Sims 2 & 3 Familiendynamik-Challenge
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Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik

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Beitrag  singingmiri Fr März 06, 2020 5:42 pm

Hallo zusammen,

die Apokalypse-Challenge hat mich nie ganz losgelassen. Mit meinem ersten Versuch war ich schnell nicht mehr so recht zufrieden, weil es zu wenig Drama gab. Deshalb habe ich nach langem Überlegen beschlossen, einfach nochmal von vorne anzufangen und das ganze von Grund auf zu Überdenken. Einige Elemente aus der alten Challenge sind geblieben, andere mussten gehen. Zum Beispiel spiele ich immer noch mit dergleichen Nachbarschaft, habe aber andere Startgebäude. Einige Charaktere habe ich (mit leichten Modifizierungen) behalten, andere gar nicht. Ich habe mir größte Mühe gegeben, meine Charaktere etwas interessanter (sprich weniger perfekt) zu gestalten. Außerdem habe ich mir fest vorgenommen, mehr Drama zu spielen, denn ich neige ja etwas zu Friede-Freude-Eierkuchen, was zu einer Apokalypse irgendwie nicht passt.

Das ganze hat mir in den letzten Wochen so viel Spaß gemacht, dass ich wieder ein Tagebuch begonnen habe. Ihr werdet (falls ihr euch nach so langer Zeit noch erinnert) die ein oder andere Szene wiedererkennen. Eine großartige Planung zu Handlung habe ich nicht. Beim Spielen habe ich jedoch basierend auf den Ereignissen ein paar Ideen entwickelt, die ich sofern es zu den Entwicklungen passt auch umsetze. Ansonsten halte ich mich an die Wünsche und Eigenschaften meiner Sims. Very Happy Außerdem schreibe ich zum ersten Mal seit 10 Jahren oder so, nicht aus der Ich-Perspektive.

Zwei Worte noch zu den Mods: sehr viele. Wink

In Ausführlich: Neben den üblichen Verdächtigen MC, Overwatch, SP, Woohooer und den anderen kleinen Mods von Twallan, ohne die ich dieses Spiel nicht mehr ertragen würde, nutze ich seit diesem Spielstand mit Begeisterung den Retuner und habe damit schon so manche EA-Grundeinstellung angepasst. Seitdem springen meine Sims nicht mehr im tiefsten Winter unter den Rasenspringer oder meinen, sie müssten die Schlange aus dem Terrarium nehmen. Rolling Eyes Auch die Wahrscheinlichkeit für Alienentführungen und IFs zu bekommen, habe ich drastisch reduziert. So macht mir das Spielen erheblich mehr Spaß.

Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen!

LG Miri
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Beitrag  singingmiri Fr März 06, 2020 5:44 pm

Kapitel 1: Im Dunkel der Nacht


Schweißgebadet fuhr sie aus dem Schlaf. Um sie herum war tiefste Nacht. Nur der Feuerschein ein paar Meter weiter erleuchtete die Dunkelheit ein wenig. Es war immer noch ungewohnt, nachts keine Straßenbeleuchtung zu sehen. Sie war in einer Großstadt aufgewachsen, wo nie pechschwarze Nacht herrschte. Nun war es nach Sonnenuntergang schnell so dunkel, dass sie ohne zu merken auf den nächsten Baum zusteuern würde, wenn der Mond nicht schien.
Während sie ihre Atemzüge beruhigte, lauschte sie dem Rauschen der Wellen. In der Stille der Nacht hörte es sich näher an, als es eigentlich war. Früher hatte sie das Geräusch des Wellengangs als entspannend empfunden, doch seit der Katastrophe fand sie oft, dass es bedrohlich klang. Sie kniff die Augen zusammen, als sie daran dachte, was passiert war. Sie wollte nicht daran denken, aber in jedem wachen (und sie vermutete auch schlafenden) Moment stand ihr wieder vor Augen, wie sich ohne Vorwarnung auf einmal die gewaltige Flutwelle vor dem Kreuzfahrtschiff aufgetürmt hatte, auf dem sie und ihre Schwester Urlaub gemacht hatten. Riesig war ihr das Schiff vorgekommen, als sie abgelegt hatten, doch die Flutwelle hatte es umgeworfen, als sei es eine der albernen Gummienten in Marisols Badewanne, die nie richtig herum schwimmen wollten. Marisol. Sie presste die Lippen zusammen, um den Schluchzer zurückzuhalten, der unbedingt hinaus wollte, und rollte sich fest zu einer Kugel ein. Das letzte, was sie von ihrer Schwester gesehen hatte, waren ihre aufgerissenen Augen, als sie durch die Wucht der Erschütterung gegen eine Wand geschleudert wurde, wo sie eine blutige Spur hinterließ. Sie selbst war von Bord gespült worden und in dem allgemeinen Durcheinander hatte sie Marisol nicht mehr entdecken können. Es war unwahrscheinlich, dass sie überlebt hatte.

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Sie musste laut gekeucht haben, denn plötzlich kniete Peter neben ihr. Er hatte heute die erste Nachtwache und hielt das Feuer in Gang. Sie brauchten es nicht wirklich, um sich warm zu halten. Es war Sommer und die Nächte nicht sehr kühl. Außerdem hatte jeder der acht Überlebenden einen Schlafsack. Ihr eigener war vermutlich auf etliche Minusgrade ausgelegt. Sie schwitzte furchtbar darin. Oder lag es an den ständigen Alpträumen?
„Alles in Ordnung bei dir, Roswhita?“, fragte er leise.
Sie fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und durch die verschwitzten Haare und winkte dann ab. „Ich schlafe nur nicht mehr so gut, seit es passiert ist.“
„Nein. Ich glaube, das tut hier keiner.“ Er sah sie eine Weile stumm an und schien nicht zu wissen, was er sagen sollte. Das geschah recht häufig, war ihr aufgefallen. Obwohl er der älteste von ihnen war, wirkte er oft verunsichert und machte kaum jemals den Mund auf. Er lächelte etwas schüchtern und sagte dann immer noch leise. „Wir haben alle jemanden verloren, denke ich. Du bist nicht allein.“ Damit stand er auf und ging eilig zurück zum Feuer. Roswhita sah ihm nach, dann blickte sie nachdenklich zu den anderen herüber. Auf den ersten Blick schienen alle selig zu schlafen, aber im flackernden Feuerschein erahnte sie so manche unruhige Bewegung.

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad10

Die zweite Flutwelle hatte sie und den Klappstuhl, an den sie sich geklammert hatte, fortgetragen. Sie war geschwommen, bis sie ohnmächtig vor Erschöpfung das Bewusstsein verlor. Dass sie nicht ertrunken war, grenzte an ein Wunder. Womöglich war sie aber auch nicht mehr so weit von der Insel entfernt gewesen und die einsetzende Flut hatte sie an Land gespült. Als sie durstig, überhitzt und schwach vor Hunger zu sich kam, hatte sie sich in Bewegung gesetzt und war am Strand entlang gestolpert. Irgendetwas in ihrem benebelten Bewusstsein sagte ihr, dass irgendwo ein Fluss ins Meer münden musste und dass außer ihr noch andere Trümmer oder Überlebende angespült worden sein müssten. Vielleicht, so hoffte sie, würde sie Lebensmittel finden.
Sie fand nichts davon. In der Mittagshitze schmolzen ihre Kräfte ebenso dahin wie ihr Überlebenswille. Immer wieder spielten sich die Szenen des Untergangs in ihrem Kopf ab und jedes Mal erschienen sie ihr furchtbarer. Sie hatte den Verdacht, dass ihr verwirrtes Hirn mit jedem Mal neue schreckliche Dinge hinzudichtete. Zum Beispiel war sie sich sicher, dass die riesige Pflanzenkrake, die das Schiff umschlossen und zerquetscht hatte, ihrer Fantasie entsprungen war. Ebenso wie die grüne Lichtsäule in der Ferne wohl eher ein Tornado gewesen war.
Als sie schließlich hinfiel, um nicht wieder aufzustehen, waren ihre Lippen spröde und aufgeplatzt. Sie konnte nicht mehr schlucken und ihre Zunge klebte am Gaumen. Wenn ihr Körper noch genug Flüssigkeit gehabt hätte, hätte sie vermutlich geweint. So aber zogen sich die Tränendrüsen schmerzhaft zusammen, während ihre Kehle mühsam kratzige Geräusche hervorbrachte, die durch das Rauschen in ihren Ohren weit entfernt klangen. Ihr Sichtfeld wurde schmaler und schmaler und so bemerkte sie nicht, dass Hilfe nahte.

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Als sie wieder zu sich kam, lehnte sie am Oberkörper eines ihr unbekannten Simos, der sie mit einer Hand festhielt und ihr mit der anderen einen nassen Lappen an die Lippen hielt. Wasser! Sie riss ihm den Lappen aus der Hand und versuchte, ihn auszusaugen.
„Sachte“, sagte er mit einem kleinen, erleichterten Lachen. „Du bist halb verdurstet. Du musst langsam machen. Kannst du schlucken?“
Sie probierte es, doch ihre Kehle gehorchte nicht. Sie schüttelte den Kopf.
„Keine Angst. Wir kriegen das wieder hin. Aber du musst tun, was ich sage, okay?“
Sie sah ihn zum ersten Mal an, so gut es durch ihre trübe Sicht ging und nickte gehorsam.
Er lächelte. „Ich heiße Mattis. Ich kenne mich mit so etwas aus, vertrau mir. Wir müssen zuerst deine Lippen und deine Zunge genug befeuchten. Ich gebe noch etwas Wasser auf den Lappen und dann versuchst du, daran zu saugen.“
Sie nickte wieder und nahm folgsam den Lappen entgegen, nicht ohne einen sehnsüchtigen Blick auf seine Flasche zu werfen.
Er bemerkte ihren Blick und schüttelte lächelnd dem Kopf. „Sobald du wieder schlucken kannst, gebe ich dir die Flasche und du wirst langsam in kleinen Schlucken trinken, damit du nicht alles sofort wieder ausspuckst, in Ordnung?“

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Mattis, hatte sie schnell festgestellt, war ein echter Überlebenskünstler. Er fand sich mühelos in freier Natur zurecht, erkannte essbare Pflanzen, wusste, wie man allerlei Verletzungen versorgte. Vermutlich konnte er auch Fährten lesen. Er hatte sie im Handumdrehen wieder auf die Beine und anschließend zum Lagerplatz, den er mit Anne und Tobit auserkoren hatte, gebracht. Es war ein weiter Weg dorthin, denn offenbar war sie genau in die falsche Richtung losgelaufen - ihre Instinkte in der Natur waren völlig falsch. Mattis hätte sie auch dreimal um die Insel herumführen können, ohne, dass sie es bemerkt hätte. Oft mussten sie anhalten, weil sie es nicht gewohnt war, barfuß über Stock und Stein zu laufen – ihre Schuhe musste sie beim Schwimmen verloren haben. Sie biss die Zähne zusammen und versuchte, nicht zu sehr zu jammern, damit sie schneller ankamen.
Als sie schließlich den letzten Hügel hinab liefen, kam ihnen Tobit entgegen. Sie war zu erschöpft gewesen, um der Unterhaltung zwischen den beiden Simos zu folgen. Sie war sogar zu erschöpft gewesen, um sein gutes Aussehen zu bewundern.

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Wenn Mattis der naturverbundene Jäger und Sammler war, war Tobit das Heimwerkergenie der Gruppe. In den wenigen Tagen, seit er, Mattis und Anne den Lagerplatz ausgewählt hatten, hatte er bereits einige Annehmlichkeiten geschaffen. Er hatte aus den wenigen Trümmern, die man auf der Insel fand, eine Picknickbank gebaut. Als Tobit sie dorthin führte, damit sie sich ausruhen konnten, saßen dort zwei Simas – ebenfalls Neuankömmlinge. Die eine – Harriet – sah aus, als habe sie gerade erst die Schule abgeschlossen, die andere – Caroline – wirkte mit ihren weißen Hotpants, dem hellblauen Spitzentop und Absatzschuhen so fehl am Platz wie ein Eisbär in der Wüste. Aber wer von ihnen, war schon auf das hier vorbereitet? Die beiden erhoben sich sofort (Letztere mit einem übertriebenen Seufzer) und machten Mattis und Roswhita Platz.

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Von der Bank aus nahm sie den Lagerplatz in Augenschein. Mattis, Tobit und Anne hatten alles, was ihnen zum Überleben nützlich erschien, hergebracht. Bisher war es noch nicht viel. Roswhita sah eine große Feuerstelle, die als Signalfeuer diente und eine kleinere, an der gegrillt werden konnte. Drum herum standen verschiedene Stühle – die einzig intakten, die Tobit in den Trümmern gefunden hatte. Dann gab es noch eine Parkbank und einen Tisch, auf dem sich etwas Werkzeug, ein paar Bücher und andere Gegenstände stapelten. Mit einem Krug Wasser neben ihr, den sie und Mattis sich teilten, fiel es ihr leichter, Anne zuzuhören, die Mattis berichtete, was geschehen war, seit der das Lager verlassen hatte. Offenbar war er länger als einen Tag auf Erkundungstour gewesen. In dieser Zeit waren erst Niels und Peter und danach Harriet und Caroline zur Gruppe gestoßen. Niels hatte sich bereits nützlich gemacht und war mit einer Angel losgezogen, um ihr Abendessen zu fangen, und Peter unterdessen etliche Eimer mit frischem Wasser von der nächsten Quelle herbeigeschleppt. Nun waren beide damit beschäftigt, die Sardellen auszuweiden, die Niels an Land gezogen hatte.
„Es ist nicht viel, aber besser als nichts“, meinte Mattis, der ihren Blicken gefolgt war.
Sie nickte, sagte dann aber: „Ich schätze, meine Überlebenschancen sind trotzdem deutlich höher als heute Morgen.“ Sie sah ihn schwach lächelnd an. „Danke.“

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Beitrag  singingmiri Fr März 06, 2020 5:46 pm

Kapitel 2: Hunger


Sie hatten kein Dach mehr über dem Kopf und die hygienischen Bedingungen waren gelinde gesagt gewöhnungsbedürftig. Am schlimmsten war jedoch der Hunger. Wo sie auch suchten – es gab kaum Essbares auf der Insel. Was an Früchten und Gemüse angebaut worden war, war durch die Flutwelle vernichtet. Konserven fanden sich in den wenigen übrig gebliebenen Trümmern nur wenige. Also fischte er. Meistens fing er nur Sardellen und Heringe, doch einmal hatte Niels auch einen Lachs gefischt. Tagein, tagaus stand er am Wasser, zog Fische an Land und grübelte zu viel.

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Morgens und abends grillten sie gemeinsam den Fisch – ungesalzen. Es schmeckte scheußlich und fad, aber es war besser als nichts. Besser, als zu verhungern. Nicht jedem gelang es gleich gut, die schlechte Laune, die vom Hunger kam, zu verbergen. Mattis, der Überlebenskünstler, kam natürlich am besten zurecht. Anne ließ sich von nichts die gute Laune verderben. Niels bewunderte sie insgeheim dafür. Tobit und Peter machten das beste aus der Situation, auch wenn sie sehr angespannt wirkten. Harriet jammerte viel über den Hunger, aber sie gab sich immerhin Mühe. So jung, wie sie war, machte Niels ihr deshalb keinen Vorwurf. Roswhita machte die Trauer um ihre Schwester wohl mehr zu schaffen als der Hunger. Vermutlich war der Gedanke, zu verhungern für sie durchaus verlockend. Er wusste, dass sie in den ersten beiden Tagen nach ihrer Ankunft verzweifelt die gesamte Insel zu Fuß umrundet hatte, um ihre Schwester zu suchen. Seit sie hatte einsehen müssen, dass es keine weiteren Überlebenden gab, stürzte sie sich auf jede Arbeit, die anstand.

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Und dann war da Caroline, die sich von allen mit dem wenigen Komfort am schwersten tat. Niels nahm an, dass sie in ihrem Leben noch nie einen Finger hatte rühren müssen. Die verwöhnte Sima hatte sich vermutlich nie um etwas kümmern müssen außer ihr gutes Aussehen. In einem fort jammerte sie über eingerissene Nägel, die mangelnde Hygiene, das wenige fade Essen, dass sie in einem Schlafsack nächtigen musste. Mattis hatte schon versucht, sie zur Vernunft zu bringen und sich eine schallende Ohrfeige eingefangen. Es ging allen auf die Nerven, doch Niels tat sie leid. Keiner war auf diese Situation angemessen vorbereitet, aber für sie musste dieser plötzliche Totalausfall jeglichen Komforts besonders schwer sein.

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Niels war nie ein anspruchsvoller Simo gewesen. Er benötigte nicht viel Besitz und nur wenig Gesellschaft. Zumindest hatte er das immer geglaubt. Nun bekam das Wort „entbehrungsreich“ eine neue Dimension für ihn. Er hatte nie Hunger oder Durst leiden müssen. Er hatte nicht zusehen müssen, wie bei ihm oder irgendjemand anderem die Haut in der sengenden Hitze verbrannte, weil es keine Möglichkeit gab, sich abzukühlen, außer ins Meer zu springen. Er hatte nie zum Waschen eimerweise Wasser heranschleppen müssen. Von dem Plumpsklo ganz zu schweigen. Er hatte sich nie so sehr auf andere Sims verlassen müssen, wie nun. Es hatte noch nie so viel von ihm abgehangen.
Am wohlsten hatte er sich immer gefühlt, wenn er allein auf dem Balkon seiner Wohnung saß. Clarissa hatte das gewusst und respektiert. Sie hatte ihm jeden Tag seine Zeit für sich gegeben und währenddessen Lena, ihre gemeinsame zweijährige Tochter, versorgt. Er hatte beide verloren, als plötzlich die Erde unter ihnen gebebt hatte und der Tsunami so ziemlich alles ins Meer riss. Er hatte Glück gehabt, denn er war auf der Rückseite der Insel gewesen und hatte sich unter einen Felsvorsprung retten und dort festhalten können. Er hatte sofort gewusst, dass Clarissa und Lena das nicht überlebt haben konnten. Trotzdem war er, nachdem die Welle davongerollt war, nach Hause geeilt. Nur, dass dort nichts mehr war. Der Wohnungskomplex, in dem er mit seiner kleinen Familie gelebt hatte, war vollständig verschwunden. Niels hatte nicht gewusst, dass eine einzelne Flutwelle ausreichen konnte, um ein massives Haus komplett abzutragen. Warum hatte er die beiden nur nicht mitgenommen? Clarissa hatte vorgeschlagen, dass sie einen schönen Familiennachmittag am Strand verbringen könnten, aber er hatte keine Lust dazu gehabt. Wenn sie bei ihm gewesen wären ... vielleicht hätten sie eine Chance gehabt.

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Beitrag  singingmiri Fr März 06, 2020 5:47 pm

Kapitel 3: Auf sich gestellt


„So ungefähr müssen sich Siedler in einer neuen Welt fühlen“, bemerkte Harriet enthusiastisch an einem Mittag, an dem sie, Peter und Roswhita gemeinsam in ihrem neu angelegten Feld die Pflanzen versorgten.
„Ohne den Überraschungseffekt, plötzlich Siedler zu sein“, ergänzte Peter grinsend. Roswhita lächelte. Ihr Lächeln war immer noch etwas traurig, aber sie konnte wieder lächeln. Sie machte Fortschritte. Es war ungefähr drei Wochen her, seit sie auf der Insel gestrandet war und sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Man gewöhnte sich an alles, hatte sie festgestellt. An harte Arbeit ebenso wie an den Schmerz, eine Schwester verloren zu haben. Es tat immer noch weh, aber sie kam klar. Und es gab so viel zu tun.

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In den vergangenen Wochen hatte sich an ihrem Lagerplatz einiges getan. Vor einigen Tagen waren Anne, Peter und Harriet abends aufgeregt zurückgekehrt und hatten einige Samen präsentiert, die sie auf den alten Feldern gefunden hatten. Sie hatten sich umgehend daran gemacht, diese auszusäen und zur allgemeinen Freude gediehen die Pflanzen prächtig. Jeden Tag machten sich zwei bis drei von ihnen auf, um weitere Samen zu finden. Peter blieb meistens im Lager, weil er ein Händchen für Pflanzen hatte. Es überraschte Roswhita, denn er hatte in der Buchhaltung eines großen Konzerns gearbeitet. Das einzige, was er zuvor angebaut hatte, waren ein paar Chilibohnen im Blumenkasten.

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Nicht so überraschend, aber trotzdem erstaunlich fand sie Tobits Geschick, Dinge zu bauen. Er hatte bereits einen kleinen Kloverschlag errichtet und sogar die Wasserversorgung so weit wiederhergestellt, dass die Spülung funktionierte. Seine Tage verbrachte er entweder damit, in den Trümmern nach brauchbaren Teilen zu suchen oder aus eben diesen etwas zu basteln. Es war auch seine Idee gewesen, Meersalz zu gewinnen, damit der Fisch nicht mehr so widerlich schmeckte.

