Traumwald

HAUSHALT BIRKENHAIN

Rose Birkenhain und Quarz Birkenhain
(Weide Birkenhain lebt mit Wolfgang Kennedy zusammen; Söhne Wolf und Träumer)
(Topas Birkenhain lebt mit Merlin Merkwürdig zusammen; Tochter Berit)
(Alabaster Birkenhain lebt bei ihrem Bruder Topas)
Feuerdorn Birkenhain
Meteor Birkenhain
Flammendes Käthchen Birkenhain

Quarz tanzt im Strahl des Gartensprengers und erinnert sich an früher. Kein Steinlauscher außer ihm hat vermutlich je so etwas albernes getan. Sein Volk lebt in Ruhe und Stille, um sich an dem erhabenen Klang der Steine zu laben. Oberflächliches, kurzlebiges hat in ihrer Gesellschaft keinen Wert, verzögert oder verhindert nur das immer tiefer in das nie endende Lied der Steine, der Erde Hinabtauchen. Er ist ein wundervolles Leben.



Aber auch sein Leben ist voller Wunder. Die unglaubliche Zartheit eines Schmetterlings, die farbenprächtige, filigrane Schönheit seiner Flügel. So wenige Tage lebt dieses Tier nur und berührt doch jedes Herz und schenkt Freude.

Der jubelnde Gesang der Vögel und ihre aufopfernde, unermüdliche Brutpflege.

Das Rauschen der Bäume, die ihre ganz eigene, ihm völlig unbekannte Sprache haben. Die Schutz und Geborgenheit geben und mehr, denn einer von ihnen ist sogar der Pate seiner ältesten Tochter Weide. Lange hat er nicht verstanden, dass die Namen seiner Kinder sehr wohl eine sehr tiefe Bedeutung haben, auch wenn es keine Steinlauschernamen sind.

Aus der Liebe zwischen Rose und ihm ist etwas Neues, nie dagewesenes entstanden und er ist stolz und glücklich über jedes seiner Kinder. Auch und gerade auf Alabaster, die so zielstrebig ihren Weg geht. Was immer auch geschieht, um diese Tochter braucht er sich nicht zu sorgen.



Rose und er besuchen sie und ihren Bruder Topas regelmäßig. Die anfängliche Verlegenheit auf beiden Seiten ist längst verflogen.

Seine Schwiegertochter Marlene ist ein merkwürdiges Wunder für ihn. Ihre Eltern sind doch ganz normale Sims, wie kann ihre Tochter aussehen, wie eine Königin aus alter Zeit? Bei jeder anderen Sima hätte er diese Frisur albern gefunden, aber nicht bei ihr.

Und wie kann eine Tochter von Topas und Marlene so aussehen? Was für Vorfahren mag sie nur haben, dass diese kleine Sima entstehen konnte? Marie, Marlenes Mutter scheint ebenso überrascht zu sein wie er, aber Otto, der ist aus allen Wolken gefallen. Der war eigentlich viel zu überrascht. Ob diese Hautfarbe und die schwarzen Haare von seinen Vorfahren stammen?



Aber egal, er hat sich so lange damit gequält, dass seine Kinder keine reinen Steinlauscher sind, er wird jetzt bei seiner Enkeln nicht wieder anfangen, über Rassen nachzudenken. Berit ist seine Enkeltochter und sie liebt es gekitzelt zu werden, so wie alle kleinen Kinder. Das allein ist wichtig.

Rose und Quarz sitzen erschöpft an den Eßtischen. Eben noch plapperte hier eine muntere Schar Teenager, jetzt sind sie nach draußen gelaufen und toben durch den Garten. Endlich ein Augenblick Ruhe.

Anschließend geht Rose ins Badezimmer, ein heißes, entspannendes Bad wird ihr jetzt gut tun. Leider endet dieser Tag sehr traurig für die ganze Familie.



