich kann dir leider nicht viel darüber erzählen,…aber….ich verliere wohl bald meine große Liebe.“ antwortet sie betrübt und legt dann noch mit einer Bitte nach: „Aber frag bitte nicht weiter nach, okay? Ich werde dir sowieso nichts weiter erzählen, also würde es sich auch nicht lohnen.“
„Aber wenn du doch mal jemanden zum quatschen brauchst, dann weißt du ja, wo du mich findest…und zur Not würde es auch Ben tun.“ entgegne ich und wir beide lachen. Fast zwei Stunden bleiben wir, ehe sie mich erneut umarmt und dem kleinen Cody über das caramelfarbene Haar streicht.
„Er sieht aus, wie du, Sophie.“
Das war ja auch kaum mehr zu übersehen.

[img]Little Lewiston - Seite 2 Screen42[/img][i]
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Beitrag  mixit Sa Feb 20, 2010 10:33 am

Ben

Es ist mal wieder sau spät als ich nach Hause komme, momentan sind die Arbeitszeiten ein wenig anstrengend, aber Spaß macht es allemal und wer weiß, ich wette, die nächste Beförderung lässt nicht mehr lange auf sich warten, schließlich finde ich, dass ich mich gut bewiesen habe in letzter Zeit. Im Gitarrespielen werde ich immer besser, deshalb habe ich mir vor einer Woche eine supercoole neue E-Gitarre zugelegt und die geht voll ab.
Zuhause wird Cody gerade sein Fläschchen gereicht, das er zufrieden in seine kleinen Hände schließt und anfängt zu leeren. Sophie begrüßt mich mit einem langen Kuss, der mir nach dem harten Arbeitstag verdammt gut tut. „Und was habt ihr zwei Hübschen heute so gemacht?“
„Wir waren vorhin bei Sam.“ entgegnet mir Sophie und sieht dabei ein wenig besorgt aus.
„Und?..Wie geht´s ihr?“
„Nicht so gut, ich glaube, sie hat sehr ernsten Liebeskummer und damit meine ich nicht unerwiderte Teenie-Schwärmereien, sondern echten, schlimmen Liebeskummer, du hättest sie mal sehen sollen.“
Ich hätte ja nun nicht unbedingt erwartet, dass Sam sich überhaupt mal verliebt, dazu schien sie mir einfach zu selbstständig und stolz, aber da habe ich mich wohl geirrt. Ich fände es echt schön für sie, wenn sie endlich jemanden gefunden hat, aber das scheint ja nun voll nach hinten losgegangen zu sein.
„Wer ist denn der Glückliche, der sie unglücklich macht?“
„Das wollte sie mir nicht verraten, da wollte sie absolut nicht drauf eingehen.“ antwortet Sophie ziemlich ratlos, „also wenn du mich fragst, geht da irgendwas Seltsames vor sich. Ich hoffe nur, es ist nicht irgendein Krimineller oder so, aber vielleicht bekommst du ja was aus ihr heraus, Ben.“
Vielleicht hat sie Recht, ich werde mich die nächsten Tage mal bei Sam blicken lassen, einen Versuch ist es wert.
Nun aber zu meinem Sohn, den ich heute Abend noch gar nicht richtig begrüßt habe. Cody krabbelt bereits auf mich zu, das Fläschchen fest im Mund verankert und hin und her baumelnd. „Na du Windelrocker, alles paletti?“ Als Antwort bekomme ich ein Jauchzen zu hören, während sein Fläschchen dumpf auf dem Boden aufprallt. Auf meinem Arm sitzend erzählt mir Cody seinen heutigen Tag, nur blöd, dass ich keine Babysprache spreche, aber ich nicke einfach und tue begeistert, und eigentlich bin ich das ja auch. Wir zwei verstehen uns auch ohne Worte. „Möchtest du mal die Stadionlichter sehen?“ Ich gehe mit ihm zum Schlafzimmerfenster und ziehe die Vorhänge zur Seite, über der kleinen, aber feinen Skyline von Little tanzen die Lichter des Stadions hin und her, fast wie Lichtschwerter aus Star Wars. Cody gefällt die Aussicht jedenfalls genauso gut, wie mir.
„Da…Lamme.“
Das kann ich auch noch einigermaßen verstehen. „Richtig Cody, Lampen, das sind sehr große Lampen.“

Little Lewiston - Seite 2 Screen45

Danach ist aber Schluss mit Spielen und Sophie verfrachtet Cody unerbittlich in sein kleines Bettchen, liest ihm noch eine Geschichte vor und gesellt sich dann zu mir. Leider haben wir in letzter Zeit nicht viele Momente in denen wir nur zu zweit sein können, denn wenn ich nach Hause komme, ist es schon sehr spät und Sophie meistens sehr müde, aber heute gönnen wir uns noch eine Stunde und kuscheln ein wenig. Auch Rocker dürfen das! Harte Schale, weicher Kern eben. Irgendwann kommt sie aber wieder auf das übliche Thema.
„Willst du deine Eltern nicht endlich einladen oder sie einfach mal kurz besuchen? Sie haben ihr Enkelkind schließlich noch nicht kennen lernen dürfen.“
Sie versucht es aber auch immer und immer wieder, Ausdauer hat sie, das muss ich ihr lassen, trotzdem bin ich immer noch derselben Meinung, wie vor einigen Tagen.
„Sophie, ich möchte momentan nichts mit ihnen zu tun haben, ich brauche Abstand, außerdem sind sie wahrscheinlich eh mit dem neuen Baby beschäftigt.“
Sophie sieht mich vorwurfsvoll an, auch das kann sie gut, so gibt sie mir augenblicklich ein Gefühl von Reue.
„Ben, genau deshalb solltest du den Kontakt wieder aufnehmen, dein Bruder kann nichts für eure Unstimmigkeiten und Cody auch nicht. Tu es doch wenigstens, um mal deinen Bruder kennen zu lernen, Alexander kann sich eigentlich glücklich schätzen, so einen großen, coolen Bruder zu haben.“
Alexander, mein Bruder. Er tut mir jetzt schon leid, denn ich weiß, was für Eltern er haben wird, ich hatte dieselben. Aber ich kann ihn weder vor der fehlenden Wärme noch vor der Ausnutzung seiner…unserer Eltern beschützen. Ich könnte sie einladen, aber nur wegen Alexander, denn meine Eltern haben bei mir definitiv verschissen und solche Leute braucht mein Sohn auch nicht als Großeltern. „Ja, vielleicht rufe ich sie nächste Woche mal an.“
Damit war sie zufrieden gewesen und kurz darauf neben mir eingeschlafen.
Am nächsten Vormittag stehe ich in der Innenstadt und übe ein paar neue Songs ein. Heute werde ich ein bisschen für Trinkgeld spielen, ich habe nämlich eine Wette mit meinem Bandkollegen verloren und nun soll ich mindestens 20 Dollar als Straßenmusiker verdienen. Aber hey, ich find´s cool, nach einer halben Stunde habe ich bereits die Hälfte drin. Die Leute in dieser Gegend sind echt locker drauf, es hat sich noch niemand über mich beschwert, im Gegenteil, ich glaube die mögen meine Musik. Ein total geiles Gefühl!

Little Lewiston - Seite 2 Screen46
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Beitrag  mixit Di Feb 23, 2010 12:59 pm

Familie Marshall

Little Lewiston - Seite 2 Screen47

Anthony

„Was soll das heißen, Sie kommen nicht an ihn heran?“ Am anderen Ende der Leitung entsteht eine kurze Pause, dann erfolgt eine Antwort.
„Wer? Samara Perkins?...Na dann sorgen Sie dafür, dass sie Ihnen nicht ins Handwerk pfuscht, ich bezahle Sie nur dann voll, wenn ich die geforderten Informationen von Ihnen erhalte.“
Mehr will ich nicht sagen, ich glaube, das war deutlich genug. Ich drücke auf die End-Taste und stecke mein Handy wieder in die Sakkotasche, dann setze ich mich in den gelben, längst verbrauchten Sessel und fahre mir nachdenklich über meinen Bart. Perkins´ Enkelin scheint ein gewitztes kleines Biest zu sein, genau wie ihr Großvater, ich hoffe sie funkt mir nicht unnötig in meine Angelegenheit dazwischen, das würde mir überhaupt nicht gefallen. Miss Motton wird sich was überlegen müssen, schließlich ist es ihre Aufgabe an die Informationen heranzukommen, nicht meine, wofür habe ich denn Geld, wenn ich mir nicht Leute beschaffen kann, die die Drecksarbeit für mich erledigen? Ich hoffe Motton macht ihre Sache gut, denn ich muss dieses Versteck und damit die wahrscheinlich unschätzbare Sammlung an Edelsteinen finden, egal was kommt. Ich kriege immer was ich will!
„Anthony, kümmere dich bitte um Alexander, ich muss ein äußerst wichtiges Telefonat mit unserem Geschäftspartner Loos führen.“ Ruft mir Kaitlyn mit einem gewissen Anflug von absoluter Kompromisslosigkeit zu. Und ich diskutiere nicht! hätte jetzt noch gepasst, aber diese Worte kommen ihr heute nicht über die Lippen. Na schön, dann werde ich eben mit Alexander das Sprechen üben, gestern hat er große Fortschritte gemacht, er scheint ein sehr kluges Kind zu werden, ebenso wie sein großer Bruder, nur das der dazu noch ein sturer Eigenbrötler ist, der sich von niemandem etwas sagen lässt, schon gar nicht von uns, seinen Eltern, die es immer gut mit ihm meinten. Aber er wird nach wie vor mein Sohn bleiben, keine Frage. Enttäuscht war ich trotzdem, als ich von unseren Nachbarn und aus der Zeitung erfahren musste, dass Benjamin ohne uns ein Wort zu sagen geheiratet und seinen…unseren Familiennamen abgelegt hat. Für mich war das wie ein Schlag ins Gesicht und nicht nur für mich, Kaitlyn war außer sich. Auch wenn meine hart gesottene und unterkühlt wirkende Frau es niemals offen aussprechen würde, liebt sie Benjamin – zwar auf ihre ganz besondere und für Benjamin oft nicht nachvollziehbare Art und Weise – aber sie tut es. Und ich auch.
Unser Enkelkind, von dessen Geburt uns immerhin Sophie in Kenntnis gesetzt hatte – ohne das Wissen unseres Sohnes wohl bemerkt – haben wir noch nicht kennen gelernt und ich bezweifle, dass Benjamin sich ein Treffen wünscht.
Nun gut…wenn er nichts mehr mit uns zu tun haben möchte, dann soll es so sein, wir können eh nichts anders machen, als seine Entscheidung zu akzeptieren, so schwer es uns auch fällt. Wenigstens Sophie scheint guten Einfluss auf ihn auszuüben, vielleicht stimmt sie ihn noch um.
Alexander sitzt derweil in seinem Zimmer und ist hoch beschäftigt mit dem kleinen Baukasten, den wir ihm zum ersten Geburtstag geschenkt haben.
„Hallo mein Sohn, spielst du schön mit den Bauklötzen?“
Alexander schaut kurz zu mir auf, konzentriert sich dann aber augenblicklich wieder darauf die unterschiedlich geformten Bauklötze durch die passenden Öffnungen zu drücken. Ein sehr ruhiger und konzentrierter Junge, aus ihm wird mal ein großer Denker, da bin ich mir sicher!
Das Sprechen fällt ihm recht leicht, nur der Wille ist noch nicht da, ich glaube, er ist kein geborener Redner, eher jemand, der macht, aber das ist gut. Quatschköpfe kommen mit ihrem überflüssigen Gerede nicht weit, fleißige Menschen, die viel tun und machen dagegen schon.
„Na in dem Punkt unterscheidest du dich ganz schön von deinem Bruder, mein Junge.“
Nicht dass Benjamin ein Quatschkopf wäre, um Gottes Willen, nein, aber er hat schon immer seinen eigenen Dickkopf besessen und sich ständig widersetzt und Regeln hinterfragt, anstatt sie einfach hinzunehmen und sich an sie zu halten. Bereits als Kleinkind wollte er ständig genau das Gegenteil von dem machen, was wir wollten, und bockig war er sowieso. Aber ein kluges Köpfchen war er auch schon immer gewesen. Für Eltern ist die Mischung aus Klugheit und Dickköpfigkeit beim eigenen Kind nicht unbedingt einfach, Alexander hat nicht den Dickkopf seines Bruders, er nimmt die Dinge einfach hin.
„So, heute haben wir genug geübt, jetzt wird es langsam Zeit ins Bett zu gehen, und dein Vater wird sich dann wieder um die geschäftlichen Dingen kümmern."
Alexander gähnt ausgiebig und lässt seine makellos weißen Zähnchen blitzen. Mein kleiner, neuer Hoffnungsträger.

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Beitrag  mixit Di Feb 23, 2010 2:32 pm

Kaitlyn

Rrrrring…rrrrring…
Mein Handy klingelt und fällt beinahe von der Anrichte herunter, auf die ich es sorgsam gelegt habe. Ich weiß beim besten Willen nicht, wie man diese lästige Vibration ausstellt, die sich jedes Mal, wenn das Handy klingelt einstellt. Ich habe es mir vor ein paar Tagen neu gekauft, weil mein altes Handy einfach mal den Geist aufgegeben hat und seitdem plage ich mich damit herum. Vor zwei Tagen bin ich unwillkürlich aufgeschreckt, während ich bei einem morgendlichen Meeting saß und handelte mir besorgte und belustigte Blicke ein, während das Handy in meiner Handtasche, die ich mir auf den Schoß gelegt hatte, heftig anfing zu zittern. Aber das werde ich schon noch herausfinden, das wäre doch gelacht.
Ich schnappe mir gerade noch rechtzeitig das dämlich vor sich hinvibrierende Stück Plastik und drücke auf den grünen Knopf.
„Ja bitte?“
Erstaunt, aber doch erfreut über den Anruf drehe ich mich zu dem fragenden Blick meines Mannes um.
„Benjamin, ich freue mich, dass du anrufst, wie geht es dir denn mein Junge?...Das ist ja schön, ja uns geht es auch gut, wie immer viel Arbeit….mh?...morgen? Ja, natürlich, natürlich kommen wir vorbei…“ Anthony hebt erstaunt die Augenbrauen. „Na wunderbar, dann bis morgen, ja? Und grüß Sophie und Cody von mir…und von deinem Vater natürlich auch, Tschüss.“
„Er lädt uns zu sich ein?“
Anthonys Ungläubigkeit steht ihm deutlich ins Gesicht geschrieben, ich übergehe sie dagegen, irgendwann musste unser Ältester ja seine Sturheit aufgeben.
„Ja, morgen Nachmittag sollen wir vorbeikommen.“ Und als Anthony immer noch nicht wirklich glauben will, was ich ihm sage, füge ich hinzu: „Benjamin ist unser Sohn, er hätte uns doch nicht ewig ignorieren können, Blut ist dicker als Wasser, sagst du doch selber immer, also mach nicht so ein belämmertes Gesicht, sondern freu dich.“
Bevor ich nun die Unterlagen für die Präsentation am Montag durchgehe, sehe ich nach Alexander, der, wie nicht anders zu erwarten, an dem Bauklotztisch steht und Türme baut. Logische Spiele haben es ihm wohl sichtlich angetan, aber seine ruhige Art beunruhigt mich ein wenig. Schüchternheit mag in seinem Alter noch normal sein, aber später könnte ihm genau dieser Wesenszug im Weg stehen, ich hoffe das ändert sich noch.