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad22

Die Stimmung hatte sich seither merklich gebessert. Der Hunger war immer noch ein Problem, aber wenn sie bald die ersten Früchte ernten konnten, würde es besser werden. Und die Fische, die Niels fing, wurden immer größer. Dementsprechend fand das abendliche Grillen mittlerweile in entspannter Atmosphäre statt. Sie erzählten einander, was sie tagsüber entdeckt oder erreicht hatten und was sie am nächsten Tag vorhatten.
Roswhita lehnte sich an diesem Abend gerade lächelnd zurück und erfreute sich daran, was für eine verschworene Gemeinschaft sie waren, als Tobit etwas unsicher den Vorschlag machte, den Verschlag zu erweitern, um eine Kochnische zu bauen. Er hatte in den letzten Tagen an einem Generator gebaut und mittlerweile schien er diesem zuzutrauen, einen Kühlschrank und einen Herd damit zu betreiben. Roswhita wollte ihm ein zustimmendes Lächeln zuwerfen, doch Niels fragte: „Wozu? Wir werden doch sowieso nicht mehr lange hier sein. Warum sollten wir so etwas Aufwändiges aufbauen?“ Er erntete zustimmendes Gemurmel. Tobit sah enttäuscht drein und Roswhita blickte verblüfft von einem zum anderen. Mattis deutete ein Achselzucken an.
„Warum nicht?“, fragte sie, als keiner etwas sagte.
„Es kann nicht mehr lange dauern, bis hier ein Boot auftaucht und uns evakuiert. Bis dahin sollten wir dafür sorgen, dass wir genug zu essen haben und unsere Zeit nicht damit verschwenden, eine Küche zu bauen, die wir nie brauchen werden“, antwortete Peter für Niels. Die beiden Simos verband, seit sie sich nach der Katastrophe gefunden hatten, eine dicke Freundschaft und Roswhita vermutete, dass die beiden schon darüber gesprochen hatten.
„Was willst du mir damit sagen?“ Tobit sah den neben ihm sitzenden Peter herausfordernd an.
„Nur dass alle anderen hier nach Nahrung suchen, während du deine Zeit mit technischen Spielereien vergeudest“, gab der mit erhobener Stimme zurück.
„Diese technischen Spielereien haben uns immerhin Salz beschert.“
„Also, ich finde ganz unrecht hat er nicht, Tobit“, warf Harriet ein und plötzlich redeten alle durcheinander.
„Leute...“, rief Roswhita schließlich genervt. Als keiner aufhörte, stand sie auf und stellte sich resolut zwischen Tobit und Peter, die aussahen, als würden sie jeden Moment aufeinander losgehen. „Ruhe jetzt“, rief sie, so laut sie konnte, und diesmal schwiegen alle überrascht. Sie atmete tief durch. „Das führt doch zu nichts, also setzen wir uns wieder und reden in Ruhe darüber.“ Niels machte einen ungeduldigen Laut, der sie fast in Rage brachte, aber sie beherrschte sich. „Ja, reden, Niels. Denn wenn wir uns hier gegenseitig die Köpfe einschlagen, stehen wir am Ende genau vor demselben Problem und müssen außerdem ein paar Verletzungen versorgen. Wir sind alle erwachsen und können Konflikte auch anders lösen. Also: Setzen wir uns.“ Sie legte Tobit und Peter jeweils eine Hand beruhigend auf den Arm und begab sich zu ihrem eigenen Platz. Es war an ihr, den Konflikt zu lösen, das bemerkte sie an den erwartungsvollen Blicken der anderen, aber sie hatte keine Ahnung, wie sie das machen sollte.
„Also...“, sagte sie wieder und besann sich auf alles, was sie jemals über Konfliktmanagement gehört hatte. „Das ist das Problem: Tobit hat vorgeschlagen, eine kleine Küchenzeile an unseren Verschlag anzubauen. Niels und einige andere halten das für überflüssig und finden, er sollte lieber auch Nahrung beschaffen. Soweit richtig?“ Zustimmendes Gemurmel. „Okay, dann möchte ich wissen, was daran so schlimm ist, dass er uns ein paar Sachen bastelt, die uns das Leben erleichtern? Über das Klo sind wir doch alle dankbar, oder? Oder dass wir den Fisch salzen können.“
„In der Tat“, murmelte Caroline verstohlen und nahm noch einen Bissen.
„Das ist etwas anderes“, gab Niels zurück und verschränkte die Arme.
„Inwiefern?“, wollte Roswhita wissen.
„Ähm...“ Niels sah hilfesuchend zu Peter, der ihm wie zu erwarten war, beisprang: „Ein Klo zu haben ist für die Hygiene wichtig, Salz für den Mineralstoffhaushalt. Aber eine Küche zu bauen, braucht viel Zeit und wir können auch hier über dem Feuer kochen. Was wir im Moment vor allem brauchen, ist Essen.“
Sie sah ihn eine Weile nachdenklich an. „Ich gebe dir Recht“, sagte sie schließlich und er sah zufrieden aus. „Im Moment ist Nahrung das wichtigste. Solange es nicht regnet oder kalt wird. Dann wäre ein geschützter Ort, an dem wir auch kochen können, wenn wir kein Feuer machen können, ebenso nützlich.“
„Bis es so weit ist, sind wir längst weg hier“, meinte Peter wegwerfend.
Roswhita schloss einen Moment die Augen. „Wir sollten uns nichts vormachen. So bald kommt keiner hierher.“
„Sei nicht so pessimistisch“, sagte Anne lächelnd. „Die Rettungsteams brauchen manchmal einfach etwas Zeit.“
„Mattis, du hast mal bei einem Humanitären Hilfswerk gearbeitet. Wie lange dauert es höchstens, bis ein solches Team in einer Krisenregion eintrifft?“, fragte Roswhita mit erzwungener Ruhe.
Er räusperte sich. „Vielleicht eine Woche, zehn Tage maximal. Je nachdem wie gut erreichbar die betroffene Region ist.“
„Nun, unerreichbar ist diese Insel mit Sicherheit nicht. Wir sind seit drei Wochen hier. Entweder weiß der Rest der Welt nicht, was passiert ist – unwahrscheinlich wenn ihr mich fragt – oder es sieht dort ähnlich aus und es gibt keine Möglichkeit, Rettungskräfte zu schicken. In jedem Fall sind wir auf uns gestellt und sollten uns auf alle Eventualitäten vorbereiten, denn die Wahrscheinlichkeit, dass uns jemand rettet, wird jeden Tag geringer. Vielleicht habe ich Unrecht und es kommt noch jemand. Dann haben wir uns eben unnötig Arbeit gemacht. Aber wenn ich richtig liege, dann können wir nicht früh genug damit anfangen.“ Sie hielt in ihrem Monolog inne und blickte von einem zum anderen, las Schock und etwas wie Bewunderung heraus.
„Also, ich bin dabei“, sagte Harriet schließlich. Caroline und Anne nickten zustimmend, aber Roswhita sah abwartend zu Niels.
Der atmete hörbar aus. „Na schön. Du hast mich überzeugt. Gehen wir es an.“

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„Womit sollen wir anfangen?“, fragte Anne sofort.
„Vielleicht sollten wir erstmal festlegen, was zu tun ist“, lachte Mattis und die anderen stimmten mit ein. Es tat gut, nach diesem Gespräch wieder zu miteinander zu lachen.
„Lasst uns überlegen, was wir brauchen, um den Winter zu überstehen. Hat irgendjemand Stift und Papier, um es aufzuschreiben?“, begann Roswhita nach einer Weile.
Anne sprang auf und förderte unter einem Stapel Bücher ein halb beschriebenes Notizbuch und einen Kugelschreiber hervor. Sie kamen schnell überein, dass neben ausreichend Vorräten warme Kleidung, eine beheizte, dichte, stabile Hütte und eine funktionierende Strom- und Wasserversorgung nötig war.
„Ich finde, wir sollten uns Ziele setzen, was wann fertig sein muss. Und jeder sollte eine Sache haben, für die er verantwortlich ist.“, schlug Peter vor.
„Ganz der Geschäftsmann“, grinste Niels. „Aber ich finde den Vorschlag gut. Ich würde mich freiwillig fürs Fischen melden.“
„Überraschung“, bemerkte Harriet neben ihm trocken.
„Du und Peter könnten gemeinsam für die Vorräte zuständig sein. Peter kümmert sich um die Pflanzen und Niels um Fische“, schlug Roswhita vor. „Sobald Tobit die Küchenzeile installiert hat, könnten wir einiges auch einfrieren.“
„Das Gemüse und Obst können wir teilweise einmachen“, warf Anne ein. „Hat meine Großmutter immer gemacht.“
Roswhita notierte das. „So oder so werden wir die Küche recht bald brauchen. Vermutlich sind wir alle einer Meinung, dass Tobit für Bauarbeiten und Technik zuständig sein sollte?“, lächelte sie.
„Alleine werde ich das nicht schaffen“, wandte er zögernd ein.
„Ich helfe dir“, bot Peter an – es war wie ein Friedensangebot und Tobit nahm ohne zu zögern an. „Was ist mit der Gartenarbeit?“, fragte er dann.
„Ich könnte dabei helfen“, schlug Harriet vor. „Ich weiß ohnehin noch nicht, welchen Bereich ich übernehmen könnte und bis dahin helfe ich Peter oder jemand anderem.“
Anne nickte zustimmend. „Geht mir ebenso.“
„Ich werde helfen, Ressourcen herbeizuschaffen und sehen, was ich noch an Brauchbarem auf der Insel finden kann“, sagte Mattis. „Und ich finde, Rosi sollte sowas wie unser Chef sein.“
„Bitte was? Wir brauchen für uns acht doch keinen Chef, der in seinem Drehstuhl rumsitzt!“, gab diese entschieden zurück.
„Dann nenn es Koordinator, Organisator, Streitschlichter oder was auch immer. Aber irgendjemand muss über all das hier den Überblick behalten und uns notfalls zur Räson rufen. Mir fiele niemand besseres ein, als du.“
„Aber...“
„Er hat Recht, Rosi“, fiel Niels ihr ins Wort. „Und das sage ich, obwohl du heute mich zur Räson gerufen hast.“ Die anderen machten zustimmende Geräusche und Rosi sah mal wieder von einem zum anderen. Dann schüttelte sie den Kopf.
„Simmer, hätte ich doch nur den Mund gehalten.“

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Beitrag  singingmiri Di März 17, 2020 8:25 pm

Kapitel 4: So viel zu tun


Die Küche war ein Mammutprojekt. Wäre es nur darum gegangen, die Geräte und Schränke aufzustellen und auszurichten, wäre er vermutlich nach ein oder zwei Tagen fertig gewesen. Aber es hing mehr daran. Peter und er hatten zunächst den Verschlag erweitert, so dass eine kleine Kochnische entstand. Dann hatte er sich um die Stromversorgung gekümmert. Einen Generator zu haben war schön und gut, aber die Leitungen mussten sicher verlegt werden. Glücklicherweise hatte er die alten Leitungen in der Erde finden können. Zahllose Kurzschlüsse später hatte er schließlich den Sicherungskasten in Betrieb nehmen können, ohne dass sämtliche Sicherungen darin sofort ansprangen. Herd und Kühlschrank liefen seit zwei Tagen, aber Letzterer bereitete ihm etwas Kopfzerbrechen. Er kühlte zwar, aber nur ein paar Grad unter der Außentemperatur. Dabei gab er ständig gurgelnde Geräusche von sich, die ihm gar nicht gefielen. Er hatte beschlossen, sich darum zu kümmern, wenn er den Rest der Küche installiert hatte, denn im Grunde hatte er keine Ahnung, was er im Fall des Kühlschranks tun sollte. Die anderen dachten wunder weiß was von seinen Fähigkeiten, aber er war weder Ingenieur noch Architekt, nur ein Hobbybastler. Wenn er einen Bauplan des Geräts oder wenigstens irgendeinen Kühlschranks hätte, sähe die Sache vielleicht anders aus.
So aber befasste er sich erstmal mit den Wasserleitungen. Die Spülung für das Klo in Betrieb zu nehmen war eine Sache gewesen. Nun aber brauchten sie sauberes Warmwasser, von den Temperaturreglern ganz zu schweigen. Seit Tagen tüftelte er an den Wasserleitungen herum, hatte verschiedene Blockaden aus den Rohren entfernt und sich sogar in die Kanalisation hinabgewagt. Er grinste in sich hinein, als er an diesen Tag dachte. Caroline hatte ausgesehen, als sei sie einer Ohnmacht nahe, als er triefend und stinkend ins Lager zurückkehrte. Der Anblick hatte ihn so sehr erheitert, dass er unnötig lange wartete, bis er baden ging.

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad26

Er drehte den Wasserhahn auf und wartete. Eine Weile geschah nichts, dann schoss Wasser hervor und spritzte in alle Richtungen. Hastig drehte er den Hahn wieder zu.
„Die gute Neuigkeit: Die Wasserleitungen funktionieren, die schlechte: Mit dem Wasserhahn stimmt etwas nicht“, sagte er trocken zu sich selbst.
„Redest du immer mit dir selbst?“, fragte Anne lachend. Er hatte sie nicht kommen gehört.
Er merkte, wie er errötete, und ärgerte sich darüber. Er war immer schon ein bisschen schüchtern gewesen, wenn es um Simas ging, aber Anne gegenüber fühlte er sich immer besonders linkisch. Vielleicht lag es daran, dass sie Lehrerin gewesen war. „Wenn sonst niemand da ist, mit dem ich reden kann“, antwortete er zögernd, ohne sie anzusehen.
„Ich wollte fragen, wie es vorangeht und ob ich helfen kann.“
„Schon fertig mit den Pflanzen?“, fragte er.
„Klar. Ich war eben schon schwimmen, um mich abzukühlen.“ Sie lehnte sich an die Theke, sodass Tobit sie zum ersten Mal richtig ansah.
„Netter Sonnenbrand“, bemerkte er. Er selbst fühlte sich auf einmal auch so, als würde er einen Sonnenbrand bekommen.
„Trifft uns alle“, sagte sie achselzuckend und wrang sich die Haare aus. „Also, wie sieht’s aus? Soll ich dir helfen?“
„Nicht nötig. Ich bändige dieses Biest auch so.“ Er wandte sich wieder dem Wasserhahn zu. Vielmehr befürchtete er, sich nicht konzentrieren zu können, wenn sie im Bikini neben ihm stand.
„Okay, dann gieße ich die Pflanzen nochmal.“ Sie klopfte ihm auf die Schulter und sein Magen machte einen Salto.
„Hey, Anne“, rief er hier hinterher.
„Ja?“
„War unter den Sachen, die ihr gefunden habt, nicht auch ein Rasensprinkler?“
„Stimmt, was ist damit?“
„Ich könnte ihn euch anschließen. Dann müsst ihr nicht mehr die schweren Gießkannen schleppen.“
„Super Idee!“, strahlte sie und holte das Gerät sofort herbei. Es war keine große Sache, den Sprinkler anzuschließen, aber Annes Freude darüber machte ihn glücklich.
Doch als er später wieder mit dem „Biest“ beschäftigt war, dachte er vor allem an Cecilia, die er am Tag der Katastrophe verloren hatte. Cecilia, die er hatte heiraten wollen, mit der er glücklich gewesen war. Wie konnte er sie so schnell vergessen?

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad28

Er grübelte immer noch, als er abends nach seinem täglichen Bad im Meer am Feuer saß und seinen Fisch briet. Die anderen hatten fast alle schon gegessen und so saß er ausnahmsweise alleine da.
„Du kannst nicht als einzige nichts tun und alle anderen schuften lassen!“, drang es plötzlich an sein Ohr. Verärgert über die Störung sah er sich um und sah, dass Harriet und Caroline sich in seiner Nähe mal wieder stritten. Meistens ging es darum, dass Harriet fand, Caroline täte zu wenig. Es ließ sich nicht abstreiten, dass sie sich gerne mal hinsetzte und ihre Fingernägel begutachtete, während andere im Dreck wühlten. Trotzdem fand er, dass Harriet überreagierte. Wenn die beiden Simas stritten, trafen sich zickig und hitzig. Nicht selten wurde es laut und handgreiflich. Tobit wünschte, Rosi wäre schon wieder zurück, um zu schlichten, aber sie war heute mit Mattis losgezogen und die beiden waren noch nicht in Sicht. Womöglich genossen sie es gerade, allein zu sein. Er hegte schon eine Weile den Verdacht, dass die beiden etwas miteinander hatten. Rosi vertraute ihm wie sonst keinem und die beiden steckten häufig die Köpfe zusammen. Das störte ihn nicht, aber seinetwegen konnten die beiden allmählich aufkreuzen.
„Hey, jetzt lasst es mal gut sein, ihr beiden“, mischte er sich schließlich ein, als es ihm zu bunt wurde. Wie zu erwarten war, wandte sich Harriets Zorn sofort auf ihn.
„Findest du es etwa gut, dass sie hier ständig faulenzt?“, fragte sie wütend.
Er seufzte. „Ich will mit eurer ständigen Streiterei nichts zu tun haben, aber es nervt. Könnt ihr euch nicht einfach vertragen?“
„Was sind wir, deine Kinder?“, zickte Caroline.
Er stand lachend auf. „Und schon seid ihr gemeinsam gegen mich. Ja, ein bisschen kindisch sind eure Streitereien schon.“ Damit entfernte er sich von den beiden Simas, die sich nun irritiert beäugten. Er hatte vor, noch ein wenig ans Meer zu gehen, um dort in Ruhe an seine verstorbene Freundin zu denken.

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad27

Dazu kam es jedoch nicht. Rosi fing ihn auf dem Weg dahin ab und hinter ihr entdeckte er Mattis, der von einer Gruppe gluckender Hühner begleitet die Straße hinab kam.
„Na klasse, noch mehr Hühner“, stellte er trocken fest und nahm ihr wortlos einen Teil ihres Gepäcks ab.
„Harriet und Caroline schon wieder?“, tippte sie grinsend. „Keine Sorge. Diese hier machen uns weniger Kummer. Meinst du, du kannst für sie einen Stall bauen?“
Er nickte. „Wie um alles in der Welt habt ihr sie dazu gebracht, euch zu folgen?“
„Wir haben ihnen ein paar Samen zu fressen gegeben. Da sind sie uns hinterher gerannt. Jedesmal wenn sie Zweifel bekamen, dass sie noch etwas bekommen und nicht mehr mitkamen, hat Mattis ihnen noch ein paar gegeben. Ich habe mich die ganze Zeit ein bisschen gefühlt wie Hänsel und Gretel mit den Brotkrumen“, antwortete sie vergnügt.

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad29

„Was gibt es Neues?“, fragte sie, als sie zu dritt mit der Hühnerschar ins Camp zurückkehrten.
Tobit berichtete ihr vom Fortschritt der Küche und dem Sprinkler. „Wenn ich die Wasserleitungen hinbekomme, könnte ich auch noch die alte Waschmaschine in Betrieb nehmen, die Mattis vor ein paar Tagen angeschleift hat. Danach habe ich mir überlegt, an der Rückseite der Küchenwand ein paar Außenduschen anzubringen. Das gibt uns nicht die Privatsphäre, die man beim Duschen gerne hat, aber ...“ Er brach unsicher ab.
„Heißes Wasser und kein Schleppen mehr“, nickte sie. „Ich denke, wir werden den gelegentlichen Anblick eines nackten Körpers verkraften.“ Sie stellten die neusten Fundstücke ab und Rosi ließ sich mit einem erleichterten Seufzer auf einer Bank nieder. Tobit reichte ihr einen Krug Wasser. Mattis setzte sich ebenso erschöpft daneben und streifte die Schuhe ab.
„Wir haben einen guten Ort zum Bergen gefunden. Da sind noch einige intakte Sachen. Aber es ist ziemlich weit weg“, erklärte er. „Jeden Tag können wir diese Tour nicht machen.“
„Ein Auto müsste man haben“, seufzte Rosi.
„Das würde uns nicht lange helfen. Die Tankstelle ist in die Luft geflogen“, gab Mattis zu Bedenken.
„Vielleicht würden Fahrräder helfen“, schlug Tobit vor. „Wenn wir welche finden, könnte ich sie wieder flott machen.“
„Wann willst du das denn noch machen?“, fragte Anne lachend, die sich hinzugesellt hatte. Tobit spürte, wie sein Nacken heiß wurde. „Du hast doch jetzt schon genug Projekte um für den Rest des Jahres beschäftigt zu sein.“
„Wohl wahr“, stimmte Rosi in das Lachen ein. „Ohne Tobit wären wir hier aufgeschmissen. Trotzdem: Ich finde die Idee mit den Fahrrädern gut. Wenn wir welche finden, bringen wir sie dir und laden sie auf deinem Berg Arbeit ab, in Ordnung?“ Sie zwinkerte ihm zu und Tobit war erleichtert, dass sie seine Verlegenheit auf die viele Arbeit und nicht auf Anne zurückgeführt hatte.

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Beitrag  singingmiri Mo März 23, 2020 7:25 pm

Kapitel 5: Harriet und Caroline


Die Arbeit ging ihnen nicht aus. Nachdem Tobit das Wasserdruckproblem gelöst hatte, war es ein Leichtes gewesen, eine Waschmaschine und zwei Duschen anzuschließen. Der Kühlschrank gurgelte immer noch fröhlich vor sich hin, aber nachdem Tobit aufs Geratewohl an ein paar Teilen herumgeklopft hatte, hatte er sich entschlossen, doch richtig zu kühlen. Über kurz oder lang würden sie ein anderes Gerät brauchen. Die Hühner hatten es sich in ihrer neuen Behausung bequem gemacht und legten fleißig Eier. Die erste Mahlzeit ohne Fisch – Spiegeleier und erntefrischer Salat – war ihnen wie ein Festessen vorgekommen. Tobit hatte sich gleich danach daran gemacht, den Kloverschlag zu erweitern und ein richtiges Bad installiert. Hätte jeder von ihnen jeden Tag ein Bad nehmen, wäre der Raum freilich permanent belegt und niemand könnte mehr aufs Klo gehen. Sie hatten sich darum darauf geeinigt, dass jeden Tag einer von ihnen reihum das Vergnügen haben durfte. Außerdem hatten sie an dem neuen Bergungsort einige Zweimannzelte gefunden. Das war ein Glück, denn es hatte einige Regentage gegeben und es war unangenehm, auf der aufgeweichten Erde zu schlafen.

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Es hatte sie wenig überrascht, dass Niels und Caroline ein Zelt teilen wollten. Es war ein offenes Geheimnis, dass die beiden seit einiger Zeit etwas miteinander hatten. Rosi konnte nicht recht verstehen, was Niels an dieser zickigen Diva fand. Sie hatte ihn eher für einen bodenständigen Kerl gehalten, der Glamour nicht viel abgewinnen konnte. Und dass Caroline sich mit jemandem einließ, der den ganzen Tag nichts anderes tat, als zu angeln, kam ihr ebenso merkwürdig vor. Vielleicht tat sie den beiden auch unrecht und sie hatten sich einfach verliebt.

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Harriet und Anne hatten daraufhin das zweite Zelt zu ihrem erkoren, Tobit und Peter nahmen das dritte und Rosi blieb nichts anderes übrig, als mit Mattis das vierte Zelt zu teilen. Sie vermutete, dass die anderen dachten, sie täten ihr damit einen Gefallen. Ihr war klar, wie das Verhältnis zwischen ihnen wirken musste. Er war ihr engster Vertrauter. Sie steckten häufig die Köpfe zusammen, konnten ungezwungen miteinander umgehen. Als Außenstehende wäre sie selbst zu dem Schluss gelangt, sie seien ein Paar. Aber für sie war er so etwas wie ein großer Bruder, in gewisser Weise ein Ersatz für Marisol. Es half ihr, mit dem Verlust klar zu kommen. Sie ging davon aus, dass er ähnlich dachte, denn er hatte nie einen Versuch unternommen, sich ihr anders als freundschaftlich zu nähern.