Selbst der freundliche, aufmunternde Blick von Quarz, das letzte, gehauchte "Röschen" vermag die tiefe Trauer, die Rose überkommt nicht zu lindern.

Jedes der Kinder reagiert anders auf den Tod des Vaters. Weide, die Älteste, verlässt ohne den Umweg über die Umkleidekabine ihren Arbeitsplatz und weint in ihre Arbeitshandschuhe.



Wieso ist ihr Vater nur so früh gealtert? Eigentlich gehören die Steinlauscher zu den langlebigsten Rassen, ganz anders als Schmetterlingstänzer. Bei ihren Eltern scheint es gerade umgekehrt zu sein. Rose hat durch das Leben in Traumwald mehr Bodenhaftung bekommen, wohingegen Quarz leichtlebiger und fröhlicher geworden ist. Aber warum sollte das lebensverkürzend wirken? Freude verlängert doch eigentlich das Leben. Es ist so ungerecht!

(Weide kam uneingeladen. Sie ist durch den Garten gerast und direkt zur Urne gerannt. Ich war wirklich überrascht.)

Feuerdorn joggt den ganzen Weg hinunter ins Tal und weiter bis zur Feuerwache. Dort schaut er sich um. Seitdem er als kleiner Junge einmal gesehen hat, wie die Feuerwehrsims todesmutig in ein brennendes Haus gestürmt sind, nachdem sie mit einer Axt die Tür eingeschlagen haben, will er diesen Beruf ergreifen.

Er wird bald das Alter Wechseln und da er jetzt der Älteste im Hause ist, abgesehen von seiner Mutter natürlich, möchte er möglichst bald berufstätig werden.



Dieser ziemlich verrückt wirkende Feuerwehrsimo erklärt ihm, das Schulabgänger eigentlich keine Chance haben, sondern nur ältere Simos mit viel praktischer Erfahrung und hoher körperlicher Kondition. Feuerdorn denkt sich zwar sein Teil, lächelt aber sehr freundlich und berichtet, dass er ein Jahr im Supermarkt und ein Jahr im Buchladen gejobbt hat. Außerdem ist er Mitglied der Schulfußballmannschaft, die dieses Jahr den Traumwald-Pokal errungen hat.

Dank der Unterstützung von Marie und Otto Merkwürdig darf er in der Feuerwache ein dreimonatiges Praktikum absolvieren. Wenn er sich dabei gut anstellt, wird seine Bewerbung nicht gleich in den Papierkorb geworfen.

Das sind zwar keine rosigen Aussichten, aber Feuerdorn ist überzeugt, dass er zum Feuerwehrsimo geboren ist. Er lässt sich von dem Taxi nur bis zum Fuß der Berge fahren und joggt den Rest des Weges heim. Das spart Geld und hält fit.

Flammendes Käthchen ist in den Stadtpark gelaufen. Wenn sie hier bleibt und nicht wieder nach Hause geht, dann kann sie sich einbilden, dass alles in Ordnung ist. Das keine vergoldete Urne im Wohnzimmer steht, dass der Tod nicht gekommen ist, um ihren Vater zu holen, dass alles noch so ist, wie es immer war.



Rose kommt und holt ihre kleine Tochter. Bettina Kennedy hat sie angerufen, und ihr erzählt dass Käthchen weinend am Stadtteich steht und angelt.
Hand in Hand gehen sie den langen Weg zurück zu ihrem Haus. Manchmal schweigen sie lange Zeit gemeinsam, geben sich Trost über ihre Hände, dann wieder tauschen sie Erinnerungen aus, fröhliche, alberne, wunderschöne und vor allem glückliche Erinnerungen an die vielen Jahre mit Quarz.

Meteor zieht sich in sich selbst zurück. Er sagt kaum etwas, nur wenn er angesprochen wird, antwortet er. Ansonsten spricht er nur mit den Augen.