Little Lewiston - Seite 2 Screen49

Am nächsten Tag, ein Samstag, packe ich das kleine Geschenk ein, das ich heute Vormittag noch gekauft habe und stecke es in eine hübsch dekorierte Geschenktüte, an die die Verkäuferin eine weiße Samt-Schleife geklebt hat. Ich hoffe Cody wird sich über den Plüschhasen freuen. Anthony hat bereits Alexander auf dem Arm und hält die Autoschlüssel in der Hand, während ich mir noch schnell meinen Mantel umhänge und mein Handy in der braunen Handtasche verstaue. „So, jetzt aber schnell, sonst kommen wir zu spät.“
Die Straßen in der Stadt sind belebt, an einem Samstag ist das auch nicht anders zu erwarten, deshalb kommen wir nur schleppend voran. Alexander ist auf dem Rücksitz damit beschäftigt seine Finger zu inspizieren und lässt sich von nichts und niemanden stören.
Eine viertel Stunde später sind wir endlich da und stehen vor einem weißen, kleinen Haus. Draußen vor dem Haus sehe ich schon Benjamin und einen kleinen Jungen mit caramelfarbenem Haar spielen. Er hebt den Jungen in die Luft, während dieser vergnügt quietscht und lacht.
„Hallo Benjamin, schön dich zu sehen.“
Freudig und mit offenen Armen gehe ich auf ihn zu und umarme ihn. Cody mustert mich neugierig und lächelt dann spitzbübisch. Er erinnert mich an Benjamin. Das Aussehen hat er aber von Sophie, ganz eindeutig. Vorsichtig nehme ich Cody auf den Arm und unterhalte mich mit ihm. Anthony hat noch immer den schüchtern dreinschauenden Alexander auf dem Arm und versucht ihn davon zu überzeugen, dass Benjamin schon nicht beißt. Nach anfänglichem Zögern lässt sich Alexander dann doch von seinem großen Bruder auf den Arm nehmen und spielt verträumt mit dessen Haaren.
„Na, du bist also mein kleiner Bruder…Schön dich kennen zu lernen, Alex.“ höre ich Benjamin sanftmütig sagen und bin durchaus glücklich über dieses fröhliche Zusammentreffen. Im Haus stellt uns Sophie Kaffee und Kuchen auf den Tisch und scheint äußerst zufrieden mit dieser Situation zu sein. Ich wette, sie hat den Stein ins Rollen gebracht, ein tüchtiges Mädchen, das muss ich ja sagen.
Benjamin erzählt uns von seiner Arbeit, anfangs ist er zwar etwas skeptisch darüber, dass wir uns nach seiner Arbeit im Musikgeschäft erkundigen, erzählt uns später jedoch stolz von seinen Fortschritten. Ich halte zwar immer noch nichts von diesem ohrenbetäubenden Lärm, der sich Rockmusik nennt, aber ich habe mich mit der Entscheidung meines Sohnes abgefunden. Ich hoffe nur, Alexander wird in dieser Hinsicht nicht zu sehr von seinem Bruder beeinflusst. Wie auch immer, der Abschied fällt ebenso fröhlich aus, wie die Begrüßung. Uns, also mir und Anthony gegenüber verhält sich Benjamin nach wie vor reserviert, aber an seinem Bruder hat er einen Bären gefressen, um es mal deutlich auszusprechen. Ich und Anthony sind dagegen ganz entzückt von unserem Enkelkind, das zwar den gleichen Dickkopf zu haben scheint, wie sein Vater, aber die Gabe besitzt Leute um den Finger zu wickeln. Dass ich nun Großmutter bin, den Gedanken schiebe ich trotzdem bei Seite, so alt fühle ich mich nämlich noch nicht.
"Also Alex, mach´s gut und wir seh´n uns noch." sagt Benjamin und wuschelt seinem kleinen Bruder durch die Haare.

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Beitrag  mixit Mi Feb 24, 2010 10:34 am

Familie Reynolds

Marie

„Habt ihr alles eingepackt, was ihr braucht?“
„Ja mom.“
„jep, hab ich.“
„Gut Jungs, dann stellt die Koffer ins Wohnzimmer, damit wir sie nachher nicht erst herunterholen müssen.“
Ich habe zwar die wichtigsten Dinge der Zwillinge, wie Zahnbürsten und Unterwäsche bereits vor einigen Tagen eigenhändig in die Koffer gepackt, aber die Aufregung und Vorfreude auf die Reise lässt mich nicht los und um mich abzulenken kontrolliere ich alles lieber doppelt und dreifach. Aber, na ja, es wird schon alles gut gehen, hoffe ich. Andy kommt gerade die Treppe runtergestampft, bepackt mit zwei schweren Koffern und pustet kräftig aus, als er endlich unten ankommt. „So, das wär´s.“
„Und was ist mit unseren Koffern?“ fragt Nicky empört, „die können wir doch nicht alleine runtertragen.“
Andy zwinkert mir verschwörerisch zu und wendet sich dann erstaunt an unsere beiden Jungs, die oben am Treppenabsatz stehen.
„Könnt ihr nicht? Das wüsste ich aber, na los, macht mal, davon kriegt man Muckis.“
„Daaahaaaad!“ wirft Marlon tadelnd aus und grinst dann, „sonst schmeiß ich meinen einfach runter, per Flugpost halt.“
Lachend läuft Andy wieder nach oben und wuschelt seinen beiden Jungs durch die Haare, bevor er die beiden kleineren Koffer nimmt und sie ebenfalls sicher nach unten transportiert.
Eine halbe Stunde später hupt das Taxi.
Wir sind nicht lange mit dem Flugzeug geflogen, es ist dunkel draußen, aber die Lichter unter uns sehen dadurch grandios aus, endlich erblicke ich die vertraute, verspielt wirkende Umgebung in der ich meine Kindheit verbracht habe und ein wohliges Gefühl breitet sich in mir aus – ich bin wieder zu Hause.
Den Weg zu meinem Elternhaus finde ich problemlos, denn die kleine verschlafene Stadt hat sich wie eine Landkarte in meinem Gedächtnis eingebrannt, ich kenne jede Ecke und jeden Winkel. Da wir aber zu viele sind, haben wir schon vorab beschlossen in einer Herberge zu übernachten. Am nächsten Morgen stehen wir erneut vor dem Haus meiner Eltern, ein typisch französisches Haus. Erfreut machen meine Eltern die Tür auf und bitten uns herzlich herein, küssen uns auf beide Wangen, wie es in Frankreich eben üblich ist, und bieten uns etwas zu essen an. Als aller erstes widmen sich meine Eltern jedoch den beiden Jungs und wirken ganz verzaubert von ihnen. Marlon und Nicky finden die ganze Aufmerksamkeit und den Rummel um sie „voll cool“, wie sie es wahrscheinlich ausgedrückt hätten, und lassen sich von vorne bis hinten bedienen. Andy und ich beobachten dieses Treiben amüsiert. Am Nachmittag gehen wir alle gemeinsam in die Stadt, wo ich mir dann französische Rezepte besorge, auch wenn ich weiß, dass ich die nie ausprobieren werde, aber ich schenke sie irgendwann vielleicht Marlon. In der Stadt treffe ich auf viele alte bekannte Gesichter und jeder erkennt mich, kein Wunder, denn so, wie ich meine Mutter kenne, hat sie die Nachricht meines Besuches bereits vorab in der ganzen Stadt verbreitet. Hach, meine maman
„Gibt´s hier denn auch einen Spielplatz?“ fragt Marlon seinen Großvater als wir wieder zu Hause angekommen sind und schaut ihn erwartungsvoll an. „Aber natürlich, mein Junge, gleich da hinten, wollen wir hin gehen, was meinst du?“
„Aber klar doch, komm Nicky, wir gehen auf den Spielplatz.“ ruft Marlon euphorisch aus und zieht seinen Bruder bereits mit nach draußen. Papa schaut den Beiden lachend hinterher. „Da habt ihr aber zwei ganz tolle Burschen hinbekommen, Gratulation Liebes.“ sagt er, drückt mir einen Kuss auf die Stirn und klopft Andy anschließend freundschaftlich auf die Schulter. Da hat er Recht, die beiden Kleinen sind unbezahlbar!

Little Lewiston - Seite 2 Marie110

Während Papa und maman mit den Zwillingen auf den Spielplatz gehen, machen Andy und ich einen kleinen Spaziergang durch die französische Idylle. Wir kommen an Häusern vorbei in denen meine Schulfreunde früher wohnten, die jetzt jedoch alle irgendwo in Frankreich verstreut sind, dann kommen wir auf unserem Weg am Nektarium vorbei, in dem Andy mir eine Flasche Wein, sowie einen Weinschrank kauft und am Ende stehen wir auf meiner früheren Lieblingsstelle, weit oben auf einem Hügel, auf dem ich sogar meinen ersten Kuss bekommen habe – da der Typ eh ein Volltrottel war, muss ich das ja nicht gleich Andy auf die Nase binden. „Wow, Schatz schau mal, da hinten ist Paris, ich sehe den Eiffelturm.“ wirft Andy staunend aus und deutet auf die klein wirkende Gestalt des berühmten pariser Eiffelturms. „Das ist ja wundervoll!“
Früher war ich sehr oft hier oben und habe gemalt, die Aussicht hat mich inspiriert und hier ist es so schön ruhig, keine Menschenseele die einen stört und es ist nach wie vor mein Platz.
Wir bleiben noch bis zum späten Nachmittag, als die Sonne langsam untergeht und der Himmel sich in zartes Rot taucht beschließen wir wieder aufzubrechen. Aber vorher habe ich noch einen Schnappschuss von der tollen abendlichen Aussicht gemacht:

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Beitrag  mixit Mi Feb 24, 2010 11:14 am

Marlon

Frankreich war echt cool und grandpa und grandma sind voll in Ordnung. Am besten war aber der Spielplatz und da gab es auch einen Spielturm auf dem Nicky und ich Piraten spielen konnten, diesmal war aber ich der Kapitän! Aber seit wir wieder zu Hause sind ist hier echt alles voll durcheinander und alle sind so aufgedreht und mum und dad lachen die ganze Zeit nur und strahlen so. Keine Ahnung, was die haben, vielleicht im Lotto gewonnen? Kann sein…nee, die spielen doch gar kein Lotto…ja dann weiß ich´s auch nicht. Heute musste ich wieder zur Schule, weil ja Montag ist und Jack kam heute mit einem blauen Gipsarm in die Klasse, das sah echt total dämlich aus, deshalb musste ich lachen, Nicky stieß mir aber mit dem Ellenbogen in die Seite, weil gleich hinter Jack Mrs. Johnson stand. In der Pause kam Jack dann zu mir herüber und guckte irgendwie ganz böse, aber wenn er böse guckt, sieht er aus wie ein Gorilla, darum musste ich wieder lachen. Jack sah erst mich und dann Nicky an, der stumm neben mir stand. „Hört mal zu ihr blöden eineinigen Zwingllinge, wenn ihr mir zu nahe kommt, sag ich es Mrs. Johnson, verstanden?“
„Du bist voll hohl, man, erstens sind wir eineiige Zwillinge und zweitens sieht dein Gips voll dämlich aus.“ sage ich zu ihm und grinse ihn an. Jack verschwindet total sauer und streckt mir noch schnell die Zunge raus. War ja einfach, ich glaube wegen dem brauche ich mir keine Sorgen mehr zu machen.
Aber um mom mache ich mir Sorgen, weil sie nicht nur total komisch drauf ist und die ganze Zeit strahlt, sondern auch, weil sie irgendwie dauernd auf die Toilette rennt und kotzen muss.
Voll eklig! Ob sie wohl krank ist? Kotzeritis oder so? Aber dad macht das nichts aus, der macht sich keine Sorgen, sondern strahlt auch. Na hoffentlich haben die nicht irgendwelche Pillen genommen, das wäre nicht so gut, glaub ich. Aber Nicky ist das auch aufgefallen, der schaut mich immer ganz ratlos an, wenn Mom mal wieder zur Toilette rennt.
„Was hat mummy denn, Marlon?“
„Keinen Plan, bin ja kein Doktor oder so.“
Tja, da hilft nur eines: Fragen! Und das mache ich dann auch beim Abendessen.
„Mom, geht es dir nicht gut?“ frage ich sie und schaue in ihr strahlendes Gesicht.
„Aber Schätzchen, wie kommst du denn darauf?“
„Na du musst immer kotz…äh…dich übergeben.“
Mom schaut erst dad an und dann mich und Nicky.
„Hört mal, also es ist so…ihr bekommt ein Geschwisterchen,...darum ist mir immer so schlecht, das ist am Anfang ganz normal.“
Ein Geschwisterchen? Oh man, damit hatte ich aber mal so überhaupt nicht gerechnet. Heißt das, wir haben hier bald so ein kleines rosanes Ding im Haus, das den ganzen Tag schreit und in die Windeln macht? Na toll! Nicky dagegen findet es super und denkt sich bereits Namen aus, obwohl wir doch gar nicht wissen, ob wir einen Bruder oder eine Schwester kriegen. Schwester…oh nee, lieber nicht, wenn die auch so zickig ist, wie Violetta, lass ich sie vom Müllwagen abholen, ganz sicher. Die nächsten Tage sind eigentlich ganz normal, nur mom´s Bauch wird immer größer und runder. An einem Nachmittag schreckt mom auf und fasst sich auf den Bauch. „Da hat sich was bewegt…komm Marlon, fühl mal.“ Eigentlich möchte ich das nicht, aber ich mache es trotzdem…hey…da bewegt sich echt was…das ist ja cool.
„Das Baby bewegt sich.“ erklärt mir mom ruhig.
Da….es tritt mich! „Ich glaube es wird ein Junge.“ flüstere ich meiner mom zu und streichle ihren dicken Bauch. Na ja, vielleicht ist es doch nicht so blöd ein Geschwisterchen zu bekommen.