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Sie hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, jeden Abend mit einem großen Zeichenblock bewaffnet, den Mattis gefunden hatte, in einer Ecke zu sitzen und zu planen. Jeden Tag ereignete sich etwas oder dachte jemand an etwas, das berücksichtigt werden musste. Es half ihr, den Überblick zu behalten und zu entscheiden, was Priorität hatte. So saß sie mal wieder da, als sich eines Abends Harriet zu ihr gesellte. Rosi war daran gewöhnt, bei ihrer Planung unterbrochen zu werden. Fast jeden Abend hatte einer der anderen ein Anliegen, das er mit ihr besprechen wollte.
„Ich habe mir etwas überlegt, was ich tun könnte“, begann Harriet ohne Umschweife. In ihrer Stimme schwang Vorfreude mit.
„Dann schieß los“, grinste Rosi und ließ den Block in ihrem Schoß ruhen.
„Wir brauchen medizinische Versorgung. Ich denke, ich könnte da etwas tun.“
„Was denn? Hast du eine Ausbildung in die Richtung?“, fragte Rosi verblüfft.
„Nein, das nicht“, gab Harriet zu. „Das würde auch nichts helfen, weil wir ja keine medizinischen Geräte haben. Aber meine Mutter hat immer auf Naturheilkunde geschworen. Darum kenne ich einige Hausmittel. Ich könnte ein paar einfache Heilsalben, Tinkturen und Medikamente mischen. Das ist besser als nichts.“
„Wohl wahr“, sagte Rosi nachdenklich.
„Unter den Büchern, die Anne gefunden hat, sind auch ein paar interessante Rezeptbücher und chemische Formeln. Sie sehen ein bisschen in die Jahre gekommen aus, aber vielleicht finde ich dort ein paar nützliche Informationen.“
„Wie findest du heraus, was davon nützlich ist?“, wollte Rosi wissen.
„Oh, ich war immer ganz gut in Chemie. Ich kriege das hin“, winkte sie ab. „Also, was sagst du?“
„Ich halte es für eine gute Idee. Was brauchst du dafür?“
„Ein ruhiges Plätzchen, einen großen Kessel und einen Ort, wo ich meine Zutaten und Tränke lagern kann.“
Rosi nickte und schrieb sich das auf. „Ich rede mit Tobit. Er hat sicher eine Idee, wo wir dir das einrichten können.“ Sie grinste Harriet an. „Meinst du, du kannst auch etwas Seife herstellen?“

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„Harriet ist wirklich glücklich, dass du ihr erlaubt hast, die Heilmittel zu brauen“, sagte Peter einige Tage später. Sie saßen gemeinsam an ihrem neuen Esstisch und aßen Salat – gerade eines der Hauptnahrungsmittel. Tobit und Mattis hatten die Küchenzeile in Rekordzeit in eine Wohnküche verwandelt. Das war auch gut so. Es war zwar immer noch sommerlich warm draußen, aber das Wetter wurde allmählich unbeständig. Glaubte man Mattis, würde es noch einige Wochen so bleiben, bevor es wirklich kalt wurde, doch ihrer Meinung nach, war die Hütte lieber früher als später fertig. Tobit plante nun, eine kleine Werkstatt zu errichten, in der auch Harriets Labor Platz finden würde.
Rosi stieß zischend die Luft aus. „Als ob ich irgendetwas hier verbieten könnte. Ich bin nicht eure Königin.“
„Aber niemand tut hier etwas, ohne dich vorher nach deiner Meinung zu fragen“, lachte er.
„Was würdet ihr nur ohne mich tun“, gab sie ironisch zurück.
„Uns gegenseitig an die Kehle gehen und auf Rettung hoffen, vermutlich“, antwortete er trocken. „Du machst das großartig, das wollte ich dir schon immer mal sagen.“
Sie errötete bei diesem Lob und schob sich sicherheitshalber eine Gabel Salat in den Mund, bevor sie antwortete. „Ich bin froh, dass hier alle an einem Strang ziehen. Das macht die Sache einfacher.“
Er nickte und sah zu Harriet, die Mattis gerade voller Enthusiasmus von ihren Plänen erzählte. Caroline gesellte sich mit einem Teller Salat mit an den Tisch und verdrehte die Augen. „Ich glaube, wenn ich noch mehr über die heilende Wirkung von Kamille und Rosenextrakt höre, breche ich“, schnaubte sie, aber so leise, dass Harriet es nicht hörte.
Rosis Mund zuckte belustigt. Harriets Begeisterung kam ihr auch etwas übertrieben vor, aber sie sagte lediglich: „Lass ihr den Spaß. Ich bin sicher, das legt sich mit der Zeit.“
Caroline machte einen undefinierbaren Laut und schob sich eine Gabel Salat in den Mund. „Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sage, aber ich wünschte, wir hätten etwas Fleisch zu essen“, sagte sie mit komischer Verzweiflung.
Rosi lachte auf, aber Peter meinte säuerlich: „Musst du dich immer beschweren?“ Vermutlich traf es ihn in seiner Ehre, dass sie etwas gegen sein Gemüse sagte. Rosi unterdrückte ein Augenrollen und sagte: „Gegen ein bisschen Fleisch im Speiseplan hätte ich auch nichts einzuwenden, aber ich fürchte, wenn wir weiterhin frische Eier haben möchten, müssen wir zwangsläufig darauf verzichten.“

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Die meisten hatten mittlerweile gelernt, mit Caroline auszukommen. Sie war zickig und etwas arbeitsscheu, aber sie hatte auch eine gewisse komische Seite und verstand es, sie alle mit allerlei Grimassen und wirklich gelungenen Imitationen zum Lachen zu bringen. Nur mit Harriet wurde sie nicht warm. Meistens reichte es aus, dass sie sich über den Weg liefen und schon gifteten die beiden sich an. Rosi ging dazu über, die beiden nach Möglichkeit für Aufgaben einzuteilen, die sie möglichst fern voneinander hielten.
An einem Vormittag lief sie geradewegs in die streitenden Simas hinein, als sie sich gerade auf den Weg zum Bergen machen wollte. Caroline hatte sie eigentlich schon unterwegs mit Mattis gewähnt.
„... kannst nicht alle hier im Stich lassen...“, wütete Harriet gerade.
Rosi räusperte sich vernehmlich. „Was ist los?“
„Sie sollte heute eigentlich mit Mattis gehen, aber sie sagt, sie hatte keeine Lust und er ist ohne sie losgezogen“, antwortete Harriet sofort anklagend.
„Mattis hat gesagt, er braucht mich heute nicht unbedingt und ich solle mir lieber hier eine Aufgabe suchen“, verteidigte Caroline sich.
„Ah, und was für eine Aufgabe hast du dir gesucht? Deine Fingernägel inspizieren?“, fuhr Harriet spöttisch auf.
Caroline wollte zu einer hitzigen Antwort ansetzen, aber Rosi unterbrach sie: „Es reicht jetzt! Harriet, geh zurück zu deinen Aufgaben und Caroline komm bitte mit rein.“
„Ich bin kein Kind, das du einfach herumkommandieren kannst!“, fuhr Harriet wütend auf.
„Wenn du dich nur wie eine Erwachsene verhalten würdest...“, gab Caroline spitz zurück.
„Caroline...“, stöhnte Rosi. Die zuckte die Schultern und ging in die Hütte. Rosi sah Harriet mit verengten Augen an. „Du wirst dich zusammenreißen, Harriet. Es ist nicht deine Aufgabe, andere zu maßregeln, hast du das verstanden?“
Harriet sah eingeschnappt aus, aber sie ging tatsächlich an ihre Arbeit. Rosi dachte für sich, dass das nicht ihre beste Performance im Streitschlichten war.

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„Und, wie sieht das Urteil aus?“, fragte Caroline spöttisch, als sie allein in der Wohnküche waren, doch Rosi ließ sich davon nicht beeindrucken. Sie ahnte, dass hinter dieser hochmütigen Fassade dieselben Ängste lagen, die sie selbst gut kannte. Sie musterte die blonde Sima nachdenklich, die es irgendwie fertig brachte, auch unter diesen widrigen Umständen gepflegt auszusehen, eingehend. Hinter ihr stand ein angefangenes Gemälde auf einer Staffelei – ein weiteres Problem, das es Caroline nicht leichter machte, sich in die Gemeinschaft einzufügen. Malen trug nicht zum Überleben bei.
„Ich muss dir nicht sagen, dass die Chancen nicht gut stehen, den Winter zu überleben“, fing sie schließlich an. „Ich muss dir auch nicht sagen, dass sich keiner von uns leisten kann, auf der faulen Haut zu liegen, denn das weißt du. Also interessiert mich nur eines: „Warum tust du nicht so viel wie du könntest?“
„Ich habe keine Lust auf dein Psychogelaber“, antwortete Caroline abweisend.
„Worauf hast du dann Lust?“
Caroline lachte freudlos auf. „Hier gibt es nicht viel, das mir Spaß macht. Naja, außer vielleicht mit Niels zu schlafen.“
„Simmer, kannst du nicht einen Augenblick mal ernst bleiben?“, stöhnte Rosi genervt. Sie schwiegen eine Weile und Rosi dachte darüber nach, wie sie Caroline begreiflich machen konnte, dass sich etwas ändern musste.
„Es ist mein Ernst“, sagte Caroline schließlich leise. „Für euch mag das einfach sein, harte Arbeit zu leisten. Es macht euch nichts aus, im Dreck zu buddeln und mit wenig Komfort auszukommen. Ich hasse das. Ich weiß, dass ich mehr tun sollte, aber um ehrlich zu sein gibt es nichts, was ich gut kann. Im Grunde seid ihr doch alle froh, wenn ich euch nicht im Weg herumstehe.“
„Das stimmt nicht...“, wollte Rosi ansetzen.
„Doch, tut es.“ Carolines Stimme klang bitter. „Mattis ist ein guter Kerl und würde das nie offen sagen, aber es nervt ihn, wenn ich dabei bin, weil ich einfach nicht weiß, was von dem ganzen Schrott noch brauchbar ist. Peter traut mir bestenfalls zu, die Pflanzen zu gießen, aber seit wir die Sprinkleranlage haben, muss das ja keiner mehr tun. Fürs Fischen bin ich zu ungeduldig, zum Bauen zu ungeschickt und schwach. Glaubst du, es macht mir Spaß, immer die Dumme zu sein, die nichts kann?“
Rosi hatte sie nicht weiter unterbrochen, obwohl sie bemerkte, dass Caroline sich in etwas hineinsteigerte. Es würde ihr guttun, wenn sie sich das alles einmal von der Seele redete. „Du kannst malen“, merkte sie schließlich vorsichtig an, als ihr nichts mehr einzufallen schien.
Die Blondine schnaubte. „Ja, das hilft uns allen ungemein. Du siehst, es gibt nichts, was ich beitragen kann.“
„Sag das nicht“
„Wieso nicht? Es ist schließlich die Wahrheit!“
„Da wäre ich nicht so sicher“, antwortete Rosi langsam. „Weißt du, in gewisser Weise geht es mir wie dir.“
„Das wage ich zu bezweifeln.“
„Das einzige, was ich kann, ist koordinieren und reden. Ohne Mattis wäre ich damals an diesem Strand verdurstet, weil ich quasi keinen Überlebensinstinkt habe. Und ohne die anderen wäre ich kurz darauf verhungert. Ich habe keine Ahnung, wie man einen Generator repariert oder eine Hütte baut. Kurz: Wir wären beide am Arsch.“
„Ja, aber du hast eine verantwortungsvolle Aufgabe und niemand würde auf die Idee kommen, dich nutzlos zu finden – bei egal welcher Aufgabe. Du würdest beim Bergen vermutlich auch ohne Mattis Hilfe ein paar nützliche Dinge finden.“
„Ich wette, du auch“, gab Rosi ruhig zurück.
„Das hatten wir doch schon.“
„Du musst nur nach etwas suchen, womit du dich auskennst.“
„Was soll das bitte sein?“
„Kleidung, zum Beispiel. Du hast das beste Auge dafür.“
„Ich kann mir förmlich vorstellen, wie die anderen vor Freude ausflippen, wenn ich mich ihnen als Stylistin anbiete.“, höhnte Caroline.
„Irgendjemand muss sich darum kümmern, dass wir im Winter warme Kleidung haben, oder?“
„Schon aber... Ich bin keine Schneiderin.“
„Das musst du auch nicht sein. Wenn du das nächste Mal bergen gehst, suchst du gezielt nach brauchbarer Kleidung. Womöglich müssen manche Teile ausgebessert werden, aber du wirst das hinbekommen, weil es deine Aufgabe sein wird und wir alle von dir abhängig sind. Bist du damit einverstanden?“
Caroline sah sie verblüfft an. „Bietest du mir gerade einen Aufgabenbereich an?“ Rosi nickte. „Dann sage ich ja. Und ich werde gleich heute damit anfangen.“
Rosi lächelte und nahm sie in den Arm, froh, dass sie richtig vermutet hatte, was Caroline brauchte. „Soll ich dich begleiten? Wir könnten die Fahrräder nehmen, die Tobit repariert hat, dann sind wir schneller.“
„Ähm... na klar.“ Carolines Lächeln wirkte mit einem Mal viel gelöster. „Aber... sag den anderen bitte nicht, was ich dir gesagt habe.“

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Beitrag  singingmiri So März 29, 2020 3:16 pm

Kapitel 6: Überraschender Besuch


„Wir sollten langsam aufhören, sonst komme ich heute nie los zum Angeln“ Niels löste sich von Caroline. Sie hatten die Gunst der Stunde, allein in der Wohnküche zu sein genutzt und es leidenschaftlich auf der neuen Couch getrieben. Er war immer wieder aufs neue fassungslos, wie hemmungslos und einfallsreich sie beim Sex war. Er nahm an, dass sie schon viele Simos gehabt hatte. Früher hätte ihn das gestört, aber es hatte auch seine guten Seiten. Caroline hatte kein Bedürfnis danach, mit ihm über den Ernst ihrer Beziehung oder ihre Zukunft zu sprechen. Sie hatten ein unkompliziertes Verhältnis, das kaum über Sex hinausging und seinetwegen konnte das auch noch eine Weile so bleiben. Wenn sich mehr daraus entwickelte – auch gut.

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Die Erinnerung an das letzte Stelldichein vertrieb ihm so manches Mal die Langeweile beim Angeln und vor allem die düsteren Gedanken, die ihn sonst heimgesucht hatten. Der tägliche Fang wurde größer und größer seit er für einige Fischarten herausgefunden hatte, welches der beste Köder war. Peter gab ihm gerne die weniger guten Früchte oder Essensreste ab. Alles, was sie nicht sofort verbrauchen konnten, froren sie ein, aber die kleineren Fische nutzte er manchmal auch als Lebendköder. Wenn doch etwas schlecht wurde, verwendete Peter es als Pflanzendünger. Ein nachhaltiger Kreislauf.

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Jeden Tag, wenn er ins Lager zurückkehrte, konnte er die Fortschritte dort bewundern. Die Arbeit an Tobits Werkstatt schritt langsam voran. Das lag vor allem daran, dass er immer wieder drängendere Probleme löste. Neben seinem ewigen Sorgenkind, dem Wasserhahn, hatte er ein paar Möbel repariert oder gebaut, die in der Wohnküche Platz fanden. Er hatte auch einen Laptop reaktiviert, den Rosi für ihre Planungen nutzte. Die restlichen Seiten ihres Blockes, den sie nicht mehr brauchte, hatte sie Caroline gegeben, die darauf Kleidungsstücke entwarf.

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Niemand wusste, was Rosi zu Caroline gesagt hatte, um sie dazu zu bewegen, sich als Schneiderin zu versuchen. Sie hatte wahrlich ein Wunder vollbracht, seine Freundin zu motivieren. Er war versucht, Harriet zu glauben, dass die Rothaarige magische Fähigkeiten besitzen musste, um das zu bewerkstelligen. Mittlerweile hatten sie alle davon profitiert, dass Caroline ihre Klamotten ausbesserte. Es störte niemanden mehr, wenn sie gelegentlich an der Staffelei stand. Einige ihrer Gemälde zierten nun die Wände der Hütte.

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Mattis hatte einige gute Stellen zum Bergen ausfindig gemacht. Jeder, der sich nicht zwangsläufig im Lager aufhalten musste, half dabei, die brauchbaren Objekte ins Lager zu bringen, wo Tobit sie entweder restaurierte oder ausschlachtete. Mittlerweile nahm es eine unübersichtliche Größe an. Anne, die einzige, die bisher keine feste Aufgabe hatte, hatte sich bereit erklärt, die Dinge zu sichten und katalogisieren. Sie fand soviel Freude daran, dass sie sogar begann, an Regentagen eine Art Chronik der Ereignisse seit der Katastrophe zu verfassen.

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Er selbst hatte die Schnorchelausrüstung für sich entdeckt. Er hatte schon immer Spaß daran gehabt und wann immer er genug geangelt hatte, schnorchelte er ein paar Stunden. Das ein oder andere Mal hatte er etwas Brauchbares, das von der Flutwelle ins Meer gespült worden war, entdecken können und ins Lager gebracht. Wenn er eine richtige Tauchausrüstung besäße, so vermutete er, könnte er noch ganz andere Schätze entdecken.

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Er hatte an diesem Tag einen großen Fang gemacht und war darum bis tief in die Nacht damit beschäftigt, diesen zu sortieren, die besten Fische einzufrieren und die anderen zu Dünger oder Köder umzuwandeln. Endlich war er fertig und gähnend machte er sich auf den Weg zum Zelt, als er überrascht stehen blieb und sich die Augen rieb. Das Lichtschauspiel, das er zunächst für eine Halluzination wegen Übermüdung gehalten hatte, war immer noch da. Neugierig näherte er sich diesem, um es genauer zu untersuchen.

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Mit einem Mal war gleißendes Licht über ihm, das ihn lähmte. Die Welt schien sich auf den Kopf zu stellen. Die Erdanziehungskraft reichte nicht mehr, um ihn am Boden zu halten. Unter gellenden Schreien wurde er in das Licht gesogen und verlor das Bewusstsein.

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Beitrag  singingmiri Mo Apr 06, 2020 7:25 pm

Kapitel 7: Ein Abend voller Ereignisse


Niels war schwanger. Es war unmöglich und es wollte einfach nicht in Rosis Kopf. Simos konnten nicht schwanger werden, das wusste jedes kleine Kind. Und doch waren die Zeichen eindeutig. Am Anfang hatte sie noch glauben wollen, dass er einfach nur zunahm (wie auch immer das möglich sein sollte bei den Rationen, die sie aßen), doch mittlerweile erkannte man den Babybauch und das Ungeborene trat wie bei einer normalen Schwangerschaft.

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Diese neue Entwicklung hatte ihre Pläne für den Winter gehörig durcheinandergewirbelt. Plötzlich waren die Geburtsvorbereitungen das Wichtigste. Jeder versuchte, etwas beizusteuern. Tobit baute ein Schlafzimmer an, in dem auch ein Babybett Platz finden würde. Caroline, die wenig Begeisterung für das Baby empfand, kümmerte sich um die Strampler. Harriet und Anne wälzten gemeinsam jedes Buch zu Schwangerschaft und Babypflege, in der Hoffnung, herauszufinden, wie die Entbindung bei Männern ablaufen könnte. Rosi schauderte bei dem Gedanken, sie müssten einen Kaiserschnitt durchführen. Sie hatten weder das geeignete Werkzeug noch Betäubungsmittel.

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad48

Sie hatte von Harriet während des Tages nichts gesehen. Seit sie von Niels Schwangerschaft erfahren hatte, verbrachte sie oft den ganzen Tag in der Werkstatt und braute fieberhaft Tränke. Doch sie war nicht zum Essen aufgetaucht und Rosi machte sich allmählich Sorgen.
„Harriet, alles in Ordnung bei dir?“, fragte sie und öffnete schwungvoll die Tür, um dann wie erstarrt auf das zu blicken, was sie sah. Harriet war nicht ohnmächtig, wie sie insgeheim befürchtet hatte.
„Geh weg“, quakte die Kröte kläglich.

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad46

Rosi kniff sich heftig in den Arm, weil sie sicher war, zu träumen. Harriets Krötenkopf verschwand nicht, aber ihr Arm schmerzte furchtbar. „Was...?“, fragte sie dümmlich.
„Einer der Tränke ist schief gelaufen“, quakte die Harriet-Kröte.
„Stehe ich unter Drogen?“
Die Kröte schüttelte heftig den Kopf und in ihren Augen schwammen Tränen. Rosi hatte noch nie von einer Kröte gehört, die weinen konnte.
„Gibt es ein Gegenmittel?“, fragte sie, als sie sich einigermaßen gefasst hatte.

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad50

„Wie zum Geier kannst du das den ganzen Tag über lesen?!“, rief Rosi zwei Stunden später stöhnend aus. „So unübersichtlich und kryptisch.“
Ein wahrhaft krötenhaftes Grinsen war Harriets Antwort.
„Verdammt, uns läuft die Zeit davon. Hier steht, wenn der Fluch nicht innerhalb von 24 Stunden geheilt wird, ist er unumkehrbar. Wie lange ist es her?“
„Ich schätze ungefähr sechs Stunden“, quakte Harriet kläglich. „Was mache ich jetzt nur? Ich will keine Kröte sein.“
„Tja, wenn ich dem Buch hier glauben schenken möchte – und das fällt mir schwer – soll der Kuss der wahren Liebe helfen. Fällt dir jemand ein?“
Harriet errötete. „Ich... ähm.“ Sie sah verlegen aus.
Rosi sah sie seufzend an. „Wir müssen alles ausprobieren, Harriet. Sag schon: wer?“
Eine Weile zögerte die Kröte. „Mattis“, sagte sie schließlich leise. „Aber... du.“
„Ich bin nicht mit Mattis zusammen“, stellte Rosi klar. „Ich werde ihn holen.“

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad49

Sie fand ihn unter der Dusche. Ohne zu zögern, stieg sie unter die zweite und wartete, bis er sie ansah.
„Komm in einer Viertelstunde in die Werkstatt. So, dass dich keiner sieht“, sagte sie leise. Er fragte nicht nach, aber in seinem Blick las sie Verwunderung und etwas anderes, das ihr schwerfiel einzuordnen – Hoffnung? Sie betete inständig, dass sie sich irrte, denn sonst sah sie schwarz für Harriet.