Nach der Schule kommt jetzt regelmäßig seine tatkräftige Kindheitsfreundin Ariadne Merkwürdig mit zu ihm nach Hause. Sie ist zwar noch kein Teenager, aber sie kann prima Schachspielen und wenn sie ihm vors Schienbein tritt, weil er wieder unkonzentriert ist und ihr nicht richtig zuhört, dann muss er die nächsten 2 Stunden humpeln. Scheinbar hat die Kleine Zehen aus Stahl, anders kann er es sich nicht erklären. Da er als der Ältere nicht einfach zurücktreten darf, hört er ihr lieber gut zu und antwortet zügig.

Rose hat in den nächsten Tagen kaum Zeit für ihren eigenen Kummer, sie hat genug damit zu tun, ihren Kindern zu helfen.

Sie selbst nimmt sich die Zeit, jeden Tag nach der Arbeit, sie hat einen Job als Krankenschwester angenommen, bei Topas und Alabaster vorbeizuschauen. Ihrer Enkelin Berit gelingt es immer wieder, ihr ein Lächeln zu entlocken und so kann sie Minute für Minute, Stunde für Stunde auch ohne Quarz weitermachen. Sie wird noch gebraucht und das Leben mit einer so großen Familie ist einfach wunderschön und erfüllend.



Sie ist froh und dankbar für jedes gemeinsame Jahr mit Quarz. Sie hadert nicht mit dem Schicksal, das wäre für eine Schmetterlingstänzerin vertane Lebenszeit. Sie hat wundervolle Kinder und Enkelkinder und so schaut sie vorwärts und freut sich an allem Schönen, das ihr begegnet.

FAMILIE MERKWÜRDIG

Marie Merkwürdig und Otto Merkwürdig geb. Seltsam
Merlin Merkwürdig (Erw.)
Marlene Merkwürdig (Erw.); Tochter Berit Merkwürdig; Partner Topas Birkenhain
Ariadne Merkwürdig
Lutz Merkwürdig


Auf die folgende "Geschichte" bin ich durch Berits Hautfarbe gekommen. Ich habe daraufhin noch ein paar farblich passende Sims dazu erstellt, um Bilder aus Ottos Vergangenheit liefern zu können.

Nachdem er seine Enkelin Berit gesehen hat, ist Otto klar, dass er seiner Marie dringendst seine Geschichte weiter erzählen muss. Mit einer Enkelin von Berits Aussehen hat er nie gerechnet. Und wenn sie jetzt auch noch vom Wesen und ihren Eigenschaften her seiner Mutter gleicht? Was für ein Leben erwartet sie dann?

Weder sein Vater noch sein Großvater haben ihn davor gewarnt, dass er Meersima-Kinder oder gar Enkel haben könnte. Im Gegenteil, sie hielten das für völlig ausgeschlossen, weil sie der Meinung waren, dass durch die Zaubersprüche seines Vaters die Gene seiner Mutter rezessiv geworden sind.



Er war gerade sieben Jahre alt, da lernte er seinen Großvater kennen. Eines Tages, als er wie so oft am Strand spielte, setzte sich ein Simo zu ihm, der aussah wie ein etwas älterer Bruder seines Vaters.

Obwohl Otto nur seinen Vater und seine Mutter kannte, fasste er sofort Zutrauen und unterhielt sich vergnügt mit dem vertrauten Fremden, der ihm erzählte, dass er sein Großvater sei. Kurz darauf lief er fröhlich und aufgeregt zu seinem Elternhaus, um seinen Vater zu holen. Wie er es Großvater versprochen hatte, verriet er seinem Vater nicht, welche Überraschung ihn erwartete.

Nun, sein Vater war wirklich überaus überrascht, aber nicht freudig sondern eher beunruhigt und ungehalten. Sein Großvater lächelte Otto aber freundlich an und meinte: "Dein Vater und ich haben uns sehr lange nicht gesehen. Wir haben viel zu besprechen. Sag deiner Mutter, dass wir in drei Tagen wiederkommen werden."
In den Tagen ohne seinen Vater veränderte sich Ottos Mutter. Es war, als käme neues Leben in sie. Ihr Blick wurde wacher, ihre Augen klarer und sie umsorgte Otto mit großer Achtsamkeit und Liebe. Stundenlang konnte sie seinen Geschichten vom Meer lauschen und am dritten Tag folgte sie ihm aus dem Häuschen, dass sie bisher noch nie verlassen hatte.