Little Lewiston - Seite 2 Marlon12

Am Mittwoch müssen wir alle unsere Sachen in Kartons packen, weil mom und dad mit uns umziehen…in ein neues Haus. Das Blöde daran ist aber, dass Nicky und ich uns wieder ein Zimmer teilen müssen und das neue Baby hat ein Eigenes. Na ja, egal, ich werde das schon überleben, denke ich. Während ich und Nicky unsere Hausaufgaben machen, die übrigens voll doof sind, weil ich Mathe überhaupt nicht mag – das habe ich in letzter Zeit so festgestellt – räumen dad und mom alles in große, braune Kisten ein. Wobei dad aber eigentlich alles macht und mom ihm sagt, was er machen soll.

Little Lewiston - Seite 2 Screen52
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Beitrag  mixit Fr Feb 26, 2010 9:44 am

Little Lewiston - Seite 2 Nicky110

Nicky

„Was machst du denn da im Strauchgarten?“ frage ich Marlon und wundere mich, dass er seine Hausaufgaben zwischen lauter Sträuchern und so macht, ob mit ihm wohl alles in Ordnung ist? „Ich habe Schnupfen und mom sagt Kräuter inhalieren und so hilft.“
„Hat sie denn gesagt du sollst dich da reinsetzen?“ frage ich immer noch verwundert.
„Nö, aber es ist sehr bequem hier.“ Aha, wenn er meint…
Morgen ziehen wir endlich um, die Zimmer sind alle geputzt, aufgeräumt und eingeräumt und so und morgen geht es endlich los. Daddy sagt, das neue Haus sieht sehr französisch aus und hat eine Schaukel auf dem Rasen. Das finde ich total cool, dann können wir immer draußen schaukeln, wenn wir wollen. Aber daddy sagt, es ist nur eine Schaukel, das heißt, Marlon und ich müssen uns immer abwechseln…aber egal, eine Schaukel ist trotzdem cool!
Mom wird immer dicker und sieht schon aus wie ein Hängebauchschwein hat Marlon gesagt. Daddy hat darüber gelacht, mummy hat ein bisschen verärgert geguckt und Marlon in die Wange gezwickt. Erst fand Marlon es blöd, dass wir noch ein Geschwisterchen kriegen, aber jetzt findet er es nicht mehr so blöd, zumindest glaube ich das, er will´s bloß nicht zugeben. Manchmal bewegt sich mummy´s Bauch und das Baby tritt sie, aber das tut nicht weh, hat mummy gesagt, deshalb geht das schon in Ordnung. Daddy spricht immer mit dem Bauch, aber ich bezweifle ernsthaft, dass das Baby daddy versteht, es ist doch noch so klein. Na ja, vielleicht kriegen wir ja eine Schwester? Das wär toll, dann bin ich der große Bruder…zusammen mit Marlon. Marlon wünscht sich lieber einen kleinen Bruder, weil Mädchen immer zickig sind, sagt er. Zickig ist Marlon aber manchmal auch, das habe ich ihm auch gesagt und da wollte er etwas antworten, hat den Mund aber wieder zugemacht und ist dann Fußballspielen gegangen. Heute hat er schon wieder Ärger bekommen von Mrs. Johnson, weil er nicht still sitzt, aber eigentlich kann er nichts dafür, er muss sich immer bewegen und wenn wir so lange am Tisch sitzen müssen, fängt er immer an zu kippeln oder mit den Füßen irgendwas zu machen und das mag Mrs. Johnson überhaupt nicht. „Marlon, dein Gezappel stört die anderen Kinder beim Unterricht.“ hat sie mit ernster Stimme gesagt. Marlon hat dann versucht aufzuhören, aber irgendwann hat er dann wieder gekippelt und musste den Klassenraum für den Rest der Stunde verlassen.
Aber das hat ihm nichts ausgemacht, er ist dann auf den Schulhof gegangen und hat geschaukelt, nur, dass man das wohl nicht machen darf, denn Mrs. Johnson war echt sauer und so.
„Du kannst doch nicht einfach nach draußen gehen und schaukeln, Marlon.“ hat sie gesagt und Marlon hat dann ganz irritiert geantwortet:
„Aber ich sollte doch nicht mehr hier mitmachen, was soll ich denn dann machen?“
„Na hör mal, du solltest dich einfach vor der Klasse auf die Bank setzen.“
„Das hat mir keiner gesagt.“ entgegnete Marlon Schulter zuckend. Zum Glück fand Mrs. Johnson es nicht so schlimm, dass mummy und daddy das wissen müssten, darum habe ich Marlon versprochen ihnen nichts zu sagen.
Am nächsten Tag fährt uns der Schulbus nach der Schule nicht mehr zum alten Haus, sondern zu unserem Neuen und das sieht echt aus, wie die Häuser in Frankreich, da wo grammy und grandpa wohnen. Aber es sieht sehr schön aus, finde ich. Unser Zimmer ist echt toll, mummy und daddy haben schon alles aufgebaut und ich habe sogar eine eigene Staffelei dort stehen, darüber habe ich mich riesig gefreut. Marlons Kinderherd steht auch da drin und er macht uns sofort ein paar Muffins. Die schmecken echt ganz gut.

Little Lewiston - Seite 2 Screen53

In der Nacht wache ich auf und Marlon auch. Mummy schreit. Da bekomme ich eine riesige Angst, aber Marlon zieht mich am Arm mit und wir gehen ins Schlafzimmer. Mummy hält sich den dicken Bauch und atmet so komisch, als wenn sie einen Luftballon aufpusten würde. Daddy hat sich angezogen und ruft gerade Molly an, die beste Freundin von mummy.
„Molly wird gleich hier sein und auf euch aufpassen, ich muss mit mummy ins Krankenhaus, ihr bekommt heute euer Geschwisterchen.“ sagt daddy aufgeregt und nimmt mummy mit nach unten. Als Molly endlich da ist, gehen daddy und mummy zum Auto und fahren weg.
Marlon und ich sind so aufgeregt, dass wir nicht schlafen können, darum spielen wir mit Molly ein Kartenspiel und um drei Uhr sind mummy und daddy wieder da. Aber das ist nicht ein Baby, das sind zwei Babys.
„Ihr habt jetzt zwei kleine Schwestern.“ Flüstert daddy und sieht aus, als ob er gleich weint. Auch Molly weint fast, genauso wie mummy. Marlon steht der Mund offen und er macht ihn einfach nicht mehr zu, sondern schaut sich ganz lange die Babys an. Ich finde die Babys echt süß, die sehen aus, wie Puppen. Mummy sagt uns, dass sie Aimée und Amelié heißen, es sind zwar nicht die Namen, die ich mir ausgedacht habe, aber sie gefallen mir. Ich wusste schließlich nicht, dass es zwei Mädchen sind, deshalb sind „Paul“ und „Paulina“ wahrscheinlich nicht so gut.
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Beitrag  mixit Fr Feb 26, 2010 4:27 pm

Little Lewiston - Seite 2 Andy110

Andy

Amelié und Aimée sind die hübschesten Mädchen in ganz Little, ach was sag ich da, in ganz Amerika. Bezaubernd klein und süß. Ich kann mich noch genau an den Moment erinnern, als Marie mir die freudige Nachricht ihrer Schwangerschaft mitgeteilt hat, das war am nächsten Morgen, nach unserer Rückreise aus Frankreich. Ich war unglaublich glücklich gewesen. Dass es erneut Zwillinge werden, wussten wir nicht und ich dachte erst, ich schau nicht richtig, als der Doc mir noch ein zweites Baby vor die Augen hielt. Äußerst selten nannte er es, dass Marie gleich zwei Mal hintereinander Zwillinge bekommen hat. Aber in einem Punkt sind wir zwei uns absolut einig – die Familienplanung ist für uns auf jeden Fall abgeschlossen. Vier Kinder sind mehr, als ich mir je erhofft habe.
Marlon habe ich noch nie so sprachlos und ruhig erlebt wie jetzt. Ständig schielt er um die Ecke und schaut nach, ob es seinen beiden Schwestern auch gut geht. Er gibt es zwar nicht zu, aber er ist fasziniert von ihnen und ich glaube, er ist stolz ein großer Bruder zu sein, genau wie Nicky, der nun eifrig an einem Familienbild malt. Nicky schaut uns gerne beim Windelwechseln zu, mit dem beißenden, nicht gerade angenehmen Geruch hat er erstaunlicherweise überhaupt keine Probleme. Marlon verduftet dagegen lieber, wenn es wieder so weit ist. Da wir nun eine sechs-köpfige Familie sind, war es ein überaus guter Zeitpunkt gewesen für eine Beförderung, die mir heute Morgen mitgeteilt wurde. Ich bin nun Assistenzarzt. Wie auch immer unsere Zukunft aussehen mag, ich werde alles für meine Lieben tun, wirklich alles! „Schatz, könntest du den Jungs bei den Hausaufgaben helfen? Ich muss den Mädchen die Flasche geben.“ höre ich Marie von oben rufen und muss unwillkürlich lächeln. Wenn ich Marie nicht hätte, sie ist ein Organisationstalent, sie ist diejenige, die unsere Familie leitet und dafür sorgt, dass alles seinen geregelten Gang läuft.
„Bin schon auf dem Weg.“
Am Abend, als die Jungs schlafen und die Mädchen glücklicherweise auch, legt mir Marie eine Karte vor die Nase.
„Hier, die müssen wir unbedingt abschicken, es ist doch schon seit fast einer Woche überfällig.“

Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, schön, dass du da bist!

steht in fein geschwungenen Buchstaben vorne drauf.
Ja, wir hatten selber so viel um die Ohren, dass wir noch keine Zeit hatten Molly und George zu der Geburt ihrer zweiten Tochter zu gratulieren. Da sieht man mal wieder, wie schnell die Zeit einem davon rennt. „Geht es dem Baby denn gut? Ich meine du hast doch sicherlich mit Molly telefoniert.“
„Dem Baby geht es ausgezeichnet, sagt Molly und George ist ganz vernarrt.“
„Mensch, genau so geht es mir momentan auch, vielleicht sollten wir zwei frischgebackenen Väter uns mal wieder zum Fußball gucken treffen, damit unsere weichgespülten Gehirne wieder mehr Testosteron produzieren“ entgegne ich ernst und muss kurz darauf lachen, als ich Marie´s Gesicht sehe, während sie tadelnd antwortet: „Dein weichgespültes Gehirn sollte mal darüber nachdenken, was wir der kleinen Marcie als Willkommensgeschenk mitbringen, Molly und George haben uns nämlich nächste Woche zu sich eingeladen.“
„Na schön.“ seufze ich ergeben, „dann werde ich mal meine weichgespülten Gehirnzellen aktivieren.“
Dieser ruhige Abend dauert aber nicht lange an, denn wir haben kaum eine Stunde geschlafen, da fängt eines der Babys an zu schreien und ich weiß nicht welches. Jetzt fängt dieses Verwechselspielchen schon wieder von vorne an. Sowohl ich als auch Marie kriechen mühsam und halb schlafend aus unserem Bett und begeben uns ins Babyzimmer, die Idee zu zweit aufzukreuzen war durchaus gut, denn das zweite Baby wird auch gerade munter und brüllt wie am Spieß. „Nimm du Amelié.“ sagt Marie wie selbstverständlich.
„Wer von den beiden ist denn bitteschön Amelié?“
„Das Baby im Bettchen neben dir.“
„Wie um alles in der Welt kannst du die beiden auseinanderhalten?“ frage ich meine Frau ernsthaft erstaunt und etwas neidisch.
Marie seufzt nur. „Mutterinstinkt“
Na toll, Mutterinstinkt, den werde ich wohl nie haben. „Gibt es auch so was wie Vaterinstinkte?“ frage ich daher ein wenig ratlos.
Der nächste Tag ist vergleichsweise ruhig, zum Glück ist Wochenende und wir können es uns so richtig gemütlich machen. Die Sonne scheint und die Jungs toben sich auf der neuen Schaukel aus. Marie und ich haben uns aufs Sofa zurückgezogen und schauen uns eine Kochshow an, auch wenn die für mich viel zu kompliziert ist, Kochen ist nun wirklich nicht mein Ding, Marie´s allerdings auch nicht, die einzigen Pfannkuchen, die sie je gemacht hat schmeckten mehr nach Mehl, als nach Pfannkuchen, aber das behalte ich lieber für mich.
Während ich an diese weniger leckeren Pfannküchen-á-la-Marie denke, liegen die beiden Mädchen oben in ihren Bettchen und schlafen.

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Beitrag  mixit Fr Feb 26, 2010 4:35 pm

Kurzer Überblick über die Familien nach...äh...lasst mich nachdenken...drei Wochen? Müsste hinkommen^^^
Die blau-makierten Personen sind erst im Laufe der letzten drei Sim-Wochen geboren worden und kommen in den Ausgangsformationen der Familien noch nicht vor:

Dean

Molly (junge Erwachsene)
George (Erwachsener)
Avery (Kleinkind)
Marcie (Baby)

Perkins

Lucky (Senior)
Amanda (Erwachsene)
Sam (junge Erwachsene)
Colin Parrish (junger Erwachsener)

Marshall

Anthony (Erwachsener)
Kaitlyn (Erwachsene)
Ben (junger Erwachsener/augezogen - siehe unten Familie Jones)
Alex (Kleinekind)

Jones

Ben (junger Erwachsener/älterer Sohn der Marshalls)
Sophie (junge Erwachse)
Cody (Kleinkind)

Reynolds

Andy (Erwachsener)
Marie (Erwachsene)
Marlon (Kind)
Nicky (Kind)
Amelié (Baby)
Aimée (Baby)
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Beitrag  mixit So Mai 09, 2010 10:31 am

George Dean

Es ist einfach unfassbar wie schnell die Zeit vergeht und noch unfassbarer ist es, wie viel in so kurzer Zeit passieren kann. So dachte ich noch vor kurzem, dass mein Leben nicht perfekter werden könnte, denn ich hatte die Frau geheiratet, die ich über alles liebe und mit genau dieser Frau eine süße Tochter. Besser kann es also gar nicht werden, stimmt´s? Nein, stimmt nicht! Nach unserer gemeinsamen Hochzeitsnacht verhält sich Molly seltsam, fast schon geheimnisvoll, wie sie ständig zaghaft lächelt und vergeblich versucht ihre wechselnden Launen vor mir zu verbergen. Natürlich habe ich mich gefragt, was denn wohl der Anlass für ihr denkwürdiges Verhalten sein könnte, aber leider neigen wir Männer häufig dazu die Dinge einfach nicht so deutlich zu durchschauen, wie es Frauen tun. Also habe ich gewartet und mir schon die schönsten, schlimmsten und schaurigsten Geschichten zusammen gesponnen, bis Molly am Dienstagabend ein kleines Stück Papier hervorholte und es mir schweigend vor die Nase hielt. Es sah fast so aus, wie…ein Ultraschallbild und es sah nicht nur fast so aus – es war auch eines. Molly war wieder schwanger. Anscheinend war sie sich nicht so sicher gewesen, ob sie sich freuen sollte oder nicht, nachdem ich an ihrer ersten Schwangerschaft so gut wie gar nicht teilgenommen hatte. Aber ich nahm sie fest in meine Arme und küsste sie, nun wo alle Geheimnisse zwischen uns beseitigt waren, gab es keinen Grund mehr, sich nicht über diese zugegebenermaßen überraschende, aber dennoch wunderbare Nachricht zu freuen. Vor wenigen Tagen wurde Marcie geboren, unsere zweite Tochter. Marcie ist genauso süß und zerbrechlich wie ihre große Schwester, aber sie sieht ganz anders aus mit ihrer hellen Haut, die sie ganz eindeutig von Molly hat, Lediglich die schwarzen Haare hat sie mit mir gemeinsam. Molly geht es nach der anstrengenden Geburt ganz gut, noch ein bisschen schwach, aber glücklich und während wir neuen Zuwachs bekommen haben, wächst unsere Älteste zu einem hübschen Schulkind heran. Avery ist ein sehr unkompliziertes Mädchen und ganz vernarrt in ihre kleine Schwester. Seit ihrem Geburtstag schaue ich ganz besonders auf jeden ihrer Schritte, falls sie die gleiche Fähigkeit in sich trägt wie ich, wird diese sich bald zeigen und wenn es so weit sein sollte, will ich für sie da sein, um ihr alles zu erklären, vielleicht bleibt ihr das aber auch erspart. Von meiner Sorge bekommt sie nichts mit, sie ist viel zu sehr damit beschäftigt Footballspiele im Fernsehen zu verfolgen, deshalb schenke ich ihr auch einen Football und den will sie natürlich gleich ausprobieren, ich muss sagen, meine Tochter scheint recht sportlich zu sein, ihre Würfe sind gar nicht mal so schlecht, das liegt wohl an den Genen.