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad51

„Das soll helfen?“, fragte Mattis fassungslos, nachdem sie ihm die Situation erklärt hatte. Harriet war trotz Krötenhaut tiefrot angelaufen und brachte kein Wort hervor. Zweifelsohne hatte sie es sich anders vorgestellt, Mattis ihre Gefühle zu gestehen.
„Etwas Besseres haben wir nicht gefunden“, bestätigte Rosi.
„Froschkönig olé“, murmelte er und sah Harriet nachdenklich an. Sein Blick wurde weicher, als er ihr Elend sah. „Na, komm her, Froschprinzessin“, sagte er zärtlich und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Rosi sah atemlos zu, verblüfft, dass es so einfach gewesen war, ihn zu überzeugen.

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Eine Weile geschah gar nichts, dann gab es einen lauten Knall und beide verschwanden in einer Rauchwolke. Rosi hatte ein ungutes Gefühl. Als der Rauch sich legte, sah sie nicht eine Kröte an, sondern zwei.
„Na, das hat ja wunderbar geklappt“, quakte die Mattis-Kröte.

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„Geh schlafen“, quakte Mattis. „Du kannst hier nichts mehr ausrichten.“ Er hatte Recht, wusste Rosi, aber sie fühlte sich schuldig, dass er mit hineingezogen worden war und so winkte sie ab. Harriet hatte sich wieder über ihre Bücher gebeugt und suchte ein Heilelixir, das Flüche aufheben konnte. Es war riskant, denn so etwas Schwieriges hatte sie nie gebraut. Doch der Fehlschlag mit dem Kuss schien ihren Ehrgeiz angefacht zu haben.

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad54

„Ich glaube, es ist fertig“, quakte Harriet ein paar Stunden später. Rosi schauderte. Sie klang immer mehr wie eine Kröte. Sie wollte sich gar nicht ausmalen, was geschehen würde, wenn sie keinen Erfolg hatten.
„Du zuerst“, quakte Harriet. Als Mattis sie zweifelnd ansah, fügte sie hinzu: „Es kann nicht schaden.“
„Das dachte ich heute schonmal“, murmelte er quakend und kippte sich den Inhalt der Phiole hinunter. Erneut verschwand er in einer grünen Rauchwolke, doch als er diesmal hervortrat, war er wieder er selbst.
„Du hast es geschafft!“, jubelte Rosi, während er vor Erleichterung nicht mehr sprechen konnte. Harriet grinste und nahm eine weitere Phiole. „Auf uns!“, prostete sie ihnen zu und kurz darauf, war auch sie wieder sie selbst. Aliens und Kröten – was mochte als Nächstes kommen?

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Zuletzt von singingmiri am Mo Apr 25, 2022 4:32 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Beitrag  singingmiri Mo Apr 13, 2020 8:41 am

Kapitel 8: Andromeda


„Du hast ja keine Ahnung, wie sehr ich Kaffee vermisse“, stöhnte Niels und ließ sich auf einen der Essstühle fallen.
Anne, die, einen Stapel Bücher neben sich, mal wieder am Laptop saß und ihren Bibliothekskatalog erweiterte, nickte verständnisvoll. „War früher auch mein Grundnahrungsmittel. Jetzt muss ich mich wohl mit Pfefferminztee zufrieden geben.“ Damit nahm sie einen Schluck aus ihrer Tasse. Niels goss sich seufzend auch eine Tasse ein.
„Ist sie endlich eingeschlafen?“, fragte Anne während sie das Inhaltsverzeichnis eines Buches, in dem es offenbar um Musiklehre ging, studierte. Vor einigen Tagen hatte er Andromeda zur Welt gebracht – ganz ohne Kaiserschnitt. Offenbar hatten die Aliens eine Möglichkeit gefunden, ihm nicht nur eine Einmal-Gebärmutter, sondern auch eine Gebärmöglichkeit einzupflanzen. Ihn wunderte immer noch, wie ihnen all das ohne Operationsnarben gelungen war. Und noch mehr wunderte und erleichterte es ihn, wie wenig sich Andromeda von normalen Sims unterschied. Abgesehen von der Hautfarbe und den Augen wirkte das Baby ganz normal und es verhielt sich auch wie ein gewöhnliches Baby. Es trank, schrie, schlief, machte sich die Windeln voll – in endloser Wiederholung.

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Zunächst war es ihm schwergefallen, Andromeda für ein paar Stunden in Annes Obhut zu lassen, obwohl er wusste, dass es vernünftig war. Wie sonst sollte er angeln gehen? Mittlerweile hatte er sich daran gewöhnt. Es schien ihr Freude zu bereiten. Niels vermutete, dass sie sich schon vor der Katastrophe Kinder gewünscht hatte und mit seiner Tochter nun etwas kompensierte. Es störte ihn nicht. Anne war eine fürsorgliche Ersatzmutter.

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad56

Von Caroline konnte man das nicht behaupten. Sie schien Andromeda als Konkurrenz wahrzunehmen und weigerte sich, das Baby auch nur mal kurz zu halten, geschweige denn die Windeln zu wechseln. Niels hätte ihr auch gar nicht verübelt, dass sie nicht Mutter für sein Kind spielen wollte, wenn sie nicht so schrecklich eifersüchtig gewesen wäre. Es nervte ihn, dass sie ständig seine Aufmerksamkeit wollte und sauer wurde, wenn er sich mal wieder „nur“ um seine Tochter kümmerte. Mit einem Mal war es nicht mehr so unkompliziert zwischen ihnen. Er hatte schon einige Male darüber nachgedacht, die Sache zu beenden.

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad57

„Tief und fest“, antwortete Niels. Eine Weile lauschte er mit geschlossenen Augen dem Klappern der Tastatur. Von draußen drang Vogelzwitschern an sein Ohr. In der Werkstatt unterhielt sich jemand – er nahm an, es waren Rosi und Tobit. Sie hatten immer viel zu besprechen und seit Mattis mit Harriet das Zelt teilte, schien Rosi häufiger Tobits Gesellschaft zu suchen. Diese neue Entwicklung hatte sie alle sehr verwundert. Niels war nicht der Einzige, der sich fragte, was zwischen den dreien vorgefallen war, als sie sich stundenlang in der Werkstatt verbarrikadiert hatten. Sie hatten es mittlerweile aufgegeben, ihnen zu entlocken, was sie so lange darin getan hatten. Als sie wieder herausgekommen waren, waren Mattis und Harriet ein Paar und Rosi hüllte sich mal wieder in Schweigen. Es schien ihr wenig auszumachen, dass Mattis mit Harriet schlief. Trotzdem bildete er sich manchmal ein, einen nachdenklichen Blick auf die beiden von ihr zu entdecken.

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In diesem Moment ertönte ein ohrenbetäubendes metallisches Kreischen aus der Hütte und kurz darauf antwortete empörtes Babygeschrei aus dem Schlafzimmer. Niels fluchte und stand auf, um seine Tochter zu beruhigen. Es war gar nicht so leicht, weil das Geräusch eine lange Zeit anhielt. Dann hörte es auf einmal abrupt auf und er hörte Anne vor der Hütte mit jemandem diskutieren. Kurz darauf trat sie mit einer kleinlauten Harriet ein, die sich zerknirscht für den Lärm entschuldigte. Niels winkte ab. Andromeda hatte sich mittlerweile einigermaßen beruhigt, auch wenn ihr Herz wie wild pochte. Sie musste sich furchtbar erschreckt haben.
„Was war das überhaupt?“, wollte er schließlich wissen.
„Wir versuchen, Edelsteine zu schleifen und Tobit hat eine Maschine dafür erfunden.“
„Wozu um alles in der Welt brauchen wir Edelsteine? Will jemand einen Verlobungsring schmieden?“, fragte Niels verdutzt.
Harriet errötete bis unter die Haarwurzeln. Anne tauschte mit Niels einen amüsierten Blick. Manchmal war Harriet wirklich süß mit ihren romantischen Vorstellungen.
„N-nein“, stotterte sie. „Mattis hat diese Steine gefunden und wir sind uns sicher, dass es Edelsteine sind. Wenn ich das Pulver, das beim Schleifen abfällt, auffange, kann ich es für ein paar Tränke verwenden.“ Sie war wie so oft voller Enthusiasmus für ihre Aufgabe.
Sie sahen sie sprachlos an. Es war nicht das erste Mal, dass sie etwas in die Richtung vorschlug. Zuletzt hatte sie mit Peter gemeinsam einen Bienenkasten aufgebaut und erntete nun regelmäßig Honig. Aber Bienen waren nützlich und keiner hatte etwas dagegen, Honig auf der Speisekarte zu finden.
„Ähm... willst du damit sagen, dass ... ähm ... Smaragdpulver oder so heilende Kräfte hat?“, wollte Anne wissen.
„Oh... ich weiß noch nicht. Ich bin noch nicht gut darin, die Edelsteine von außen richtig zuzuordnen“, sagte Harriet hastig und lenkte sofort ab: „Wie dem auch sei: Es ist ziemlich laut. Meinst du, ich kann zu irgendeiner Tageszeit die Maschine betreiben, ohne Andromeda zu stören?“
„Sie hat sich ziemlich erschreckt. Ich glaube, es ist zu laut für sie.“ Niels strich seiner Tochter beruhigend über den Rücken. Harriet sah enttäuscht aus.
„Du könntest Tobit fragen, ob er einen Kinderwagen bauen kann. Dann kannst du Andromeda mit zum Strand nehmen, wenn du angelst“, schlug Anne vor. „Du hättest deine Tochter bei dir und Harriet könnte nach Herzenslust Edelsteine schleifen. Das heißt, wenn die anderen nichts dagegen haben.“
„Das wäre toll!“, rief Harriet begeistert aus.
Niels sah seufzend von einer zur anderen. „Na schön. Ich frage Tobit.“

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So kam es, dass Harriet an drei Tagen in der Woche ihre Schleifmaschine betätigen durfte. Die anderen ergriffen schleunigst die Flucht, sobald sie sich mit den mutmaßlichen Edelsteinen auf den Weg in die Werkstatt machte. Mattis witzelte oft, dass er nie so viele freiwillige Bergungshelfer bekommen hätte, wenn seine Freundin nicht dafür gesorgt hätte. Er war in letzter Zeit überhaupt bester Laune. Harriet schien ihn wirklich glücklich zu machen.

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Beitrag  singingmiri Di Apr 21, 2020 7:53 pm

Kapitel 9: Neue Pläne


Rosi saß alleine am Esstisch und verspeiste eine Portion Salat. Normalerweise versuchten sie, abends alle gemeinsam zu essen, weil es so ein schönes Gemeinschaftsgefühl war, am Ende eines Tages zusammen zu sitzen. Doch in letzter Zeit war sie oft bis spät abends beschäftigt und die letzte am Esstisch. Als sich unvermutet Niels, Mattis und Harriet zu ihr setzten, wusste sie sofort, dass die drei etwas mit ihr besprechen wollten. Eine Weile schienen sie nicht so recht zu wissen, wie sie anfangen sollten.
Rosi seufzte und sagte: „Na schön, schießt los.“
„Wir... ähm...“, fing Niels an, schien aber nicht zu wissen, wie er es sagen sollte.
„... würden gern in eine andere Hütte ziehen“, vervollständigte Harriet.
„In welche andere Hütte?“, fragte Rosi verblüfft.
„In eine, die noch gebaut werden müsste“, antwortete Mattis. Sein Blick war merkwürdig.
„Okay...“, gab Rosi gedehnt zurück. „Warum?“
Mattis knetete nervös seine Finger. „Wir bekommen ein Baby“, sagte er und vermied es dabei, sie anzusehen.
„Aha“, gab sie wenig intelligent zurück.
„Wir denken, es wäre für uns alle am Besten, wenn wir in dieser Hütte nicht zwei Säuglinge haben. Ihr anderen fühlt euch nachts doch schon von Andromedas Gebrüll gestört. Wie soll das werden, wenn es erst zwei Babys sind?“, erklärte Harriet sachlich. Rosi sah sie verwundert an. Sachlich zu bleiben, war nicht Harriets Stärke.
„Außerdem können wir uns gegenseitig bei der Babypflege unterstützen. Es müsste immer nur einer von uns dreien Zuhause sein“, ergänzte Mattis.
„Und ich denke, es wäre besser, wenn Caroline und ich bis auf Weiteres nicht zusammen in einer Hütte leben“, fügte Niels seufzend an.

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Rosi nickte nachdenklich. Die letzten Tage waren für sie alle anstrengend gewesen. Angefangen hatte es alles damit, dass Caroline – ohne Zweifel gefrustet davon, dass Niels keine Zeit für sie hatte – sich an Tobit herangemacht hatte. Der hatte wohl nicht ganz gewusst, wie ihm geschah, als sie die geballte Macht ihres Sexappeals auf ihn losließ. Zunächst hatte er abgeblockt, aber letztlich bekam Caroline wohl immer, was sie wollte. In einer Gemeinschaft wie ihrer, ließ sich so etwas nicht leicht verbergen. Es gab eine hässliche Szene zwischen Niels, Caroline und Tobit und nur Mattis geistesgegenwärtigem Eingreifen war es zu verdanken, dass die beiden Simos sich nicht geprügelt hatten. Seitdem ging Niels beiden aus dem Weg und Tobit zog sich voller Selbstvorwürfe in seine Werkstatt zurück. Caroline war wie ein wandelndes Pulverfass, wenn sie Niels sah und den Rest der Zeit wie eine läufige Hündin. Tobit wollte es bei einem One-Night-Stand belassen und so versuchte sie ihr Glück bei Mattis und Peter. Natürlich erfolglos. Mattis würde Harriet niemals betrügen und der schüchterne Peter vermutlich nie darauf eingehen, selbst wenn er sie attraktiv finden würde.

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Rosi suchte Tobit gleich am nächsten Morgen in der Werkstatt, wohin er sich wieder zurückgezogen hatte, auf. Er schien sein schlechtes Gewissen mit Arbeit zu betäuben. Um ihn herum stapelten sich diverse Möbel und Baupläne. Rosi bahnte sich einen Weg durch das Durcheinander.
„Wieviele sind wir nochmal?“, fragte sie mit Blick auf die vielen Stühle, die aufgestapelt am Fenster standen, belustigt.
Er hörte sofort auf zu arbeiten und grinste verlegen. Rosi setzte sich auf eins der hölzernen Modelle und sah ihn abwartend an. Eine Weile hielt er unschlüssig sein Werkzeug in der Hand, legte es dann aber seufzend ab und lehnte sich mit verschränkten Armen an die Wand. „Kommt jetzt die Strafpredigt, auf die ich schon seit Tagen warte?“
Sie musste ihren Kopf in den Nacken legen, um ihm ins Gesicht zu sehen. „Ich bin nicht deine Mami, Tobit“, gab sie zurück. „Und ich sehe keinen Sinn darin, mich als die große Chefin aufzuspielen.“
Er sah sie eine Weile nachdenklich an. „Es tut mir leid“, sagte er schließlich und sah aus, als würde er gleich mehrere Dinge meinen. „Ich hätte das nicht tun sollen.“
„Vermutlich nicht“, gab Rosi zu. „Alles in allem wäre es mir lieber, es wäre nicht so weit gekommen. Wir können nicht riskieren, dass unsere Gemeinschaft an so etwas zerbricht. Aber es ist nun mal passiert und wir können nichts mehr daran ändern. Du darfst den Kopf deshalb nicht in den Sand stecken. Wir brauchen dich.“
„Ich weiß, es ist nur...“ Er brach ab und sah unschlüssig zu seiner Werkbank.
„Niels bedauert es nicht so sehr, dass er mit Caro Schluss gemacht hat, wie du denkst. Ich glaube nicht, dass das etwas Ernstes war“, beruhigte sie. „Er ist ein wenig in seinem Stolz verletzt, aber ich denke, mit der Zeit werdet ihr wieder miteinander klar kommen.“
„Es ist nicht nur Niels, weißt du“, sagte er zögernd.
„Caro?“
„Nein, ich...“ Er tigerte unruhig in der Werkstatt auf und ab. „Weißt du, ich war immer eher der ewige beste Freund. Treu, nett und viel zu zurückhaltend, um mich auf einen One-Night-Stand einzulassen. Mir wäre im Traum nicht eingefallen, meine Freundin zu betrügen oder einem Freund seine Freundin auszuspannen“, sprudelte es plötzlich aus ihm heraus. „Ich war stolz darauf, dass ich in dieser Hinsicht so gefestigt war. Und dann kommt Caroline daher und auf einmal werfe ich all meine Prinzipien über Bord? Ich weiß wirklich nicht, was mich geritten hat! Es ist ja nicht einmal so, dass ich wirklich interessiert an ihr bin! Schön, sie sieht ein wenig aus, wie Cecilia, aber abgesehen davon ist sie mir zu oberflächlich.“ Er hielt schwer atmend an und schüttelte angewidert den Kopf.
„Cecilia muss eine gutaussehende Sima gewesen sein“, bemerkte Rosi leise.
„Das war sie.“
„Es ist normal, dass du sie vermisst“, fuhr sie fort. „Ich kann mir gut vorstellen, dass du dir wünschst, sie noch einmal in den Armen zu halten und ihr all das zu sagen, was du nie gesagt hast.“
„Ja“, sagte er überrascht. „Woher weißt du ...?“
Ein trauriges Lächeln huschte über ihr Gesicht, aber sie ging nicht darauf ein. „Du musst dich weder dafür schämen, was passiert ist, noch dass es dir gefallen hat. Du hast wie jeder von uns sexuelle Bedürfnisse und Caroline weiß nur zu gut, welche Knöpfe sie bei euch Simos drücken muss, um euch herumzukriegen.“
„Naja, aber das ist doch das Problem. Früher hätte ich das nie getan“, warf er ein.
„Und bedeutet es, dass du gleich zum untreuen Lüstling wirst, nur weil du einen Fehltritt hattest?“
Er schwieg verblüfft. Dann gab er zu: „Nein. Vermutlich nicht.“ Eine Weile sahen sie sich an – er verwirrt, sie geduldig abwartend. „Du würdest auch eine gute Psychologin abgeben, weißt du“, sagte er schließlich mit einem Lachen. „Es geht mir schon viel besser.“
„Vielleicht solltest du als nächstes eine Couch bauen“, witzelte sie und Tobit lachte. Sie stand auf „Ich fürchte nur, ich habe erstmal einen anderen Auftrag für dich.“
„Der da wäre?“
„Harriet bekommt ein Kind.“
„Eine Wiege also.“
„Und eine Hütte für sie, Mattis, Niels und die Kinder“, fügte sie frech grinsend hinzu.

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Beitrag  singingmiri Di Apr 28, 2020 7:41 pm

Kapitel 10: Ein Tag am Meer


Zunächst hatte er gedacht, Rosi mache Witze, als sie ihm eröffnete, er müsse in wenigen Wochen eine vollständige zweite Hütte erbauen. Nachdem er erkannt hatte, dass es ihr Ernst war, zog er sich zur Planung drei Tage in die Werkstatt zurück. Er hörte, wie Rosi die anderen zu Arbeiten einteilte, die sie möglichst fern von ihm hielten, und war ihr dankbar. Eine ganze Hütte zu planen, war ein großes Projekt. Ihre erste Hütte war mehr oder weniger um den kleinen Kloverschlag herum gewachsen. Sie hatten die Bretterkonstruktion einfach immer wieder erweitert, wenn sie mehr Platz benötigten. Bevor die Herbststürme einsetzten, musste er sie unbedingt abdichten und sturmsicher machen. Bei der neuen Hütte konnte er all seine Erfahrung einfließen lassen. Er setzte sich mit Niels, Mattis und Harriet zusammen, um herauszufinden, welche Räume benötigt wurden. Dann skizzierte er seine Ideen und überlegte, was zu tun war. Die drei anderen suchten unterdessen einen geeigneten Standort für ihren neuen Wohnort. Peter kümmerte sich um den Garten, Anne spielte Babysitter und Caroline schneiderte mal wieder Babyklamotten. Dann begannen sie, Ressourcen für die den Bau zusammenzutragen und alle außer Harriet, die von Rosi dazu verdonnert wurde, nochmal alles über Geburten zu lesen, was sie finden konnte, begannen unter Tobits sachkundigen Blicken, die Hütte zu errichten.
Es war ein Kraftakt, die Hütte in so kurzer Zeit fertig zu stellen. Zwei Schlafzimmer, ein Babyzimmer, ein Bad, ein Alchemielabor und eine Wohnküche – Tobit fand, es ließ sich sehen.

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Nach den Anstrengungen schlug Caroline vor, einen Tag am Strand zu verbringen und einmal nichts zu tun. Der Vorschlag wurde von allen mit Begeisterung aufgenommen. Die Nächte waren bereits merklich kühler und die große Sommerhitze vorbei. Mattis meinte, es sei vermutlich einer der letzten richtig warmen Tage und meistens hatte er mit seinen Wettervorhersagen recht. Es war also ihre letzte Gelegenheit, das schöne Wetter noch einmal richtig zu genießen. Eine Weile planschten alle außer Harriet, die sich um Andromeda kümmerte, im Meer herum. Mattis, Peter, Anne und Caroline begannen am Strand bald eine ausgelassene Wasserschlacht.

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Niels – sonst ein begeisterter Schwimmer – gesellte sich nach einer Weile zu Harriet und nahm ihr Andromeda ab. Während sie sich sonnte und entspannte, baute er neben ihr eine Sandburg. Unter vielen Sims zu sein, war nicht Niels‘ Lieblingsbeschäftigung. Er war zufrieden, wenn er seine Ruhe hatte, aber Tobit vermutete, dass er auch ein Auge auf Harriet haben wollte. Es konnte bei ihr nun jeden Augenblick so weit sein.