Gemeinsam gingen sie Hand in Hand ganz langsam zum Meer und wateten ins Wasser. Seine Mutter sah so wunderschön aus, wie eine Prinzessin aus dem Märchen. Ihr lilablaues Haar funkelte und glänzte, ihre grünen Augen blitzen und ihre Haut schimmerte wie das Meerwasser, das ihre Kniee umspülte.

Seine Mutter wollte tiefer ins Wasser gehen, aber Otto war beunruhigt und entzog ihr seine Hand. Sein Vater hatte ihm das Versprechen abgenommen, nie niemals in tieferes Wasser zu gehen. Aber dann sah er das glückliche, liebevolle Lächeln seiner Mutter. Wie konnte das Wasser so gefährlich sein wie sein Vater behauptet hatte, wenn seine Mutter so aussah? Er ging einen vorsichtigen Schritt weiter. Seine Mutter wartete auf ihn, er wollte zu ihr.



Der verzweifelte Schrei seines Vaters ließ ihn wieder innehalten. Die Wellen spritzten ihm schon ab und zu über den Kopf und er hatte Schwierigkeiten, auf den Füßen zu bleiben. Wie er nach seinem Vater schaute, warf ihn eine Welle um und zog ihn in die Tiefe. Als er endlich strampelnd und zappelnd wieder an die Oberfläche kam, war er schon weit vom Ufer entfernt. Seine Lunge brannte wie Feuer. Da kam schon die nächste Welle, die über seinem Kopf zusammenbrach und ihn noch viel tiefer hinabzog.

Ohne die Hilfe seiner Mutter wäre er ertrunken. Sie glitt so leicht und schnell durch das Wasser auf ihn zu, als wäre sie ein Falke hoch oben in der Luft, der in atemberaubenden Sturzflug eine Taube schlägt. Sie ergriff ihn, brachte ihn an die Oberfläche und zurück ans Ufer.
Sein Vater kümmerte sich um ihn, half ihm wieder ordentlich Luft zu bekommen. Als Otto sich wieder aufsetzen konnte, sah er seine Mutter weinend und verzweifelt am Saum des Meeres sitzen. In diesem Augenblick endete seine Kindheit.

Mutter und Vater waren viel zu sehr in ihre eigenen Gefühle verstrickt aber Großvater verstand. Er streckte ihm die Hand entgegen: "Komm, du brauchst frisches Wasser." Sie gingen zu einem kleinen Bach in der Nähe. Während Otto erst trank und dann seine Kleindung ablegte und das Meerwasser von seinem Körper abspülte, hatte sein Großvater ein kleines Feuer entfacht. Dort saß Otto den restlichen Tag und die ganze Nacht in den Mantel eines Zauberers gehüllt und schaute mit ihm in die Flammen. Als der Morgen dämmerte, teilten sie ein kleines, einfaches Mahl. Dabei erzählte sein Großvater von seinen Vorfahren, vom Turm in den Bergen, von seinem Vater und seiner Großmutter und vom Volk seiner Mutter. Großvater hatte einmal vor langer Zeit in einem Buch über die singenden Fische und ihrer Hüterinnen gelesen, sie selbst jedoch nie gesehen.



"Deine Mutter ist an dich gebunden, so, wie sie an eine Tochter gebunden wäre. Vermute ich jedenfalls. Wenn du eine Tochter wärest, und sie nicht unter einem Zauber gestanden hätte der sie vom Meer fern hält, hätte sie dir längst das Schwimmen beigebracht. Natürlich auch all die anderen Fertigkeiten, die du für ein Leben mit den singenden Fischen bräuchtest. An deinem 14. Geburtstag wäre sie mit dir zu ihrer Gemeinschaft zurückgekehrt."