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„Daddy?“ fragt mich Avery am Nachmittag mit großen Kulleraugen und ich muss bei ihrem sorgenvollen Blick fast lachen.
„Ja?“
„Muss ich jetzt bald zur Schule?“
„Aber natürlich, gleich morgen.“ antworte ich ihr und sehe, wie ihre Augen noch größer und ihr Blick noch ängstlicher wird.
„Oh…“ höre ich sie nur sagen.
„Aber Avery, du hast doch nicht etwa Angst vor der Schule oder?“
Sie schaut einen Moment ins Leere, dann sagt sie so ernst, dass ich mir ein Lachen kaum verkneifen kann: „Aber ich kann doch noch gar nicht schreiben, daddy, aber in der Schule muss man schreiben können.“
„Das Schreiben lernst du doch erst in der Schule, alle Kinder, die in die Schule kommen können noch nicht schreiben, Avery, die müssen das auch alle noch lernen.“
Je länger sie über meine Worte nachdenkt, desto mehr erhellt sich ihre Miene und sie scheint am Ende sehr erleichtert zu sein. „Ach ja? Dann ist ja alles gut.“ sagt sie und geht nach oben in ihr Zimmer. So ganz alleine auf dem Sofa muss ich dann leise lachen über dieses liebenswürdige Kind.
Mich ruft am Abend dann mein Chef an und teilt mir mit, dass meine Bitte wieder im aktiven Polizeidienst zu arbeiten erhört wurde. Ab morgen darf ich wieder in meinem geliebten Streifenwagen sitzen. Das wurde aber auch wirklich Zeit, denn der Job am PC hat mich ganz schön auseinander gehen lassen. Molly hat es natürlich bemerkt, schließlich passen mir meine Hosen und Hemden nicht mehr, aber sie ist sehr tolerant damit umgegangen, das muss ich ja nun wirklich sagen. Nun ist es aber Zeit die überflüssigen Pfunde wieder los zu werden, denn meine Uniform passt mir auch nicht mehr richtig. Deshalb schwinge ich mich auf mein Laufband und merke, wie schlecht meine Kondition geworden ist.
„Warum macht daddy das?“ höre ich Avery fragen.
„Weil daddy einen dicken Bauch bekommen hat.“ erklärt ihr Molly geduldig und leicht spöttisch, ganz im Bewusstsein darüber, dass ich jedes Wort vernehmen kann.
„Bekommt daddy etwa auch ein Baby?“
Ich höre Molly ganz laut und aus vollem Halse lachen, ja ja, sehr witzig, bald bin ich meinen Schwangerschaftsbauch eh wieder los.
„Luft holen, Schatz.“ rufe ich ihr zu

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Beitrag  mixit So Mai 09, 2010 12:02 pm

Avery

Warum mummy so lacht, weiß ich nicht, denn ich habe ihr ja gar keinen Witz erzählt. Daddy fand das nicht witzig, dass mummy gelacht hat, aber weil daddy das nicht witzig fand, hat mummy noch mehr gelacht…versteht ihr was ich meine? Ist ja auch egal. Daddy sieht sehr lustig aus, weil er so doll schwitzt und weil er so hechelt, fast so wie der Hund vom Nachbarn.
Vorhin hat daddy mit mir Football gespielt und ich finde es total cool, dass er mir einen Ball geschenkt hat, weil es macht so viel Spaß damit zu spielen, außerdem hat daddy gesagt, dass ich schon richtig gut werfen kann, da musste ich ganz doll grinsen und ich war ganz stolz, weil daddy auf mich stolz war. Mummy hat nicht so viel Zeit für mich, weil ja jetzt Marcie da ist und die will immer ganz viel und schreit. Mummy sagt, Marcie schreit, weil sie noch nicht sprechen kann und sie sagt, dass Marcie noch zu klein ist, um sich selber Essen zu holen, darum muss mummy das machen. Aber sie hat auch gesagt, dass ich ihr dabei helfen darf, wenn ich das möchte, denn ich bin jetzt eine große Schwester. Das hat mummy gesagt! Eine große Schwester, jawohl! Nur wenn Marcie in die Windel gemacht hat, da will ich nicht so gerne helfen, denn dann muss ich immer fast brechen, weil das so schlimm riecht. Daddy musste auch schon die Windel wechseln und als mummy nicht geschaut hat, da hat daddy sich heimlich eine Wäscheklammer auf die Nase geklemmt, das sah vielleicht lustig aus. Danach sah er aus, wie Rudolph mit der roten Nase.
Heute Nachmittag kommt ein Footballspiel im Fernsehen hat daddy gesagt und das muss er sich unbedingt anschauen sagt er und weil es noch nicht so spät ist, darf ich auch mitschauen und das ist einfach nur cool, die laufen so schnell und sehen ein bisschen aus, wie Marsmännchen, weil die so komische Helme aufhaben und so dicke Klamotten tragen.
„Daddy?“
Daddy schaut nicht vom Fernseher weg, sondern antwortet bloß mit „Ja?“
„Kann man da auch hinfahren zu so einem Spiel?“
„Aber natürlich, da muss man sich Karten kaufen und dann kann man da hinfahren.“
„Können wir uns auch mal Karten kaufen, daddy?“
Daddy nickt und verspricht mir, dass er bald mal Karten kauft, für mich eine und für ihn eine und dann fahren wir in das Stadion – so heißt das Haus, wo die spielen, sagt daddy. Das wird bestimmt toll, ich freue mich schon riesig darauf, vielleicht kann ich ja auch mal irgendwann in einem Stadion spielen, wenn ich groß bin. Aber jetzt muss ich weiterschauen, denn jetzt wird es gerade ganz ganz spannend, das weiß ich, weil daddy ganz weit nach vorne rutscht und denn Mund ganz weit aufmacht. Darum mache ich das auch.
Am Ende ist daddy nicht so glücklich und als ich frage, warum er nicht glücklich ist, sagt er, dass seine Lieblingsmannschaft verloren hat.
„ Wenn ich da mitspielen würde, daddy, dann würden die gewinnen, ganz sicher!“
Daddy lacht und wuschelt mir durch die Haare. „Aber ganz bestimmt, mein Schatz.“

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In der Schule ist es ganz nett habe ich gemerkt, ich lerne dort lesen und schreiben und rechnen und so, aber am liebsten mache ich Sport. Es gibt sogar eine Sport-AG und da bin ich auch drin. Marlon Reynolds ist auch in der Sport-AG und der ist echt ganz gut, aber weil unser Lehrer gesagt hat, dass ich sehr sportlich bin, ist Marlon jetzt immer so blöd zu mir und streckt mir die Zunge raus. Gestern hat er mir ein Bein gestellt, als wir Fußball gespielt haben, da war ich echt sauer und weil ich so sauer war, habe ich ihm den Ball von hinten an den Kopf geworfen. Marlon hat jetzt eine Beule, aber ich habe dem Lehrer gesagt, dass es nicht mit Absicht war und er hat mir auch geglaubt. Ich glaube Marlon ist neidisch, weil ich auch so gut bin in Sport. Dieser blöde Hammel! Nach der Schule durfte ich sogar noch mit zu ihm nach Hause, natürlich nicht, um mit ihm zu spielen, sondern mit Nicky, das ist sein Zwillingsbruder, Nicky ist nämlich voll in Ordnung und ich habe ihm dann im Garten ein paar gute Würfe gezeigt. Mummy ist dann auch noch gekommen und hat ein bisschen mit Marie geredet, das ist die Mama von Marlon und Nicky. „Kaffeekränzchen“ sagt daddy immer dazu, aber mummy und Marie haben gar keinen Kaffee getrunken, komisch.
Na ja, seit ich Marlon den Ball an den Kopf geworfen habe redet er nicht mehr mit mir, aber das ist ganz gut so. Gestern hat er gesagt, dass er Mädchen doof findet, die sind alle zickig hat er gesagt, aber dabei ist Marlon selber auch ganz oft zickig und ich nicht, heißt das jetzt, dass ich eigentlich ein guter Junge wäre und Marlon ein perfektes Mädchen? Könnte schon sein.
Als mummy mit mir und Marcie wieder zu Hause ist, höre ich daddy kommen und ich laufe ganz schnell runter zur Garage. Daddys Polizeiauto sieht total cool aus, so wie in den Krimifilmen, die mummy manchmal guckt. Alle aus meiner Klasse finden es cool, dass mein daddy ein Polizist ist und darum wollen die auch immer zu uns kommen und sich das Auto anschauen.
„Daddy, mach die Sirene an.“ rufe ich und halte mir die Ohren zu, als daddy sie anmacht. Das ist ja sooo laut. Danach darf ich sogar auf dem zweiten Sitz sitzen, wie eine echte Polizistin, vielleicht werde ich ja auch mal Polizistin, wie mein daddy und dann kann ich auch so ein cooles Polizeiauto mit Sirene fahren, das wäre echt super!

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Beitrag  mixit Do Mai 13, 2010 8:27 am

Molly

Wild mit den Füßen stampfend sitzt Marcie vor mir und weigert sich strikt ihre Schlafsachen anzuziehen. „Nein! Nein!“ schreit sie mir mit ihrer schrillen Stimme entgegen.
„Na schön, Marcie, dann schläfst du eben in deinen Alltagsklamotten.“
Das ist mein letztes Wort. Ganz plötzlich überlegt Marcie es sich doch anders, aber das lasse ich jetzt nicht mehr durchgehen und bleibe konsequent.
„Nein Marcie, jetzt ist es zu spät!“
Das Geheule fängt erneut an, allerdings ist jetzt kein wütendes Geplärre sondern ein winselndes und bettelndes Weinen.
Nachdem ich Marcie ins Bett gelegt hatte, war sie auch schon in den nächsten drei Minuten im tiefsten Schlaf versunken. Ich muss schon sagen, Marcie ist ein echtes Temperamentsbündel, ganz anders, als ihre große Schwester. Wenn sie schläft, sieht sie aus wie ein kleiner Engel, im wachen Zustand ist doch eher ein kleiner Engel mit Teufelshörnern. Trotzdem oder gerade deswegen habe ich sie für immer in mein Herz geschlossen, meine Kinder sind mir das Wichtigste im Leben. Am Abend mache ich dann mit Avery die Hausaufgaben, Lesen und Schreiben fällt ihr besonders leicht, sie kann jetzt schon bruchstückhaft lesen und einige Wörter schreiben, anscheinend hat sie da ein großes Talent zu Tage gebracht.
„Mummy?“
„Ja, Marcie?“
„Weißt du, was ich später mal werden möchte?“
„Äh…war es nicht Polizistin wie dein daddy?“
Avery überlegt kurz angestrengt, nickt langsam und sagt:
„Ja schon, aber ich möchte auch meine eigenen Bücher schreiben, mummy, ich meine das kann man doch auch machen, wenn man Polizistin ist oder?“
Auf eine Antwort wartend schaut sie mich an.
„Aber natürlich kann man das, Polizistin und Autorin also?“
„Ja, mummy.“
„Das klingt sehr viel versprechend.“
Zwanzig Minuten später sind alle Hausaufgaben erledigt und Avery legt sich schlafen.
Ich geselle mich zu George auf das Sofa, gemeinsam schauen wir uns eine Krimiserie an und immer wenn ich solche Serien gucke, kommt es mir in den Sinn, wie gefährlich mein Mann eigentlich arbeitet, schließlich hat er sich jetzt doch wieder in den Streifenwagen gesetzt. Ich weiß, dass es ihm Spaß macht und dass er als Phantombildzeichner nicht annähernd so glücklich war wie vorher und wie jetzt, aber gefährlich lebt er trotzdem. Ich weiß ja auch nicht, mit welchen Typen er es so zu tun hat. Daher hoffe ich, dass Avery sich den Wunsch, Polizistin zu werden, aus dem Kopf schlägt. Zum Glück ist es ganz normal, dass fast alle Kinder Polizist, Ärztin oder ähnliches werden wollen, später werden sie dann doch meistens was ganz anderes, deshalb mache ich mir darum keine Gedanken.
In den nächsten Tagen lernt Marcie das Laufen und wenn sie mit ihrer temperamentvollen Art deutlich macht, dass sie keine Lust mehr hat, wird Avery von ihr in Beschlag genommen. Avery ist zum Glück ein sehr geduldiges Kind und lässt sich so einiges von ihrer kleinen Schwester gefallen. Am liebsten spielt Marcie aber mit ihr das Kuckkuck-Spiel.