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Rosi und er schwammen weiter hinaus und beobachteten das Treiben am Strand. Bei Rosi fühlte er nie den Zwang, sich unterhalten zu müssen, wie bei den anderen. Und seit ihrem Gespräch in der Werkstatt fühlte er Hochachtung ihr gegenüber. Sie führte ihre kleine Gruppe mit Gelassenheit und Fingerspitzengefühl, traf immer den richtigen Ton und schaffte es, jeden Konflikt zwischen ihnen aus dem Weg zu räumen. Sie organisierte umsichtig und sorgte dafür, dass jeder ungestört seine Arbeit verrichten konnte. Keiner von ihnen wäre je auf den Gedanken gekommen, eine ihrer Entscheidungen in Frage zu stellen, und wäre die Katastrophe nicht passiert, wäre sie sicher an die Spitze eines Weltkonzerns gerückt. Man konnte nicht anders, als sie zu bewundern. Es war eine andere Art von Bewunderung, wie die, die er für Anne empfand, die ihm immer noch nicht aus dem Kopf ging. Tobit hatte immer noch nicht den Mut gefunden, ihr zu sagen, wie es um ihn stand. Er bezweifelte, dass sie ihm das nach der Sache mit Caroline glauben würde.
Er sah Rosi von der Seite an. Sie sah müde aus. Sie alle hatten harte Wochen hinter sich, aber den tiefen Augenringen nach urteilen, schlief sie schlecht. Oberflächlich betrachtet machte sie einen insgesamt zufriedenen Eindruck, aber Tobit hatte in letzter Zeit häufig den Verdacht, dass das nur Fassade war. Ihm ging einfach nicht aus dem Kopf, wie traurig sie ausgesehen hatte, als sie über Cecilia gesprochen hatten.

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Er kam als einer der letzten zurück nach Hause. Eine Weile stand er irritiert in der Tür und nahm die hektische Betriebsamkeit wahr, die plötzlich herrschte. Dann begriff er, dass Harriets Wehen eingesetzt hatten. Anne war bereits zur Stelle und half ihr ins Schlafzimmer, während Rosi – bleich, aber souverän wie immer – versuchte, Ordnung ins Chaos zu bringen.
„Peter, halt die Klappe!“, herrschte sie diesen an, der von allen am meisten Panik verbreitete. „Niels, Tobit, ihr holt so viel heißes Wasser, wie ihr tragen könnt. Caroline, wir brauchen saubere Tücher. Mattis-“ Sie sah den werdenden Vater, der nervös auf und ab lief an, stellte sich ihm den Weg und legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Sie braucht dich. Du musst sie beruhigen. Schaffst du das?“ Er nickte und atmete tief durch, bevor er Harriet und Anne ins Schlafzimmer folgte. „Wirst du dich jetzt endlich zusammen reißen?“, schrie Rosi Peter an, als der immer noch panisch schreiend herumtänzelte. „Himmel, es ist doch nicht dein Kind!“ Sie stemmte die Hände in die Hüften und baute sich vor ihm auf. Tobit, der mit zwei Eimern Wasser reinkam, musste bei dem Anblick dieser zarten Person, die dem kräftigen Peter Paroli bot, beinahe laut auflachen.
„Oh Simmer, was tun wir bloß“, schrie Peter weiter, der sie nicht zu hören schien.
„Peter...“ Sie rollte mit den Augen. „Simmer gebe, dass ich nie schwanger von dir werde.“

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„Was...?“ Tobit blieb wie vom Donner gerührt stehen. „Ihr seid...?“
Rosi schien jetzt erst zu bemerken, dass er da war. „Wir schlafen gelegentlich miteinander“, sagte sie so ruhig, als spreche sie über die Einteilung der Nahrungsrationen. Ihr geschäftsmäßiger Tonfall wollte so gar nicht zu einer Liebesbeziehung passen. Er wusste nicht, was er davon halten sollte. Eine Weile sah er sie verblüfft an, dann erinnerte sie ihn daran, dass er das Wasser ins Schlafzimmer bringen wollte.
Als er zurückkehrte, hatte Rosi den panischen Peter endlich zum Schweigen gebracht und ihn mit einem Tee auf das Sofa verfrachtet. Die Schreie aus dem Schlafzimmer klangen unheimlich in die Ruhe im Raum. Bei jedem Schmerzenslaut zuckte Peter heftig zusammen. Tobit kam das komisch vor. „Weißt du, es ist ja nicht dein Kind, das da zur Welt kommt“, bemerkte er kopfschüttelnd.
Peter zuckte die Schultern. „Ich finde so etwas furchtbar.“
„Es gehört dazu“, zuckte Rosi mit den Schultern. „Und es sind wir Simas, die die Schmerzen erleiden.“

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad68

Den gequälten Lauten aus dem Schlafzimmer nach zu urteilen, litt Harriet eine Menge Schmerzen. Es zeichnete sich schnell ab, dass es keine leichte Geburt werden würde. Rosi riet allen, die bei der Geburt nicht gebraucht wurden, sich irgendwo schlafen zu legen, wo man nichts hörte, und verschwand dann selbst für einige Zeit mit Peter in der Nacht. Tobit hatte so eine Vorstellung, was sie taten. Er verdaute immer noch die Neuigkeiten, die in seinem Kopf so gar nicht zusammen passen wollten – Rosi und Peter. Er beschloss, sich in Rufweite der Hütte in seinen Schlafsack zu kuscheln, falls jemand Hilfe brauchte.
Doch das war nicht nötig. Als er am nächsten Morgen die Hütte betrat, begrüßte ihn ein übernächtigter, aber glücklicher Mattis, der in der Nacht Vater eines Sohnes geworden war. Harriet und Julian, wie sie den Kleinen genannt hatten, waren wohlauf, wenn auch erschöpft. Mattis nahm die Glückwünsche der anderen mit einem breiten Grinsen im Gesicht an, bevor er sich neben Harriet im Bett ausstreckte, um ein paar Stunden Schlaf nachzuholen.

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Beitrag  singingmiri Do Mai 21, 2020 11:08 am

Kapitel 11: Komplizierte Beziehungen


Es war der entspannteste Umzug gewesen, den Rosi jemals miterlebt hatte. Da keiner von ihnen noch etwas besaß, nahmen sie nur einige Möbelstücke, Harriets Alchemielabor und ein paar Klamotten mit. Nach einem halben Tag hatten sie alles gemeinsam hinübergetragen. Sie war mehr als zufrieden, wie reibungslos alles verlaufen war.

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Mattis, Harriet und Niels schafften es in bewundernswerter Weise, ihren Alltag zu organisieren. Harriet, die meistens Zuhause war, um ihre Salben und Tränke zu mischen, kümmerte sich tagsüber um die Babys. In der Nacht wechselten sich Mattis und Niels damit ab, aufzustehen, wenn eines der beiden schrie.
Sie hatten zusätzlich zu den Gemüsepflanzen auch einen Kräutergarten angelegt. Natürlich war in diesem Jahr nicht mehr mit vielen Erträgen zu rechnen, aber Peter und Mattis waren guten Mutes, dass es sich lohnen würde. Was Harriet abgesehen davon für ihre Alchemie benötigte, brachten ihr die beiden Simos von ihren Streifzügen mit.

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Mehrmals in der Woche aßen sie alle gemeinsam, um ihr Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Und jeden Tag traf Rosi sich mit einem von ihnen, um auszutauschen, was getan werden musste.
Auch Anne ging häufig hinüber – angeblich um Andromeda zu besuchen. Rosi sah hinüber ans andere Tischende, an dem Niels und Anne sich gegenüber saßen und wie so oft nur Augen füreinander hatten. Es wurde immer offensichtlicher, was sich zwischen den beiden entwickelte. Kaum ein Tag verging, an dem die beiden sich nicht trafen, denn wenn Anne keine Zeit hatte, die anderen zu besuchen, fand Niels meistens eine Ausrede, herunterzukommen.
Rosi lächelte in sich hinein. Sie fand, die beiden passten toll zusammen, und freute sich für sie. Die beiden Turteltäubchen zu beobachten erzeugte auf Dauer jedoch ein Gefühl von Einsamkeit und so wandte sie sich den anderen zu. Harriet und Mattis unterhielten sich angeregt mit Peter, während Caroline und Tobit etwas lustlos in ihrem Essen herumstocherten. Wie gehofft, hatte sich die Situation mit Caroline erheblich gebessert, nachdem sie Niels nicht mehr jeden Tag sehen musste. Aber sie schien zu jenen Simas zu gehören, die männliche Bewunderung benötigte, wie Pflanzen das Sonnenlicht. Dass weder Peter noch Tobit auf ihre Flirtversuche eingingen, nahm Caro sichtlich mit.
„Keinen Hunger?“, fragte sie die beiden und erntete von beiden ein Achselzucken. Sie unterdrückte ein Seufzen. Ihre Nebensitzer waren im Moment keine gute Gesellschaft. Sie fragte sich, was mit Tobit in letzter Zeit los war. Nachdem sie mit ihm über Caroline gesprochen hatte, war für einige Wochen immer gut gelaunt seinen Aufgaben nachgegangen, hatte mit Feuereifer die zweite Hütte gebaut und war mit jedem – sogar mit Niels – gut ausgekommen. Alles schien gut zu sein. Doch in letzter Zeit bedrückte ihn etwas und verdarb ihm den Appetit – insbesondere, wie ihr schien, wenn sie alle gemeinsam aßen. Ob es einen Zusammenhang zwischen Carolines und Tobits Stimmung gab? Sie beschloss dem bei Gelegenheit nachzugehen.

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Die Tage wurden immer kürzer und kälter. Der Wind pfiff oft bedrohlich um die Hütten. Tobit verbrachte den größten Teil der Zeit damit, alles abzudichten, Kamine zu installieren und auch sonst alles sturm- und wintersicher zu machen. Peter und Mattis waren vollauf damit beschäftigt, die Ernte einzuholen. Unter Annes Anleitung wurde der größte Teil davon eingekocht. Niels angelte unterdessen von früh bis spät und bei jedem Wetter, denn auch hier mussten Vorräte angelegt werden. Sobald die Temperatur unter den Gefrierpunkt fiel, würde er kaum noch etwas fangen. Rosi hoffte inständig, dass er sich dabei nicht den Tod holte. Caroline wiederum stellte für jeden von ihnen eine Wintergarderobe zusammen. Die Kombinationen sahen mitunter abenteuerlich aus, aber da sie sonst nichts hatten, mussten sie sich daran gewöhnen.

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An einem Abend zum Ende des Herbsts begaben sie sich gemeinsam zu der neuen Hütte, um Andromedas Geburtstag zu feiern. Aus dem Baby war ein niedliches Kleinkind geworden. Rosi hatte sich an den Anblick ihrer grünen Haut und der schwarzen Augen längst gewöhnt. Sie verhielt sich so sehr wie ein gewöhnliches Kind, dass man ihre ungewöhnliche Abstammung glatt vergessen konnte. Das einzig Ungewöhnliche war, dass ihr noch immer keine Haare wuchsen.

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Anne hatte einen Geburtstagskuchen gebacken, der großen Anklang fand. Harriet und Anne erzählten abwechselnd amüsante Geschichten über die Kinder, gelegentlich unterstütz von Niels. Der einzige, den das wirklich zu interessieren schien, war Peter. Caroline bemühte sich, nicht zu sehr mit den Augen darüber zu rollen und verwickelte Mattis in ein Gespräch über wintertaugliche Outdoorkleidung, in das er ungewöhnlich enthusiastisch einstieg. Rosi beteiligte sich gelegentlich daran, versuchte aber gleichzeitig auch Tobit, der wie so oft schweigend da saß, mit einzubinden. Immerhin schien er Appetit zu haben, denn im Gegensatz zu manch anderem Abend, schaufelte er ein Kuchenstück nach dem anderen in sich hinein, sodass er ohnehin nichts hätte sagen können. Rosi war versucht, ihm Absicht zu unterstellen. Sie war immer noch nicht dahinter gekommen, was nicht in Ordnung war, und irgendetwas hinderte sie daran, ihn zu danach zu fragen.

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad76

Der Abend hätte so schön enden können, hätte Caroline – ohne Zweifel genervt von den vielen Babygeschichten – nicht mal wieder Peter angebaggert. Rosi, die in der Nähe auf einem Sessel saß und ein Buch durchblätterte, das Anne ihr empfohlen hatte, sah sie irritiert an. Es war mittlerweile bekannt, dass Peter und sie miteinander schliefen. Aber für die Blondine war das vermutlich kein Hindernis. Er ließ sie ohnehin immer abblitzen, darum tat Rosi es mit einem Achselzucken ab. Nicht so Harriet. Das Verhältnis zwischen den beiden Simas war ohnehin schwierig, auch wenn es sich in letzter Zeit etwas entspannt hatte. Doch aus irgendwelchen Gründen brachte diese Aktion Harriet völlig auf die Palme. Innerhalb kürzester Zeit standen die beiden wütend voreinander und zickten sich gegenseitig an. Nur Peters Geistesgegenwart war es zu verdanken, dass die beiden nicht handgreiflich wurden, aber seine Einmischung machte es nicht besser. Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, die Streithähne voneinander zu trennen.

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„Ich weiß nicht, was ich mit den beiden noch machen soll“, sagte sie später stöhnend zu Mattis. Sie hatte mit beiden gesprochen, und nur erreicht, dass sie nun überhaupt nicht mehr miteinander sprachen. Das war ungewohnt für sie. Normalerweise gelang es ihr besser, Streit zu schlichten. Mattis hatte sie schließlich nach Hause begleitet. Im Dunkeln lauerten natürlich keine Verbrecher mehr, die sie überfallen konnten, also war es eigentlich überflüssig. Er behauptete zwar, es gäbe wilde Tiere, aber sie hatte nie eines gesehen. Alles in allem, war er wohl nur mitgekommen, um mit ihr in Ruhe über Harriet und Caroline zu sprechen.
„Sie ist schwierig.“ Er stockte. „Harriet, meine ich, auch wenn es auf Caro sicher auch zutrifft.“
Rosi grinste flüchtig. „Nun, das trifft wohl auf jeden zu. Aber dass sie gleich so explodieren musste, nur weil Caro es mal wieder bei Peter versucht hat.“ Sie schüttelte den Kopf.
„Dich scheint das nicht weiter zu stören“, wunderte er sich.
Sie zuckte sie Schultern. „Nein, nicht wirklich. Auch wenn es mich irritiert, dass sie da keine Tabus kennt.“
„Deine Gelassenheit hätte ich manchmal gerne“, murmelte er.
„Habt ihr Probleme?“, fragte sie, seinen Gesichtsausdruck interpretierend.
Er schien nicht recht zu wissen, was er sagen sollte. „Ab und an“, gab er schließlich zu. „Vermutlich nichts, was nicht normal ist, wenn man gerade ein Kind bekommen hat. Ich wünschte nur manchmal, wir hätten vorher mehr Zeit zu zweit gehabt. Das hätte manches vielleicht leichter gemacht.“ Er seufzte. „Es wird schon werden. Und du wirst die beiden schon wieder auf Kurs bringen.“ Damit gab er ihr zum Abschied einen Kuss auf die Wange und verschwand in die Dunkelheit. Rosi sah ihm nachdenklich hinterher.

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Beitrag  singingmiri Do Jul 30, 2020 11:50 am

Kapitel 12: Erntedank


Vor einigen Tagen waren sie auf die Idee gekommen, eine Art Erntedank-Halloween zu feiern – zum Glück ohne Kostüme. Niels fand, die Kleiderkombinationen, die sie im Alltag trugen, waren manchmal Verkleidung genug. Man konnte Caroline keinen Vorwurf daraus machen. Sie musste buchstäblich Stroh zu Gold spinnen.
Als Anne und er etwas zu früh zur Party erschienen, waren Rosi und die anderen noch damit beschäftigt, Kürbislaternen zu schnitzen. Vom Herd her duftete es verführerisch nach Kürbissuppe. Während er das mitgebrachte Essen – Pilzomelett – abstellte, begutachtete Anne die Kunstwerke.
„Interessant, wie das Motiv auf euren Charakter schließen lässt“, bemerkte sie fröhlich.
Rosi sah grinsend auf. „Du meinst, es ist wenig überraschend, dass ich eine Katze schnitze?“ Bei dem Wort „Katze“ sprang eine weiße Katze vom Sofa und näherte sich neugierig. Sie war Rosi vor Kurzem zugelaufen und nun fester Bestandteil der Gruppe. Sie ließ sich von jedem streicheln, aber die Rothaarige war eindeutig ihr Lieblingssim. Die wiederum hatte sich mittlerweile als großer Katzenfreund geoutet.
Niels sah sich die Kürbisse von Caroline und Peter an und fand, dass seine Freundin mit ihrer Behauptung recht hatte. Ihrer war ein Werk moderner Kunst, in dem Niels nichts erkannte, während Peter recht unkreativ das klassische Kürbismotiv gewählt hatte.
„Das sieht ja toll aus!“, bewunderte Anne unterdessen Tobits Kürbis, in den er mit viel Geschick, ein Gespenst schnitzte. Der brummelte irgendetwas in seinen Bart. In letzter Zeit war er oft kurz angebunden zu ihr, fiel Niels auf. Dass er sie kaum ansah, wo sie sich doch mal so gut verstanden hatten, machte Anne traurig, wusste er. Man konnte ihr nicht vorwerfen, dass sie nicht versuchte, die Freundschaft aufrecht zu erhalten.
„Nun lass die Lehrerin mal Zuhause, Anne“, lachte Rosi. „Wir sind schließlich keine Kunstklasse!“ Anne stimmte mit ein und ließ von Tobit ab. Es war nicht das erste Mal, dass Rosi ihn aus seiner Verlegenheit rettete und Niels meinte einen heimlichen Blick zwischen den beiden aufzufangen. Nur ihre Beweggründe verstand er nicht ganz.

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad80

Mattis und Harriet kamen kurze Zeit, nachdem die Kürbislaternen vor der Tür entzündet waren. Es war unverkennbar, dass die beiden wieder gestritten hatten. Das taten sie in letzter Zeit häufig. Meistens ging es um Kleinigkeiten, aber es wurde oft heftig. Niels und Anne, die seit Kurzem nicht nur fest mit ihm zusammen war, sondern auch bei ihnen wohnte, zogen sich meistens in Schlafzimmer zurück, wenn es ihnen zu sehr auf die Nerven ging. Doch an diesem Abend waren alle guten Willens, die gute Stimmung nicht zu vermiesen. Rosi unterhielt sich am einen Tischende mit Mattis und Caroline über Katzen, Harriet scherzte mit Peter, und Niels und Anne nahmen Tobit in ihre Mitte. Er schien sich zunächst unwohl zu fühlen, stieg dann aber gut gelaunt in die Unterhaltung ein. Niels war erleichtert und dachte, dass sie vielleicht zu viel hinein interpretierten, wenn er in letzter Zeit abweisend wirkte. Gut möglich, dass er sich immer noch wegen Caroline einen Kopf machte. Niels überlegte, wie er ihm klar machen sollte, dass er ihm deshalb nicht mehr böse war.

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad81

Die Tischgemeinschaft löste sich auf. Harriet, Mattis und Peter entzündeten draußen ein großes Leuchtfeuer, um das sie sich eine Weile versammelten. Anne wurde schnell kalt und die meisten begaben sich wieder nach drinnen, um sich vor dem Kamin auf die Sofas zu lümmeln.
„Meinst du, wir könnten vor dem Winter noch eine dritte Hütte bauen?“, fragte er Tobit. Der sah ihn verwundert an.
„Weshalb? Stimmt mit eurer Hütte etwas nicht?“
„Nein. Sie ist schön. Nur etwas zu klein für zwei Paare mit Kindern“, beruhigte er. Tobit sagte nichts dazu. „Ich weiß, du hattest vorgeschlagen, sie größer zu planen. Aber damals habe ich auch keine weitere Familie geplant.“ Er sah zu Anne, die mit Rosi und Caroline zusammen die Katze bespaßte. „Was meinst du?“, fragte er Tobit nochmal, sah ihn wieder an und fand, dass Tobit mit einem Mal müde und blass aussah. Doch er fing sich wieder, räusperte sich und meinte dann: „Kommt drauf an, ob das Wetter mitspielt. Ihr solltet das mit Rosi besprechen“ Er erhob sich etwas schnell und murmelte etwas von „Tee holen“. Niels blieb verdattert zurück. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es längst Zeit war, nach Hause zurückzukehren. Sie ließen die Kinder nie lange und nur unter schlechtem Gewissen alleine. Tobit war bei der Verabschiedung wieder etwas kurz angebunden, aber Niels beschloss, nichts darauf zu geben. Jeder konnte mal schlechte Laune haben und vielleicht hätte er ihn mit der dritten Hütte nicht so überfallen sollen. Draußen alberten Peter und Harriet am Lagerfeuer herum als seien sie zwei verrückt gewordene Teenager – Mattis war längst nach drinnen gegangen, um sich aufzuwärmen. Anne hakte sich beim ihm unter und gemeinsam machten sie sich auf den Weg nach Hause.

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Beitrag  singingmiri So Aug 16, 2020 8:14 pm

Kapitel 13: Herzensangelegenheiten


„Du liebst sie“, stellte Rosi fest. Sie lag auf der Seite und sah Peter direkt in die Augen.
„Wen?“, gähnte er scheinbar gelassen.
„Harriet. Du kannst die Augen kaum von ihr abwenden.“
Er sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Du bist wirklich die einzige Sima, die ich kenne, die direkt nach dem Sex völlig emotionslos eine solche Frage stellen kann.“
„Das war keine Frage, sondern eine Feststellung“, korrigierte sie gelassen.
Er verdrehte die Augen.
„Was hast du vor zu tun?“
Er streckte sich auf dem Rücken aus und sah zur Decke. „Gibt nicht viel, das ich tun kann, oder? Sie ist mit Mattis zusammen und die beiden haben ein Kind.“
„Ein Grund, kein Hindernis, wie Caro sagen würde“, bemerkte sie.
„So bin ich nicht, Rosi“, wehrte er ab.
Sie rollte sich ebenfalls auf den Rücken. „Nein. Aber jeder tut irgendwann etwas, was er nie von sich selbst gedacht hätte.“
„Was meinst du damit?“
„Naja... Ich hätte zum Beispiel nie gedacht, dass ich mal mit jemandem schlafen würde, den ich nicht liebe und der mich nicht liebt.“
„Autsch“, warf er ein.
„Und dass ich dabei nicht mal verhüte und es auch noch genieße“, fuhr sie fort, als habe er nichts gesagt.
„Du bist nicht schwanger, oder?“ Er sah sie besorgt an.
„Nicht, dass ich wüsste“, zuckte sie mit den Schultern. „Worauf ich hinaus will: Irgendwann kommt man an den Punkt, an dem man seine Prinzipien über Bord wirft, weil es anders nicht auszuhalten ist.“
„Es muss nicht jedem so gehen wie dir.“
„Mag sein. Aber was würdest du tun, wenn Harriet nicht mehr mit Mattis glücklich wäre? Wenn du auf einmal eine Chance hättest?“
„Naja, ich... ich weiß es nicht“, gab er überrascht zu. Dann sah er sie scharf an. „Warum fragst du danach? Weißt du etwas, das ich nicht weiß“
„Nein“, seufzte sie. „Aber wenn ich doch schwanger werden sollte, will ich nicht, dass der Vater sich die ganze Zeit nach einer anderen Sima verzehrst.“
Eine Weile sahen sie sich stumm in die Augen, dann sagte er: „Klingt fair. Ich... ich denke, dann sollten wir vorsichtiger sein.“
Sie nickte verstehend, doch bis zu ihrem Ende würde sie sich immer fragen, ob sie Schuld an den Dingen war, die noch geschehen würden.