Ernste dunkelbraune Augen schauten ihn an. "Dein Vater sorgt sich sehr um deine Mutter. Er hat längst versucht, seinen Zauber rückgängig zu machen." Ein leiser Seufzer: "Mein Junge, du mußt sehr stark sein! Dein Vater hat sich aus tiefstem Herzen etwas gewünscht und weil er ein Zauberer ist, ging sein Wunsch in Erfüllung! Er hat seinem Wunsch keine Grenzen gesetzt, keinen Rahmen gegeben und nicht bedacht, dass er seine Macht niemals zum Schaden anderer Lebewesen einsetzen darf. Mein Junge, auch du hast Zauberkraft. Sie ist mir fremd. Ich kann nicht sagen, was du damit bewirken könntest. Höre meinen Rat und achte ihn: Paß auf was du dir wünscht, es könnte in Erfüllung gehen, auch wenn es Leib und Leben anderer verletzt."

Otto war viel zu erschöpft, um sich noch zu fürchten, so nickte er nur ruhig.
"Danke. Du bist ein sehr verständiger Junge. Überrede deine Mutter irgendwie, dir das Schwimmen beizubringen. Das wird ihr helfen und ich muss mir keine Sorgen darüber machen, dass du ertrinken könntest. Hier hast du noch einen Wasserkäfer, beobachte ihn genau und sorge gut für ihn, du kannst eine Menge dabei lernen."



Otto fielen fast die Augen zu. Er war so müde! Zwei starke Arme umfingen ihn. "Ich bringe dich zu deinen Eltern. Schlaf ruhig. Wenn du aufwachst, werde ich fort sein. Ich werde versuchen herauszufinden, wie deine Mutter geheilt werden kann. Bleib dir selbst nur weiter treu mein Kleiner."

In den nächsten Jahren hält Otto Ausschau nach seinem Großvater und entfernt sich dabei auch immer weiter von seinem Elternhaus.



Seine Mutter geht zwar weiterhin jeden Morgen und jeden Abend ans Meer, sie hat Otto auch das Schwimmen beigebracht, aber sie strahlt eine tiefe Trauer aus. Einmal hat Otto gehört, wie sie zu seinem Vater sagte: "Ich liebe Otto. Er ist fast ein Wunder für mich, denn meine Art bekommt keine Söhne. Aber wenn ich für dieses Wunder damit bezahlen muss, dass ich nie eine Tochter haben werde und meine Familie damit ausstirbt und keine Hüterin mehr für unsere singenden Fische da ist, dann habe ich mein Lebensziel verfehlt!"

Otto hat sich leise wieder davon geschlichen und ist erst zwei Stunden später pfeifend zurückgekommen. Sein Vater hat mit ihm gescholten, weil es schon dunkel war, aber das war Otto so lieber. Seine armen Eltern. Sie liebten ihn. Beide. Da war er ganz sicher. Und sie liebten einander, das konnte er auch spüren, aber sie selbst konnten es nicht. Sein Vater fühlte sich schuldig und war unfähig, die Liebe in den Augen seiner Sima zu sehen und seine Mutter war selbst viel zu unsicher, ob ihre Liebe aus ihrem Herzen kam oder durch die Verzauberung entstanden war. So gingen sie tagein tagaus sehr behutsam und respektvoll miteinander um, hielten ihre Liebe aber unter Verschluss.

Als sein Großvater endlich wieder auftauchte, war Otto mehr als glücklich. Endlich jemand, mit dem er über seine Gedanken und Gefühle sprechen konnte.