[img]Little Lewiston - Seite 2 Screen63[/img]

Die Sache mit der Gabe ist mir natürlich stets im Gedächtnis geblieben, aber bis jetzt gab es noch keine Anzeichen, die darauf hindeuten würden, dass Avery diese Gabe besitzt. Dennoch haben George und ich immer ein Auge auf unsere Älteste gerichtet. Schwieriger würde es wohl mit Marcie werden, sagte mir George gestern, denn wenn Marcie diese Gabe besitzen sollte, wäre es möglich, dass sie es nicht so leicht schafft sie unter Kontrolle zu bringen, weil sie sehr temperamentvoll ist, aber bis es soweit ist, muss noch viel Zeit vergehen. Ein mulmiges Gefühl bleibt trotzdem.
Am Samstag treffe ich dann Andy vor unserem Haus, erst am Anfang der Woche war ich bei Marie gewesen und habe erfahren, dass die Zwillinge Windpocken haben.
„Und wie geht es den beiden?“
„Ach den beiden geht es super, aber Marlon und Nicky haben sich bei ihnen angesteckt, die beiden müssen noch zwei Tage zu Hause bleiben.“
„Oh je, na wenigstens haben es eure Kinder dann hinter sich.“
Andy erzählt mir dann noch, dass Marie mit ihm und den Kinder noch einmal nach Frankreich fahren möchte, sobald die beiden Mädchen alt genug sind.
Wie gerne würde ich mal mit meiner Familie vereisen, ich glaube, ich sollte George darauf ansprechen. Am Ende lade ich noch Andy und die anderen zu Kaffee und Kuchen ein.
„Nächste Woche Freitag?“
„Ich denke schon, also bis nächsten Freitag.“ entgegnet mir Andy und verabschiedet sich.
„Ach und grüß George von mir, am Mittwoch ist ein Spiel im Stadion, sag ihm, ich hole ihn nach der Arbeit ab, also soll er sich schon mal darauf vorbereiten.“
Wie Männer eben sind.

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Beitrag  mixit Do Mai 13, 2010 10:13 am

Familie Perkins

Lucky

Meine alten Knochen machen mir wirklich zu schaffen in letzter Zeit, auch wenn ich mir das bis jetzt nicht eingestehen wollte, aber die Realität zeigt mir etwas anderes oder besser gesagt – sie lässt mich etwas anderes spüren. Ich fühle mich müde und kaputt, heute ist Montag und ich liege im Bett und kann mich nicht dazu aufraffen aus dem Bett zu steigen. Ich glaube heute schlafe ich mich einfach mal aus. Am Nachmittag fühle ich mich besser und meine Müdigkeit ist auch verschwunden, darum begebe ich mich gleich zum Fluss und werfe meine Rute aus, schließlich könnte ein bisschen Fisch unserem Kühlschrank nicht schaden, in meinem Portemonnaie herrscht nämlich wieder mal gähnende Leere. Natürlich würden Sam und Amanda mir Geld geben, aber das will ich nicht, ich will keine Almosen, ich kann für mich selber sorgen, die beiden steuern etwas zur Miete bei und einkaufen tun die beiden auch hin und wieder, das reicht, das ist schon genug. Die beiden tun mehr für mich, als ich eigentlich erwarten dürfte, darum steuere ich meinen Teil mit selbst gefangenen Fischen hinzu und ernte hin und wieder mal wilde Früchte, die überall hier in Little zu finden sind – wenn man sich die Mühe macht, die Augen aufzuspähen. Wozu also viel Geld im Supermarkt ausgeben? Die Leute von heute haben überhaupt keine Ahnung mehr vom Leben, alles wird in Regalen ausgestellt und die Leute können sich alles nehmen, was sie brauchen ohne auch nur einen Finger dafür zu krümmen. Ich musste früher meinen Eltern im Garten beim ernten von Gemüse und Obst helfen, bei uns gab es auch einen Supermarkt, aber da konnten sich nur die Reichsten der Reichsten blicken lassen, wir haben unser Essen selber angebaut und geerntet.
Aber nun genug, ich bin schon wieder viel zu viel in meine Gedanken vertieft. Das Wetter ist hervorragend, ein guter Zeitpunkt, um auf Edelsteinsuche zu gehen. Bereits eine halbe Stunde später finde ich einen und eine weitere halbe Stunde später gleich vier an einer Stelle. Heute ist ein ausgesprochen glücklicher Tag für mich, es scheint nur so von Edelsteinen geregnet zu haben. Nach drei Stunden intensiver Suche habe ich zwei große Taschen voll und die schicke ich zu Hause auch gleich zum Schleifen weg.

[img]Little Lewiston - Seite 2 Lucky110[/img]

Ein Glück, dass ein alter Freund von mir als Schleifer arbeitet, der bietet mir seine Dienste für einen Spottpreis an, den ich stets von dem Geld bezahle, dass ich mir extra für das Schleifen von meinen Edelsteinen zur Seite gelegt habe. Wenn das Amanda wüsste…
Als ich Am frühen Abend erneut zum Fischen an den Fluss gehe, treffe ich Julia Motton.
Ich hoffe dem armen Kind geht es gut, schließlich hat sie nicht so viel Geld und bloß ein altes Zelt besessen, als ich sie bei mir im Garten angetroffen hatte.
„Hallo Julia, wie geht es dir denn?“
„Lucky, schön dich zu sehen, mir geht es eigentlich ganz gut und selber?“
Nachdem wir ausführlich über unser Befinden und das Wetter gesprochen hatten, lud ich Julia für morgen zum Essen ein, sie tut mir einfach leid, schließlich weiß ich selber am besten, was es heißt bettelarm zu sein. „Ich komme wirklich gerne, Lucky.“ entgegnet mir Julia ernsthaft erfreut und drückt mich zum Abschied. Als ich unseren morgigen Gast beiläufig zu Hause erwähne, bin ich bereits auf die Reaktion gefasst. Nur gut, dass Sam gerade nicht da ist. Amanda dagegen ist da und sie ist wenig begeistert von der Einladung, die ich Julia ausgesprochen hatte. „Dad, du kannst dich nicht auch noch um diese Frau kümmern, nachher denkt sie noch, sie könnte jeden Tag hier essen, außerdem weißt du, wie schlecht Sam auf sie zu sprechen ist, sie scheint absolut nicht mit dieser Julia auszukommen und ehrlich gesagt weiß ich auch nicht, was ich von ihr halten soll.“
Ich darf in meinem eigenen Haus keine Gäste einladen? So läuft das hier also.
„Ich habe Julia für morgen eingeladen, punkt. Ich diskutiere auch nicht mit dir darüber, schließlich ist das hier immer noch mein Haus.“
Amanda wird tatsächlich ganz rot im Gesicht, na hoffentlich platzt sie nicht gleich.
„Das mag vielleicht dein Haus sein, aber denke daran, dass Colin sein Essen wieder ganz alleine in seiner kleinen Abstellkammer einnehmen muss, nur weil du diese Frau zu uns einlädst.“
Daran habe ich nicht gedacht, Colin könnte nicht mit uns essen, wenn eine Fremde dabei wäre, da hat Amanda Recht. Ich befinde mich mal wieder in der Zwickmühle, warum muss mir auch jeder und alles leid tun? Aber jetzt kann ich Julia auch nicht mehr absagen.
„Na dann isst Sam eben mit Colin gemeinsam oben, wenn sie Julia sowieso nicht leiden kann, ich kann doch Julia jetzt nicht mehr absagen, das gehört sich nicht.“
Amanda wirkt wirklich sehr wütend, aber das kann ich jetzt auch nicht mehr ändern.
„Hör einfach auf dich in erster Linie um andere zu kümmern, dad, du hast selber Probleme, die du bewältigen musst, da musst du dich nicht auch noch um die Probleme anderer Leute kümmern. Das mit Colin ist eine Sache, der Junge brauchte wirklich Hilfe, aber Julia kann sich auch selber helfen, die kann sich Arbeit suchen und dann hat sie wieder Geld.“
Jetzt war es auf einmal schlecht anderen Menschen zu helfen? Ich kann das jetzt wirklich nicht glauben.
„Ja Amanda, es tut mir leid, dass ich mich für andere einsetze, ich sollte wirklich egoistischer sein, so wie du.“
Eigentlich wollte ich den letzten Teil meines Satzes gar nicht aussprechen, aber irgendwie ist er mir doch rausgerutscht. Amanda wirkt recht gefasst, nur eine kleine Sekunde lang blitzt so etwas, wie Verletztheit in ihren Augen auf.
„Ach ja, ich bin egoistisch? Hör mir mal gut zu dad, ich bin nur deinetwegen wieder nach Little gekommen, ich bin wieder zurückgekommen, weil ich mir Sorgen um dich gemacht habe, ich habe mein altes Leben, mit dem ich übrigens sehr glücklich war, aufgegeben, aber ich habe es gern getan, weil ich wusste, dass wir dir gut tun würden, vor allem Sam, also nenn mich bitte nicht egoistisch.“
Amanda und ich stehen voreinander und die Luft ist raus. Das, was sie sagt, geht mir sehr nahe und dass sie egoistisch sei, habe ich nur gesagt, weil ich sauer war, aber gemeint habe ich es nicht so. Ich weiß doch, dass Amanda nicht egoistisch ist.

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Beitrag  mixit Do Mai 13, 2010 1:04 pm

Amanda

Nach dem Streit mit meinem Vater war ich sehr verletzt gewesen, schließlich bekomme ich nicht jeden Tag an den Kopf geworfen, wie egoistisch ich doch wäre und dann auch noch vom eigenen Vater, für den ich mein ganzes altes Leben über den Haufen geworfen habe. Mein Gott, ich hätte in ferne Länder reisen können, Gruften erkunden alte Schätze ausgraben, ja, ich war ganz nah dran eine sehr gefragte und gute Archäologin zu werden, aber ich habe diesen Traum, der zuletzt in so greifbarer Nähe gewesen war, verworfen um meinem Vater zu helfen, den ich über alles liebe und ich bereue es nicht, wirklich nicht. Und dann wird mir vorgeworfen egoistisch zu sein. Dad hatte nach seinem verletzenden Vorwurf etwas hinzufügen wollen, aber ich war bereits an ihm vorbeigerauscht und hatte mich in mein Bett gelegt. Sollte er doch ruhig bis morgen in seinem schlechten Gewissen baden. Am nächsten Morgen ging ich verschlafen die Treppe runter und erblickte einen gedeckten Tisch und mir kroch herrlich duftendes Kaffee-Aroma in die Nase. Dad drehte sich abrupt um, als er meine Schritte hörte, ich ließ ihn aber noch ein bisschen zappeln.
„Äh…also das ist für dich, ich…ähm…also…na ja, ich wollte mich…bei dir entschuldigen.“ Drückte er mühsam zwischen seinen Zähnen heraus und kam einen Schritt auf mich zu.
„Es war eine blöde Bemerkung, die ich gestern dir gegenüber gemacht habe, alles was du mir daraufhin gesagt hast, ist wahr, es tut mir leid, Amanda, du bist absolut keine Egoistin, bitte verzeih mir diesen Vorwurf.“
Meine stählerne Sturheit wurde jäh durchbrochen, ich merkte, wie meine Gesichtszüge sanfter wurden und meine harte Miene verschwand.
„Schon gut, dad, ich weiß, dass du es nicht so gemeint hast und jetzt lass uns frühstücken.“ Genau in dem Moment hörte ich ein lautes Fluchen von draußen.
„Iiiihh….“ Und dann: „…oh man, scheiße ey!“
Dad und ich liefen nach draußen und da kam uns schon eine triefnasse Sam entgegen.
„Was ist denn mit dir passiert?“ fragte ich sie irritiert und bekam prompt die total genervte Antwort.
„Ich wollte bloß die Dusche sauber machen und dann fing die an zu spritzen ohne Ende, ich glaube die Wasserrohre sind kaputt.“
Das Frühstück musste also warten, schließlich sollte die zugegebenermaßen bescheidene Nasszelle nicht vollkommen im Wasser versinken, also holte ich meinen Werkzeugkoffer und stellte mich dem Kampf gegen die Rohre.

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Die Dusche konnte ich zum Glück retten, wobei eine Neue auch nicht geschadet hätte, aber dafür war momentan nun wirklich kein Geld mehr da. Mehr Sorgen mache ich mir momentan um Sam, denn die ist in den letzten Tagen sehr schweigsam und verbringt jede freie Minute mit ihrer Arbeit im Wissenschaftsinstitut. Genauso war es schon immer gewesen, wenn sie Probleme hatte, sie hat sich in die Arbeit gestürzt oder in ihre Hausaufgaben und so wenig wie möglich Worte mit mir oder jemand anderem gewechselt. Bevor sie so komisch geworden ist, hatte sie gerade angefangen sich gut mit Colin zu verstehen, ob er etwas weiß? Vielleicht hat er auch etwas mit ihrem Verhalten zu tun? Mittlerweile habe ich sogar die Vermutung, dass zwischen den beiden mehr vorgefallen ist, möglicherweise hat sich Sam in ihn verliebt, nur dass der arme Junge selber erstmal anfangen muss zu leben, ich könnte mir vorstellen, dass Colin überfordert wäre mit einer Verehrerin. Leider sind das alles nur Vermutungen, die ich anstellen kann, denn Sam redet ja nicht…und Colin auch nicht, zumindest nicht mit mir oder dad. Bis Mittwoch schaue ich mir dieses unerträglich werdende Verhalten meiner Tochter an, dann habe ich nicht mehr die Geduld passiv daneben zu stehen. Am Abend, als Sam sich mal wieder in ihre Arbeit stürzt und dad am Fluss angelt, fange ich den ahnungslosen Colin ab.
„Hör mal Colin, ich weiß ja, dass du nicht gerne redest, aber ich mache mir große Sorgen um Sam, sie ist in letzter Zeit sehr beschäftigt, viel zu beschäftigt und das ist bei ihr immer ein Zeichen dafür, dass es ihr nicht gut geht.“
Ich schaue Colin einen Moment an, doch er erwidert nichts, also fahre ich fort.
„Colin,…ich hatte die Hoffnung, dass du mir sagen kannst, was mit meiner Tochter los ist, ihr habt euch doch schließlich angefreundet oder nicht?“
Erneut halte ich inne und warte auf eine Erwiderung. Colin schaut betreten zu Boden.
„Da müssen sie Sam selber fragen.“ höre ich ihn leise sagen und seufze.
„Na schön, also weißt du etwas und willst es mir nicht sagen, aber ich verstehe das und ja, ich werde Sam selber fragen, trotzdem danke.“
Ich will mich gerade umdrehen als ich noch hinzufüge: „Ach und Colin? Ich finde es schön, dass wir miteinander geredet haben…ehrlich!“
Der Anflug eines Lächelns lässt sich auf seinem Gesicht ausmachen, aber dann schaut er wieder so traurig, wie immer.
„Du bist ein wirklich guter Junge und du wirst irgendwann lernen, wie man richtig lebt, da bin ich mir ganz sicher.“
„Danke, ma´am.“, entgegnet Colin zaghaft und geht.