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad84

In den folgenden Tagen beobachtete sie Peter immer wieder, wenn sie ihn mit Harriet zusammen sah. Aber nichts deutete darauf hin, dass mehr zwischen den beiden lief. Rosi beschloss, das Thema erst einmal ruhen zu lassen. Sie hatte ohnehin genug zu tun. So kurz vor dem Wintereinbruch arbeiteten alle fieberhaft daran, die Hütten winterfest zu machen und Nahrungsvorräte anzulegen. So kamen Niels und Anne äußerst ungelegen mit dem Wunsch, eine eigene Hütte zu beziehen.
„Kann das nicht bis zum Frühjahr warten?“, rief Rosi genervt aus, als die beiden sie darauf ansprachen.
„Wir würden nicht fragen, wenn es nicht nötig wäre“, antwortete Niels mit verschränkten Armen.
„Was ist falsch mit der jetzigen Hütte?“, wollte sie mit mühsam erzwungener Ruhe wissen.
„Wir bekommen ein Baby. Dafür ist einfach kein Platz.“
„Ließe sich da nicht etwas improvisieren? Wir könnten mit dem Bau beginnen, sobald der Schnee schmilzt“, schlug Tobit vor, der gerade am Kamin werkelte und zugehört hatte.
Rosi nickte zustimmend, aber Anne schüttelte den Kopf. „Ich fürchte, bis dahin würden wir durchdrehen.“
„Warum denn das?“, fragte Rosi verdutzt. Niels und Anne sahen sich an und zögerten. „Wer A sagt, muss auch B sagen“, sagte sie, die Hände in die Seiten gestemmt.
„Es ist wegen Mattis und Harriet. Sie streiten in einem fort. Wir haben schon versucht, zu vermitteln, aber es hilft nichts. Es geht uns so auf die Nerven“, sagte Anne schließlich widerwillig.
Rosi hob kritisch eine Augenbraue. „Ist das nicht ein Problem, das sich lösen ließe?“
„Du kannst dein Glück gerne versuchen, aber ich habe wenig Hoffnung, dass es hilft“, zuckte Niels mit den Schultern.
„Um was genau streiten sie?“
„Ach, alles. Meistens verstehe ich gar nicht, was das Problem ist“, sagte er wegwerfend und Anne ergänzte: „Es passt ihr nicht, dass Mattis so viel unterwegs ist, aber das muss ihr vorher schon klar gewesen sein. Wenn er da ist, reicht im Grunde nur eine Kleinigkeit und sie geht an die Decke. Aber er ist kaum besser. Mittlerweile fängt er genauso oft an. Manchmal denke ich, dass er nachsichtiger mit ihr sein könnte. Sie ist noch so jung und gerade Mutter geworden.“
Rosi sah die beiden nachdenklich an. „Lasst mich erst mit den beiden sprechen. Vielleicht finden wir eine Lösung.“ Sie wandte sich an Tobit: „Kannst du derweil schonmal einen Plan erstellen, falls wir kurzfristig noch eine Hütte bauen müssen? Ich denke, es würde ausreichen, wenn wir das Grundgerüst bis zum ersten Schneefall hätten. Um den Innenausbau können wir uns notfalls auch im Winter kümmern.“
Sie sprach noch am selben Tag mit Mattis und Harriet, aber keiner von beiden war besonders kooperativ. Im Grunde waren sie sich nur in einer Sache einig: Es war unerhört, dass Rosi sich erdreistete, sich in ihre Beziehung einzumischen. Sie versuchte alles, aber am Ende musste sie Niels widerwillig Recht geben, dass es nicht besser werden würde. Sie machten sich also bald an die Arbeit, die gewünschte Hütte zu bauen. Gemessen an der Kürze und Kälte der Tage, ging der Bau schnell voran, aber als Anne mit Niels und Andromeda einziehen konnte, war ihr Bauchumfang gewaltig und die Entbindung konnte nur noch eine Frage von Tagen sein.

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad85

Drei Tage später kam ein vor Stolz platzender Niels zu Besuch und berichtete, dass Anne nachts ein Mädchen zur Welt gebracht hatte. Es war eine leichte Geburt und die eilig herbeigerufene Harriet hatte kaum mehr tun können, als Anne ein wenig zu stützen. Eileen, das Neugeborene, hatte es wohl eilig gehabt, auf die Welt zu kommen. Ebenso eilig wie ihre Eltern es mit der Familienplanung hatten. Nur wenige Tage später kündigten die beiden an, im Frühjahr heiraten zu wollen.
„Wozu soll das gut sein?“, fragte Rosi verwundert, als Anne ihr davon erzählte. Sie hatte die junge Mutter besucht, um ihre Neugier auf das Baby zu befriedigen und zu sehen, ob sie etwas benötigten. „Hier ist niemand, der das amtlich machen kann.“
„Oh, darum geht es nicht. Aber wir wollen auf so eine schöne Tradition nicht verzichten, nur weil gerade keine Urkunde darüber ausgestellt werden kann.“, winkte Anne ab und fügte dann nachdenklich hinzu: „Sicher müssen wir die Zeremonie etwas anpassen, aber vielleicht könntest du ja die Ehe schließen.“
„Du weißt schon, dass das nicht rechtskräftig wäre?“
„Ich denke, in unserer kleinen Gemeinschaft ist das nicht nötig. Es geht hier mehr ums Prinzip. Es würde sich für uns richtig anfühlen, wenn du als unsere Anführerin, die Ehe schließt. Wie ein Kapitän.“
Rosi sah sie einen Augenblick sprachlos an. Sie fand, die beiden überstürzten es etwas. So lange waren sie schließlich nicht zusammen. Schließlich nickte sie und sagte: „Na schön. Wenn ihr das so wollt, machen wir das.“ Vielleicht, dachte sie, war eine Hochzeit genau das, was sie im Frühjahr brauchten. Wer wusste schon, ob jemals jemand kommen würde, um sie zu retten. Vielleicht war ein Hauch von Normalität genau das richtige für sie.

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Beitrag  singingmiri Fr Apr 22, 2022 10:10 am

Kapitel 14: Gestrandet


Er wusste nicht, ob es noch kalt war. Er wusste nicht einmal, ob er noch lebte. Doch vermutlich hätte er sich das nicht fragen können, wenn er tot wäre. Er spürte seinen Körper nicht mehr. Fühlte sich sterben so an? Er verlor das Bewusstsein. Die nächsten Stunden (oder waren es Tage?) befand er sich in einer Art Schwebezustand – nicht richtig lebend, aber auch nicht tot. Ab und an dachte er, jemand wäre in seiner Nähe. Er wollte rufen, doch es ging nicht. Er konnte die Augen nicht öffnen. Seine Sinne entschwanden ihm wieder. Es hatte ohnehin keinen Zweck. Er war allein. Der Wind heulte um ihn herum.
„... Glück, dass du ausgerechnet heute am Strand warst“, hörte er undeutlich eine männliche Stimme sagen.
„Nach Stürmen findet sich oft Treibgut ... vielleicht etwas Nützliches“, antwortete eine andere Stimme – noch ein Simo. Er konnte den beiden nicht folgen.
„Beeilt euch.... muss schnell ins Warme.“ Eine dritte Stimme gesellte sich hinzu. Eine Sima, gewohnt Anweisungen zu geben. Er musste wieder im Untergrund sein. Die Mafia hatte ihn nun doch gefunden. Die Welt kippte und er verlor das letzte bisschen Kontakt zum Boden. War das das Ende?
Als er zu sich kam, standen eine Menge Sims um ihn herum. Seine Glieder protestierten, als die Wärme schmerzhaft zurückkehrte.
„Liegen bleiben“, sagte eine energische Stimme, als er sich aufsetzen wollte. „Er muss aus den nassen Sachen raus.“ Gleich mehrere Hände begannen, ihm die Kleider vom Leib zu schälen. Er spürte eine warme Decke und fing an, unkontrolliert zu zucken. Eine warme, leicht raue Hand tastete ihn ab. Er schlug mühsam die Augen auf und sah in das Gesicht eine schwarzhaarigen Sima, die ihn ernst musterte. Er verlor wieder das Bewusstsein.
Er befand sich zwischen den Welten. Mal hörte er Gesprächsfetzen, aber nichts davon ergab Sinn. Er rannte lachend über die Wiese im Park, er flog hoch zu den Vögeln. Nein, er konnte nicht fliegen, meldete ihm sein Verstand. Carie lachte hinter ihm. Er drehte sich um, doch dort war nichts. Er rief nach ihr, aber sie antwortete nicht. Wenn es nur nicht so furchtbar kalt wäre! Er hustete und sein Brustkorb schmerzte. „Schnell, hilf mir, Peter!“, rief die Katze neben ihm. Die Katze? Woher kam die Katze? Sein Kopf tat weh, er konnte nicht atmen. Wenn er nur Luft bekäme. Etwas Heißes füllte seinen Mund und er hustete erschrocken. „Schluck es runter“, befahl Carie sanft und er gehorchte. „Carie“, krächzte er erschöpft. Dann verkrampfte er sich und hustete erneut. „Das war’s“, bemerkte die Wölfin neben ihm.
Als er das nächste Mal die Augen aufschlug, war Tag und er eindeutig am Leben. Er lag auf einer Couch. Irgendjemand hatte ihm saubere, warme Kleider angezogen. Auf einem Sessel in der Nähe saß eine rothaarige Sima und blickte nachdenklich in die Luft. Sie sah aus, als hätte eine harte Zeit hinter sich und bräuchte dringend ein paar Tage Schlaf, aber er fand sie recht hübsch. Als er sich regte, drehte sie ihren Kopf zu ihm und unter dem musternden Blick aus ihren blauen Augen fragte er sich sofort, wie er auf die Idee gekommen war, sie sei müde und erschöpft. Sie wirkte im Gegenteil hellwach.
„Wie geht es dir?“, fragte sie. Die Stimme kam ihm bekannt vor. Er fragte sich, wo er sie gehört hatte. Nach einigem Nachdenken ordnete er sie der Katze zu und antwortete: „Wo bin ich?“
„Wir nennen es nur ‚unsere Insel‘. Ich nehme an, sie hatte mal einen Namen, aber ich wurde im Sommer angeschwemmt und habe keine Ahnung, wie sie mal hieß“, grinste sie. „So wie du vor zwei Wochen.“

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad86

„Zwei Wochen?“, rief er schwach aus und war überrascht, außer Atem zu sein. Der Hustenreiz wurde wieder übermächtig. Er hörte nebenan etwas poltern und kurz darauf betraten zwei weitere Sims den Raum – ein rothaariger Simo und eine gepflegt aussehende, attraktive Blondine. Er sah verblüfft von einem zum anderen.
„Ich heiße übrigens Roswhita“, fuhr die Rothaarige fort. „Und die beiden Trampeltiere, die gerade reingekommen sind, sind Peter und Caroline.“
Peter! Immerhin etwas von den Erlebnissen der letzten Tage musste wahr gewesen sein. Der Simo grinste gutmütig und Caroline ließ sich lachend neben ihm auf dem Sofa nieder.
„Keine Sorge, Trampeltiere beißen nicht“, meinte sie und schlug die Beine übereinander.
„Nein, sie spucken nur“, murmelte Rosi. Die Blondine sah sie gespielt getroffen an.
„Was muss der arme Junge von uns nur denken“, schüttelte Peter den Kopf. „Soll ich die anderen holen?“
Rosi nickte und sah ihn wieder an. „Wie heißt du ‚armer Junge‘ denn?“, fragte sie.
„James Fergueson“, antwortete er. „Wieviele seid ihr?“
„Acht“, antwortete Caroline. „Neun, wenn du die Katze mitzählst.“
„Und etwa 17, wenn man das ganze Viehzeug mitzählt, das Mattis anschleppt“, fügte eine junge Sima von der Tür sarkastisch hinzu, die gerade hereinkam. James erkannte sie als die schwarzhaarige Sima, die ihn untersucht hatte. Sie hatte kantige Gesichtszüge, aber in gewisser Weise war ihr Gesicht durchaus anziehend. „Ich war gerade auf dem Weg, um nach dir zu sehen“, wandte sie sich an ihn. „Hast du etwas dagegen, wenn ich dich nochmal untersuche.“
„Schätze, das hast du die letzten Tage schon ohne meine Erlaubnis getan, oder?“, zuckte er mit den Schultern. Er wusste nicht wieso, aber er begann sich zu entspannen und in dieser verschworenen Gemeinschaft wohl zu fühlen. Er erwischte sich bei dem verrückten Gedanken, dass er alles tun würde, um Teil davon zu sein.
Sie lachte. „Stimmt wohl. Ich bin übrigens Harriet.“, stellte sie sich vor, während sie seinen Körper vorsichtig abtastete.
„Die Wölfin“, murmelte er mehr zu sich, stolz, dass er die Stimmen zuordnen konnte.
„Bitte?“ Ihr Kopf ruckte hoch und sie sah ihn mit verengten Augen an. In ihren Augen glitzerte etwas gefährliches, das er nicht recht einordnen konnte.
Er lief bis unter die Haarwurzeln rot an. „T-tut mir leid“, stotterte er. „Ich glaube, ich habe in den letzten Tagen viel wirres Zeug geträumt.“
„Wohl wahr“, kam Roswhita ihm zur Hilfe und Harriet entspannte sich wieder. „Ich konnte dir nicht immer folgen, wenn du angefangen hast zu fantasieren, aber es kamen ziemlich viele Tiere vor.“
„Du musst dich nicht schämen“, sagte Caroline neben ihm, sein heiß gewordenes Gesicht richtig interpretierend. „Du warst sehr krank und hattest hohes Fieber. Wer weiß, wovon ich träumen würde.“
„Nun, ich gehe davon aus, dass deine Träume nicht von Tieren handeln würden. Und wenn doch, würde es mich schockieren.“, warf Rosi süffisant grinsend ein und Caroline streckte ihr die Zunge raus.
Ein weiterer Simo betrat den Raum. Er war dreckverschmiert und die Kleidung sah ziemlich mitgenommen aus. Er stellte sich als Tobit vor und ging dann in einen der Nebenräume, der ein Bad sein musste, denn er kam etwas sauberer zurück. Er ließ sich ächzend auf dem Sessel neben Roswhita nieder.
„Ich sehe, die Mädels haben dich schon bestens verpflegt“, bemerkte er, als Caroline James einen Teller Suppe reichte. Es fiel ihm schwer, Harriets guten Rat zu beherzigen, langsam zu essen, denn er hatte plötzlich ein furchtbares Loch im Magen. Er aß so schnell „langsam“ zuließ und hatte das Gefühl, noch nie eine so gute Suppe gegessen zu haben. Die letzte richtige Mahlzeit musste Monate her sein. Und das Beste war, dass er soviel essen durfte, wie er wollte und ihm niemand seinen Teller streitig machte. Den zweiten Teller aß er langsamer. Die anderen scherzten unterdessen munter weiter, während sie ihm beim Essen zusahen. Als er beim dritten Teller war, betrat Peter mit einigen weiteren Sims den Raum. Sie stellten sich als Mattis, Niels und Anne vor und jeder von ihnen trug ein Kleinkind auf dem Arm. James fiel fast der Teller zu Boden, als er bemerkte, dass das älteste der Kinder grün war. Er starrte dem Mädchen irritiert hinterher, während die Erwachsenen die Kinder im Nebenraum schlafen legten. Er erkannte eine gewisse Routine darin, also war es wohl keine Seltenheit.
Schließlich versammelten sich alle um ihn herum – eine bunte Gruppe erwachsener Sims, die ihn neugierig ansah.
Roswhita, offenbar die Wortführerin der Gruppe, richtete das Wort an ihn: „Du hast uns nun alle kennengelernt. Du musst wissen, wir sind die einzigen Überlebenden auf dieser Insel und haben seit Monaten keine Nachrichten mehr von außerhalb gehört. Darum – auch wenn es womöglich viel verlangt ist, so kurz nachdem du wieder zu dir gekommen bist – kannst du uns erzählen, was passiert ist?“
James hatte selbst ungefähr eine Millionen Fragen im Kopf. Er sah von einem zum Nächsten und wusste nicht, wo er anfangen sollte.
„Vielleicht beginnen wir mit etwas Einfachem“, schlug Mattis in die gespannte Stille hinein vor. „Wer ist Carie?“

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Beitrag  singingmiri Sa Apr 23, 2022 7:36 pm

Kapitel 15: Dunkle Wolken


Nach fünf Tagen in der Hütte wollte Rosi nur noch eins: Rennen bis die Lungen wie Feuer brannten, das Meer anschreien und wieder rennen – am liebsten über das Wasser und fort von hier. Vor fünf Tagen war James zu sich gekommen und hatte ihnen von den Ereignissen außerhalb der Insel berichtet. Fünf Tage, um sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass sie wohl nie gerettet werden würden. Dass sie auf dieser Insel leben und sterben würden – früher oder später. Fünf Tage, in denen sie sich alle zunehmend auf die Nerven gegangen waren, weil ein neuerlicher Schneesturm sie daran hinderte, die Hütte zu verlassen. Immerhin hatte es sie davon abgehalten, sich vor Verzweiflung zu ertränken. Rosi neigte nicht zu Theatralik, aber die Aussicht, möglicherweise für immer auf dieser Insel zu leben, nicht auf Hilfe von außen rechnen zu können, schnürte selbst ihr die Luft ab.
Sie kam keuchend am Strand an. Im Sommer hätte sie sich wohl einfach in den Sand fallen lassen oder ins Meer gestürzt, aber der Boden war gefroren und das Wasser knapp über dem Gefrierpunkt. Wenn es wenigstens zugefroren wäre, hätte man versuchen können, übers Eis zu fliehen. Sie schloss die Augen und wünschte sich, sie könne die Zeit zurückdrehen. Auch wenn ihre Kindheit alles andere als rosig gewesen war, kam sie ihr nun wie ein glücklicherer Ort vor. Ein Ort, an dem sie ihre Schwester noch hatte.
Sie atmete tief durch und sah aufs Meer hinaus. James musste entweder sehr mutig oder sehr verzweifelt gewesen sein, sich in einem kleinen Boot über das Meer nach Bridgeport aufzumachen. In den Winterstürmen war es natürlich zum Spielball der Wellen geworden und statt in der Großstadt anzukommen, war er tagelang ziellos auf dem Meer getrieben, bevor er hier am Strand angespült wurde. Es war natürlich Mattis gewesen, der ihn fand. Warum er so ein hohes Risiko eingegangen sei, hatte er den Jungen stirnrunzelnd gefragt und da dämmerte James endlich, dass sie tatsächlich keine Ahnung hatten, was im letzten halben Jahr auf der Welt geschehen war.
Sie hatte immer vermutet, dass die Katastrophe nicht nur die Inselregion betreffen konnte. Sonst wären binnen Tagen Rettungskräfte vor Ort gewesen. Da bisher niemand aufgetaucht war, hatte sie nur vermuten können, dass hier keine Überlebenden vermutet wurden oder andere Regionen wichtiger schienen. Das Ausmaß, das James ihnen schilderte, schockierte sie dennoch. Eine Serie von schweren Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüchen hatte ganze Landstriche entvölkert. Über die Ursachen war sich wohl keiner so recht bewusst und die meisten interessierte es auch nicht, denn in den zerstörten Städten herrschten Chaos und Anarchie und in den weniger betroffenen Regionen sorgte ein nicht enden wollender Flüchtlingsstrom für Versorgungsengpässe. Behörden und Rettungskräfte versuchten vergeblich, eine öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten, aber plündernde und marodierende Banden, schlugen sich in den Trümmern der Häuser um wenige Bissen Brot.
James und seine Schwester Carie hatten einige Monate von dem gelebt, was er gestohlen hatte. An dieser Stelle waren ihm Tränen gekommen und unter Schluchzen hatten sie erfahren, was einige Möchtegerngangster seiner Schwester angetan hatten, die ihren Verletzungen schließlich erlegen war. Er hatte der Stadt danach den Rücken gekehrt und gehofft, in Bridgeport ein besseres Leben zu führen. Bridgeport, so hatte er gehört, war eine der wenigen Städte, die von der Katastrophe nicht getroffen worden war. Viele Rettungseinsätze und Bergungsmissionen wurden von dort aus koordiniert.
So gesehen ging es ihnen hier auf der Insel vergleichsweise gut. Sie hatten genug Nahrung, ein Dach über dem Kopf und verstanden sich meistens. Es waren nicht die schlechtesten Voraussetzungen, auch weiterhin zu überleben, doch sie würden hart arbeiten müssen. Deswegen hatten sie vor dem Sturm verabredet, dass sie sich treffen würden, sobald das Wetter es zuließ, um genauer zu planen. Das war dann wohl heute. Rosi seufzte. Was sollte sie den anderen sagen? Es war ihre Aufgabe, zu koordinieren, den Laden zusammen zu halten und heute wohl auch zu motivieren. Doch wie motivierte man eine Gruppe, die gerade die Hoffnung, die sie bisher getragen hatte, verloren hatte?
Sie stand noch eine Weile grübelnd da und starrte aufs Meer hinaus. Dann machte sie sich auf den Weg nach Hause. Wenn sie sich heute noch treffen wollten, musste sie noch einiges vorbereiten.