Sein Großvater staunte sehr. "Du kannst sehr tief blicken mein Junge. Das ist auf jeden Fall eine große Gabe. Aber du bist auch sehr klug! Nur wenige hätten ihr Wissen für sich behalten, aber eine Einmischung in Gefühlsdinge ist so kompliziert und von so vielen Faktoren abhängig, dass es wirklich weise ist, die Finger davon zu lassen! Wenn deine Eltern soweit sind, werden sie selbst die Liebe sehen können."



"Fang uns für das Nachtmahl dort am Bach ein paar Fische. Ich möchte allein mit deinen Eltern sprechen. Vielleicht kann ich ihnen helfen."

Für Otto begann jetzt eine glücklichere Zeit. Seine Eltern waren entspannter und er schöpfte Hoffnung, dass sie eindlich ein wenig tiefer blicken könnten. Sein Großvater hatte ihm viele spannende Bücher mitgebracht. Wenn er etwas nicht verstand, konnte er ihn jederzeit fragen. Aber das Schönste waren die Abende. Da saßen sie alle draußen und erzählten Geschichten.

Nach einem halben Jahr ging Großvater wieder. Überraschenderweise ging es Ottos Mutter zu dem Zeitpunkt gerade sehr schlecht, sie übergab sich jeden Tag mehrmals. Aber irgenwie schien das keinen außer ihn zu stören, im Gegenteil, Otto konnte die tiefe Zufriedenheit spüren, die seit geraumer Zeit von seinen Eltern ausging.



Bald darauf kam Melodie auf die Welt. Ein Tochter für seine Mutter, eine neue Hüterin für die singenden Fische. Wie war seine Mutter glücklich! Auch seinem Vater war ein großer Stein vom Herzen gefallen und Lachen und Freude zogen bei ihnen ein.

Als Otto seinen 14. Geburtstag feierte, war Melodie schon ein munteres, süsses Kleinkind, das wie bei ihrer Art üblich, die Natur und die Einsamkeit liebte.



Nun begann die Qual. Otto konnte die singenden Fische hören, aber er konnte ihnen nicht antworten, seine Stimme war viel zu tief. Er hatte sich immer ein wenig über die hohe, zripende Stimme seiner Mutter gewundert, aber jetzt verstand er. Sie konnte mit den Fischen singen. Sein Unvermögen wurde zu einer ständigen Qual. Die Stimmen der Fische weckten eine so große Sehnsucht in seinem Herzen, aber er war nicht fähig, sie zu stillen.

Sein Großvater nahm ihn mit ins Landesinnere hoch in die Berge zu seinem Turm. Aber auch das half nur wenig, er konnte die singenden Fische zwar nicht mehr mit den Ohren, aber immer noch mit dem Herzen hören, weit mehr als die Gefühle der Sims um ihn herum. "Das ist deine Zaubermacht Junge, und keiner kann dagegen etwas tun. Du kannst mit anderen Sinnen als nur mit den Ohren lauschen. Wenn es uns nicht gelingt, dass du die Schutzwand, die du im Umgang mit Sims einsetzen kannst, auch für die singenen Fische benutzen kannst, dann weiss ich auch nicht weiter."

Großvater und er versuchten alles, was ihnen nur einfiel, aber Otto konnte keine Schutzmauer gegen den Gesang der Fische errichten. Er wurde immer kränker und kränker und es war abzusehen, dass er mit viel Glück vielleicht gerade noch seinen 20. Geburtstag erleben würde.

Inzwischen hatte er noch einen kleinen Bruder namens Felix bekommen und da der fast genau so aussah wie Otto, machten sich alle große Sorgen, dass sich bei dem Kleinen die Geschichte Ottos wiederholen würde.

Und so wagten sein Vater und sein Großvater etwas Unglaubliches. Ohne Otto davon in Kenntnis zu setzen, öffneten sie einen Raumspalt zu einem alten, öden Planeten. Sie schufen dort eine Atmosphäre, in der Sims leben konnten. Während dieses mächtigen Zaubers den sie gemeinsam woben, stellte sich heraus, dass das Herz von Ottos Vater durch die vielen kummervollen Jahre der Anstrengung nicht gewachsen war. Anstatt sein Leben zu retten, verstömte er all seine Lebensenergie in die neue Welt ohne singende Fische, um seinen Söhnen ein Leben ohne Qual zu ermöglichen.