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Beitrag  mixit Do Mai 13, 2010 2:06 pm

Colin

Dass ich Sam nicht gut tue scheint mittlerweile also auch ihrer Mutter aufgefallen zu sein. Ich beneide Sam für so eine tolle Mutter, ich hatte nie eine gehabt. Als Amanda auf mich zukam und mich nach Sams seltsamen Verhalten fragte, war ich wie vor den Kopf gestoßen, ich hatte Sam in den letzten Tagen so gut, wie nie zu Gesicht bekommen. Natürlich war mir klar gewesen, dass es ihr wegen mir nicht so gut gehen würde, aber dass es ihr so schlecht geht, das wusste ich nicht und vor allem hatte ich nicht beabsichtigt ihr so weh zu tun. Ich mag sie sehr gerne, mehr, als sie vielleicht glaubt, aber ich bleibe dabei – ich kann hier nicht bleiben, ich kann hier kein Leben anfangen, ich muss hier weg! Aber jetzt komme ich doch wieder ins Wanken, ich weiß nicht ob ich das Sam antun kann, ich möchte ihr nicht noch mehr wehtun. Andererseits – wenn ich weg bin, kommt sie sicher schneller über mich hinweg…und findet jemand anderen…dieser Gedanke trifft mich hart…Sam und ein anderer Mann? Ich will mir das nicht vorstellen, ich spüre das erste Mal so etwas wie Eifersucht. Eifersucht auf einen Mann, den Sam noch nicht kennt, aber den sie irgendwann kennen lernen wird, wenn ich von hier weg gehe. Amanda weiß nicht, dass mehr zwischen mir und Sam vorgefallen war, aber ich denke sie ahnt es, irgendwas an ihrer Stimme hat mir das gezeigt. Aber ich möchte ihr nichts sagen, Sam soll selber sprechen, wenn sie dazu bereit ist, ich werde ihr nichts vorweg nehmen.
Old Lucky hat mich heute Nacht zum Angeln mitgenommen, er sagt, nachts fängt man die größten Fische. Er hat mir seine alte Rute gegeben, die, die mir Sam damals gegeben hatte, bevor sie mich küsste. Ich höre Old Lucky nur mit einem Ohr zu, ich bin viel zu sehr in meine Gedanken vertieft und in die Frage, ob ich gehen soll oder nicht. Sam mit mir zu nehmen, das kann ich nicht von ihr verlangen, sie liebt ihre Mutter und ihren Großvater, sie soll sich nicht zwischen ihrer Familie und mir entscheiden müssen.
„Ha! Schnell Colin, hilf mir die Angel festzuhalten, das ist vielleicht ein Brocken!“ ruft Old Lucky laut aus und reißt mich aus meinen Gedanken. Ich helfe ihm den dicken Fisch an Land zu ziehen und Old Lucky hat Recht, es ist ein riesiges Teil, das da zappelnd im Gras liegt.
Am nächsten Morgen, die Sonne ist noch nicht aufgegangen, sitze ich am Küchentisch und frühstücke. Normalerweise steht Sam immer eine halbe Stunde später auf, aber heute steht sie bereits um halb sechs in der Küche und holt sich schweigend eine Schüssel Müsli aus dem Kühlschrank. Ihr scheint unser Zusammentreffen auch Unbehagen zu bereiten, aber sie setzt sich trotzdem zu mir an den Tisch und löffelt leise vor sich hin. Hinter uns bemerke ich Amanda, die sich wahrscheinlich ihren Teil denkt, wenn sie uns so da sitzen sieht.

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Sam ist als erstes fertig und wäscht ihre Schüssel schnell, aber sorgsam in der Spüle ab, ehe sie ihre Schlüssel nimmt und sich zur ihrer Arbeit begibt. Amanda schaut mich fragend an, aber ich versuche das zu ignorieren und trete erneut meinen Rückzug in die Abstellkammer an, in der ich die letzten Tage am meisten verbracht habe. Nicht sehr groß und nicht sehr komfortabel, aber ein guter Ort zum Nachdenken. Keine Menschenseele, die einen dabei stört. Nur am Nachmittag klopft Old Lucky an und bringt mir ein Buch vorbei.
„Hier mein Junge, das war eines der Lieblingsbücher von deinem Vater, ich…hatte nicht mehr die Gelegenheit es ihm zurückzugeben. Ich denke, es könnte dich auch interessieren.“
Ich nicke dankend und nehme das dicke, eingebundene Buch entgegen.
Wie ein Junge leben lernte
Scheint ja zu mir zu passen, zumindest wenn ich nach dem Titel urteilen würde. Old Lucky schließt die Tür wieder und ich höre seine alten, aber kräftigen Schritte, als er die morsche Treppe hinunter geht. Old Lucky ist ein guter Mann, ich habe ihm mein Leben zu verdanken, irgendwann werde ich ihm all das, was er für mich getan hat zurückgeben. Irgendwann, wenn ich es kann. Ich hoffe nur, dass er bis dahin noch lebt – ach was, er ist ein harter Knochen, der wird es schon packen.
Am Freitag habe ich das Buch zu Ende gelesen, ein sehr gutes Buch, da hat mein Vater Geschmack bewiesen. Es ging um einen Jungen, der seine Beine verlor und erst wieder anfangen musste den Lebenswillen wieder zu finden. Am Ende, als er bereits erwachsen war, wurde er Bestsellerautor und verdiente Millionen mit seinen Büchern, hatte eine Frau und drei Kinder mit denen er in einem Haus am Meer lebte.
Ich stelle mir vor, wie ich leben würde, wenn ich mich entscheiden würde, mein Leben mit Sam zu verbringen. Hätten wir dann auch ein schönes Haus am Meer, so wie der Darsteller im Buch? Und vielleicht hätten wir ein kleines Boot mit dem wir raus fahren würden, auf´s Meer und dann würden wir in den Wellen schwimmen bis wir nicht mehr könnten. Aber dann komme ich zu der Stelle im Buch, in der seine Frau ihm verkündet, dass sie schwanger ist. Diese Nachricht würde Sam mir niemals mitteilen, denn so jemand wie ich darf keine Kinder kriegen, das wäre unverantwortlich. Meinen Eltern war damals ein Missgeschick passiert, sie hatten keine Kinder gewollt, weil sie niemals wollten, dass ein Kind, dass auch diese Erbkrankheit besitzt, das gleiche Leben voller Abneigung und Ablehnung erfahren muss, wie meine Mutter, aber dann kam ich.
Spät am Abend wage ich mich an die frische Luft und da sehe ich sie stehen. Sam angelt ruhig und besonnen in dem kleinen Teich. Wie sie da steht, so selbstsicher und mutig. Eine starke junge Frau. Ich liebe Sam.

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Beitrag  mixit Do Mai 13, 2010 4:03 pm

Sam

Die Angelrute in meinen Händen fühlt sich gut an, die Schnur bewegt sich sachte im Wasser des Teiches, einen Fisch habe ich noch nicht gefangen und ehrlich gesagt geht es mir weniger darum, sondern mehr um die beruhigende Wirkung, wie mir klar wird. Ich habe so einiges vernachlässigt in letzter Zeit, aber mir wächst momentan die ganze Sache mit Colin über den Kopf. Warum kann er nicht wenigstens versuchen mit mir ein neues Leben anzufangen? Ich weiß, dass wir dann nicht hier in New Little bleiben könnten, aber das wäre mir egal, dann ziehen wir eben ein Dorf weiter, es muss ja nicht am Ende der Welt sein, aber auch das lehnt er rigoros ab, was soll ich da anderes machen, als mich in die Arbeit stürzen. Die Arbeit ist das einzige, das meinen Kopf frei macht und mich von meinen Sorgen befreit, zumindest für einige Stunden. Heute Morgen, als wir beide zusammen am Frühstückstisch saßen, da hätte ich ihn am liebsten geschüttelt und ihn angeschrieen, das er mir mit seiner ablehnenden Haltung weh tut und dass ich ihn verdammt noch mal liebe, aber ich schwieg und aß brav meine Schüssel leer. Nun stehe ich hier und angle vor mich hin, aber meine Sorgen bleiben. Ich will die Angel gerade erneut auswerfen, als ich das Geräusch von Schritten höre. Ich drehe mich um und sehe Colin. Kurz, ganz kurz treffen sich unsere Blicke, dann wendet er sich ab und geht auf die morsche Treppe zu, die zu der kleinen Abstellkammer führt. Na toll, genau das meine ich, er redet nicht mit mir und er kann mir nicht in die Augen schauen. Mir kommen schon wieder die Tränen und ich muss mich zusammenreißen, um nicht loszuheulen, aber die Mühe mache ich mir vergeblich, denn die Tränen kommen trotzdem. So ein Scheiß!
Wenige Minuten später hatte ich die Angelrute weggestellt und war schlafen gegangen, nur das ich nicht schlafen konnte. Mum schlief bereits, das hörte ich an der langsamen regelmäßigen Atmung hinter der dünnen Trennwand. Ich selber fasste in dieser Nacht den Entschluss mit Colin zu reden, ob er nun wollte oder nicht. Jetzt ist es Samstag, ich bin schon wieder um halb sechs auf, geschlafen hatte ich die letzte Nacht eh nicht. Ich ziehe mir meinen Laborkittel an und gehe nach draußen, auf die Treppe zu, die zu Colins behelfsmäßiger Unterkunft führt. Ich mach mir erst gar nicht die Mühe anzuklopfen, denn aus dem Türspalt dringt bereits Licht. Colin schaut verwundert zu mir auf und dieses Mal wendet er den Blick nicht ab.
„Ich will, dass du bei mir bleibst, Colin.“
Colin schüttelt verständnislos den Kopf, schweigt kurz und entgegnet dann ungeduldig:
„Man, Sam, verstehst du das denn nicht? Ich…bin…hier…nicht erwünscht! Die machen mir die Hölle heiß, wenn sie mich finden…Sam, die wollten mich damals verrecken lassen, ist dir das überhaupt klar?“
Seine vorwurfsvolle und leicht aggressive Art macht mich wütend und verletzt mich zugleich.
„Dann gehen wir beide weg.“
entgegne ich genauso ungeduldig und mit Tränen in den Augen. Die müssen auch Colin nicht entgangen sein, denn plötzlich wird sein Blick sanfter und er kommt sogar einen Schritt auf mich zu.
„Sam, hör zu, du kannst deine Familie hier nicht zurücklassen, dein grandpa braucht dich und du ihn auch.“
„Aber ich liebe dich!“ schluchze ich nun und versuche meine Gefühle vergeblich wieder unter Kontrolle zu bringen. Colin gibt daraufhin seine Distanz zu mir ganz auf und nimmt mich fest in den Arm. Und es tut so gut.

[img]Little Lewiston - Seite 2 Sam11[/img]

Ich glaube, jetzt wird alles wieder gut, wir haben lange miteinander geredet, aber zu einem Entschluss sind wir nicht gekommen, trotzdem glaube ich, dass wir zusammen bleiben können, da bin ich mir ganz sicher. Mum fragte mich heute, ob alles mit mir in Ordnung sei und ich antwortete ihr wahrheitsgemäß
„Alles ist gut, mum.“ Anscheinend hatte sie meine Sorgen mitbekommen, natürlich hat sie das, sie hat mich und meine Gefühllage schon immer durchschaut, aber ich glaube auch, dass sie beruhigt ist, weil ich wieder einigermaßen glücklich bin. Colin und ich reden zwar nicht mehr so ungezwungen miteinander, wie am Anfang, aber zumindest wendet er sich nicht mehr von mir ab, das bedeutet mir sehr viel. Meine Laune bessert sich sogar so sehr, dass ich Sophie und Ben besuche, die in den letzten Tagen mehrmals versucht hatten mich auf dem Handy zu erreichen. Froh und erleichtert, dass es mir gut geht, hatten die beiden Kekse und Tee auf den Tisch gestellt. Den beiden geht es ausgezeichnet und der Kleine wächst und gedeiht und hat mir sogar etwas auf dem Xylophon vorgespielt. Zugegeben, es war eher ein wirres Geklingel, aber für ein Kleinkind ist Cody schon sehr musikalisch. Als ich am späten Nachmittag zurück bin fühle ich mich sehr wohl. Am Abend kommt Colin nicht zum Abendessen und da ist es wieder, dieses komische Gefühl in meinem Bauch. Ich esse nur die Hälfte meines Brotes und gehe angespannt zu der Abstellkammer hinauf. Dieses Mal klopfe ich und zu meiner Erleichterung höre ich ein leises „Ja.“
Ich trete ein und schließe vorsichtig die Tür hinter mir. Colin lächelt zaghaft und so schnell, wie das Lächeln gekommen war, verschwand es auch schon wieder aus seinem Gesicht.
„Ich…habe dich beim Essen vermisst.“ gestehe ich ihm und schaue ihn an.
„Mir geht´s gut, Sam, ich hatte bloß keinen Hunger.“
Sekundenlang schweigen wir uns an, dann trete ich auf ihn zu und küsse ihn, erst vorsichtig, dann stürmischer. Er drückt mich enger an sich und dann passiert es. Die schönste Nacht in meinem Leben.

Little Lewiston - Seite 2 Sam110

Am nächsten Morgen wache ich in dem kleinen Abstellraum auf, ganz alleine. Neben mir an der Wand klebt ein Zettel

Verzeih mir

Ich bin wie betäubt und Colin ist weg. Für immer.
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Beitrag  mixit Fr Mai 14, 2010 10:20 am

Familie Jones

Sophie

Nach der geglückten Wiedervereinigung von Ben und seinen Eltern scheinen sich die Wogen zwischen ihnen geglättet zu haben. Ben ist ganz begeistert von seinem kleinen Bruder, der ihm jetzt schon sehr ähnlich sieht. Ben hat versprochen den Kontakt aufrecht zu erhalten und seinen Bruder öfters zu besuchen. Seine Eltern dagegen wurden, wie bereits viele andere vor ihnen auch, von unserem kleinen Schatz total verzaubert, aber daran gab es ja eh keinen Zweifel. Auch sie wollen ihren Enkel so oft es geht sehen. Es scheint alles perfekt zu laufen. Ich habe mir nach dem ganzen Trubel endlich vorgenommen ein Buch zu schreiben und damit ich auch in Ruhe schreiben kann, habe ich mir vor wenigen Tagen einen Laptop gekauft, so kann ich mich auch mal zurückziehen, in den Park oder in die Bibliothek, falls mir hier zu Hause die Decke auf den Kopf fallen sollte. Allerdings muss ich noch ein wenig an meinem Schreibstil feilen, deshalb habe ich mich für nächste Woche in einen Schreibkurs eingeschrieben und bis dahin übe ich fleißig alleine weiter. Obwohl das gar nicht so einfach ist, wie sich herausstellt, denn Cody läuft jetzt schon und er läuft wirklich überall hin, in jede Ecke und jeden verstecken Winkel, dass heißt, meine Augen sind ständig auf ihn gerichtet. Ganz besonders klasse findet er anscheinend das Element Wasser, gestern habe ich ihn nur zwei Minuten aus den Augen gelassen und im nächsten Moment war er verschwunden. Wieder gefunden habe ich ihn dann im Badezimmer, vor der Toilette. Er hat begeistert und jauchzend mit dem Toilettenwasser herumgespritzt. Als ich das Ben erzählt habe, fand der das auch noch super lustig, schließlich musste er den kleinen Dreckspatz nicht waschen und die Pfützen, in die Cody am Ende auch noch lachend hineingesprungen ist, wegwischen. Aber gut, diese Phase vergeht hoffentlich auch wieder. Gerade gebe ich Cody sein abendliches Fläschchen, als meine Mutter anruft und sich nach unserem Befinden erkundet. Sie ruft aus China an, weil dad dort einen befreundeten Geschäftspartner besucht, der ihn und meine Mutter zur Hochzeit seiner Tochter eingeladen hat. Es sei sehr heiß, aber die Leute unglaublich herzlich und freundlich, sagt mum und meint, Ben und ich sollten unbedingt mal dort gewesen sein, es würde sich lohnen.
Dann muss ich aber auflegen, denn Cody fallen schon die Augen zu, ich verabschiede mich herzlich von meiner Mutter und bringe Cody in sein Bettchen. Kaum habe ich ihn zugedeckt, höre ich schon sein leises Schnarchen, das mich ein bisschen an Ben erinnert, der schnarcht nämlich auch so leise. Nun habe ich endlich Zeit mich dem Schreiben zu widmen, ich packe meinen Laptop aus und öffne das Schreibprogramm mit dem ich bereits in den letzten Tagen geübt habe.