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Die Tage waren immer noch kurz. Da sie längst jegliches Zeitgefühl verloren hatte, konnte sie nicht mit Bestimmtheit sagen, wann der Frühling kommen würde. Wollte man Mattis glauben – und er war in dieser Hinsicht eine zuverlässige Quelle – hatten sie ungefähr die Hälfte des Winters hinter sich. Wenn es nach ihr ging, konnte es gar nicht schnell genug wärmer werden. Dieser Winter war der härteste, den sie je erlebt hatte. Womöglich lag es daran, dass sie in einer mäßig isolierten Hütte lebten und mit einem sehr eingeschränkten Speiseplan auskommen mussten. Da sie nun einer mehr waren, hatten sie die Rationen anpassen müssen und die Reserven, die sie zu Beginn des Winters noch gesehen hatten, schmolzen dahin.
James und Caroline hatten bereits angefangen, das Essen vorzubereiten. Das hatte schon fast Tradition. Erst essen und wenn alle satt und zufrieden waren, gingen sie die schwierigen Themen an. Rosi hatte festgestellt, dass die Diskussionen seltener in Streit ausarteten, wenn sie es so handhabten und es stärkte außerdem das Gemeinschaftsgefühl.
Heute beherrschte natürlich die Katastrophe die Tischgespräche. Rosi hörte den anderen überwiegend zu, immer noch unschlüssig, was sie sagen sollte.
„Ich hätte nie gedacht, dass es so schlimm ist“, seufzte Anne.
„Was um alles in der Welt kann so viele Erbeben und Tsunamis auf einmal ausgelöst haben?“, wunderte sich Tobit.
„Ich wünschte, wir hätten es früher gewusst“, lamentierte Harriet.
„Was hätte das schon geändert? Wir sind so oder so auf uns gestellt. Ich persönlich fand es schöner hier, bevor ich wusste, was draußen los ist“, gab Caroline zurück.
„Die Wahrheit zu kennen ist doch immer besser. Man kann sich besser auf die Zukunft einstellen“, sagte Peter.
„Womöglich hätten wir einige Dinge anders gemacht, wenn wir es besser gewusst hätten.“, fügte Harriet hinzu.
„Also ich finde, bisher haben wir alles richtig gemacht“, warf Niels ein.
„Es ist vielleicht ein bisschen verfrüht, sich auf die Schultern zu klopfen. Noch ist der Winter nicht vorbei“, wandte Mattis ein.
„Ich bin trotz allem zuversichtlich, dass wir bis zum Frühjahr überleben werden“, lächelte Niels.
„Und dann? Verhungern wir dann im Frühjahr?“, fragte Harriet finster.
„Sei nicht so negativ“, lächelte Anne nachsichtig. „Wir werden es schon schaffen.“
„Negativ? Vielleicht sehe ich es auch nur realistisch. Wir haben kaum genug Vorräte um bis zum Frühjahr zu kommen und selbst wenn wir den Sommer überleben, ist doch fraglich, ob wir noch einen Winter schaffen!“

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad90

„Anne hat recht. Jammern hilft uns nicht weiter“, hörte Rosi sich sagen und schluckte den letzten Bissen hinunter. „Wir wissen alle, dass die Lage ernst ist. Wir hatten ein paar Tage Zeit, uns darauf einzustellen, dass uns keiner retten wird. Und seien wir ehrlich: Mit jedem Tag, den wir hier verbracht haben, wurde es unwahrscheinlicher. Wir sind auf uns gestellt. Den Kopf in den Sand zu stecken und uns darüber zu beschweren, was wir nicht ändern können, wird nur dazu führen, dass wir tatsächlich verhungern oder erfrieren. Aber wenn wir alle anpacken und unser Bestes geben, haben wir eine Chance zu überleben. Tag für Tag, Monat für Monat. Wenn es sein muss auch Jahr für Jahr. Irgendwann wird ein Schiff hier vorbeifahren. Wahrscheinlich keine Rettungsmission, aber wir werden uns bemerkbar machen und Hilfe wird kommen.“ Sie war selbst erstaunt, wie leicht ihr die richtigen Worte über die Lippen kamen. Nun atmete tief durch und sah die anderen der Reihe nach an. Harriet sah erwartungsgemäß etwas beleidigt aus, aber die anderen schien sie motiviert zu haben.
„Also ich finde, wir sollten lieber von hier verschwinden und uns retten. Das hätten wir wohl schon im Sommer tun sollen, statt darauf zu hoffen, dass wir gerettet werden. Das, liebe Rosi, ist „den Kopf in den Sand stecken!“, rief Harriet aus.
„Und wie sollen wir das machen?“, gab Caroline abschätzig zurück.
„Na, wir bauen ein paar Boote und machen uns auf den Weg“, winkte Harriet ab.
Niels schnaubte und Mattis sagte lächelnd: „Ich glaube, das stellst du dir etwas zu leicht vor, Schatz.“
Rosi fand dass er etwas herablassend klang und es wunderte sie nicht, dass Harriet wütend erwiderte: „Wir haben wenig Nahrung, keine richtige Medizin und kaum Ressourcen. In Bridgeport oder anderen Städten wären wir alle sicherer.“
„Das mag stimmen, aber wir kommen da nicht hin“, seufzte Mattis genervt.
„Naja, aber wieso nicht?“, warf James ein. „Wir können doch wirklich ein paar Boote bauen...“
„... und so enden wie du?“, unterbrach Rosi zynisch. James sah beleidigt aus.
„Wir müssen nicht so enden wie James“, beharrte Harriet.
„Nein, die meisten von uns würden wohl drauf gehen und nicht an einem Strand landen, an dem zufällig Sims leben“, gab Mattis trocken zurück.
„Glaube ich nicht.“ Jetzt klang Harriet wie ein trotziges Kind.
„Diese Diskussion ist sowieso müßig, da keiner von uns weiß, wie man ein solches Boot baut“, bemerkte Tobit. „Ich denke, wir haben gar keine andere Wahl als uns Gedanken zu machen, wie wir auf dieser Insel überleben können, statt uns zu überlegen, wie wir es auf See in Gefahr bringen können.“
„Selbst wenn: Wer von uns, weiß, wie man ein solches Boot steuert geschweige denn richtig navigiert“, fügte Mattis hinzu.
„Niels kann doch segeln.“ Harriet gab noch nicht auf.
Der verdrehte die Augen. „Rund um die Insel vielleicht, aber das Meer überqueren wäre viel zu gefährlich. Es wäre unverantwortlich und ich würde meine Kinder nie dem aussetzen.“
„Aber...“, setzte Harriet wieder an.
„Lass gut sein, Harriet. Sie haben recht und du bist überstimmt“, sagte Peter leise zu ihr und erstaunlicherweise schluckte sie ihren Zorn hinunter. Sie nickte Rosi etwas unwillig zu und diese fuhr fort:
„Die gute Nachricht ist, dass wir den Winter überleben werden. Es wird ungemütlich und wir werden am Ende alle ein paar Pfund weniger auf den Rippen haben, aber es wird reichen. Sobald der Schnee schmilzt, kann Niels wieder angeln gehen. Trotzdem müssen wir für den nächsten Winter besser vorbereitet sein. Wir brauchen bessere und wärmere Hütten, mehr Vorräte, Kleidung und Medizin. Darum sollten wir uns zuerst kümmern. Da wir womöglich einige Jahre hier sein werden, müssen wir uns auch um langfristigere Themen Gedanken machen, aber zuerst sollten wir sicherstellen, dass die Grundversorgung stimmt.
„Was ist mit Schulunterricht?“, fragte Anne sofort.
Rosi sah sie überrascht an und Caroline sprach aus, was sie selbst dachte: „Wir reden hier davon, nicht zu verhungern und zu erfrieren, und du willst eine Schule aufbauen?“
Anne ließ sich davon nicht beeindrucken. „Wenn wir langfristig planen, wird es notwendig sein. Dass wir bisher überlebt haben, liegt auch daran, dass jeder von uns etwas im Leben gelernt hat. Es muss ja nicht gleich ein Studium der Philosophie werden, aber zumindest eine Grundlagenbildung sollte jeder erhalten. Unsere Kinder werden bald alt genug sein, Lesen zu lernen; die Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, ist also genau jetzt.“
„Und ich denke, es würde nicht schaden, wenn James bis er erwachsen ist, auch noch etwas Bildung genießt“, fügte Niels hinzu. Es war offensichtlich, dass Anne und er bereits darüber geredet hatten.
„Ich ... Schule?“, stammelte der Teenager entsetzt und sah hilfesuchend zu Rosi und Caroline.
„Ich finde das auch ganz schön übertrieben. Meinetwegen können die Kinder Lesen, Schreiben und ein bisschen Rechnen lernen, aber das muss erstmal ausreichen. Wenn endlich ein Schiff vorbeikommt, können sie ja zur Schule gehen“, meinte Peter.
„Und was, wenn dieses Schiff erst kommt, wenn unsere Kinder längst erwachsen sind, Peter?“, fragte Niels. „Dann haben wir eine Generation dummer, ignoranter und ungebildeter Sims auf dieser Insel.“
„Das ist doch recht unwahrscheinlich...“, begann Peter.
„Aber nicht auszuschließen“, unterbrach ihn Mattis. „Ich sehe das wie Anne und Niels. Unsere Kinder und auch James müssen von uns lernen, was sie sonst in der Schule lernen würden, damit sie uns notfalls irgendwann unsere Arbeit abnehmen können.“
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass unser Wissen dazu ausreicht, all das Zeug zu vermitteln, das wir in der Schule gelernt habe. An die Hälfte kann ich mich nicht einmal selbst erinnern!“, rief Caroline aus.
„Nun, das überrascht mich bei dir überhaupt nicht“, höhnte Harriet.
„Wie ein Mädchen, das kaum selbst aus der Schule raus ist, dabei helfen soll, ist mir sogar noch schleierhafter“, schoss Caroline sofort zurück. Tobit stieß genervt die Luft aus und Rosi verdrehte innerlich die Augen, als Harriet den Mund aufsperrte, um dagegen zu halten.
„Lasst das“, stöhnte sie. „Es hilft überhaupt nicht, wenn ihr euch gegenseitig angiftet.“
„Aber...“
„Ich weiß, furchtbar ungerecht. Nimm dir nicht alles zu Herzen, was Caroline von sich gibt. Und du Caroline, musst sie nicht immer so ärgern.“ Rosi bedachte beide mit einem strengen Blick. „Zurück zur Sache. Ich muss zugeben, dass ihr nicht ganz unrecht habt, dass eure Kinder etwas lernen müssen. Wir sollten das nicht vernachlässigen, nur weil wir hier unter uns sind und keiner nach einem Schulabschluss fragt. Aber natürlich wird der Unterricht anders aussehen müssen, als wir es aus der Schule kennen. Schon allein, weil außer Anne keiner hier als Lehrer qualifiziert ist.“
Anne schnaubte. „Qualifiziert... wozu brauchen wir hier Qualifikationen? Jeder von uns kann etwas besonders gut. Warum bringen wir nicht das unseren Kindern bei? Und was James angeht würden wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Er würde etwas lernen und wir würden herausfinden, in welchem Bereich er uns am besten helfen kann.“
„Da ist was dran“, murmelte Tobit.
Rosi nickte nachdenklich. Dann griff sie nach dem Laptop. „Lasst uns unsere Ideen aufschreiben. Wir werden heute kaum einen ausgefeilten Lehrplan erstellen können. Das wird mehr Zeit in Anspruch nehmen, als wir jetzt haben. Aber wir können zumindest schonmal etwas brainstormen, wie wir James Ausbildung gestalten wollen. Die Bildung für die Kleinen muss ja nicht gleich morgen starten.“
„Und was, wenn ich nicht will?“, empörte sich James.
„Du hast gesagt, du willst alles tun, damit du bleiben darfst“, antwortete Rosi ungerührt. „Und wir müssen herausfinden, wozu wir dich am besten gebrauchen können. Also wirst du da nicht drum herum kommen. Du wirst uns noch danken, glaub mir.“ Sie öffnete ein neues Dokument. „Also, legen wir los?“
Natürlich nahm das Brainstorming mehr Zeit in Anspruch als gedacht. Rosi war begeistert, wie viele gute Ideen sie zustande brachten und wie jeder schließlich etwas fand, wie er sich einbringen konnte. Die Leitung ihrer „Schule“ fiel natürlich an Anne, die als Grundschullehrerin dafür prädestiniert war. Sie würde Grundschulbildung, Allgemeinbildung, Literatur und Geschichte unterrichten. Caroline erbot sich als Lehrerin für Musik, Kunst und Schneidern. Gemeinsam mit Rosi, die sonst Verwaltung und Organisation übernahm, unterrichtete sie außerdem Fremdsprachen. Peter wies darauf hin, dass das beim Überleben kaum hilfreich sein würde, woraufhin Rosi knurrte, dass niemand wissen könne, aus welchem Land das Schiff, das eines Tages kommen würde, stammte.
Der restliche Unterricht würde praktischer gestaltet sein. Niels würde Angeln, Kochen und Vorratshaltung lehren, Tobit Mathematik, Technik und Handwerk. Harriet, Mattis und Peter wiederum teilten sich den Bereich Biologie und Umwelt. Harriet unterrichtete Anatomie, Medizin und Chemie. Mattis würde neben Zoologie und Geographie auch ein Survivaltraining durchführen und Rosi witzelte, dass Letzteres ihnen allen wohl gut tun würde. Peter schließlich übernahm Botanik, Landwirtschaft und - weil er in diesem Bereich nunmal gearbeitet hatte – Wirtschaft.

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad89

Die Zeit war nun schon weit fortgeschritten, aber sie mussten noch darüber diskutieren, welche Maßnahmen im Frühjahr die Wichtigsten waren. Es war klar, dass der Gemüseanbau ausgedehnt werden musste. Dazu würden sie wie geplant an jeder Hütte einen Garten anlegen – den größten natürlich bei Peter.
Der ergriff das Wort: „Ich will eure Euphorie nicht bremsen, aber was das angeht, sind wir limitiert.“
„Fehlt es an Saatgut?“, fragte Rosi.
Er winkte ab. „Wir haben genug Saatgut aus dem Gemüse von letztem Jahr, um die gesamte Insel zu bepflanzen. Die Bewässerung ist das Problem. Bei der bisherigen Größe können wir es mit Gießkannen und den beiden Sprinklern schaffen, aber wenn wir erweitern, würden wir den ganzen Tag nichts anderes tun, als Kannen zu schleppen.“
Rosi nickte nachdenklich und warf Tobit einen fragenden Blick zu.
Der schüttelte den Kopf. „Ich habe keine weiteren Sprinkler gefunden. Vielleicht kann ich selber etwas basteln, aber ohne die richtigen Teile...“ Er hob die Schultern.
Die eben noch halbwegs zuversichtlichen Gesichter am Tisch, wurden mutlos. Rosi konnte es ihnen nicht verübeln. Dies war ein Problem, das sie selbst nicht bedacht hatte. „Wir sollten den Kopf nicht in den Sand stecken“, sagte sie mit mehr Zuversicht, als sie verspürte. „Vielleicht finden wir eine Lösung und wenn nicht können wir die Gärten immerhin ein wenig erweitern. Es muss ohnehin in einem Rahmen bleiben, dass wir es verbrauchen oder einlagern können.“
„Was auch nicht unproblematisch wird“, bemerkte Tobit. Als alle ihn fragend ansahen, erklärte er: „Ich will nicht den Buhmann spielen, aber ich habe mittlerweile fast alle defekten Geräte ausgeschlachtet oder repariert. Ich vermute, wir werden nach dem Winter nicht mehr viel Brauchbares finden. Das heißt, wir müssen mit dem leben, was wir haben und das ist nicht viel.“
„Können wir nicht einiges selbst herstellen?“, fragte Caroline entsetzt.
Tobit gab ein Geräusch, halb Lachen, halb Seufzen von sich. „Wohl kaum. Vielleicht ein paar Metallteile oder Möbel, aber ganz sicher keine Kühlschränke. Und weitere Hütten zu bauen, fällt damit auch aus.“
Eine Weile sagte keiner etwas. Schließlich räusperte Caroline sich: „Ich will die Stimmung nicht noch weiter drücken, aber wenn wir schonmal dabei sind, die Probleme zu benennen...“ Caroline atmete tief durch und als niemand Einspruch erhob, sagte sie: „Wir haben kaum noch intakte Kleidung. Ich habe geflickt, was geht, aber im nächsten Winter werden wir nichts wirklich Warmes zum Anziehen haben, wenn uns nichts einfällt.“

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad91

Es war einer dieser Momente, in denen Rosi wieder bewusst wurde, wie sehr sie an den Überfluss ihrer Jugend gewöhnt war, mit welcher Selbstverständlichkeit sie alte Geräte ausgetauscht hatte. Ihr ganzes Leben lang hatte sie immer gehört, wie Ressourcen knapp wurden, doch sie hatte in ihrem Alltag nie etwas davon gespürt. Hatte sie das geblendet? Sie hatte gewusst, dass ihnen das Baumaterial ausging und dass die Kleidung, die sie trug, mehrfach geflickt war, konnte ihr nicht entgehen. Und dennoch hatte sie nicht im Traum daran gedacht, dass so etwas Gewöhnliches wie Sprinkler, Kühlschränke oder Kleidung zum Problem würden. Sie begriff, dass ihre ganze Planung nicht funktionieren würde, weil sie eines außer Acht gelassen hatte: Nicht alles Material war unendlich verfügbar.
Ein Stuhl fiel krachend zu Boden, als Harriet wütend aufsprang. Sie sah Rosi erbost an: „Das ist alles deine Schuld!“, verkündete sie. „Du warst zuständig, die Ressourcen so einzuteilen, dass wir überleben! Du hast dich hier als die große Chefin aufgespielt und wir haben dir vertraut! Wenn wir auf dieser verdammten Insel verhungern oder erfrieren, dann nur, weil deine Pläne Mist waren und du mehr auf uns hättest hören sollen!“
Die Stille, die auf diesen Ausbruch folgte, fühlte sich für Rosi qualvoll an. Zum zweiten Mal an diesem Abend sah sie ihre Pläne und Entscheidungen in Frage gestellt.
„Harriet...“, sagte Mattis mahnend, als sei sie ein unartiges Kind. „Du kannst nicht Rosi die ganze Schuld geben.“
Die Rothaarige verdrehte innerlich die Augen ob seines Tonfalls und verstand mit einem Mal, was Anne gemeint hatte, als sie sagte, Mattis habe wenig Nachsicht mit Harriet. Diese fuhr, wie zu erwarten war, auf: „Na klar, über deine geliebte Rosi darf ja niemand ein schlechtes Wort verlieren, auch wenn sie Mist gebaut hat!“
Der Streit drohte endgültig zu eskalieren. Mattis sprang ebenfalls auf und einen Moment sah es so aus, als wolle er auf sie losgehen. Rosi fand ihr eigenes Entsetzen in den Gesichtern der anderen widergespiegelt.
„Ganz ruhig, Harriet“, sagte Peter sanft. Er hatte sich ebenfalls erhoben und die Schwarzhaarige zu sich gedreht. „Julian wird nichts passieren. Wir werden es schaffen, versprochen.“ Und damit nahm er ihren Arm und führte sie nach draußen, ohne dass sie Widerstand leistete. Der Rest blieb geschockt zurück. Mattis stand immer noch. Er sah beschämt und zugleich irritiert aus, als er sich wieder setzte. Rosi konnte es ihm nicht verübeln. Die kleine Szene war höchst erleuchtend gewesen und hatte wohl mehr zu Tage gefördert, als ihm recht war. Er saß mit verschränkten Armen am Tisch, eindeutig mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt.
Rosi räusperte sich und fühlte dabei die Blicke der anderen auf sich. „Ich denke, wir sollten die weitere Planung vertagen. In drei Tagen vielleicht, wenn das Wetter mitspielt? Bis dahin sollten sich die Gemüter abgekühlt und alle etwas Zeit haben, sich Gedanken zu machen. Es wird sicher nicht leicht. Wir werden auf noch mehr Annehmlichkeiten verzichten müssen, aber es muss einen Weg geben. Es gab auch mal eine Zeit ohne Kühlschränke.“ Sie probierte es mit einem Lächeln, aber es wollte ihr nicht recht gelingen.

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad92

„Nimm es dir nicht zu Herzen, Rosi“, sagte Anne, als sie die Wintermäntel anzogen. „Ich bin sicher, sie meint es nicht so. Die Sorge um das eigene Kind kann einen verrückt machen.“
Mattis, der bisher keinen Ton gesagt hatte und Julian umsichtig einen Schal um den Hals wickelte, schnaubte.
„Du solltest wirklich geduldiger mit ihr sein“, sagte Anne vorwurfsvoll zu ihm.
„Lass gut sein, Anne“, sagte Niels. „Das kann er gerade nicht gebrauchen.“ Er nahm seiner Verlobten Eileen ab, verabschiedete sich und verließ gemeinsam mit ihr die Hütte. Tobit ging in seine Werkstatt und Caroline nahm James unter einem Vorwand mit in ihr Schlafzimmer. Rosi wusste es zu schätzen, dass sie Mattis und ihr die Privatsphäre ermöglichten.
Er sah sie unschlüssig an. „Tut mir leid“, sagte er schließlich. „Das mit der Szene... ich...“ Er sah hilfesuchend nach oben. „Sie meint nicht alles, was sie sagt, wenn sie wütend ist.“ Es schien ihm schwerzufallen, sie anzusehen. Harriets Anschuldigungen klangen Rosi noch in den Ohren und sie vermutete, dass es ihm ähnlich ging. „Was das angeht, was sie gesagt hat... also wegen...“
Die Tür flog auf und Peter kam hereingestapft. „Harriet lässt sich entschuldigen“, sagte er steif. „Sie sagt, sie muss sich abreagieren. Aber es tut ihr schon leid.“ Rosi fiel auf, dass er Mattis Blick mied. Eine Weile standen sie wortlos da, jeder mit den Ereignissen des Abends überfordert.
„Nun... ich werde dann auch mal gehen“, sagte Mattis schließlich, schnappte sich Julian und nickte ihnen knapp zu. Für den Bruchteil einer Sekunde sah er Rosi in die Augen. „Tut mir leid“, sagte er noch einmal leise, dann war er zur Tür hinaus verschwunden.