Er nahm mit seinem letzten Lebensfunken seinen Sohn Otto und stieß ihn voller Liebe und Hoffnung in die neue Welt.

Otto gesundete dort in Traumwald. Damals hieß es noch nicht Traumwald. Den Namen bekam die neue Heimat erst, als Max und Marie dort durch einen Riß zwischen zwei Welten auftauchten.

Er ruft sich, wie schon so oft, die wirren Bilder ihrer ersten Begegnung in Erinnerung. Seiner Begegnung mit Marie, denn sie hat ihn damals nicht gesehen und wenig später brach sie ohnmächtig neben einem mächtigen Baum zu Boden, den Stamm fest umklammernd. Einen Baum, den es vorher dort nicht gegeben hatte.
Die Sima, die er in Begleitung des weißen Wolfes durch den Riß kommen sah, war grün. Ganz und gar grün und irgenwie wirkte sie sehr, sehr alt. Eine Pflanzensima, das weiß er, weil Max es ihm verraten hat. Max, der weiße Wolf, der vor seinen Augen ganz selbstverständlich zu einem Simo wurde, weil es in Traumwald keine Wölfe gibt. Otto beherrscht nur sehr wenige Zaubersprüche, aber "Kommunikation ermöglichen" ist einer davon. Obwohl beherrschen vermutlich das falsche Wort ist, denn der Zauber ist einfach ein Teil von ihm. Jeder Sim in allen Teilen von Traumwald spricht die selbe Sprache. Seine Sprache. So war auch Max der Wolf sofort in der Lage, mit ihm zu kommunizieren, nachdem er sich verwandelt hatte.

Und so wurde Max der Wolf sein Lehrer und im Grunde der Lehrer aller Sims in Traumwald. Otto ist sich ziemlich sicher, dass noch nie ein anderer Ort das Glück hatte, einen Wolf als Lehrer zu haben. Unbekümmert, verspielt, energisch, energiegeladen, liebevoll und unglaublich weise und einfühlsam, so hat er Wolf Max in Erinnerung.

Während Otto noch mit staunenden Augen die Sima mit den Rankenmuster unter der Haut und den grünen Blättern statt Haaren angesehen hat, hob Max witternd den Kopf und knurrte: "Dieser Ort braucht sie. Tod liegt in der Luft, er stirbt, es gibt zu wenig Leben." Otto wußte das schon lange. Alle Zaubermacht seines Großvaters und seines Vaters hatten nicht ausgereicht, um eine lebensfähige Welt nach ihren Vorstellungen zu formen.
Der Alte hatte ihn ziemlich energisch angeschaut und so eigenartig gegrinst, dass Otto mulmig wurde. Möglichst schnell erklärte er ihm, dass sein Vater und Großvater diese Welt erschaffen hätten, weil er auf ihrer Heimatwelt nur unter großen Schmerzen leben konnte. "Dies sollte eine Welt nur für mich sein, denn soviel Zauberkraft, dass auch andere Sims hier leben könnten, haben sie einfach nicht. Ich verstehe nicht, wieso ihr hier seit."

"Es roch ganz starkt nach der kleinen grünen Hexe mit den Blaubeeraugen. Dann traf eine Art Blitz die Pflanzensima, die bei meiner geliebten Suse Sausewind lebte und ich bin hingerannt, um ihr zu helfen. Hab geglaubt, dadurch das Herz von Suse gewinnen zu können, und habe sie jetzt für immer verloren. Wir werden nie Schulter an Schulter durch die Berge streifen und kleine Welpen haben."
Und Max Wolf legte seinen Kopf in den Nacken und sang nach Art der Wölfe seinen Kummer ins Angesicht des Mondes.
Inzwischen war es Nacht geworden. Max legte sich neben Marie und Otto nahm eine seiner Decken und breitete sie über die beiden. Ihr Atem war ruhig und tief, sie war wohl nur erschöpft.