[img]Little Lewiston - Seite 2 Screen66[/img]

Am nächsten Tag gehen Ben und ich mit Cody in den Park. Die Sonne scheint und Cody läuft mit tapsigen Schritten ein paar Mädchen hinterher, die mit ihm Fangen spielen. Dass sie ihn extra gewinnen lassen, scheint er noch nicht zu begreifen, Hauptsache der Spaßfaktor stimmt. Ein putziges Bild. Unwillkürlich muss ich an Sam denken, an ihren Besuch in der letzten Woche und ihre erstaunlich gute Laune. Tagelang konnten wir sie nicht erreichen und plötzlich steht sie vor uns und es scheint ihr blendend zu gehen. Seit Sonntag geht das alte Spielchen aber schon wieder los, heute ist Mittwoch und seit drei Tagen versuche ich sie telefonisch zu erreichen. Da kann doch irgendwas nicht stimmen.
„Vielleicht sollten wir mal bei Sam vorbeischauen, was meinst du?“ frage ich Ben, der gerade ein hübsches Blumenarmband für mich bastelt.
„Darüber habe ich auch schon nachgedacht.“
„Und?“
„Ich würd´s machen, man weiß ja nicht, ob nicht doch etwas Ernstes mit ihr los ist.“
Man soll ja nicht gleich den Teufel an die Wand malen, aber Sorgen mache ich mir schon um Sam, ich hoffe nur, dass da wirklich nichts Ernstes passiert ist.
„Gut, ich werde nachher zu ihr fahren.“ Beschließe ich und richte meine Gedanken wieder auf Cody.
Zwei Stunden später sitze ich im Auto und fahre die ellenlange, leere Straße entlang, die zu der kleinen Perkins-Hütte führt. Cody und Ben sind schon nach Hause gefahren, der Kleine war ganz erschöpft gewesen von der Toberei im Park, darum wollte ich ihn nicht noch mehr verausgaben. Von weitem sehe ich bereits die aus alten Holzschindeln gebaute Hütte und halte ein wenig später am Straßenrand, steige aus und schließe das Auto sorgsam ab.
Als ich gerade auf die Treppe zusteuere, die zur Haustür führt, kommt mir aus dem winzigen Badehäuschen Sam entgegen. Sie schaut mich überrascht an, ehe sie auf mich zukommt und mich begrüßt. Sie sieht überhaupt nicht glücklich aus, hat dicke Augenringe und einen müden Blick. Das erstaunlichste aber ist die runde Kugel, die unter ihrem Nachthemd hervorsteht.
Ich weiß im ersten Moment gar nicht, was ich zu ihr sagen soll, sondern starre nur auf ihren mehr als deutlichen Schwangerschaftsbauch.
„Ja ich weiß, sehr überraschend, he?“
„Na du bist gut.“ entgegne ich verwirrt, „aber sag mal, wie kann das sein?“
Ein müdes Lächeln zeigt sich auf Sams Gesicht.
„Das muss ich dir doch nicht erklären oder?“
„So meinte ich das nicht, eigentlich wollte ich wissen…na…von wem das Kind ist?“
Sam schaut zu Boden, eine winzige Träne quillt aus ihrem Augenwinkel, die sie aber schnell mit dem Handrücken beseitigt.
„Der Vater des Kindes ist weg, er…konnte nicht hier bleiben,…er musste gehen.“ erklärt sie mir mit leiser, trauriger Stimme.
„Also doch ein Krimineller, ich hatte es schon geahnt.“
„Nein, Sophie, er ist doch kein Krimineller, er…hatte einfach andere, schwerwiegende Probleme hier in Little.“ entgegnet Sam energisch und ich glaube ihr.
„Und jetzt willst du das Baby alleine großziehen.“
„Ich werde das schon schaffen, mum und grandpa haben mir versprochen mir zu helfen.“
„Sam, Ben und ich sind auch für dich da, hörst du? Wenn du Hilfe brauchst, dann ruf uns an, wir sind rund um die Uhr zu erreichen.“
Mit Tränen in den Augen steht sie vor mir, dann kann sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie fällt mir in die Arme und schluchzt, bevor ich gehe flüstert sie mir ein leises „Danke.“ zu.

[img]Little Lewiston - Seite 2 Screen67[/img]
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Beitrag  mixit Fr Mai 14, 2010 12:27 pm

Ben

Als Sophie wieder nach Hause kommt sieht sie irritiert und verwirrt aus, mir ist gleiche klar, dass nicht alles in Ordnung ist mit Sam, ich habe trotzdem die Hoffnung, dass sie nicht etwa sehr krank ist oder so. Ich lasse Sophie eine Weile alleine auf dem Sofa sitzen, eine kleine Pause wird ihr bestimmt gut tun. Dann setze ich mich neben sie und lege meine Hand auf ihre.
„Man, du hast ja Eishände.“ bemerke ich sorgenvoll und versuche ihre eiskalten Hände ein wenig zu wärmen.
Sophie wendet ihren Blick in meine Richtung und teilt mir ruhig und besonnen mit:
„Sam ist schwanger.“
Jetzt bleibt mir aber die Spucke weg, ich muss ganz schön aus der Wäsche gucken, schätze ich.
„Schwanger?“
Mit einem Nicken fährt Sophie fort: „Der Vater ist weg, Sam sagte, er hätte hier große Probleme gehabt, also nichts Kriminelles oder so, aber er hatte wohl so große Probleme, dass er Little verlassen musste.“
„Und jetzt ist sie alleine mit dem Kind?“
„Na ja, ganz alleine ist sie nicht, sie hat ihre Familie und sie hat uns, aber zumindest ist sie bald eine allein erziehende Mami, denn so, wie ich sie verstanden habe, wird der Kindesvater nicht zurückkommen.“
Ich bin schockiert. Wie, verdammt noch mal, konnte ausgerechnet Sam in so eine scheiß Situation geraten? Ich bin echt geplättet.
„Ja und wie steht sie zu dem Typen, ich meine, wie geht sie damit um, dass er sie alleine gelassen hat?“
„Es geht ihr schlecht damit, sie war total fertig, ich glaube, sie hat ihn sehr geliebt, damals, als sie uns zu sich eingeladen hat, das hat sie mir gesagt, sie würde vielleicht bald ihre große Liebe verlieren und sie hat Recht behalten, wie es scheint.“
Große Liebe? Kann ich mir kaum vorstellen. Man lässt doch nicht die große Liebe einfach zurück und verpisst sich ins Nirgendwo und dann auch noch, wenn die angeblich so große Liebe schwanger ist. So ein Idiot. Ich hätte das nicht gekonnt, schon allein aus reinem Verantwortungsgefühl für das ungeborene Kind.
Sophie und ich sind uns auf jeden Fall einig, dass wir Sam so gut es geht mit dem Baby helfen werden, das ist für uns selbstverständlich.
Die nächsten Tage verlaufen relativ ruhig, ich bin mittlerweile auch als Talentsucher unterwegs, denn mein Boss sucht noch nach Vorgruppen für seine weltbekannte Rocktruppe „The Immorals“, die in drei Monaten auf Welttournee geht. Eine große Ehre für mich, aber vor allem eine Riesenchance mit meiner Band weiter aufzusteigen. Cody ist auch schon ein richtiger kleiner Nachwuchsrocker, wenn er meine Rockmusik hört, fängt er an zu tanzen, na ja, zumindest versucht er es. Vielleicht tritt er ja irgendwann in meine Fußstapfen, wer weiß?
Als ich am Freitag endlich mal wieder Zeit habe bei meiner Familie zu sein, genieße ich das in vollen Zügen und auch Cody erfreut sich an meiner Anwesenheit, erzählt mir mal wieder seine halbe Lebensgeschichte, die ich mittlerweile schon besser verstehe, weil er langsam anfängt verständliche Worte herauszubringen.

[img]Little Lewiston - Seite 2 Screen68[/img]

Am Samstag dann der Schock. Sam sitzt bei uns im Wohnzimmer auf dem Sofa und fängt an zu schreien. Während ich noch ratlos umherblicke, hat Sophie die Lage längst erfasst.
„Oh ja, das Baby kommt.“
Ich hole meine Autoschlüssel und helfe der unter Schmerzen leidenden Sam auf und begleite sie vorsichtig zu unserem Auto. Sophie bleibt zu Hause bei Cody, wünscht unserer Freundin aber noch viel Glück bei der Geburt. Die Fahrt ins Krankenhaus wird aber jäh unterbrochen, als der blöde Schrottkasten mitten auf der Straße abbockt und auch nicht mehr anspringt. Na super, das hat uns gerade noch gefehlt. Ich versuche die schwitzende und schnell atmende Sam, die sich verkrampft an der Beifahrertür festkrallt, zu beruhigen, während ich mein Handy aus der Westentasche ziehe und die Nummer des Notdienstes wähle.
Gerade mal fünf Minuten später tauchen die blinkenden Blaulichter hinter der nächsten Kurve auf und halten abrupt an. Vorsichtig hieven die Sanitäter Sam aus dem Beifahrersitz und legen sie auf die bereitgestellte Trage mit der sie ihre schwangere Patientin in den Krankenwagen verfrachten. Ich lasse dagegen mein Auto stehen und rufe den Pannendienst an, soll der sich doch um die Schrottkarre kümmern. Als wir endlich im Krankenhaus ankommen, kommt uns auch schon ein Arzt entgegen und hinter ihm noch ein Zweiter, den ich als Andy Reynolds identifiziere, der Sanitäter, der Cody auf die Welt gebracht hat. Anscheinend scheint er mittlerweile Arzt zu sein. „Sind sie der Vater?“ fragt mich Dr. Reynolds irritiert, kein Wunder, schließlich hat er vor nicht allzu langer Zeit meiner Frau geholfen das Kind auszutragen, nur das diese Frau auf der Trage nicht die Dame von damals ist.
„Nein, nein, ich wollte sie nur ins Krankenhaus fahren, sie ist eine gute Freundin unserer Familie und war bei uns, als ihre Wehen einsetzten.“ kläre ich daher die verwirrende Situation auf und schaue den Ärzten und Schwestern nach, als sie Sam in den Kreissaal fahren. Eineinhalb Stunden später kommt Dr. Reynolds aus dem Kreissaal und lächelt ein typisches Ärzte-Lächeln. Mir, Old Lucky und Sams Mutter, die übrigens keine Viertelstunde nach unserem Eintreffen in der Klinik nachgekommen waren, verkündete der Arzt die frohe Botschaft.
„Es ist ein kerngesunder strammer Junge.“
Bereits am nächsten Vormittag durften Sam und der kleine Noah die Klinik verlassen. Sophie und ich holten die beiden ab und brachten sie nach Hause zu dem sehnsüchtig wartenden Rest ihrer Familie. Old Lucky konnte seine Augen nicht von seinem Urenkel nehmen. Fast wären ihm die Tränen gekommen.

[img]Little Lewiston - Seite 2 Screen69[/img]
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Beitrag  mixit So Mai 23, 2010 9:13 am

Familie Marshall

Anthony

Wie immer, wenn ich ungeduldig bin, laufe ich von einer Ecke in die nächste. An meinem Ohr das Handy und in meiner rechten Hand die Aufzeichnungen, die mich bei der Suche nach dem Edelsteinversteck nicht wirklich weiterbringen.
„Na das hört sich doch gut an, Miss Motton, ich verstehe jetzt nicht, wo das Problem ist? Was?...Dann sehen sie gefälligst zu, wie sie an seiner Tochter und vor allem an seiner Enkelin vorbeikommen, es ist schließlich ihr Job!“ konstatiere ich in mein Handy und bin schon wieder drauf und dran aus der Haut zu fahren.
„Gut, dann bis nächste Woche.“
So schwierig kann das doch wohl nicht sein zwei östrogengesteuerte Zicken aus dem Weg zu schaffen. Ich will bald Resultate sehen und wenn ich mich dafür auf den Kopf stellen muss. Ich will diese Edelsteine und ich kriege immer, was ich will…außer die körperliche Nähe zu meiner Frau. Kaitlyn ist so unnahbar, wie eh und je, mittlerweile habe ich es schon aufgegeben mich ihr zu nähern, soll die frigide alte Kuh sich ruhig um ihre Geschäfte kümmern, es gibt noch zahlreiche andere Frauen auf dieser Welt, jung und knackig. Besonders unser neues Putzmädchen weckt in mir den Mann, so jung und schön und ich habe das Gefühl, sie ist mir nicht ganz abgeneigt. Wenn Kaitlyn mich nicht will, bekommt mich halt eine andere. Ich glaube das Mädel heißt Ariane oder war es Alana? Ach ist ja auch egal, der Name ist in diesem Fall schließlich nicht so wichtig, hier geht es um Leidenschaft und Begehren. Jetzt, wo ich mich nur noch um wenige schriftliche Angelegenheiten der Firma kümmere, schließlich muss ich langsam einsehen, dass ich ein alter Mann geworden bin, habe ich ja auch genug Zeit, um mich den schöneren Dingen des Lebens zu widmen. Am Vormittag, meistens um punkt zehn Uhr, hält der weiße Wagen der Putzgesellschaft vor unserer Villa und ich sehe das Putzmariechen bereits auf unsere Haustür zustöckeln. Mmh, diese Arbeitskleidung muss ein Mann entworfen haben, kein Zweifel.
Mit glockenreiner Stimme begrüßt mich die holde Erscheinung und macht sich flux an die Arbeit. Als sie in dem zukünftigen Zimmer meines jüngsten Sohnes nach dem Rechten schaut, nutze ich die Chance und spreche sie an, so von Mann zu Frau.
„Miss…äh….“
„Ratten, Ariel Ratten, Sir.“
„Ah ja,…also Miss Ratten oder darf ich Sie Ariel nennen?“
„Ähm…natürlich Sir.“
„Gut, Ariel, hättest du Lust einen Kaffee mit mir zu trinken?“
„Jetzt, Sir?“
„Wenn es dir nichts ausmacht? Und nenn mich ruhig Anthony, wenn ich schon beim Du bin.“
Ariel schaut mich fast freudestrahlend an…mit ihren blendend weißen Zähnen und ihren attraktiven Grübchen, die sich um die Mundwinkel herum bilden.
„Gerne Sir…äh Anthony.“
„Na wunderbar.“ entgegne ich genauso erfreut.