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Rosi seufzte abgrundtief und sah Peter an. „Danke, dass du eingegriffen hast. Ich werde nicht weiter fragen, weshalb du sie beruhigen kannst und Mattis nicht.“
„Sie hat Angst. Vor allem um Julian. Sie bräuchte eine starke Schulter und er versteht das einfach nicht. Er macht es nur noch schlimmer.“
„Sag mir nichts, was ich nicht wissen will“, sagte sie warnend.
„Na schön.“ Er hob beschwichtigend die Hände. „Ich sage nichts dazu.“
Sie sah ihn missvergnügt an. Das war ebenso gut wie ein Geständnis.
„Ihr beiden solltet euch mal aussprechen. Am besten unter vier Augen. Bring ihr zur Abwechslung etwas Verständnis entgegen, dann wird es gut gehen.“
Sie verdrehte die Augen. „Vielen Dank für den weisen Ratschlag“, gab sie sarkastisch zurück. Als ob sie selbst nicht wüsste, was zu tun sei! Seit sie mit nicht mehr mit ihm schlief, fand sie ihn manchmal unerträglich bevormundend und darum selbst grantiger. Es war doch nicht so leicht mit dieser Freundschaft-mit-Vorzügen-Sache, wenn man sie beendete. Zumal sie ein schlechtes Gewissen hatte, weil sie vor Mattis verschwieg, was sie zwischen Peter und Harriet vermutete. Sie fürchtete den Tag, an dem er es herausfinden würde. Ob er ihr das verzeihen würde?

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Beitrag  singingmiri Mo Apr 25, 2022 4:31 pm

Kapitel 16: Die Wölfin und die Katze


Rosi hatte es den ganzen Tag aufgeschoben, mit Harriet zu sprechen. Ihre letzten Gespräche waren nicht eben friedlich verlaufen und auch wenn sie sonst nicht konfliktscheu war, hatte sie wenig Lust auf einen weiteren zermürbenden Streit, bei dem es nicht um das eigentliche Problem ging. Denn sie hatte allmählich das Gefühl, dass Harriets Aversion ihr gegenüber vor allem mit Peter und Mattis zu tun hatte. So hatte sie den ganzen Tag über Ausreden erfunden, was sie noch alles zu tun hatte, bevor sie sich auf den Weg machte. Sie hatte die gesamte Hütte gesäubert, völlig unnötigerweise die Vorräte geprüft, Caroline zugesehen, wie sie eine von Tobits Hosen reparierte, stundenlang am Laptop auf ihre Notizen gestarrt, um Lösungen für die drängendsten Probleme zu finden, bevor Peter sie mit hochgezogener Augenbraue darauf hinwies, dass es allmählich dunkel wurde. Seufzend hatte sie sich warm eingepackt und war losgestapft, aber sie konnte nicht behaupten, dass sie sich sonderlich beeilte, zu Harriets Hütte zu kommen.
Als sie ankam, war die Sonne gerade untergegangen und der Vollmond leuchtete hell am Nachthimmel. Rosi atmete tief durch und ging auf die Haustür zu, die offen stand. Doch ein paar Meter davor stoppte sie erneut, diesmal vor Überraschung und Schock. Nichts hätte sie auf den Anblick vorbereiten können, der sich ihr bot. Harriet stand nur wenige Schritte entfernt und wand sich vor Schmerzen, wie es schien. Sie wollte ihr zu Hilfe eilen, doch sie war nicht weit gekommen, als jemand sie packte und festhielt.
„Geh nicht näher. Es ist gefährlich“, raunte Mattis ihr ins Ohr und zog sie etwas zurück.
„Lass mich los! Sie braucht Hilfe!“, schrie sie wütend und versuchte sich aus seinen Armen zu winden. Doch noch während sie sprach, warf Harriet den Kopf in den Nacken und heulte auf wie ein Wolf. Ihr Rücken krümmte sich auf unnatürliche Weise, die Fingernägel wuchsen zu Klauen. Das entsetzliche Schauspiel währte nur wenige Sekunden, dann stand eine völlig verwandelte Harriet in der Haustür. Leuchtend gelbe Augen fixierten sie, wie ein Raubtier seine Beute. Mattis verstärkte seinen Griff um Rosis Arm – ob nun aus Furcht oder um sich auf einen Kampf vorzubereiten, vermochte sie nicht zu sagen. Harriet machte ein paar Schritte auf sie zu, doch dann schien sie es sich anders zu überlegen und rannte auf allen vieren um das Haus und in die Nacht hinaus.

Laguna Coast - eine Apokalypse-Familiendynamik Apofad95

Mattis lockerte seinen Griff und stieß erleichtert die Luft aus. Rosis Knie zitterten. Als sie schwankte, nahm er wieder ihren Arm und führte sie wortlos ins Haus. Sie setzte sich an den Tisch und nahm dankbar eine Tasse Tee entgegen.
„Hättest du mich nicht vorwarnen können?“, fragte sie, als sie wieder ihre Sprache fand. Ihre Stimme klang immer noch zittrig.
Er sah sie ironisch an. „Dass meine Freundin ein Werwolf ist? Hättest du das denn geglaubt?“
Sie fuhr sich durch die Haare. „Wohl kaum.“ Sie nahm noch einen Schluck Tee. „Simmer, ich dachte, ich hätte mit Andromeda und eurer Krötengeschichte schon alles gesehen, was es an Übernatürlichem gibt!“, stieß sie schließlich hervor.
„Tja, sieht so aus, als hätte Harriet immer recht gehabt mit ihrem Glauben an das Übersinnliche.“ Er lachte kurz. Rosi fand, dass es bitter klang und zum wiederholten Mal fragte sie sich, was genau zwischen den beiden vorgefallen war. Doch dann erinnerte sie sich an die Szene vom Vorabend und dachte, dass sie es so genau gar nicht wissen wollte.
„Wann hat es angefangen?“, fragte sie stattdessen.
Er hob die Schultern. „Um ehrlich zu sein, weiß ich es nicht so genau. Schätzungsweise zu der Zeit als Niels und Anne ausgezogen sind. Vielleicht auch etwas früher. Als ich es vor ein paar Wochen herausgefunden habe, muss es schon ein paar Mal passiert sein.“ Er seufzte. „Im Nachhinein betrachtet, hat es sich lange angekündigt. Sie war so oft grundlos wütend. Ich weiß, dass es sie selbst belastet hat, weil sie ständig die Kontrolle über sich verlor. Vermutlich war es der Werwolf in ihr, der stärker wurde.“
„Sie war auch vorher oft jähzornig“, bemerkte Rosi. „Ich denke nicht, dass es nur der Werwolf ist.“
Er schüttelte den Kopf. „Nicht so. Sie hat Temperament und regt sich schnell über etwas auf, aber das war anders. Sie...“ Er zögerte. „Es ist mehr als einmal vorgekommen, dass sie handgreiflich wurde. Und ich...“ Er sah hilfesuchend zur Decke. „Ich muss gestehen, ich auch. Ich hätte nie gedacht, dass es mal so weit kommen würde, dass ich eine Sima schlagen würde, aber manchmal reizt sie mich zur Weißglut. Ich weiß, das ist keine Entschuldigung. Es ist ... erbärmlich.“
Rosi stieß langsam die Luft aus. Sie hatte Recht gehabt. Sie hatte es so genau nicht wissen wollen.
Er sah beschämt auf seine Hände. „Ich wollte nie, dass du das über mich weißt. Ich habe mich immer für einen anständigen Kerl gehalten. Offenbar bin ich das nicht.“
„Sei nicht so hart zu dir selbst“, sagte sie leise. „Jeder trägt eine dunkle Seite in sich.“
„Seine Verlobte zu schlagen, ist kein Kavaliersdelikt. Wäre noch alles normal, hätte sie mich anzeigen können.“
„Und du sie.“, bemerkte sie. „Ich will es nicht bagatellisieren. Dass eure Auseinandersetzungen gewalttätig ausgetragen werden, ist furchtbar und muss aufhören. Aber ich glaube nicht, dass ihr deshalb von Grund auf schlecht seid. Du hast mir das Leben gerettet und Harriet das von James.“
„Lieb von dir, dass du mich besser darstellst, als ich bin.“
„Ich bin auch nicht ganz so gut, wie ihr alle immer denkt. Naja, alle außer Harriet vielleicht.“ Sie zuckte die Schultern. „Aber eine Sache verstehe ich nicht: Warum habt ihr die Sache nicht beendet, wenn ihr doch merkt, dass es zwischen euch nicht klappt. Wäre das nicht besser, als zu riskieren, dass ihr euch irgendwann ernsthaft wehtut?“
Er zögerte mit seiner Antwort. „Es gibt auch die guten Tage, weißt du.“, sagte er schließlich leise. „Sicher, es fallen oft hässliche Worte und wir tun einander weh, aber wir versöhnen uns anschließend immer wieder. Die Harriet, die ich liebe, ist auch noch da, verstehst du? Und außerdem ist da Julian...“
„Der in einer Familie aufwächst, in der sich die Eltern ständig an die Gurgel gehen, um sich dann wieder furchtbar lieb zu haben. Was für ein Vorbild seid ihr damit?“, unterbrach sie. Dann schüttelte sie den Kopf. „Ich werde mich in eure Beziehung nicht einmischen, Mattis. Ich wünsche euch, dass ihr glücklich seid. Wenn ihr meint, dass es sich lohnt, darum zu kämpfen, dann tut es, aber bitte ohne Handgreiflichkeiten. Und denkt an euren Sohn.“ Sie stand auf. „Ich nehme an, Harriet wird heute Nacht nicht wiederkommen, also sollte ich wohl langsam zurückgehen. Sag ihr, sie soll vorbeikommen, wenn sie reden will.“

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Beitrag  singingmiri Mo Mai 02, 2022 12:45 pm

Kapitel 17: Schlaflos


Tobit wachte auf, als jemand an ihm vorbeischlich. Das war nicht weiter ungewöhnlich, bedachte man, dass er auf der Couch vor dem Kamin schlief. Seit James zu ihrer Gruppe gestoßen war, waren die Schlafplätze wieder knapp. Tobit hatte dem Jungen, der immer noch geschwächt war, sein Bett vermacht. Es störte ihn nicht, auf der Couch zu nächtigen und das Feuer in Gang zu halten. Dass er gelegentlich geweckt wurde, wenn jemand nachts zur Toilette musste, war einer der Nachteile, aber für gewöhnlich drehte er sich einfach um und schlief weiter. Es war seine Absicht, es heute ebenso zu halten, doch kaum hatte er sich umgedreht, stellte er fest, dass er zu wach war, um sofort wieder einzuschlafen. Also drehte er sich auf den Rücken, einen Arm im Nacken und blinzelte über die Rückenlehne. Rosi stand am Tisch und goss sich so leise sie konnte eine Tasse Tee ein. Als sie sie an die Lippen hob, bemerkte sie, dass er sie beobachtete.
„Tut mir leid. Ich wollte dich nicht wecken“, flüsterte sie.
„Nicht schlimm.“ Er zuckte die Schultern und richtete sich auf. Mehr, um etwas zu tun zu haben, als aus wirklicher Not, legte er zwei Scheite Holz nach. Als er fertig war, wandte er sich ihr wieder zu. Sie stand immer noch am selben Platz, offenbar unschlüssig, was sie tun sollte.
„Setz dich ruhig zu mir. Ich habe nichts gegen etwas Gesellschaft“, lächelte er.
Sie kam herüber und ließ sich neben ihm nieder. Tobit reichte ihr eine Decke, denn trotz des Feuers war es in der Hütte immer etwas frisch. Sie hüllte sich darin ein und nippte an ihrem Tee. Er fand, sie sah erschöpft aus. Aber das war im Grunde kein Wunder. Das waren sie alle. Trotzdem machte ihr Anblick ihm Sorgen. Sie wirkte fragiler als sonst.
„Brauchst du jemandem zum Reden?“, fragte er nach einer Weile des Schweigens.
Sie sah nachdenklich in ihre Tasse. „Mir geht’s gut“, sagte sie schließlich, aber die Lüge war offensichtlich.
Er schüttelte ungläubig den Kopf und nahm ihre freie Hand. Sie war eiskalt. Er wärmte sie zwischen seinen Händen und sah ihr dabei fest in die Augen. „Rosi, ein Blinder kann sehen, dass es dir nicht gut geht. Du hast seit der Katastrophe kaum eine Nacht durchgeschlafen, arbeitest den ganzen Tag, schlichtest unsere Meinungsverschiedenheiten. Wenn jemand ein Problem hat, bist du zur Stelle, hörst dir unsere Sorgen an und findest eine Lösung. Und zum Dank wirft dir Harriet vor, du hättest uns alle in den Tod geführt. Ausgerechnet sie, die dir nun schon zum zweiten Mal den Simo wegnimmt! Also erzähl mir nicht, dass es dir gut geht!“ Er musste sich sehr beherrschen, nicht laut zu werden. „Du bist ohne Zweifel die stärkste Sima, die ich je kennen gelernt habe und kommst mit so ziemlich allem klar, was dir das Leben vor die Füße wirft, aber jeder hat ein Limit. Reiz es nicht aus! Lass ein wenig Dampf ab! Es nützt niemandem, wenn du unter dem Druck doch irgendwann zusammenbrichst.“
Er konnte sehen, wie es in ihr arbeitete. Dann nickte sie. „Na schön. Es geht mir nicht gut. Ich schlafe zu wenig, weil ich oft Albträume habe und lange grüble. Das geht an die Substanz. Ich fühle mich innerlich oft abgestumpft und leer. Was Harriet gesagt hat, tat natürlich ein bisschen weh, aber ganz Unrecht hat sie nicht.“ Sie stieß seufzend die Luft aus. „Die Wahrheit ist, ich habe im Sommer nicht mal in Betracht gezogen, dass wir von der Insel fliehen könnten. Und ich habe Pläne gemacht, ohne daran zu denken, dass wir nicht mehr einfach alles bei Samazon bestellen können, was wir nicht haben.“

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„Willst du dich wirklich dafür fertig machen, dass du auf diese hirnrissige Idee mit der Flucht nicht gekommen bist?“ Ein Lächeln zuckte um seine Lippen.
„Ich versuche immer, alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Was wenn mir beim nächsten Mal eine wirklich gute Idee nicht einfällt?“
„Dann fällt sie einem anderen ein. Das ist doch nicht schlimm.“, zuckte er die Achseln. „Ich denke, du kannst zwischen dämlichen und guten Ideen unterscheiden, egal von wem sie kommen.“
„Und wenn nicht? Dann bin ich wirklich Schuld an eurem Tod!“
Er schüttelte den Kopf. „Vergiss bitte, was Harriet gesagt hat. Sie ist jähzornig und naiv. Wir sind keine Horde von Kleinkindern, die du hüten musst, sondern Erwachsene, die selbst Verantwortung für ihr Leben tragen. Das scheint sie zu vergessen. Naja, sie ist noch jung. Das wird sich geben.“
Sie schnalzte ungeduldig mit der Zunge. Er hob fragend die Augenbrauen. „Was ist?“
Rosis Kiefer verhärtete sich. „Wir alle schieben Harriets Ausbrüche und dummen Ideen immer auf ihr Alter. Dabei ist sie kaum jünger als ich! Und offenbar ja alt genug, um Kinder zu bekommen.“
„Sei nicht so streng mit ihr. Sie ist behütet aufgewachsen. Vielleicht wurde sie auch ein bisschen verwöhnt. Sie war noch nicht so selbstständig und reif wie du, als sie ihre Eltern bei der Katastrophe verloren hat. Und das ist ja auch normal. Du bist da eher die Ausnahme. Ich hätte dich eher auf mein Alter, als ihres geschätzt.“, sagte er beschwichtigend und setzte eilig hinzu: „Nicht, dass du alt aussehen würdest. Du wirkst nur erwachsener.“
„Nun tu nicht so, als wärst du schon so eine graue Eminenz. So einen Riesenaltersunterschied haben wir alle nicht“, antwortete sie amüsiert. Dann schloss sie kurz die Augen und fuhrt fort. „Ich weiß ja, dass du recht hast. Sie kann nichts dafür, dass sie es im Leben einfacher als ich hatte. Trotzdem wünsche ich mir oft, sie würde schneller erwachsen werden.“ Als er sie fragend ansah, fuhr sie fort: „Meine Eltern sind gestorben, als ich gerade Teenager wurde. Wir – meine Schwester und ich – sind bei meiner Oma untergekommen, aber sie war sehr alt und völlig überfordert mit uns. Darum habe ich ihr viel abgenommen.“
„Verstehe. Du und deine Schwester standet euch bestimmt nahe.“
Sie antwortete nicht sofort. „Ja“, sagte sie dann schlicht. Aber er hörte ihre Trauer deutlich heraus. Ihm fiel ein, dass sie noch nie über ihre Schwester gesprochen hatte. Oder darüber was sie auf See erlebt hatte. Als würde sie das Thema um jeden Preis meiden.
„Sie war für dich der wichtigste Sim in deinem Leben, oder?“
„Richtig“, antwortete sie leise und eine einzelne Träne bahnte sich über ihre Wange. Sie wischte sie ungeduldig weg. „Sie war alles für mich. Ich habe alles getan, um ihr meine Eltern zu ersetzen. Als ich mit der Schule fertig war, habe ich gejobbt, damit wir endlich mal wieder zusammen in den Urlaub fahren können. So kamen wir auf dieses Kreuzfahrtschiff.“ Eine weitere Träne bahnte sich den Weg über ihre Wange. „Ich wünschte, wir wären woanders hingefahren. Dann wäre sie noch am Leben und ich nicht allein.“
Instinktiv zog er sie in seine Arme und strich ihr etwas linkisch über den Rücken „Du bist nicht allein“ murmelte er in ihre Haare. „Ich, nein, ich denke, wir alle sind da, wenn du uns brauchst.“ Ihr Körper, der sich zunächst in seinen Armen verkrampft hatte, entspannte sich langsam. Er spürte sein Oberteil von ihren Tränen etwas feucht werden, aber es störte ihn nicht. Sie festzuhalten und zu trösten, fühlte sich gut an. Nach einer Weile sagte er leise: „Es ist normal, dass du sie vermisst. Ich kann mir gut vorstellen, dass du sie noch einmal in den Arm nehmen willst, ihr all das sagen willst, was du nie gesagt hast.“ Er lächelte sie an, als sie überrascht den Kopf hob. „Das hast du zu mir gesagt, als wir über Cecilia und Caroline gesprochen haben.“ Sein Lächeln wurde verlegen. „Nur falls du das jetzt auch hören musst, so wie ich damals.“
Sie nickte. Dann wich ihr traurig-verblüffter Gesichtsausdruck einem Grinsen. „Du würdest auch einen guten Psychologen abgeben, weißt du.“ Sie zwinkerte ihm zu. „Deine Worte, nachdem du mir von Cecilia erzählt hast.“
Er lachte leise. „Heute ist wohl Gegenteiltag.“ Dann mussten sie beide leise bei der Erinnerung lachen. Einen verrückten Moment lang stellte er sich vor, er würde sich vorlehnen und sie küssen, aber er schob diesen unpassenden Gedanken schnell beiseite. Er wollte die Situation nicht ausnutzen. Und trotzdem. Als er so dicht neben ihr saß, den Arm immer noch halb um sie herum, keimten Gefühle für sie in ihm auf und er wünschte sich mit einem Mal, es gäbe keinen Peter an ihrem Leben.

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Ein paar Minuten schwiegen sie beide, während er versuchte, seine neu entdeckten Gefühle zu ordnen. Aber er musste wissen, was Sache war. „Was läuft eigentlich zwischen Peter und Harriet?“, fragte er so beiläufig wie möglich.
Sie verzog das Gesicht zu einer Grimasse. „Ist dir nicht entgangen, oder?“
„Ich habe Augen im Kopf. Mich wundert eher, dass Mattis nichts bemerkt.“
„Tja, Liebe macht wohl blind. Aber was sie genau miteinander haben, wissen wohl nur die beiden. Vielleicht tun wir den beiden auch Unrecht. Ich weiß nur, dass Peter sie liebt.“
„Das muss schwer für dich sein. Erst Mattis, nun er.“
„Eigentlich nicht. Mit Mattis war ich nie zusammen und wollte es auch nie sein und Peter... naja, das war nur unkomplizierter Sex. Nicht mehr, nicht weniger. Es waren nie Gefühle im Spiel. Und deshalb habe ich es beendet, als ich bemerkte, was er für Harriet empfand.“
Er sah sie skeptisch an. „Aber wenn ihr beide nichts füreinander empfunden habt, wieso habt ihr dann überhaupt miteinander geschlafen?“
Sie zuckte die Achseln. „Sex entspannt. Ich brauchte einen Ausgleich und Peter Befriedigung. Es war eine Win-Win-Situation.“
„Du klingst, als hättet ihr einen Deal gemacht.“
„Haben wir.“
Er schüttelte ungläubig den Kopf. „Ich hätte nicht gedacht, dass du dich auf so etwas einlassen würdest.“
Sie schloss einen Augenblick die Augen. „Ich auch nicht“, gab sie nach einer Weile zu. „Früher war für mich immer klar, dass ich nur mit jemandem schlafen würde, den ich liebe. Harriet und Anne hatten es da leichter. Sie haben sich hier verliebt. Ich nicht. Wie gesagt, ich bin innerlich ziemlich gefühllos. Und als sich die Gelegenheit mit Peter bot, hab ich einfach zugeschlagen, damit ich wenigstens ein paar Minuten auf andere Gedanken komme. Es hätte ja auch sein können, dass was daraus wird.“
Er war immer noch skeptisch. „Meiner Erfahrung nach, gibt es unkomplizierten Sex nicht. Früher oder später verliebt sich doch einer von beiden.“
„Naja, hat er ja auch. Nur eben nicht in mich“, meinte sie ironisch. „Vielleicht sollte mir das zu denken geben.“
Er war erleichtert, aber es wohl besser, seine Gefühle erstmal für sich zu behalten. Er wusste ohnehin noch nicht, wie ernst es war. „Wird schon wieder“, sagte er halb zu ihr, halb zu sich selbst. „Du hast vielleicht einen posttraumatischen Schock und bist noch in Trauer um deine Schwester. Das braucht Zeit. Vielleicht ist es sogar besser, wenn du nichts überstürzt. Schau dir Harriet und Mattis an. Die beiden haben sich kopfüber in eine Beziehung gestürzt, ein Kind bekommen und streiten sich jetzt von früh bis spät. Es würde mich wundern, wenn die beiden nochmal die Kurve kriegen.“
„Auch wieder wahr.“ Sie lächelte ihn an. „Danke fürs Zuhören. Es hat mir gut getan.“
„Gern. Wir sind schließlich Freunde, oder?“
Sie sah überrascht aus. „Ja“, sagte sie dann und ihr Lächeln wurde breiter. „Das sind wir.“

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