Am nächsten Morgen war Marie immer noch nicht erwacht, aber das sah er erst später. Zuerst bemerkte er, dass sich der Geruch Traumwalds verändert hatte. Dann hörte er das verschlafene Tschilpen eines Vogels, bald darauf fielen viele andere Vogelstimmen ein und begrüßten den heraufdämernden neuen Tag. Und dann sah er Bäume, Büsche, Gräser und Blumen wo vorher nur Moose und Flechten ihr Dasein gefristet hatten. Traumwald erwachte und wurde wirklich zu einem wunderschönen Traum.

"Das ist ein großes Geschenk, das dir Suses Schützling gemacht hat. Kannst du uns dafür zurückschicken?" Max Wolf sah ihn hoffnungsvoll an. "Nein, die Macht habe ich nicht. Aber was immer ihr von mir haben wollt und was in meiner Macht liegt, werde ich euch geben. Dieses Geschenk ist unbezahlbar."

Marie seufzte leise im Schlaf und begann unruhiger zu werden. Verblüfft sah er, dass die Farbe ihrer Haut verblichen war, die Rankenmuster nicht mehr zu sehen waren und helle Haare auf ihrem Kopf wuchsen.
"Kannst du ihr Vergessen schenken? Sie hat Welpen, einen Partner, Freunde und eine große Aufgabe dort auf der anderen Seite zurückgelassen. Das wird ihr das Herz brechen."

Otto hatte nur kurz gezögert. Viel Bedenkzeit blieb nicht, denn die Sima würde bald aufwachen. Schnell nahm er eine kleine Phiole, ließ drei Tropfen daraus in ein Wasserglas fallen und stellte das neben die erwachende Marie. Wie er schon vermutet hatte, war sie sehr durstig, griff nach dem Glas, leerte es und sank prompt wieder zu Boden.



Er beobachtete, wie die Jahre von ihr abfielen, Falten verschwanden, die Haut rosiger und straffer wurde und das Gesicht weicher. Einen Augenblick hatte er Angst, dass drei Tropfen zuviel waren, aber die Verjüngung endete, bevor Marie zu einem Kind wurde.

Er erklärte Max: "Ihr Körper ist so jung geworden, dass er keine Erinnerung mehr an Schwangerschaften hat. Jede Seele ist weise genug, sich dem Körper anzupassen, in dem sie lebt und der Verstand wird nur glauben, was ihm glaubhaft erscheint. Sie wird sich so fühlen, als wenn sie einen Gedächtnisverlust erlitten hat."

Max wollte seine Erinnerungen und sein Wissen nicht verlieren und lehnte sein Angebot auf Verjüngung energisch ab.
"Kannst du nicht riechen oder wenigsten hören, dass in der letzten Nacht diese Welt nicht nur zum Leben erwacht ist? Es ist noch viel mehr geschehen! Mehrere Riße haben die Himmelsfunken beiseite gedrängt und Dinge und Simos sind hinduchgekommen. Ich jedenfalls kann stinkende Knattermaschinen, Steinhöhlen und vieles Simlisches mehr riechen und hören."

Und so war es. Eine ganze Stadt war entstanden und fremde Sims liefen darin herum und fühlten sich wie zu Hause.



Lange hatte es gebraucht bis er herausgefunden hatte, wie diese Sims nach Traumwald gelangen konnten. Ohne Max, der Dinge die er riechen, hören oder sehen konnte einfach akzeptierte, auch wenn es keine vernünftige Erklärung für sie gab, hätte Otto vermutlich geglaubt, er wäre verrückt geworden.

Nach und nach fand er heraus, dass all diese neuen Sims etwas gemeinsam hatten. Jede(r) von ihnen träumte einen unmöglichen, unerfüllbaren Traum.