[img]Little Lewiston - Seite 2 Screen70[/img]

Zu mehr als einem Kaffee sind wir nicht gekommen, denn Alexander ließ verlauten, dass er erwacht war, aber wir wollen ja auch nicht gleich alles überstürzen, außerdem werde ich Ariel so gut wie jeden Tag sehen. Ihr verführerischer Blick ist mir noch immer wie ins Gedächtnis gebrannt, einfach unwiderstehlich, ich kann es gar nicht abwarten, sie wieder zu sehen.
Bis zum nächsten Tag beschäftige ich mich allerdings mit meinen Unterlagen, denn auch wenn ich nicht mehr so viel in der Firma arbeiten werde, bleibt immer ein wenig Papier- und Telefonkram für mich übrig, schließlich will ich nicht vollends zu Hause versauern. Auch ältere Leute können noch hart arbeiten. So setzte ich also eigenhändig den Vertrag für einen unserer nächsten Partner auf, rufe bei einer Cateringfirma an, um für die Firmengala in drei Wochen ein Buffet zu sichern und ich rufe dann doch noch kurz bei Miss Ariel Ratten durch, nur um zu hören, wie es ihr geht. Nach getaner Arbeit schaue ich bei Alexander vorbei, der, wie schon öfters, seit er es von Ben geschenkt bekommen hat, an seinem Xylophon sitzt und klimpert. Kaitlyn wusste nicht so Recht, ob das ein so gutes Spielzeug für unseren jüngsten Sohn ist, aber mein Gott, er ist doch noch ein Kleinkind, alle Kinder machen gerne Musik.
„Das ist doch nun wirklich kein Grund zur Sorge.“ habe ich zu meiner Frau gesagt.
„So Alexander, jetzt üben wir mal das Laufen, wird Zeit, dass du die Welt erkundest, junger Mann.“ Alexander lässt die kleinen Schläger auf den Boden fallen und dreht sich zu mir um, dann ziehe ich ihn sachte auf die Beine und lasse ihn vorsichtig los. Mit wackeligen Schritten kommt er auf mich zu, bleibt aber auf halber Strecke stehen und plumpst wieder auf den Boden. „Das wird schon, wir kriegen das hin, wir sind schließlich Marshalls.“ Und tatsächlich, am Ende des Tages steht Alexander ganz von alleine auf und läuft. Ein feiner Junge.

[img]Little Lewiston - Seite 2 Screen71[/img]
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Beitrag  mixit So Mai 23, 2010 10:49 am

[img]Little Lewiston - Seite 2 Screen72[/img]

Kaitlyn

Er glaubt wohl, er könnte mich zum Narren halten, aber nicht mit mir, du triebgesteuerter Möchtegern-Casanova, nicht mit mir. Als ob ich nicht bemerkt hätte, dass mein werter Ehemann ein eindeutiges Auge auf unsere neue kleine Putze geworfen hat, schließlich habe ich Augen im Kopf und ich kenne meinen Mann nur zu genau. Diesen Blick, den er diesem kleinen Wischmopp hinterher wirft, als wäre sie das beste Stück Sahnetorte auf Erden. Eigentlich kann es mir egal sein, schließlich ist die Luft bei uns schon lange raus und von Liebe kann ich nun wirklich nicht mehr sprechen, eher von einer Zweckgemeinschaft. Aber dennoch rege ich mich dermaßen über seine Gier nach diesem Putzweib auf, denn was hat die denn bitte zu bieten, sie hängt auf einem ganz anderen Level als ich. Was will er von so einer? Ich lasse mich nicht von einer einfachen, dummen Putztrine ausbooten, die kann noch ihr blaues Wunder erleben. So nehme ich mir also am Mittwoch die Kleine zur Seite und mache ihr unmissverständlich klar, was ich von ihr erwarte und was nicht.
„Haben Sie das verstanden, Miss Ratte?“
„Ratten, ma´am, ich heiße Ratten.“
„Ich weiß! Also Miss RATTE, denken Sie daran, wer Ihnen diesen Job besorgt hat…ihre Chefin, ganz genau und raten Sie mal, wer einen sehr guten Kontakt zu ihrer Chefin pflegt und Sie ganz schnell wieder auf den Posten einer Toilettenfrau befördern könnte, indem sie der Chefin erzählt, wie unbefriedigend Ihre Leistung war…jaaa, richtig, ICH. Also halten Sie sich ab sofort von meinem Mann fern, Miss Ratten, sonst sind Sie diesen Job schneller wieder los, als Ihnen lieb ist.“
Miss Ratten senkt demütig den Kopf, steht mit gefalteten Händen vor mir, fast wie ein getadeltes Schulkind. So eine einfältige Göre.
Die nächsten Tage verlaufen so, wie ich es mir erhofft hatte und mit Genugtuung darf ich mir ansehen, wie gekränkt Anthonys Männlichkeit ist, nachdem die gute Miss Ratten jeglichen Blickkontakt und jedes Gespräch abwendet. Meine kleine Machtansprache hat gefruchtet und Anthony kann sich gewisse Bettgeschichten mit dem kleinen Aschenputtel abschminken. In diesem Märchen gewinnt ausnahmsweise mal die böse Stiefmutter.
Kurze Zeit später bekomme ich von Miss Ratten ein Kündigungsschreiben in die Hand gedrückt. Ist ja schon ein Wunder, dass sie den überhaupt schreiben kann, bei der Intelligenzallergie, unter der sie scheinbar leidet. Aber mir soll es nur Recht sein, es gibt tausend andere, die sich die Finger nach so einem Job lecken würden. Gleich am nächsten Tag bekomme ich ein neues Putzmädchen, das, so muss ich mit Widerwillen feststellen, nicht weniger aufreizend wirkt, wie die Vorgängerin. Aber die nächsten Tage gibt es keinerlei Gründe mich zu beschweren. Das Haus ist geputzt, die Betten sind gemacht und Anthony kümmert sich brav um die wenige Arbeit, die er noch von der Firma zugeteilt bekommt. So ein alter, einsamer Mann. Am Samstagabend komme ich von einem langen Arbeitstag nach Hause, die Meetings sind erfolgreich verlaufen, die Firma holt wieder mehr Geld ein. Eigentlich sollte ich jetzt im Flieger nach Ägypten sitzen, zu dem Termin mit einem schwerreichen Kunden aus Al Simhara, aber leider ist seine Frau (oder war es eine seiner Frauen?) verstorben, so wurde der Flug kurzfristig gecancelt. Alexander schläft bereits, Anthony wird, wie in letzter Zeit sehr häufig, oben in dem alten Dachbodenzimmer sein und irgendwelche Unterlagen durchsehen. Doch als ich in das Schlafzimmer trete trifft mich der Schlag. Da liegt mein Mann mit der kleinen neuen Putze in meinem Bett und vergnügt sich ganz eindeutig zwischen den Laken. „Du elender Hund.“ brülle ich, kralle mir das winzige Stöffchen, aus dem die Hausmädchenuniform besteht und werfe sie aus dem Fenster.
„Und jetzt verschwinde aus meinem Bett du kleines Biest, du bist fristlos gekündigt.“
Erschrocken und beschämt krabbelt das Ding aus dem Bett und umhüllt ihren, anscheinend so begehrenswerten Körper mit einer Bettdecke. Anthony dagegen versucht mich zu beruhigen.
„Kaitlyn, es ist nicht so, wie es aussieht…“
Ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen, dabei finde ich die ganze Situation überhaupt nicht komisch. Dass Männer auch immer wieder den gleichen Satz aufsagen, wenn man sie erwischt. Es ist nicht so wie es aussieht. Praktischer Biologieunterricht oder was? So ein Blödsinn.
„Ich packe meine Sachen und gehe, spätestens nächste Woche hast du die Scheidungspapiere auf dem Tisch mein Lieber.“ Gebe ich ihm zu verstehen und hole meine Koffer aus dem Keller.

[img]Little Lewiston - Seite 2 Screen73[/img]
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Beitrag  mixit So Mai 23, 2010 12:35 pm

Familie Reynolds

Andy

Die neue Woche beginnt mit vier Geburtstagen auf einmal. Sowohl Nicky als auch Marlon feiern ihren Geburtstag und werden erbarmungslos in die wilde Zeit der Pubertät gestoßen. Die Windpocken haben sie bereits überstanden, dafür werden die beiden auf ganz andere Probleme treffen und ich habe schon ein wenig Bammel davor meine pubertierenden Söhne durch diese, mit Sicherheit nervenaufreibende Zeit zu begleiten. Aimée und Amélie dagegen werden zu Kleinkindern und lassen erste Anzeichen einer Trotzphase erkennen. Ich bin zwar jetzt Arzt, was mir mehr Geld einbringt, aber der Stressfaktor ist hoch und so sind Marie und ich momentan in einer sehr gestressten Ehephase. Wir beide liegen in letzter Zeit immer häufiger erschöpft im Bett und sind einfach nur fertig, aber in welcher Familie gibt es keine Tiefpunkte? Darum bin ich sehr zuversichtlich, dass wir diese Phase auch gemeinsam überstehen werden, schließlich haben wir vier wunderbare Kinder und zwei von ihnen sind nun drauf und dran selbstständig zu werden. Bereits von klein auf haben wir die unterschiedlichen Charaktere unserer Jungs bemerkt. Nicky, der ruhige, zurückhaltende und fast schon ängstliche Zwilling auf der einen Seite und Marlon, das Energiebündel und der kleine Rebell, der nicht auf den Mund gefallen ist auf der anderen Seite. Aber gerade jetzt, wo die beiden Teenager sind, werden diese Unterschiede noch deutlicher. Nicky ist derjenige, der gerne zu Hause bleibt und sich in seine Bücher vertieft, sich lange mit seinen Hausaufgaben beschäftigt, um sie möglichst gut zu machen und stundenlang an seiner Staffelei steht, um ein neues Bild zu malen. Heute waren wir bei einem Augenarzt, weil Nicky über eine leicht verschwommene Sicht klagte, nun trägt er eine Brille. Ihm ist das egal, es macht ihm nichts aus, im Gegenteil, er findet es super, weil er keine Schwierigkeiten mehr beim Lesen seiner zahlreichen Bücher hat. Am Dienstag kommt er von der Schule nach Hause und setzt sich direkt an seinen Computer um einen freiwilligen Aufsatz über die Arbeit im Krankenhaus zu schreiben. Nach der Arbeit bin ich zwar total kaputt, aber ich lasse mich dann doch gerne von meinem Sohn interviewen und erzähle ihm von dem stressigen Alltag eines Arztes. Für diesen Aufsatz bekommt Nicky eine Eins. Hoffentlich vergisst er nicht, dass man auch draußen noch Spaß haben kann und dass es noch andere Sachen gibt als Bücher, Aufsätze und Referate. Eine gute Schulbildung ist wichtig, aber ein ausgefülltes Sozialleben auch. Vielleicht mache ich mir da auch einfach zu viele Sorgen, schließlich muss er erst noch seinen Platz in der Welt der Teenager finden. Manche brauchen eben länger als andere.

[img]Little Lewiston - Seite 2 Andy11[/img]

Marlon dagegen hat so seine Probleme mit den Lehrern. Er ist ein guter Schüler - wenn er Lust hat mitzumachen - und er ist alles andere als dumm, aber meistens hat er keine Lust auf den Unterricht und kritzelt lieber irgendwelche Graffitis in seine Hefte, hört Musik auf seinem MP3-Player oder kippelt gelangweilt mit seinem Stuhl. Die Lehrer sehen Potenzial in ihm, aber er nutzt es nicht, stattdessen vertreibt er sich die Zeit mit Sport. Wenigstens im Sportunterricht zeigt er, was er kann und gibt alles. Sein Sportlehrer hält große Stücke auf ihn, er hat Marlon sogar dazu überredet im Footballteam der Schule zu spielen. Abends geht Marlon gerne aus und trifft sich mit seinen Freunden, unter denen nicht wenige Mädchen sind. Was das angeht, macht Marie sich große Sorgen. Er würde doch hoffentlich kein Frauenheld werden sagte sie. Aber hey, so sind die Jugendlichen halt, die wollen sich ausprobieren. Weniger gut ist es aber, wenn Marlon sich nachts aus dem Haus schleicht, um sich mit einem Mädchen aus der Nachbarschaft zu treffen. Marie hat ihm eine ordentliche Standpauke verpasst, die es in sich hatte und ganz kleinlaut war Marlon in seinem Zimmer verschwunden. Am nächsten Tag ist er zum Friseur gegangen und hat sich seine Haare eindrehen lassen. Dreadlocks nennt er diese komischen Zöpfe, die mich an Bob Marley erinnern. Bob Marley ist übrigens einer seiner Lieblingskünstler, auch wenn der schon lange tot ist.
„Die kann man doch gar nicht richtig waschen.“ war mein erster Kommentar zu Marlons neuer Frisur gewesen, aber der hatte nur locker entgegnet:
„Alles easy, dad, waschen kann man se gut, nur das Trocknen dauert ne Weile, aber ich hab ja Zeit, man.“
Na gut, wenn er meint. Hoffentlich treffe ich ihn nicht irgendwann mit einem Joint in seinem Zimmer an. Abends versucht Marlon dann noch seinen Bruder mit ins örtliche Fitnesscenter zu schleppen, der hat aber überhaupt keine Lust auf Laufbänder und Gewichtheben, so geht Marlon eben alleine und erzählte mir anschließend begeistert von den gut gebauten Damen aus dem Yoga-Kurs.
„Lass das nicht deine Mutter hören.“ habe ich ihn gewarnt und leise in mich hineingeschmunzelt. So ähnlich war ich früher auch gewesen und heute bin ich ein braver Familienvater, der seine Frau und seine Kinder liebt. Irgendwann wird auch Marlon seine Traumfrau finden, da bin ich mir sicher, bis dahin kann er sich ruhig seine Muskeln aufbauen und sich von den Mädels begutachten lassen.

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